Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Würzburg (FSB)
Aktenzeichen
S 6 R 74/12 ER
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 5 R 138/12 B ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Betriebsprüfung: Stichprobenprüfungen können die nachträgliche Rücknahme bestandskräftiger Prüfbescheide nach § 45 SGB X erleichtern, aber nicht ersetzen. 2. Gegen Beitragsnachforderungen aufgrund equal-pay-Ansprüche nach der CGZP-Entscheidung des BAG ist die aufschiebende Wirkung eines Widerspruches im Übrigen nicht herzustellen.sofortige Vollziehbarkeit von Betriebsprüfungsentscheidugen
I. Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Würzburg vom 7. Februar 2012 abgeändert und die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin gegen den Bescheid vom 29.12.2011 insoweit angeordnet, als Beitragsnachforderungen für die Zeit vom 1.12.2005 bis zum 31.12.2007 nachgefordert werden.
II. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
III. Die Beteiligten tragen die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen je zur Hälfte.
IV. Der Streitwert wird auf 12.347,93 Euro festgesetzt.
Gründe:
Gegenstand des Verfahrens im einstweiligen Rechtsschutz ist die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin gegen eine Beitragsnachforderung in Höhe von 24.695,86 Euro. Die Antragstellerin begehrt die aufschiebende Wirkung ihres Widerspruchs gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 29.12.2011.
I. Die Antragstellerin betreibt in der Rechtsform einer GmbH die Einstellung, den Einsatz und die Beschäftigung gewerblicher und kaufmännischer Arbeitnehmer als Zeitpersonal bei Betrieben und Unternehmen aller Art. Die Antragstellerin verfügt über eine Erlaubnis nach dem Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG). In dem hier streitgegenständlichen Zeitraum hatte die Antragstellerin etwa 1.700 Beschäftigte. Bis zum 31.3.2010 war die Antragstellerin Mitglied der Tarifgemeinschaft Christlicher Gewerkschaften für Zeitarbeit und Personalserviceagenturen (CGZP). Die zwischen der CGZP und dem Arbeitgeberverband Mittelständischer Personaldienstleister geschlossenen Tarifverträge hatten Geltung für die zwischen der Antragstellerin und ihren Leiharbeitnehmerinnen und -arbeitnehmern geschlossenen Arbeitsverträge. Nach eigenen Angaben der Antragstellerin wurden an die Beschäftigten durchgehend übertarifliche Vergütungen bezahlt. Dennoch lagen die Entgelte der Mitarbeiter der Antragstellerin teilweise unter der Vergütung vergleichbarer Arbeitnehmer in den Betrieben der Entleiher.
Die Antragstellerin hatte zuletzt mit Bescheid vom 1.7.2008 das Ergebnis einer bei der Antragstellerin nach Stichproben durchgeführten Betriebsprüfung über den Prüfzeitraum vom 1.1.2004 bis zum 31.12.2007 festgehalten und eine Nachforderung von Sozialversicherungsbeiträgen in Höhe von 6.345,38 Euro festgesetzt. Der Bescheid wurde bestandskräftig.
In der Zeit vom 19.12.2011 bis zum 22.12.2011 fand erneut eine Betriebsprüfung bei der Antragstellerin statt. Prüfzeitraum war die Zeit vom 1.12.2005 bis zum 31.12.2009. Anlass für die abweichend vom üblichen Prüfturnus vorgezogene Betriebsprüfung war eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts (BAG). Das BAG hatte mit Beschluss vom 14.12.2010 (1 ABR 19/10) die Feststellung der Vorinstanzen bestätigt, wonach die CGZP nicht tariffähig ist. Als letzte Tatsacheninstanz hatte das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg mit Datum vom 7.12.2009 entschieden (23 TaBV 1016/09). Mit Bescheid vom 29.12.2011 stellte die Antragsgegnerin Beitragsansprüche infolge der Unwirksamkeit des angewandten Tarifvertrages fest und erhob eine Nachforderung in Höhe von insgesamt 24.695,86 Euro. Wegen der Unwirksamkeit der von der CGZP abgeschlossenen Tarifverträge gelte keine Ausnahme mehr von dem Grundsatz des "equal-pay" (gleicher Lohn für gleiche Arbeit). Die Leiharbeitnehmer, die auf der Basis eines solchen Tarifvertrages tätig waren, könnten von der Antragstellerin den Lohn beanspruchen, der im Betrieb des Entleihers für einen vergleichbaren Arbeitnehmer gezahlt wurde. Die Antragsgegnerin schätzte die geschuldeten Arbeitsentgelte und ging aufgrund der von der Antragstellerin übertariflich gezahlten Löhne von einer durchschnittlichen Lohndifferenz von 1,24 Prozent aus.
Mit Schreiben vom 11.1.2012 erhob die Antragstellerin Widerspruch gegen den Bescheid vom 29.12.2011 und machte geltend, eine Tarifunfähigkeit der CGZP sei für die Zeit vor dem 7.12.2009 nicht geklärt. Die Entscheidung des LAG Berlin-Brandenburg vom 9.1.2012 (24 TaBV 1285/11) über die Feststellung der Tarifunfähigkeit auch am 29.11.2004, 19.6.2006 und am 9.7.2008 sei noch nicht rechtskräftig. Die Antragstellerin habe zudem auf die Wirksamkeit der Tarifverträge vertrauen dürfen. Erst mit dem Beschluss vom 14.12.2010 sei es zu einer Änderung der Rechtsprechung des BAG gekommen. Es bestehe ein Rückwirkungsverbot. Schließlich seien auch nach der Entscheidung des LAG Berlin-Brandenburg vom 9.12.2009 von den Rentenversicherungsträgern noch keine Beitragsnachforderungen erhoben worden. Zudem stehe die Bestandskraft des Beitragsbescheides vom 1.7.2008 der nun geltend gemachten Nachforderung von Sozialversicherungsbeiträgen entgegen. Der frühere Prüfzeitraum 1.1.2004 bis 31.12.2007 sei bestandskräftig abgeschlossen. Eine Änderung des früheren Verwaltungsaktes unter den Voraussetzungen des § 45 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) sei von der Antragsgegnerin nicht vorgenommen worden. Schließlich seien Beitragsnachforderungen für die Jahre 2005 und 2006 verjährt.
Mit Schriftsatz vom 16.1.2012 hat die Antragstellerin beim Sozialgericht Würzburg die Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs gegen den Bescheid vom 29.12.2011 beantragt und vorgetragen, es bestünden ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes. Die Antragstellerin hat diese ebenfalls damit begründet, dass von den Gerichten der Arbeitsgerichtsbarkeit noch nicht rechtskräftig festgestellt sei, dass die CGZP auch für die Zeit vor November 2009 tarifunfähig gewesen sei. Beitragsnachforderungen aus den Jahren 2005 und 2006 seien zudem verjährt. Schließlich stehe der Nachforderung der Antragsgegnerin der bestandskräftige Bescheid vom 1.7.2008 entgegen. Die Antragstellerin hat sich auf Vertrauensschutz berufen.
Mit Beschluss vom 7.2.2012 hat das Sozialgericht den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs vom 11.1.2012 gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 29.12.2011 abgelehnt. Das Sozialgericht hat keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheides feststellen können. Der Bescheid vom 1.7.2008 stehe der Beitragserhebung auch nicht für die Zeit vor dem 31.12.2007 entgegen. Ein Beitragsbescheid stelle regelmäßig nur einen ausschließlich belastenden Verwaltungsakt dar, nicht zugleich auch einen begünstigenden Verwaltungsakt, so dass die Notwendigkeit einer Aufhebung nach den Regeln des § 45 SGB X bereits ausscheide. Mit Bescheid vom 1.7.2008 habe die Antragsgegnerin nur eine Teilforderung geltend gemacht. Eine Nacherhebung von Beiträgen für denselben Zeitraum sei daher nicht ausgeschlossen oder begrenzt. Dem Beitragsbescheid vom 29.12.2011 stehe auch nicht entgegen, dass die Tariffähigkeit der CGZP für die Vergangenheit noch nicht rechtskräftig geklärt sei. Die Feststellung der Tariffähigkeit durch die Gerichte der Arbeitsgerichtsbarkeit sei nur deklaratorisch. Die Antragsgegnerin könne die Tarifunfähigkeit der CGZP auch nicht unmittelbar feststellen lassen. Es bleibe ihr deshalb nur die Möglichkeit, diese zu unterstellen. Ein Aussetzen des Verfahrens nach § 97 Abs. 5 Arbeitsgerichtsgesetz (ArbGG) sei im Hinblick auf die Eilbedürftigkeit einer Entscheidung im einstweiligen Rechtsschutz nicht geboten. Die den Beschluss des BAG vom 14.12.2010 tragenden Gründe seien ohne Weiteres auf die Zeit vor 2009 zu übertragen. Die Beitragsforderung der Antragsgegnerin sei nicht verjährt. Auch stehe ein (arbeitsrechtlicher) Vertrauensschutz nicht entgegen. War der Tarifvertrag unwirksam, konnte vom equal-pay-Grundsatz nicht abgewichen werden. Von Anfang an habe ein Anspruch auf höheren Lohn bestanden.
