B 6 KA 32/02 R

Land
Bundesrepublik Deutschland
Sozialgericht
Bundessozialgericht
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
6
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 1 KA 3853/98
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 KA 1055/01
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 6 KA 32/02 R
Datum
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Ergibt eine mit statistischen Methoden durchgeführte Wirtschaftlichkeitsprüfung die unwirtschaftliche Behandlungsweise des (Zahn)Arztes muss die daraufhin in Ausübung des Kürzungsermessens ausgesprochene Honorarkürzung in angemessener Weise mit dem festgestellten Ausmaß der Unwirtschaftlichkeit korrespondieren.
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 8. Mai 2002 aufgehoben. Die Berufungen des Beklagten und des Beigeladenen zu 7. gegen das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 8. November 2000 werden mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Beklagte bei der Neubescheidung der Widersprüche des Klägers die Rechtsauffassung des Senats zu beachten hat. Der Beklagte und der Beigeladene zu 7. haben dem Kläger dessen außergerichtliche Kosten für das Berufungs- und Revisionsverfahren je zur Hälfte zu erstatten. Im Übrigen sind Kosten nicht zu erstatten.

Gründe:

I

Die Beteiligten streiten um die Höhe von Honorarkürzungen aus Anlass von Wirtschaftlichkeitsprüfungen.

Der zur vertragszahnärztlichen Versorgung zugelassene, zu 7. beigeladene Zahnarzt für Kieferorthopädie betrieb von 1993 bis Ende 1995 eine Gemeinschaftspraxis zusammen mit einer Zahnärztin. In den Quartalen IV/1995 und I/1996 beschäftigte er einen Weiterbildungsassistenten, der dann bis IV/1996 in der Praxis als Zahnarzt angestellt war.

Im Quartal IV/1995 hatte die Praxis des Beigeladenen zu 7. bei den Gebühren-Nrn Ä 1 - Ber ("Beratung ..."), 01-U ("Eingehende Untersuchung zur Feststellung von Zahn-, Mund- und Kieferkrankheiten einschl Beratung"), 10-üZ ("Behandlung überempfindlicher Zahnflächen ..."), 12-bMF ("Besondere Maßnahmen beim Präparieren oder Füllen ..."), 105-Mu ("Lokale medikamentöse Behandlung von Schleimhauterkrankungen ..."), 106-sK ("Beseitigen scharfer Zahnkanten oder störender Prothesenränder ...") und 107-Zst ("Entfernen harter Zahnbeläge ...") des Gebührentarifs A des Ersatzkassenvertrages für vertragszahnärztliche Leistungen (EKV-Z) den Fallkostendurchschnitt der Kieferorthopäden um 725 % überschritten. Der Prüfungsausschuss kürzte die Honoraranforderungen bei diesen Leistungen unter Zugrundelegung der Grenze zum unwirtschaftlichen Mehraufwand bei +100 % um 25 % seines Mehraufwandes (Bescheid vom 5. Februar 1997). Auf den Widerspruch des - im hiesigen Rechtsstreit klagenden - Ersatzkassenverbandes hin erhöhte der Beschwerdeausschuss die Kürzung auf 35 %. Die dagegen vom Beigeladenen zu 7. erhobene Klage blieb ohne Erfolg.

In den streitbefangenen Quartalen I/1996 bis IV/1996 rechnete der Beigeladene zu 7. die og vertragszahnärztlichen Leistungen im Verhältnis zur Fachgruppe wie folgt ab:

Quartal; Fallzahl; Fallkosten; dto. Fachgruppe; Überschreitung jenseits +100 %; (d. Beigel. davon nach Kürzung belassen):

I/96; 1.139; 74,18 DM; 12,15 DM; 511%; 332%

II/96; 1.079; 100,04 DM; 11,82 DM; 746%; 485%

III/96; 1.110; 92,38 DM; 11,05 DM; 736%; 478%

IV/96; 1.068; 83,10 DM; 11,52 DM; 618%; 402%

Der Prüfungsausschuss setzte die Grenze zum offensichtlichen Missverhältnis im Anschluss an die Entscheidung des Beklagten zur Wirtschaftlichkeitsprüfung für das Quartal IV/1995 jeweils bei +100 % an und kürzte die verbleibenden Mehranforderungen des Beigeladenen zu 7. wegen seiner Überschreitungen um 35 %. Die Summe der Kürzungen für alle Quartale belief sich auf 98.345,24 DM (Bescheide vom 18. März 1998).

Die dagegen - mit gegenläufigem Ziel - erhobenen Widersprüche sowohl des klagenden Ersatzkassenverbandes als auch des Beigeladenen zu 7. wies der beklagte Beschwerdeausschuss zurück. Die Prüfanträge seien als "Folgeanträge" gekennzeichnet und auf ein Vorgehen wie im Quartal IV/1995 gerichtet; demgemäß sei analog dazu entschieden worden. Der Beigeladene zu 7. habe für die Quartale I bis IV/1996 noch keine Reaktionsmöglichkeit auf den erstmals in Prüfangelegenheiten ergangenen Bescheid vom 5. Februar 1997 gehabt, dem gleiche Parameter zu Grunde lägen; das Vorgehen - auch zur Höhe der Kürzungen - entspreche dem Gebot der Gleichmäßigkeit von Verwaltungsentscheidungen und der ständigen Praxis der örtlichen Prüfgremien. Die auf 35 % des Mehraufwandes beschränkte Kürzung sei in einem erstmaligen Prüfverfahren nicht zu beanstanden. Der Widerspruch des Beigeladenen zu 7. bleibe erfolglos, da die Bescheide des Prüfungsausschusses seine Rechte nicht verletzten (Bescheid vom 4. November 1998).

