B 6 KA 43/00 R

Land
Bundesrepublik Deutschland
Sozialgericht
Bundessozialgericht
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
6
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 38 Ka 5136/96
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 12 KA 510/98
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 6 KA 43/00 R
Datum
Kategorie
Urteil
Die Revision der Beigeladenen zu 2. gegen das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 26. Januar 2000 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, daß der Beklagte über den Widerspruch des Klägers gegen den Bescheid des Prüfungsausschusses vom 21. Februar 1996 (Quartal I/1994) unter Beachtung der Rechtsauffassung des erkennenden Senats erneut zu entscheiden hat. Die Beigeladene zu 2. hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten auch für das Revisionsverfahren zu erstatten. Im übrigen sind Kosten nicht zu erstatten.

Gründe:

I

Der Rechtsstreit betrifft Honorarkürzungen wegen unwirtschaftlicher Behandlungsweise.

Der Kläger ist Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurg (MKG-Chirurg) und zur vertragsärztlichen und vertragszahnärztlichen Versorgung zugelassen. Er führt die Zusatzbezeichnung "plastische Operationen" und betreibt eine sog Tagesklinik bzw Praxisklinik für MKG-Chirurgie und plastische Operationen. Dort führt er - außer bei intensivmedizinisch zu überwachenden Patienten - ambulante Operationen durch. Über Belegbetten verfügt er nicht.

Im Quartal I/1994 hatte er 98 vertragszahnärztliche Behandlungsfälle im Bereich der konservierend-chirurgischen Versorgung und der Individualprophylaxe. Damit unterschritt er den Durchschnitt der MKG-Chirurgen (174 Fälle) um ca 44 %. Sein Behandlungsaufwand übertraf mit 1.301 Punkten bzw 1.940 DM den Durchschnitt um ca 440 % (239 Punkte bzw 360 DM). Verglichen mit der Gesamtgruppe der Vertragszahnärzte, deren Durchschnitt bei 95 Punkten bzw 144 DM lag, betrug die Überschreitung ca 1.250 %.

Wegen dieser Überschreitungen beantragte die zu 1. beigeladene Kassenzahnärztliche Vereinigung (KZÄV) im November 1994, die Wirtschaftlichkeit der Behandlungsweise des Klägers zu überprüfen. Dieser schilderte in seiner Stellungnahme, welch schwierige Operationen er aufgrund seiner Klinikerfahrung ambulant in seiner Tagesklinik durchführe, womit er - zumal er, anders als die meisten MKG-Kollegen, keine Belegbetten führe - dem Ziel der Verlagerung von Operationen aus dem stationären in den ambulanten Bereich in besonderem Maße Rechnung trage.

Der Prüfungsausschuß nahm einen sog statistischen Vergleich der vertragszahnärztlichen Abrechnungswerte des Klägers mit denen der Gruppe der bayerischen MKG-Chirurgen vor und setzte eine Honorarkürzung iHv 74.700 DM fest (Bescheid vom 21. Februar 1996). Er führte aus, daß Praxisbesonderheiten wie eine spezielle Zusammensetzung des Patientenguts - etwa ein Kreis besonderer Patienten, die von anderen MKG-Chirurgen nicht behandelt werden könnten - nicht gegeben seien. Ebensowenig lägen hinreichend substantiierte Darlegungen über ein besonderes Ausmaß schwerer und aufwendiger Behandlungsfälle vor. Bestätigt werde die Schlußfolgerung der Unwirtschaftlichkeit durch exemplarische Einzelfallfeststellungen, wie sie in den Bescheiden betr die Quartale III und IV/1993 dargestellt seien.

