Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
19
1. Instanz
SG Nürnberg (FSB)
Aktenzeichen
S 5 Ar 264/94
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 19 RJ 456/95
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 30.05.1995 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit streitig.
Der am 1942 in Griechenland geborene Kläger hat nach eigenen Angaben keinen Beruf erlernt und war in Deutschland bis zu seiner Erkrankung am 22.06.1987 versicherungspflichtig tätig, zuletzt als Reinigungsarbeiter. Wegen der Folgen einer Tibiakopf-Umstellungsosteotomie wegen Varusgonarthrose im November 1987 bewilligte die Beklagte Rente wegen Erwerbsunfähigkeit (EU) auf Zeit vom 01.12.1988 bis 31.12.1989. Den Weitergewährungsantrag lehnte die Beklagte ab. Die dagegen erhobene Klage hat der Kläger im Hinblick auf die vom Sozialgericht Nürnberg (SG) eingeholten Gutachten im Termin am 09.07.1990 zurückgenommen (Az: S 3 Ar 30/90).
Am 23.11.1992 beantragte der Kläger erneut Rente. Nachdem die im Verfahren wegen beruflicher Förderung auf chirurgischem, internistischem und neurologisch-psychichatrischem Gebiet eingeholten Gutachten eine vollschichtige Einsatzfähigkeit für leichte Arbeiten ergeben hatten, lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 11.02.1993 Rentenleistungen ab. Im Widerspruchsverfahren wurde der Kläger nervenärztlich, internistisch und chirurgisch untersucht. Die ärztlichen Sachverständigen gelangten übereinstimmend zu der Auffassung, der Kläger sei für leichte körperliche Tätigkeiten überwiegend im Sitzen vollschichtig einsetzbar. Im Hinblick auf diese Gutachten wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück (Widerspruchsbescheid vom 24.03.1994).
Mit seiner hiergegen erhobenen Klage hat der Kläger in erster Linie Beschwerden des orthopädischen Fachgebiets geltend gemacht. Das SG hat nach Beinahme verschiedener ärztlicher Unterlagen und Befundberichte sowie der Leistungsakte des Arbeitsamtes Nürnberg ein nervenärztliches Gutachten eingeholt. Die ärztliche Sachverständige Dr.O. hat im Gutachten vom 01.11.1994 eine psychosomatische Ausgestaltung eines chronischen Schmerzsyndroms auf dem Boden einer einfach strukturierten Persönlichkeit mit mangelnden Bewältigungsstrategien und weitgehender Festlegung auf das Beschwerdebild festgestellt. Eine krankheitswertige Einschränkung der Willensfähigkeit sei jedoch nicht erkennbar. Es lägen zwar qualitative Einschränkungen vor, auf gesamtnervenärztlichem Gebiet seien jedoch keine Gesundheitsstörungen gegeben, die die Annahme von EU begründen würden. Der weiter von Amts wegen gehörte Orthopäde Dr.M. (Gutachten vom 03.02.1995) hat die Gesundheitsstörungen "beginnende Verschleißerscheinungen beider Kniegelenke, erfolgreiche Schienbein-Umstellungsosteotomie 1987, geringe Fehlhaltung der Brustwirbelsäule, geringe Verschleißerscheinungen der Brust- und Lendenwirbelsäule, Verschleißerscheinung der Halswirbelsäule ohne erhebliches Funktionsdefizit oder wurzelneuralgische Beschwerden und eine Epicondylitis humeri radialis links" festgestellt und die Auffassung vertreten, der Kläger sei noch vollschichtig für leichte, gelegentlich auch mittelschwere Arbeiten vorzugsweise in wechselnden Körperhaltungen einsetzbar.
Mit Urteil vom 30.05.1995 hat das SG die Klage abgewiesen. Der Kläger könne entsprechend den Ausführungen der ärztlichen Sachverständigen noch in Vollschicht leichte, mitunter mittelschwere Tätigkeiten leisten. Da er keine Berufsausbildung absolviert habe und auch nicht als Facharbeiter oder gehobener Angelernter tätig gewesen sei, müsse er sich auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisen lassen.
Mit seiner Berufung macht der Kläger geltend, er sei nicht mehr in der Lage, eine Erwerbstätigkeit in gewisser Regelmäßigkeit auszuüben. Wenn aber vollschichtige Einsetzbarkeit angenommen werde, müsse eine konkrete Verweisungstätigkeit von der Beklagten benannt werden.
Der Senat holte zunächst Befundberichte und Unterlagen der Orthopädin Dr.G. , des Neurologen und Psychiaters Dr.J. und des prakt. Arztes Dr.G. ein. Nachdem der Kläger am 03.01.1996 einen Hinterwandinfarkt erlitten hatte, nahm der Senat weiter den Arztbrief des Klinikums F. , den Entlassungsbericht der Höhenklinik B. über die Anschlussheilbehandlung vom 13.02. bis 12.03.1996 und das Gutachten des MDK vom 01.06.1995 sowie den Untersuchungsbefund des Herzkatheter- labors des Klinikums F. vom 20.06.1996 bei. Der vom Senat zum Sachverständigen ernannte Internist Dr.G. gelangte nach Untersuchung des Klägers im Gutachten vom 07.12.1996 zu der Beurteilung, der Gesundheitszustand des Klägers habe sich gut stabilisiert, so dass nur von einer vorübergehenden Arbeitsunfähigkeit für die Zeit des Herzinfarktes und der Rekonvaleszenzphase auszugehen sei. Derzeit sei das Leistungsvermögen als gefestigt zu betrachten; der Kläger sei bei zumutbarer Willensanstrengung durchaus in der lage, leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes vollschichtig mit qualitativen Einschränkungen auszuführen. Der Senat hat weiter die Karteiunterlagen des Internisten Dr.G. , die Schwerbehindertenakte des AVF Nürnberg sowie weitere Befundberichte des Orthopäden Dr.S. , des Hautarztes Dr.P. , des Urologen Dr.S. , des klinischen Psychologen A. und die Unterlagen des ärztlichen Dienstes des Arbeitsamtes Nürnberg beigezogen (Gutachten vom 21.09.1997). Die weiter von Amts wegen gehörte Internistin und Kardiologin Dr.L. (Gutachten vom 09.07.1998) gelangte zu der Auffassung, dass der Kläger ab Begutachtungsdatum (03.07.1998) nur weniger als vollschichtig arbeiten könne; maßgeblich für diese Beurteilung sei die Vielzahl der Gesundheitsstörungen und vor allem der sehr ausgeprägte körperlich und psychisch beeinträchtigende Psoriasis-Befund. Nach Beinahme zusätzlicher Befundberichte der Hautärzte Dr.P. und der Dres W. stellte der Hautarzt Prof.Dr.D. im Gutachten vom 29.05.2000 die Diagnose "Psoriasis vulgaris", die aber für sich allein keine Leistungseinschränkung bedinge. Wegen aller beim Kläger festgestellten Gesundheitsstörungen sei aber bei Beachtung verschiedener qualitativer Einschränkungen nur noch ein Einsatz im Erwerbsleben von untervollschichtig zumutbar. Der Internist und Arbeitsmediziner Dr.M. gelangte demgegenüber im Gutachten vom 23.07.2001 zu der Beurteilung, der Kläger sei weiterhin in der Lage, einer in körperlicher Hinsicht leichten beruflichen Tätigkeit bei Beachtung bestimmten funktioneller Einschränkungen vollschichtig nachzugehen. Eine seinen Fähigkeiten und Erfahrungen und gesundheitlichen Gegebenheiten angepasste berufliche Tätigkeit überlaste den Kläger weder in körperlicher noch in psychischer Hinsicht. Bei Beachtung der im einzelnen beschriebenen Einschränkungen sei der Kläger durchaus in der Lage, eine leichte berufliche Tätigkeit, die im Sitzen oder überwiegend im Sitzen ausgeübt wird, ganztägig auszuüben.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des SG Nürnberg vom 30.05.1995 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des angefochtenen Bescheides zu verurteilen, Rente wegen EU aufgrund des Antrags vom 23.11.1992 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