Mit seiner dagegen erhobenen Klage ist der Ersatzkassenverband bei dem Sozialgericht (SG) iS einer Verpflichtung des Beklagten zur Neubescheidung erfolgreich gewesen. Der Beklagte sei nicht gebunden gewesen, die Kürzung auf 35 % des Mehraufwandes zu begrenzen, weil der gesamte unwirtschaftliche Aufwand habe gekürzt werden dürfen. Dies dränge sich wegen der grob unwirtschaftlichen Behandlungsweise des Beigeladenen zu 7. auf, die ihm auch ohne Beratung habe deutlich werden müssen. Der Beklagte berufe sich zu Unrecht auf den Grundsatz der Gleichmäßigkeit von Verwaltungsakten, weil für jedes Quartal gesondert zu prüfen und abzuwägen sei (Urteil vom 8. November 2000).

Auf die Berufungen des Beklagten und des Beigeladenen zu 7. hat das Landessozialgericht (LSG) das erstinstanzliche Urteil aufgehoben und die Klage abgewiesen. Ausgehend von den für die Wirtschaftlichkeitsprüfung in der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) entwickelten Grundsätzen sei der angefochtene Bescheid entgegen der Ansicht des SG rechtmäßig. Da eine Einzelleistungsprüfung im Streit sei, dürfe die Grenze zum offensichtlichen Missverhältnis bei einer Überschreitung des Fachgruppendurchschnitts von +100 % gezogen werden. Praxisbesonderheiten bestünden nicht. Das Ermessen sei bei der Festsetzung der Kürzung auf 35 % des Mehraufwandes fehlerfrei und in vertretbarer Weise ausgeübt worden. Der Beklagte habe sich davon leiten lassen, dass der Beigeladene zu 7. erstmals nach Ablauf der hier streitigen Quartale einer Honorarkürzung ausgesetzt worden sei. Er habe davon ausgehen dürfen, dass der Beigeladene sein Behandlungsverhalten auf die Kürzungen hin überprüfe und seine Honorarforderungen künftig am Wirtschaftlichkeitsgebot ausrichten werde. Eine solche Reaktion habe erst erfolgen können, nachdem ihm die Gründe für die Unwirtschaftlichkeit der Behandlungsweise erkennbar gewesen seien. Die Prüfgremien seien nicht verpflichtet, bei in späteren Quartalen erneut auftretender Unwirtschaftlichkeit höhere Kürzungen festzusetzen, sondern müssten dann, wenn sie später bei unveränderten tatsächlichen Verhältnissen höhere Kürzungen verfügten, diese Erhöhung sogar gesondert begründen. Solches komme - anders als hier - in Betracht, wenn ein Zahnarzt auf vorangegangene Maßnahmen nicht reagiert habe. Angesichts der eklatanten Überschreitungswerte wären zwar höhere Kürzungen berechtigt gewesen; da ein Fall der Ermessensreduzierung aber nicht vorliege, gebe es eine ganze Bandbreite rechtmäßiger Kürzungsentscheidungen (Urteil vom 8. Mai 2002).

Mit seiner Revision rügt der Kläger die fehlerhafte Anwendung des § 106 Abs 2 Nr 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) iVm § 72 Abs 1 Satz 2 SGB V und § 35 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X). Das LSG habe aus den Rechtsgrundsätzen für die Durchführung von Wirtschaftlichkeitsprüfungen unrichtige Schlussfolgerungen gezogen. Dem Bescheid des Beklagten fehle schon eine Begründung für die erst bei +100 % angesetzte Grenze zum offensichtlichen Missverhältnis. Die Angabe von Gründen werde nicht dadurch ersetzt, dass sich der Beklagte die Ausführungen des Prüfungsausschusses zu Eigen gemacht hätte; § 35 SGB X erfordere zwingend eine Begründung. Auch sei hinsichtlich des Beurteilungs- und Ermessensspielraums nicht auf den Prüfungsausschuss verwiesen worden. Erkenntnisse aus der Prüfung eines Quartals seien für nachfolgende Quartale nicht aussagekräftig. Zwar müssten in nachfolgenden Quartalen nicht grundsätzlich höhere Kürzungsmaßnahmen ausgesprochen werden; die Prüfgremien müssten die streitigen Quartale aber eigenständig überprüfen und sich mit der Höhe der Überschreitung auseinander setzen. Die Selbstbindung der Verwaltung gebiete nur, das Ermessen in gleich gelagerten Fällen grundsätzlich gleich zu handhaben. Da es aber eine Gleichbehandlung im Unrecht nicht gebe, dürfe sich die Behörde nicht bloß auf eine schon einmal getroffene Entscheidung zurückziehen. Die Auffassung des LSG habe zur Konsequenz, dass Verstöße gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot ganz bzw für einen längeren Zeitraum unsanktioniert blieben. Es müsse aber der gesamte unwirtschaftliche Mehraufwand gekürzt werden, wenn sich dem betroffenen Vertragszahnarzt bei besonders hohen Überschreitungen das Vorliegen von Unwirtschaftlichkeit selbst aufdrängen müsse. Eine bestimmte Abfolge von Maßnahmen nach festgestellter Unwirtschaftlichkeit gebe es nicht. Verlange man eine zunächst erfolgende Beratung, anschließend eine moderate Kürzung und erlaube erst dann eine vollständige, böte dies den Ärzten sogar den Anreiz zu unwirtschaftlicher Behandlung, weil fortgesetztes Fehlverhalten letztlich sogar belohnt würde. Der Beigeladene zu 7. sei in diesem Sinne nicht schützenswert.

Der Kläger beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 8. Mai 2002 aufzuheben und die Berufungen des Beklagten und des Beigeladenen zu 7. gegen das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 8. November 2000 zurückzuweisen,
hilfsweise,
das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 8. Mai 2002 aufzuheben und den Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückzuverweisen.

Der Beklagte und der Beigeladene zu 7. beantragen,
die Revision zurückzuweisen.

