Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 1 U 3564/09
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 1 U 2158/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 21.04.2011 wird zurückgewiesen.
2. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Erhöhung einer Verletztenrente aufgrund einer von der Beklagten anerkannten Berufskrankheit (BK) nach der Nr. 2108 der Anlage 1 zur Berufskrankheitenverordnung (BKV) im Streit.
Die 1947 geborene Klägerin war seit 1966 mit Unterbrechungen zunächst als Krankenpflegeschülerin und als Stations- und Krankenschwester beschäftigt. Seit Dezember 2001 erhält sie von der Deutschen Rentenversicherung (DRV) Rente wegen voller Erwerbsminderung. Aufgrund Antrags der Klägerin vom November 2001 anerkannte die Beklagte mit Bescheid vom 25.03.2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 29.07.2004 das Vorliegen einer BK nach der Nr. 2108 der Anlage 1 zur BKV mit den Erkrankungen "nach knöchern fest verheilter operativer Spondylodese (Versteifung) der Lendenwirbelsäule L2 bis L5: erhebliche Funktions-, Bewegungseinschränkung und Belastungsschmerzen der Lendenwirbelsäule, Kraftminderung des linken Fußes, leichte Sensibilitätsstörung im Dermatom L5 und Restbeschwerden an der linken Beinaußenseite". Zugrunde lag u.a. das Gutachten von Prof. Dr. H. vom 26.05.2003.Die Beklagte gewährte der Klägerin deswegen ab dem 12.07.2002 eine Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 30 vom Hundert (v.H.).
Mit Urteil vom 20.07.2005 des Sozialgerichts Karlsruhe (SG; S 15 U 3741/04) wurde die Beklagte unter Abänderung ihrer Bescheide verurteilt, der Klägerin Verletztenrente ab dem 12.07.2002 nach einer MdE um 50 v.H. zu gewähren, was die Beklagte mit Ausführungsbescheid vom 22.09.2005 umsetzte.
Am 15.05.2006 wurde im Universitätsklinikum Freiburg die Entfernung des Osteosynthesematerials in den Segmenten L2 bis L4 vorgenommen sowie wegen einer Dekompensation des Segments L5/S1 eine dorsale Spondylodese mit spongioser Entnahme und spongioser Transplantation durchgeführt. Die Klägerin befand sich anschließend in einer stationären medizinischen Reha-Maßnahme in den M.Kliniken B. K. vom 22.05. bis 11.06.2006.
Der Beratungsarzt Dr. K. vertrat am 17.11.2006 die Auffassung, dass weiterhin eine BK-bedingte MdE um 50 v.H. vorliege.
Am 22.12.2006 beantragte der Bevollmächtigte der Klägerin wegen einer Verstärkung der BK-bedingten Schmerzen eine Erhöhung der Verletztenrente.
Der Neurologe und Psychiater Dr. B. stellte in seinem Gutachten vom 29.02.2008 fest, dass bei der Klägerin als BK-Folge eine geringe, funktionell nicht relevante Minderung des Berührungs- und Schmerzempfindens an der Fußaußenkante links als Folge einer älteren, sensiblen Wurzelläsion S1 links und - unabhängig von der BK - eine Kompression/Läsion des Nervus glutanäus femoralis lateralis links vorliege. Eine wesentliche Verschlimmerung sei seit dem Gutachten von Prof. Dr. H. vom Mai 2003 nicht eingetreten. Die funktionell nicht relevante Sensibilitätsstörung an der Fußaußenseite links rechtfertige eine MdE um weniger als 10 v.H.
Prof. Dr. H. führte in seinem orthopädischen Gutachten vom 23.07.2008 aus, dass die Klägerin weiterhin an einer progredienten Bandscheibenerkrankung, einer multisegmentalen Instabilität mit sekundärer Spinalkanalstenose L4/5 und einer beginnenden degenerativen Lumbalskoliose leide. Nach der Nachoperation im Mai 2006 habe die Klägerin seit April/Mai 2007 über wieder zunehmende belastungsabhängige Schmerzen im Kreuz geklagt. Computertomographisch sei nachgewiesen, dass das Segment L5/S1 noch nicht durchbaut sei, was die geklagten Schmerzen erklären könne. Insofern sei eine operative Revision oder Re-Fusion zu erwägen. Die eingetretene Verschlimmerung sei Folge der anerkannten BK, allerdings betrage die MdE weiterhin 50 v.H. Mit ergänzender Stellungnahme vom 07.12.2008 führte Prof. Dr. H. aus, es liege weiterhin eine erhebliche eingeschränkte Belastungsfähigkeit der Wirbelsäule vor. Bereits zum Zeitpunkt seiner Vorbegutachtung sei das Segment L5/S1 unter funktionalen Gesichtspunkten als weitgehend fest zu betrachten gewesen, so dass von einer "funktionalen 4-segmentalen Fusion" auszugehen gewesen sei. Die durchaus glaubhaft geäußerten verstärkten Beschwerden führten nicht zur Annahme einer höheren MdE.
Mit Bescheid vom 20.01.2009, bestätigt durch Widerspruchsbescheid vom 14.07.2009, lehnte die Beklagte die von der Klägerin begehrte Erhöhung der Verletztenrente ab, wobei sie sich auf die aktuellen Gutachten stützte.