Dem Senat haben neben den Streitakten der ersten und zweiten Instanz die Unterlagen der Beklagten, die Leistungsakte des Arbeitsamtes Nürnberg, die Schwerbehindertenakte des AVF Nürnberg und die frühere Klageakte des SG Nürnberg S 3 Ar 30/90 vorgelegen. Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den gesamten Akteninhalt Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers ist form- und fristgerecht eingelegt (§§ 143, 151 Sozialgerichtsgesetz -SGG-) und auch im Übrigen zulässig.
In der Sache hat das Rechtsmittel keinen Erfolg. Das SG hat im angefochtenen Urteil vom 30.05.1995 zu Recht entschieden, dass der Kläger gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Leistungen wegen EU bzw Berufsunfähigkeit (BU) hat.
Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit erhält der Versicherte, der die Wartezeit und die sonstigen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen erfüllt und berufs- oder erwerbsunfähig iS des Gesetzes ist. Nach dem aktenkundigen Versicherungsverlauf und den Feststellungen der Beklagten sind zwar die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die Gewährung von Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit gegeben. Beim Kläger liegt aber schon BU nach der bis zum 31.12.2000 geltenden und für Leistungsfälle vor dem 01.12.2000 weiter anzuwendenden Bestimmung des § 43 Abs 2 Satz 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) nicht vor. Danach sind berufsunfähig Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung auf weniger als die Hälfte derjenigen von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten gesunken ist. Diese Vorausetzungen einer Rente wegen BU erfüllt der Kläger nicht, da die festgestellten Gesundheitsstörungen nicht so ausgeprägt sind, dass ihm nicht noch vollschichtig zumindest leichte Tätigkeiten möglich und zumutbar wären, zumal weder eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen noch eine schwere spezifische Leistungsbehinderung vorliegt und deshalb die Arbeitsmarktlage bei der Beurteilung der BU außer Betracht zu bleiben hat (vgl BSG - Großer Senat - SozR 3-2600 § 44 Nr 8).
Die ablehnenden Entscheidungen der Beklagten und das angefochtene Urteil des SG werden vielmehr durch die vom Senat eingeholten Sachverständigengutachten im Ergebnis bestätigt. Im Anschluss an die überzeugenden und in sich schlüssigen Ausführungen des abschließend gehörten ärztlichen Sachverständigen Dr.M. im Gutachten vom 23.07.2001 ist auch der Senat zu der Auffassung gelangt, dass die beim Kläger vorliegenden Gesundheitsstörungen seine Einsatzfähigkeit weder für sich allein noch in der Gesamtwürdigung in einem rentenrechtlich erheblichen Umfange einschränken.
Den Rentenantrag vom 23.11.1992 hat der Kläger in erster Linie wegen orthopädischer Beschwerden gestellt. Insoweit liegen Verschleißerscheinungen und eine Fehlhaltung der Wirbelsäule vor, die auch röntgenologisch nachgewiesen sind. Ausschlaggebend für die Beurteilung der Erwerbsfähigkeit ist jedoch das Ausmaß der Schmerzen und die durch die vorliegenden Gesundheitsstörungen bedingten Funktionseinschränkungen. Dr.M. hat dazu in seinem zusammenfassenden Gutachten ausgeführt, dass bei seitengleichem Nachweis aller Muskeleigenreflexe an den Extremitäten und dem Fehlen von Sensibilitätsstörungen und motorischen Ausfällen an den unteren Extremitäten wesentliche Nervenwurzelreizungen ausgeschlossen sind. Im Übrigen zeigte der Kläger bei der Untersuchung durch Dr.M. bei spontan gezeigter Bewegung des Kopfes und des Rumpfes die bestmögliche Beweglichkeit. Daneben macht der Kläger Beinbeschwerden und damit verbundene Probleme seit der Unterschenkeloperation rechts im Jahr 1987 geltend. Insoweit sind an den Hüft- und Kniegelenken beiderseits Verschleißerscheinungen und auch eine Fehlstellung der Füße nachweisbar. Abgesehen von einer lockeren Bandführung des rechten Kniegelenkes ist aber die Funktionsfähigkeit beider Beine nach wie vor gegeben. Dies ergibt sich aus den zahlreichen klinischen und röntgenologischen Untersuchungsbefunden der letzten Jahre und aus den Ergebnissen der Untersuchung durch den ärztlichen Sachverständigen Dr.M ... Beide Beine sind ausgesprochen muskelkräftig entwickelt; lediglich im Bereich der Oberschenkel ist rechts gegenüber links ein Umfangminus von 1 cm nachweisbar. Die Unterschenkel weisen die gleichen Umfangmaße auf. Dies spricht für eine weitgehend gleiche Belastung der Beine im täglichen Leben. Auch die kräftige, vollkommen seitengleiche Beschwielung der Fußsohlen und rechts wie links gleichartige Abnutzungsspuren der getragenen orthopädischen Schuhe sprechen für eine weitgehend normale seitengleiche Beanspruchung beider Beine. Dies lässt den Schluss zu, dass die in der Untersuchungssituation bei Dr.M. vom Kläger gezeigte Schonhaltung des rechten Kniegelenks und die damit verbundene abnorme Art der Fortbewegung nicht die üblicherweise praktizierte ist. Zwar können belastungsabhängig Beschwerden insbesondere im Bereich des rechten Beines auftreten. Eine übermäßige Belastung wird aber nur durch permanentes Stehen oder längeres Gehen und Treppensteigen verursacht. Leichte Arbeiten überwiegend im Sitzen sind dadurch aber nicht ausgeschlossen. Im Übrigen sind alle Bein- und peripheren Fußpulse gut tastbar; durch eine Angiographie der Bein- und Beckenarterien ist eine klinisch relevante arterielle Duchblutungsstörung der Beine definitiv zu verneinen. Eine rechtsseitige venöse Insuffizienz (Arztbrief Dr.S. vom 17.12.1999) ist bis jetzt klinisch und im Hinblick auf eine erneute Tätigkeitsaufnahme ohne zusätzliche leistungsbeeinträchtigende Bedeutung. Obwohl der Kläger den ärztlicherseits verordneten Kompressionsstrumpf bei der Untersuchung durch Dr.M. nicht trug, waren bei der von diesem vorgenommenen Untersuchung keine venösen Stauungssymptome festzustellen.