Der Beklagte hält das Urteil des LSG für zutreffend. Allein der Beigeladene zu 7. habe den Kürzungsbescheid für das Quartal IV/1995 angegriffen, mit dem das Honorar schon abweichend von dem Grundsatz "Beratung vor Kürzung" sogleich um 35 % gekürzt worden sei. Die Verwaltungspraxis der Prüfgremien in den Folgequartalen sei nicht zu beanstanden. Da der angefochtene Bescheid zur Festlegung des offensichtlichen Missverhältnisses und des Kürzungsumfangs auf die Prüfbescheide Bezug nehme, enthalte er auch eine Begründung. Vom Kläger angeführte Rechtsprechung des BSG sei nicht einschlägig, weil es vorliegend nicht um eine Frage des Vertrauensschutzes, sondern um die Selbstbindung der Verwaltung gehe. Die örtlichen Prüfgremien nähmen nach ihrer ständigen Verwaltungspraxis Verschärfungen nur vor, wenn der betroffene Arzt auch habe reagieren können oder statistisches Material dies rechtfertige. Dass die Wirtschaftlichkeitsprüfung den Beigeladenen zu 7. begünstige und einen Anreiz zu unwirtschaftlichem Handeln biete, treffe wegen des Kürzungsumfangs von ca 100.000 DM nicht zu.

Der Beigeladene zu 7. hält die Rügen des Klägers für unbegründet. Der Beklagte habe zur Begründung seines Bescheides beanstandungsfrei auf seinen eigenen Bescheid für das Quartal IV/1995 sowie die Bescheide des Prüfungsausschusses für die Quartale I bis IV/1996 Bezug genommen. Der Grenzwert zum offensichtlichen Missverhältnis von +100 % stehe in Einklang mit der Rechtsprechung des BSG. Die Gründe für die Ausübung des Kürzungsermessens lege der angefochtene Bescheid ausführlich dar. Eine Gleichbehandlung im Unrecht liege nicht vor; damit könne der Kläger nicht gehört werden, weil er den Kürzungsbescheid für das Quartal IV/1995 selbst nicht angefochten habe, diese Entscheidung nun aber nachträglich nicht mehr gelten lassen wolle. Da die Kürzungsentscheidung der ständigen örtlichen Verwaltungspraxis entspreche, werde er (der Beigeladene zu 7.) im Vergleich zu seinen Fachkollegen ungleich behandelt, wenn der Beklagte seine Verwaltungspraxis unzulässig rückwirkend aufgeben würde. In der Sache sei die Entscheidung ermessensfehlerfrei, weil subjektive oder objektive Gesichtspunkte nach den Gegebenheiten des Einzelfalls kürzungsmindernd oder -ausschließend berücksichtigt werden dürften.

II

Die zulässige Revision des klagenden Ersatzkassenverbandes ist begründet.

Das den beklagten Beschwerdeausschuss zur Neubescheidung verpflichtende Urteil des SG ist unter Aufhebung des angefochtenen LSG-Urteils und Zurückweisung der Berufungen des Beklagten und des Beigeladenen zu 7. wieder herzustellen. Die Verwaltungsentscheidung des Beklagten, dem Beigeladenen zu 7. als Reaktion auf die in den Quartalen I/1996 bis IV/1996 festgestellte unwirtschaftliche Behandlungsweise sein vertragszahnärztliches Honorar für die geprüften kieferorthopädischen Begleitleistungen in Höhe von 65 % des jenseits der Grenze zur Wirtschaftlichkeit liegenden Mehraufwandes zu belassen, beruht entgegen der Ansicht des LSG auf einem Ermessensfehler. Lediglich klarstellend hat der Senat im Urteilstenor zum Ausdruck gebracht, dass der Beklagte bei seiner auf den Widerspruch des Klägers gegen die Bescheide des Prüfungsausschusses hin neu zu treffenden Entscheidung nunmehr an die Rechtsauffassung des Senats gebunden ist.

Rechtsgrundlage für Honorarkürzungen wegen unwirtschaftlicher Behandlungsweise ist § 106 Abs 2 Satz 1 Nr 1 SGB V in der hier noch maßgeblichen Fassung des Gesundheitsstrukturgesetzes (GSG) vom 21. Dezember 1992 (BGBl I 2266). Danach wird die Wirtschaftlichkeit der Versorgung durch (zahn)arztbezogene Prüfungen (zahn)ärztlicher und (zahn)ärztlich verordneter Leistungen nach Durchschnittswerten beurteilt. Nach den hierzu von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen ist die statistische Vergleichsprüfung die Regelprüfmethode (stRspr, vgl zB BSGE 84, 85, 86 = SozR 3-2500 § 106 Nr 47 S 250; SozR aaO Nr 51 S 272; SozR aaO Nr 55 S 306). Die Abrechnungswerte des (Zahn)Arztes werden mit denjenigen seiner Fachgruppe - bzw mit denen einer nach verfeinerten Kriterien gebildeten engeren Vergleichsgruppe - im selben Quartal verglichen. Ergänzt durch die sog intellektuelle Betrachtung, bei der medizinisch-(zahn)ärztliche Gesichtspunkte berücksichtigt werden, ist dies die Methode, die typischerweise die umfassendsten Erkenntnisse bringt (dazu zuletzt BSG SozR 3-2500 § 106 Nr 49 S 257; SozR aaO Nr 50 S 263 f; SozR aaO Nr 55 S 306). Ergibt die Prüfung, dass der Behandlungsaufwand des (Zahn)Arztes je Fall bei dem Gesamtfallwert, bei Sparten- oder bei Einzelleistungswerten in offensichtlichem Missverhältnis zum durchschnittlichen Aufwand der Vergleichsgruppe steht, dh ihn in einem Ausmaß überschreitet, das sich im Regelfall nicht mehr durch Unterschiede in der Praxisstruktur oder in den Behandlungsnotwendigkeiten erklären lässt, hat das die Wirkung eines Anscheinsbeweises der Unwirtschaftlichkeit (stRspr, vgl zB BSG SozR 3-2500 § 106 Nr 50 S 263 f; SozR aaO Nr 51 S 272; zuletzt Urteil des Senats vom 11. Dezember 2002 - B 6 KA 1/02 R = SozR 3-2500 § 106 Nr 57 S 319).