Die Klägerin hat am 14.08.2009 Klage auf Erhöhung ihrer Verletztenrente beim SG auf erhoben, welche sie mit einer wesentlichen Verschlechterung ihrer gesundheitlichen Situation begründet hat. Es bestehe mittlerweile ein dauerhafter Rückenschmerz mit einer Intensität von 9 auf einer Skala von Null bis 10. Nur mittels eines TENS-Geräts finde sie abends überhaupt zur Ruhe. Sämtliche Kompensationsmechanismen versagten zwischenzeitlich. Aufgrund des enormen Leidensdrucks habe sich zwischenzeitlich ein Erschöpfungssyndrom eingestellt. Die nachvollziehbaren Reaktionen auf die jahrelange Schmerzgeschichte rechtfertigten die Erhöhung der MdE. Die Klägerin hat einen Bericht des Interdisziplinären Schmerzzentrums der Universität Freiburg von 15.06.2009 vorgelegt, in welchem - basierend auf einem einstündigen Gespräch - die Dipl.-Psychologinnen Lüking und Pagel eine chronische Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren angeben. Im Kurzentlassungsbericht des Universitätsklinikums Freiburg vom 11.05.2010 ist eine Materialentfernung im Segment L5/S1 am 10.05.2010 mit gleichzeitiger Entfernung einer abgebrochenen Pedikelschraube im Segment S1 mitgeteilt.
Das SG hat von Amts wegen ein weiteres Gutachten bei dem Neurologen und Psychiater Dr. B. eingeholt. Dr. B. hat in seinem Gutachten vom 27.11.2009 angegeben, auf neurologischem Fachgebiet bestehe allein noch eine geringe funktionell nicht relevante Minderung des Berührungs- und Schmerzempfindens an der Fußaußenkante links als Ausdruck einer älteren sensiblen Wurzelläsion S1 links. Auf rein neurologischem Gebiet sei keine wesentliche Änderung im Gesundheitszustand eingetreten, es bestehe keine BK-Folge und damit auch keine BK- bedingte MdE mehr.
Auf Antrag und Kostenrisiko der Klägerin ist zudem ein zweites aktuelles Gutachten bei den Orthopäden Prof. Dr. H. und Dr. M. eingeholt worden. Diese haben in ihrem Gutachten vom 03.08.2010 angegeben, im Vergleich zu den Vorgutachten sei ein Beinschmerz nicht mehr zu objektivieren. Dafür sei es zu einer Verstärkung der Rückenschmerzen mit Ausstrahlungen in die Gesäßbacke gekommen. Die eingetretene Verschlimmerung sei Folge der anerkannten BK. Es bestehe eine progrediente Bandscheibenerkrankung mit multisegmentaler Instabilität und sekundärer Spinalkanalstenose L4/5 und beginnender degenerativer Lumbalskoliose bei Zustand nach dorso-ventraler Fusionsoperation L2 bis L5 mit Dekompression L5 und nachfolgender dorsaler Dekompensationsspondylodese im Segment L5/S1 mit Metallentfernung im Mai 2006 und Mai 2010. Aktuell bestehe eine langstreckige mehrsegmentale Fusion und eine Pseudarthrose im Segment L5/S1. Die Fusionsoperation L5/S1 habe noch nicht zu einer kompletten knöchernen Fusion geführt. Insoweit werde von einer straffen Pseudarthrose im Segment S1 ausgegangen. Diese Situation führe zu keiner Höherbewertung der BK-bedingten MdE, auch wenn eine Revisionsoperation im Bereich L5/S1 empfohlen werde.
Der Klägerbevollmächtigte hat einen weiteren Bericht des Interdisziplinären Schmerzzentrums Freiburg vom 16.03.2010 vorgelegt, in dem die Psychiaterin und Psychotherapeutin Dr. Dipl.-Psych. F. und die Neurochirurgin Dr. K. unter anderem eine chronische Schmerzerkrankung mit somatischen und psychischen Faktoren bestätigen. Allerdings ist in diesem Bericht auch angegeben, dass die Klägerin nach eigenen Angaben immer auf den Beinen sei, um sich abzulenken (wettbewerbsmäßig ausgeübter Schützensport, Chorsingen, Bastelgruppe, Selbstbeschäftigung am PC, gute soziale Kontakte, Pflege ihrer drei Katzen). Außerdem habe die Klägerin längere Phasen von Niedergeschlagenheit und Trauer verneint.
Ergänzend haben die Gutachter Prof. Dr. H. und Dr. M. am 15.02.2011 dargelegt, dass für die Beurteilung der MdE das quantitative Ausmaß der Fusion, also die Zahl der fusionierten Segmente maßgebend sei. Die Ausbildung einer Pseudarthrose sei hierbei nachrangig. Das Risiko für das Entstehen einer Pseudarthrose bei dorsaler Funktionsoperation im Segment L5/S1 liege bei etwa 20 % und sei bei der MdE um 50 v.H. bereits berücksichtigt worden. Diese MdE-Annahme sei bereits "mehr als üppig".
Die Beklagte hat einen Bericht des Neurologen und Psychiaters Dr. Sch. vom 20.03.2011 vorgelegt, wonach durch einen Druck auf den Nervus cutaneus femoris lateralis links oberhalb des Leistenbandes eine Meralgia paraesthetica links bestehe. Klinisch seien keine lumbalen oder sacralen sensomotorischen radikulären Ausfälle objektivierbar. Wahrscheinlich lägen radikuläre Reizerscheinungen oder ein Postnukleotomiesyndrom vor.