Auch die beim Kläger bestehende coronare Herzkrankheit lässt nicht den Schluss auf eine rentenrechtlich bedeutsame Leistungsminderung zu. Die Herzbeschwerden des Klägers standen im Vordergrund der Untersuchung durch Dr.M ... Die Behandlung im Anschluss an den am 03.01.1996 erlittenen Hinterwandinfarkt hat eine gute Durchblutung des Herzens ergeben. Elektro- und echokardiographisch ergaben sich diskrete Residuen des Infarktes. Bei ungestörter Herzschlagfolge war eine gute Pumpfunktion des Herzens nachweisbar. Die Herz-Kreislauf-Befunde lassen somit durchaus die Ausübung einer körperlich leichten Tätigkeit zu. Die vom Kläger angegebenen Brustschmerzen wurden auch von Frau Dr.L. als uncharakteristisch für eine Durchblutungsstörung des Herzen und am ehesten für funktionell, also nicht organisch bedingt angesehen. Auch die im Juli 2000 im Klinikum F. durchgeführte Kontrollangiographie der Herzkrankzgefäße ergab ein sehr gutes Langzeitergebnis der 1996 vorgenommenen Ballondilatation. Der Blutdruck bewegte sich in der letzten Zeit im Normbereich. Eine leichte berufliche Tätigkeit ist daher durch die geklagten Herzbeschwerden nicht ausgeschlossen.
Weiter hat der Kläger ein Asthmaleiden geltend gemacht. Insoweit hat der ärztliche Sachverständige Dr.M. darauf hingewiesen, dass wiederholt durchgeführte Untersuchungen zur Funktionsfähigkeit der Atmungsorgane aus den vergangenen Jahren vorliegen. Danach besteht keine Veranlassung, den im Bereich der Atmungsorgane bestehenden Beschwerden eine leistungseinschränkende Bedeutung für eine leichte körperliche Tätigkeit beizumessen. Die vom behandelnden Lungenarzt Dr.H. mitgeteilten günstigen Befunde bedeuten zwar nicht, dass nicht zwischenzeitlich zB im Rahmen eines akuten bronchialen Infektes die Atmungsfunktion stärker eingeschränkt sein kann. Aber selbst in einem solchen Fall ist dem Kläger nach den Ausführungen von Dr.M. eine leichte körperliche Tätigkeit nicht verwehrt. Es stellt auch keine Einschränkung dar, dass die günstigen Funktionswerte der Lunge unter der dauernden Einnahme von bronchialerweiternden Medikamenten gemessen wurden. Denn bei der Beurteilung einer Leistungseinschränkung ist auch die Behandelbarkeit der jeweiligen Gesundheitsstörung zu berücksichtigen. Ausgeschlossen sind durch das Asthmaleiden des Klägers lediglich Tätigkeiten mit der Gefahr der Durchnässung und Unterkühlung sowie die Exposition gegenüber bronchialreizenden Stoffen.
Das vom Kläger zudem vorgebrachte Hautleiden (Psoriasis) weist - auch nach den Ausführungen des ärztlichen Sachverständigen Prof.Dr.D. im Gutachten vom 29.05.2000 - eine durchschnittliche Krankheitsschwere auf, die zwar ständiger Therapie bedarf, aber keine ständige Arbeitsunfähigkeit (die behandelnden Hautärzte Dr.P. und Dres W. haben insofern keine Arbeitsunfähigkeit festgestellt) oder eine besondere Leistungsminderung zur Folge hat. Zur Annahme des Leistungsfalles der BU kann deshalb diese Erkrankung nicht führen. Ausgeschlossen sind durch diese Gesundheitsstörung lediglich Tätigkeiten, die mit erheblichem manuellen Kraftaufwand verbunden sind. Denn derartige Tätigkeiten können uU zu verstärkten Hautveränderungen an den Handflächen führen. Außerdem sind für den Kläger Arbeiten ungeeignet, die mit starker Verschmutzung der Haut oder ständigem Feuchtkontakt der Hände verbunden sind.
Die darüber hinaus beim Kläger vorliegenden Gesundheitsstörungen wie chronische Prostatitis bzw Prostatovesikulitis, benigne Prostatahyperplasie, Hiatushernie, chronische Entzündung der Magen- und Zwölffingerdarmschleimhaut, Hämorrhoiden, Schwerhörigkeit und eine Sehschwäche (mit einer Brille weitgehend kompensiert) sind für dessen Einsetzbarkeit ohne schwerwiegende Relevanz.
