Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
20
1. Instanz
SG Nürnberg (FSB)
Aktenzeichen
S 4 Ar 902/96
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 20 RJ 472/97
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Das Ziel der Eingliederung durch Maßnahmen zur beruflichen Rehabilitation ist nicht schon mit dem Abschluß der Ausbildung selbst, sondern erst dann erreicht, wenn der Behinderte konkret und auf Dauer in Arbeit vermittelt wurde (Anschluß an BSG, Urteil vom 16.06.1994 - 13 RJ 79/93 -).
2. Nach erfolgreicher Beendigung einer in sich geschlossenen Maßnahme zur beruflichen Rehabilitation (Ausbildung zum Kinderpfleger), die im Vergleich zum bisher erreichten Stand beruflicher Bildung bereits zu einer Höherqualifizierung geführt hat, besteht auch dann kein Rechtsanspruch des Behinderten auf Förderung einer weiteren Umschulung (zum Erzieher), wenn ihm durch die zweijährige Ausbildung zum Kinderpfleger keine berufliche Qualifikation auf Facharbeiterebene vermittelt wurde.
3. Zwar kann die Gewährung berufsfördernder Leistungen über die Dauer von zwei Jahren hinaus nicht nur im Hinblick auf Art und Schwere der Behinderung, sondern auch mit Rücksicht auf die Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes in Betracht kommen. Bei (ebenfalls fraglicher) Vermittlungsaussicht für den
angestrebten Beruf des Erziehers hält sich der beklagte Rentenversicherungsträger im Rahmen des gesetzlich eingeräumten Ermessens, wenn er in Anerkennung seiner fortbestehenden Verpflichtung zur Rehabilitation anstelle einer zweijährigen Folgeausbildung (zum Erzieher) lediglich Leistungen zur Erlangung eines Arbeitsplatzes in Form von Eingliederungshilfen (§ 16 Abs 2 Nr 1 SGB VI) gewährt.
2. Nach erfolgreicher Beendigung einer in sich geschlossenen Maßnahme zur beruflichen Rehabilitation (Ausbildung zum Kinderpfleger), die im Vergleich zum bisher erreichten Stand beruflicher Bildung bereits zu einer Höherqualifizierung geführt hat, besteht auch dann kein Rechtsanspruch des Behinderten auf Förderung einer weiteren Umschulung (zum Erzieher), wenn ihm durch die zweijährige Ausbildung zum Kinderpfleger keine berufliche Qualifikation auf Facharbeiterebene vermittelt wurde.
3. Zwar kann die Gewährung berufsfördernder Leistungen über die Dauer von zwei Jahren hinaus nicht nur im Hinblick auf Art und Schwere der Behinderung, sondern auch mit Rücksicht auf die Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes in Betracht kommen. Bei (ebenfalls fraglicher) Vermittlungsaussicht für den
angestrebten Beruf des Erziehers hält sich der beklagte Rentenversicherungsträger im Rahmen des gesetzlich eingeräumten Ermessens, wenn er in Anerkennung seiner fortbestehenden Verpflichtung zur Rehabilitation anstelle einer zweijährigen Folgeausbildung (zum Erzieher) lediglich Leistungen zur Erlangung eines Arbeitsplatzes in Form von Eingliederungshilfen (§ 16 Abs 2 Nr 1 SGB VI) gewährt.
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 23. Juli 1997 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger eine - weitere - Maßnahme der beruflichen Rehabilitation zu gewähren.
Der am ...1962 geborene Kläger hat nach Absolvierung der Hauptschule eine Metzgerlehre nach drei Monaten abgebrochen. Von 1979 bis 1986 arbeitete er als Angestellter in der Computerfirma seines Schwagers. Eine 1986 begonnene Umschulung zum Kälteanlagenbauer hat er abgebrochen und anschließend kurzfristig als Verkaufsfahrer und Bauhelfer gearbeitet. Ab 12.07.1991 war er arbeitslos und arbeitsunfähig krank. Nach Durchführung einer Entwöhnungsbehandlung (19.11.1992 - 18.05.1993) war der Kläger vom 01.08.1993 bis 31.07.1994 als Betreuungshelfer beim ... beschäftigt.
Auf seinen Antrag vom 07.04.1993 bewilligte ihm die Beklagte mit Bescheid vom 08.04.1994 eine Ausbildung zum Kinderpfleger, die er in der Zeit vom 13.09.1994 bis 31.07.1996 in der Staatl. Berufsfachschule für Kinderpflege mit Berufsaufbauschule Höchstadt/Aisch erfolgreich absolvierte.
Während dieser Ausbildung beantragte der Kläger am 16.01.1996 als weitere Maßnahme der beruflichen Rehabilitation die Ausbildung zum Erzieher. Diesen Antrag lehnte die Beklagte nach Beinahme einer Auskunft des Landesarbeitsamtes (LAA) Nordrhein-Westfalen über Arbeitslose und gemeldete offene Stellen auf dem Arbeitsmarkt für Kinderpfleger in Nordrhein-Westfalen durch Bescheid vom 17.04.1996 und Widerspruchsbescheid vom 29.10.1996 mit der Begründung ab, die berufliche Rehabilitation sei mit der Ausbildung zum Kinderpfleger auch dann abgeschlossen, wenn dadurch - in Nordrhein-Westfalen - ein qualifizierter beruflicher Abschluß nicht garantiert sei. Auch eine erfolgreiche Ausbildung unterhalb dieses Niveaus erfülle die Zielsetzung der beruflichen Rehabilitation im Sinne der gesetzlichen Rentenversicherung.
Das hiergegen angerufene Sozialgericht (SG) Nürnberg hat im vorbereitenden Verfahren eine Auskunft des LAA Nordbayern über gemeldete offene Stellen für Kinderpfleger/-innen, über das Verhältnis Arbeitslose zu offenen Stellen und die Aussichten auf Erlangung eines Arbeitsplatzes (seit 1993) sowie zu einer evtl. Verschlechterung der Vermittlungsmöglichkeiten und den Vermittlungschancen von Kinderpflegern/-innen und Erziehern/-innen eingeholt.
