L 11 AL 147/00

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Nürnberg (FSB)
Aktenzeichen
S 13 AL 1329/98
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 11 AL 147/00
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 16.02.2000 wird zurückgewiesen.
II. Die Beklagte hat dem Kläger die notwendigen außergerichtlichen Kosten auch des Berufungsverfahrens zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen. -

Tatbestand:

Steitig ist zwischen den Beteiligten die Feststellung einer Sperrzeit vom 01.01.1997 bis 25.03.1997 sowie das Ruhen eines Arbeitslosengeld (Alg)-Anspruches vom 01.01.1997 bis 14.07.1997.

Der am 1941 geborene Kläger war ab dem 01.12.1977 als Bote und Expedient bei der B.-Bank AG in N. beschäftigt.

Mit Vereinbarung vom 06.05.1996 wurde das Arbeitsverhältnis aus betrieblichen Gründen auf Veranlassung des Arbeitgebers fristgerecht zum 31.12.1996 beendet. Für den Verlust seines Arbeitsplatzes erhielt der Kläger eine Abfindung in Höhe von 82.116,20 DM, die in monatlichen Raten als Übergangsgeld ausgezahlt wurde.

Am 21.11.1996 meldete sich der Kläger bei der Beklagten zum 01.01.1997 arbeitslos und beantragte die Gewährung von Arbeitslosengeld. In der Arbeitsbescheinigung bestätigte die B.-Bank AG, dass das Arbeitsverhältnis zur Vermeidung eines Anhörungsverfahrens beim Betriebsrat auf Veranlassung des Arbeitgebers gelöst worden sei. Auf Nachfrage der Beklagten erklärte die B.-Bank AG, dass nach § 17 des Manteltarifvertrages für das private Bankgewerbe (MTV) für das Arbeitsverhältnis des Klägers eine Kündigungsfrist von sechs Monaten zum Quartalsende galt, die eingehalten worden sei. Nach der Betriebsvereinbarung der B.-Bank AG und dem Gesamtbetriebsrat vom 11.12.1990 war eine Kündigung der Arbeitsverhältnisse von Mitarbeitern nur möglich, wenn diese nicht an einem anderen Arbeitsplatz in der selben Geschäftsstelle oder einer anderen Geschäftsstelle der Bank weiterbeschäftigt werden konnten (Abschnitt II 1. Weiterbeschäftigung). Der Kläger selbst gab an, dass seine Tätigkeit wegen Rationalisierung im technischen Dienst und der Verlegung der Poststelle nach Frankfurt weggefallen sei.

Mit Bescheid vom 22.05.1997 stellte die Beklagte den Eintritt einer Sperrzeit gem §§ 119, 119 a Arbeitsförderungsgesetz (AFG) vom 01.01.1997 bis 25.03.1997 fest. Mit Bescheid vom gleichen Tag wurde ferner das Ruhen des Leistungsanspruchs des Klägers auf Grund der gewährten Abfindung gem § 117 Abs 2 und 3 AFG vom 01.01.1997 bis 05.05.1997 festgestellt. Ebenfalls mit Bescheid vom 22.05.1997 stellte die Beklagte fest, dass auf Grund beider Ruhenszeiträume der Anspruch des Klägers insgesamt bis zum 14.07.1997 ruhte (§ 117 a AFG).

Der dagegen am 13.06.1997 eingelegte Widerspruch blieb ohne Erfolg (Widerspruchsbescheid vom 20.11.1998).

Dagegen hat der Kläger am 23.12.1998 Klage zum Sozialgericht Nürnberg (SG) erhoben.