Nach dem Inhalt der zahlreichen aktenkundigen Gutachten, Arztbriefe und Befundberichte liegt beim Kläger eine mäßiggradig ausgeprägte chronische depressive Verstimmung und ein chronisches Schmerzsyndrom bei fehlgesteuerter Schmerzverarbeitung vor. Die in den Untersuchungssituationen mehrfach demonstrierten schmerzbedingten Funktionseinschränkungen entspringen jedoch bewusstseinsnah ablaufenden Verdeutlichungsbemühungen. Entscheidend dabei ist, ob die vom Kläger subjektiv empfundenen Schmerzen und Beeinträchtigungen von ihm mit zumutbarer Willensanstrengung überwunden werden können. Insoweit ergibt sich aus den seit Rentenantragstellung erhobenen Befunden, dass die Willensstruktur des Klägers nicht eingeschränkt ist und dass trotz des chronischen Schmerzsyndroms keine krankheitswertige Einschränkung der Willensfähigkeit vorliegt. Auch der behandelnde Nervenarzt Dr.J. teilte im Arztbrief vom 28.02.2000 mit, dass beim Kläger eine depressive Entwicklung und ein Somatisierungssyndrom vorliegt, bei dem sich die damit zusammenhängende Beschwerdesymptomatik erst bessern werde, wenn das laufende Berufungsverfahren zu einem positiven Abschluss komme. Dies spricht deutlich für ein massives Rentenbegehren des Klägers. Auch die von Dr.M. während der Untersuchung gemachten Beobachtungen sprechen dafür, dass die Entscheidungsfreiheit des Klägers nicht in dem Maße eingeschränkt ist, dass er seiner Schmerzsymptomatik willenlos ausgeliefert wäre. Der Kläger kann vielmehr mit eigener Willensanstrengung, ggf mit ärztlicher Hilfe die Schmerzsymptomatik, soweit sie sich nicht organisch erklären lässt, überwinden. Deshalb sind die chronische depressive Verstimmung und das chronische Schmerzsyndrom bei der sozialmedizinischen Beurteilung des beruflichen Leistungsvermögens des Klägers nach den Ausführungen von Dr.M. - in Übereistimmung mit den aktenkundigen nervenärztlichen Einschätzungen - nur von relativ geringem Gewicht.
Der Kläger ist noch vollschichtig einsatzfähig für leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes, die im Sitzen oder überwiegend im Sitzen ausgeübt werden. Zu vermeiden sind stresshafte Arbeitsbedingungen, Arbeiten mit Lärmbelästigung sowie mit längerem Stehen, ständigem Herumlaufen oder häufigem Treppensteigen. Wegen des chronischen Bronchialleidens sollten Expositionen gegenüber bronchialreizenden Gasen und Stoffen sowie Hitzeeinwirkung und Arbeiten, bei denen die Haut stärkeren mechanischen oder Feuchtbelastungen ausgesetzt wird oder bei denen die Haut stärkere Verschmutzungen erleidet, vermieden werden. Arbeiten, die diesen Erfordernissen entsprechend, sind dem Kläger vollschichtig zumutbar.
Bezüglich der von Frau Dr.L. und Prof.Dr.D. angenommenen untervollschichtigen Einsetzbarkeit ist - wie Dr.M. betont hat - darauf hinzuweisen, dass diese ihre abweichende Beurteilung auf fachfremde Gesundheitsstörungen und Überlegungen gestützt und diese überbewertet haben. Der Kläger ist vielmehr zur Überzeugung des Senats in der Lage, bei Beachtung der von Dr.M. aufgezeigten Einsatzbeschränkungen regelmäßig leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes vollschichtig zu verrichten. Auf entsprechende Tätigkeiten muss er sich zumutbar verweisen lassen. Denn er genießt nach seinem beruflichen Werdegang und im Hinblick auf sein versicherungspflichtiges Erwerbsleben keinen Berufsschutz. Der Kläger hat keine Prüfung in einem Fachberuf abgelegt und war auch nicht als Facharbeiter oder längerfristig als angelernter Arbeiter versicherunspflichtig beschäftigt. Bei den im Rentenverfahren angegebenen Berufsverrichtungen handelt es sich durchwegs um ungelernte Arbeiten - das gilt auch für die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Reinigungsarbeiter -, für die erfahrungsgemäß eine Einarbeitung von wenigen Tagen genügt. Der Kläger ist daher im Rahmen des vom BSG entwickelten Mehrstufenschemas ohne Einschränkungen auf ungelernte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verweisbar.
Da der Kläger unter Einbeziehung aller bei ihm festgestellten Gesundheitsstörungen nicht an der Ausübung einer regelmäßigen Ganztagsbeschäftigung gehindert ist, braucht vorliegend eine zustandsangemessene Tätigkeit weder nachgewiesen noch benannt zu werden. Denn solange ein Versicherter imstande ist, unter betriebsüblichen Bedingungen noch vollschichtg und regelmäßig Erwerbsarbeit zu leisten, besteht keine Pflicht der Verwaltung und Gerichte, konkrete Arbeitsplätze und Verweisungstätigkeiten mit im Einzelnen nachprüfbaren Belastungselementen zu benennen. Vielmehr ist in solchen Fällen von einer ausreichenden Zahl vorhandener Arbeitsplätze auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt auszugehen (BSG SozR 2000 § 1246 Nr 90).
Für den streitigen Rentenanspruch ist schließlich auch der Umstand unbeachtlich, dass der Kläger keinen seinem Leistungsvermögen angepassten Arbeitsplatz inne hat. Der Senat verkennt nicht, dass es für den Kläger mit Rücksicht auf die gegenwärtige Arbeitsmarktlage und insbesondere im Hinblick auf seine Arbeitsentwöhnung schwierig sein wird, einen zustandsangemessenen Arbeitsplatz in abhängiger Beschäftigung zu finden. Dieses Risiko hat jedoch nicht der hier beklagte Rentenversicherungsträger, sondern die Arbeitslosenversicherung zu tragen.
Beim Kläger liegen somit die Voraussetzungen des Anspruchs auf Rente wegen BU nicht vor. Daraus folgt zugleich, dass auch ein Anspruch auf Rente wegen EU, der an noch weitergehende Voraussetzungen geknüpft ist, nicht besteht. Die Berufung des Klägers musste daher zurückgewiesen werden.
Aufgrund seines vollschichtigen Einsatzvermögens erfüllt der Kläger auch nicht die Voraussetzungen des durch Art 1 Nr 19 des Rentenreformgesetzes 1999 neu gefassten und durch Art 1 Nr 10 des Gesetzes zur Reform der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit vom 20.12.2000 - BGBl I 1827 - geänderten, am 01.01.2001 in Kraft getretenen § 43 SGB VI. Nach dessen Abs 1 hat bis zur Vollendung des 65.Lebensjahres Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wer (neben weiteren Leistungsvoraussetzungen) wegen Krankheit oder Behinderung außerstande ist, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Eine quantitative Einschränkung der betriebsüblichen Arbeitszeit von täglich acht Stunden liegt jedoch - wie bereits ausgeführt wurde - beim Kläger nicht vor.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs 2 SGG liegen nicht vor.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit streitig.
