Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
12
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 2 AL 2938/08
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 12 AL 3321/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Klägerin wird die Beklagte unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts Mannheim vom 24. April 2010 und des Sperrzeitbescheides vom 6. August 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. August 2008 sowie Abänderung des Bewilligungsbescheides vom 6. August 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. August 2008 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 11. November 2008 verurteilt, der Klägerin auch für die Zeit vom 1. bis 7. Juli 2008 Arbeitslosengeld zu gewähren.
Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten der Klägerin in beiden Rechtszügen.
Tatbestand:
Streitig ist ein Anspruch auf Arbeitslosengeld in der Zeit vom 1. bis 7. Juli 2008, der Eintritt einer Sperrzeit bei verspäteter Arbeitsuchendmeldung und das Ruhen des Anspruchs in diesem Zeitraum sowie eine Minderung der Anspruchsdauer um 7 Tage.
Die 1969 geborene Klägerin bezog in der Vergangenheit mehrfach Leistungen von der Beklagten. U.a. beantragte sie nach Ablauf der Elternzeit zur Erziehung ihres zweiten Kindes am 28. September 2004 Arbeitslosengeld und bestätigte in diesem Zusammenhang mit ihrer Unterschrift, das Merkblatt 1 für Arbeitslose erhalten und von dessen Inhalt Kenntnis genommen zu haben. Die Klägerin hat keine Erinnerung mehr hieran. Das Merkblatt 1 für Arbeitslose enthielt mit Stand April 2004 folgenden Hinweis: "Sie sind verpflichtet, sich unverzüglich, d.h. ohne schuldhaftes Zögern, persönlich bei der Agentur für Arbeit arbeitsuchend zu melden, sobald Sie den Zeitpunkt der Beendigung Ihres Versicherungspflichtverhältnisses kennen. Die Meldepflicht entsteht z.B. bei einem unbefristeten Arbeitsverhältnis unverzüglich nach Zugang der Kündigung oder nach Abschluss eines Aufhebungsvertrages Bitte beachten Sie, dass eine verspätete Meldung in der Regel zu einer Minderung des Arbeitslosengeldes führen kann." Die Klägerin bezog Leistungen bis 11. November 2005.
Ab 1. Oktober 2006 bis 28. Februar 2007 war die Klägerin geringfügig, anschließend bis 30. Juni 2008 in Teilzeit versicherungspflichtig als Bürohilfskraft bei der K. J. GmbH beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis wurde durch den Arbeitgeber aus betriebsbedingten Gründen zum 30. Juni 2008 beendet. Kenntnis davon erlangte die Klägerin durch Erhalt des Kündigungsschreibens am 5. Juni 2008. Das Kündigungsschreiben vom 2. Juni 2008 enthält keinen Hinweis auf die Verpflichtung zur frühzeitigen Arbeitsuchendmeldung.
Die Klägerin meldete sich am 18. Juni 2008 persönlich arbeitsuchend und arbeitslos und beantragte Arbeitslosengeld. Zu den Gründen der späten Arbeitsuchendmeldung befragt gab die Klägerin an, dass sie krank gewesen sei, sie sei wegen der Kündigung psychisch belastet, aber nicht krankgeschrieben gewesen.
Mit Bescheid vom 6. August 2008 stellte die Beklagte für die Zeit vom 1. bis 7. Juli 2008 den Eintritt einer Sperrzeit bei verspäteter Arbeitsuchendmeldung fest. Der Anspruch auf Arbeitslosengeld ruhe in dieser Zeit und mindere sich um 7 Tage. Mit weiterem Bescheid vom 6. August 2008 bewilligte die Beklagte der Klägerin Arbeitslosengeld ab dem 9. Juli 2008. Als Anspruchsdauer gab die Beklagte 240 Kalendertage an, zur Leistung einen täglichen Leistungsbetrag von 16,79 Euro in der Zeit vom 9. Juli 2008 bis 28. Februar 2009 (233 Tage) und unter der Überschrift "Zeiten ohne Leistungen", in der Zeit vom 1. bis 7. Juli 2008 werde der Anspruch um 7 Tage gemindert wegen einer Sperrzeit bei verspäteter Arbeitsuchendmeldung.
Die Klägerin legte Widerspruch gegen beide Bescheide ein mit der Begründung, sie habe die Pflicht zur frühzeitigen Arbeitsuchendmeldung nicht gekannt. Im Kündigungsschreiben sei ein solcher Hinweis nicht enthalten gewesen. Die Anspruchsdauer sei nicht zu mindern, außerdem wende sie sich gegen die Zuordnung der Steuerklasse bei der Bemessung des Anspruchs.
Die Beklagte hielt der Klägerin vor, sie habe bei Beendigung des früheren Leistungszeitraums einen Leistungsnachweis vom 11. November 2005 mit einem Hinweis auf die Pflicht zur frühzeitigen Arbeitsuchendmeldung erhalten. Hierzu verwies die Beklagte auf das Muster einer solchen Mitteilung samt Musterhinweis mit folgendem Wortlaut: "Ab dem 01.07.2003 sind Sie verpflichtet, sich unverzüglich persönlich bei der Agentur für Arbeit arbeitsuchend zu melden, sobald Sie den Zeitpunkt der Beendigung Ihres Versicherungspflichtverhältnisses kennen. Die Meldepflicht entsteht z.B. bei einem unbefristeten Arbeitsverhältnis unverzüglich nach Zugang der Kündigung Bitte beachten Sie, dass eine verspätete Meldung zu einer Verringerung der Höhe Ihres zukünftigen Leistungsanspruches führen kann." Eine Mehrfertigung des konkreten Leistungsnachweises befindet sich nicht in der Verwaltungsakte. Die Klägerin hielt an ihrem Widerspruch fest, Kenntnis von dem Leistungsnachweis habe sie nicht. Mit Widerspruchsbescheid vom 28. August 2008 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin betreffend die Sperrzeit unter Bezugnahme auf den Hinweis im Leistungsnachweis vom 11. November 2005 zurück.
Auf den Widerspruch betreffend die Zuordnung der Steuerklasse hob die Beklagte mit Bescheid vom 10. November 2008 den Bewilligungsbescheid vom 6. August 2008 auf und bewilligte mit Änderungsbescheid vom 11. November 2008 Arbeitslosengeld ab 9. Juli 2008 unter Zugrundelegung der Steuerklasse III, im Übrigen unverändert gegenüber dem Bescheid vom 6. August 2008.
Am 3. September 2008 hat die Klägerin Klage zum Sozialgericht Mannheim (SG) erhoben. Zur Begründung hat sie im Wesentlichen vorgetragen, sie habe die Pflicht, sich frühzeitig arbeitsuchend zu melden, nicht gekannt und ihre Unkenntnis könne man ihr nicht vorwerfen. Das Kündigungsschreiben enthalte keinen Hinweis. Sie sei davon ausgegangen, dass sie sich bis zum 30. Juni 2008 bei der Beklagten melden könne. Die Beklagte könne sich nicht auf einen Hinweis in einem Leistungsnachweis vom 11. November 2005 berufen. Sie könne sich nicht erinnern, einen solchen bekommen zu haben. Insoweit enthalte die Verwaltungsakte auch nur ein Muster, aber keine Mehrfertigung des Schreibens. Selbst wenn der Hinweis ergangen wäre, lägen zwischen diesem und dem Zeitpunkt der Kenntnis der Beendigung des Arbeitsverhältnisses im Juni 2008 mehr als 2,5 Jahre. Im Übrigen müsse ein Arbeitsloser, dem ein Leistungsnachweis zugesandt werde, nicht damit rechnen, dass diesem Leistungsnachweis nach der letzten Seite weitergehende Hinweise beigefügt seien, die mit dem Zweck der Übersendung nichts zu tun hätten. Auch entspreche der damalige Hinweis nicht der im Juni 2008 geltenden Gesetzesfassung. Er enthalte noch keinen Hinweis auf eine Sperrzeit und konkretisiere die Frühzeitigkeit der Meldung nicht mit einer Dreitagesfrist, sondern fordere nur eine unverzügliche Arbeitsuchendmeldung. Dies könnte auch dahingehend verstanden werden, dass ein Rahmen von zwei Wochen noch ausreichend sei, mithin eine Meldung 13 Tage nach Kenntnis der Kündigung wie vorliegend nicht verspätet sei. Die Rechtsfolgenbelehrung im Musterhinweis sei auch nicht mehr zutreffend, weil sich zwischenzeitlich das Gesetz geändert habe, außerdem sei die Rechtsfolge nicht eindeutig beschrieben.