Mit Urteil vom 16.02.2000 hat das SG die Bescheide vom 22.05.1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.11.1998 aufgehoben. Der Tatbestand des § 119 Abs 1 Nr 2 AFG für den Eintritt einer Sperrzeit sei zwar erfüllt, da der Kläger durch den Auflösungsvertrag vom 24.05.1996 sein Arbeitsverhältnis beendet habe. Er könne sich jedoch beim Abschluss des Aufhebungsvertrages auf einen wichtigen Grund berufen, da eine vom Arbeitgeber ausgesprochene Kündigung rechtmäßig gewesen wäre. Zwar wäre der Kläger auf Grund der Dauer seiner Betriebszugehörigkeit und des Alters unkündbar iSd § 17 MTV gewesen. Im Falle einer Betriebsänderung hätte jedoch auch Arbeitnehmern, die das 50. Lebensjahr vollendet und dem Betrieb mindestens 10 Jahre ununterbrochen angehört hatten, die also unkündbar wie der Kläger waren, gekündigt werden können. Da der Arbeitsplatz des Klägers in Nürnberg unstreitig vollkommen weggefallen sei und er nicht auf eine andere Tätigkeit hätte umgesetzt werden können, habe der Arbeitgeber ihm fristgerecht kündigen können. Darüberhinaus hätte die Beklagte zu Unrecht ein Ruhen des Arbeitslosengeldanspruches gem § 117 Abs 2 Satz 4 AFG festgestellt. Zwar hätte der Kläger wegen der Beendigung seines Arbeitsverhältnisses eine Abfindung erhalten. Diese Zahlung sei jedoch nicht Voraussetzung, sondern Folge der Kündigung gewesen. Darüberhinaus könne aus verfassungsrechtlichen Gründen § 117 Abs 2 Satz 4 AFG dann keine Anwendung finden, wenn gleichzeitig die Voraussetzungen des § 117 Abs 2 Satz 3 Nr 2 AFG vorlägen.

Gegen das ihr am 16.03.2000 zugestellte Urteil wendet sich die Beklagte mit der am 17.04.2000 (einem Montag) beim Bayer. Landessozialgericht (BayLSG) eingelegten Berufung.

Der Kläger könne sich nicht auf einen wichtigten Grund für den Abschluss des Auflösungsvertrages berufen. Es fehle hier an einer schlüssigen Darlegung und einem konkreten Nachweis des Arbeitgebers, dass für den Kläger im Unternehmen keine anderweitige Beschäftigungsmöglichkeit bestanden habe. Auch die Überprüfung der sozialen Auswahl, dh die Konkretisierung der zu kündigenden Arbeitnehmer, hätte hier erfolgen müssen. Da der Kläger eine Abfindung erhalten habe und eine Sperrzeit von 12 Wochen eingetreten sei, lägen auch die Voraussetzungen für das Ruhen nach § 117 a AFG vor. Bei richtiger Berechnung der Ruhenszeiträume ruhe der Anspruch des Klägers auf Alg bis zum 15.07.1997.

Die Beklagte beantragt, das Urteil des SG Nürnberg vom 16.02.2000 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Er habe den Aufhebungsvertrag abgeschlossen, nachdem ihm die Kündigung durch den Arbeitgeber mit Bestimmtheit in Aussicht gestellt worden sei, weil sein Arbeitsplatz auf Grund von Umstrukturierungs- und Rationalisierungsmaßnahmen wegfalle. Seine Weiterbeschäftigung sei somit auf Grund dringender betrieblicher Erfordernisse nicht möglich gewesen, so dass die Kündigung gem § 1 Abs 2 Satz 1 Kündigungsschutzgesetz (KSchG) sozial gerechtfertigt gewesen sei. § 117 Abs 2 Satz 4 AFG sei im Übrigen einschlägig, da ihm lediglich bei Betriebsänderung gem § 111 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVerfG) hätte gekündigt werden können. Auf Grund einer solchen Betriebsänderung hätte dann die tarifvertragliche sechsmonatige Kündigungsfrist zum Quartalsende gegolten, die im Auflösungsvertrag vom 06.05.1996 eingehalten worden sei. § 117 a AFG sei ebenfalls nicht anwendbar, da die Sperrzeit zu Unrecht angeordnet worden sei.

