Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
16
1. Instanz
SG Landshut (FSB)
Aktenzeichen
S 7 RJ 151/99 A
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 16 RJ 479/00
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 26.07.2000 wird zurückgewiesen.
II. Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit.
Der am 1958 geborene Kläger ist jugoslawischer Staatsangehöriger. Nachdem er in seiner Heimat 8 Jahre die Volksschule und 1 Jahr die Berufsschule zur Ausbildung zum Fräser besucht hatte, arbeitete er von 1977 bis 1988 in Deutschland als Fabrikarbeiter, und zuletzt vom 06.07. bis zum 02.11.1987 als Kraftfahrer; für diese Tätigkeit wurde vom Arbeitgeber bestätigt, dass er dort nach einer freien Vereinbarung wie nach dem Tarifvertrag für den Groß- und Außenhandel Baden-Württemberg in Lohngruppe 5 als mit einer Fachausbildung gleichgesetzt entlohnt wurde. Anschließend war er bis 1995 wieder in Jugoslawien als LKW-Fahrer oder Kfz-Mechaniker beschäftigt.
Auf den hier streitigen Rentenantrag hin vom 08.03.1996 wurde der Kläger beim jugoslawischen Versicherungsträger in Belgrad untersucht. Dort wurde er trotz gewisser neurologischer und internistischer Befunde als nicht erwerbs- oder arbeitsunfähig erklärt. Zu einer vorgesehenen Untersuchung durch die Gutachtensstelle in Regensburg kam es nicht, weil der Kläger wegen eines Einreiseverbots und der Befürchtung strafrechtlicher Folgen nicht erschien.
Daraufhin lehnte die Beklagte mit streitbefangenem Bescheid vom 03.08.1998 den Rentenantrag ab, weil eine ausreichende Minderung der Leistungsfähigkeit des Klägers nicht nachgewiesen sei.
Der Widerspruch blieb erfolglos, weil der Kläger seine Weigerung, nach Deutschland zu kommen, aufrechterhielt (Widerspruchsbescheid vom 22.01.1999).
Auf die Klage zum Sozialgericht Landshut (SG) hin erstattete der Facharzt für Allgemeinmedizin Dr.Z. am 24.07.2000 unter Berücksichtigung einer Begutachtung durch den Neurologen Dr. P. vom gleichen Tag nach ambulanter Untersuchung des Klägers ein Gutachten. Danach könne der Kläger als Kraftfahrer nicht mehr arbeiten, wohl aber auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt im Rahmen der im Gutachten näher angegebenen Einschränkungen. Besondere Arbeitspausen seien nicht erforderlich. Vorbehalte hinsichtlich des Wegs zur Arbeit bestünden nicht. Auch könne der Kläger sich geistig und körperlich auf andere einfache Beschäftigungen umstellen.
Das SG wies daraufhin die Klage mit Urteil vom 26.07.2000 ab. Die beim Kläger bestehenden Gesundheitsstörungen seien auch zusammengenommen nicht geeignet, das ganztägige Leistungsvermögen des Klägers aufzuheben. Dieser könne noch acht Stunden täglich arbeiten und sei daher nicht erwerbsunfähig. Er sei auch nicht berufsunfähig. Er genieße keinen Berufsschutz und sei auf den allgemeinen Arbeitsmarkt zu verweisen, ohne dass eine konkrete Verweisungstätigkeit benannt werden müsste.
Gegen das am 11.08.2000 zugestellte Urteil legte der Kläger am 23.08.2000 Berufung ein. Er sehe sich gesundheitlich völlig falsch beurteilt. Auch beziehe er eine jugoslawische Invalidenrente.