Dagegen hat die Antragstellerin Beschwerde eingelegt und erneut ausgeführt, sie habe einen Anspruch auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs. Es bestünden ernstliche und auch im Rahmen eines summarischen Verfahrens offenkundig zu Tage tretende Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes. Die Antragstellerin hat erneut vorgetragen, eine Tarifunfähigkeit der CGZP sei für den Zeitraum vor dem 7.12.2009 noch nicht rechtskräftig festgestellt. Beitragsansprüche der Antragsgegnerin aus den Jahren 2005 und 2006 seien bereits verjährt. Für die 30-jährige Verjährungsfrist fehle es an einem vorsätzlichen Vorenthalten von Beiträgen.
Die Antragstellerin beantragt, den Beschluss des Sozialgerichts Würzburg vom 7.2.2012 abzuändern und aufzuheben und die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs vom 11.1.2012 gegen den Beitragsbescheid vom 29.12.2011 anzuordnen.
Die Antragsgegnerin beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.
Die Antragsgegnerin ist der Auffassung, sie habe mit Bescheid vom 29.12.2011 die Nachforderung von Sozialversicherungsbeiträgen rechtmäßig festgesetzt. Angesichts der Entscheidung des BAG gebe es keine Argumente oder Anhaltspunkte dafür, dass die CGZP in der Vergangenheit tariffähig hätte sein können. Es stehe bereits fest, dass die CGZP nicht als Tarifvertragspartei in der Leiharbeit agieren konnte. Für die Anwendung der 30-jährigen Verjährungsfrist genüge es, wenn nach Fälligkeit und vor Ablauf der vierjährigen Verjährungsfrist zumindest bedingter Vorsatz hinzutrete. Die Entscheidung des BAG sei in der Presse publiziert und in der Öffentlichkeit bekannt gewesen. Die Antragstellerin habe von Inhalt und Auswirkungen dieser Entscheidung Kenntnis gehabt. Sie habe es zumindest für möglich gehalten, dass ihre Arbeitnehmer rückwirkend equal-pay-Ansprüche geltend machen konnten. Aus der Kenntnis möglicher höherer Lohnansprüche folge die Kenntnis möglicher höherer Beitragsansprüche. Die Bestandskraft des Beitragsbescheides vom 1.7.2008 stehe der hier streitigen Nachforderung ebenfalls nicht entgegen. Betriebsprüfungen erfolgten anhand von Stichproben. Eine über die Kontrollfunktion hinausgehende Bedeutung komme den Betriebsprüfungen nicht zu. Sie sollten insbesondere nicht den Arbeitgebern Entlastung erteilen. Bindungswirkung könne ein früherer Bescheid allenfalls dann entfalten, wenn der Sachverhalt bei der vorherigen Prüfung personenbezogen festgestellt wurde. Für einen Vertrauensschutz der Antragstellerin fehle es bereits an dem erforderlichen Vertrauenstatbestand. Die Entscheidung des BAG vom 14.12.2010 sei nicht überraschend ergangen. Bereits im Jahr 2007 seien erste Entscheidungen der Arbeitsgerichte zur Tariffähigkeit der CGZP veröffentlicht worden.
Die Akten des Sozialgerichts sowie die Verwaltungsakten der Antragsgegnerin wurden zum Gegenstand dieses Verfahrens.
II. Die Beschwerde der Antragstellerin ist zulässig (§§ 172, 173 Sozialgerichtsgesetz, SGG), in der Sache zumindest teilweise auch begründet.
1. Nach § 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG entfällt bei der Entscheidung über Versicherungs-, Beitrags- und Umlagepflichten sowie der Anforderung von Beiträgen, Umlagen und sonstigen Abgaben einschließlich darauf entfallenden Nebenkosten die aufschiebende Wirkung von Widerspruch und Anfechtungsklage. Es steht nach § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG im Ermessen des Gerichts, die aufschiebende Wirkung eines Widerspruchs oder einer Klage herzustellen. Dabei hat eine Interessenabwägung stattzufinden zwischen den Belangen der Antragstellerin und der Antragsgegnerin. Das Interesse der Antragsgegnerin an der sofortigen Vollziehung ihrer Beitragsnachforderung ist dem Interesse der Antragstellerin an einer Aussetzung der Vollziehung vor endgültiger Klärung des Rechtsstreits gegenüber zu stellen. Ein überwiegendes öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung ist anzunehmen, wenn sich ohne weiteres und in einer jeden vernünftigen Zweifel ausschließenden Weise erkennen lässt, dass der angefochtene Verwaltungsakt rechtmäßig ist und die Rechtsverfolgung des Bürgers keinerlei Erfolg verspricht (vgl. BT Drucks. 14/5943, S. 25 unter Bezugnahme auf Bundesverwaltungsgericht, NJW 1974, 1294 [1295] ). Dagegen wird das private Aufschubinteresse überwiegen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte (stRspr vgl LSG Nordrhein-Westfalen Beschluss vom 13.07.2011 - L 8 R 287/11 B ER; LSG Baden-Württemberg Beschluss vom 11.5.2011 - L 11 R 1075/11 ER-B; Bayer. LSG Beschluss vom 28.1.2011 - L 5 R 848/10 B ER).
2. Es besteht Anlass, für die Nachforderung von Sozialversicherungsbeiträgen für die Zeit vom 1.12.2005 bis zum 31.12.2007 vom gesetzlichen Regelfall des Sofortvollzugs nach § 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG abzusehen.
Der Senat hat bereits mit Urteil vom 18. Januar 2011 - L 5 R 752/08 entschieden, dass die Nachforderung von Beiträgen für einen Zeitraum, der zuvor Gegenstand einer früheren Betriebsprüfung gewesen war, nur nach § 45 SGB X möglich ist. Die dortigen Grundsätze gelten auch im vorliegenden Falle. Die Antragsgegnerin hatte schon mit Bescheid vom 1.7.2008 über den Prüfzeitraum vom 1.1.2004 bis zum 31.12.2007 entschieden und einen Beitragsbescheid nach § 28p Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) erlassen. Dieser Bescheid war nach § 28p SGB IV, § 7 Abs 4 S 1 BVV in Anwendung des Bestimmtheitsgrundsatzes nach § 33 SGB X so zu verstehen, dass das durchgeführte Betriebsprüfverfahren für die Zeit 2004 bis 2007 die dortigen Beanstandungen ergeben hat. Wollte die Antragsgegnerin einen weiteren Bescheid erlassen mit dem Inhalt, dass das Betriebsprüfverfahren für die Zeit vom 1.12.2005 bis 31.12.2007 weitere, über die damals getroffenen hinausgehende Beanstandungen und Nachforderungen ergeben hat, bestünde die Gefahr, dass zwei den identischen Gegenstand regelnde Bescheide mit sich widersprechendem Inhalt ergehen. Dieser Gefahr begegnet das gem §§ 1, 8 SGB X auch für Betriebsprüfungsverfahren nach § 28p SGB IV geltende SGB X (vgl LSG Hamburg Urteil vom 22.1.2009 - L 3 R 17/08, Rz. 33 - zitiert nach juris) mit den Regelungen in §§ 44 ff SGB X. Danach sind bereits bestandskräftige Bescheide unter bestimmten Voraussetzungen einer nachträglichen Beseitigung zugänglich; sind diese Voraussetzungen nicht erfüllt, bleibt es bei dem ergangenen Bescheid; ein weiterer, den gleichen Gegenstand regelnder späterer Bescheid ist rechtswidrig. Für die Anwendung des § 45 SGB X ist im übrigen nicht auf die - unstreitig - belastende frühere Beitragsnachforderung abzustellen. Entscheidend ist vielmehr der aus der Sicht der Antragstellerin begünstigende Regelungsinhalt im Bescheid vom 1.7.2008, wonach die Beitragsnachforderung zu niedrig festgesetzt worden ist. Eine solche Verknüpfung von Begünstigung und gleichzeitiger wirtschaftlicher Belastung ist im Sozialrecht kein Seltenheitsfall (vgl die Nachweise bei Schütze in: von Wulffen, SGB X, 7. Auflage, § 45 Rz. 24).