Mit Urteil vom 21.04.2011 hat das SG die Klage abgewiesen, da nach den übereinstimmenden und überzeugenden Ausführungen der Gutachter eine höhere MdE als eine solche um 50 v.H. nicht nachgewiesen sei. Hinzugekommen sei zwar eine dorsale Dekompensationsspondylodese im Segment L5/S1 mit Metallentfernung im Mai 2010 sowie eine Pseudarthrose im Segment L5/S1. Durch diese Operation habe auch eine komplette knöcherne Fusion des Segments L5/S1 - jedenfalls bisher - nicht erreicht werden können. Funktionell habe sich durch diese zusätzliche Versteifungsoperation indes der Gesamtzustand der BK-bedingten Beeinträchtigung der Lendenwirbelsäule der Klägerin nicht wesentlich geändert. Die Klägerin habe laut Gutachten weiterhin ein hinkfreies Gangbild gezeigt und habe sämtliche Gangvarianten, den Zehenspitzenstand, den Hakengang und das einbeinige Kniebeugen beidseits problemlos durchführen können. Auch sei ein Fußheber- oder Großzehenschwäche durch Dr. M. zuletzt ausgeschlossen worden. Die Muskeleigenreflexe seien seitengleich auslösbar gewesen, das Lasègue‘sche Zeichen beidseits negativ. Auch unter Berücksichtigung der von der Klägerin seit den Jahren 2007-2008 geltend gemachten vermehrten Schmerzen könne keine Erhöhung der MdE angenommen werden, wozu das SG auf die unfallmedizinische Literatur verwiesen hat (mit Hinweis auf Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Auflage 2010, S. 98 und 221). Dies habe auch der Sachverständige Dr. M. bei seiner zutreffenden Einschätzung der MdE berücksichtigt. In diesem Zusammenhang könne auch nicht unberücksichtigt bleiben, dass es nach Metallentfernung des Fixateur intern im Segment L5/S1 zu einem fast kompletten Verschwinden des vorbestehenden Beinschmerzes gekommen sei. Die neuerliche Schmerzverstärkung im Rücken, die nach den Angaben der Klägerin gegenüber Dr. B. vor allem bei Drehbewegungen des Oberkörpers sowie nach längerem Stehen und Sitzen auftrete, stelle gegenüber den Vorgutachten keine wesentliche Änderung des Gesamtausmaßes der BK-Folgen dar. Auch die von Dr. B. auf neurologischem Gebiet noch benannte geringe, funktionell nicht relevante Minderung des Berührungs- und Schmerzempfindens an der Fußaußenkante links rechtfertige keine Erhöhung der MdE. Schließlich sei dies auch nicht aufgrund der von der Klägerin vorgetragenen reaktiven Erschöpfungsdepression anzunehmen, da eine solche Erkrankung nicht nachgewiesen sei. Hiergegen sprächen insbesondere die sowohl gegenüber dem Sachverständigen Dr. B. als auch den Ärzten des Interdisziplinären Schmerzzentrums übereinstimmend geschilderten vielfältigen sozialen Kontakte und Aktivitäten, welche die Klägerin trotz ihrer Rückenschmerzen weiterhin regelmäßig ausübe bzw. pflege. Das Urteil des SG ist dem Bevollmächtigten der Klägerin am 05.05.2011 zugestellt worden.
Am 26.05.2011 haben die Bevollmächtigten der Klägerin beim Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) Berufung eingelegt. Die Schmerzen der Klägerin hätten sich erheblich verschlimmert, was vom SG nicht ausreichend berücksichtigt worden sei. Das SG sei seiner Verpflichtung zur weiteren Sachaufklärung nicht nachgekommen, sondern habe sich auf inzwischen überholte Gutachten gestützt. Die Freizeitaktivitäten der Klägerin seien zwischenzeitlich aufgegeben worden, die Klägerin könne nicht mehr stehen und habe bereits morgens starke Schmerzen.
Die Klägerin beantragt, teils sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 21.04.2011 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 20.01.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.07.2009 zu verurteilen, ihr wegen der Folgen der Berufskrankheit nach der Nr. 2108 der Anlage 1 zur Berufskrankheitenverordnung ab Juni 2006 eine Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit um 60 % der Vollrente zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Die Klägerin hat einen Befundbericht des Universitätsklinikums Freiburg vom 12.07.2011 vorgelegt, in dem ein Zustand nach dorsoventraler Spondylodese L2 bis S1, ein Zustand nach Materialentfernung sowie inzwischen tief sitzende Lumbalgien und ein ISG-Syndrom beidseits mitgeteilt werden.
Im Auftrag des Gerichts hat der Orthopäde Dr. K. vom U.klinikum F., wo die Klägerin zuletzt aufgrund ihrer Beschwerden in ständiger Behandlung war, eine sachverständige Zeugenaussage vom 17.12.2011 vorgelegt, in welcher er sich den Schlussfolgerungen der Gutachter Dr. B., Prof. Dr. H. und Dr. M. uneingeschränkt angeschlossen hat und insbesondere auch eine MdE um 50 v.H. angenommen hat. In der sachverständigen Zeugenaussage ist außerdem mitgeteilt worden, dass sich seit der Schmerzbehandlung im Jahre 2011 eine Besserung/Linderung der Schmerzbeschwerden durch Infiltrations-Behandlungen ergeben habe.
Für die weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vortrags der Beteiligten wird auf die beigezogenen Verwaltungsakten, die Akten des SG sowie die Akten des LSG Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die nach den §§ 143 f. und 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und zulässige Berufung ist nicht begründet. Der Senat hat über die Berufung der Klägerin gemäß § 153 Abs. 4 Satz 1 SGG durch Beschluss entschieden, weil er das Rechtsmittel einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich gehalten hat. Im Anhörungsverfahren (vgl. Hinweise vom 12.03.2012 und vom 27.03.2012) haben sich keine Gesichtspunkte ergeben, von dieser Verfahrensform abzuweichen.
Nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens besteht kein Anspruch auf Gewährung einer Verletztenrente nach einer MdE, welche höher als 50 v.H. ist. Gemäß § 26 Abs. 1 SGB VII haben Versicherte Anspruch auf Entschädigungsleistungen u. a. in Form von Heilbehandlung (§ 27 SGB VII) oder Geldleistungen (Verletztengeld § 45 SGB VII und Rente § 56 SGB VII ). Insbesondere nach § 56 Abs. 1 SGB VII erhalten Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 v.H. gemindert ist, eine Rente. Versicherungsfälle sind Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten (§ 7 Abs. 1 SGB VII). Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit (§ 8 Abs. 1 SGB VII).