Die arztbezogene Vergleichsprüfung nach Durchschnittswerten ist nicht nur hinsichtlich des Gesamtfallwerts einschlägig, sondern unter der Voraussetzung einer hinreichenden Vergleichbarkeit gleichermaßen zur Überprüfung der Wirtschaftlichkeit des Ansatzes einzelner Leistungspositionen bzw - wie im vorliegenden Fall - mehrerer zu einzelnen Leistungssparten zusammengefasster Leistungspositionen der Bewertungsmaßstäbe heranzuziehen (so schon BSGE 71, 194, 196 = SozR 3-2500 § 106 Nr 15 S 88; BSGE 74, 70, 71 = SozR aaO § 106 Nr 23 S 124; SozR aaO Nr 55 S 306 mwN). Ein Vertragsarzt ist nämlich verpflichtet, in dem Sinne umfassend wirtschaftlich zu behandeln, dass das Wirtschaftlichkeitsgebot auch in jedem Teilbereich seiner Tätigkeit gewahrt ist (vgl BSGE 71, 194, 199, 201 = SozR 3-2500 § 106 Nr 15 S 91 und 93; BSG SozR 3-2500 § 106 Nr 42 S 232). Ein statistischer Einzelleistungsvergleich setzt dabei voraus, dass Leistungen betroffen sind, die für die gebildete Vergleichsgruppe typisch sind, also zumindest von einem größeren Teil der Fachgruppenmitglieder regelmäßig in nennenswerter Zahl erbracht werden (vgl BSGE 71, 194, 196 f = SozR 3-2500 § 106 Nr 15 S 88 f; BSGE 74, 70, 76 = SozR 3-2500 § 106 Nr 23 S 130; BSGE 76, 53, 57 = SozR 3-2500 § 106 Nr 26 S 148). Der beklagte Beschwerdeausschuss hat dies hier im Rahmen des ihm zustehenden Beurteilungsspielraums angenommen (s dazu allgemein BSGE 71, 194, 197 = SozR 3-2500 § 106 Nr 15 S 88; BSG SozR 3-2500 § 106 Nr 31 S 177). Er ist in beanstandungsfreier Weise davon ausgegangen, dass bei den streitigen kieferorthopädischen Begleitleistungen (= Gesamtheit der Gebühren-Nrn Ä 1-Ber, 01-U, 12-bMF, 10-üZ, 105-Mu, 106-sK und 107-Zst EKV-Z) die Voraussetzungen für eine Honorarkürzung nach Durchführung eines Vergleichs zwischen der Ansatzhäufigkeit des Beigeladenen zu 7. und derjenigen der Fachgruppe der kieferorthopädisch behandelnden Zahnärzte im Planungsbereich (Horizontalvergleich) erfüllt sind. Dies wird im Revisionsverfahren von den Beteiligten auch nicht in Zweifel gezogen. Es bestehen keine Bedenken, die streitigen Leistungen als fachgruppentypische Grundleistungen einzustufen; auch wurde die Vergleichsgruppe ordnungsgemäß gebildet, zumal sich schon die Gruppe der Zahnärzte allgemein durch große Homogenität auszeichnet (vgl BSGE 62, 24, 29 = SozR 2200 § 368n Nr 48 S 161; BSGE 69, 138, 143 = SozR 3-2500 § 106 Nr 6 S 26). Praxisbesonderheiten und/oder kompensatorische Einsparungen waren auf Grund der Feststellungen des LSG nicht zu berücksichtigen.

Entgegen der Ansicht des klagenden Krankenkassenverbandes ist es nicht rechtsfehlerhaft, dass der Beklagte die Schwelle zum offensichtlichen Missverhältnis im Falle der bei dem Beigeladenen zu 7. geprüften Leistungen bei +100 % über dem Fachgruppendurchschnitt angesetzt hat. Der Heranziehung eines Grenzwertes kommt die Funktion zu, dass bei seinem Überschreiten der Anscheinsbeweis der Unwirtschaftlichkeit erbracht ist und nunmehr der betroffene (Zahn)Arzt darzulegen hat und die Beweislast dafür trägt, dass gleichwohl von einer wirtschaftlichen Behandlungsweise auszugehen ist (zum Ganzen vgl zB BSG SozR 3-2500 § 106 Nr 27 S 154; Hess in Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, § 106 SGB V RdNr 15). Von welchem Grenzwert an das offensichtliche Missverhältnis anzunehmen ist, entzieht sich einer allgemein verbindlichen Festlegung (stRspr, zB BSGE 76, 53, 55 = SozR 3-2500 § 106 Nr 26 S 146). Zwar darf nach der Rechtsprechung des Senats bei Arztgruppen mit engem Leistungsspektrum - wie es auch bei den kieferorthopädisch tätigen Zahnärzten vorliegt - eine Grenzziehung bereits bei Überschreitungen der Durchschnittswerte der Vergleichsgruppe um +40 % vorgenommen werden (so BSGE 62, 24, 30 = SozR 2200 § 368n Nr 48 S 162; BSG SozR 3-2500 § 106 Nr 41 S 225; SozR aaO Nr 43 S 240; vgl Spellbrink, Wirtschaftlichkeitsprüfung im Kassenarztrecht, 1994, RdNr 595 und 603; Engelhard in Hauck/Noftz, SGB V, K § 106 RdNr 167 ff mwN). Andererseits ist eine solche, hier vom Kläger ähnlich befürwortete Untergrenze nicht zwingend geboten. Nach ständiger Rechtsprechung sind höhere Grenzwerte regelmäßig dann in Betracht zu ziehen, wenn nur einzelne Leistungssparten oder -arten verglichen werden (so bereits BSGE 62, 24, 30 = SozR 2200 § 368n Nr 48 S 162). Dies beruht darauf, dass die Aussagekraft bei Einzelleistungsvergleichen tendenziell geringer und die Gefahr von Fehlinterpretationen größer ist als bei einem Gesamtleistungsvergleich, weil sich unterschiedliche Diagnose- und Behandlungsmethoden der (Zahn)Ärzte hier naturgemäß stärker auswirken (so BSG SozR 3-2500 § 106 Nr 11 S 57 f; vgl auch BSGE 69, 138, 144 = SozR 3-2500 § 106 Nr 6 S 27). Jedenfalls darf aber bei Einzelleistungsprüfungen die Grenze zum offensichtlichen Missverhältnis typisierend beim Doppelten des Fachgruppendurchschnitts (= +100 %) gezogen werden, um die verbleibenden Unwägbarkeiten einer statistischen Vergleichsprüfung zu erfassen (vgl BSGE 50, 84, 86 = SozR 2200 § 368e Nr 4 S 8 mwN; BSGE 71, 194, 198 f = SozR 3-2500 § 106 Nr 15 S 90; BSGE 74, 70, 76 = SozR 3-2500 § 106 Nr 23 S 130; ebenso Clemens in Schulin (Hrsg), Handbuch des Sozialversicherungsrechts, Bd 1, § 35 RdNr 153; Engelhard, aaO, K § 106 RdNr 228 mwN). Bei einer homogenen Vergleichsgruppenzusammensetzung und vergleichsgruppentypischen Leistungen kann die Grenze zum offensichtlichen Missverhältnis zwar deutlich niedriger angesetzt werden. Auch unter Berücksichtigung dieses Gesichtspunkts steht der Bescheid des Beklagten angesichts des ihm zustehenden Beurteilungsspielraums und dem erkennbaren Bestreben, dem Beigeladenen zu 7. einen "Sicherheitszuschlag" zuzuerkennen, aber noch mit höherrangigem Recht in Einklang. Der Hinweis des Klägers auf einen Grenzwert von "üblicherweise 50 %" lässt demgegenüber die Unterschiede zwischen dem Vergleich des Gesamtfallwerts und von Einzelleistungs- bzw Spartenwerten außer Ansatz. Mit Rücksicht auf die Spannbreite möglicher rechtmäßiger Entscheidungen zur Ausfüllung des dem Beklagten eröffneten Beurteilungsspielraums einerseits und auf die im Verwaltungsverfahren erkennbar gewordenen Verhältnisse des Beigeladenen zu 7. andererseits war der Beklagte nicht verpflichtet, einen niedrigeren Wert zu wählen.