Hier wäre die Antragsgegnerin vor der Nachforderung von Beiträgen für die Zeit vor dem 1.1.2008 also verpflichtet gewesen, den ursprünglichen Bescheid vom 1.7.2008 nach § 45 SGB X zurückzunehmen. Dies ist nicht geschehen. Die Antragsgegnerin hat in ihrem Bescheid vom 29.12.2011 auf ihren früheren Bescheid nicht Bezug genommen. Es ist nicht erkennbar, dass die Antragsgegnerin die Vorgaben des § 45 SGB X beachtet hat (vgl. dazu das Urteil des erkennenden Senats vom 18. Januar 2011, L 5 R 752/08, Rz. 37 ff - zitiert nach juris).
Die Antragsgegnerin hat demgegenüber zwar betont, sie sei wegen der nur stichprobenartigen Prüfung des Zeitraumes 1.1.2004 - 31.12.2007 - wie im Bescheid vom 1.7.2008 vermerkt mit der allgemeinen Formulierung: "Die stichprobenweise durchgeführte Prüfung hat folgende Feststellungen ergeben:" - berechtigt gewesen, ohne Weiteres auch den bereits geprüften Zeitraum vom 1.12.2005 bis 31.12.2007 erneut zu erfassen. Dem ist aber nicht zu folgen. Denn die in § 11 BVV geregelte Stichprobenprüfung, die dem Gebot effizienten und wirtschaftlichen Verwaltungshandelns entspringt, kann die Rücknahme eines Betriebsprüfungsbescheides nach § 45 SGB X erleichtern, aber nicht ersetzen.
Etwas Anderes ist auch nicht dem BSG Urteil vom 14.07.2004 - B 12 KR 1/04 R zu entnehmen, denn dort hatte das BSG für den entschiedene Fall einer rückwirkenden Beitragsnachforderung lediglich die Voraussetzungen einer Verwirkung (§ 242 BGB analog) verneint, die die nachträgliche Beitragsgeltendmachung gehindert hätte. Einen Ausspruch, die §§ 44 ff SGB X besäßen im Falle von Stichprobenprüfungen keine Geltung, enthält die Entscheidung nicht. Dies gilt umso mehr, als das BSG ausdrücklich auf sein Urteil vom 30.11.1978 - 12 RK 6/76 Bezug genommen hatte, dessen Entscheidungszeiträume vor Inkrafttreten des SGB X gelegen hatten (vgl. BSG Urteil vom 14.07.2004 - B 12 KR 1/04 R, Rz. 44 - zitiert nach juris).
Damit bestehen ernstliche Zweifel an der Rechtsmäßigkeit der streitigen Entscheidung der Antragsgegnerin soweit die Beitragsjahre 2005 bis 2007 erfasst sind. Insoweit wird die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin angeordnet.
3. Dagegen können ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der von der Antragsgegnerin erhobenen Nachforderung im Rahmen der hier angezeigten summarischen Prüfung nicht auch für den Prüfzeitraum vom 1.1.2008 bis zum 31.12.2009 festgestellt werden.
Nach § 9 Nr. 2 Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) in der hier maßgeblichen Fassung vom 23.12.2003 (BGBl I S. 4607) waren Vereinbarungen unwirksam, die für den Leiharbeitnehmer für die Zeit der Überlassung an einen Entleiher schlechtere als die im Betrieb des Entleihers für einen vergleichbaren Arbeitnehmer des Entleihers geltenden wesentlichen Arbeitsbedingungen einschließlich des Arbeitsentgelts vorsahen. Der Gesetzgeber hat davon ausdrücklich tarifliche Regelungen ausgenommen. Ist ein solcher, niedrigere Arbeitsentgelte enthaltender Tarifvertrag unwirksam, hat dies zur Folge, dass die in § 9 Nr. 2 AÜG geregelte Ausnahme von dem sonst üblichen Grundsatz des "equal-pay" nicht vorliegt und die Leiharbeitnehmerinnen und -arbeitnehmer einen Anspruch auf Zahlung von Arbeitsentgelt in der für vergleichbare Arbeitnehmer im Entleihbetrieb geltenden Höhe haben gem. § 10 Abs. 4 AÜG (in der Fassung vom 23.12.2003, BGBl I S. 4607).
Entsprechend höher sind die daraus geschuldeten Sozialversicherungsbeiträge. Diese werden nicht aus dem an die Beschäftigten tatsächlich gezahlten, sondern aus dem von der Antragstellerin als Arbeitgeberin geschuldeten Entgelt berechnet. Nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB IV entstehen die Beitragsansprüche der Versicherungsträger, sobald ihre im Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes bestimmten Voraussetzungen vorliegen. Dass durch die Anwendung dieses "Entstehungsprinzips" ein Arbeitgeber erst nachträglich zur Zahlung von Sozialversicherungsbeiträgen herangezogen wird, verstößt auch nicht gegen Verfassungsrecht (vgl. BVerfG, Beschluss vom 11.9.2008, 1 BvR 2007/05, Rz. 10).
a) Das BAG hat der CGZP die Eigenschaft als tariffähige Arbeitnehmervereinigung im Sinne von § 2 Abs. 1 Tarifvertragsgesetz (TVG) abgesprochen. Die CGZP organisierte nach ihrer Satzung keine Arbeitnehmer, sondern lediglich einen vorgegebenen Kreis von Arbeitnehmerkoalitionen. Auch hat das BAG die Eigenschaft als tariffähige Spitzenorganisation gemäß § 2 Abs. 3 TVG verneint, da die in der CGZP organisierten Arbeitnehmervereinigungen ihre Tariffähigkeit der CGZP nicht vollständig übermittelt haben. Zudem geht der fachliche Organisationsbereich über den gesamten Bereich der gewerblichen Arbeitnehmerüberlassung über den ihrer Mitglieder hinaus. Das BAG hat in diesem Zusammenhang sogar ausdrücklich ausgeführt, dass sich die einschlägige Satzungsbestimmung sowohl in der Satzung 2009 als auch in der Satzung aus dem Jahr 2005 findet (vgl. BAG, Beschluss vom 14.12.2010 - 1 ABR 19/10, Rz. 110).
Der Senat hat deshalb keine Zweifel daran, dass die Ausführungen des BAG in seinem Beschluss vom 14.12.2010 (1 ABR 19/10) zur fehlenden Tariffähigkeit der CGZP auch für die Zeit vor dem 7.12.2009 gelten werden. Ist die Tariffähigkeit nicht gegeben, fehlt es an der Voraussetzung für den Abschluss von Tarifverträgen (vgl. BAG, Beschluss vom 14.12.2010, 1 ABR 19/10, Rz. 61). Damit kann der Anspruch auf equal-pay-Entlohnung nicht mehr durch die Ausnahmenorm § 9 Nr. 2 AÜG verdrängt werden. Aus den höheren equal-pay-Ansprüchen der Arbeitnehmer nach § 10 Abs. 4 AÜG schulden die Arbeitgeber die höheren Gesamtsozialversicherungsbeiträge.
Der spätere Zeitpunkt der Feststellung der Tarifunfähigkeit der CGZP mit Beschluss des BAG vom 14.12.2010 (1 ABR 19/10) war auch nicht konstitutiv. Die Entscheidung über die Tariffähigkeit einer Vereinigung nach § 2a Abs. 1 Nr. 4, § 97 ArbGG begründet oder beendet nicht erst die Tariffähigkeit, sondern stellt die Tariffähigkeit oder Tarifunfähigkeit nur fest. Dies muss schon daraus folgen, dass das Beschlussverfahren nach § 2a Abs. 1 Nr. 4 ArbGG i.V.m. § 97 Abs. 5 ArbGG der Klärung einer in einem anderen Rechtsstreit entscheidungserheblichen Vorfrage dient und sich nicht als Aufschubtatbestand erweisen darf. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts wäre die Verpflichtung zur Aussetzung des Verfahrens weitgehend sinnlos und überflüssig, wenn die Entscheidung über die Tariffähigkeit oder Tarifunfähigkeit einer Vereinigung nur für die Zeit nach der Verkündung der Entscheidung von Bedeutung wäre (vgl. BAG, Urteil vom 15.11.2006, 10 AZR 665/05, Rz. 22).
b) Etwas anderes gilt auch nicht im Hinblick darauf, dass die Tarifunfähigkeit der CGZP durch die Gerichte der Arbeitsgerichtsbarkeit derzeit rechtskräftig erst zum 7.12.2009 festgestellt worden ist. Der Beschluss des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 9.1.2012 (24 TaBV 1285/11 - Tarifunfähigkeit der CGZP auch schon zum 29.11.2004, 19.6.2006 und 9.7.2008) ist nämlich noch nicht rechtskräftig; das BAG wird über die Nichtzulassungsbeschwerden nach § 92a ArbGG zu entscheiden haben (vgl. LAG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 16.2.2012, 10 Sa 453/11, Rz. 16 - zitiert nach juris).