Den Widerspruch des Klägers wies der beklagte Beschwerdeausschuß zurück (Bescheid vom 13. November 1996), ersetzte seinen Bescheid aber im Verlauf des anschließenden Gerichtsverfahrens durch einen neuen, mit dem er die Honorarkürzung auf 72 % des Gesamtfallwerts (Bereich konservierend-chirurgische Versorgung und Individualprophylaxe), dh auf insgesamt 70.000 DM, reduzierte (Bescheid vom 14. Dezember 1998). In diesem Bescheid ist ausgeführt, der Honorarkürzung habe keine Beratung vorangehen müssen, weil der Kläger bereits andernorts langjährig an der vertragszahnärztlichen Versorgung teilgenommen habe. Die Methode des statistischen Vergleichs und die Heranziehung der vertragszahnärztlichen Abrechnungswerte der Gruppe der MKG-Chirurgen seien sachgerecht. Die Mitberücksichtigung der wenigen nur-vertragszahnärztlich abrechnenden Kollegen könne sich höchstens zu Gunsten des Klägers ausgewirkt haben, weil deren vertragszahnärztliche Abrechnungswerte durch die Beschränkung auf diesen Bereich höher seien. Seine Fallwerte lägen im übrigen auch im vertragsärztlichen Bereich über dem Durchschnitt. Praxisbesonderheiten könnten ihm für den vertragszahnärztlichen Bereich nicht anerkannt werden. Den Begriff "Tagesklinik" habe er weder näher erläutert noch vorgetragen, wie sich das auf die Wirtschaftlichkeit auswirke. Der Aufwand für Prämedikation, Anästhesien, Überwachungen und häusliche Pflege werde ohnehin gesondert abgerechnet. Im Vergleich zum Durchschnitt der MKG-Kollegen seien Anhaltspunkte für schwerere Fälle und mehr Überweisungsfälle nicht erkennbar. Er habe auch keinen besonders großen Einzugsbereich und keine sog Anfängerpraxis. Durch seine vorangegangene vertragszahnärztliche Tätigkeit an anderem Ort habe er ausreichende Erfahrungen mit dem Wirtschaftlichkeitsgebot. Das mit der Durchschnittsüberschreitung um ca 440 % gegebene offensichtliche Mißverhältnis berechtige zur Honorarkürzung. Ihm werde eine Überschreitung des durchschnittlichen Fallwerts der Fachgruppe um mehr als 50 % belassen.

Das vom Kläger angerufene Sozialgericht (SG) hat den Beklagten zur Neubescheidung verpflichtet (Urteil vom 6. November 1997). Das Landessozialgericht (LSG) hat die Berufungen der KZÄV (Beigeladene zu 1.) und der AOK (Beigeladene zu 2.) zurückgewiesen. Es hat den - den ursprünglichen Bescheid ersetzenden - Bescheid vom 14. Dezember 1998, der mit der Klage angefochten worden ist, aufgehoben und den Beklagten zur Neubescheidung verpflichtet (Urteil vom 26. Januar 2000). Im Urteil ist ausgeführt, daß dem maßgeblichen neuen Bescheid zwar ein Vergleich mit der engeren Gruppe der vertragszahnärztlich abrechnenden MKG-Chirurgen zugrunde liege, aber nicht ausreichend geprüft worden sei, ob die Praxis des Klägers innerhalb dieser Vergleichsgruppe eine signifikant vermehrte ambulante vertragszahnärztliche Tätigkeit aufweise. Zu prüfen sei auch, ob es sich bei den in seiner Tagesklinik durchgeführten operativen Eingriffen um Leistungen handele, die er vertragszahnärztlich, die Fachkollegen mit Belegbetten dagegen vertragsärztlich abrechneten. Die vergleichende Häufigkeitsstatistik müsse auch den stationär-belegärztlichen Bereich erfassen. Auf dieser Grundlage müsse der Beklagte nachvollziehbar klären, ob Praxisbesonderheiten vorlägen und diese ggf quantifizieren, sowie prüfen, ob Einsparungen vorlägen, die den Mehraufwand kompensierten.