Entgegen der Auffassung des Klägers ist die Verwaltungsentscheidung des Beklagten auch nicht wegen "fehlender Begründung" rechtswidrig. Zwar muss jede behördliche Entscheidung im Interesse des effektiven Rechtsschutzes der davon Betroffenen eine Begründung enthalten (§ 35 SGB X). Daher ist es erforderlich, dass auch die Prüfgremien ihre Ausführungen zum Vorliegen der Voraussetzungen für Maßnahmen der Wirtschaftlichkeitsprüfung in dem zum Abschluss des Verwaltungsverfahrens ergehenden Bescheid derart verdeutlichen, dass im Rahmen der - in Folge von Beurteilungs- und Ermessensspielräumen der Gremien eingeschränkten - sozialgerichtlichen Überprüfung zumindest die zutreffende Anwendung der einschlägigen Beurteilungsmaßstäbe im Einzelfall erkennbar und nachvollziehbar ist (vgl dazu zB BSG SozR 3-2500 § 106 Nr 25 S 139 mwN; Engelmann in: von Wulffen, SGB X, 4. Aufl 2001, § 35 RdNr 7 mwN). Die Anforderungen an die Darlegungen und Berechnungen dürfen allerdings nicht überspannt werden, zumal sich gerade Maßnahmen der Wirtschaftlichkeitsprüfung regelmäßig an einen sachkundigen Personenkreis richten (vgl BSGE 74, 70, 75 = SozR 3-2500 § 106 Nr 23 S 128 f); die Ausführungen müssen nur erkennen lassen, wie das Behandlungsverhalten des (Zahn)Arztes bewertet wurde und auf welchen Erwägungen die getroffene Kürzungsmaßnahme beruht (vgl BSG SozR 3-2500 § 106 Nr 41 S 225; Engelhard, aaO, K § 106 RdNr 313). In diesem Zusammenhang bestehen unter dem Blickwinkel des Begründungserfordernisses keine Bedenken dagegen, dass ein Prüfgremium auf vorangegangene, die gleichen tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse betreffenden Entscheidungen Bezug nimmt (so Engelhard, ebenda RdNr 314 unter Hinweis auf BSG USK 85190 = MedR 1987,134). Die Begründungspflicht verlangt nicht, bereits an anderer Stelle bei gleicher Sachlage zutreffend gemachte Ausführungen explizit zu wiederholen, wenn aus den Darlegungen hinreichend deutlich wird, dass zuvor dargelegte Gründe für die zu treffende Entscheidung gleichermaßen maßgeblich sein sollen (vgl Engelmann, aaO, § 35 RdNr 5 mwN).

Diese Maßstäbe hat der Beklagte in seinem Bescheid vom 4. November 1998 beachtet. Seine Begründung musste sich nicht mit sämtlichen Einzelüberlegungen auseinander setzen. Vielmehr genügte es, dass die davon betroffenen Beteiligten die Entscheidung nachprüfen konnten und in die Lage versetzt wurden, ihre Rechte sachgerecht wahrzunehmen. Der Bescheid lässt erkennen, dass sich der Beklagte mit den angefochtenen Bescheiden des Prüfungsausschusses vom 18. März 1998 inhaltlich befasst hat. Er hat auch speziell die im Vorverfahren vom Kläger vorgebrachten wesentlichen Gesichtspunkte (= Festlegung des offensichtlichen Missverhältnisses bei +100 % an Stelle von "üblicherweise" +50 %; Kürzung von nur 35 % des unwirtschaftlichen Mehraufwandes) im Blick gehabt. Da - wie dargelegt - die Annahme einer 100 %-Grenze für die Ansetzung der Schwelle zum offensichtlichen Missverhältnis beim Einzelleistungsvergleich durch Rechtsprechung des BSG gedeckt war, bedurfte es insoweit gegenüber dem widerspruchsführenden, sachkundigen Ersatzkassenverband keiner vertieften Ausführungen; darüber hinaus legt schon der die Quartale I bis III/1996 betreffende Bescheid des Prüfungsausschusses vom 18. März 1998 (Seite 7) genau dar, dass eine 100 %-Grenze über dem Vergleichsgruppendurchschnitt an Stelle der Grenze von 50 % gewählt worden ist, weil nur eine begrenzte Anzahl von Gebührenpositionen geprüft worden war.

