L 6 RJ 614/01

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Landshut (FSB)
Aktenzeichen
S 14 RJ 283/99 A
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 6 RJ 614/01
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Landshut vom 10. September 2001 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist der Anspruch des Klägers auf eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit, hilfsweise - ab 01.01.2001 - auf eine Rente wegen Erwerbsminderung.

Der Kläger, der am 1938 geboren und Staatsangehöriger der Bundesrepublik Jugoslawien ist, hat sich nach einer versicherungspflichtigen Beschäftigung von 75 Monaten im Zeitraum 16.09.1953 bis 06.01.1970, die er in seinem Herkunftsstaat zurückgelegt hat, als Arbeitnehmer in der Bundesrepublik Deutschland aufgehalten. Hier hat er im Zeitraum 11.05.1970 bis 21.05. 1974 für 43 Kalendermonate Pflichtbeiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung gezahlt. Anschließend ist er wieder in seine Heimat zurückgekehrt und ist hier (zuletzt) vom 01.05.1976 bis 26.09.1990 ohne Unterbrechung versicherungspflichtig beschäftigt gewesen. Seit 27.09.1990 bezieht er vom jugoslawischen Versicherungsträger Invalidenrente.

Einen ersten auf Zahlung von Rente wegen Erwerbs- bzw. Berufsunfähigkeit gerichteten Antrag des Klägers vom 04.05.1990 hat die Beklagte mangels Vorliegens von Erwerbs- oder Berufsunfähigkeit mit Bescheid vom 06.11.1991 abgelehnt. Diesem war das Merkblatt 6 ("Aufrechterhaltung des Versicherungsschutzes für Versicherungsfälle der Berufs- und Erwerbsunfähigkeit"), Stand 01.01.1991, beigefügt.

Den am 07.04.1997 erneut gestellten Antrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 11.11.1998 und Widerspruchsbescheid vom 11.02. 1999 ab, weil der Versicherte im Hinblick auf seine vollschichtige berufliche Einsetzbarkeit und seine Verweisbarkeit auf den allgemeinen Arbeitsmarkt weder erwerbsunfähig im Sinn des § 44 Abs.2 SGB VI noch berufsunfähig nach § 43 Abs.2 SGB VI sei. Gesundheitszustand und berufliches Leistungsvermögen entnahm die Beklagte einem in Novi Sad erstatteten Rentengutachten vom 15.05.1998 und weiteren medizinischen Unterlagen aus der Heimat des Klägers sowie dem Gutachten des Arztes für innere Medizin Dr.R. vom 23.10. 1991, das auf einer dreitägigen stationären Untersuchung des Klägers in der Ärztlichen Gutachterstelle Regensburg beruhte. Hinsichtlich des Berufsbilds des Klägers stützte sich die Beklagte auf seine in Regensburg anläßlich der Anamnese gemachten Angaben, er sei in Deutschland als angelernter Maurer berufstätig gewesen.

Mit der am 01.03.1999 zum Sozialgericht Landshut (SG) erhobenen Klage verfolgte der Kläger seinen Rentenanspruch weiter. Zu seinem beruflichen Werdegang gab er an, er habe in Jugoslawien den Beruf eines Friseurs und eines (Traktor-)Fahrers erlernt, auch sei er dort für den Beruf des Maurers angelernt bzw. in diesen Beruf umgeschult worden, wofür er allerdings keine Unterlagen habe. In der Bundesrepublik Deutschland sei er bei sieben verschiedenen (im Einzelnen näher bezeichneten) Baufirmen als Maurer-Facharbeiter beschäftigt gewesen. Seine (vorgelegte) Arbeitserlaubnis laute auch auf den Beruf des Maurers.

Das SG zog die Rentenakten der Beklagten bei und ließ sich von der Beklagten das Merkblatt 6 in der zur Zeit des Bescheides vom 06.11.1991 geltenden Fassung vorlegen. Der Versuch des SG, vom vorletzten und vom letzten deutschen Arbeitgeber des Klägers (Firma U. E. GmbH in S. bzw. Firma M. Baugesellschaft mbH in N.) Auskünfte zu bekommen, sind ergebnislos verlaufen, da die Anfragen mit dem Vermerk "unbekannt verzogen" zurückkamen.

Über Gesundheitszustand und berufliches Leistungsvermögen des Klägers erholte das SG von dem Facharzt für Allgemeinmedizin Dr.Z. ein medizinisches Gutachten nach Aktenlage (vom 18.04.2001). Dr.Z. stellte beim Kläger folgende Gesundheitsstörungen fest: Bluthochdruck ohne Rückwirkungen auf das Herz-Kreislaufsystem; Wirbelsäulenbeschwerden bei Abnützungserscheinungen ohne neurologische Ausfallserscheinungen; Alkoholmissbrauch, Polyneuropathie. Der Kläger könne bei Vermeidung von schwerem Heben oder Tragen leichte bis mittelschwere Arbeiten noch vollschichtig verrichten. Die Umstellungsfähigkeit sei nicht beeinträchtigt, Fußwege von über 500 Metern seien zumutbar. Weitere Fachgutachten seien nicht erforderlich.