Erforderlich ist, dass sowohl ein kausaler Zusammenhang zwischen der in innerem Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit stehenden Verrichtung und dem Unfall als auch zwischen dem Unfall und dem Gesundheitsschaden besteht. Diese so genannte doppelte Kausalität wird nach herkömmlicher Dogmatik bezeichnet als die haftungsbegründende und die haftungsausfüllende Kausalität. Für beide Bereiche der Kausalität gilt die Theorie der wesentlichen Bedingung sowie der Beweismaßstab der - überwiegenden - Wahrscheinlichkeit (vgl. BSG, Urteil vom 15.02.2005 - B 2 U 1/04 R -, SozR 4-2700 § 8 Nr. 12).
Die Minderung der Erwerbsfähigkeit richtet sich nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen oder geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens (§ 56 Abs. 2 Satz 1 SGB VII), d.h. auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt (BSGE 1, 174, 178; BSG SozR 2200 § 581 Nr. 22). Für die Bewertung einer unfallbedingten MdE kommt es auf die gesamten Umstände des Einzelfalles an. Die Beurteilung, in welchem Umfang die körperlichen oder geistigen Fähigkeiten des Verletzten durch die Unfall- bzw. Berufskrankheitsfolgen beeinträchtigt sind, liegt in erster Linie auf ärztlich-wissenschaftlichem Gebiet (BSG, Urteil vom 26.06.1985 - 2 RU 60/84 -, in: SozR 2200 § 581 RVO Nr. 23 m.w.N.; BSG, Urteil vom 19.12.2000 - B 2 U 49/99 R -, in: HVBG-Info 2001, 499). Die Sachkunde des ärztlichen Sachverständigen bezieht sich in erster Linie darauf, in welchem Umfang die körperlichen und geistigen Fähigkeiten des Verletzten durch die Folgen des Unfalls oder der Berufskrankheit beeinträchtigt sind. Schlüssige ärztliche Meinungsäußerungen darüber, inwieweit derartige Beeinträchtigungen sich auf die Erwerbsfähigkeit auswirken, sind zwar bedeutsame Anhaltspunkte, besitzen aber keine bindende Wirkung, auch wenn sie eine wichtige und vielfach unentbehrliche Grundlage für die richterliche Schätzung der MdE darstellen (BSG, Beschluss vom 22.08.1989, - 2 BU 101/89 -, in: HVBG-Info 1989 S. 2268). Bei der Bewertung der MdE sind schließlich auch die in jahrzehntelanger Entwicklung von der Rechtsprechung und dem versicherungsrechtlichen oder versicherungsmedizinischen Schrifttum ausgearbeiteten Erfahrungssätze zu beachten, um eine gerechte und gleiche Bewertung der zahlreichen Parallelfälle der täglichen Praxis zu gewährleisten.
Wie das SG in seiner Entscheidung zutreffend ausgeführt hat, ist die BK-bedingte MdE der Klägerin mit 50 v.H. derzeit zutreffend bemessen. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird nach § 153 Abs. 2 SGG auf die zutreffenden und ausführlichen Entscheidungsgründe in dem angegriffenen Urteil des SG Bezug genommen, denen der Senat sich ausdrücklich anschließt.
Die Ausführungen des SG sind inzwischen durch die im Berufungsverfahren eingeholte sachverständige Zeugenaussage des behandelnden Orthopäden Dr. K. vom U.klinikum F.bestätigt worden. Danach hat die durchgeführte Infiltrations-Behandlung wenn auch nicht zu einer Schmerzfreiheit, so doch zu einer Linderung geführt. In seinen weiteren Ausführungen schließt sich der behandelnde Orthopäde Dr. K. den Ausführungen der Vorgutachter Prof. Dr. H., Dr. M. und Dr. B. vollumfänglich an und verneint ebenfalls eine höhere MdE als eine solche von 50 v.H.
Da eine MdE um 50 v.H. auch den in der unfallmedizinischen Literatur wiedergegebenen Erfahrungswerten entspricht (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin a.a.O. S. 511), sieht der Senat keine Veranlassung für weitere Ermittlungen. Eine höhere MdE als eine solche um 50 v.H. ist danach etwa bei schwersten motorischen Störungen und schwersten Funktionseinschränkungen und Beschwerden nach einer Operation vorgesehen, was mit dem Fall der Klägerin nicht vergleichbar ist. Hierbei ist insbesondere auch zu berücksichtigen, dass nicht der Schmerz selbst MdE-erhöhend wirkt, sondern seine Auswirkungen auf die Erwerbsfähigkeit des Betroffenen. Zudem ist nur ein Schmerz, der über das mit einer bestimmten gesundheitlichen Einschränkung üblicherweise einhergehende Maß hinausgeht, geeignet, eine Erhöhung der MdE zu begründen (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin a.a.O. S. 511). Weder von den Gutachtern noch von den behandelnden Ärzten der Klägerin ist indes ein solcher Schmerz festgestellt worden. Die zuletzt eingeholte sachverständige Zeugenaussage des Dr. K. vom 17.12.2011, bei dem die Klägerin zuletzt schmerzbedingt behandelt worden ist, berichtet zudem von einer Linderung der Schmerzsymptomatik. Demgegenüber war die Klägerin im Interdisziplinären Schmerzzentrum des Universitätsklinikums Freiburg schon seit Oktober 2009 nicht mehr in Behandlung, wie auf Anfrage des Berichterstatters von dort mitgeteilt worden ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
2. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Erhöhung einer Verletztenrente aufgrund einer von der Beklagten anerkannten Berufskrankheit (BK) nach der Nr. 2108 der Anlage 1 zur Berufskrankheitenverordnung (BKV) im Streit.