Der angefochtene Bescheid des Beklagten beruht indessen auf Rechtsfehlern, weil - wie der Kläger zu Recht moniert - das geringe Ausmaß der vorgenommenen Honorarkürzungen ermessensfehlerhaft ist. Bei der Festlegung der Höhe der Honorarkürzungen als Reaktion auf die festgestellte Unwirtschaftlichkeit steht den Prüfgremien regelmäßig ein Ermessensspielraum zu, der die Möglichkeit einer ganzen Bandbreite denkbarer vertretbarer Entscheidungen - vom gänzlichen Unterlassen einer Kürzung (vgl BSGE 53, 284, 291 = SozR 5550 § 15 Nr 1 S 7; BSGE 63, 6, 8 = SozR 2200 § 368n Nr 52 S 179) über die Zubilligung einer Toleranz im Bereich der Übergangszone bis hin zur Kürzung des gesamten unwirtschaftlichen Mehraufwandes (nicht aber darüber hinaus, vgl BSG SozR 2200 § 368n Nr 49 S 168; BSG SozR 3-2500 § 106 Nr 38 S 212) - eröffnet. Gemäß § 54 Abs 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ist eine derartige Ermessensentscheidung von den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit nur daraufhin zu überprüfen, ob die Behörde die gesetzlichen Grenzen des Ermessens eingehalten und vom Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat (zur Geltung der Grundsätze in Bezug auf Wirtschaftlichkeitsprüfungen vgl zB BSG SozR 3-2500 § 106 Nr 38 S 211). Ein Gericht darf sein Kürzungsermessen dagegen nicht an die Stelle desjenigen der Prüfgremien setzen (BSGE 55, 110, 115 = SozR 2200 § 368n Nr 27 S 85).

Ausgehend von diesen Grundsätzen erweist sich der Umfang der von dem Beklagten bei dem Beigeladenen zu 7. vorgenommenen Honorarkürzung für die streitigen Quartale I/1996 bis IV/1996 als ermessensfehlerhaft; denn von dem Ermessen ist nicht in einer dem Zweck des § 106 Abs 1 SGB V entsprechenden Weise Gebrauch gemacht worden. Bei der zu Grunde gelegten großzügigen Grenze zum offensichtlichen Missverhältnis von +100 % über dem Fachgruppendurchschnitt ist es rechtswidrig, einem Vertragszahnarzt wie dem Beigeladenen zu 7. bei sich selbst dann immer noch ergebenden Überschreitungswerten von +511 %, +746 %, +736 % und +618 % insgesamt 65 % des Honorars für den von seiner Praxistätigkeit verursachten unwirtschaftlichen Behandlungsmehraufwand zu belassen. Dies ist zu Lasten der Kostenträger der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) bzw - in Zeiten der Budgetierung - der Gesamtheit der im Zuständigkeitsbereich der Beigeladenen zu 1. ordnungsgemäß abrechnenden Vertragszahnärzte nicht hinnehmbar. Denn im Verfahren gab es - wie ausgeführt - keinerlei Anhalt dafür, dass die verbleibenden Überschreitungsprozentsätze auf statistischen Zufälligkeiten beruhen konnten. Zudem fielen auch die absoluten Überschreitungsbeträge im Vergleich zum Fachgruppendurchschnitt mit 74,18 DM: 12,15 DM, 100,04 DM: 11,82 DM, 92,38 DM: 11,05 DM und 83,10 DM: 11,52 DM unter dem Kostengesichtspunkt erheblich ins Gewicht. Dann aber bedurfte die Kombination einer zugebilligten hohen Überschreitungstoleranz mit nur geringen Abstrichen bei der Honorierung der unwirtschaftlichen vertragszahnärztlichen Leistungen einer besonderen Rechtfertigung und Begründung. Die hier vom Beklagten dafür angeführten Gründe decken das niedrige Kürzungsausmaß nicht.