Mit Urteil vom 23.07.1997 hat das SG die Klage abgewiesen: Im Rahmen der beruflichen Rehabilitation sei keine möglichst hohe Qualifikation zu finanzieren, vorrangig sei vielmehr die Sicherung des erreichten sozialen Status. Gerade unter Berücksichtigung der Tatsache, daß der Kläger bisher keine Berufsausbildung abgeschlossen habe, sei eine Rehabilitation auch ohne qualifizierten Abschluß denkbar. Der Kläger habe bereits eine Höherqualifizierung erfahren, da er durch die Umschulung zum Kinderpfleger zum ersten Mal eine qualifizierte Berufsausbildung abgeschlossen habe. Daß eine Rehabilitation ausnahmsweise nur durch eine länger als zwei Jahre dauernde Ausbildung erreicht werden könne, sei nicht ersichtlich. Auch unter Berücksichtigung der Arbeitsmarktlage sei trotz besserer Vermittlungschancen die weitere Ausbildung zum Erzieher nicht zwingend. Abgesehen von der Zumutbarkeit einer gewissen "Sucharbeitslosigkeit" dränge sich wegen der insgesamt ungünstigen Prognose auf dem Arbeitsmarkt für Erzieher eine weitere Umschulung nicht gerade auf. Andererseits sei das Rehabilitationsziel noch nicht erreicht. Die Beklagte bleibe auch in zeitlicher Hinsicht zuständig und gesamtverantwortlich, bis die Rehabilitation mit dauerhaftem Erfolg abgeschlossen sei. Dabei werde es ihre Aufgabe sein, den Kläger in Zusammenarbeit mit dem zuständigen Arbeitsamt wieder in das Arbeitsleben einzugliedern.
Mit der hiergegen eingelegten Berufung macht der Kläger im wesentlichen geltend, ohne Aussicht auf Vermittlung eines entsprechenden Arbeitsplatzes - trotz intensivster Bemühungen habe er nur Absagen erhalten - stelle die bisher geförderte Ausbildung zum Kinderpfleger keine erfolgreiche Rehabilitation dar. Während er als Mann in dem von Frauen dominierten Bereich der Kinderpflege erhöhte Akzeptanzprobleme habe, würden männliche Erzieher vermehrt mit Organisations- und Verwaltungstätigkeiten beschäftigt; sie hätten deshalb in diesem Berufsfeld deutlich bessere Vermittlungsaussichten.
Die Beklagte wendet gegen das Klagebehren ein, sie habe durch die von ihr getragene Umschulung bereits für 23 Monate berufsfördernde Leistungen erbracht, wodurch der Kläger voll rehabilitiert sei. Eine eine weitere (mehrjährige) Ausbildung zum Erzieher würde die Solidargemeinschaft der Rentenversicherten unnötig belasten. Im Rahmen der beruflichen Rehabilitation solle der Rentenversicherungsträger (RVTr) nicht vorrangig einzelnen Versicherten eine möglichst hohe Qualifikation finanzieren; zu seinen gesetzlichen Aufgaben gehöre es vielmehr, die Erwerbsfähigkeit bei möglichst vielen Versicherten zu bessern oder wiederherzustellen. Das bedeute vor allem die Sicherung des vom Behinderten erreichten sozialen Standorts im Berufs- und Erwerbsleben. Diesem Auftrag könne der Rentenversicherungsträger zu allererst nur genügen, wenn er die Dauer der förderungsfähigen beruflichen Maßnahmen auf das nach dem Gesetzeszweck notwendige Maß beschränke. In entsprechender Anwendung des BSG-Urteils vom 16.06.1994 - 13 RJ 79/93 - sei die Beklagte jedoch dem Grunde nach bereit, Leistungen zur Erlangung eines Arbeitsplatzes in Form von Eingliederungshilfen bzw. Einarbeitungszuschüssen zu bewilligen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 23.07.1997 sowie den Bescheid vom 17.04.1996 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.10.1996 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, ihm weitere berufsfördernde Leistungen zur Rehabilitation in Form einer Ausbildung zum Erzieher zu bewilligen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Beigezogen waren neben der Klageakte des SG Nürnberg S 4 Ar 902/96 die Rehabilitationsunterlagen der Beklagten sowie die Leistungs- und Rehabilitationsunterlagen des Arbeitsamtes Nürnberg, auf deren Inhalt zur Ergänzung des Tatbestands verwiesen wird.
Entscheidungsgründe:
Die nach § 143 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte Berufung ist form- und fristgerecht eingelegt (§ 151 SGG) und auch im übrigen zulässig (§ 144 SGG).
Die Berufung ist aber nicht begründet. Das SG hat zutreffend entschieden, daß die Beklagte nicht verpflichtet ist, dem Kläger als weitere Maßnahme der beruflichen Rehabilitation eine Ausbildung zum Erzieher zu gewähren. Die ablehnende Entscheidung der Beklagten entspricht vielmehr den gesetzlichen Vorschriften.
In Übereinstimmung mit dem angefochtenen Urteil ist zwar davon auszugehen, daß vorliegend das Rehabilitationsziel noch nicht erreicht ist, da der Kläger nach der von der Beklagten geförderten Ausbildung zum Kinderpfleger noch keinen entsprechenden Arbeitsplatz erlangt hat. Insoweit wurde von seiten des Klägers zu Recht darauf hingewiesen, das Ziel seiner Eingliederung sei nicht schon mit dem Abschluß der Ausbildung selbst erreicht, sondern erst dann, wenn er konkret und auf Dauer in Arbeit vermittelt werde. Eine berufliche Rehabilitation, die sich darauf beschränkt, Kenntnisse und Fähigkeiten zu vermitteln, bleibt auf halbem Wege stehen. Im Sinne der finalen Ausrichtung aller Reha-Leistungen ist das Ziel einer berufsfördernden Maßnahme erst mit Aufnahme einer Tätigkeit im Umschulungsberuf erreicht. Die im Rahmen der beruflichen Rehabilitation bewilligten Bildungsmaßnahmen stellen keinen Selbstzweck dar, sondern erfüllen nur dann einen Sinn, wenn die dabei erworbene Qualifikation in das Erwerbsleben eingebracht und dort verwertet werden kann.