Die Beklagte hat vorgetragen, seit Inkrafttreten des § 37b SGB III am 1. Juli 2003 seien alle Aufhebungsbescheide und Leistungsnachweise mit einem Hinweis versehen. Wenn die Klägerin dies nicht zur Kenntnis nehme, gingen die Folgen zu ihren Lasten. Der Nachweis vom 11. November sei nach den EDV-Unterlagen ausgedruckt und übersandt worden, ein Rücklauf sei nicht erfolgt.
Die Klägerin hat Arbeitslosengeld vom 9. Juli 2009 bis 28. Februar 2009 (233 Tage), anschließend Leistungen nach dem SGB II bezogen.
Im Rahmen der mündlichen Verhandlung vom 24. April 2009 hat das SG darauf hingewiesen, dass die Klägerin bei ihrer Arbeitslosmeldung im September 2004 ein Merkblatt mit Hinweisen zur unverzüglichen Arbeitsuchendmeldung erhalten habe. Durch Urteil vom 24. April 2009 hat das SG die Klage abgewiesen. Die Klägerin habe sich versicherungswidrig verhalten, weil sie der ihr obliegenden Meldepflicht nach § 38 Abs. 1 Satz 1 und 2 SGB III nicht rechtzeitig nachgekommen sei. Sie habe durch Übergabe des Kündigungsschreibens von der Beendigung des Arbeitsverhältnisses erfahren, sich aber nicht innerhalb von drei Tagen danach arbeitsuchend gemeldet und damit objektiv gegen ihre Pflicht verstoßen. Der Verstoß sei auch subjektiv vorwerfbar. Falls die Klägerin nicht über die Meldepflicht orientiert gewesen sei, wäre diese Unkenntnis zumindest auf leichte Fahrlässigkeit zurückzuführen. Dahingestellt bleiben könne, ob die Zusendung eines Leistungsnachweises mit einem Hinweis auf die Meldepflicht tatsächlich ausreiche, um den Vorwurf der Fahrlässigkeit zu begründen. Hieran habe das SG erhebliche Zweifel, da Arbeitslose im Rahmen der Übersendung eines Leistungsnachweises nicht ohne Weiteres mit Hinweisen auf davon völlig unabhängig bestehende Pflichten, die erst in völlig anderen Lebenssachverhalten zum Tragen kommen würden, rechnen müssten. Die Klägerin habe jedenfalls anlässlich ihrer Antragstellung am 28. September 2004 das Merkblatt 1 für Arbeitslose erhalten. Sie habe die Entgegennahme und die Kenntnisnahme vom Inhalt durch ihre Unterschrift bestätigt. Darin sei auch der Hinweis auf die bestehende Meldepflicht enthalten. Wenn die Klägerin dieses Merkblatt nicht gelesen habe, habe sie allein dadurch fahrlässig gehandelt. Wenn sie es mit der notwendigen Aufmerksamkeit gelesen habe, habe sie auch Kenntnis von der Meldepflicht gehabt. Diese seit unter Punkt 1.7 des Merkblatts enthalten. Daher sei unerheblich, dass in der Kündigung nicht nochmals gesondert darauf hingewiesen worden sei. Eine rechtzeitige Meldung sei subjektiv und objektiv möglich gewesen. Zwar habe die Klägerin als Grund Krankheit angegeben, dies aber nicht näher belegt oder begründet. Darüber hinaus sei auch nicht ersichtlich, dass der Klägerin nicht wenigstens eine bloße telefonische Anzeige im Sinne des § 38 Abs. 1 Satz 3 SGB III möglich gewesen wäre. Eine solche würde nur bei einer ganz erheblichen Erkrankung objektiv unmöglich sein. Insoweit lägen aber keine greifbaren Anhaltspunkte vor. Einen wichtigen Grund für ihr Verhalten habe die Klägerin auch nicht. Die Entscheidungsgründe schließen mit dem Hinweis, da der Wert des Streitgegenstandes die Summe von 750 Euro nicht erreiche und Leistungen lediglich für 7 Tage im Streit stünden, sei die Berufung gegen das Urteil nicht zulässig.
Gegen das ihr am 18. Mai 2009 zugestellte Urteil des SG hat die Klägerin am 2. Juni 2009 Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt (L 12 AL 2476/09 NZB). Sie hat einen Verfahrensfehler geltend gemacht; da das SG erst in der mündlichen Verhandlung, an der sie - da ihr Erscheinen freigestellt war- nicht persönlich teilgenommen habe, auf den Erhalt des Merkblatts und dessen Inhalt hingewiesen habe, liege ein Verstoß gegen das Gebot des fairen Verfahrens vor. Ferner habe die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung. Nach Zulassung der Berufung durch Beschluss des Senats vom 13. Juli 2010 wird das Verfahren als Berufungsverfahren fortgeführt.
Die Klägerin trägt vor, die Belehrungen des Merkblatts aus dem Jahr 2004 seien ebenso wenig wie der angebliche Hinweis durch den Leistungsnachweis vom November 2005 geeignet, eine Sperrzeit zu rechtfertigen. Die Anforderungen zur Meldepflicht seien aufgrund zwischenzeitlicher gesetzlicher Änderungen völlig geändert, ebenso die Rechtsfolgen bei einer Verletzung der Meldepflicht. Die Dreitagesfrist sei 2004 noch gar nicht eingeführt gewesen, auch noch kein Ruhen des Anspruchs. Außerdem sei das Augenmerk nach erfolgter Antragstellung nicht mehr darauf gerichtet, welche weiteren völlig unabhängig bestehenden Verpflichtungen es noch gebe, die erst nach völlig anderen Lebenssachverhalten zum Tragen kommen könnten. Die damals geltende Regelung, sich unverzüglich zu melden, sei von der Verwaltungspraxis der Beklagten damals so ausgelegt worden, dass sie aus Kulanzgründen eine Arbeitsuchendmeldung am siebten Tag nach Kenntniserlangung noch ausreichen habe lassen. Das BSG habe darauf hingewiesen, dass dem nicht gefolgt werden könne. Dies zeige aber, dass die damals geltende Regelung mit der Verpflichtung zur "unverzüglichen" Meldung weiter und günstiger gewesen sei als die nun angewandte Dreitagesfrist. Die Anwendung der neuen Regelung verstoße gegen das Rückwirkungsverbot.
Die Klägerin beantragt,
unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts Mannheim vom 24. April 2010 (S 2 AL 2938/08) sowie der Bescheide der Beklagten vom 6. August 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. August 2008 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 11. November 2008 die Beklagte zu verurteilen, ihr für die Zeit vom 1. bis 7. Juli 2008 Arbeitslosengeld zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen, hilfsweise die Revision zuzulassen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Die Auffassung, der Klägerin sei Fahrlässigkeit vorzuwerfen, sieht sie durch das Urteil des LSG Baden-Württemberg vom 25. Februar 2011 - L 8 AL 5759/09 - bestätigt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligen wird auf den Inhalt der Gerichtsakten beider Rechtszüge sowie der Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Klägerin ist nach deren Zulassung durch Beschluss des Senats vom 13. Juli 2010 zulässig. Sie ist auch begründet. Die Klägerin hat auch in der Zeit vom 1. bis 7. Juli 2008 Anspruch auf Arbeitslosengeld. Eine Sperrzeit bei verspäteter Arbeitsuchendmeldung ist nicht eingetreten, der Anspruch ruht nicht in der Zeit vom 1. bis 7. Juli 2008 und die Anspruchsdauer mindert sich nicht um 7 Tage.
Gegenstand des Verfahrens ist neben dem Sperrzeitbescheid vom 6. August 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28. August 2008 auch der Bewilligungsbescheid vom 6. August 2008, aufgehoben bzw. abgeändert durch Bescheide vom 10. und 11. November 2008 , mit dem die Beklagte Arbeitslosengeld (erst) ab dem 9. Juli 2008 bis zum 28. Februar 2009 gewährt hat. Insoweit bilden die Bescheide eine Einheit (vgl. Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 5. August 1999 - B 7 AL 14/99 R - BSGE 84,225; Urteil vom 16. September 1999 - B7 AL 32/98 R - BSGE 84,270; Urteil vom 14. September 2010 - B 7 AL 33/09 R - SozR 4-4300 § 144 Nr. 21).
Die genannten Bescheide der Beklagten stellen sich im oben genannten Umfang rechtswidrig dar und verletzen die Klägerin in ihren Rechten.