Mit Gerichtsbescheid vom 10.09.2001 wies das SG die Klage ab. Spätestens im Oktober 1992 hätte die Minderung der Erwerbsfähigkeit eintreten müssen, damit die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für eine Rentenzahlung noch erfüllt gewesen wären. Damals sei der Kläger aber weder erwerbs- noch berufsunfähig gewesen. Er habe jedenfalls damals noch vollschichtig arbeiten können und sei als angelernter Maurer, der höchstens dem unteren Bereich der angelernten Arbeiter zuzuordnen sei, auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbar gewesen. Dahingestellt könne bleiben, ob inzwischen eine Minderung der Erwerbsfähigkeit bzw. - im Sinn des ab 01.01.2001 geltenden Rechts - eine Erwerbsminderung eingetreten sei, weil seit 01.11.1992 die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für eine solche Rente nicht mehr erfüllt und auch nicht mehr erfüllbar seien.

Am 07.11.2001 ging die Berufung des Klägers gegen diesen ihm in seiner Heimat zugestellten Gerichtsbescheid beim Bayer. Landessozialgericht ein. Er sei bereits seit 1990 Invalidenrentner, da bei ihm keine restliche Arbeitsfähigkeit mehr vorliege. Es könne nicht sein, dass die Medizin, die eine Naturwissenschaft sei, in Jugoslawien und in Deutschland zu unterschiedlichen Ergebnissen komme. Der Kläger fügte neuere medizinische Befunde (vom 29. und 30.10.2001) bei.

Nachdem der Senat den Kläger aufgefordert hatte, eine Bestätigung über seine etwaige Berechtigung vorzulegen, in Jugoslawien ab 1990 freiwillige Beiträge zur dortigen gesetzlichen Rentenversicherung zu zahlen, gab der Versicherungsträger in Novi Sad dem Senat unter dem 09.05.2002 die Auskunft, dass seit dem Bezug der Invalidenrente für den Kläger keine Möglichkeit mehr bestehe, irgendwelche Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung zu leisten. Ein Aufforderung des Senats, Unterlagen über die Berufstätigkeit in Deutschland (z.B. Arbeitszeugnisse, Arbeitsverträge, Lohnabrechnungen) vorzulegen, ist vom Kläger nicht beantwortet worden.

Der in der mündlichen Verhandlung nicht anwesende und auch nicht vertretene Kläger beantragt sinngemäß,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Landshut vom 10.09. 2001 sowie den Bescheid der Beklagten vom 11.11.1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.02.1999 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm aufgrund seines Antrags vom 07.04.1997 Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, hilfsweise wegen Berufsunfähigkeit, hilfsweise - ab 01.01. 2001 - eine Rente wegen Erwerbsminderung zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Landshut vom 10.09.2001 zurückzuweisen.

Wegen des Vorbringens der Beteiligten im einzelnen und zur Ergänzung des Tatbestands wird im übrigen auf den Inhalt der beigezogenen Akten und der Akte des Bayer. Landessozialgerichts sowie auf den Inhalt der vorbereitenden Schriftsätze Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist unbegründet. Der Gerichtsbescheid des SG Landshut vom 10.09.2001 ist nicht zu beanstanden, weil der Kläger gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Rente wegen Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit und auch keinen Anspruch auf eine Rente wegen Erwerbsminderung hat. Der Senat folgt dies- bezüglich in vollem Umfang den Gründen des angefochtenen Gerichtsbescheids und sieht daher gemäß § 153 Abs.2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab. Ergänzend ist lediglich auszuführen:

Die vom Kläger im Berufungsverfahren vorgelegten medizinischen Unterlagen vom Oktober 2001 sind für die Entscheidung ohne Bedeutung, weil mit ihnen nicht nachgewiesen werden kann, dass die Erwerbsminderung bereits spätestens im Oktober 1992 eingetreten war, was aber Voraussetzung für einen Rentenanspruch wäre.

Da das Berufsbild des Klägers nicht mehr aufklärbar ist, muss gemäß dem im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsatz der objektiven Beweislast bei der Entscheidung davon ausgegangen werden, dass der Kläger als angelernter Arbeiter des unteren Bereichs zu beurteilen und damit auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbar ist.

Eine Aufrechterhaltung der Rentenanwartschaft ist dem Kläger nach der Auskunft des Versicherungsträgers in Novi Sad durch Beiträge in Jugoslawien nicht möglich.

Nach derzeitiger Sach- und Rechtslage kann der Kläger erst nach Vollendung des 65. Lebensjahrs Altersrente beziehen, d.h. ab Oktober 2003; es empfiehlt sich, Anfang 2003 den entsprechenden Antrag zu stellen.

Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des SG Landshut vom 10.09.2001 war somit zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 193 SGG.

Gründe, die Revision gemäß § 160 Abs.2 SGG zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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