Denn es kann dahingestellt bleiben, ob die Voraussetzungen des § 97 Abs. 5 ArbGG überhaupt erfüllt sind. Nach § 97 Abs. 5 ArbGG müssen die Gerichte der Arbeitsgerichtsbarkeit Verfahren aussetzen, wenn die Entscheidung eines Rechtsstreits davon abhängt, ob eine Vereinigung tariffähig oder ob die Tarifzuständigkeit der Vereinigung gegeben ist. Dies gilt auch für vergangenheitsbezogene Zahlungsklagen, mit denen equal-pay-Ansprüche geltend gemacht werden (vgl. LAG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 16.2.2012, 10 Sa 453/11, Rz. 15 - zitiert nach juris). In der arbeitsgerichtlichen Rechtsprechung ist nicht unumstritten, ob dies auch nach dem Beschluss des BAG vom 14.12.2010 (1 ABR 19/10) gilt und die Erledigung von Beschlussverfahren für frühere Zeiträume vor dem 7.12.2009 nach § 2a Abs. 1 Nr. 4 ArbGG i.V.m. § 97 Abs. 5 ArbGG abzuwarten ist (dafür: LAG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 19.12.2011, 10 Ta 247/11, Beschluss vom 15.6.2011, 6 Ta 99/11 und Beschluss vom 17.8.2011, 11 Ta 160/11; LAG Düsseldorf, Beschluss vom 21.12.2011, 2 Ta 616/11; LAG Baden-Württemberg, Beschluss vom 21.6.2011, 11 Ta 10/11; LAG Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 15.8.2011, 2 Ta 42/11 und vom 9.9.2011, 2 Ta 45/11; LAG Köln, Beschluss vom 14.10.2011, 13 Ta 284/11; LAG Hamm, Beschluss vom 28.9.2011, 1 Ta 500/11; LAG Nürnberg, Beschluss vom 19.9.2011, 2 Ta 128/11; LAG Sachsen, Beschluss vom 8.9.2011 und vom 5.9.2011, 4 Ta 149/11 und 4 Ta 162/11; dagegen: LAG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 2.11.2011, 4 Ta 130/11, LAG Hamm, Urteil vom 30.06.2011, 8 Sa 387/11). Auch ist hier nicht zu entscheiden, ob die Aussetzungspflicht uneingeschränkt für andere Gerichtsbarkeiten (vgl. BVerwG, Beschluss vom 25.7.2006, 6 P 17/05, Rz. 10 - zitiert nach juris, Matthes/Schlewing, in: Germelmann, ArbGG, 7. Auflage 2009, § 97 Rz. 11; Koch in: Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, 12. Auflage 2012, § 97 ArbGG, Rz. 6) und damit auch für den Sozialgerichtsprozess besteht.
Im sozialgerichtlichen Eilverfahren zur Entscheidung über den Sofortvollzug von Beitragsnachforderungen ist die rechtskräftige Feststellung der Tarifunfähigkeit für den hier streitgegenständlichen Zeitraum vor dem 7.12.2009 nicht abzuwarten. Der Gesetzgeber hat ein besonderes Verfahren zur Entscheidung über die Tariffähigkeit und Tarifzuständigkeit einer Vereinigung in § 97 Abs. 1 ArbGG geschaffen, bei dem - anders als in arbeitsrechtlichen Individualverfahren - der Amtsermittlungsgrundsatz gilt und der Kreis der verfahrensrechtlich zu Beteiligenden größer als in Individualrechtsstreitigkeiten zwischen Leiharbeitnehmern und Leiharbeitgebern. § 97 ArbGG dient der Stärkung der Tarifautonomie (vgl. LAG Düsseldorf, Beschluss vom 21.12.2011, 2 Ta 616/11, Rz. 26 - zitiert nach juris). Im Gegensatz zu diesem arbeitsgerichtlichen Sonderverfahren ist vorliegend nicht Gegenstand die abschließende Klärung von Ansprüchen, die mit der als Vorfrage zu beantwortenden Tariffähigkeit der CGZP untrennbar verbunden sind. Vielmehr ist im Rahmen einer summarischen Prüfung allein festzustellen, wer vorläufig, das heißt bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens über die Rechtmäßigkeit der Beitragsnachforderung, das Risiko trägt, die Beitragsnachforderung gegebenenfalls später nicht mehr realisieren zu können (bei aufschiebender Wirkung des Widerspruchs: die Antragsgegnerin) oder im Gegensatz dazu, mit einer Vorleistung belastet zu werden, ohne dass diese in der rückwirkenden Betrachtung gerechtfertigt war (bei Sofortvollzug: die Antragstellerin). Bereits der im Eilverfahren eingeschränkte Prüfungsmaßstab der "ernstlichen Zweifel" an der Rechtmäßigkeit der Beitragsnachforderung stellt klar, dass keine abschließende Prüfung stattfindet. Beurteilt werden allein die Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens (vgl. Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Auflage, § 86b Rz. 12 ff) in einem prognostischen Verfahren. In Anwendung dieses Maßstabes bleiben das abschließende Verfahren nach § 97 Abs. 1 ArbGG und der Schutz der Tarifautonomie durch die vorliegende Entscheidung unangetastet.
Der Senat geht in Anwendung dieses Maßstabes wegen den Ausführungen des BAG in seinem Beschluss vom 14.12.2010 (1 ABR 19/10) - wie oben dargelegt - davon aus, dass sich wohl die spätere Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Beitragsnachforderung in der Hauptsache auf eine - dann bereits rechtskräftige - arbeitsgerichtliche Entscheidung über die Tarifunfähigkeit der CGZP für die Zeit vor dem 7.12.2009 stützen wird. Vertrauensschutz wird nicht zuzugestehen sein. Der gute Glaube an die Tariffähigkeit einer Vereinigung wird wohl nicht geschützt (BAG, Urteil vom 15.11.2006 - 10 AZR 665/05, Rz. 23).
c) Dass die Antragsgegnerin die Beitragsnachforderung auf der Grundlage von geschätzten geschuldeten Arbeitsentgelten berechnet hat und aufgrund der von der Antragstellerin übertariflich gezahlten Löhne von einer durchschnittlichen Lohndifferenz in Höhe von 1,24 Prozent ausgegangen ist, steht im Einklang mit § 28f Abs. 2 SGB IV. Es genügt bereits die objektive Verletzung der Aufzeichnungspflicht im Hinblick darauf, dass in den Entgeltunterlagen der Antragstellerin nicht das beitragspflichtige Arbeitsentgelt enthalten ist (§ 8 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BVV). Nach § 28f Abs. 2 Satz 2 SGB IV trägt ein Arbeitgeber, der die erforderlichen Unterlagen nicht ordnungsgemäß aufgezeichnet und aufbewahrt hat, die objektive Beweislast dafür, dass ohne unverhältnismäßigen Verwaltungsaufwand die Beitragsnachforderung in der korrekten Höhe bestimmt werden kann (vgl. Seewald in: Kasseler Kommentar, § 28f SGB IV, 72. ErgLiefg., Rz. 9). Auf ein Verschulden der Antragstellerin kommt es nicht an (vgl. Seewald in: Kasseler Kommentar, § 28f SGB IV, 72. ErgLiefg., Rz. 8). Im Übrigen besteht gem § 28 f Abs. 2 Satz 5 SGB V die jederzeitige Möglichkeit, durch Vorlage der entsprechenden Nachweise zu bewirken, dass die Höhe der Beitragsnachforderung aus personenbezogenen Arbeitsentgelten errechnet wird.