Wie der Senat wiederholt betont hat, kommt dem Recht der Wirtschaftlichkeitsprüfung im Rahmen der vertrags(zahn)ärztlichen Versorgung ein hoher Stellenwert zu, weil damit dem Wirtschaftlichkeitsgebot des § 12 Abs 1 Satz 2 SGB V Ausdruck verliehen wird. Aus § 106 Abs 1 SGB V folgt eine Verpflichtung der Träger der gemeinsamen Selbstverwaltung zur Überwachung der Wirtschaftlichkeit der vertrags(zahn)ärztlichen Versorgung (so zB BSG SozR 3-2500 § 106 Nr 51 S 273 f; BSG SozR 3-2500 § 106 Nr 40 S 218 ff; BSGE 75, 220, 222 f = SozR 3-2500 § 106 Nr 24 S 134; zuletzt BSG vom 15. Mai 2002 - B 6 KA 30/00 R = SozR 3-2500 § 87 Nr 32 S 185). Schon das Gesundheits-Reformgesetz vom 20. Dezember 1988 (BGBl I 2477) hat die Notwendigkeit wirtschaftlicher Leistungserbringung für die Aufrechterhaltung der Funktionsfähigkeit der GKV hervorgehoben und eine strikte Verpflichtung der Überwachung der Wirtschaftlichkeit der Behandlung durch die (zahn)ärztlichen Leistungserbringer normiert; diese hat der Gesetzgeber in der Folgezeit mit Änderungen des § 106 SGB V durch das GSG von 1992 und durch das Gesundheitsreformgesetz 2000 vom 22. Dezember 1999 (BGBl I 2626) fortgeschrieben. Dass (Zahn)Ärzte keiner Wirtschaftlichkeitsprüfung unterliegen, ist angesichts des Gebotes des § 12 SGB V, dass die Leistungserbringer unwirtschaftliche Leistungen nicht bewirken dürfen, welchem im Vertrags(zahn)arztrecht noch einmal ua durch §§ 70 Abs 1 Satz 2, 72 Abs 2, 75 Abs 1 SGB V Ausdruck verliehen wird, ausgeschlossen. Die umfassende Zielrichtung des Gesetzes schließt es aber ebenso aus, dass ein unwirtschaftlich handelnder Vertrags(zahn)arzt nach Abschluss einer Wirtschaftlichkeitsprüfung, in der gerade eine unwirtschaftliche Leistungserbringung in einem ordnungsgemäß durchgeführten Verfahren festgestellt wurde, in wirkungsähnlicher Weise begünstigt wird. Er darf in diesem Stadium honorarmäßig nicht so stehen, als sei seine Behandlungsweise trotz der zuvor getroffenen Feststellungen und vorgenommenen Bewertungen gar nicht bzw im Wesentlichen nicht zu beanstanden gewesen. Der Umfang der Honorarkürzungen muss vielmehr grundsätzlich mit dem Ausmaß der festgestellten Unwirtschaftlichkeit in angemessener Weise korrespondieren. Deshalb darf einem nach dem Ergebnis der Prüfung über längere Zeit hinweg in gravierendem Maße im System des SGB V unwirtschaftlich agierenden Vertrags(zahn)arzt ohne das Hinzutreten ganz besonderer Umstände nicht die Berechtigung zuerkannt werden, die Früchte der von ihm verantworteten widerrechtlichen und systemwidrigen Behandlungsweise vollständig oder - wie hier geschehen - überwiegend zu behalten. Dass davon bei den Praxen von Berufsanfängern bislang auch in der Rechtsprechung für einige Anfangsquartale Abstriche gemacht worden sind (vgl BSG SozR 2200 § 368n Nr 50 S 170, 172; Clemens in: Schulin, aaO, § 35 RdNr 138 mwN in Fußnote 202), führt hier schon deshalb zu keinem anderen Ergebnis, weil eine vergleichbare Sachlage bei dem Beigeladenen zu 7. nicht bestand; denn er betrieb seine Vertragszahnarztpraxis in den streitigen Quartalen (gemessen an der Scheinzahl) in überdurchschnittlichem Umfang und beschäftigte sogar einen Ausbildungsassistenten bzw angestellten Zahnarzt.

Zu Unrecht hat der Beklagte bei der Festlegung der Kürzungshöhe darauf abgestellt, dass der Beigeladene zu 7. in den streitigen Quartalen noch nicht auf das Ergebnis einer für das Vorquartal durchgeführten Wirtschaftlichkeitsprüfung habe reagieren können. Das Recht der Wirtschaftlichkeitsprüfungen ist nämlich dadurch gekennzeichnet, dass es auf ein "Verschulden" des betroffenen (Zahn)Arztes bzw auf eine besondere Vorwerfbarkeit für die festgestellte unwirtschaftliche Behandlungsweise - anders als zB im Falle eines echten Schadensregresses - nicht ankommt. So führt selbst die fehlerhafte (zahn)ärztliche Verordnung von Mitteln, die nicht der Leistungspflicht der GKV unterfallen, im Rahmen von Wirtschaftlichkeitsprüfungen zu Ersatzansprüchen gegen den Vertrags(zahn)arzt, und zwar auch dann, wenn er in "gutem Glauben" von ihrer Verordnungsfähigkeit ausging (vgl BSG SozR 3-2500 § 106 Nr 52 S 283; s auch BSGE 67, 36 ff = SozR 3-2500 § 27 Nr 2). Entsprechend ist es hier ohne Belang, ob der Beigeladene zu 7. in der Lage war, die Unwirtschaftlichkeit selbst zu erkennen. Dabei kann allerdings dahin stehen, ob der dies verneinenden Bewertung des LSG angesichts des Umstandes zu folgen ist, dass er bereits seit Längerem vertragszahnärztlich tätig war und für eine eingeführte Praxis untypische, extreme Überschreitungswerte bis über das siebenfache des angenommenen offensichtlichen Missverhältnisses hinaus aufweist. Die Sachlage unterscheidet sich auch wesentlich von der Frage, ob gegen einen (Zahn)Arzt Disziplinarmaßnahmen wegen fortgesetzter Unwirtschaftlichkeit angezeigt sind (vgl § 81 Abs 5 Satz 2 SGB V) bzw ob unter diesem Blickwinkel eine Entziehung der Zulassung wegen gröblicher Verletzung vertrags(zahn)ärztlicher Pflichten (§ 95 Abs 6 SGB V) in Betracht zu ziehen ist; im Übrigen wären selbst in diesem Zusammenhang Härten oder gar eine Gefährdung der beruflichen Existenz des Betroffenen kein Hinderungsgrund für scharfe Reaktionen mit den Mitteln des Vertrags(zahn)arztrechts (vgl BSG SozR 3-2500 § 81 Nr 6 S 23 mwN; BSG SozR 3-2500 § 106 Nr 53 S 296). Ein Vertrags(zahn)arzt ist nach der jüngeren Rechtsprechung des Senats vor der Vorenthaltung bzw Rückforderung von Honoraren für nicht vergütungsfähige Leistungen nur geschützt, wenn ein anderer Beteiligter, insbesondere die Kassen(zahn)ärztliche Vereinigung, insoweit einen besonderen Vertrauenstatbestand gesetzt hat (vgl zuletzt BSGE 89, 90, 101 ff mwN = SozR 3-2500 § 82 Nr 3 S 14 ff). Vergleichbares fehlt hier. Ein Betroffener muss vielmehr regelmäßig auch nach Erteilung eines Honorarbescheides noch bis zum Ablauf von vier Jahren seit Ergehen des Bescheides mit Honorarkürzungsmaßnahmen in Folge einer Wirtschaftlichkeitsprüfung rechnen (vgl BSGE 72, 271, 277 = SozR 3-2500 § 106 Nr 19 S 111 f; BSG SozR 3-2500 § 76 Nr 2 S 4; BSGE 89, 62, 67 f = SozR 3-2400 § 85 Nr 42 S 346; BSGE 89, 90, 94 f = SozR 3-2500 § 82 Nr 3 S 7).