Mit ihrer Revision begehrt die Beigeladene zu 2. die Aufhebung des Berufungsurteils und die Abweisung der Klage gegen den im Berufungsverfahren ergangenen Honorarkürzungsbescheid vom 14. Dezember 1998. Die Kürzung des Honorars des Klägers für das Quartal I/1994 sei rechtmäßig. Praxisbesonderheiten habe der Beklagte zu Recht verneint. Das Fehlen belegärztlicher Tätigkeit könne entgegen der Auffassung des LSG nicht als Praxisbesonderheit anerkannt, sondern nur im Rahmen der Frage nach Einsparungen durch weniger Krankenhauseinweisungen gewürdigt werden. Auch für belegärztliche Behandlungen seien die Krankenhauspflege-Richtlinien (RL) zu beachten und damit die Prüfung des Krankenhauses erforderlich, ob die Behandlung nicht ambulant erfolgen könne. Wegen der Unvergleichbarkeit belegärztlicher und sonstiger vertrags(zahn)ärztlicher Tätigkeit könnten Vergleiche auf den vertragsärztlichen bzw vertragszahnärztlichen Bereich unter Außerachtlassung belegärztlicher Leistungen beschränkt werden. Das Fehlen der Belegarzttätigkeit könne nur in Gestalt der Anerkennung von Einsparungen bei Krankenhauseinweisungen zu berücksichtigen sein. Die Annahme der Kausalität zwischen Einsparungen und einem Mehraufwand unterliege strengen Voraussetzungen, die nicht gegeben seien. Zutreffend sei auch das Vorliegen einer Praxisbesonderheit verneint worden mit Hinweis darauf, daß Prämedikation, Anästhesien, Überwachungen und häusliche Pflege als kostenerhöhende Faktoren gesondert abgerechnet würden und deshalb nicht Gegenstand der Wirtschaftlichkeitsprüfung seien. Die Behandlung schwerster Fälle oder ein sonstiges besonderes Patientengut habe der Kläger nicht substantiiert dargelegt; auch aus seiner Abrechnung ergäben sich dafür keine Indizien. Die Patienten kämen, wie im Bescheid des Beklagten festgestellt, ganz überwiegend aus der näheren Umgebung. Die aufwendigere Ausstattung seiner sog Tagesklinik und die Anstellung besonders qualifizierten Personals könnten höhere Abrechnungswerte nicht rechtfertigen. Ein Defizit durch das Fehlen sog ergänzender intellektueller Prüfung liege nicht vor. Aufgrund des exorbitant hohen Gesamtfallwerts im konservierend-chirurgischen Bereich liege eine Gesamtunwirtschaftlichkeit vor. Die Einbeziehung des belegärztlichen Aufwands von ca 720 DM je Fall sei nicht veranlaßt. Dieser sei der stationären Versorgung zuzurechnen. Es könne nicht davon ausgegangen werden, daß belegärztliche Aufnahmen ohne entsprechende Indikation erfolgten. Das widerspräche der den Wirtschaftlichkeitsprüfungen zugrunde liegenden Prämisse, daß die Vertrags(zahn)ärzte im wesentlichen wirtschaftlich handelten.

Die Beigeladene zu 1. schließt sich den Ausführungen der Beigeladenen zu 2. an. Sie führt ergänzend aus, daß Darlegungen des Klägers zum Vorliegen einer Praxisbesonderheit durch seinen Betrieb der Tagesklinik fehlten. Insbesondere habe er weder näher ausgeführt, wie sich dies auf seine Behandlung und daraus folgend auf seine Abrechnung auswirke, noch, inwiefern und bei welcher Art von Patienten er kostenträchtige stationäre Behandlungen vermieden habe. Zudem treffe seine Annahme nicht zu, daß das Schwergewicht der anderen MKG-Chirurgen auf der belegärztlichen Tätigkeit liege, was im übrigen mit § 26 Abs 1 Bundesmantelvertrag-Ärzte (BMV-Ä) unvereinbar wäre. Die durchschnittliche Fallzahl der MKG-Chirurgen habe vielmehr im Quartal I/1994 nach der Übersicht der Kassenärztlichen Vereinigung 370 ambulante und 24 stationär-belegärztliche Fälle umfaßt, was ein Verhältnis von ca 15: 1 ergebe. Dies hätte das LSG berücksichtigen müssen. Ebensowenig könnten Einsparungen des Klägers anerkannt werden, wie in dem angefochtenen Bescheid zutreffend ausgeführt sei. Die vertragsärztlichen ambulanten und stationär-belegärztlichen Fallwerte von 2.281,9 bzw 7.690 Punkten ergäben einen durchschnittlichen vertragsärztlichen Abrechnungswert von 2.611,33 Punkten, während der Fallwert beim Kläger nach dem angefochtenen Bescheid 3.340 Punkte betrage. Mithin liege er auch bei Mitberücksichtigung der belegärztlichen Abrechnungen deutlich über dem Durchschnitt der MKG-Chirurgen, was zeige, daß die Einbeziehung die Bewertung als unwirtschaftlich nicht ändern könne.

Die Beigeladenen zu 1. und 2. beantragen,
das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 26. Januar 2000 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Beklagte und die übrigen Beigeladenen haben sich nicht geäußert.

Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

Er hält das Berufungsurteil für zutreffend. Nach seiner Ansicht können die Ausführungen der Beigeladenen nicht durchgreifen. Es handele sich im wesentlichen um unzulässige Angriffe gegen Tatsachenfeststellungen des LSG. Gerade mit Hilfe seiner Tagesklinik erbringe er ambulant Leistungen, die vergleichbare MKG-Chirurgen stationär-belegärztlich erbrächten. Feste Beurteilungskriterien für stationäre Behandlungen gebe es nicht, da die Krankenhauspflege-RL für die Aufnahme ins Krankenhaus ein Ermessen einräumten. Dabei könnten wirtschaftliche Erwägungen und unterschiedliche Handhabungen von Ärzten und den Krankenhäusern, die ihnen Belegbetten zur Verfügung stellten, nicht ausgeschlossen werden. Deshalb müßten bei dem Vergleich der Fallwerte alle drei Abrechnungssäulen - vertragszahnärztlich, vertragsärztlich und belegärztlich - einbezogen werden, wie er es schon in den Vorinstanzen gefordert habe.

II

Die Revision der Beigeladenen zu 2. hat keinen Erfolg.

Die Revision ist zwar zulässig (zur Beschwer von Krankenkassen s BSG SozR 3-2500 § 106 Nr 18 S 98; SozR aaO Nr 42 S 231; ebenso zB BSG SozR aaO Nr 43 S 238 und Nr 49 S 256 f), aber unbegründet. Der angefochtene Bescheid vom 14. Dezember 1998 ist rechtswidrig und der Beklagte verpflichtet, über den Widerspruch des Klägers gegen den Honorarkürzungsbescheid für das Quartal I/1994 erneut zu entscheiden.

Rechtsgrundlage für Honorarkürzungen wegen unwirtschaftlicher Behandlungs- oder Verordnungsweise ist die Regelung des § 106 Abs 2 Satz 1 Nr 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) in der hier maßgeblichen Fassung des Gesundheitsstrukturgesetzes vom 21. Dezember 1992 (BGBl I 2266), die gemäß § 72 Abs 1 Satz 2 SGB V für den vertragszahnärztlichen Bereich entsprechend gilt. Danach wird die Wirtschaftlichkeit der Versorgung durch arztbezogene Prüfungen (zahn)ärztlicher und (zahn)ärztlich verordneter Leistungen nach Durchschnittswerten beurteilt. Nach den hierzu von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen ist die statistische Vergleichsprüfung die Regelprüfmethode (stRspr, vgl zB BSGE 84, 85, 86 = SozR 3-2500 § 106 Nr 47 S 250; SozR aaO Nr 49 S 257; SozR aaO Nr 50 S 263). Die Abrechnungswerte des (Zahn-)Arztes werden mit denjenigen der Fachgruppe oder mit denen einer nach verfeinerten Kriterien gebildeten engeren Vergleichsgruppe im selben Quartal verglichen. Ergänzt durch die sog intellektuelle Betrachtung, bei der medizinisch-ärztliche Gesichtspunkte berücksichtigt werden, ist dies die Methode, die typischerweise die umfassendsten Erkenntnisse bringt (dazu zuletzt BSG SozR 3-2500 § 106 Nr 49 S 257; SozR aaO Nr 50 S 263). Dieser Methode liegt die Annahme zugrunde, daß die Vergleichsgruppe im Durchschnitt insgesamt wirtschaftlich handelt (stRspr, vgl zB BSGE 84, 85, 86 = SozR 3-2500 § 106 Nr 47 S 250; SozR aaO Nr 49 S 257). Ergibt die Prüfung, daß der Behandlungsaufwand des (Zahn-)Arztes je Fall bei dem Gesamtfallwert, bei Spartenwerten oder bei Einzelleistungswerten in einem offensichtlichen Mißverhältnis zum durchschnittlichen Aufwand der Vergleichsgruppe steht, ihn nämlich in einem Ausmaß überschreitet, das sich im Regelfall nicht mehr durch Unterschiede in der Praxisstruktur und den Behandlungsnotwendigkeiten erklären läßt, so hat das die Wirkung eines Anscheinsbeweises der Unwirtschaftlichkeit (stRspr, vgl zB BSG SozR 3-2500 § 106 Nr 50 S 263 f; SozR aaO Nr 51 S 272). Dieser wird allerdings entkräftet, wenn der betroffene (Zahn-)Arzt darlegt - und sich dies als zutreffend erweist -, daß bei ihm besondere, einen höheren Behandlungsaufwand rechtfertigende Umstände vorliegen, die für die zum Vergleich herangezogenen (Zahn-)Ärzte untypisch sind (vgl zB BSG SozR 3-2500 § 106 Nr 50 S 264 mwN).