Im Falle des Klägers ist aber zu berücksichtigen, daß die Ausbildung zum Kinderpfleger eine in sich abgeschlossene Maßnahme darstellt und es "nur" noch der (kostenneutralen) Vermittlung eines entsprechenden Arbeitsplatzes durch die Arbeitsverwaltung bedarf. Bei der Auswahl eines Umschulungsberufes/einer Ausbildung ist - wie vom SG zutreffend ausgeführt wurde - auch auf die Lage des Arbeitsmarktes Rücksicht zu nehmen; denn berufsfördernde Leistungen im Sinne des § 16 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) sind darauf auszurichten, den Betreuten möglichst auf Dauer beruflich einzugliedern (vgl. z.B. §§ 2 Abs. 3 und 8 Abs. 2 der Vereinbarung über berufliche Rehabilitation zwischen dem Verband Deutscher RVTr und der Bundesanstalt für Arbeit vom 30. März 1993 - Vereinbarung 93). Dem würde es widersprechen, die Umschulung für einen Beruf zu fördern, in dem der Versicherte voraussichtlich nach Abschluß der Umschulung praktisch keine Chance zur Erlangung eines Arbeitsplatzes hat. Ob ein solcher Fall hier gegeben ist, kann der Senat letztlich offenlassen. Insoweit hat das SG zu Recht darauf hingewiesen, im Hinblick auf die Auskünfte des LAA Nordrhein-Westfalen und des LAA Nordbayern sei nicht von vorneherein jede Aussicht entfallen, daß der Kläger auf dem Arbeitsmarkt als Kinderpfleger unterkommen könne, zumal er in die Warteliste der Stadt Erlangen aufgenommen sei.
Abweichend davon geht der Kläger, insbesondere nach seinem Vorbringen im Widerspruchs- und Klageverfahren, davon aus, daß seine Ausbildung zum Kinderpfleger "sinnlos" gewesen sei, weil von Anfang an keine realistische Vermittlungschance auf dem speziellen Arbeitsmarkt dieser Berufssparte bestanden habe. Für die Richtigkeit dieser Annahme könnte sprechen, daß seit dem erfolgreichen Abschluß der Umschulung (im Juli 1996) bis zur mündlichen Verhandlung des Senats mehr als eineinhalb Jahre vergangen sind, ohne daß es - trotz fortlaufender eigener Bemühungen des Klägers und der Vermittlungstätigkeit des zuständigen Arbeitsamts - gelungen wäre, den Kläger auf einem entsprechenden Arbeitsplatz unterzubringen.
Auch wenn die Richtigkeit des klägerischen Vortrags unterstellt und damit die Berechtigung zur Durchführung der abgeschlossenen Umschulung als Kinderpfleger nachträglich in Frage gestellt wird, läßt sich damit das streitige Klagebegehren auf Förderung der Weiterbildung zum Erzieher nicht begründen.
Der Anspruch des Klägers auf eine weiterführende Ausbildung ergibt sich nicht bereits unter Heranziehung der Grundsätze der mehrfach zitierten Entscheidung des BSG vom 06.03.1991 - RAr 12/90 -. Den dort streitigen Anspruch auf Unterhaltsgeld als Zuschuß zur Förderung einer Ausbildung als Erzieherin hatten die Tatsacheninstanzen abgelehnt, weil die weitere Bildungsmaßnahme nicht notwendig gewesen sei, um eine berufliche Qualifikation zu erwerben (§ 44 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 Arbeitsförderungsgesetz); als staatlich anerkannte Kinderpflegerin habe die Klägerin schon vorher eine Qualifikation erreicht, die "mindestens der Facharbeiter-, Gesellen- oder Gehilfenprüfung" entspreche (§ 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 der Anordnung über die individuelle Förderung der beruflichen Fortbildung und Umschulung - AFuU). Das BSG ist zur gegenteiligen Auffassung gelangt, weil es die Ausbildung zur Kinderpflegerin (nach den in diesem Fall maßgeblichen Vorschriften des Landes Rheinland-Pfalz) nicht als den Lehrabschlußprüfungen für die Vergleichsberufe gleichwertig beurteilte. Mit Recht hat in diesem Zusammenhang schon das Erstgericht auf die zwischen Bayern und Rheinland-Pfalz unterschiedlichen Ausbildungsvoraussetzungen und Einsatzbedingungen für Kinderpfleger/-innen hingewiesen, welche die Übertragung der Grundsätze dieser BSG-Entscheidung auf den vorliegenden Fall in Frage stellen.
Das BSG hat mit der zitierten Entscheidung auch nicht - dem Verständnis des Klägers entsprechend - allgemein ausgesprochen, eine Umschulung zum Kinderpfleger stelle keine Reha-Maßnahme dar. Diese Frage war in der bezeichneten Streitsache nicht entscheidungserheblich; vielmehr hatte das BSG als Tatbestandsvoraussetzung des streitigen Anspruchs auf Unterhaltsgeld in Form eines Zuschusses nur zu prüfen, ob die frühere Kinderpflegerinnenausbildung der Klägerin im Ausgangsfall Beschäftigungsmöglichkeiten mindestens auf der Ebene der in § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AFuU genannten Vergleichsberufe eröffnete (was bejahendenfalls zur Feststellung geführt hätte, daß weitere Bildungsmaßnahmen entbehrlich seien).
Im Gegensatz zur Ausgangslage der als Vergleichsfall herangezogenen Streitsache des BSG war und ist für die streitige (weitere) berufliche Rehabilitation des Klägers vorliegend ohne Bedeutung, ob ihm durch die zweijährige Ausbildung zum Kinderpfleger eine berufliche Qualifikation auf Facharbeiterebene vermittelt wurde. Darauf war die dem Kläger bewilligte Umschulung nicht ausgerichtet; eine derartige Qualifizierung war auch nicht Ziel seiner beruflichen Wiedereingliederung. Ohnehin standen ganz im Vordergrund der Rehabilitation des Klägers zunächst medizinische Maßnahmen zur Überwindung seiner Alkoholkrankheit, die mit der stationären Behandlung in der Fachklinik Fredeburg sowie einer nachfolgenden Stabilisierung durch Kontakte zu einer Selbsthilfegruppe und die Unterstützung in einer betreuten Wohngruppe durchgeführt wurden. Negative Erfahrungen der Reha-Träger mit der Rückfallquote von Alkoholkranken, die nach dem Entzug nicht in ein stabilisierendes Umfeld kommen und insbesondere keine Tagesstrukturierung durch eine befriedigende Tätigkeit (im Arbeitsprozeß oder innerhalb von Reha-Maßnahmen) erfahren, mag auf die Entscheidung der Beklagten Einfluß genommen haben, dem Kläger eine auf zwei Jahre angelegte Umschulung anzubieten und damit bereits an die Grenze einer "längerdauernden" Fortbildung zu gehen (§ 19 Abs. 1 Satz 2 SGB VI). An sich wären auch zeitlich und finanziell weniger aufwendige Berufsförderungsmaßnahmen (etwa im Sinne des § 16 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI) in Betracht gekommen, da der Kläger - wie das SG ebenfalls zutreffend ausgeführt hat - nach seinem beruflichen Werdegang weitgehend uneingeschränkt auf Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verwiesen und in Anbetracht seiner (im Schlußbericht der Reha-Klinik Fredeburg vom 25.05.1993 wiedergegebenen) gesundheitlichen Verhältnisse in einer Vielzahl zustandsangemessener Tätigkeiten eingesetzt werden konnte.