Nach der Vorlage umfangreicher medizinischer Unterlagen des Klägers erstatteten im Auftrag des Senats der Neurologe und Psychiater Dr. K. am 09.05.2001 und der Internist Dr. E. am 30.05.2001 jeweils aufgrund ambulanter Untersuchung des Klägers Gutachten. Danach könne der Kläger ab März 1996 noch Tätigkeiten unter den üblichen Bedingungen eines Arbeitsverhältnisses vollschichtig, also acht Stunden täglich, ausüben. Diese könnten im Sitzen, Gehen und Stehen erbracht werden. Nicht mehr möglich seien Tätigkeiten an gefahrengeneigten Arbeitsplätzen, Tätigkeiten auf Leitern und Gerüsten sowie solche im Akkord oder auf Arbeitsplätzen mit vermehrtem Staubanfall oder der Möglichkeit, chemische und physikalische Reizstoffe zu inhalieren. Der Kläger könne viermal am Tag Wegstrecken von über 500 Metern in angemessener Geschwindigkeit zurücklegen. Es lägen insgesamt keine besonderen Umstände vor, die einer tatsächlichen Erwerbstätigkeit unter arbeitsmarktüblichen Bedingungen entgegenstehen würden.
Der Kläger bestätigte den Erhalt der beiden Gutachten und bestritt deren Feststellungen, soweit sie seinem Rentenanspruch zuwiderliefen.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 26.07.2000 und den Bescheid der Beklagten vom 03.08.1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22.01.1999 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm auf Grund des im März 1996 gestellten Antrags Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Zurückweisung der Berufung.
Beigezogen und Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren die Akten der Beklagten und des Sozialgerichts Landshut. Hierauf, auf den Inhalt der Berufungsakte und die Sitzungsniederschrift wird Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung (§§ 143, 144, 151 SGG) ist zulässig; sie erweist sich jedoch als nicht begründet. Das Sozialgericht und die Beklagte haben zu Recht ist, weil er bei vollschichtigem Leistungsvermögen noch mehr als die Hälfte eines vergleichbaren Versicherten verdienen kann (§§ 43, 44 SGB VI in der bis zum 31.12.2000 geltenden Fassung).
Gemäß §§ 43 Abs.1, 44 Abs.1 a.a.O. haben Versicherte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres Anspruch auf Rente wegen Berufsunfähigkeit bzw. Erwerbsunfähigkeit, wenn sie berufsunfähig bzw. erwerbsunfähig sind, in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Berufsunfähigkeit bzw. Erwerbsunfähigkeit drei Jahre Pflichtbeitragszeiten zurückgelegt und vor Eintritt der Berufsunfähigkeit bzw. Erwerbsunfähigkeit die allgemeine Wartezeit erfüllt haben.
Berufsunfähig sind nach § 43 Abs.2 a.a.O. Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung auf weniger als die Hälfte derjenigen von körperlich, geistig oder seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten herabgesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können.
Erwerbsunfähig sind nach § 44 Abs.2 a.a.O. Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, eine Erwerbstätigkeit in gewisser Regelmäßigkeit auszuüben oder Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen zu erzielen, das monatlich 630,00 DM übersteigt. Erwerbsunfähig ist nicht, wer u.a. eine Tätigkeit vollschichtig ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
Beim Kläger liegt keine Erwerbsunfähigkeit im Sinn der genannten Vorschrift vor. Sein Leistungsvermögen ist nicht so eingeschränkt, dass er nicht noch eine Tätigkeit vollschichtig ausüben könnte.
Beim Kläger bestanden und bestehen folgende Gesundheitsstörungen: 1. chronisches Kopfschmerzsyndrom, am ehesten zu interpretieren als sogenannter Spannungskopfschmerz, ohne eindeutige ätiologische Zuordbarkeit, 2. unklare, ohnmachtsartige Zustände ohne verwertbare Hinweise für eine Epilepsie, 3. ein mehr dysphorisch geprägter Verstimmungszustand ohne Anhaltspunkte für eine krankheitswertige depressive Störung, 4 Verdacht auf Hämochromatose mit folgenden Organschädigungen; Verdacht auf beginnenden Leberumbau und makrozytäre Anämie, 5. arterieller Hypertonus mit beginnender hypertensiver Herzerkrankung, 6. Adipositas Grad II, Hyperlipidämie.