4. Es liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass die Vollziehung der Beitragsnachforderung für die Antragstellerin als die Schuldnerin eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. Von der Antragstellerin wurde dazu nichts vorgetragen; entsprechende Anhaltspunkte sind auch nicht anderweitig zu erkennen.
5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung. Die Festsetzung des Streitwerts folgt aus § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 52 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 4 Gerichtskostengesetz (GKG).
Dieser Beschluss ist gemäß § 177 SGG unanfechtbar.
II. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
III. Die Beteiligten tragen die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen je zur Hälfte.
IV. Der Streitwert wird auf 12.347,93 Euro festgesetzt.
Gründe:
Gegenstand des Verfahrens im einstweiligen Rechtsschutz ist die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin gegen eine Beitragsnachforderung in Höhe von 24.695,86 Euro. Die Antragstellerin begehrt die aufschiebende Wirkung ihres Widerspruchs gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 29.12.2011.
I. Die Antragstellerin betreibt in der Rechtsform einer GmbH die Einstellung, den Einsatz und die Beschäftigung gewerblicher und kaufmännischer Arbeitnehmer als Zeitpersonal bei Betrieben und Unternehmen aller Art. Die Antragstellerin verfügt über eine Erlaubnis nach dem Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG). In dem hier streitgegenständlichen Zeitraum hatte die Antragstellerin etwa 1.700 Beschäftigte. Bis zum 31.3.2010 war die Antragstellerin Mitglied der Tarifgemeinschaft Christlicher Gewerkschaften für Zeitarbeit und Personalserviceagenturen (CGZP). Die zwischen der CGZP und dem Arbeitgeberverband Mittelständischer Personaldienstleister geschlossenen Tarifverträge hatten Geltung für die zwischen der Antragstellerin und ihren Leiharbeitnehmerinnen und -arbeitnehmern geschlossenen Arbeitsverträge. Nach eigenen Angaben der Antragstellerin wurden an die Beschäftigten durchgehend übertarifliche Vergütungen bezahlt. Dennoch lagen die Entgelte der Mitarbeiter der Antragstellerin teilweise unter der Vergütung vergleichbarer Arbeitnehmer in den Betrieben der Entleiher.
Die Antragstellerin hatte zuletzt mit Bescheid vom 1.7.2008 das Ergebnis einer bei der Antragstellerin nach Stichproben durchgeführten Betriebsprüfung über den Prüfzeitraum vom 1.1.2004 bis zum 31.12.2007 festgehalten und eine Nachforderung von Sozialversicherungsbeiträgen in Höhe von 6.345,38 Euro festgesetzt. Der Bescheid wurde bestandskräftig.
In der Zeit vom 19.12.2011 bis zum 22.12.2011 fand erneut eine Betriebsprüfung bei der Antragstellerin statt. Prüfzeitraum war die Zeit vom 1.12.2005 bis zum 31.12.2009. Anlass für die abweichend vom üblichen Prüfturnus vorgezogene Betriebsprüfung war eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts (BAG). Das BAG hatte mit Beschluss vom 14.12.2010 (1 ABR 19/10) die Feststellung der Vorinstanzen bestätigt, wonach die CGZP nicht tariffähig ist. Als letzte Tatsacheninstanz hatte das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg mit Datum vom 7.12.2009 entschieden (23 TaBV 1016/09). Mit Bescheid vom 29.12.2011 stellte die Antragsgegnerin Beitragsansprüche infolge der Unwirksamkeit des angewandten Tarifvertrages fest und erhob eine Nachforderung in Höhe von insgesamt 24.695,86 Euro. Wegen der Unwirksamkeit der von der CGZP abgeschlossenen Tarifverträge gelte keine Ausnahme mehr von dem Grundsatz des "equal-pay" (gleicher Lohn für gleiche Arbeit). Die Leiharbeitnehmer, die auf der Basis eines solchen Tarifvertrages tätig waren, könnten von der Antragstellerin den Lohn beanspruchen, der im Betrieb des Entleihers für einen vergleichbaren Arbeitnehmer gezahlt wurde. Die Antragsgegnerin schätzte die geschuldeten Arbeitsentgelte und ging aufgrund der von der Antragstellerin übertariflich gezahlten Löhne von einer durchschnittlichen Lohndifferenz von 1,24 Prozent aus.
Mit Schreiben vom 11.1.2012 erhob die Antragstellerin Widerspruch gegen den Bescheid vom 29.12.2011 und machte geltend, eine Tarifunfähigkeit der CGZP sei für die Zeit vor dem 7.12.2009 nicht geklärt. Die Entscheidung des LAG Berlin-Brandenburg vom 9.1.2012 (24 TaBV 1285/11) über die Feststellung der Tarifunfähigkeit auch am 29.11.2004, 19.6.2006 und am 9.7.2008 sei noch nicht rechtskräftig. Die Antragstellerin habe zudem auf die Wirksamkeit der Tarifverträge vertrauen dürfen. Erst mit dem Beschluss vom 14.12.2010 sei es zu einer Änderung der Rechtsprechung des BAG gekommen. Es bestehe ein Rückwirkungsverbot. Schließlich seien auch nach der Entscheidung des LAG Berlin-Brandenburg vom 9.12.2009 von den Rentenversicherungsträgern noch keine Beitragsnachforderungen erhoben worden. Zudem stehe die Bestandskraft des Beitragsbescheides vom 1.7.2008 der nun geltend gemachten Nachforderung von Sozialversicherungsbeiträgen entgegen. Der frühere Prüfzeitraum 1.1.2004 bis 31.12.2007 sei bestandskräftig abgeschlossen. Eine Änderung des früheren Verwaltungsaktes unter den Voraussetzungen des § 45 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) sei von der Antragsgegnerin nicht vorgenommen worden. Schließlich seien Beitragsnachforderungen für die Jahre 2005 und 2006 verjährt.
Mit Schriftsatz vom 16.1.2012 hat die Antragstellerin beim Sozialgericht Würzburg die Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs gegen den Bescheid vom 29.12.2011 beantragt und vorgetragen, es bestünden ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes. Die Antragstellerin hat diese ebenfalls damit begründet, dass von den Gerichten der Arbeitsgerichtsbarkeit noch nicht rechtskräftig festgestellt sei, dass die CGZP auch für die Zeit vor November 2009 tarifunfähig gewesen sei. Beitragsnachforderungen aus den Jahren 2005 und 2006 seien zudem verjährt. Schließlich stehe der Nachforderung der Antragsgegnerin der bestandskräftige Bescheid vom 1.7.2008 entgegen. Die Antragstellerin hat sich auf Vertrauensschutz berufen.
Mit Beschluss vom 7.2.2012 hat das Sozialgericht den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs vom 11.1.2012 gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 29.12.2011 abgelehnt. Das Sozialgericht hat keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheides feststellen können. Der Bescheid vom 1.7.2008 stehe der Beitragserhebung auch nicht für die Zeit vor dem 31.12.2007 entgegen. Ein Beitragsbescheid stelle regelmäßig nur einen ausschließlich belastenden Verwaltungsakt dar, nicht zugleich auch einen begünstigenden Verwaltungsakt, so dass die Notwendigkeit einer Aufhebung nach den Regeln des § 45 SGB X bereits ausscheide. Mit Bescheid vom 1.7.2008 habe die Antragsgegnerin nur eine Teilforderung geltend gemacht. Eine Nacherhebung von Beiträgen für denselben Zeitraum sei daher nicht ausgeschlossen oder begrenzt. Dem Beitragsbescheid vom 29.12.2011 stehe auch nicht entgegen, dass die Tariffähigkeit der CGZP für die Vergangenheit noch nicht rechtskräftig geklärt sei. Die Feststellung der Tariffähigkeit durch die Gerichte der Arbeitsgerichtsbarkeit sei nur deklaratorisch. Die Antragsgegnerin könne die Tarifunfähigkeit der CGZP auch nicht unmittelbar feststellen lassen. Es bleibe ihr deshalb nur die Möglichkeit, diese zu unterstellen. Ein Aussetzen des Verfahrens nach § 97 Abs. 5 Arbeitsgerichtsgesetz (ArbGG) sei im Hinblick auf die Eilbedürftigkeit einer Entscheidung im einstweiligen Rechtsschutz nicht geboten. Die den Beschluss des BAG vom 14.12.2010 tragenden Gründe seien ohne Weiteres auf die Zeit vor 2009 zu übertragen. Die Beitragsforderung der Antragsgegnerin sei nicht verjährt. Auch stehe ein (arbeitsrechtlicher) Vertrauensschutz nicht entgegen. War der Tarifvertrag unwirksam, konnte vom equal-pay-Grundsatz nicht abgewichen werden. Von Anfang an habe ein Anspruch auf höheren Lohn bestanden.