Der in der mündlichen Verhandlung vor dem BayLSG vom 09.01.2003 als Zeuge vernommene Personalreferent der B.-Bank, Herr S. B. , hat ausgesagt, dass er auf Grund seines Eintrittsdatums zum 01.09.1998 über die Vorgänge im Jahr 1996 nur nach Aktenlage berichten könne. Der Bankbetrieb der Filiale N. sei Ende 1996 komplett eingestellt worden. Wenn der Kläger dem Aufhebungsvertrag nicht zugestimmt hätte, wäre ihm betriebsbedingt gekündigt worden, da für ihn eine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit auch bei einer anderen Geschäftsstelle nicht bestanden hätte. Auf Grund seiner Qualifikation wäre er nicht im Vertriebsbereich einsetzbar gewesen. Die Frage der Sozialauswahl hätte sich nicht gestellt, da ein vergleichbarer Arbeitsplatz für den Kläger nicht vorhanden gewesen sei. Wie es konkret zu der Aufhebungsvereinbarung zwischen der B.-Bank und dem Kläger gekommen sei, könne er nicht mehr angeben. Die Aufklärung der Beschäftigten über die konkrete Situation und das Erfordernis einer betriebsbedingten Kündigung sei möglicherweise im Rahmen einer Betriebsversammlung mündlich erfolgt.

Auf die beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten und die Prozessakten des SG und des BayLSG wird ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung (§§ 143, 151 Sozialgerichtsgesetz = SGG) ist auch im Übrigen zulässig (§ 144 SGG).

In der Sache erweist sich die Berufung jedoch als unbegründet, denn das SG hat im Ergebnis zu Recht die Bescheide der Beklagten vom 22.05.1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.11.1998 aufgehoben, da die Voraussetzungen für die Feststellung einer Sperrzeit nach §§ 119, 119 a AFG sowie das Ruhen des Alg-Anspruchs des Klägers nach §§ 117 Abs 2 und 117 a Abs 1 AFG nicht vorliegen.

Nach § 119 Abs 1 Satz 1 Nr 1, Satz 2 und Satz 3 AFG (idF, die § 119 durch das Gesetz zur Änderung des AFG zur Förderung eines gleitenden Übergangs älterer Arbeitnehmer in den Ruhestand vom 20.12.1988 erhalten hat - BGBl I 2343) iVm § 119 a Nr 1 AFG (idF, die § 119 a durch das Beschäftigungsförderungsgesetz 1994 vom 26.07.1994 erhalten hat - BGBl I 1786) tritt eine Sperrzeit von 12 Wochen (Regelsperrzeit) ein, wenn der Arbeitslose das Beschäftigungsverhältnis gelöst und dadurch die Arbeitslosigkeit vorsätzlich oder grob fahrlässig herbeigeführt hat, ohne für sein Verhalten einen wichtigen Grund zu haben. Die Sperrzeit beginnt mit dem Tag nach dem Ereignis, das die Sperrzeit begründet (§ 119 Abs 1 Satz 2 AFG). Während der Sperrzeit ruht der Anspruch auf Alg (§ 119 Abs 1 Satz 3 AFG). Eine Verkürzungsmöglichkeit der Sperrzeit ergibt sich ua aus § 119 Abs 2 Satz 1 AFG iVm § 119 a Nr 1 AFG. Danach umfasst die Sperrzeit sechs Wochen, wenn eine solche von 12 Wochen für den Arbeitslosen nach den für den Eintritt der Sperrzeit maßgeblichen Tatsachen eine besondere Härte bedeuten würde. Gem § 110 Satz 1 Nr 2 AFG mindert sich die Dauer des Alg-Anspruches um die Tage einer Sperrzeit nach § 119 AFG in den Fällen einer Regelsperrzeit mindestens jedoch um ein Viertel der Anspruchsdauer, die dem Arbeitslosen bei erstmaliger Erfüllung der Voraussetzungen für den Anspruch auf Alg nach dem Ereignis, das die Sperrzeit begründet, zusteht.