Unter Rehabilitation durch den Rentenversicherungsträger sind regelmäßig nur Maßnahmen zu verstehen, die der Überwindung der Folgen einer Behinderung dienen. Die erhebliche Minderung der Erwerbsfähigkeit muß auf Krankheit oder körperlicher, geistiger oder seelischer Behinderung beruhen (§ 10 SGB VI). Daß der Kläger im Anschluß an die erfolgreiche Ausbildung zum Kinderpfleger keinen Arbeitsplatz erhalten hat, beruht jedoch nicht auf Krankheit oder sonstiger Behinderung, sondern ist Folge der (seit 1996 praktisch unveränderten, eher weiter verschlechterten) Arbeitsmarktsituation. Abgesehen davon soll aber "das Leistungsvermögen des Behinderten grundsätzlich voll ausgeschöpft werden, um durch eine möglichst hochwertige berufliche Ausbildung das Handicap der Behinderung zu überwinden. Die Rehabilitation erschöpft sich nicht darin, den früheren beruflichen und sozialen Status des Behinderten wiederherzustellen; eine vollwertige und dauerhafte Eingliederung ist nicht selten nur über einen beruflichen Aufstieg zu erreichen" (Gesetzesbegründung zu § 11 Abs. 1 Rehabilitations-Angleichungsgesetz - Bundestag- Drucksache 7/1237, 57).
Mit Recht ist das SG in den Gründen des angefochtenen Urteils davon ausgegangen, daß gemäß § 19 Abs. 1 Satz 2 SGB VI die Gewährung berufsfördernder Leistungen über die Dauer von zwei Jahren hinaus nicht nur mit Rücksicht auf Art und Schwere der Behinderung, sondern auch dann in Betracht kommt, wenn die Fristverlängerung durch Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes bedingt wird (in diesem Sinne ausdrücklich § 8 Abs. 2 Nr. 2 der Vereinbarung 93). Nach der Protokollnotiz zu § 8 (aaO) bedingen Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes keine längerdauernde Maßnahme, wenn das Reha-Ziel voraussichtlich durch eine Maßnahme innerhalb der Regelförderungsdauer von zwei Jahren erreicht werden kann. Davon ist die Beklagte bei Erlaß des Bewilligungsbescheides vom 08.04.1994 ausgegangen. Aufgrund der Erkenntnis, daß der Motivation des Rehabilitanden für den Ausbildungs- und Lernerfolg entscheidende Bedeutung zukommt, hat sich die Beklagte bei der Auswahl und Bewilligung berufsfördernder Leistungen für den Kläger weitgehend an dessen Wünschen orientiert, wie sie nach dem Inhalt der beigezogenen Reha-Akte in mehreren Beratungsgesprächen und im Rahmen der psychologischen Begutachtung beim Arbeitsamt Nürnberg (am 09.12.1993) zum Ausdruck gekommen waren. Daß im Spannungsfeld zwischen Eignung und Neigung des Versicherten (vgl. § 16 Abs. 2 Satz 1 SGB VI) auf der einen und den künftigen Vermittlungschancen im angestrebten Beruf auf der anderen Seite mitunter Kompromisse (zugunsten des Reha-Bewerbers) eingegangen werden, die sich rückschauend als "Fehlinvestition" zu Lasten der Versichertengemeinschaft herausstellen, erscheint bei den auf Prognosen angewiesenen Verwaltungsentscheidungen nahezu unvermeidbar.
Zusammenfassend hat die Beklagte mit der Bewilligung und Finanzierung der zweijährigen Berufsausbildung des Klägers zum Kinderpfleger im Zeitraum von September 1994 bis Juli 1996 die gemäß § 16 Abs. 1 Nr. 3 SGB VI in Betracht kommenden berufsfördernden Leistungen zur Rehabilitation ermessensfehlerfrei erbracht. Eine gleichartige Förderung der Ausbildung zum Erzieher steht dem Kläger nicht zu; insbesondere kann er nicht verlangen, daß die Beklagte den (vom Kläger im Zusammenhang mit der Umschulung als Kinderpfleger selbst beanstandeten) Fehler wiederholt und erneut eine Förderung ohne Berücksichtigung der fraglichen Vermittlungsaussichten bewilligt. Die Auskunft des Landesarbeitsamtes Nordbayern vom 08.04.1997, daß im Beruf des Erziehers die Vermittlungsaussichten speziell für Männer "erheblich günstiger zu bewerten sind als im Beruf des Kinderpflegers", ist nach den mitgeteilten Zahlen zwar zu bestätigen, wurde jedoch - gemessen an den Gesamtaussagen der berufskundlichen Auskunft - vom SG mit Recht dahin interpretiert, daß die Aussicht des Klägers, nach einer zweijährigen Folgeausbildung als Erzieher vermittelt zu werden, ungeachtet erschwerender Umstände wie Alter und Krankheitsvorgeschichte äußerst ungünstig zu beurteilen sind.
Nach alledem ist nicht ersichtlich, daß die Beklagte bei der Ablehnung der weiteren Ausbildung zum Erzieher die gesetzlichen Grenzen ihres Ermessens überschritten oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat (§ 54 Abs. 2 Satz 2 SGG).
Allerdings ist die berufliche Rehabilitation des Klägers noch nicht abgeschlossen, da ihr Ziel einer dauerhaften Wiedereingliederung in das Erwerbsleben noch nicht erreicht wurde. Insoweit bleibt die Beklagte für Maßnahmen der beruflichen Rehabilitation weiterhin zuständig. Dementsprechend hat sie sich im Schriftsatz vom 02.01.1998 bereit erklärt, Leistungen zur Erlangung eines Arbeitsplatzes in Form von Eingliederungshilfen bzw. Einarbeitungszuschüssen zu bewilligen. Deren Umfang und Ausgestaltung waren aber nicht Gegenstand des Rechtsstreits, weil vom Kläger - im Sinne einer Ermessensreduzierung auf Null - ausschließlich die Bewilligung der Ausbildung zum Erzieher begehrt wurde.