Dagegen hat die Antragstellerin Beschwerde eingelegt und erneut ausgeführt, sie habe einen Anspruch auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs. Es bestünden ernstliche und auch im Rahmen eines summarischen Verfahrens offenkundig zu Tage tretende Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes. Die Antragstellerin hat erneut vorgetragen, eine Tarifunfähigkeit der CGZP sei für den Zeitraum vor dem 7.12.2009 noch nicht rechtskräftig festgestellt. Beitragsansprüche der Antragsgegnerin aus den Jahren 2005 und 2006 seien bereits verjährt. Für die 30-jährige Verjährungsfrist fehle es an einem vorsätzlichen Vorenthalten von Beiträgen.
Die Antragstellerin beantragt, den Beschluss des Sozialgerichts Würzburg vom 7.2.2012 abzuändern und aufzuheben und die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs vom 11.1.2012 gegen den Beitragsbescheid vom 29.12.2011 anzuordnen.
Die Antragsgegnerin beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.
Die Antragsgegnerin ist der Auffassung, sie habe mit Bescheid vom 29.12.2011 die Nachforderung von Sozialversicherungsbeiträgen rechtmäßig festgesetzt. Angesichts der Entscheidung des BAG gebe es keine Argumente oder Anhaltspunkte dafür, dass die CGZP in der Vergangenheit tariffähig hätte sein können. Es stehe bereits fest, dass die CGZP nicht als Tarifvertragspartei in der Leiharbeit agieren konnte. Für die Anwendung der 30-jährigen Verjährungsfrist genüge es, wenn nach Fälligkeit und vor Ablauf der vierjährigen Verjährungsfrist zumindest bedingter Vorsatz hinzutrete. Die Entscheidung des BAG sei in der Presse publiziert und in der Öffentlichkeit bekannt gewesen. Die Antragstellerin habe von Inhalt und Auswirkungen dieser Entscheidung Kenntnis gehabt. Sie habe es zumindest für möglich gehalten, dass ihre Arbeitnehmer rückwirkend equal-pay-Ansprüche geltend machen konnten. Aus der Kenntnis möglicher höherer Lohnansprüche folge die Kenntnis möglicher höherer Beitragsansprüche. Die Bestandskraft des Beitragsbescheides vom 1.7.2008 stehe der hier streitigen Nachforderung ebenfalls nicht entgegen. Betriebsprüfungen erfolgten anhand von Stichproben. Eine über die Kontrollfunktion hinausgehende Bedeutung komme den Betriebsprüfungen nicht zu. Sie sollten insbesondere nicht den Arbeitgebern Entlastung erteilen. Bindungswirkung könne ein früherer Bescheid allenfalls dann entfalten, wenn der Sachverhalt bei der vorherigen Prüfung personenbezogen festgestellt wurde. Für einen Vertrauensschutz der Antragstellerin fehle es bereits an dem erforderlichen Vertrauenstatbestand. Die Entscheidung des BAG vom 14.12.2010 sei nicht überraschend ergangen. Bereits im Jahr 2007 seien erste Entscheidungen der Arbeitsgerichte zur Tariffähigkeit der CGZP veröffentlicht worden.
Die Akten des Sozialgerichts sowie die Verwaltungsakten der Antragsgegnerin wurden zum Gegenstand dieses Verfahrens.
II. Die Beschwerde der Antragstellerin ist zulässig (§§ 172, 173 Sozialgerichtsgesetz, SGG), in der Sache zumindest teilweise auch begründet.
1. Nach § 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG entfällt bei der Entscheidung über Versicherungs-, Beitrags- und Umlagepflichten sowie der Anforderung von Beiträgen, Umlagen und sonstigen Abgaben einschließlich darauf entfallenden Nebenkosten die aufschiebende Wirkung von Widerspruch und Anfechtungsklage. Es steht nach § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG im Ermessen des Gerichts, die aufschiebende Wirkung eines Widerspruchs oder einer Klage herzustellen. Dabei hat eine Interessenabwägung stattzufinden zwischen den Belangen der Antragstellerin und der Antragsgegnerin. Das Interesse der Antragsgegnerin an der sofortigen Vollziehung ihrer Beitragsnachforderung ist dem Interesse der Antragstellerin an einer Aussetzung der Vollziehung vor endgültiger Klärung des Rechtsstreits gegenüber zu stellen. Ein überwiegendes öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung ist anzunehmen, wenn sich ohne weiteres und in einer jeden vernünftigen Zweifel ausschließenden Weise erkennen lässt, dass der angefochtene Verwaltungsakt rechtmäßig ist und die Rechtsverfolgung des Bürgers keinerlei Erfolg verspricht (vgl. BT Drucks. 14/5943, S. 25 unter Bezugnahme auf Bundesverwaltungsgericht, NJW 1974, 1294 [1295] ). Dagegen wird das private Aufschubinteresse überwiegen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte (stRspr vgl LSG Nordrhein-Westfalen Beschluss vom 13.07.2011 - L 8 R 287/11 B ER; LSG Baden-Württemberg Beschluss vom 11.5.2011 - L 11 R 1075/11 ER-B; Bayer. LSG Beschluss vom 28.1.2011 - L 5 R 848/10 B ER).
2. Es besteht Anlass, für die Nachforderung von Sozialversicherungsbeiträgen für die Zeit vom 1.12.2005 bis zum 31.12.2007 vom gesetzlichen Regelfall des Sofortvollzugs nach § 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG abzusehen.
Der Senat hat bereits mit Urteil vom 18. Januar 2011 - L 5 R 752/08 entschieden, dass die Nachforderung von Beiträgen für einen Zeitraum, der zuvor Gegenstand einer früheren Betriebsprüfung gewesen war, nur nach § 45 SGB X möglich ist. Die dortigen Grundsätze gelten auch im vorliegenden Falle. Die Antragsgegnerin hatte schon mit Bescheid vom 1.7.2008 über den Prüfzeitraum vom 1.1.2004 bis zum 31.12.2007 entschieden und einen Beitragsbescheid nach § 28p Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) erlassen. Dieser Bescheid war nach § 28p SGB IV, § 7 Abs 4 S 1 BVV in Anwendung des Bestimmtheitsgrundsatzes nach § 33 SGB X so zu verstehen, dass das durchgeführte Betriebsprüfverfahren für die Zeit 2004 bis 2007 die dortigen Beanstandungen ergeben hat. Wollte die Antragsgegnerin einen weiteren Bescheid erlassen mit dem Inhalt, dass das Betriebsprüfverfahren für die Zeit vom 1.12.2005 bis 31.12.2007 weitere, über die damals getroffenen hinausgehende Beanstandungen und Nachforderungen ergeben hat, bestünde die Gefahr, dass zwei den identischen Gegenstand regelnde Bescheide mit sich widersprechendem Inhalt ergehen. Dieser Gefahr begegnet das gem §§ 1, 8 SGB X auch für Betriebsprüfungsverfahren nach § 28p SGB IV geltende SGB X (vgl LSG Hamburg Urteil vom 22.1.2009 - L 3 R 17/08, Rz. 33 - zitiert nach juris) mit den Regelungen in §§ 44 ff SGB X. Danach sind bereits bestandskräftige Bescheide unter bestimmten Voraussetzungen einer nachträglichen Beseitigung zugänglich; sind diese Voraussetzungen nicht erfüllt, bleibt es bei dem ergangenen Bescheid; ein weiterer, den gleichen Gegenstand regelnder späterer Bescheid ist rechtswidrig. Für die Anwendung des § 45 SGB X ist im übrigen nicht auf die - unstreitig - belastende frühere Beitragsnachforderung abzustellen. Entscheidend ist vielmehr der aus der Sicht der Antragstellerin begünstigende Regelungsinhalt im Bescheid vom 1.7.2008, wonach die Beitragsnachforderung zu niedrig festgesetzt worden ist. Eine solche Verknüpfung von Begünstigung und gleichzeitiger wirtschaftlicher Belastung ist im Sozialrecht kein Seltenheitsfall (vgl die Nachweise bei Schütze in: von Wulffen, SGB X, 7. Auflage, § 45 Rz. 24).