Nach § 117 Abs. 1 Nr. 1, 118 SGB III haben Anspruch auf Arbeitslosengeld bei Arbeitslosigkeit Arbeitnehmer, die arbeitslos sind, sich bei der Agentur für Arbeit arbeitslos gemeldet haben und die Anwartschaftszeit erfüllt haben. Diese Voraussetzungen erfüllt die Klägerin auch in der Zeit vom 1. bis 7. Juli 2008. Insbesondere erfolgte die persönliche Arbeitslosmeldung nicht erst am 9. Juli 2008, sondern bereits bei der persönlichen Vorsprache am 18. Juni 2008. Dies ergibt sich zur Überzeugung des Senats aus den vom Beklagtenvertreter im Rahmen der mündlichen Verhandlung vorgelegten Vermerken über die Kontakte zwischen der Klägern und der Agentur für Arbeit im Juni 2008. Darin ist eine persönliche Vorsprache der Klägerin in der Eingangszone am 18. Juni 2008 festgehalten, auch im Bescheid vom 6. August 2008 wird auf die persönliche Meldung am 18. Juni 2008 Bezug genommen.
Der Anspruch auf Arbeitslosengeld ruht auch nicht in der Zeit vom 1. bis 7. Juli 2008.
Gemäß § 144 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Nr. 7, Abs. 6 SGB III (in der hier maßgebenden Fassung des Gesetzes vom 22. Dezember 2005, BGBl. I S. 3676) ruht der Anspruch auf Arbeitslosengeld für die Dauer einer einwöchigen Sperrzeit, wenn sich der Arbeitnehmer versicherungswidrig verhalten hat, indem er seiner Meldepflicht nach § 37b SGB III nicht nachgekommen ist, ohne dafür einen wichtigen Grund zu haben (Sperrzeit bei verspäteter Arbeitsuchendmeldung). Der Anspruch auf Arbeitslosengeld mindert sich nach § 128 Abs. 1 Nr. 3 SGB III um die Anzahl der Tage einer Sperrzeit bei verspäteter Arbeitsuchendmeldung.
Nach § 37b SGB III (in der hier maßgebenden Fassung vom 19. April 2007, BGBl. I S. 538, im Folgenden: Fassung 2007) sind Personen, deren Arbeitsverhältnis endet, verpflichtet, sich spätestens drei Monate vor dessen Beendigung persönlich bei der Agentur für Arbeit arbeitsuchend zu melden, Satz 1. Wenn zwischen der Kenntnis des Beendigungszeitpunkts und der Beendigung des Arbeitsverhältnisses- wie vorliegend - weniger als drei Monate liegen, hat die Meldung innerhalb von drei Tagen nach Kenntnis des Beendigungszeitpunkts zu erfolgen, Satz 2. Zur Wahrung dieser Frist reicht eine fernmündliche Meldung aus, wenn die persönliche Meldung nach terminlicher Vereinbarung nachgeholt wird, Satz 3.
Die Klägerin hat objektiv gegen die ihr nach § 37b SGB III Fassung 2007 obliegende Pflicht zur frühzeitigen Meldung als arbeitsuchend verstoßen. Da die Klägerin die Kündigung des Arbeitgebers vom 2. Juni 2008 zum 30. Juni 2008 am 5. Juni 2008 erhalten hat, lagen zwischen der Kenntnis von der Beendigung des Arbeitsverhältnisses und dem Zeitpunkt der Beendigung weniger als drei Monate, so dass die Meldung innerhalb der Dreitagesfrist des Satzes 2 zu erfolgen hatte. Diese Frist hat die Klägerin nicht eingehalten. Sie hat sich erst am 18. Juni 2008 und damit verspätet arbeitsuchend gemeldet.
Eine Sperrzeit ist gleichwohl nicht eingetreten. Denn die Klägerin hatte einen wichtigen Grund im Sinne des § 144 Abs. 1 Satz 1 SGB III für die verspätete Arbeitsuchendmeldung. Ein wichtiger Grund ist nach ständiger Rechtsprechung des BSG anzunehmen, wenn dem Arbeitslosen unter Berücksichtigung des Einzelfalles und unter Abwägung seiner Interessen mit denen der Versichertengemeinschaft ein anderes Verhalten nicht zugemutet werden konnte (siehe z.B. BSG, Urteil vom 21. Juli 2009 - B 7 AL 6/08 R - BSGE 104, 90). Dies ist bei der verspäteten Arbeitsuchendmeldung der Fall, wenn die Meldung unmöglich oder unzumutbar war. Die Sperrzeit greift eine Obliegenheitsverletzung des Versicherten auf und setzt ein subjektiv vorwerfbares Verhalten im Sinne einer mindestens leichten Fahrlässigkeit nach einem subjektiven Fahrlässigkeitsmaßstab voraus. Auch nachdem gegenüber den früheren Fassungen des § 37b SGB III das Merkmal "unverzüglich" im Wortlaut entfallen ist, sind nur vorwerfbare und damit schuldhafte Meldeversäumnisse sperrzeitbewehrt (Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg, Urteil vom 21. August 2008 - L 7 AL 3358/08 - info also 2009, 24). Die Frage der Vorwerfbarkeit ist allerdings nicht mehr eine solche des Tatbestandes, sondern im Rahmen der Frage zu klären, ob der Arbeitslose sich auf einen wichtigen Grund im Sinne des § 144 Abs. 1 Satz 1 SGB III für die verspätete Arbeitsuchendmeldung berufen kann (BSG, Urteil vom 25. August 2011 - B 11 AL 30/10 R- Rn. 21, juris, m.w.N.; a.A. zur Verortung dieser Prüfung LSG Baden-Württemberg a.a.O., Karmanski in Niesel/Brand SGB III, 5. Aufl. 2010, § 144 Rn. 117). Dabei genügt leichte Fahrlässigkeit, wobei von einem subjektiven Fahrlässigkeitsbegriff auszugehen ist (BSG, Urteil vom 25. August 2011, a.a.O), d.h. es kommt auf die persönliche Kritikfähigkeit, das Einsichtsvermögen des Arbeitslosen sowie die besonderen Umstände des Einzelfalles an (BSG zur früheren Fassung von 37b SGB III, Urteil vom 25. Mai 2005 - B 11a/11 AL 81/04 - juris). Dem Leistungsberechtigten kann eine Obliegenheitsverletzung mit nachteiligen Auswirkungen auf seinen Leistungsanspruch nur vorgeworfen werden, wenn er die Regelung zur frühzeitigen Arbeitsuchendmeldung kannte oder hätte kennen müssen. Mangelnde Belehrung durch den Arbeitgeber oder die Agentur für Arbeit schließt die Sperrzeit nicht automatisch aus. Denn ein Verschulden kann auch vorliegen, wenn der Arbeitslose seine Meldepflicht aus anderen Quellen kennt (BSG, Urteil vom 28. August 2007 - B7/7a AL 56/06 R - SozR 4-4300 § 37b Nr. 5). Es besteht keine Pflicht der Beklagten zur individuellen Belehrung über die Notwendigkeit einer frühzeitigen Arbeitsuche. Auch die an die Stelle der Belehrung durch die Agentur für Arbeit tretende Information durch den Arbeitgeber, § 2 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 SGB III, ist keine objektive Voraussetzung für den Obliegenheitsverstoß. Ob hinreichende und zutreffende Hinweise des Arbeitgebers oder der Agentur für Arbeit erfolgt sind, findet aber Berücksichtigung bei der Frage, ob der Arbeitslose subjektiv vorwerfbar seine Obliegenheit nicht kannte (BSG a.a.O.). Inhaltlich darf sich eine Rechtsfolgenbelehrung nicht auf eine bloß formelhafte Wiederholung des Gesetzestextes beschränken. Vielmehr muss sie konkret, richtig sowie vollständig sein und dem Arbeitslosen in verständlicher Form zutreffend erläutern, welche unmittelbaren und konkreten Auswirkungen aus dem versicherungswidrigen Verhalten resultieren (vgl. BSG 11a. Senat, Urteil vom 17. Oktober 2007 - B 11a/7a AL 44/06 R - juris, m.w.N.).
Vorliegend hatte die Klägerin nach ihren glaubhaften Angaben keine Kenntnis von ihrer Obliegenheit zur frühzeitigen Arbeitsuchendmeldung. Entgegen der Auffassung der Beklagten und des SG ist diese Unkenntnis der Klägerin nicht vorwerfbar, steht ihr mithin ein wichtiger Grund zur Seite und ist damit die Nichteinhaltung der Meldepflicht nicht sperrzeitauslösend.
Im Kündigungsschreiben des Arbeitgebers ist kein Hinweis auf die Meldepflicht enthalten. Die Klägerin war auch nicht aus anderen Quellen zutreffend und hinreichend über ihre Obliegenheit und die Rechtsfolgen eines Verstoßes dagegen informiert oder zumindest veranlasst, sich näher zu dieser Obliegenheit zu erkundigen.