Ist der Versicherte trotz aller Vermittlungsbemühungen nach Abschluß einer erfolgreich beendeten Umschulung ununterbrochen arbeitslos, kann der Rentenversicherungsträger als Träger dieser Umschulung eine zur dauerhaften Eingliederung in Arbeit und Beruf notwendig werdende Maßnahme (z.B. Auffrischungslehrgang) als Anpassungsmaßnahme durchführen, wenn diese spätestens 18 Monate nach Abschluß der Umschulung beginnt (so VDR-Kommentar, Stand Jan. 1997, Anm. 7.2 zu § 16 SGB VI). Die letztgenannte Einschränkung des § 2 Abs. 3 Vereinbarung 93 (spätestens 18 Monate ...) ist aufgrund der Entscheidung des BSG vom 16.09.1994 - 13 RJ 79/93 - nicht mehr grundsätzlich zu beachten. Im Einzelfall kann daher auch noch zu einem späteren Zeitpunkt die Zuständigkeit des Rentenversicherungsträgers gegeben sein, da sich dessen Prüfung einzelfallbezogen an der Erreichbarkeit des Reha-Ziels (Wiedereingliederung) zu orientieren hat.
Die Berufung war daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nrn 1 und 2 SGG liegen nicht vor.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger eine - weitere - Maßnahme der beruflichen Rehabilitation zu gewähren.
Der am ...1962 geborene Kläger hat nach Absolvierung der Hauptschule eine Metzgerlehre nach drei Monaten abgebrochen. Von 1979 bis 1986 arbeitete er als Angestellter in der Computerfirma seines Schwagers. Eine 1986 begonnene Umschulung zum Kälteanlagenbauer hat er abgebrochen und anschließend kurzfristig als Verkaufsfahrer und Bauhelfer gearbeitet. Ab 12.07.1991 war er arbeitslos und arbeitsunfähig krank. Nach Durchführung einer Entwöhnungsbehandlung (19.11.1992 - 18.05.1993) war der Kläger vom 01.08.1993 bis 31.07.1994 als Betreuungshelfer beim ... beschäftigt.
Auf seinen Antrag vom 07.04.1993 bewilligte ihm die Beklagte mit Bescheid vom 08.04.1994 eine Ausbildung zum Kinderpfleger, die er in der Zeit vom 13.09.1994 bis 31.07.1996 in der Staatl. Berufsfachschule für Kinderpflege mit Berufsaufbauschule Höchstadt/Aisch erfolgreich absolvierte.
Während dieser Ausbildung beantragte der Kläger am 16.01.1996 als weitere Maßnahme der beruflichen Rehabilitation die Ausbildung zum Erzieher. Diesen Antrag lehnte die Beklagte nach Beinahme einer Auskunft des Landesarbeitsamtes (LAA) Nordrhein-Westfalen über Arbeitslose und gemeldete offene Stellen auf dem Arbeitsmarkt für Kinderpfleger in Nordrhein-Westfalen durch Bescheid vom 17.04.1996 und Widerspruchsbescheid vom 29.10.1996 mit der Begründung ab, die berufliche Rehabilitation sei mit der Ausbildung zum Kinderpfleger auch dann abgeschlossen, wenn dadurch - in Nordrhein-Westfalen - ein qualifizierter beruflicher Abschluß nicht garantiert sei. Auch eine erfolgreiche Ausbildung unterhalb dieses Niveaus erfülle die Zielsetzung der beruflichen Rehabilitation im Sinne der gesetzlichen Rentenversicherung.
Das hiergegen angerufene Sozialgericht (SG) Nürnberg hat im vorbereitenden Verfahren eine Auskunft des LAA Nordbayern über gemeldete offene Stellen für Kinderpfleger/-innen, über das Verhältnis Arbeitslose zu offenen Stellen und die Aussichten auf Erlangung eines Arbeitsplatzes (seit 1993) sowie zu einer evtl. Verschlechterung der Vermittlungsmöglichkeiten und den Vermittlungschancen von Kinderpflegern/-innen und Erziehern/-innen eingeholt.
Mit Urteil vom 23.07.1997 hat das SG die Klage abgewiesen: Im Rahmen der beruflichen Rehabilitation sei keine möglichst hohe Qualifikation zu finanzieren, vorrangig sei vielmehr die Sicherung des erreichten sozialen Status. Gerade unter Berücksichtigung der Tatsache, daß der Kläger bisher keine Berufsausbildung abgeschlossen habe, sei eine Rehabilitation auch ohne qualifizierten Abschluß denkbar. Der Kläger habe bereits eine Höherqualifizierung erfahren, da er durch die Umschulung zum Kinderpfleger zum ersten Mal eine qualifizierte Berufsausbildung abgeschlossen habe. Daß eine Rehabilitation ausnahmsweise nur durch eine länger als zwei Jahre dauernde Ausbildung erreicht werden könne, sei nicht ersichtlich. Auch unter Berücksichtigung der Arbeitsmarktlage sei trotz besserer Vermittlungschancen die weitere Ausbildung zum Erzieher nicht zwingend. Abgesehen von der Zumutbarkeit einer gewissen "Sucharbeitslosigkeit" dränge sich wegen der insgesamt ungünstigen Prognose auf dem Arbeitsmarkt für Erzieher eine weitere Umschulung nicht gerade auf. Andererseits sei das Rehabilitationsziel noch nicht erreicht. Die Beklagte bleibe auch in zeitlicher Hinsicht zuständig und gesamtverantwortlich, bis die Rehabilitation mit dauerhaftem Erfolg abgeschlossen sei. Dabei werde es ihre Aufgabe sein, den Kläger in Zusammenarbeit mit dem zuständigen Arbeitsamt wieder in das Arbeitsleben einzugliedern.