Die 1947 geborene Klägerin war seit 1966 mit Unterbrechungen zunächst als Krankenpflegeschülerin und als Stations- und Krankenschwester beschäftigt. Seit Dezember 2001 erhält sie von der Deutschen Rentenversicherung (DRV) Rente wegen voller Erwerbsminderung. Aufgrund Antrags der Klägerin vom November 2001 anerkannte die Beklagte mit Bescheid vom 25.03.2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 29.07.2004 das Vorliegen einer BK nach der Nr. 2108 der Anlage 1 zur BKV mit den Erkrankungen "nach knöchern fest verheilter operativer Spondylodese (Versteifung) der Lendenwirbelsäule L2 bis L5: erhebliche Funktions-, Bewegungseinschränkung und Belastungsschmerzen der Lendenwirbelsäule, Kraftminderung des linken Fußes, leichte Sensibilitätsstörung im Dermatom L5 und Restbeschwerden an der linken Beinaußenseite". Zugrunde lag u.a. das Gutachten von Prof. Dr. H. vom 26.05.2003.Die Beklagte gewährte der Klägerin deswegen ab dem 12.07.2002 eine Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 30 vom Hundert (v.H.).
Mit Urteil vom 20.07.2005 des Sozialgerichts Karlsruhe (SG; S 15 U 3741/04) wurde die Beklagte unter Abänderung ihrer Bescheide verurteilt, der Klägerin Verletztenrente ab dem 12.07.2002 nach einer MdE um 50 v.H. zu gewähren, was die Beklagte mit Ausführungsbescheid vom 22.09.2005 umsetzte.
Am 15.05.2006 wurde im Universitätsklinikum Freiburg die Entfernung des Osteosynthesematerials in den Segmenten L2 bis L4 vorgenommen sowie wegen einer Dekompensation des Segments L5/S1 eine dorsale Spondylodese mit spongioser Entnahme und spongioser Transplantation durchgeführt. Die Klägerin befand sich anschließend in einer stationären medizinischen Reha-Maßnahme in den M.Kliniken B. K. vom 22.05. bis 11.06.2006.
Der Beratungsarzt Dr. K. vertrat am 17.11.2006 die Auffassung, dass weiterhin eine BK-bedingte MdE um 50 v.H. vorliege.
Am 22.12.2006 beantragte der Bevollmächtigte der Klägerin wegen einer Verstärkung der BK-bedingten Schmerzen eine Erhöhung der Verletztenrente.
Der Neurologe und Psychiater Dr. B. stellte in seinem Gutachten vom 29.02.2008 fest, dass bei der Klägerin als BK-Folge eine geringe, funktionell nicht relevante Minderung des Berührungs- und Schmerzempfindens an der Fußaußenkante links als Folge einer älteren, sensiblen Wurzelläsion S1 links und - unabhängig von der BK - eine Kompression/Läsion des Nervus glutanäus femoralis lateralis links vorliege. Eine wesentliche Verschlimmerung sei seit dem Gutachten von Prof. Dr. H. vom Mai 2003 nicht eingetreten. Die funktionell nicht relevante Sensibilitätsstörung an der Fußaußenseite links rechtfertige eine MdE um weniger als 10 v.H.
Prof. Dr. H. führte in seinem orthopädischen Gutachten vom 23.07.2008 aus, dass die Klägerin weiterhin an einer progredienten Bandscheibenerkrankung, einer multisegmentalen Instabilität mit sekundärer Spinalkanalstenose L4/5 und einer beginnenden degenerativen Lumbalskoliose leide. Nach der Nachoperation im Mai 2006 habe die Klägerin seit April/Mai 2007 über wieder zunehmende belastungsabhängige Schmerzen im Kreuz geklagt. Computertomographisch sei nachgewiesen, dass das Segment L5/S1 noch nicht durchbaut sei, was die geklagten Schmerzen erklären könne. Insofern sei eine operative Revision oder Re-Fusion zu erwägen. Die eingetretene Verschlimmerung sei Folge der anerkannten BK, allerdings betrage die MdE weiterhin 50 v.H. Mit ergänzender Stellungnahme vom 07.12.2008 führte Prof. Dr. H. aus, es liege weiterhin eine erhebliche eingeschränkte Belastungsfähigkeit der Wirbelsäule vor. Bereits zum Zeitpunkt seiner Vorbegutachtung sei das Segment L5/S1 unter funktionalen Gesichtspunkten als weitgehend fest zu betrachten gewesen, so dass von einer "funktionalen 4-segmentalen Fusion" auszugehen gewesen sei. Die durchaus glaubhaft geäußerten verstärkten Beschwerden führten nicht zur Annahme einer höheren MdE.
Mit Bescheid vom 20.01.2009, bestätigt durch Widerspruchsbescheid vom 14.07.2009, lehnte die Beklagte die von der Klägerin begehrte Erhöhung der Verletztenrente ab, wobei sie sich auf die aktuellen Gutachten stützte.