Zwar hat die Klägerin ausweislich der Verwaltungsakte bzw. dem Vortrag der Beklagten Informationen zur Pflicht zur frühzeitigen Meldung sowohl im Merkblatt 1 für Arbeitslose bei einer früheren Arbeitslosmeldung im September 2004 als auch als Hinweis zum Leistungsnachweis über das Ende des früheren Arbeitslosengeldbezuges im November 2005 erhalten. Es bestehen auch keine Zweifel daran, dass die Klägerin bei ihrer Arbeitslosmeldung im September 2004 ein Merkblatt 1 für Arbeitslose erhalten hat. Allerdings können darin Informationen zur frühzeitigen Arbeitsuchendmeldung nur auf Basis der damals geltenden oder bereits absehbaren gesetzlichen Regelungen enthalten gewesen sein. Im Merkblatt 1 mit Stand April 2004 sind lediglich unter Punkt 1.7 Ausführungen zur Arbeitsuchendmeldung auf Basis der damaligen Gesetzesfassung - als Inhalt der Obliegenheit die unverzügliche persönliche Meldung und als Rechtsfolge eines Verstoßes die Minderung der Anspruchshöhe - enthalten. Davon, dass die Klägerin anlässlich der Beendigung des früheren Arbeitslosengeldbezugs im November 2005 mit dem Leistungsnachweis einen Hinweis auf die Pflicht zur frühzeitigen Arbeitsuchendmeldung erhalten hat, konnte der Senat sich hingegen nicht überzeugen. Der Klägerin ist nicht mehr erinnerlich, überhaupt einen solchen Nachweis erhalten zu haben und schon gar nicht, ob diesem ein Hinweis angefügt war. Die Beklagte kann den konkreten Inhalt des Schreibens nicht mehr reproduzieren und weder Absendung noch Zugang belegen. Selbst wenn ein solcher Hinweis ergangen wäre, kann auch dieser nur auf Basis der damals geltenden oder bereits absehbaren gesetzlichen Regelungen erfolgt sein. Der von der Beklagten vorgelegte Musterhinweis ist noch auf dem gleichen Stand wie das Merkblatt 2004.
Gegenüber der Fassung des § 37b SGB III, die vom 1. Januar 2004 bis 30. Dezember 2005 galt, stellt sich aber die vorliegend maßgebliche Fassung 2007 deutlich anders dar. In den Jahren 2004 und 2005 war noch eine Meldung "unverzüglich" erforderlich, erst durch Gesetz vom 22. Dezember 2005 wurde für die Zeit ab 31. Dezember 2005 eine (insoweit strengere) Dreitagesfrist gesetzlich geregelt. Seit 1. Mai 2007 - mithin auch vorliegend- reicht zur Fristwahrung (insoweit liegt eine Lockerung vor) eine fernmündliche Meldung aus, wenn die persönliche Meldung nach terminlicher Vereinbarung nachgeholt wird. Auf die im relevanten Zeitpunkt bei Kenntnisnahme von der Kündigung des Arbeitsverhältnisses im Juni 2008 gegebene Möglichkeit zur fernmündlichen Meldung vorab konnte die Klägerin also weder durch ein Merkblatt aus dem Jahr 2004 noch durch einen Hinweis aus dem Jahr 2005 hingewiesen worden sein. Auch waren die Rechtsfolgen eines Verstoßes gegen die Verpflichtung zur frühzeitigen Arbeitsuchendmeldung in den Jahren 2004 und 2005 andere im hier maßgeblichen Zeitraum. So sah bis 30. Dezember 2005 die Regelung des § 140 SGB III a.F. eine Minderung des Arbeitslosengeldes für jeden Tag der verspäteten Meldung gestaffelt nach der Höhe des täglichen Bemessungsentgelts vor. Auch das in der Verwaltungsakte befindliche Muster eines Hinweises auf dem Jahr 2005 nennt als Rechtsfolge, dass es "zu einer Verringerung der Höhe Ihres zukünftigen Leistungsanspruches" kommen könne. Erst ab 31. Dezember 2005 wurde als Sanktion der verspäteten Arbeitsuchendmeldung eine Sperrzeitregelung mit einer Minderung der Anspruchsdauer von 7 Tagen getroffen.
Diese Hinweise, die so deutlich von den zur Zeit des möglichen Sperrzeitereignisses geltenden gesetzlichen Regelungen - sowohl hinsichtlich des Inhalts der Obliegenheit als auch der Rechtsfolgen eines Verstoßes - abweichen, sind daher nicht geeignet, die Klägerin zutreffend und hinreichend über ihre Obliegenheit zu informieren. Es ist der Klägerin auch nicht vorwerfbar, dass sie sich nicht z.B. durch Rückfrage bei der Beklagten über diese Obliegenheit kundig gemacht hat. Insbesondere musste sie sich nicht durch das Merkblatt dazu veranlasst sehen.
Zwar kann Kenntnis oder fahrlässige Unkenntnis vorliegen, wenn ein Arbeitsloser auf die Meldeobliegenheiten in einem Bescheid oder in einem Merkblatt der Agentur für Arbeit hingewiesen worden ist (nach Karmanski in Niesel/Brand SGB III, 5. Aufl. § 144 Rn. 117 gilt dies in der Regel) und wurde dies auch schon bei zeitlichen Abständen von 2,5 Jahren bejaht (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 25. Februar 2011 - L 8 AL 5759/09 - unter Bezugnahme auf Karmanski a.a.O.). Der Erhalt des Merkblatts im September 2004 liegt aber 3,5 Jahre und damit zeitlich so weit vor dem möglichen Sperrzeitereignis im Juni 2008, dass es unter Berücksichtigung der persönlichen Einsichts- und Urteilsfähigkeit der Klägerin keine Vorwerfbarkeit zu begründen vermag, dass sie sich nicht mehr an dessen Inhalt betreffend die frühzeitige Arbeitsuchendmeldung erinnert. Überdies hat die Klägerin das Merkblatt anlässlich einer Arbeitslosigkeit nach Beendigung einer Elternzeit und damit nicht in einer vergleichbaren Situation wie der vorliegend streitigen erhalten. Es handelt sich vielmehr vorliegend um die erste Arbeitsuchendmeldung nach Beendigung eines Arbeitsverhältnisses seit Einführung des § 37b SGB III a.F ... Damit kann der Klägerin in der vorliegenden Situation unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls nicht vorgeworfen werden, dass sie die Frist zur frühzeitigen Arbeitsuchendmeldung versäumt hat. Hieran würde sich auch nichts ändern, wenn man davon ausginge, dass die Klägerin im November 2005 einen Leistungsnachweis mit entsprechendem Hinweis erhalten hätte.
Mangels Eintritts einer Sperrzeit tritt auch keine Minderung des Anspruchs auf Arbeitslosengeld ein mit der Folge, dass Arbeitslosengeld entsprechend der ursprünglichen Anspruchsdauer von 240 Tagen zu gewähren ist. Da der Klägerin bereits in der Zeit vom 9. Juli 2008 bis zum 28. Februar 2009 Arbeitslosengeld für 233 Tage gewährt wurde, besteht ein Leistungsanspruch bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen für weitere 7 Tage. Diesen Anspruch kann die Klägerin auch für den Zeitraum vom 1. bis 7. Juli 2008 geltend machen, da - wie oben bereits ausgeführt- die Voraussetzungen für den Anspruch bereits in diesem Zeitraum erfüllt waren.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
Grundsätzliche Bedeutung (Abs. 2 Nr. 1) hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die über den Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist (BSG, Beschluss vom 25. September 2002 - B 7 AL 142/02 B - SozR 3-1500 § 160a Nr. 34 m.w.N.). Vorliegend ist keine solche Rechtsfrage streitig. Denn streitentscheidend ist die Beurteilung der subjektiven Fahrlässigkeit der Klägerin in Bezug auf die Obliegenheit aus der hier noch anwendbaren Regelung des § 37b SGB III a.F., die zwischenzeitlich außer Kraft getreten ist.
Auch ein Fall der Divergenz (Abs. 2 Nr. 2) liegt nicht vor. Insbesondere genügt nicht, dass eine Entscheidung nicht gleichläuft mit einer anderen Entscheidung eines LSG. Divergenz im Sinne von § 160 Abs. 2 Nr. 2 SGG liegt dann vor, wenn das Urteil den Kriterien, die das BSG, der Gemeinsame Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder das Bundesverfassungsgericht aufgestellt hat, widerspricht, also darin andere rechtliche Maßstäbe entwickelt werden. Eine Abweichung von einer Entscheidung z.B. des BSG in diesem Sinne ist dann gegeben, wenn ein abstrakter Rechtssatz aufgestellt wird, der einer zu demselben Gegenstand gemachten und fortbestehenden aktuellen Aussage des BSG entgegensteht und dem Berufungsurteil tragend zugrunde liegt (BSG a.a.O. m.w.N; BSG, Beschluss vom 29. November 1989 - 7 RAr 130/88 - SozR 1500 § 160a Nr. 67). Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht erfüllt; ein Rechtssatz wird nicht aufgestellt, sondern der Einzelfall gewürdigt.
Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten der Klägerin in beiden Rechtszügen.
Tatbestand:
Streitig ist ein Anspruch auf Arbeitslosengeld in der Zeit vom 1. bis 7. Juli 2008, der Eintritt einer Sperrzeit bei verspäteter Arbeitsuchendmeldung und das Ruhen des Anspruchs in diesem Zeitraum sowie eine Minderung der Anspruchsdauer um 7 Tage.
Die 1969 geborene Klägerin bezog in der Vergangenheit mehrfach Leistungen von der Beklagten. U.a. beantragte sie nach Ablauf der Elternzeit zur Erziehung ihres zweiten Kindes am 28. September 2004 Arbeitslosengeld und bestätigte in diesem Zusammenhang mit ihrer Unterschrift, das Merkblatt 1 für Arbeitslose erhalten und von dessen Inhalt Kenntnis genommen zu haben. Die Klägerin hat keine Erinnerung mehr hieran. Das Merkblatt 1 für Arbeitslose enthielt mit Stand April 2004 folgenden Hinweis: "Sie sind verpflichtet, sich unverzüglich, d.h. ohne schuldhaftes Zögern, persönlich bei der Agentur für Arbeit arbeitsuchend zu melden, sobald Sie den Zeitpunkt der Beendigung Ihres Versicherungspflichtverhältnisses kennen. Die Meldepflicht entsteht z.B. bei einem unbefristeten Arbeitsverhältnis unverzüglich nach Zugang der Kündigung oder nach Abschluss eines Aufhebungsvertrages Bitte beachten Sie, dass eine verspätete Meldung in der Regel zu einer Minderung des Arbeitslosengeldes führen kann." Die Klägerin bezog Leistungen bis 11. November 2005.
Ab 1. Oktober 2006 bis 28. Februar 2007 war die Klägerin geringfügig, anschließend bis 30. Juni 2008 in Teilzeit versicherungspflichtig als Bürohilfskraft bei der K. J. GmbH beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis wurde durch den Arbeitgeber aus betriebsbedingten Gründen zum 30. Juni 2008 beendet. Kenntnis davon erlangte die Klägerin durch Erhalt des Kündigungsschreibens am 5. Juni 2008. Das Kündigungsschreiben vom 2. Juni 2008 enthält keinen Hinweis auf die Verpflichtung zur frühzeitigen Arbeitsuchendmeldung.
Die Klägerin meldete sich am 18. Juni 2008 persönlich arbeitsuchend und arbeitslos und beantragte Arbeitslosengeld. Zu den Gründen der späten Arbeitsuchendmeldung befragt gab die Klägerin an, dass sie krank gewesen sei, sie sei wegen der Kündigung psychisch belastet, aber nicht krankgeschrieben gewesen.
Mit Bescheid vom 6. August 2008 stellte die Beklagte für die Zeit vom 1. bis 7. Juli 2008 den Eintritt einer Sperrzeit bei verspäteter Arbeitsuchendmeldung fest. Der Anspruch auf Arbeitslosengeld ruhe in dieser Zeit und mindere sich um 7 Tage. Mit weiterem Bescheid vom 6. August 2008 bewilligte die Beklagte der Klägerin Arbeitslosengeld ab dem 9. Juli 2008. Als Anspruchsdauer gab die Beklagte 240 Kalendertage an, zur Leistung einen täglichen Leistungsbetrag von 16,79 Euro in der Zeit vom 9. Juli 2008 bis 28. Februar 2009 (233 Tage) und unter der Überschrift "Zeiten ohne Leistungen", in der Zeit vom 1. bis 7. Juli 2008 werde der Anspruch um 7 Tage gemindert wegen einer Sperrzeit bei verspäteter Arbeitsuchendmeldung.
Die Klägerin legte Widerspruch gegen beide Bescheide ein mit der Begründung, sie habe die Pflicht zur frühzeitigen Arbeitsuchendmeldung nicht gekannt. Im Kündigungsschreiben sei ein solcher Hinweis nicht enthalten gewesen. Die Anspruchsdauer sei nicht zu mindern, außerdem wende sie sich gegen die Zuordnung der Steuerklasse bei der Bemessung des Anspruchs.
Die Beklagte hielt der Klägerin vor, sie habe bei Beendigung des früheren Leistungszeitraums einen Leistungsnachweis vom 11. November 2005 mit einem Hinweis auf die Pflicht zur frühzeitigen Arbeitsuchendmeldung erhalten. Hierzu verwies die Beklagte auf das Muster einer solchen Mitteilung samt Musterhinweis mit folgendem Wortlaut: "Ab dem 01.07.2003 sind Sie verpflichtet, sich unverzüglich persönlich bei der Agentur für Arbeit arbeitsuchend zu melden, sobald Sie den Zeitpunkt der Beendigung Ihres Versicherungspflichtverhältnisses kennen. Die Meldepflicht entsteht z.B. bei einem unbefristeten Arbeitsverhältnis unverzüglich nach Zugang der Kündigung Bitte beachten Sie, dass eine verspätete Meldung zu einer Verringerung der Höhe Ihres zukünftigen Leistungsanspruches führen kann." Eine Mehrfertigung des konkreten Leistungsnachweises befindet sich nicht in der Verwaltungsakte. Die Klägerin hielt an ihrem Widerspruch fest, Kenntnis von dem Leistungsnachweis habe sie nicht. Mit Widerspruchsbescheid vom 28. August 2008 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin betreffend die Sperrzeit unter Bezugnahme auf den Hinweis im Leistungsnachweis vom 11. November 2005 zurück.
Auf den Widerspruch betreffend die Zuordnung der Steuerklasse hob die Beklagte mit Bescheid vom 10. November 2008 den Bewilligungsbescheid vom 6. August 2008 auf und bewilligte mit Änderungsbescheid vom 11. November 2008 Arbeitslosengeld ab 9. Juli 2008 unter Zugrundelegung der Steuerklasse III, im Übrigen unverändert gegenüber dem Bescheid vom 6. August 2008.
Am 3. September 2008 hat die Klägerin Klage zum Sozialgericht Mannheim (SG) erhoben. Zur Begründung hat sie im Wesentlichen vorgetragen, sie habe die Pflicht, sich frühzeitig arbeitsuchend zu melden, nicht gekannt und ihre Unkenntnis könne man ihr nicht vorwerfen. Das Kündigungsschreiben enthalte keinen Hinweis. Sie sei davon ausgegangen, dass sie sich bis zum 30. Juni 2008 bei der Beklagten melden könne. Die Beklagte könne sich nicht auf einen Hinweis in einem Leistungsnachweis vom 11. November 2005 berufen. Sie könne sich nicht erinnern, einen solchen bekommen zu haben. Insoweit enthalte die Verwaltungsakte auch nur ein Muster, aber keine Mehrfertigung des Schreibens. Selbst wenn der Hinweis ergangen wäre, lägen zwischen diesem und dem Zeitpunkt der Kenntnis der Beendigung des Arbeitsverhältnisses im Juni 2008 mehr als 2,5 Jahre. Im Übrigen müsse ein Arbeitsloser, dem ein Leistungsnachweis zugesandt werde, nicht damit rechnen, dass diesem Leistungsnachweis nach der letzten Seite weitergehende Hinweise beigefügt seien, die mit dem Zweck der Übersendung nichts zu tun hätten. Auch entspreche der damalige Hinweis nicht der im Juni 2008 geltenden Gesetzesfassung. Er enthalte noch keinen Hinweis auf eine Sperrzeit und konkretisiere die Frühzeitigkeit der Meldung nicht mit einer Dreitagesfrist, sondern fordere nur eine unverzügliche Arbeitsuchendmeldung. Dies könnte auch dahingehend verstanden werden, dass ein Rahmen von zwei Wochen noch ausreichend sei, mithin eine Meldung 13 Tage nach Kenntnis der Kündigung wie vorliegend nicht verspätet sei. Die Rechtsfolgenbelehrung im Musterhinweis sei auch nicht mehr zutreffend, weil sich zwischenzeitlich das Gesetz geändert habe, außerdem sei die Rechtsfolge nicht eindeutig beschrieben.
Die Beklagte hat vorgetragen, seit Inkrafttreten des § 37b SGB III am 1. Juli 2003 seien alle Aufhebungsbescheide und Leistungsnachweise mit einem Hinweis versehen. Wenn die Klägerin dies nicht zur Kenntnis nehme, gingen die Folgen zu ihren Lasten. Der Nachweis vom 11. November sei nach den EDV-Unterlagen ausgedruckt und übersandt worden, ein Rücklauf sei nicht erfolgt.