Mit der hiergegen eingelegten Berufung macht der Kläger im wesentlichen geltend, ohne Aussicht auf Vermittlung eines entsprechenden Arbeitsplatzes - trotz intensivster Bemühungen habe er nur Absagen erhalten - stelle die bisher geförderte Ausbildung zum Kinderpfleger keine erfolgreiche Rehabilitation dar. Während er als Mann in dem von Frauen dominierten Bereich der Kinderpflege erhöhte Akzeptanzprobleme habe, würden männliche Erzieher vermehrt mit Organisations- und Verwaltungstätigkeiten beschäftigt; sie hätten deshalb in diesem Berufsfeld deutlich bessere Vermittlungsaussichten.
Die Beklagte wendet gegen das Klagebehren ein, sie habe durch die von ihr getragene Umschulung bereits für 23 Monate berufsfördernde Leistungen erbracht, wodurch der Kläger voll rehabilitiert sei. Eine eine weitere (mehrjährige) Ausbildung zum Erzieher würde die Solidargemeinschaft der Rentenversicherten unnötig belasten. Im Rahmen der beruflichen Rehabilitation solle der Rentenversicherungsträger (RVTr) nicht vorrangig einzelnen Versicherten eine möglichst hohe Qualifikation finanzieren; zu seinen gesetzlichen Aufgaben gehöre es vielmehr, die Erwerbsfähigkeit bei möglichst vielen Versicherten zu bessern oder wiederherzustellen. Das bedeute vor allem die Sicherung des vom Behinderten erreichten sozialen Standorts im Berufs- und Erwerbsleben. Diesem Auftrag könne der Rentenversicherungsträger zu allererst nur genügen, wenn er die Dauer der förderungsfähigen beruflichen Maßnahmen auf das nach dem Gesetzeszweck notwendige Maß beschränke. In entsprechender Anwendung des BSG-Urteils vom 16.06.1994 - 13 RJ 79/93 - sei die Beklagte jedoch dem Grunde nach bereit, Leistungen zur Erlangung eines Arbeitsplatzes in Form von Eingliederungshilfen bzw. Einarbeitungszuschüssen zu bewilligen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 23.07.1997 sowie den Bescheid vom 17.04.1996 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.10.1996 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, ihm weitere berufsfördernde Leistungen zur Rehabilitation in Form einer Ausbildung zum Erzieher zu bewilligen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Beigezogen waren neben der Klageakte des SG Nürnberg S 4 Ar 902/96 die Rehabilitationsunterlagen der Beklagten sowie die Leistungs- und Rehabilitationsunterlagen des Arbeitsamtes Nürnberg, auf deren Inhalt zur Ergänzung des Tatbestands verwiesen wird.
Entscheidungsgründe:
Die nach § 143 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte Berufung ist form- und fristgerecht eingelegt (§ 151 SGG) und auch im übrigen zulässig (§ 144 SGG).
Die Berufung ist aber nicht begründet. Das SG hat zutreffend entschieden, daß die Beklagte nicht verpflichtet ist, dem Kläger als weitere Maßnahme der beruflichen Rehabilitation eine Ausbildung zum Erzieher zu gewähren. Die ablehnende Entscheidung der Beklagten entspricht vielmehr den gesetzlichen Vorschriften.
In Übereinstimmung mit dem angefochtenen Urteil ist zwar davon auszugehen, daß vorliegend das Rehabilitationsziel noch nicht erreicht ist, da der Kläger nach der von der Beklagten geförderten Ausbildung zum Kinderpfleger noch keinen entsprechenden Arbeitsplatz erlangt hat. Insoweit wurde von seiten des Klägers zu Recht darauf hingewiesen, das Ziel seiner Eingliederung sei nicht schon mit dem Abschluß der Ausbildung selbst erreicht, sondern erst dann, wenn er konkret und auf Dauer in Arbeit vermittelt werde. Eine berufliche Rehabilitation, die sich darauf beschränkt, Kenntnisse und Fähigkeiten zu vermitteln, bleibt auf halbem Wege stehen. Im Sinne der finalen Ausrichtung aller Reha-Leistungen ist das Ziel einer berufsfördernden Maßnahme erst mit Aufnahme einer Tätigkeit im Umschulungsberuf erreicht. Die im Rahmen der beruflichen Rehabilitation bewilligten Bildungsmaßnahmen stellen keinen Selbstzweck dar, sondern erfüllen nur dann einen Sinn, wenn die dabei erworbene Qualifikation in das Erwerbsleben eingebracht und dort verwertet werden kann.
Im Falle des Klägers ist aber zu berücksichtigen, daß die Ausbildung zum Kinderpfleger eine in sich abgeschlossene Maßnahme darstellt und es "nur" noch der (kostenneutralen) Vermittlung eines entsprechenden Arbeitsplatzes durch die Arbeitsverwaltung bedarf. Bei der Auswahl eines Umschulungsberufes/einer Ausbildung ist - wie vom SG zutreffend ausgeführt wurde - auch auf die Lage des Arbeitsmarktes Rücksicht zu nehmen; denn berufsfördernde Leistungen im Sinne des § 16 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) sind darauf auszurichten, den Betreuten möglichst auf Dauer beruflich einzugliedern (vgl. z.B. §§ 2 Abs. 3 und 8 Abs. 2 der Vereinbarung über berufliche Rehabilitation zwischen dem Verband Deutscher RVTr und der Bundesanstalt für Arbeit vom 30. März 1993 - Vereinbarung 93). Dem würde es widersprechen, die Umschulung für einen Beruf zu fördern, in dem der Versicherte voraussichtlich nach Abschluß der Umschulung praktisch keine Chance zur Erlangung eines Arbeitsplatzes hat. Ob ein solcher Fall hier gegeben ist, kann der Senat letztlich offenlassen. Insoweit hat das SG zu Recht darauf hingewiesen, im Hinblick auf die Auskünfte des LAA Nordrhein-Westfalen und des LAA Nordbayern sei nicht von vorneherein jede Aussicht entfallen, daß der Kläger auf dem Arbeitsmarkt als Kinderpfleger unterkommen könne, zumal er in die Warteliste der Stadt Erlangen aufgenommen sei.