Der am 1942 in Griechenland geborene Kläger hat nach eigenen Angaben keinen Beruf erlernt und war in Deutschland bis zu seiner Erkrankung am 22.06.1987 versicherungspflichtig tätig, zuletzt als Reinigungsarbeiter. Wegen der Folgen einer Tibiakopf-Umstellungsosteotomie wegen Varusgonarthrose im November 1987 bewilligte die Beklagte Rente wegen Erwerbsunfähigkeit (EU) auf Zeit vom 01.12.1988 bis 31.12.1989. Den Weitergewährungsantrag lehnte die Beklagte ab. Die dagegen erhobene Klage hat der Kläger im Hinblick auf die vom Sozialgericht Nürnberg (SG) eingeholten Gutachten im Termin am 09.07.1990 zurückgenommen (Az: S 3 Ar 30/90).
Am 23.11.1992 beantragte der Kläger erneut Rente. Nachdem die im Verfahren wegen beruflicher Förderung auf chirurgischem, internistischem und neurologisch-psychichatrischem Gebiet eingeholten Gutachten eine vollschichtige Einsatzfähigkeit für leichte Arbeiten ergeben hatten, lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 11.02.1993 Rentenleistungen ab. Im Widerspruchsverfahren wurde der Kläger nervenärztlich, internistisch und chirurgisch untersucht. Die ärztlichen Sachverständigen gelangten übereinstimmend zu der Auffassung, der Kläger sei für leichte körperliche Tätigkeiten überwiegend im Sitzen vollschichtig einsetzbar. Im Hinblick auf diese Gutachten wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück (Widerspruchsbescheid vom 24.03.1994).
Mit seiner hiergegen erhobenen Klage hat der Kläger in erster Linie Beschwerden des orthopädischen Fachgebiets geltend gemacht. Das SG hat nach Beinahme verschiedener ärztlicher Unterlagen und Befundberichte sowie der Leistungsakte des Arbeitsamtes Nürnberg ein nervenärztliches Gutachten eingeholt. Die ärztliche Sachverständige Dr.O. hat im Gutachten vom 01.11.1994 eine psychosomatische Ausgestaltung eines chronischen Schmerzsyndroms auf dem Boden einer einfach strukturierten Persönlichkeit mit mangelnden Bewältigungsstrategien und weitgehender Festlegung auf das Beschwerdebild festgestellt. Eine krankheitswertige Einschränkung der Willensfähigkeit sei jedoch nicht erkennbar. Es lägen zwar qualitative Einschränkungen vor, auf gesamtnervenärztlichem Gebiet seien jedoch keine Gesundheitsstörungen gegeben, die die Annahme von EU begründen würden. Der weiter von Amts wegen gehörte Orthopäde Dr.M. (Gutachten vom 03.02.1995) hat die Gesundheitsstörungen "beginnende Verschleißerscheinungen beider Kniegelenke, erfolgreiche Schienbein-Umstellungsosteotomie 1987, geringe Fehlhaltung der Brustwirbelsäule, geringe Verschleißerscheinungen der Brust- und Lendenwirbelsäule, Verschleißerscheinung der Halswirbelsäule ohne erhebliches Funktionsdefizit oder wurzelneuralgische Beschwerden und eine Epicondylitis humeri radialis links" festgestellt und die Auffassung vertreten, der Kläger sei noch vollschichtig für leichte, gelegentlich auch mittelschwere Arbeiten vorzugsweise in wechselnden Körperhaltungen einsetzbar.
Mit Urteil vom 30.05.1995 hat das SG die Klage abgewiesen. Der Kläger könne entsprechend den Ausführungen der ärztlichen Sachverständigen noch in Vollschicht leichte, mitunter mittelschwere Tätigkeiten leisten. Da er keine Berufsausbildung absolviert habe und auch nicht als Facharbeiter oder gehobener Angelernter tätig gewesen sei, müsse er sich auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisen lassen.
Mit seiner Berufung macht der Kläger geltend, er sei nicht mehr in der Lage, eine Erwerbstätigkeit in gewisser Regelmäßigkeit auszuüben. Wenn aber vollschichtige Einsetzbarkeit angenommen werde, müsse eine konkrete Verweisungstätigkeit von der Beklagten benannt werden.
Der Senat holte zunächst Befundberichte und Unterlagen der Orthopädin Dr.G. , des Neurologen und Psychiaters Dr.J. und des prakt. Arztes Dr.G. ein. Nachdem der Kläger am 03.01.1996 einen Hinterwandinfarkt erlitten hatte, nahm der Senat weiter den Arztbrief des Klinikums F. , den Entlassungsbericht der Höhenklinik B. über die Anschlussheilbehandlung vom 13.02. bis 12.03.1996 und das Gutachten des MDK vom 01.06.1995 sowie den Untersuchungsbefund des Herzkatheter- labors des Klinikums F. vom 20.06.1996 bei. Der vom Senat zum Sachverständigen ernannte Internist Dr.G. gelangte nach Untersuchung des Klägers im Gutachten vom 07.12.1996 zu der Beurteilung, der Gesundheitszustand des Klägers habe sich gut stabilisiert, so dass nur von einer vorübergehenden Arbeitsunfähigkeit für die Zeit des Herzinfarktes und der Rekonvaleszenzphase auszugehen sei. Derzeit sei das Leistungsvermögen als gefestigt zu betrachten; der Kläger sei bei zumutbarer Willensanstrengung durchaus in der lage, leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes vollschichtig mit qualitativen Einschränkungen auszuführen. Der Senat hat weiter die Karteiunterlagen des Internisten Dr.G. , die Schwerbehindertenakte des AVF Nürnberg sowie weitere Befundberichte des Orthopäden Dr.S. , des Hautarztes Dr.P. , des Urologen Dr.S. , des klinischen Psychologen A. und die Unterlagen des ärztlichen Dienstes des Arbeitsamtes Nürnberg beigezogen (Gutachten vom 21.09.1997). Die weiter von Amts wegen gehörte Internistin und Kardiologin Dr.L. (Gutachten vom 09.07.1998) gelangte zu der Auffassung, dass der Kläger ab Begutachtungsdatum (03.07.1998) nur weniger als vollschichtig arbeiten könne; maßgeblich für diese Beurteilung sei die Vielzahl der Gesundheitsstörungen und vor allem der sehr ausgeprägte körperlich und psychisch beeinträchtigende Psoriasis-Befund. Nach Beinahme zusätzlicher Befundberichte der Hautärzte Dr.P. und der Dres W. stellte der Hautarzt Prof.Dr.D. im Gutachten vom 29.05.2000 die Diagnose "Psoriasis vulgaris", die aber für sich allein keine Leistungseinschränkung bedinge. Wegen aller beim Kläger festgestellten Gesundheitsstörungen sei aber bei Beachtung verschiedener qualitativer Einschränkungen nur noch ein Einsatz im Erwerbsleben von untervollschichtig zumutbar. Der Internist und Arbeitsmediziner Dr.M. gelangte demgegenüber im Gutachten vom 23.07.2001 zu der Beurteilung, der Kläger sei weiterhin in der Lage, einer in körperlicher Hinsicht leichten beruflichen Tätigkeit bei Beachtung bestimmten funktioneller Einschränkungen vollschichtig nachzugehen. Eine seinen Fähigkeiten und Erfahrungen und gesundheitlichen Gegebenheiten angepasste berufliche Tätigkeit überlaste den Kläger weder in körperlicher noch in psychischer Hinsicht. Bei Beachtung der im einzelnen beschriebenen Einschränkungen sei der Kläger durchaus in der Lage, eine leichte berufliche Tätigkeit, die im Sitzen oder überwiegend im Sitzen ausgeübt wird, ganztägig auszuüben.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des SG Nürnberg vom 30.05.1995 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des angefochtenen Bescheides zu verurteilen, Rente wegen EU aufgrund des Antrags vom 23.11.1992 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