Die Klägerin hat Arbeitslosengeld vom 9. Juli 2009 bis 28. Februar 2009 (233 Tage), anschließend Leistungen nach dem SGB II bezogen.
Im Rahmen der mündlichen Verhandlung vom 24. April 2009 hat das SG darauf hingewiesen, dass die Klägerin bei ihrer Arbeitslosmeldung im September 2004 ein Merkblatt mit Hinweisen zur unverzüglichen Arbeitsuchendmeldung erhalten habe. Durch Urteil vom 24. April 2009 hat das SG die Klage abgewiesen. Die Klägerin habe sich versicherungswidrig verhalten, weil sie der ihr obliegenden Meldepflicht nach § 38 Abs. 1 Satz 1 und 2 SGB III nicht rechtzeitig nachgekommen sei. Sie habe durch Übergabe des Kündigungsschreibens von der Beendigung des Arbeitsverhältnisses erfahren, sich aber nicht innerhalb von drei Tagen danach arbeitsuchend gemeldet und damit objektiv gegen ihre Pflicht verstoßen. Der Verstoß sei auch subjektiv vorwerfbar. Falls die Klägerin nicht über die Meldepflicht orientiert gewesen sei, wäre diese Unkenntnis zumindest auf leichte Fahrlässigkeit zurückzuführen. Dahingestellt bleiben könne, ob die Zusendung eines Leistungsnachweises mit einem Hinweis auf die Meldepflicht tatsächlich ausreiche, um den Vorwurf der Fahrlässigkeit zu begründen. Hieran habe das SG erhebliche Zweifel, da Arbeitslose im Rahmen der Übersendung eines Leistungsnachweises nicht ohne Weiteres mit Hinweisen auf davon völlig unabhängig bestehende Pflichten, die erst in völlig anderen Lebenssachverhalten zum Tragen kommen würden, rechnen müssten. Die Klägerin habe jedenfalls anlässlich ihrer Antragstellung am 28. September 2004 das Merkblatt 1 für Arbeitslose erhalten. Sie habe die Entgegennahme und die Kenntnisnahme vom Inhalt durch ihre Unterschrift bestätigt. Darin sei auch der Hinweis auf die bestehende Meldepflicht enthalten. Wenn die Klägerin dieses Merkblatt nicht gelesen habe, habe sie allein dadurch fahrlässig gehandelt. Wenn sie es mit der notwendigen Aufmerksamkeit gelesen habe, habe sie auch Kenntnis von der Meldepflicht gehabt. Diese seit unter Punkt 1.7 des Merkblatts enthalten. Daher sei unerheblich, dass in der Kündigung nicht nochmals gesondert darauf hingewiesen worden sei. Eine rechtzeitige Meldung sei subjektiv und objektiv möglich gewesen. Zwar habe die Klägerin als Grund Krankheit angegeben, dies aber nicht näher belegt oder begründet. Darüber hinaus sei auch nicht ersichtlich, dass der Klägerin nicht wenigstens eine bloße telefonische Anzeige im Sinne des § 38 Abs. 1 Satz 3 SGB III möglich gewesen wäre. Eine solche würde nur bei einer ganz erheblichen Erkrankung objektiv unmöglich sein. Insoweit lägen aber keine greifbaren Anhaltspunkte vor. Einen wichtigen Grund für ihr Verhalten habe die Klägerin auch nicht. Die Entscheidungsgründe schließen mit dem Hinweis, da der Wert des Streitgegenstandes die Summe von 750 Euro nicht erreiche und Leistungen lediglich für 7 Tage im Streit stünden, sei die Berufung gegen das Urteil nicht zulässig.
Gegen das ihr am 18. Mai 2009 zugestellte Urteil des SG hat die Klägerin am 2. Juni 2009 Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt (L 12 AL 2476/09 NZB). Sie hat einen Verfahrensfehler geltend gemacht; da das SG erst in der mündlichen Verhandlung, an der sie - da ihr Erscheinen freigestellt war- nicht persönlich teilgenommen habe, auf den Erhalt des Merkblatts und dessen Inhalt hingewiesen habe, liege ein Verstoß gegen das Gebot des fairen Verfahrens vor. Ferner habe die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung. Nach Zulassung der Berufung durch Beschluss des Senats vom 13. Juli 2010 wird das Verfahren als Berufungsverfahren fortgeführt.
Die Klägerin trägt vor, die Belehrungen des Merkblatts aus dem Jahr 2004 seien ebenso wenig wie der angebliche Hinweis durch den Leistungsnachweis vom November 2005 geeignet, eine Sperrzeit zu rechtfertigen. Die Anforderungen zur Meldepflicht seien aufgrund zwischenzeitlicher gesetzlicher Änderungen völlig geändert, ebenso die Rechtsfolgen bei einer Verletzung der Meldepflicht. Die Dreitagesfrist sei 2004 noch gar nicht eingeführt gewesen, auch noch kein Ruhen des Anspruchs. Außerdem sei das Augenmerk nach erfolgter Antragstellung nicht mehr darauf gerichtet, welche weiteren völlig unabhängig bestehenden Verpflichtungen es noch gebe, die erst nach völlig anderen Lebenssachverhalten zum Tragen kommen könnten. Die damals geltende Regelung, sich unverzüglich zu melden, sei von der Verwaltungspraxis der Beklagten damals so ausgelegt worden, dass sie aus Kulanzgründen eine Arbeitsuchendmeldung am siebten Tag nach Kenntniserlangung noch ausreichen habe lassen. Das BSG habe darauf hingewiesen, dass dem nicht gefolgt werden könne. Dies zeige aber, dass die damals geltende Regelung mit der Verpflichtung zur "unverzüglichen" Meldung weiter und günstiger gewesen sei als die nun angewandte Dreitagesfrist. Die Anwendung der neuen Regelung verstoße gegen das Rückwirkungsverbot.
Die Klägerin beantragt,
unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts Mannheim vom 24. April 2010 (S 2 AL 2938/08) sowie der Bescheide der Beklagten vom 6. August 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. August 2008 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 11. November 2008 die Beklagte zu verurteilen, ihr für die Zeit vom 1. bis 7. Juli 2008 Arbeitslosengeld zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen, hilfsweise die Revision zuzulassen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Die Auffassung, der Klägerin sei Fahrlässigkeit vorzuwerfen, sieht sie durch das Urteil des LSG Baden-Württemberg vom 25. Februar 2011 - L 8 AL 5759/09 - bestätigt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligen wird auf den Inhalt der Gerichtsakten beider Rechtszüge sowie der Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Klägerin ist nach deren Zulassung durch Beschluss des Senats vom 13. Juli 2010 zulässig. Sie ist auch begründet. Die Klägerin hat auch in der Zeit vom 1. bis 7. Juli 2008 Anspruch auf Arbeitslosengeld. Eine Sperrzeit bei verspäteter Arbeitsuchendmeldung ist nicht eingetreten, der Anspruch ruht nicht in der Zeit vom 1. bis 7. Juli 2008 und die Anspruchsdauer mindert sich nicht um 7 Tage.
Gegenstand des Verfahrens ist neben dem Sperrzeitbescheid vom 6. August 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28. August 2008 auch der Bewilligungsbescheid vom 6. August 2008, aufgehoben bzw. abgeändert durch Bescheide vom 10. und 11. November 2008 , mit dem die Beklagte Arbeitslosengeld (erst) ab dem 9. Juli 2008 bis zum 28. Februar 2009 gewährt hat. Insoweit bilden die Bescheide eine Einheit (vgl. Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 5. August 1999 - B 7 AL 14/99 R - BSGE 84,225; Urteil vom 16. September 1999 - B7 AL 32/98 R - BSGE 84,270; Urteil vom 14. September 2010 - B 7 AL 33/09 R - SozR 4-4300 § 144 Nr. 21).
Die genannten Bescheide der Beklagten stellen sich im oben genannten Umfang rechtswidrig dar und verletzen die Klägerin in ihren Rechten.
Nach § 117 Abs. 1 Nr. 1, 118 SGB III haben Anspruch auf Arbeitslosengeld bei Arbeitslosigkeit Arbeitnehmer, die arbeitslos sind, sich bei der Agentur für Arbeit arbeitslos gemeldet haben und die Anwartschaftszeit erfüllt haben. Diese Voraussetzungen erfüllt die Klägerin auch in der Zeit vom 1. bis 7. Juli 2008. Insbesondere erfolgte die persönliche Arbeitslosmeldung nicht erst am 9. Juli 2008, sondern bereits bei der persönlichen Vorsprache am 18. Juni 2008. Dies ergibt sich zur Überzeugung des Senats aus den vom Beklagtenvertreter im Rahmen der mündlichen Verhandlung vorgelegten Vermerken über die Kontakte zwischen der Klägern und der Agentur für Arbeit im Juni 2008. Darin ist eine persönliche Vorsprache der Klägerin in der Eingangszone am 18. Juni 2008 festgehalten, auch im Bescheid vom 6. August 2008 wird auf die persönliche Meldung am 18. Juni 2008 Bezug genommen.