Die Klägerin hat am 14.08.2009 Klage auf Erhöhung ihrer Verletztenrente beim SG auf erhoben, welche sie mit einer wesentlichen Verschlechterung ihrer gesundheitlichen Situation begründet hat. Es bestehe mittlerweile ein dauerhafter Rückenschmerz mit einer Intensität von 9 auf einer Skala von Null bis 10. Nur mittels eines TENS-Geräts finde sie abends überhaupt zur Ruhe. Sämtliche Kompensationsmechanismen versagten zwischenzeitlich. Aufgrund des enormen Leidensdrucks habe sich zwischenzeitlich ein Erschöpfungssyndrom eingestellt. Die nachvollziehbaren Reaktionen auf die jahrelange Schmerzgeschichte rechtfertigten die Erhöhung der MdE. Die Klägerin hat einen Bericht des Interdisziplinären Schmerzzentrums der Universität Freiburg von 15.06.2009 vorgelegt, in welchem - basierend auf einem einstündigen Gespräch - die Dipl.-Psychologinnen Lüking und Pagel eine chronische Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren angeben. Im Kurzentlassungsbericht des Universitätsklinikums Freiburg vom 11.05.2010 ist eine Materialentfernung im Segment L5/S1 am 10.05.2010 mit gleichzeitiger Entfernung einer abgebrochenen Pedikelschraube im Segment S1 mitgeteilt.
Das SG hat von Amts wegen ein weiteres Gutachten bei dem Neurologen und Psychiater Dr. B. eingeholt. Dr. B. hat in seinem Gutachten vom 27.11.2009 angegeben, auf neurologischem Fachgebiet bestehe allein noch eine geringe funktionell nicht relevante Minderung des Berührungs- und Schmerzempfindens an der Fußaußenkante links als Ausdruck einer älteren sensiblen Wurzelläsion S1 links. Auf rein neurologischem Gebiet sei keine wesentliche Änderung im Gesundheitszustand eingetreten, es bestehe keine BK-Folge und damit auch keine BK- bedingte MdE mehr.
Auf Antrag und Kostenrisiko der Klägerin ist zudem ein zweites aktuelles Gutachten bei den Orthopäden Prof. Dr. H. und Dr. M. eingeholt worden. Diese haben in ihrem Gutachten vom 03.08.2010 angegeben, im Vergleich zu den Vorgutachten sei ein Beinschmerz nicht mehr zu objektivieren. Dafür sei es zu einer Verstärkung der Rückenschmerzen mit Ausstrahlungen in die Gesäßbacke gekommen. Die eingetretene Verschlimmerung sei Folge der anerkannten BK. Es bestehe eine progrediente Bandscheibenerkrankung mit multisegmentaler Instabilität und sekundärer Spinalkanalstenose L4/5 und beginnender degenerativer Lumbalskoliose bei Zustand nach dorso-ventraler Fusionsoperation L2 bis L5 mit Dekompression L5 und nachfolgender dorsaler Dekompensationsspondylodese im Segment L5/S1 mit Metallentfernung im Mai 2006 und Mai 2010. Aktuell bestehe eine langstreckige mehrsegmentale Fusion und eine Pseudarthrose im Segment L5/S1. Die Fusionsoperation L5/S1 habe noch nicht zu einer kompletten knöchernen Fusion geführt. Insoweit werde von einer straffen Pseudarthrose im Segment S1 ausgegangen. Diese Situation führe zu keiner Höherbewertung der BK-bedingten MdE, auch wenn eine Revisionsoperation im Bereich L5/S1 empfohlen werde.
Der Klägerbevollmächtigte hat einen weiteren Bericht des Interdisziplinären Schmerzzentrums Freiburg vom 16.03.2010 vorgelegt, in dem die Psychiaterin und Psychotherapeutin Dr. Dipl.-Psych. F. und die Neurochirurgin Dr. K. unter anderem eine chronische Schmerzerkrankung mit somatischen und psychischen Faktoren bestätigen. Allerdings ist in diesem Bericht auch angegeben, dass die Klägerin nach eigenen Angaben immer auf den Beinen sei, um sich abzulenken (wettbewerbsmäßig ausgeübter Schützensport, Chorsingen, Bastelgruppe, Selbstbeschäftigung am PC, gute soziale Kontakte, Pflege ihrer drei Katzen). Außerdem habe die Klägerin längere Phasen von Niedergeschlagenheit und Trauer verneint.
Ergänzend haben die Gutachter Prof. Dr. H. und Dr. M. am 15.02.2011 dargelegt, dass für die Beurteilung der MdE das quantitative Ausmaß der Fusion, also die Zahl der fusionierten Segmente maßgebend sei. Die Ausbildung einer Pseudarthrose sei hierbei nachrangig. Das Risiko für das Entstehen einer Pseudarthrose bei dorsaler Funktionsoperation im Segment L5/S1 liege bei etwa 20 % und sei bei der MdE um 50 v.H. bereits berücksichtigt worden. Diese MdE-Annahme sei bereits "mehr als üppig".
Die Beklagte hat einen Bericht des Neurologen und Psychiaters Dr. Sch. vom 20.03.2011 vorgelegt, wonach durch einen Druck auf den Nervus cutaneus femoris lateralis links oberhalb des Leistenbandes eine Meralgia paraesthetica links bestehe. Klinisch seien keine lumbalen oder sacralen sensomotorischen radikulären Ausfälle objektivierbar. Wahrscheinlich lägen radikuläre Reizerscheinungen oder ein Postnukleotomiesyndrom vor.