Der Kläger hat vorliegend sein Beschäftigungsverhältnis zwar selbst gelöst, als er am 06.05.1995 einen zur Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses führenden Vertrag (Auflösungsvertrag) schloss (vgl BSGE 66, 94, 96 = SozR 4100 § 119 Nr 36; BSGE 77, 48, 50 = SozR 3-4100 § 119 Nr 9). Dabei ist es ausreichend, dass der Kläger durch seine Zustimmung zu diesem Aufhebungsvertrag eine wesentliche Ursache zur Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses gesetzt hat. Unerheblich ist, ob die Initiative von ihm oder vom Arbeitgeber ausgegangen ist (hierzu: BSG SozR 4100 § 119 Nr 28; BSG, Urteil vom 13.03.1997 - 11 RAr 17/96; BSG vom 05.08.1999 - B 7 AL 38/98 R). Durch die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses zum 31.12.1996 hat der Kläger seine Arbeitslosigkeit vorsätzlich herbeigeführt. Er hatte keine konkreten Aussichten auf einen Anschlussarbeitsplatz und wusste dies auch.

Eine Sperrzeit von 12 Wochen tritt jedoch nur ein, wenn der Arbeitslose gehandelt hat, ohne für sein Verhalten einen wichtigen Grund zu haben. Dabei kommt es nicht darauf an, ob der Kläger die von seinem Arbeitgeber angedrohte betriebsbedingte Kündigung für rechtmäßig halten durfte. Entscheidend ist vielmehr, ob eine zum Zeitpunkt des Aufhebungsvertrages vom 06.05.1995 ausgesprochene betriebsbedingte Kündigung zum 31.12.1996 objektiv rechtmäßig gewesen wäre (BSG, Urteil vom 12.04.1984 - 7 RAr 28/83; BSG vom 25.04.2002 - B 11 AL 65/01 R). Das Institut der Sperrzeit dient dazu, Manipulationen des in der Arbeitslosenversicherung gedeckten Risikos entgegenzuwirken. Die Versichertengemeinschaft soll typisierend gegen Risikofälle geschützt werden, deren Eintritt der Versicherte selbst zu vertreten hat (BSGE 84, 222, 230 = SozR 3-4100 § 119 Nr 17 mwN). Dieses gesetzliche Ziel würde verfehlt, wenn sich Arbeitslose auf ihre subjektiven Rechtsvorstellungen berufen könnten, zumal diese als subjektive Tatsachen kaum überprüfbar sind. Die Drohung des Arbeitgebers mit einer rechtmäßigen ordentlichen Kündigung kann indessen für den Betroffenen ein wichtiger Grund zur einverständlichen Lösung sein, wenn bei dieser die für den Arbeitgeber geltende Kündigungsfrist beachtet wird. Wesentlich ist dabei die Erwägung, dass sich der Betroffene gegen eine solche Kündigung nicht erfolgreich zur Wehr setzen könnte (BSG, Urteil vom 20.04.1997 - 7 RAr 81/75). Zur Überzeugung des Senates hat dem Kläger hier eine Kündigung aus einem von seinem Verhalten unabhängigen Grunde gedroht. Nach den Angaben des Klägers, die vom Zeugen B. bestätigt wurden, stellte die B.-Bank den Bankbetrieb in der Filiale N. der B.-Bank zum Jahresende 1996 komplett ein. Auf Grund seiner Qualifikation bestand für den Kläger weder in N. noch bei einer anderen Geschäftsstelle der B.-Bank eine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit. Dem Kläger drohte somit zum 31.12.1996 der Verlust seines Arbeitsplatzes auf Grund einer wesentlichen Betriebsänderung nach § 111 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG). Da für den Kläger zwischen seinem Arbeitgeber und dem Betriebsrat bei einer Beendigungskündigung ein Interessensausgleich vorgesehen war, ist im Falle einer wesentlichen Betriebsänderung nach § 1 Abs 5 Satz 1 Kündigungsschutzgesetz (KSchG) zu vermuten, dass die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse im Sinne des § 1 Abs 2 KSchG bedingt war. Zwar kann im Falle von Kündigungen auf Grund einer solchen Betriebsänderung nach § 1 Abs 5 Satz 2 KSchG die soziale Auswahl nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden (vgl BSG, Urteil vom 25.04.2002 - B 11 AL 65/01 R), doch hat sich nach den Aussagen des Zeugen B. im vorliegenden Fall die Frage der Sozialauswahl nicht gestellt, weil ein vergleichbarer Arbeitsplatz für den Kläger nicht vorhanden war. Im Übrigen trifft die Beklagte die Beweislast dafür, dass ein die Sperrzeit ausschließender wichtiger Grund nicht vorliegt (BSGE 71, 256, 261 = SozR 3-4100 § 119 Nr 7).