Hier wäre die Antragsgegnerin vor der Nachforderung von Beiträgen für die Zeit vor dem 1.1.2008 also verpflichtet gewesen, den ursprünglichen Bescheid vom 1.7.2008 nach § 45 SGB X zurückzunehmen. Dies ist nicht geschehen. Die Antragsgegnerin hat in ihrem Bescheid vom 29.12.2011 auf ihren früheren Bescheid nicht Bezug genommen. Es ist nicht erkennbar, dass die Antragsgegnerin die Vorgaben des § 45 SGB X beachtet hat (vgl. dazu das Urteil des erkennenden Senats vom 18. Januar 2011, L 5 R 752/08, Rz. 37 ff - zitiert nach juris).
Die Antragsgegnerin hat demgegenüber zwar betont, sie sei wegen der nur stichprobenartigen Prüfung des Zeitraumes 1.1.2004 - 31.12.2007 - wie im Bescheid vom 1.7.2008 vermerkt mit der allgemeinen Formulierung: "Die stichprobenweise durchgeführte Prüfung hat folgende Feststellungen ergeben:" - berechtigt gewesen, ohne Weiteres auch den bereits geprüften Zeitraum vom 1.12.2005 bis 31.12.2007 erneut zu erfassen. Dem ist aber nicht zu folgen. Denn die in § 11 BVV geregelte Stichprobenprüfung, die dem Gebot effizienten und wirtschaftlichen Verwaltungshandelns entspringt, kann die Rücknahme eines Betriebsprüfungsbescheides nach § 45 SGB X erleichtern, aber nicht ersetzen.
Etwas Anderes ist auch nicht dem BSG Urteil vom 14.07.2004 - B 12 KR 1/04 R zu entnehmen, denn dort hatte das BSG für den entschiedene Fall einer rückwirkenden Beitragsnachforderung lediglich die Voraussetzungen einer Verwirkung (§ 242 BGB analog) verneint, die die nachträgliche Beitragsgeltendmachung gehindert hätte. Einen Ausspruch, die §§ 44 ff SGB X besäßen im Falle von Stichprobenprüfungen keine Geltung, enthält die Entscheidung nicht. Dies gilt umso mehr, als das BSG ausdrücklich auf sein Urteil vom 30.11.1978 - 12 RK 6/76 Bezug genommen hatte, dessen Entscheidungszeiträume vor Inkrafttreten des SGB X gelegen hatten (vgl. BSG Urteil vom 14.07.2004 - B 12 KR 1/04 R, Rz. 44 - zitiert nach juris).
Damit bestehen ernstliche Zweifel an der Rechtsmäßigkeit der streitigen Entscheidung der Antragsgegnerin soweit die Beitragsjahre 2005 bis 2007 erfasst sind. Insoweit wird die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin angeordnet.
3. Dagegen können ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der von der Antragsgegnerin erhobenen Nachforderung im Rahmen der hier angezeigten summarischen Prüfung nicht auch für den Prüfzeitraum vom 1.1.2008 bis zum 31.12.2009 festgestellt werden.
Nach § 9 Nr. 2 Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) in der hier maßgeblichen Fassung vom 23.12.2003 (BGBl I S. 4607) waren Vereinbarungen unwirksam, die für den Leiharbeitnehmer für die Zeit der Überlassung an einen Entleiher schlechtere als die im Betrieb des Entleihers für einen vergleichbaren Arbeitnehmer des Entleihers geltenden wesentlichen Arbeitsbedingungen einschließlich des Arbeitsentgelts vorsahen. Der Gesetzgeber hat davon ausdrücklich tarifliche Regelungen ausgenommen. Ist ein solcher, niedrigere Arbeitsentgelte enthaltender Tarifvertrag unwirksam, hat dies zur Folge, dass die in § 9 Nr. 2 AÜG geregelte Ausnahme von dem sonst üblichen Grundsatz des "equal-pay" nicht vorliegt und die Leiharbeitnehmerinnen und -arbeitnehmer einen Anspruch auf Zahlung von Arbeitsentgelt in der für vergleichbare Arbeitnehmer im Entleihbetrieb geltenden Höhe haben gem. § 10 Abs. 4 AÜG (in der Fassung vom 23.12.2003, BGBl I S. 4607).
Entsprechend höher sind die daraus geschuldeten Sozialversicherungsbeiträge. Diese werden nicht aus dem an die Beschäftigten tatsächlich gezahlten, sondern aus dem von der Antragstellerin als Arbeitgeberin geschuldeten Entgelt berechnet. Nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB IV entstehen die Beitragsansprüche der Versicherungsträger, sobald ihre im Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes bestimmten Voraussetzungen vorliegen. Dass durch die Anwendung dieses "Entstehungsprinzips" ein Arbeitgeber erst nachträglich zur Zahlung von Sozialversicherungsbeiträgen herangezogen wird, verstößt auch nicht gegen Verfassungsrecht (vgl. BVerfG, Beschluss vom 11.9.2008, 1 BvR 2007/05, Rz. 10).
a) Das BAG hat der CGZP die Eigenschaft als tariffähige Arbeitnehmervereinigung im Sinne von § 2 Abs. 1 Tarifvertragsgesetz (TVG) abgesprochen. Die CGZP organisierte nach ihrer Satzung keine Arbeitnehmer, sondern lediglich einen vorgegebenen Kreis von Arbeitnehmerkoalitionen. Auch hat das BAG die Eigenschaft als tariffähige Spitzenorganisation gemäß § 2 Abs. 3 TVG verneint, da die in der CGZP organisierten Arbeitnehmervereinigungen ihre Tariffähigkeit der CGZP nicht vollständig übermittelt haben. Zudem geht der fachliche Organisationsbereich über den gesamten Bereich der gewerblichen Arbeitnehmerüberlassung über den ihrer Mitglieder hinaus. Das BAG hat in diesem Zusammenhang sogar ausdrücklich ausgeführt, dass sich die einschlägige Satzungsbestimmung sowohl in der Satzung 2009 als auch in der Satzung aus dem Jahr 2005 findet (vgl. BAG, Beschluss vom 14.12.2010 - 1 ABR 19/10, Rz. 110).
Der Senat hat deshalb keine Zweifel daran, dass die Ausführungen des BAG in seinem Beschluss vom 14.12.2010 (1 ABR 19/10) zur fehlenden Tariffähigkeit der CGZP auch für die Zeit vor dem 7.12.2009 gelten werden. Ist die Tariffähigkeit nicht gegeben, fehlt es an der Voraussetzung für den Abschluss von Tarifverträgen (vgl. BAG, Beschluss vom 14.12.2010, 1 ABR 19/10, Rz. 61). Damit kann der Anspruch auf equal-pay-Entlohnung nicht mehr durch die Ausnahmenorm § 9 Nr. 2 AÜG verdrängt werden. Aus den höheren equal-pay-Ansprüchen der Arbeitnehmer nach § 10 Abs. 4 AÜG schulden die Arbeitgeber die höheren Gesamtsozialversicherungsbeiträge.
Der spätere Zeitpunkt der Feststellung der Tarifunfähigkeit der CGZP mit Beschluss des BAG vom 14.12.2010 (1 ABR 19/10) war auch nicht konstitutiv. Die Entscheidung über die Tariffähigkeit einer Vereinigung nach § 2a Abs. 1 Nr. 4, § 97 ArbGG begründet oder beendet nicht erst die Tariffähigkeit, sondern stellt die Tariffähigkeit oder Tarifunfähigkeit nur fest. Dies muss schon daraus folgen, dass das Beschlussverfahren nach § 2a Abs. 1 Nr. 4 ArbGG i.V.m. § 97 Abs. 5 ArbGG der Klärung einer in einem anderen Rechtsstreit entscheidungserheblichen Vorfrage dient und sich nicht als Aufschubtatbestand erweisen darf. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts wäre die Verpflichtung zur Aussetzung des Verfahrens weitgehend sinnlos und überflüssig, wenn die Entscheidung über die Tariffähigkeit oder Tarifunfähigkeit einer Vereinigung nur für die Zeit nach der Verkündung der Entscheidung von Bedeutung wäre (vgl. BAG, Urteil vom 15.11.2006, 10 AZR 665/05, Rz. 22).
b) Etwas anderes gilt auch nicht im Hinblick darauf, dass die Tarifunfähigkeit der CGZP durch die Gerichte der Arbeitsgerichtsbarkeit derzeit rechtskräftig erst zum 7.12.2009 festgestellt worden ist. Der Beschluss des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 9.1.2012 (24 TaBV 1285/11 - Tarifunfähigkeit der CGZP auch schon zum 29.11.2004, 19.6.2006 und 9.7.2008) ist nämlich noch nicht rechtskräftig; das BAG wird über die Nichtzulassungsbeschwerden nach § 92a ArbGG zu entscheiden haben (vgl. LAG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 16.2.2012, 10 Sa 453/11, Rz. 16 - zitiert nach juris).