Den Anforderungen an die Darlegung der Unwirtschaftlichkeit hat der Beklagte mit dem hier angefochtenen Honorarkürzungsbescheid vom 14. Dezember 1998 nicht in vollem Umfang entsprochen. Das Berufungsgericht hat zu Recht die vom Beklagten gebildete Vergleichsgruppe als rechtmäßig und die grundsätzliche Einbeziehung vertragsärztlicher Abrechnungswerte als erforderlich angesehen, zugleich aber - ebenfalls zutreffend - die belegärztlichen Abrechnungswerte als nicht ausreichend berücksichtigt beanstandet.

Es ist sachgerecht, daß der Beklagte als Vergleichsgruppe bei der sog statistischen Wirtschaftlichkeitsprüfung die in Bayern vertragszahnärztlich abrechnenden MKG-Chirurgen herangezogen hat. Diese weisen Besonderheiten auf, die - jedenfalls in einem Fall der vorliegenden Art - dem Vergleich mit einer anderen Gruppe wie etwa der Gesamtgruppe der Zahnärzte oder derjenigen der Chirurgen entgegenstünden. MKG-Chirurgen sind im Regelfall sowohl zur vertragsärztlichen als auch zur vertragszahnärztlichen Versorgung zugelassen (vgl BSGE 85, 145 = SozR 3-5525 § 20 Nr 1) und können deshalb ihre Behandlungsfälle entweder vertragsärztlich oder vertragszahnärztlich abrechnen (BSGE aaO S 151 bzw S 8; BSG SozR 3-2500 § 106 Nr 36 S 204 f; dabei ist offengelassen worden, ob es zulässig ist, innerhalb eines Behandlungsfalles einige Leistungen vertragsärztlich und andere vertragszahnärztlich abzurechnen). Im Rahmen der möglichen Tätigkeitsfelder von MKG-Chirurgen gibt es Leistungen, die nur vertragsärztlich, andere, die nur vertragszahnärztlich abrechenbar sind, und weitere, die sowohl vertragsärztlich als auch vertragszahnärztlich abrechenbar sind, je nach dem, ob es für sie Vergütungstatbestände nur in dem Einheitlichen Bewertungsmaßstab für vertragsärztliche Leistungen oder nur in dem Bewertungsmaßstab für vertragszahnärztliche Leistungen oder in beiden Leistungsverzeichnissen gibt.

Die Bildung einer noch engeren Vergleichsgruppe nur aus den MKG-Chirurgen, die wie der Kläger die Zusatzbezeichnung "plastische Operationen" führen, war nicht erforderlich. Die Führung einer Zusatzbezeichnung kann zwar Anlaß für die Bildung einer besonderen Vergleichsgruppe sein, muß dies aber dann nicht, wenn diese zahlenmäßig so klein würde, daß sie keine tragfähige Grundlage mehr für statistische Aussagen ergeben könnte (vgl dazu Clemens in Schulin (Hrsg), Handbuch des Sozialversicherungsrechts, Bd. 1: Krankenversicherung, 1994, § 35 RdNr 60, 61 mwN; aus der Rspr vgl zB BSG SozR 3-2500 § 106 Nr 11 S 60 f und zuletzt Urteil vom 28. Juni 2000 - B 6 KA 36/98 R -).

Aus dem Charakteristikum, daß MKG-Chirurgen grundsätzlich sowohl vertragsärztlich als auch vertragszahnärztlich abrechnen können und daß sie bei einigen Leistungen die Wahl zwischen der einen oder der anderen Abrechnungsweise haben, folgt weiter, daß im Rahmen einer Wirtschaftlichkeitsprüfung vertragszahnärztlicher Prüfgremien im Regelfall auch die vertragsärztlichen Abrechnungswerte einzubeziehen sind. Allgemeine Aussagen, in welcher Weise und in welchem Ausmaß diese zu berücksichtigen sind sowie ob sie in besonders gelagerten Fällen außer Betracht bleiben können, lassen sich kaum treffen und sind im Rahmen des vorliegenden Verfahrens nicht veranlaßt. Hier hat der Beklagte jedenfalls zu Recht auch die vertragsärztlichen Abrechnungswerte berücksichtigt, weil MKG-Chirurgen im Zusammenhang mit ihren chirurgischen Leistungen in weitem Umfang auch vertragsärztlich abrechnen.

