L 19 RJ 3/02

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
19
1. Instanz
SG Bayreuth (FSB)
Aktenzeichen
S 9 RJ 11/98
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 19 RJ 3/02
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Bayreuth vom 29.10.2001 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die Erstattung des Arbeitnehmeranteils der zur gesetzlichen Rentenversicherung entrichteten Beiträge streitig.

Der 1930 geborene Kläger ist türkischer Staatsangehöriger mit Wohnsitz in der Türkei. Er hat in Deutschland vom 31.08.1966 bis 23.01.1974 versicherungspflichtig gearbeitet. Nach den Unterlagen der Beklagten erstattete ihm die LVA Schwaben auf seinen Antrag vom 19.02.1976 mit Bescheid vom 14.09.1977 die in Deutschland entrichteten Beiträge in Höhe von 5.208,40 DM in die Türkei.

Am 08.05.1997 beantragte der Kläger erneut die Erstattung seiner Beiträge, weil er diese bisher nicht erhalten habe. Diesen Antrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 03.07.1997 und Widerspruchsbescheid vom 10.11.1997 mit der Begründung ab, die Beiträge seien dem Kläger bereits mit Bescheid vom 14.09.1977 erstattet worden seien.

Das Sozialgericht Bayreuth (SG) hat im Klageverfahren die Unterlagen der LVA Schwaben beigezogen und die Klage mit Gerichtsbescheid vom 29.10.2001 abgewiesen: Nach Aktenlage bestünden keine Zweifel, dass eine wirksame Beitragserstattung bereits durch die LVA Schwaben durchgeführt worden sei. Den Erstattungsbescheid habe der Kläger ausweislich des in der Beklagtenakte befindlichen Rückscheins erhalten. Durch die Zahlung von 5.208,40 DM mittels Zahlungsauftrag an die Post sei die Leistung auch bewirkt worden, weshalb das Schuldverhältnis erloschen sei. Für die Auszahlung des Erstattungsbetrages an den Kläger spreche nach dem Beweis des ersten Anscheins eine tatsächliche Vermutung. Es lägen auch keine Anhaltspunkte vor, die dieser Vermutung widersprechen.

Dagegen richtet sich die am 02.01.2002 vom Kläger eingelegte Berufung, mit der er geltend macht, er sei ganz sicher, den Erstattungsbetrag nicht erhalten zu haben. Eine Zustellung der angeblichen Briefsendung mit dem Erstattungsbescheid sei nicht erfolgt. Einen solchen Bescheid habe er nie erhalten. Deshalb sei es auch logisch, dass ihm der behauptete Erstattungsbetrag in Höhe von 5.208,40 DM nicht ausgezahlt worden sei.

Der Kläger, für den in der mündlichen Verhandlung niemand erschienen ist, beantragt sinngemäß,

den Gerichtsbescheid des SG Bayreuth vom 29.10.2001 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 03.07.1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.11.1997 zu verurteilen, die von ihm zur deutschen Rentenversicherung der Arbeiter und zur Bundesknappschaft entrichteten Beiträge in Höhe von 5.208,40 DM zu erstatten.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des SG Bayreuth vom 29.10.2001 zurückzuweisen.

Sie hält die Entscheidung des SG für zutreffend.

Zur Ergänzung des Tatbestands wird auf die beigezogenen Unterlagen der Beklagten und die Streitakten erster und zweiter Instanz verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers ist form- und fristgerecht eingelegt (§§ 143, 151 Sozialgerichtsgesetz = SGG) und auch im Übrigen zulässig (§ 144 SGG).

Das Rechtsmittel erweist sich jedoch als unbegründet. Das SG hat im angefochtenen Gerichtsbescheid vom 29.10.2001 in rechtlich nicht zu beanstandender Weise festgestellt, dass der Kläger gegen die Beklagte keinen Anspruch auf (nochmalige) Beitragserstattung hat.

Wie das SG im angefochtenen Gerichtsbescheid zutreffend ausgeführt hat, sind nach den von ihm durchgeführten Ermittlungen und den vorliegenden Unterlagen der LVA Schwaben die Arbeitnehmeranteile der für die Zeit vom 31.08.1966 bis 23.01.1974 entrichteten Beiträge von der LVA Schwaben mit Bescheid vom 14.09.1977 erstattet und der Erstattungsbetrag in Höhe von 5.208,40 DM an den Kläger in die Türkei überwiesen worden. Aufgrund der Beitragserstattung ist das Versicherungsverhältnis erloschen (§ 210 Abs 6 Satz 2 SGB VI) mit der Folge, dass weitere Ansprüche aus den vom Kläger in Deutschland zurückgelegten Versicherungszeiten ausgeschlossen sind.

Zwar handelt es sich bei den von einem Rentenversicherungsträger zu erbringenden Sozialleistungen, zu denen auch Beitragserstattungen gehören (vgl § 11 Abs 1 SGB I und § 1235 RVO in der bis zum 31.12.1992 geltenden Fassung) grundsätzlich um Holschulden. Die Rentenversicherungsträger sind jedoch zulässigerweise von Anfang an dazu übergegangen, die Leistungen durch die Post auszahlen zu lassen. Dadurch wurde die Holschuld zu einer Bringschuld, die am Wohnort des Berechtigten zu erfüllen ist (vgl § 270 Abs 1 BGB). Dies gilt auch, wenn das Geld unbar auf ein Konto des Versicherten eingezahlt wurde. Der Rentenversicherungsträger kann sich in solchen Fällen auf die Erfüllungswirkung des § 362 Abs 1 BGB berufen, wenn ihm der Nachweis gelingt, dass der Erstattungsbetrag über die Rentenrechnungsstelle der Post an den Kläger ausgezahlt worden ist. Dies ist hier der Fall.

Der Senat stimmt im Anschluss an das Urteil des LSG Nordrhein-Westfalen vom 17.02.1997 (Die Sozialversicherung 10/97 Seite 279 ff) der Auffassung des SG im angefochtenen Gerichtsbescheid zu, wonach der Beweis des ersten Anscheins auch für die Wirksamkeit von Beitragserstattungen nach dem Rentenversicherungsrecht gilt, wenn ein typischer Geschehensablauf vorliegt, die Erstattung in einem Verzeichnis vermerkt ist, der Zahlungsauftrag an die Post übermittelt wurde und sich der Berechtigte trotz der behaupteten Nichtauszahlung jahrelang (vorliegend fast 20 Jahre) nicht nach der Erledigung seines Erstattungsantrags erkundigt hat. Der Senat sieht deshalb gemäß § 153 Abs 2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab und verweist statt dessen auf die zutreffenden Gründe des angefochtenen Gerichtsbescheides. Die Berufung des Klägers ist daher zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs 2 Nrn 1 und 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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