Der Anspruch auf Arbeitslosengeld ruht auch nicht in der Zeit vom 1. bis 7. Juli 2008.
Gemäß § 144 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Nr. 7, Abs. 6 SGB III (in der hier maßgebenden Fassung des Gesetzes vom 22. Dezember 2005, BGBl. I S. 3676) ruht der Anspruch auf Arbeitslosengeld für die Dauer einer einwöchigen Sperrzeit, wenn sich der Arbeitnehmer versicherungswidrig verhalten hat, indem er seiner Meldepflicht nach § 37b SGB III nicht nachgekommen ist, ohne dafür einen wichtigen Grund zu haben (Sperrzeit bei verspäteter Arbeitsuchendmeldung). Der Anspruch auf Arbeitslosengeld mindert sich nach § 128 Abs. 1 Nr. 3 SGB III um die Anzahl der Tage einer Sperrzeit bei verspäteter Arbeitsuchendmeldung.
Nach § 37b SGB III (in der hier maßgebenden Fassung vom 19. April 2007, BGBl. I S. 538, im Folgenden: Fassung 2007) sind Personen, deren Arbeitsverhältnis endet, verpflichtet, sich spätestens drei Monate vor dessen Beendigung persönlich bei der Agentur für Arbeit arbeitsuchend zu melden, Satz 1. Wenn zwischen der Kenntnis des Beendigungszeitpunkts und der Beendigung des Arbeitsverhältnisses- wie vorliegend - weniger als drei Monate liegen, hat die Meldung innerhalb von drei Tagen nach Kenntnis des Beendigungszeitpunkts zu erfolgen, Satz 2. Zur Wahrung dieser Frist reicht eine fernmündliche Meldung aus, wenn die persönliche Meldung nach terminlicher Vereinbarung nachgeholt wird, Satz 3.
Die Klägerin hat objektiv gegen die ihr nach § 37b SGB III Fassung 2007 obliegende Pflicht zur frühzeitigen Meldung als arbeitsuchend verstoßen. Da die Klägerin die Kündigung des Arbeitgebers vom 2. Juni 2008 zum 30. Juni 2008 am 5. Juni 2008 erhalten hat, lagen zwischen der Kenntnis von der Beendigung des Arbeitsverhältnisses und dem Zeitpunkt der Beendigung weniger als drei Monate, so dass die Meldung innerhalb der Dreitagesfrist des Satzes 2 zu erfolgen hatte. Diese Frist hat die Klägerin nicht eingehalten. Sie hat sich erst am 18. Juni 2008 und damit verspätet arbeitsuchend gemeldet.
Eine Sperrzeit ist gleichwohl nicht eingetreten. Denn die Klägerin hatte einen wichtigen Grund im Sinne des § 144 Abs. 1 Satz 1 SGB III für die verspätete Arbeitsuchendmeldung. Ein wichtiger Grund ist nach ständiger Rechtsprechung des BSG anzunehmen, wenn dem Arbeitslosen unter Berücksichtigung des Einzelfalles und unter Abwägung seiner Interessen mit denen der Versichertengemeinschaft ein anderes Verhalten nicht zugemutet werden konnte (siehe z.B. BSG, Urteil vom 21. Juli 2009 - B 7 AL 6/08 R - BSGE 104, 90). Dies ist bei der verspäteten Arbeitsuchendmeldung der Fall, wenn die Meldung unmöglich oder unzumutbar war. Die Sperrzeit greift eine Obliegenheitsverletzung des Versicherten auf und setzt ein subjektiv vorwerfbares Verhalten im Sinne einer mindestens leichten Fahrlässigkeit nach einem subjektiven Fahrlässigkeitsmaßstab voraus. Auch nachdem gegenüber den früheren Fassungen des § 37b SGB III das Merkmal "unverzüglich" im Wortlaut entfallen ist, sind nur vorwerfbare und damit schuldhafte Meldeversäumnisse sperrzeitbewehrt (Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg, Urteil vom 21. August 2008 - L 7 AL 3358/08 - info also 2009, 24). Die Frage der Vorwerfbarkeit ist allerdings nicht mehr eine solche des Tatbestandes, sondern im Rahmen der Frage zu klären, ob der Arbeitslose sich auf einen wichtigen Grund im Sinne des § 144 Abs. 1 Satz 1 SGB III für die verspätete Arbeitsuchendmeldung berufen kann (BSG, Urteil vom 25. August 2011 - B 11 AL 30/10 R- Rn. 21, juris, m.w.N.; a.A. zur Verortung dieser Prüfung LSG Baden-Württemberg a.a.O., Karmanski in Niesel/Brand SGB III, 5. Aufl. 2010, § 144 Rn. 117). Dabei genügt leichte Fahrlässigkeit, wobei von einem subjektiven Fahrlässigkeitsbegriff auszugehen ist (BSG, Urteil vom 25. August 2011, a.a.O), d.h. es kommt auf die persönliche Kritikfähigkeit, das Einsichtsvermögen des Arbeitslosen sowie die besonderen Umstände des Einzelfalles an (BSG zur früheren Fassung von 37b SGB III, Urteil vom 25. Mai 2005 - B 11a/11 AL 81/04 - juris). Dem Leistungsberechtigten kann eine Obliegenheitsverletzung mit nachteiligen Auswirkungen auf seinen Leistungsanspruch nur vorgeworfen werden, wenn er die Regelung zur frühzeitigen Arbeitsuchendmeldung kannte oder hätte kennen müssen. Mangelnde Belehrung durch den Arbeitgeber oder die Agentur für Arbeit schließt die Sperrzeit nicht automatisch aus. Denn ein Verschulden kann auch vorliegen, wenn der Arbeitslose seine Meldepflicht aus anderen Quellen kennt (BSG, Urteil vom 28. August 2007 - B7/7a AL 56/06 R - SozR 4-4300 § 37b Nr. 5). Es besteht keine Pflicht der Beklagten zur individuellen Belehrung über die Notwendigkeit einer frühzeitigen Arbeitsuche. Auch die an die Stelle der Belehrung durch die Agentur für Arbeit tretende Information durch den Arbeitgeber, § 2 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 SGB III, ist keine objektive Voraussetzung für den Obliegenheitsverstoß. Ob hinreichende und zutreffende Hinweise des Arbeitgebers oder der Agentur für Arbeit erfolgt sind, findet aber Berücksichtigung bei der Frage, ob der Arbeitslose subjektiv vorwerfbar seine Obliegenheit nicht kannte (BSG a.a.O.). Inhaltlich darf sich eine Rechtsfolgenbelehrung nicht auf eine bloß formelhafte Wiederholung des Gesetzestextes beschränken. Vielmehr muss sie konkret, richtig sowie vollständig sein und dem Arbeitslosen in verständlicher Form zutreffend erläutern, welche unmittelbaren und konkreten Auswirkungen aus dem versicherungswidrigen Verhalten resultieren (vgl. BSG 11a. Senat, Urteil vom 17. Oktober 2007 - B 11a/7a AL 44/06 R - juris, m.w.N.).
Vorliegend hatte die Klägerin nach ihren glaubhaften Angaben keine Kenntnis von ihrer Obliegenheit zur frühzeitigen Arbeitsuchendmeldung. Entgegen der Auffassung der Beklagten und des SG ist diese Unkenntnis der Klägerin nicht vorwerfbar, steht ihr mithin ein wichtiger Grund zur Seite und ist damit die Nichteinhaltung der Meldepflicht nicht sperrzeitauslösend.
Im Kündigungsschreiben des Arbeitgebers ist kein Hinweis auf die Meldepflicht enthalten. Die Klägerin war auch nicht aus anderen Quellen zutreffend und hinreichend über ihre Obliegenheit und die Rechtsfolgen eines Verstoßes dagegen informiert oder zumindest veranlasst, sich näher zu dieser Obliegenheit zu erkundigen.