Zu Recht hat das Berufungsgericht aber das Ausmaß als unzureichend beanstandet, in dem der Beklagte die vertragsärztlichen Abrechnungswerte in den Vergleich der Fallwerte des Klägers mit denen der Gruppe der MKG-Chirurgen einbezogen hat. Mit Blick auf die Behandlungsweise und das Behandlungsverhalten des Klägers, wie er dies bereits nach dem Vorliegen des Prüfantrags der Beigeladenen zu 1. schriftlich schilderte, hätte der Beklagte in den Ausführungen seines Bescheides die vertragsärztlichen Werte in weitergehendem Umfang in die nähere Betrachtung einbeziehen müssen, nämlich auch insoweit, als sie belegärztliche Tätigkeiten betrafen. Dies ergibt sich aus den vom Senat herausgestellten Grundsätzen zur statistischen Vergleichsprüfung.

Nach der Rechtsprechung des Senats können die Prüfgremien im Rahmen ihres Handlungsermessens grundsätzlich wählen, ob sie der Vergleichsprüfung die Gesamtfallwerte oder nur den Aufwand in einzelnen Leistungssparten oder bei bestimmten Einzelleistungen zugrunde legen. Sowohl bei der Auswahl der Vergleichsart als auch bei der Durchführung der Prüfung ist aber zu beachten, daß die statistische Betrachtungsweise nur einen Teil der Wirtschaftlichkeitsprüfung ausmacht. Sie muß durch eine intellektuelle Prüfung und Entscheidung ergänzt werden, bei der die für die Wirtschaftlichkeit relevanten medizinisch-ärztlichen Gesichtspunkte, wie das Behandlungsverhalten und die unterschiedlichen Behandlungsweisen innerhalb der Arztgruppe und die bei dem geprüften Arzt bzw Zahnarzt vorhandenen Praxisbesonderheiten, in Rechnung zu stellen sind (vgl BSGE 74, 70, 72 = SozR 3-2500 § 106 Nr 23 S 125 und zB BSG SozR 3-2500 § 106 Nr 50 S 266 mwN). Dies gründet sich darauf, daß § 106 Abs 2 Satz 1 Nr 1 SGB V nicht von einer "statistischen Vergleichsprüfung", sondern von einer "arztbezogenen Prüfung nach Durchschnittswerten" spricht und somit rein statistische Bewertungen im Gesetzeswortlaut keine Stütze finden (BSGE 76, 53, 55 = SozR 3-2500 § 106 Nr 26 S 146 f). Nur durch die ergänzende intellektuelle Betrachtung wird gewährleistet, daß die wesentlichen Leistungsbedingungen des geprüften (Zahn-)Arztes mit denen der verglichenen (Zahn-)Ärzte übereinstimmen und somit der Erfahrungssatz, daß erheblich höhere Fallkosten die Vermutung unwirtschaftlicher Behandlungsweise ergeben, zum Zuge kommen kann (hierzu und zum folgenden grundlegend BSGE 74, 70, 73 = SozR 3-2500 § 106 Nr 23 S 126). Liegen bei dem Betroffenen besondere Umstände vor, die für die Vergleichsgruppe untypisch sind, so ist der Beweiswert der Statistik eingeschränkt oder ganz aufgehoben. Sind solche kostenerhöhenden Praxisbesonderheiten bekannt oder anhand der Krankenscheine bzw Abrechnungsdaten oder seiner Angaben erkennbar, so müssen ihre Auswirkungen bestimmt werden, noch ehe sich auf der Grundlage der statistischen Abweichungen verläßliche Aussagen über die Wirtschaftlichkeit oder Unwirtschaftlichkeit der Behandlungsweise treffen lassen (BSG aaO S 73 bzw S 126 f). Die durch die ergänzende Prüfung unter medizinisch-ärztlichen Gesichtspunkten gewonnenen Erkenntnisse sind nicht erst in einem späteren Verfahrensstadium und/oder nur auf entsprechende Einwendungen des Betroffenen hin, sondern bereits auf der ersten Prüfungsstufe von Amts wegen mit zu berücksichtigen. Nur die Zusammenschau der statistischen Daten und der medizinisch-ärztlichen Gegebenheiten ermöglicht die Beurteilung, ob die vorgefundenen Vergleichswerte die Annahme eines offensichtlichen Mißverhältnisses und damit den Schluß auf eine unwirtschaftliche Behandlungsweise rechtfertigen (aaO S 72 bzw S 125 f). Mithin müssen bereits vorab die besonderen Strukturen und das Behandlungsverhalten innerhalb des speziellen engeren Leistungsbereichs sowie die Praxisumstände des geprüften (Zahn-)Arztes berücksichtigt werden, um die Eignung der Vergleichsgruppe und den Aussagewert der gefundenen Vergleichszahlen beurteilen zu können (aaO S 71 bzw S 125). Während der Beklagte diesen Maßstäben durch das Heranziehen der MKG-Chirurgen als Vergleichsgruppe entsprochen hat, hat er den Anforderungen indessen bei den von ihm zugrunde gelegten Leistungsspektren des geprüften (Zahn-)Arztes einerseits und der Vergleichsgruppe andererseits nicht in vollem Umfang Rechnung getragen.