Mit Urteil vom 21.04.2011 hat das SG die Klage abgewiesen, da nach den übereinstimmenden und überzeugenden Ausführungen der Gutachter eine höhere MdE als eine solche um 50 v.H. nicht nachgewiesen sei. Hinzugekommen sei zwar eine dorsale Dekompensationsspondylodese im Segment L5/S1 mit Metallentfernung im Mai 2010 sowie eine Pseudarthrose im Segment L5/S1. Durch diese Operation habe auch eine komplette knöcherne Fusion des Segments L5/S1 - jedenfalls bisher - nicht erreicht werden können. Funktionell habe sich durch diese zusätzliche Versteifungsoperation indes der Gesamtzustand der BK-bedingten Beeinträchtigung der Lendenwirbelsäule der Klägerin nicht wesentlich geändert. Die Klägerin habe laut Gutachten weiterhin ein hinkfreies Gangbild gezeigt und habe sämtliche Gangvarianten, den Zehenspitzenstand, den Hakengang und das einbeinige Kniebeugen beidseits problemlos durchführen können. Auch sei ein Fußheber- oder Großzehenschwäche durch Dr. M. zuletzt ausgeschlossen worden. Die Muskeleigenreflexe seien seitengleich auslösbar gewesen, das Lasègue‘sche Zeichen beidseits negativ. Auch unter Berücksichtigung der von der Klägerin seit den Jahren 2007-2008 geltend gemachten vermehrten Schmerzen könne keine Erhöhung der MdE angenommen werden, wozu das SG auf die unfallmedizinische Literatur verwiesen hat (mit Hinweis auf Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Auflage 2010, S. 98 und 221). Dies habe auch der Sachverständige Dr. M. bei seiner zutreffenden Einschätzung der MdE berücksichtigt. In diesem Zusammenhang könne auch nicht unberücksichtigt bleiben, dass es nach Metallentfernung des Fixateur intern im Segment L5/S1 zu einem fast kompletten Verschwinden des vorbestehenden Beinschmerzes gekommen sei. Die neuerliche Schmerzverstärkung im Rücken, die nach den Angaben der Klägerin gegenüber Dr. B. vor allem bei Drehbewegungen des Oberkörpers sowie nach längerem Stehen und Sitzen auftrete, stelle gegenüber den Vorgutachten keine wesentliche Änderung des Gesamtausmaßes der BK-Folgen dar. Auch die von Dr. B. auf neurologischem Gebiet noch benannte geringe, funktionell nicht relevante Minderung des Berührungs- und Schmerzempfindens an der Fußaußenkante links rechtfertige keine Erhöhung der MdE. Schließlich sei dies auch nicht aufgrund der von der Klägerin vorgetragenen reaktiven Erschöpfungsdepression anzunehmen, da eine solche Erkrankung nicht nachgewiesen sei. Hiergegen sprächen insbesondere die sowohl gegenüber dem Sachverständigen Dr. B. als auch den Ärzten des Interdisziplinären Schmerzzentrums übereinstimmend geschilderten vielfältigen sozialen Kontakte und Aktivitäten, welche die Klägerin trotz ihrer Rückenschmerzen weiterhin regelmäßig ausübe bzw. pflege. Das Urteil des SG ist dem Bevollmächtigten der Klägerin am 05.05.2011 zugestellt worden.
Am 26.05.2011 haben die Bevollmächtigten der Klägerin beim Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) Berufung eingelegt. Die Schmerzen der Klägerin hätten sich erheblich verschlimmert, was vom SG nicht ausreichend berücksichtigt worden sei. Das SG sei seiner Verpflichtung zur weiteren Sachaufklärung nicht nachgekommen, sondern habe sich auf inzwischen überholte Gutachten gestützt. Die Freizeitaktivitäten der Klägerin seien zwischenzeitlich aufgegeben worden, die Klägerin könne nicht mehr stehen und habe bereits morgens starke Schmerzen.
Die Klägerin beantragt, teils sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 21.04.2011 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 20.01.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.07.2009 zu verurteilen, ihr wegen der Folgen der Berufskrankheit nach der Nr. 2108 der Anlage 1 zur Berufskrankheitenverordnung ab Juni 2006 eine Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit um 60 % der Vollrente zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Die Klägerin hat einen Befundbericht des Universitätsklinikums Freiburg vom 12.07.2011 vorgelegt, in dem ein Zustand nach dorsoventraler Spondylodese L2 bis S1, ein Zustand nach Materialentfernung sowie inzwischen tief sitzende Lumbalgien und ein ISG-Syndrom beidseits mitgeteilt werden.
Im Auftrag des Gerichts hat der Orthopäde Dr. K. vom U.klinikum F., wo die Klägerin zuletzt aufgrund ihrer Beschwerden in ständiger Behandlung war, eine sachverständige Zeugenaussage vom 17.12.2011 vorgelegt, in welcher er sich den Schlussfolgerungen der Gutachter Dr. B., Prof. Dr. H. und Dr. M. uneingeschränkt angeschlossen hat und insbesondere auch eine MdE um 50 v.H. angenommen hat. In der sachverständigen Zeugenaussage ist außerdem mitgeteilt worden, dass sich seit der Schmerzbehandlung im Jahre 2011 eine Besserung/Linderung der Schmerzbeschwerden durch Infiltrations-Behandlungen ergeben habe.
Für die weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vortrags der Beteiligten wird auf die beigezogenen Verwaltungsakten, die Akten des SG sowie die Akten des LSG Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die nach den §§ 143 f. und 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und zulässige Berufung ist nicht begründet. Der Senat hat über die Berufung der Klägerin gemäß § 153 Abs. 4 Satz 1 SGG durch Beschluss entschieden, weil er das Rechtsmittel einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich gehalten hat. Im Anhörungsverfahren (vgl. Hinweise vom 12.03.2012 und vom 27.03.2012) haben sich keine Gesichtspunkte ergeben, von dieser Verfahrensform abzuweichen.
Nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens besteht kein Anspruch auf Gewährung einer Verletztenrente nach einer MdE, welche höher als 50 v.H. ist. Gemäß § 26 Abs. 1 SGB VII haben Versicherte Anspruch auf Entschädigungsleistungen u. a. in Form von Heilbehandlung (§ 27 SGB VII) oder Geldleistungen (Verletztengeld § 45 SGB VII und Rente § 56 SGB VII ). Insbesondere nach § 56 Abs. 1 SGB VII erhalten Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 v.H. gemindert ist, eine Rente. Versicherungsfälle sind Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten (§ 7 Abs. 1 SGB VII). Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit (§ 8 Abs. 1 SGB VII).