Einen wichtigen Grund für die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses hat der Arbeitslose aber nur dann, wenn ihm die Hinnahme einer rechtmäßigen Arbeitgeberkündigung nicht zuzumuten war. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes kann sich jedoch - wie im Falle des Klägers - die einverständliche Lösung des Beschäftigungsverhältnisses positiv auf die Eingliederungsmöglichkeiten des Arbeitslosen auswirken (vgl BSG vom 10.08.2000 - B 11 AL 115/99 R; BSG vom 25.04.2002 - B 11 AL 65/01 R). Es erweist sich deshalb gerade in Fällen wie der hier vorliegenden Art, in denen ein Arbeitnehmer einem Aufhebungsvertrag zustimmt, weil er sich einer rechtmäßigen Kündigung ausgesetzt sieht, gegen die er sich nicht wehren kann, als unzumutbar, die drohende Kündigung des Arbeitgebers abzuwarten. Das verfassungsrechtliche Übermaßverbot, an dem alles staatliche Handeln zu messen ist, verbietet deshalb die Verhängung einer Sperrzeit (BSGE 76, 12, 15 = SozR 3-4100 § 119 a Nr 2; BSGE 77, 61, 64 = SozR 3-4100 § 119 a Nr 3; BSG, Urteil vom 10.08.2000 - B 11 AL 115/99 R; BSG vom 25.04.2002 - B 11 AL 65/01 R).

Rechtlich nicht zu beanstanden sind ferner die Ausführungen des SG zu § 117 Abs 2 Satz 4 AFG. Hat nach dieser Regelung der Arbeitslose wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses eine Abfindung, Entschädigung oder ähnliche Leistung erhalten oder zu beanspruchen und ist das Arbeitsverhältnis ohne Einhaltung einer der ordentlichen Kündigungsfrist des Arbeitgebers entsprechenden Frist beendet worden, so ruht der Anspruch auf Alg vom Ende des Arbeitsverhältnisses an bis zu dem Tag, an dem das Arbeitsverhältnis bei Kündigung dieser Frist geendet hätte (§ 117 Abs 2 Satz 1 AFG). Diese Frist beginnt mit der Kündigung, die der Beendigung des Arbeitsverhältnisses vorausgegangen ist, bei Fehlen einer solchen Kündigung mit dem Tage der Vereinbarung über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses (§ 117 Abs 2 Satz 2 AFG). Ist die ordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitgeber ausgeschlossen, so gilt 1. bei zeitlich unbegrenztem Ausschluss eine Kündigungsfrist von 18 Monaten, 2. bei zeitlich begrenztem Ausschluss oder bei Vorliegen der Voraussetzungen für eine fristgebundene Kündigung aus wichtigem Grund die Kündigungsfrist, die ohne den Ausschluss der ordentlichen Kündigung maßgebend gewesen wäre (§ 117 Abs 2 Satz 3 AFG). Kann dem Arbeitnehmer nur bei Zahlung einer Abfindung, Entschädigung oder ähnlichen Leistungen ordentlich gekündigt werden, so gilt eine Kündigungsfrist von einem Jahr (§ 117 Abs 2 Satz 4 AFG).