Zwar hat die Klägerin ausweislich der Verwaltungsakte bzw. dem Vortrag der Beklagten Informationen zur Pflicht zur frühzeitigen Meldung sowohl im Merkblatt 1 für Arbeitslose bei einer früheren Arbeitslosmeldung im September 2004 als auch als Hinweis zum Leistungsnachweis über das Ende des früheren Arbeitslosengeldbezuges im November 2005 erhalten. Es bestehen auch keine Zweifel daran, dass die Klägerin bei ihrer Arbeitslosmeldung im September 2004 ein Merkblatt 1 für Arbeitslose erhalten hat. Allerdings können darin Informationen zur frühzeitigen Arbeitsuchendmeldung nur auf Basis der damals geltenden oder bereits absehbaren gesetzlichen Regelungen enthalten gewesen sein. Im Merkblatt 1 mit Stand April 2004 sind lediglich unter Punkt 1.7 Ausführungen zur Arbeitsuchendmeldung auf Basis der damaligen Gesetzesfassung - als Inhalt der Obliegenheit die unverzügliche persönliche Meldung und als Rechtsfolge eines Verstoßes die Minderung der Anspruchshöhe - enthalten. Davon, dass die Klägerin anlässlich der Beendigung des früheren Arbeitslosengeldbezugs im November 2005 mit dem Leistungsnachweis einen Hinweis auf die Pflicht zur frühzeitigen Arbeitsuchendmeldung erhalten hat, konnte der Senat sich hingegen nicht überzeugen. Der Klägerin ist nicht mehr erinnerlich, überhaupt einen solchen Nachweis erhalten zu haben und schon gar nicht, ob diesem ein Hinweis angefügt war. Die Beklagte kann den konkreten Inhalt des Schreibens nicht mehr reproduzieren und weder Absendung noch Zugang belegen. Selbst wenn ein solcher Hinweis ergangen wäre, kann auch dieser nur auf Basis der damals geltenden oder bereits absehbaren gesetzlichen Regelungen erfolgt sein. Der von der Beklagten vorgelegte Musterhinweis ist noch auf dem gleichen Stand wie das Merkblatt 2004.
Gegenüber der Fassung des § 37b SGB III, die vom 1. Januar 2004 bis 30. Dezember 2005 galt, stellt sich aber die vorliegend maßgebliche Fassung 2007 deutlich anders dar. In den Jahren 2004 und 2005 war noch eine Meldung "unverzüglich" erforderlich, erst durch Gesetz vom 22. Dezember 2005 wurde für die Zeit ab 31. Dezember 2005 eine (insoweit strengere) Dreitagesfrist gesetzlich geregelt. Seit 1. Mai 2007 - mithin auch vorliegend- reicht zur Fristwahrung (insoweit liegt eine Lockerung vor) eine fernmündliche Meldung aus, wenn die persönliche Meldung nach terminlicher Vereinbarung nachgeholt wird. Auf die im relevanten Zeitpunkt bei Kenntnisnahme von der Kündigung des Arbeitsverhältnisses im Juni 2008 gegebene Möglichkeit zur fernmündlichen Meldung vorab konnte die Klägerin also weder durch ein Merkblatt aus dem Jahr 2004 noch durch einen Hinweis aus dem Jahr 2005 hingewiesen worden sein. Auch waren die Rechtsfolgen eines Verstoßes gegen die Verpflichtung zur frühzeitigen Arbeitsuchendmeldung in den Jahren 2004 und 2005 andere im hier maßgeblichen Zeitraum. So sah bis 30. Dezember 2005 die Regelung des § 140 SGB III a.F. eine Minderung des Arbeitslosengeldes für jeden Tag der verspäteten Meldung gestaffelt nach der Höhe des täglichen Bemessungsentgelts vor. Auch das in der Verwaltungsakte befindliche Muster eines Hinweises auf dem Jahr 2005 nennt als Rechtsfolge, dass es "zu einer Verringerung der Höhe Ihres zukünftigen Leistungsanspruches" kommen könne. Erst ab 31. Dezember 2005 wurde als Sanktion der verspäteten Arbeitsuchendmeldung eine Sperrzeitregelung mit einer Minderung der Anspruchsdauer von 7 Tagen getroffen.
Diese Hinweise, die so deutlich von den zur Zeit des möglichen Sperrzeitereignisses geltenden gesetzlichen Regelungen - sowohl hinsichtlich des Inhalts der Obliegenheit als auch der Rechtsfolgen eines Verstoßes - abweichen, sind daher nicht geeignet, die Klägerin zutreffend und hinreichend über ihre Obliegenheit zu informieren. Es ist der Klägerin auch nicht vorwerfbar, dass sie sich nicht z.B. durch Rückfrage bei der Beklagten über diese Obliegenheit kundig gemacht hat. Insbesondere musste sie sich nicht durch das Merkblatt dazu veranlasst sehen.
Zwar kann Kenntnis oder fahrlässige Unkenntnis vorliegen, wenn ein Arbeitsloser auf die Meldeobliegenheiten in einem Bescheid oder in einem Merkblatt der Agentur für Arbeit hingewiesen worden ist (nach Karmanski in Niesel/Brand SGB III, 5. Aufl. § 144 Rn. 117 gilt dies in der Regel) und wurde dies auch schon bei zeitlichen Abständen von 2,5 Jahren bejaht (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 25. Februar 2011 - L 8 AL 5759/09 - unter Bezugnahme auf Karmanski a.a.O.). Der Erhalt des Merkblatts im September 2004 liegt aber 3,5 Jahre und damit zeitlich so weit vor dem möglichen Sperrzeitereignis im Juni 2008, dass es unter Berücksichtigung der persönlichen Einsichts- und Urteilsfähigkeit der Klägerin keine Vorwerfbarkeit zu begründen vermag, dass sie sich nicht mehr an dessen Inhalt betreffend die frühzeitige Arbeitsuchendmeldung erinnert. Überdies hat die Klägerin das Merkblatt anlässlich einer Arbeitslosigkeit nach Beendigung einer Elternzeit und damit nicht in einer vergleichbaren Situation wie der vorliegend streitigen erhalten. Es handelt sich vielmehr vorliegend um die erste Arbeitsuchendmeldung nach Beendigung eines Arbeitsverhältnisses seit Einführung des § 37b SGB III a.F ... Damit kann der Klägerin in der vorliegenden Situation unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls nicht vorgeworfen werden, dass sie die Frist zur frühzeitigen Arbeitsuchendmeldung versäumt hat. Hieran würde sich auch nichts ändern, wenn man davon ausginge, dass die Klägerin im November 2005 einen Leistungsnachweis mit entsprechendem Hinweis erhalten hätte.
Mangels Eintritts einer Sperrzeit tritt auch keine Minderung des Anspruchs auf Arbeitslosengeld ein mit der Folge, dass Arbeitslosengeld entsprechend der ursprünglichen Anspruchsdauer von 240 Tagen zu gewähren ist. Da der Klägerin bereits in der Zeit vom 9. Juli 2008 bis zum 28. Februar 2009 Arbeitslosengeld für 233 Tage gewährt wurde, besteht ein Leistungsanspruch bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen für weitere 7 Tage. Diesen Anspruch kann die Klägerin auch für den Zeitraum vom 1. bis 7. Juli 2008 geltend machen, da - wie oben bereits ausgeführt- die Voraussetzungen für den Anspruch bereits in diesem Zeitraum erfüllt waren.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
Grundsätzliche Bedeutung (Abs. 2 Nr. 1) hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die über den Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist (BSG, Beschluss vom 25. September 2002 - B 7 AL 142/02 B - SozR 3-1500 § 160a Nr. 34 m.w.N.). Vorliegend ist keine solche Rechtsfrage streitig. Denn streitentscheidend ist die Beurteilung der subjektiven Fahrlässigkeit der Klägerin in Bezug auf die Obliegenheit aus der hier noch anwendbaren Regelung des § 37b SGB III a.F., die zwischenzeitlich außer Kraft getreten ist.
Auch ein Fall der Divergenz (Abs. 2 Nr. 2) liegt nicht vor. Insbesondere genügt nicht, dass eine Entscheidung nicht gleichläuft mit einer anderen Entscheidung eines LSG. Divergenz im Sinne von § 160 Abs. 2 Nr. 2 SGG liegt dann vor, wenn das Urteil den Kriterien, die das BSG, der Gemeinsame Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder das Bundesverfassungsgericht aufgestellt hat, widerspricht, also darin andere rechtliche Maßstäbe entwickelt werden. Eine Abweichung von einer Entscheidung z.B. des BSG in diesem Sinne ist dann gegeben, wenn ein abstrakter Rechtssatz aufgestellt wird, der einer zu demselben Gegenstand gemachten und fortbestehenden aktuellen Aussage des BSG entgegensteht und dem Berufungsurteil tragend zugrunde liegt (BSG a.a.O. m.w.N; BSG, Beschluss vom 29. November 1989 - 7 RAr 130/88 - SozR 1500 § 160a Nr. 67). Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht erfüllt; ein Rechtssatz wird nicht aufgestellt, sondern der Einzelfall gewürdigt.
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