Erforderlich ist, dass sowohl ein kausaler Zusammenhang zwischen der in innerem Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit stehenden Verrichtung und dem Unfall als auch zwischen dem Unfall und dem Gesundheitsschaden besteht. Diese so genannte doppelte Kausalität wird nach herkömmlicher Dogmatik bezeichnet als die haftungsbegründende und die haftungsausfüllende Kausalität. Für beide Bereiche der Kausalität gilt die Theorie der wesentlichen Bedingung sowie der Beweismaßstab der - überwiegenden - Wahrscheinlichkeit (vgl. BSG, Urteil vom 15.02.2005 - B 2 U 1/04 R -, SozR 4-2700 § 8 Nr. 12).
Die Minderung der Erwerbsfähigkeit richtet sich nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen oder geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens (§ 56 Abs. 2 Satz 1 SGB VII), d.h. auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt (BSGE 1, 174, 178; BSG SozR 2200 § 581 Nr. 22). Für die Bewertung einer unfallbedingten MdE kommt es auf die gesamten Umstände des Einzelfalles an. Die Beurteilung, in welchem Umfang die körperlichen oder geistigen Fähigkeiten des Verletzten durch die Unfall- bzw. Berufskrankheitsfolgen beeinträchtigt sind, liegt in erster Linie auf ärztlich-wissenschaftlichem Gebiet (BSG, Urteil vom 26.06.1985 - 2 RU 60/84 -, in: SozR 2200 § 581 RVO Nr. 23 m.w.N.; BSG, Urteil vom 19.12.2000 - B 2 U 49/99 R -, in: HVBG-Info 2001, 499). Die Sachkunde des ärztlichen Sachverständigen bezieht sich in erster Linie darauf, in welchem Umfang die körperlichen und geistigen Fähigkeiten des Verletzten durch die Folgen des Unfalls oder der Berufskrankheit beeinträchtigt sind. Schlüssige ärztliche Meinungsäußerungen darüber, inwieweit derartige Beeinträchtigungen sich auf die Erwerbsfähigkeit auswirken, sind zwar bedeutsame Anhaltspunkte, besitzen aber keine bindende Wirkung, auch wenn sie eine wichtige und vielfach unentbehrliche Grundlage für die richterliche Schätzung der MdE darstellen (BSG, Beschluss vom 22.08.1989, - 2 BU 101/89 -, in: HVBG-Info 1989 S. 2268). Bei der Bewertung der MdE sind schließlich auch die in jahrzehntelanger Entwicklung von der Rechtsprechung und dem versicherungsrechtlichen oder versicherungsmedizinischen Schrifttum ausgearbeiteten Erfahrungssätze zu beachten, um eine gerechte und gleiche Bewertung der zahlreichen Parallelfälle der täglichen Praxis zu gewährleisten.
Wie das SG in seiner Entscheidung zutreffend ausgeführt hat, ist die BK-bedingte MdE der Klägerin mit 50 v.H. derzeit zutreffend bemessen. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird nach § 153 Abs. 2 SGG auf die zutreffenden und ausführlichen Entscheidungsgründe in dem angegriffenen Urteil des SG Bezug genommen, denen der Senat sich ausdrücklich anschließt.
Die Ausführungen des SG sind inzwischen durch die im Berufungsverfahren eingeholte sachverständige Zeugenaussage des behandelnden Orthopäden Dr. K. vom U.klinikum F.bestätigt worden. Danach hat die durchgeführte Infiltrations-Behandlung wenn auch nicht zu einer Schmerzfreiheit, so doch zu einer Linderung geführt. In seinen weiteren Ausführungen schließt sich der behandelnde Orthopäde Dr. K. den Ausführungen der Vorgutachter Prof. Dr. H., Dr. M. und Dr. B. vollumfänglich an und verneint ebenfalls eine höhere MdE als eine solche von 50 v.H.
Da eine MdE um 50 v.H. auch den in der unfallmedizinischen Literatur wiedergegebenen Erfahrungswerten entspricht (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin a.a.O. S. 511), sieht der Senat keine Veranlassung für weitere Ermittlungen. Eine höhere MdE als eine solche um 50 v.H. ist danach etwa bei schwersten motorischen Störungen und schwersten Funktionseinschränkungen und Beschwerden nach einer Operation vorgesehen, was mit dem Fall der Klägerin nicht vergleichbar ist. Hierbei ist insbesondere auch zu berücksichtigen, dass nicht der Schmerz selbst MdE-erhöhend wirkt, sondern seine Auswirkungen auf die Erwerbsfähigkeit des Betroffenen. Zudem ist nur ein Schmerz, der über das mit einer bestimmten gesundheitlichen Einschränkung üblicherweise einhergehende Maß hinausgeht, geeignet, eine Erhöhung der MdE zu begründen (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin a.a.O. S. 511). Weder von den Gutachtern noch von den behandelnden Ärzten der Klägerin ist indes ein solcher Schmerz festgestellt worden. Die zuletzt eingeholte sachverständige Zeugenaussage des Dr. K. vom 17.12.2011, bei dem die Klägerin zuletzt schmerzbedingt behandelt worden ist, berichtet zudem von einer Linderung der Schmerzsymptomatik. Demgegenüber war die Klägerin im Interdisziplinären Schmerzzentrum des Universitätsklinikums Freiburg schon seit Oktober 2009 nicht mehr in Behandlung, wie auf Anfrage des Berichterstatters von dort mitgeteilt worden ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
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