Ein anderes Ergebnis kann auch nicht etwa aus dem Verhältnismäßigkeitsprinzip hergeleitet werden. Zwar bestimmt § 106 Abs 5 Satz 2 SGB V, dass gezielte Beratungen eines unwirtschaftlich behandelnden Vertrags(zahn)arztes weiteren Maßnahmen "in der Regel" vorangehen "sollen". Schon nach der bisherigen ständigen Rechtsprechung des Senats ist eine Ausnahme von dieser Regel gerechtfertigt und eine Honorarkürzung daher auch ohne derartige vorangegangene gezielte Beratung nicht rechtswidrig, wenn Überschreitungen des Vergleichsgruppendurchschnitts im Bereich des offensichtlichen Missverhältnisses vorliegen, wie dies hier in besonderem Maße der Fall ist (vgl BSGE 78, 278, 281 = SozR 3-2500 § 106 Nr 35 S 195 f; BSG SozR 3-2500 § 106 Nr 39 S 216; SozR 3-2500 § 106 Nr 53 S 296; BSG USK 97124 = ArztR 1998, 147; ähnlich für Disziplinarmaßnahmen wegen fortgesetzter Unwirtschaftlichkeit BSG SozR 3-2500 § 81 Nr 6 S 23). Daran hält der Senat fest.

Auch die darüber hinaus vom Beklagten und dem Beigeladenen zu 7. für die vermeintliche Ermessensfehlerfreiheit des Kürzungsumfangs angeführten Umstände rechtfertigen kein anderes Ergebnis. So ist unerheblich, dass der ursprüngliche Prüfantrag als "Folgeantrag" zu dem Antrag für das Quartal IV/1995 bezeichnet wurde; denn auch ein solcher Antrag entband die Prüfgremien nicht davon, genauer zu prüfen, ob es rechtmäßig sein konnte, ihr Kürzungsermessen an den Werten des zuvor abgehandelten Quartals IV/1995 auszurichten und sie in dieser Weise zu begrenzen. Wie der Senat entschieden hat (SozR 3-2500 § 106 Nr 42 S 235 mwN), haben die Prüfgremien für jedes Quartal erneut und gesondert eine Prüfung der Voraussetzungen des § 106 SGB V und eine Abwägung hinsichtlich der zu treffenden Maßnahmen vorzunehmen. Ebenso wenig trägt das Argument einer vermeintlichen Selbstbindung der Prüfgremien vor dem Hintergrund des Art 3 Abs 1 Grundgesetz (GG). Wie oben im Einzelnen dargelegt, war das Ausmaß der bei dem Beigeladenen zu 7. vorgenommenen Honorarkürzungen ermessensfehlerhaft niedrig und daher rechtswidrig. Wenn die Sachlage im Quartal IV/1995 derjenigen in den streitigen Quartalen I bis IV/1996 wirklich geglichen haben sollte (wogegen allerdings möglicherweise die quartalsmäßig unterschiedliche Tätigkeit weiterer Zahnärzte in der Praxis des Beigeladenen zu 7. spricht), wäre auch die Kürzungsentscheidung für das Quartal IV/1995 als rechtswidrig anzusehen. In eine rechtswidrige Verwaltungsentscheidung kann ein Betroffener indessen wegen der vorrangigen Bindung der Verwaltung an Gesetz und Recht (Rechtsstaatsprinzip des Art 20 Abs 3 GG) kein schutzwürdiges Vertrauen mit Wirkung für die Zukunft in dem Sinne gründen, dass bei gleicher Sachlage wiederum in gleicher Weise entschieden werden müsste. Einen Anspruch auf Gleichbehandlung im Unrecht kennt die Rechtsordnung nicht (vgl zB BVerfGE 50, 142, 166; BVerwGE 45, 197, 200 f; 92, 153, 157; Jarass in ders/Pieroth, GG, 6. Aufl 2002, Art 3 RdNr 36).

Der Beklagte hat die Widersprüche des Klägers gegen die Bescheide des Prüfungsausschusses nach alledem unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats in der Weise neu zu bescheiden, dass zu erwägen ist, in welchem weiter gehenden Umfang als bislang geschehen dem Beigeladenen zu 7. die honorarmäßigen Vorteile seiner unwirtschaftlichen Behandlungsweise entzogen werden müssen bzw können. Der Beigeladene zu 7. könnte sich bei Heraufsetzung der streitigen Honorarkürzungen dabei nicht auf das Vorliegen einer unzulässigen reformatio in peius berufen, weil die Kürzung von dem Kläger, dh einem Dritten, als zu niedrig bemessen angefochten wurde (vgl § 49 SGB X).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs 1 und 4 SGG in der bis zum Inkrafttreten des 6. SGG-Änderungsgesetzes vom 17. August 2001 (BGBl I 2144) am 2. Januar 2002 geltenden, hier noch anzuwendenden Fassung. Danach besteht aus den Gründen, die der Senat in seinem Urteil vom 30. Januar 2002 (SozR 3-2500 § 116 Nr 24 S 115 ff) dargelegt hat, keine Verpflichtung der unterliegenden Prozessgegner des Klägers (= des Beklagten und des Beigeladenen zu 7.), neben den außergerichtlichen Kosten des Klägers auch diejenigen sonstiger Beigeladener zu erstatten.
Rechtskraft
Aus
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