Dem Senat haben neben den Streitakten der ersten und zweiten Instanz die Unterlagen der Beklagten, die Leistungsakte des Arbeitsamtes Nürnberg, die Schwerbehindertenakte des AVF Nürnberg und die frühere Klageakte des SG Nürnberg S 3 Ar 30/90 vorgelegen. Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den gesamten Akteninhalt Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers ist form- und fristgerecht eingelegt (§§ 143, 151 Sozialgerichtsgesetz -SGG-) und auch im Übrigen zulässig.
In der Sache hat das Rechtsmittel keinen Erfolg. Das SG hat im angefochtenen Urteil vom 30.05.1995 zu Recht entschieden, dass der Kläger gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Leistungen wegen EU bzw Berufsunfähigkeit (BU) hat.
Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit erhält der Versicherte, der die Wartezeit und die sonstigen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen erfüllt und berufs- oder erwerbsunfähig iS des Gesetzes ist. Nach dem aktenkundigen Versicherungsverlauf und den Feststellungen der Beklagten sind zwar die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die Gewährung von Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit gegeben. Beim Kläger liegt aber schon BU nach der bis zum 31.12.2000 geltenden und für Leistungsfälle vor dem 01.12.2000 weiter anzuwendenden Bestimmung des § 43 Abs 2 Satz 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) nicht vor. Danach sind berufsunfähig Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung auf weniger als die Hälfte derjenigen von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten gesunken ist. Diese Vorausetzungen einer Rente wegen BU erfüllt der Kläger nicht, da die festgestellten Gesundheitsstörungen nicht so ausgeprägt sind, dass ihm nicht noch vollschichtig zumindest leichte Tätigkeiten möglich und zumutbar wären, zumal weder eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen noch eine schwere spezifische Leistungsbehinderung vorliegt und deshalb die Arbeitsmarktlage bei der Beurteilung der BU außer Betracht zu bleiben hat (vgl BSG - Großer Senat - SozR 3-2600 § 44 Nr 8).
Die ablehnenden Entscheidungen der Beklagten und das angefochtene Urteil des SG werden vielmehr durch die vom Senat eingeholten Sachverständigengutachten im Ergebnis bestätigt. Im Anschluss an die überzeugenden und in sich schlüssigen Ausführungen des abschließend gehörten ärztlichen Sachverständigen Dr.M. im Gutachten vom 23.07.2001 ist auch der Senat zu der Auffassung gelangt, dass die beim Kläger vorliegenden Gesundheitsstörungen seine Einsatzfähigkeit weder für sich allein noch in der Gesamtwürdigung in einem rentenrechtlich erheblichen Umfange einschränken.
Den Rentenantrag vom 23.11.1992 hat der Kläger in erster Linie wegen orthopädischer Beschwerden gestellt. Insoweit liegen Verschleißerscheinungen und eine Fehlhaltung der Wirbelsäule vor, die auch röntgenologisch nachgewiesen sind. Ausschlaggebend für die Beurteilung der Erwerbsfähigkeit ist jedoch das Ausmaß der Schmerzen und die durch die vorliegenden Gesundheitsstörungen bedingten Funktionseinschränkungen. Dr.M. hat dazu in seinem zusammenfassenden Gutachten ausgeführt, dass bei seitengleichem Nachweis aller Muskeleigenreflexe an den Extremitäten und dem Fehlen von Sensibilitätsstörungen und motorischen Ausfällen an den unteren Extremitäten wesentliche Nervenwurzelreizungen ausgeschlossen sind. Im Übrigen zeigte der Kläger bei der Untersuchung durch Dr.M. bei spontan gezeigter Bewegung des Kopfes und des Rumpfes die bestmögliche Beweglichkeit. Daneben macht der Kläger Beinbeschwerden und damit verbundene Probleme seit der Unterschenkeloperation rechts im Jahr 1987 geltend. Insoweit sind an den Hüft- und Kniegelenken beiderseits Verschleißerscheinungen und auch eine Fehlstellung der Füße nachweisbar. Abgesehen von einer lockeren Bandführung des rechten Kniegelenkes ist aber die Funktionsfähigkeit beider Beine nach wie vor gegeben. Dies ergibt sich aus den zahlreichen klinischen und röntgenologischen Untersuchungsbefunden der letzten Jahre und aus den Ergebnissen der Untersuchung durch den ärztlichen Sachverständigen Dr.M ... Beide Beine sind ausgesprochen muskelkräftig entwickelt; lediglich im Bereich der Oberschenkel ist rechts gegenüber links ein Umfangminus von 1 cm nachweisbar. Die Unterschenkel weisen die gleichen Umfangmaße auf. Dies spricht für eine weitgehend gleiche Belastung der Beine im täglichen Leben. Auch die kräftige, vollkommen seitengleiche Beschwielung der Fußsohlen und rechts wie links gleichartige Abnutzungsspuren der getragenen orthopädischen Schuhe sprechen für eine weitgehend normale seitengleiche Beanspruchung beider Beine. Dies lässt den Schluss zu, dass die in der Untersuchungssituation bei Dr.M. vom Kläger gezeigte Schonhaltung des rechten Kniegelenks und die damit verbundene abnorme Art der Fortbewegung nicht die üblicherweise praktizierte ist. Zwar können belastungsabhängig Beschwerden insbesondere im Bereich des rechten Beines auftreten. Eine übermäßige Belastung wird aber nur durch permanentes Stehen oder längeres Gehen und Treppensteigen verursacht. Leichte Arbeiten überwiegend im Sitzen sind dadurch aber nicht ausgeschlossen. Im Übrigen sind alle Bein- und peripheren Fußpulse gut tastbar; durch eine Angiographie der Bein- und Beckenarterien ist eine klinisch relevante arterielle Duchblutungsstörung der Beine definitiv zu verneinen. Eine rechtsseitige venöse Insuffizienz (Arztbrief Dr.S. vom 17.12.1999) ist bis jetzt klinisch und im Hinblick auf eine erneute Tätigkeitsaufnahme ohne zusätzliche leistungsbeeinträchtigende Bedeutung. Obwohl der Kläger den ärztlicherseits verordneten Kompressionsstrumpf bei der Untersuchung durch Dr.M. nicht trug, waren bei der von diesem vorgenommenen Untersuchung keine venösen Stauungssymptome festzustellen.