Diese Regelungen verfolgen - wie § 117 AFG insgesamt - den Zweck, Doppelleistungen zu vermeiden. Lohnersatzleistungen nach dem AFG werden - wie das BSG bereits mehrfach ausgesprochen hat - nicht benötigt, solange trotz Arbeitslosigkeit kein Verdienstausfall eintritt (BSGE 46, 20, 25 = SozR 4100 § 117 Nr 2; BSGE 50, 121, 125 = SozR 4100 § 117 Nr 3; BSG SozR 4100 § 117 Nr 13, S 59; BSG SozR 4100 § 117 Nr 26, S 142; BSG SozR 3-4100 § 117 Nr 12, S 82; BSG vom 29.01.2001 - B 7 AL 62/99 R).

Wie das SG zutreffend ausgeführt hat, findet § 117 Abs 2 Satz 4 AFG jedoch dann keine Anwendung, wenn gleichzeitig die Voraussetzungen des § 117 Abs 2 Satz 3 Nr 2 AFG vorliegen. Sind für den Arbeitgeber - realisierbare - alternative Möglichkeiten der ordentlichen Kündigung auch ohne Abfindung eröffnet, so ist die Anwendung des § 117 Abs 2 Satz 4 AFG ausgeschlossen, mit der Folge, dass bei Einhaltung der ordentlichen Kündigungsfrist ein Ruhen des Alg-Anspruches nicht in Betracht kommt. So liegt der Fall hier. Nach § 17 MTV und der Betriebsvereinbarung der B.-Bank AG und dem Gesamtbetriebsrat war eine Kündigung der Arbeitsverhältnisse von Mitarbeitern möglich, wenn diese nicht an einem anderen Arbeitsplatz in der selben Geschäftsstelle oder einer anderen Geschäftsstelle der Bank weiterbeschäftigt werden konnten (Abschnitt II 1. Weiterbeschäftigung). Nach den vorangegangenen Ausführungen, insbesondere der Aussage des Zeugen B. bestand eine solche Möglichkeit für den Kläger nicht. Die B.-Bank hatte deshalb grundsätzlich die Möglichkeit, den Kläger ordentlich ohne Abfindung zu kündigen, weil sie im Hinblick auf die Teilbetriebsstilllegung das Recht und damit die Möglichkeit einer fristgebundenen Kündigung aus wichtigem Grund gehabt hätte (§ 117 Abs 2 Satz 3 Nr 2 Altern 2 AFG). Da beide Tatbestände des § 117 Abs 2 AFG hinsichtlich ihrer arbeitsrechtlichen Voraussetzungen gerade bei Betriebsstelllegungen Überschneidungen aufweisen, andererseits die Anwendung des § 117 Abs 2 Satz 4 AFG eine Anwendung des § 117 Abs 2 Satz 3 Nr 2 AFG ausschließt, weil § 117 Abs 2 Satz 3 Nr 2 Altern 2 AFG voraussetzt, dass eine ordentliche Kündigung überhaupt nicht mehr möglich ist, kann eine am Gleichheitssatz orientierte Lösung nur dazu führen, dass die in § 117 Abs 2 Satz 4 AFG fingierte Kündigungsfrist in Fällen, in denen anderenfalls auch die Voraussetzungen des § 117 Abs 2 Satz 3 Nr 2 Altern 2 AFG gegeben wären, auf die dort vorgesehene Dauer der fingierten Kündigungsfrist beschränkt wird (BSG, Urteil vom 29.01.2001, B 7/AL 62/99 R).

Da durch den Aufhebungsvertrag vom 06.05.1996 das Arbeitsverhältnis des Klägers aus betrieblichen Gründen fristgerecht zum 31.12.1996 beendet wurde, findet § 117 Abs 2 Satz 4 AFG hier keine Anwendung.

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des SG Nürnberg vom 16.02.2000 war deshalb zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich (§ 160 Abs 2 Nrn 1 und 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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