Im Urteil vom 8. Mai 1996 hat der Senat, bezogen auf einen Einzelleistungsvergleich bei MKG-Chirurgen, ausgeführt, daß bei solchen Leistungen, die sowohl vertragsärztlich als auch vertragszahnärztlich abrechenbar sind, zu prüfen ist, ob beide Abrechnungsbereiche in die Betrachtung einbezogen werden müssen, um hinreichend genaue Aussagen zu erhalten (BSG SozR 3-2500 § 106 Nr 36 S 204 f mit Hinweis auf Osteotomien, Wurzelspitzenresektionen, Zysektomien). Dies muß auch dann beachtet werden, wenn der Betroffene - wie hier - geltend macht, durch das Betreiben einer sog Tagesklinik bzw Praxisklinik erbringe er die gleichen Leistungen ambulant und rechne sie vertragszahnärztlich ab, die das Gros der MKG-Chirurgen stationär-belegärztlich erbringe und vertragsärztlich abrechne. Welche Arten von Operationen er vor allem ambulant-klinisch erbringt, legte der Kläger bereits in seiner Stellungnahme zu dem Prüfantrag der Beigeladenen zu 1. dar. Diesen Tätigkeitsbereich hat der Beklagte in dem angefochtenen Bescheid mit der Bewertung, aufgrund der Tätigkeit des Klägers in seiner sog Tagesklinik könne keine Praxisbesonderheit anerkannt werden, nicht ausreichend gewürdigt. Insoweit ist vielmehr zum einen zu prüfen, ob möglicherweise ein besonderes Patientengut und ein dadurch atypisch größerer Behandlungsumfang als bei der Vergleichsgruppe vorliegt. Zum anderen könnte zu erwägen sein, ob der Kläger insoweit zwar nicht einen insgesamt vermehrten Aufwand hat, aber evtl speziell im vertragszahnärztlichen Bereich berechtigtermaßen mehr abrechnet als die Vergleichsgruppe, weil diese entsprechende Leistungen belegärztlich erbringt und vertragsärztlich abrechnet. Dies hätte zur Folge, daß das vertragszahnärztliche Abrechnungsvolumen des Klägers im Vergleichsweg nicht nur den vertragszahnärztlichen Abrechnungswerten der anderen MKG-Chirurgen gegenüberzustellen ist, sondern auch, daß deren vertragsärztliche Abrechnungsvolumina mitzuberücksichtigen sind, insbesondere auch die belegärztlich-stationären, vertragsärztlich abgerechneten Leistungen. In dieser Richtung haben die Beigeladenen zu 1. und 2. im Revisionsverfahren weitere Ausführungen gemacht, vor allem auch die Fallzahlen und Abrechnungswerte einerseits des Klägers und andererseits des Durchschnitts der Vergleichsgruppe einander gegenüber gestellt. Ob diese Ausführungen für eine tragfähige Vergleichsprüfung ausreichen könnten, ist hier nicht zu entscheiden, weil vorliegend allein der Inhalt des angefochtenen Honorarkürzungsbescheides vom 14. Dezember 1998 zu beurteilen ist und dieser jedenfalls keine ausreichend umfassende Vergleichsprüfung enthält.