Auch die beim Kläger bestehende coronare Herzkrankheit lässt nicht den Schluss auf eine rentenrechtlich bedeutsame Leistungsminderung zu. Die Herzbeschwerden des Klägers standen im Vordergrund der Untersuchung durch Dr.M ... Die Behandlung im Anschluss an den am 03.01.1996 erlittenen Hinterwandinfarkt hat eine gute Durchblutung des Herzens ergeben. Elektro- und echokardiographisch ergaben sich diskrete Residuen des Infarktes. Bei ungestörter Herzschlagfolge war eine gute Pumpfunktion des Herzens nachweisbar. Die Herz-Kreislauf-Befunde lassen somit durchaus die Ausübung einer körperlich leichten Tätigkeit zu. Die vom Kläger angegebenen Brustschmerzen wurden auch von Frau Dr.L. als uncharakteristisch für eine Durchblutungsstörung des Herzen und am ehesten für funktionell, also nicht organisch bedingt angesehen. Auch die im Juli 2000 im Klinikum F. durchgeführte Kontrollangiographie der Herzkrankzgefäße ergab ein sehr gutes Langzeitergebnis der 1996 vorgenommenen Ballondilatation. Der Blutdruck bewegte sich in der letzten Zeit im Normbereich. Eine leichte berufliche Tätigkeit ist daher durch die geklagten Herzbeschwerden nicht ausgeschlossen.
Weiter hat der Kläger ein Asthmaleiden geltend gemacht. Insoweit hat der ärztliche Sachverständige Dr.M. darauf hingewiesen, dass wiederholt durchgeführte Untersuchungen zur Funktionsfähigkeit der Atmungsorgane aus den vergangenen Jahren vorliegen. Danach besteht keine Veranlassung, den im Bereich der Atmungsorgane bestehenden Beschwerden eine leistungseinschränkende Bedeutung für eine leichte körperliche Tätigkeit beizumessen. Die vom behandelnden Lungenarzt Dr.H. mitgeteilten günstigen Befunde bedeuten zwar nicht, dass nicht zwischenzeitlich zB im Rahmen eines akuten bronchialen Infektes die Atmungsfunktion stärker eingeschränkt sein kann. Aber selbst in einem solchen Fall ist dem Kläger nach den Ausführungen von Dr.M. eine leichte körperliche Tätigkeit nicht verwehrt. Es stellt auch keine Einschränkung dar, dass die günstigen Funktionswerte der Lunge unter der dauernden Einnahme von bronchialerweiternden Medikamenten gemessen wurden. Denn bei der Beurteilung einer Leistungseinschränkung ist auch die Behandelbarkeit der jeweiligen Gesundheitsstörung zu berücksichtigen. Ausgeschlossen sind durch das Asthmaleiden des Klägers lediglich Tätigkeiten mit der Gefahr der Durchnässung und Unterkühlung sowie die Exposition gegenüber bronchialreizenden Stoffen.
Das vom Kläger zudem vorgebrachte Hautleiden (Psoriasis) weist - auch nach den Ausführungen des ärztlichen Sachverständigen Prof.Dr.D. im Gutachten vom 29.05.2000 - eine durchschnittliche Krankheitsschwere auf, die zwar ständiger Therapie bedarf, aber keine ständige Arbeitsunfähigkeit (die behandelnden Hautärzte Dr.P. und Dres W. haben insofern keine Arbeitsunfähigkeit festgestellt) oder eine besondere Leistungsminderung zur Folge hat. Zur Annahme des Leistungsfalles der BU kann deshalb diese Erkrankung nicht führen. Ausgeschlossen sind durch diese Gesundheitsstörung lediglich Tätigkeiten, die mit erheblichem manuellen Kraftaufwand verbunden sind. Denn derartige Tätigkeiten können uU zu verstärkten Hautveränderungen an den Handflächen führen. Außerdem sind für den Kläger Arbeiten ungeeignet, die mit starker Verschmutzung der Haut oder ständigem Feuchtkontakt der Hände verbunden sind.
Die darüber hinaus beim Kläger vorliegenden Gesundheitsstörungen wie chronische Prostatitis bzw Prostatovesikulitis, benigne Prostatahyperplasie, Hiatushernie, chronische Entzündung der Magen- und Zwölffingerdarmschleimhaut, Hämorrhoiden, Schwerhörigkeit und eine Sehschwäche (mit einer Brille weitgehend kompensiert) sind für dessen Einsetzbarkeit ohne schwerwiegende Relevanz.