Abweichend davon geht der Kläger, insbesondere nach seinem Vorbringen im Widerspruchs- und Klageverfahren, davon aus, daß seine Ausbildung zum Kinderpfleger "sinnlos" gewesen sei, weil von Anfang an keine realistische Vermittlungschance auf dem speziellen Arbeitsmarkt dieser Berufssparte bestanden habe. Für die Richtigkeit dieser Annahme könnte sprechen, daß seit dem erfolgreichen Abschluß der Umschulung (im Juli 1996) bis zur mündlichen Verhandlung des Senats mehr als eineinhalb Jahre vergangen sind, ohne daß es - trotz fortlaufender eigener Bemühungen des Klägers und der Vermittlungstätigkeit des zuständigen Arbeitsamts - gelungen wäre, den Kläger auf einem entsprechenden Arbeitsplatz unterzubringen.
Auch wenn die Richtigkeit des klägerischen Vortrags unterstellt und damit die Berechtigung zur Durchführung der abgeschlossenen Umschulung als Kinderpfleger nachträglich in Frage gestellt wird, läßt sich damit das streitige Klagebegehren auf Förderung der Weiterbildung zum Erzieher nicht begründen.
Der Anspruch des Klägers auf eine weiterführende Ausbildung ergibt sich nicht bereits unter Heranziehung der Grundsätze der mehrfach zitierten Entscheidung des BSG vom 06.03.1991 - RAr 12/90 -. Den dort streitigen Anspruch auf Unterhaltsgeld als Zuschuß zur Förderung einer Ausbildung als Erzieherin hatten die Tatsacheninstanzen abgelehnt, weil die weitere Bildungsmaßnahme nicht notwendig gewesen sei, um eine berufliche Qualifikation zu erwerben (§ 44 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 Arbeitsförderungsgesetz); als staatlich anerkannte Kinderpflegerin habe die Klägerin schon vorher eine Qualifikation erreicht, die "mindestens der Facharbeiter-, Gesellen- oder Gehilfenprüfung" entspreche (§ 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 der Anordnung über die individuelle Förderung der beruflichen Fortbildung und Umschulung - AFuU). Das BSG ist zur gegenteiligen Auffassung gelangt, weil es die Ausbildung zur Kinderpflegerin (nach den in diesem Fall maßgeblichen Vorschriften des Landes Rheinland-Pfalz) nicht als den Lehrabschlußprüfungen für die Vergleichsberufe gleichwertig beurteilte. Mit Recht hat in diesem Zusammenhang schon das Erstgericht auf die zwischen Bayern und Rheinland-Pfalz unterschiedlichen Ausbildungsvoraussetzungen und Einsatzbedingungen für Kinderpfleger/-innen hingewiesen, welche die Übertragung der Grundsätze dieser BSG-Entscheidung auf den vorliegenden Fall in Frage stellen.
Das BSG hat mit der zitierten Entscheidung auch nicht - dem Verständnis des Klägers entsprechend - allgemein ausgesprochen, eine Umschulung zum Kinderpfleger stelle keine Reha-Maßnahme dar. Diese Frage war in der bezeichneten Streitsache nicht entscheidungserheblich; vielmehr hatte das BSG als Tatbestandsvoraussetzung des streitigen Anspruchs auf Unterhaltsgeld in Form eines Zuschusses nur zu prüfen, ob die frühere Kinderpflegerinnenausbildung der Klägerin im Ausgangsfall Beschäftigungsmöglichkeiten mindestens auf der Ebene der in § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AFuU genannten Vergleichsberufe eröffnete (was bejahendenfalls zur Feststellung geführt hätte, daß weitere Bildungsmaßnahmen entbehrlich seien).
Im Gegensatz zur Ausgangslage der als Vergleichsfall herangezogenen Streitsache des BSG war und ist für die streitige (weitere) berufliche Rehabilitation des Klägers vorliegend ohne Bedeutung, ob ihm durch die zweijährige Ausbildung zum Kinderpfleger eine berufliche Qualifikation auf Facharbeiterebene vermittelt wurde. Darauf war die dem Kläger bewilligte Umschulung nicht ausgerichtet; eine derartige Qualifizierung war auch nicht Ziel seiner beruflichen Wiedereingliederung. Ohnehin standen ganz im Vordergrund der Rehabilitation des Klägers zunächst medizinische Maßnahmen zur Überwindung seiner Alkoholkrankheit, die mit der stationären Behandlung in der Fachklinik Fredeburg sowie einer nachfolgenden Stabilisierung durch Kontakte zu einer Selbsthilfegruppe und die Unterstützung in einer betreuten Wohngruppe durchgeführt wurden. Negative Erfahrungen der Reha-Träger mit der Rückfallquote von Alkoholkranken, die nach dem Entzug nicht in ein stabilisierendes Umfeld kommen und insbesondere keine Tagesstrukturierung durch eine befriedigende Tätigkeit (im Arbeitsprozeß oder innerhalb von Reha-Maßnahmen) erfahren, mag auf die Entscheidung der Beklagten Einfluß genommen haben, dem Kläger eine auf zwei Jahre angelegte Umschulung anzubieten und damit bereits an die Grenze einer "längerdauernden" Fortbildung zu gehen (§ 19 Abs. 1 Satz 2 SGB VI). An sich wären auch zeitlich und finanziell weniger aufwendige Berufsförderungsmaßnahmen (etwa im Sinne des § 16 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI) in Betracht gekommen, da der Kläger - wie das SG ebenfalls zutreffend ausgeführt hat - nach seinem beruflichen Werdegang weitgehend uneingeschränkt auf Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verwiesen und in Anbetracht seiner (im Schlußbericht der Reha-Klinik Fredeburg vom 25.05.1993 wiedergegebenen) gesundheitlichen Verhältnisse in einer Vielzahl zustandsangemessener Tätigkeiten eingesetzt werden konnte.
Unter Rehabilitation durch den Rentenversicherungsträger sind regelmäßig nur Maßnahmen zu verstehen, die der Überwindung der Folgen einer Behinderung dienen. Die erhebliche Minderung der Erwerbsfähigkeit muß auf Krankheit oder körperlicher, geistiger oder seelischer Behinderung beruhen (§ 10 SGB VI). Daß der Kläger im Anschluß an die erfolgreiche Ausbildung zum Kinderpfleger keinen Arbeitsplatz erhalten hat, beruht jedoch nicht auf Krankheit oder sonstiger Behinderung, sondern ist Folge der (seit 1996 praktisch unveränderten, eher weiter verschlechterten) Arbeitsmarktsituation. Abgesehen davon soll aber "das Leistungsvermögen des Behinderten grundsätzlich voll ausgeschöpft werden, um durch eine möglichst hochwertige berufliche Ausbildung das Handicap der Behinderung zu überwinden. Die Rehabilitation erschöpft sich nicht darin, den früheren beruflichen und sozialen Status des Behinderten wiederherzustellen; eine vollwertige und dauerhafte Eingliederung ist nicht selten nur über einen beruflichen Aufstieg zu erreichen" (Gesetzesbegründung zu § 11 Abs. 1 Rehabilitations-Angleichungsgesetz - Bundestag- Drucksache 7/1237, 57).