Einer umfassenderen Vergleichsprüfung unter Einbeziehung der belegärztlichen Abrechnungswerte der MKG-Chirurgen kann nicht entgegengehalten werden, die Tätigkeit des Klägers in seiner sog Tagesklinik sei von vornherein nicht mit belegärztlichen Leistungen anderer MKG-Chirurgen vergleichbar, weil diese - ungeachtet der Zuordnung von deren Abrechnung zum ambulanten Bereich - dem stationären Bereich zugehörten (vgl § 121 Abs 2 und 3 SGB V). Zwar trifft es zu, daß jede stationäre Behandlung - auch die belegärztliche - eine entsprechende medizinische Indikation erfordert und der Vorrang ambulanter Behandlung zu beachten ist (vgl dazu die Krankenhauspflege-RL (in Aichberger-Ergänzungsband, hrsg von K. Engelmann, Nr 475) unter Ziffern 1.2, 2.1 und 2.2.1; ebenso § 26 Abs 1 BMV-Ä, § 11 Abs 1 Bundesmantelvertrag-Zahnärzte, ferner § 39 Abs 1 Satz 2 SGB V). Diese rechtlich differenzierten Vorgaben schließen indessen nicht aus, daß faktisch doch eine Vergleichbarkeit gegeben sein kann. Ausgangspunkt der Wirtschaftlichkeitsprüfung sind nämlich zunächst die tatsächlich praktizierten Behandlungsabläufe und nicht in erster Linie deren rechtliche Bewertung (vgl BSG SozR 3-2500 § 106 Nr 36 S 205). Der Kläger hat schon im Verwaltungsverfahren substantiiert geschildert, welche schwierigen Operationen er in seiner Tagesklinik ambulant durchführe, und geltend gemacht, daß er im Unterschied zu seinen Fachkollegen keine Belegbetten habe, mithin dem politischen und normativen Ziel der Verlagerung von Operationen aus dem stationären in den ambulanten Bereich weitestmöglich Rechnung trage. Dieses Vorbringen hat er im SG- und LSG-Verfahren wiederholt, mit konkreten Auflistungen der von ihm ambulant durchführten Operationstypen, die von anderen MKG-Chirurgen stationär (entweder in der Belegabteilung oder per Einweisung ins Krankenhaus) durchgeführt würden. Diese Ausführungen sind insgesamt gesehen so konkret und umfänglich, daß ihm weder von vornherein vorgehalten werden kann, er hätte zu den Behandlungen in seiner sog Tagesklinik nichts Substantiiertes dargelegt, noch, daß seine Tätigkeit in der Tagesklinik keinesfalls mit der belegärztlichen anderer MKG-Chirurgen vergleichbar sein könne. Das Vorbringen des Klägers hätte dem Beklagten vielmehr Anlaß geben müssen, ihm nachzugehen. Bei der Frage, in welcher Weise und mit welcher Intensität der Beklagte dies tut, stehen ihm verschiedene Möglichkeiten offen. Eine Methode könnte die beispielhafte Prüfung von Einzelfällen sein (s dazu zuletzt - zusammenfassend - BSG SozR 3-2500 § 106 Nr 50 S 267 f). Dabei kann es uU ausreichen, diese anhand eines repräsentativen Teils der vom Kläger vertragszahnärztlich abgerechneten Behandlungsfälle durchzuführen (vgl BSG aaO S 267).

Gegen die Prüfung, ob die anderen MKG-Chirurgen uU belegärztlich die gleichen Behandlungen durchführen, wie der Kläger sie in seiner Tagesklinik durchführt, kann nicht mit Erfolg eingewandt werden, damit werde den anderen MKG-Chirurgen ein unwirtschaftliches Verhalten unterstellt, obgleich die Wirtschaftlichkeitsprüfung auf der Annahme beruhe, daß der Durchschnitt der Vergleichsgruppe insgesamt wirtschaftlich handele (hierzu s o mit Hinweis auf die stRspr, zB BSGE 84, 85, 86 = SozR 3-2500 § 106 Nr 47 S 250; Nr 49 S 257). Das Bundessozialgericht orientiert sich - wie ausgeführt - bei der Vergleichsprüfung vorrangig am tatsächlich praktizierten Behandlungsverhalten.

Nach alledem ist vom beklagten Beschwerdeausschuß gemäß § 20 Abs 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (zu dessen Anwendbarkeit s BSGE 77, 53, 60 = SozR 3-2500 § 106 Nr 33 S 191) zu ermitteln, ob gleichartige Operationen einerseits vom Kläger in seiner Tagesklinik und andererseits von der Vergleichsgruppe belegärztlich durchgeführt und abgerechnet wurden und ob dies in einem für die Bewertung als wirtschaftlich oder unwirtschaftlich relevanten Umfang geschah, sowie ggf das bei der Vergleichsprüfung zu berücksichtigen. Deshalb hat das LSG den Bescheid des Beklagten zu Recht aufgehoben und diesen zur Neubescheidung verpflichtet.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs 1 Sozialgerichtsgesetz. Davon, auch der Beigeladenen zu 1. Kosten aufzuerlegen, hat der Senat in Anwendung des ihm bei Kostenentscheidungen zustehenden Ermessens abgesehen. Sie hat zwar zunächst Revision eingelegt, diese aber alsbald wieder zurückgenommen.
Rechtskraft
Aus
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