Denn es kann dahingestellt bleiben, ob die Voraussetzungen des § 97 Abs. 5 ArbGG überhaupt erfüllt sind. Nach § 97 Abs. 5 ArbGG müssen die Gerichte der Arbeitsgerichtsbarkeit Verfahren aussetzen, wenn die Entscheidung eines Rechtsstreits davon abhängt, ob eine Vereinigung tariffähig oder ob die Tarifzuständigkeit der Vereinigung gegeben ist. Dies gilt auch für vergangenheitsbezogene Zahlungsklagen, mit denen equal-pay-Ansprüche geltend gemacht werden (vgl. LAG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 16.2.2012, 10 Sa 453/11, Rz. 15 - zitiert nach juris). In der arbeitsgerichtlichen Rechtsprechung ist nicht unumstritten, ob dies auch nach dem Beschluss des BAG vom 14.12.2010 (1 ABR 19/10) gilt und die Erledigung von Beschlussverfahren für frühere Zeiträume vor dem 7.12.2009 nach § 2a Abs. 1 Nr. 4 ArbGG i.V.m. § 97 Abs. 5 ArbGG abzuwarten ist (dafür: LAG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 19.12.2011, 10 Ta 247/11, Beschluss vom 15.6.2011, 6 Ta 99/11 und Beschluss vom 17.8.2011, 11 Ta 160/11; LAG Düsseldorf, Beschluss vom 21.12.2011, 2 Ta 616/11; LAG Baden-Württemberg, Beschluss vom 21.6.2011, 11 Ta 10/11; LAG Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 15.8.2011, 2 Ta 42/11 und vom 9.9.2011, 2 Ta 45/11; LAG Köln, Beschluss vom 14.10.2011, 13 Ta 284/11; LAG Hamm, Beschluss vom 28.9.2011, 1 Ta 500/11; LAG Nürnberg, Beschluss vom 19.9.2011, 2 Ta 128/11; LAG Sachsen, Beschluss vom 8.9.2011 und vom 5.9.2011, 4 Ta 149/11 und 4 Ta 162/11; dagegen: LAG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 2.11.2011, 4 Ta 130/11, LAG Hamm, Urteil vom 30.06.2011, 8 Sa 387/11). Auch ist hier nicht zu entscheiden, ob die Aussetzungspflicht uneingeschränkt für andere Gerichtsbarkeiten (vgl. BVerwG, Beschluss vom 25.7.2006, 6 P 17/05, Rz. 10 - zitiert nach juris, Matthes/Schlewing, in: Germelmann, ArbGG, 7. Auflage 2009, § 97 Rz. 11; Koch in: Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, 12. Auflage 2012, § 97 ArbGG, Rz. 6) und damit auch für den Sozialgerichtsprozess besteht.
Im sozialgerichtlichen Eilverfahren zur Entscheidung über den Sofortvollzug von Beitragsnachforderungen ist die rechtskräftige Feststellung der Tarifunfähigkeit für den hier streitgegenständlichen Zeitraum vor dem 7.12.2009 nicht abzuwarten. Der Gesetzgeber hat ein besonderes Verfahren zur Entscheidung über die Tariffähigkeit und Tarifzuständigkeit einer Vereinigung in § 97 Abs. 1 ArbGG geschaffen, bei dem - anders als in arbeitsrechtlichen Individualverfahren - der Amtsermittlungsgrundsatz gilt und der Kreis der verfahrensrechtlich zu Beteiligenden größer als in Individualrechtsstreitigkeiten zwischen Leiharbeitnehmern und Leiharbeitgebern. § 97 ArbGG dient der Stärkung der Tarifautonomie (vgl. LAG Düsseldorf, Beschluss vom 21.12.2011, 2 Ta 616/11, Rz. 26 - zitiert nach juris). Im Gegensatz zu diesem arbeitsgerichtlichen Sonderverfahren ist vorliegend nicht Gegenstand die abschließende Klärung von Ansprüchen, die mit der als Vorfrage zu beantwortenden Tariffähigkeit der CGZP untrennbar verbunden sind. Vielmehr ist im Rahmen einer summarischen Prüfung allein festzustellen, wer vorläufig, das heißt bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens über die Rechtmäßigkeit der Beitragsnachforderung, das Risiko trägt, die Beitragsnachforderung gegebenenfalls später nicht mehr realisieren zu können (bei aufschiebender Wirkung des Widerspruchs: die Antragsgegnerin) oder im Gegensatz dazu, mit einer Vorleistung belastet zu werden, ohne dass diese in der rückwirkenden Betrachtung gerechtfertigt war (bei Sofortvollzug: die Antragstellerin). Bereits der im Eilverfahren eingeschränkte Prüfungsmaßstab der "ernstlichen Zweifel" an der Rechtmäßigkeit der Beitragsnachforderung stellt klar, dass keine abschließende Prüfung stattfindet. Beurteilt werden allein die Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens (vgl. Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Auflage, § 86b Rz. 12 ff) in einem prognostischen Verfahren. In Anwendung dieses Maßstabes bleiben das abschließende Verfahren nach § 97 Abs. 1 ArbGG und der Schutz der Tarifautonomie durch die vorliegende Entscheidung unangetastet.
Der Senat geht in Anwendung dieses Maßstabes wegen den Ausführungen des BAG in seinem Beschluss vom 14.12.2010 (1 ABR 19/10) - wie oben dargelegt - davon aus, dass sich wohl die spätere Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Beitragsnachforderung in der Hauptsache auf eine - dann bereits rechtskräftige - arbeitsgerichtliche Entscheidung über die Tarifunfähigkeit der CGZP für die Zeit vor dem 7.12.2009 stützen wird. Vertrauensschutz wird nicht zuzugestehen sein. Der gute Glaube an die Tariffähigkeit einer Vereinigung wird wohl nicht geschützt (BAG, Urteil vom 15.11.2006 - 10 AZR 665/05, Rz. 23).
c) Dass die Antragsgegnerin die Beitragsnachforderung auf der Grundlage von geschätzten geschuldeten Arbeitsentgelten berechnet hat und aufgrund der von der Antragstellerin übertariflich gezahlten Löhne von einer durchschnittlichen Lohndifferenz in Höhe von 1,24 Prozent ausgegangen ist, steht im Einklang mit § 28f Abs. 2 SGB IV. Es genügt bereits die objektive Verletzung der Aufzeichnungspflicht im Hinblick darauf, dass in den Entgeltunterlagen der Antragstellerin nicht das beitragspflichtige Arbeitsentgelt enthalten ist (§ 8 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BVV). Nach § 28f Abs. 2 Satz 2 SGB IV trägt ein Arbeitgeber, der die erforderlichen Unterlagen nicht ordnungsgemäß aufgezeichnet und aufbewahrt hat, die objektive Beweislast dafür, dass ohne unverhältnismäßigen Verwaltungsaufwand die Beitragsnachforderung in der korrekten Höhe bestimmt werden kann (vgl. Seewald in: Kasseler Kommentar, § 28f SGB IV, 72. ErgLiefg., Rz. 9). Auf ein Verschulden der Antragstellerin kommt es nicht an (vgl. Seewald in: Kasseler Kommentar, § 28f SGB IV, 72. ErgLiefg., Rz. 8). Im Übrigen besteht gem § 28 f Abs. 2 Satz 5 SGB V die jederzeitige Möglichkeit, durch Vorlage der entsprechenden Nachweise zu bewirken, dass die Höhe der Beitragsnachforderung aus personenbezogenen Arbeitsentgelten errechnet wird.
4. Es liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass die Vollziehung der Beitragsnachforderung für die Antragstellerin als die Schuldnerin eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. Von der Antragstellerin wurde dazu nichts vorgetragen; entsprechende Anhaltspunkte sind auch nicht anderweitig zu erkennen.
5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung. Die Festsetzung des Streitwerts folgt aus § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 52 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 4 Gerichtskostengesetz (GKG).
Dieser Beschluss ist gemäß § 177 SGG unanfechtbar.
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