Nach dem Inhalt der zahlreichen aktenkundigen Gutachten, Arztbriefe und Befundberichte liegt beim Kläger eine mäßiggradig ausgeprägte chronische depressive Verstimmung und ein chronisches Schmerzsyndrom bei fehlgesteuerter Schmerzverarbeitung vor. Die in den Untersuchungssituationen mehrfach demonstrierten schmerzbedingten Funktionseinschränkungen entspringen jedoch bewusstseinsnah ablaufenden Verdeutlichungsbemühungen. Entscheidend dabei ist, ob die vom Kläger subjektiv empfundenen Schmerzen und Beeinträchtigungen von ihm mit zumutbarer Willensanstrengung überwunden werden können. Insoweit ergibt sich aus den seit Rentenantragstellung erhobenen Befunden, dass die Willensstruktur des Klägers nicht eingeschränkt ist und dass trotz des chronischen Schmerzsyndroms keine krankheitswertige Einschränkung der Willensfähigkeit vorliegt. Auch der behandelnde Nervenarzt Dr.J. teilte im Arztbrief vom 28.02.2000 mit, dass beim Kläger eine depressive Entwicklung und ein Somatisierungssyndrom vorliegt, bei dem sich die damit zusammenhängende Beschwerdesymptomatik erst bessern werde, wenn das laufende Berufungsverfahren zu einem positiven Abschluss komme. Dies spricht deutlich für ein massives Rentenbegehren des Klägers. Auch die von Dr.M. während der Untersuchung gemachten Beobachtungen sprechen dafür, dass die Entscheidungsfreiheit des Klägers nicht in dem Maße eingeschränkt ist, dass er seiner Schmerzsymptomatik willenlos ausgeliefert wäre. Der Kläger kann vielmehr mit eigener Willensanstrengung, ggf mit ärztlicher Hilfe die Schmerzsymptomatik, soweit sie sich nicht organisch erklären lässt, überwinden. Deshalb sind die chronische depressive Verstimmung und das chronische Schmerzsyndrom bei der sozialmedizinischen Beurteilung des beruflichen Leistungsvermögens des Klägers nach den Ausführungen von Dr.M. - in Übereistimmung mit den aktenkundigen nervenärztlichen Einschätzungen - nur von relativ geringem Gewicht.
Der Kläger ist noch vollschichtig einsatzfähig für leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes, die im Sitzen oder überwiegend im Sitzen ausgeübt werden. Zu vermeiden sind stresshafte Arbeitsbedingungen, Arbeiten mit Lärmbelästigung sowie mit längerem Stehen, ständigem Herumlaufen oder häufigem Treppensteigen. Wegen des chronischen Bronchialleidens sollten Expositionen gegenüber bronchialreizenden Gasen und Stoffen sowie Hitzeeinwirkung und Arbeiten, bei denen die Haut stärkeren mechanischen oder Feuchtbelastungen ausgesetzt wird oder bei denen die Haut stärkere Verschmutzungen erleidet, vermieden werden. Arbeiten, die diesen Erfordernissen entsprechend, sind dem Kläger vollschichtig zumutbar.
Bezüglich der von Frau Dr.L. und Prof.Dr.D. angenommenen untervollschichtigen Einsetzbarkeit ist - wie Dr.M. betont hat - darauf hinzuweisen, dass diese ihre abweichende Beurteilung auf fachfremde Gesundheitsstörungen und Überlegungen gestützt und diese überbewertet haben. Der Kläger ist vielmehr zur Überzeugung des Senats in der Lage, bei Beachtung der von Dr.M. aufgezeigten Einsatzbeschränkungen regelmäßig leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes vollschichtig zu verrichten. Auf entsprechende Tätigkeiten muss er sich zumutbar verweisen lassen. Denn er genießt nach seinem beruflichen Werdegang und im Hinblick auf sein versicherungspflichtiges Erwerbsleben keinen Berufsschutz. Der Kläger hat keine Prüfung in einem Fachberuf abgelegt und war auch nicht als Facharbeiter oder längerfristig als angelernter Arbeiter versicherunspflichtig beschäftigt. Bei den im Rentenverfahren angegebenen Berufsverrichtungen handelt es sich durchwegs um ungelernte Arbeiten - das gilt auch für die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Reinigungsarbeiter -, für die erfahrungsgemäß eine Einarbeitung von wenigen Tagen genügt. Der Kläger ist daher im Rahmen des vom BSG entwickelten Mehrstufenschemas ohne Einschränkungen auf ungelernte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verweisbar.
Da der Kläger unter Einbeziehung aller bei ihm festgestellten Gesundheitsstörungen nicht an der Ausübung einer regelmäßigen Ganztagsbeschäftigung gehindert ist, braucht vorliegend eine zustandsangemessene Tätigkeit weder nachgewiesen noch benannt zu werden. Denn solange ein Versicherter imstande ist, unter betriebsüblichen Bedingungen noch vollschichtg und regelmäßig Erwerbsarbeit zu leisten, besteht keine Pflicht der Verwaltung und Gerichte, konkrete Arbeitsplätze und Verweisungstätigkeiten mit im Einzelnen nachprüfbaren Belastungselementen zu benennen. Vielmehr ist in solchen Fällen von einer ausreichenden Zahl vorhandener Arbeitsplätze auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt auszugehen (BSG SozR 2000 § 1246 Nr 90).
Für den streitigen Rentenanspruch ist schließlich auch der Umstand unbeachtlich, dass der Kläger keinen seinem Leistungsvermögen angepassten Arbeitsplatz inne hat. Der Senat verkennt nicht, dass es für den Kläger mit Rücksicht auf die gegenwärtige Arbeitsmarktlage und insbesondere im Hinblick auf seine Arbeitsentwöhnung schwierig sein wird, einen zustandsangemessenen Arbeitsplatz in abhängiger Beschäftigung zu finden. Dieses Risiko hat jedoch nicht der hier beklagte Rentenversicherungsträger, sondern die Arbeitslosenversicherung zu tragen.
Beim Kläger liegen somit die Voraussetzungen des Anspruchs auf Rente wegen BU nicht vor. Daraus folgt zugleich, dass auch ein Anspruch auf Rente wegen EU, der an noch weitergehende Voraussetzungen geknüpft ist, nicht besteht. Die Berufung des Klägers musste daher zurückgewiesen werden.
Aufgrund seines vollschichtigen Einsatzvermögens erfüllt der Kläger auch nicht die Voraussetzungen des durch Art 1 Nr 19 des Rentenreformgesetzes 1999 neu gefassten und durch Art 1 Nr 10 des Gesetzes zur Reform der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit vom 20.12.2000 - BGBl I 1827 - geänderten, am 01.01.2001 in Kraft getretenen § 43 SGB VI. Nach dessen Abs 1 hat bis zur Vollendung des 65.Lebensjahres Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wer (neben weiteren Leistungsvoraussetzungen) wegen Krankheit oder Behinderung außerstande ist, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Eine quantitative Einschränkung der betriebsüblichen Arbeitszeit von täglich acht Stunden liegt jedoch - wie bereits ausgeführt wurde - beim Kläger nicht vor.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs 2 SGG liegen nicht vor.
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