Mit Recht ist das SG in den Gründen des angefochtenen Urteils davon ausgegangen, daß gemäß § 19 Abs. 1 Satz 2 SGB VI die Gewährung berufsfördernder Leistungen über die Dauer von zwei Jahren hinaus nicht nur mit Rücksicht auf Art und Schwere der Behinderung, sondern auch dann in Betracht kommt, wenn die Fristverlängerung durch Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes bedingt wird (in diesem Sinne ausdrücklich § 8 Abs. 2 Nr. 2 der Vereinbarung 93). Nach der Protokollnotiz zu § 8 (aaO) bedingen Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes keine längerdauernde Maßnahme, wenn das Reha-Ziel voraussichtlich durch eine Maßnahme innerhalb der Regelförderungsdauer von zwei Jahren erreicht werden kann. Davon ist die Beklagte bei Erlaß des Bewilligungsbescheides vom 08.04.1994 ausgegangen. Aufgrund der Erkenntnis, daß der Motivation des Rehabilitanden für den Ausbildungs- und Lernerfolg entscheidende Bedeutung zukommt, hat sich die Beklagte bei der Auswahl und Bewilligung berufsfördernder Leistungen für den Kläger weitgehend an dessen Wünschen orientiert, wie sie nach dem Inhalt der beigezogenen Reha-Akte in mehreren Beratungsgesprächen und im Rahmen der psychologischen Begutachtung beim Arbeitsamt Nürnberg (am 09.12.1993) zum Ausdruck gekommen waren. Daß im Spannungsfeld zwischen Eignung und Neigung des Versicherten (vgl. § 16 Abs. 2 Satz 1 SGB VI) auf der einen und den künftigen Vermittlungschancen im angestrebten Beruf auf der anderen Seite mitunter Kompromisse (zugunsten des Reha-Bewerbers) eingegangen werden, die sich rückschauend als "Fehlinvestition" zu Lasten der Versichertengemeinschaft herausstellen, erscheint bei den auf Prognosen angewiesenen Verwaltungsentscheidungen nahezu unvermeidbar.
Zusammenfassend hat die Beklagte mit der Bewilligung und Finanzierung der zweijährigen Berufsausbildung des Klägers zum Kinderpfleger im Zeitraum von September 1994 bis Juli 1996 die gemäß § 16 Abs. 1 Nr. 3 SGB VI in Betracht kommenden berufsfördernden Leistungen zur Rehabilitation ermessensfehlerfrei erbracht. Eine gleichartige Förderung der Ausbildung zum Erzieher steht dem Kläger nicht zu; insbesondere kann er nicht verlangen, daß die Beklagte den (vom Kläger im Zusammenhang mit der Umschulung als Kinderpfleger selbst beanstandeten) Fehler wiederholt und erneut eine Förderung ohne Berücksichtigung der fraglichen Vermittlungsaussichten bewilligt. Die Auskunft des Landesarbeitsamtes Nordbayern vom 08.04.1997, daß im Beruf des Erziehers die Vermittlungsaussichten speziell für Männer "erheblich günstiger zu bewerten sind als im Beruf des Kinderpflegers", ist nach den mitgeteilten Zahlen zwar zu bestätigen, wurde jedoch - gemessen an den Gesamtaussagen der berufskundlichen Auskunft - vom SG mit Recht dahin interpretiert, daß die Aussicht des Klägers, nach einer zweijährigen Folgeausbildung als Erzieher vermittelt zu werden, ungeachtet erschwerender Umstände wie Alter und Krankheitsvorgeschichte äußerst ungünstig zu beurteilen sind.
Nach alledem ist nicht ersichtlich, daß die Beklagte bei der Ablehnung der weiteren Ausbildung zum Erzieher die gesetzlichen Grenzen ihres Ermessens überschritten oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat (§ 54 Abs. 2 Satz 2 SGG).
Allerdings ist die berufliche Rehabilitation des Klägers noch nicht abgeschlossen, da ihr Ziel einer dauerhaften Wiedereingliederung in das Erwerbsleben noch nicht erreicht wurde. Insoweit bleibt die Beklagte für Maßnahmen der beruflichen Rehabilitation weiterhin zuständig. Dementsprechend hat sie sich im Schriftsatz vom 02.01.1998 bereit erklärt, Leistungen zur Erlangung eines Arbeitsplatzes in Form von Eingliederungshilfen bzw. Einarbeitungszuschüssen zu bewilligen. Deren Umfang und Ausgestaltung waren aber nicht Gegenstand des Rechtsstreits, weil vom Kläger - im Sinne einer Ermessensreduzierung auf Null - ausschließlich die Bewilligung der Ausbildung zum Erzieher begehrt wurde.
Ist der Versicherte trotz aller Vermittlungsbemühungen nach Abschluß einer erfolgreich beendeten Umschulung ununterbrochen arbeitslos, kann der Rentenversicherungsträger als Träger dieser Umschulung eine zur dauerhaften Eingliederung in Arbeit und Beruf notwendig werdende Maßnahme (z.B. Auffrischungslehrgang) als Anpassungsmaßnahme durchführen, wenn diese spätestens 18 Monate nach Abschluß der Umschulung beginnt (so VDR-Kommentar, Stand Jan. 1997, Anm. 7.2 zu § 16 SGB VI). Die letztgenannte Einschränkung des § 2 Abs. 3 Vereinbarung 93 (spätestens 18 Monate ...) ist aufgrund der Entscheidung des BSG vom 16.09.1994 - 13 RJ 79/93 - nicht mehr grundsätzlich zu beachten. Im Einzelfall kann daher auch noch zu einem späteren Zeitpunkt die Zuständigkeit des Rentenversicherungsträgers gegeben sein, da sich dessen Prüfung einzelfallbezogen an der Erreichbarkeit des Reha-Ziels (Wiedereingliederung) zu orientieren hat.
Die Berufung war daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nrn 1 und 2 SGG liegen nicht vor.
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