Dennoch kann der Kläger noch leichte bis mittelschwere Arbeiten vollschichtig verrichten. Diese Tätigkeiten können im Sitzen, Gehen und Stehen erbracht werden. Allerdings sind nicht mehr möglich Tätigkeiten an gefahrengeneigten Arbeitsplätzen, Tätigkeiten auf Leitern und Gerüsten sowie Tätigkeiten im Akkord. Sicherheitshalber sollte der Kläger auch nicht mehr an Arbeitsplätzen mit vermehrtem Staubanfall und der Möglichkeit, chemische und physikalische Reizstoffe zu inhalieren, tätig sein. Zeitliche Einschränkungen sind nicht begründbar. Auch kann der Kläger viermal am Tag Wegstrecken von über 500 Meter in angemessener Geschwindigkeit zurücklegen.
Mit dieser Beurteilung stützt sich der Senat auf die überzeugenden und ausführlichen Gutachten der gerichtlich bestellten Sachverständigen Dres. Z. , P. , K. und E. , die die zahlreich vorhandenen Vorbefunde sorgfältig gewürdigt und ihre Beurteilung schlüssig begründet haben. Insbesondere die vom Senat gehörten Ärzte verfügen auf Grund ihrer langjährigen Tätigkeit als Sachverständige im Bereich der Bayerischen Sozialgerichtsbarkeit sowohl über die erforderlichen Kenntnisse als auch über die praktische Erfahrung, um sämtliche hier in Betracht kommenden gesundheitlichen Störungen medizinisch zutreffend einzuordnen und ihre Auswirkungen auf die Einsatzfähigkeit des Klägers im allgemeinen Erwerbsleben sachgerecht zu beurteilen.
Einer weiteren ärztlichen Begutachtung bedarf es nicht mehr. Für die oben genannten Feststellungen ist der Sachverhalt nämlich in medizinischer Hinsicht aufgrund der vorliegenden Sachverständigengutachten ausreichend geklärt. Der Einwand des Klägers, er fühle sich durch die deutschen Gutachter falsch eingeschätzt, ist nicht stichhaltig. Die vom Sozialgericht und vom Senat gehörten neutralen Sachverständigen haben den Kläger persönlich untersucht; zumindest dem letztgenannten haben auch sämtliche verfügbaren medizinischen Unterlagen aus Jugoslawien vorgelegen.
Der Kläger ist auch nicht berufsunfähig. Zwar ist ihm der zuletzt ausgeübte Beruf des Kraftfahrers im Hinblick auf die ohnmachtsartigen Zustände nicht mehr zuzumuten. Unter Berücksichtigung aller bei ihm bestehenden Gesundheitsstörungen ist er aber zumindest noch in der Lage, leichte und mittelschwere Arbeiten vollschichtig zu verrichten, und zwar im Sitzen, Gehen und Stehen, allerdings im Rahmen der oben genannten qualitativen Einschränkungen.
Auf solche somit gesundheitlich zumutbaren Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts ist der Kläger rechtlich verweisbar. Er kann nämlich keinen Berufsschutz für sich in Anspruch nehmen mit der Folge, dass ihm etwa nur qualifizierte Arbeiten zuzumuten und für ihn die genannten unqualifizierten Tätigkeiten unzumutbar wären. Er muss sich vielmehr auf alle ungelernten Tätigkeiten verweisen lassen.
Die soziale Wertigkeit der Verweisungstätigkeit beurteilt sich nach der sozialen Wertigkeit des bisherigen Berufs. Um diese zu beurteilen, hat das Bundessozialgericht die Berufe der Versicherten in Gruppen eingeteilt. Ausgehend von der Bedeutung, die Dauer und Umfang der Ausbildung für die Qualität eines Berufes haben, werden die Gruppen durch den Leitberuf des Vorarbeiters mit Vorgesetztenfunktion bzw. des besonders hoch qualifizierten Facharbeiters, des Facharbeiters (anerkannter Ausbildungsberuf mit einer Ausbildungszeit von mehr als zwei Jahren), des angelernten Arbeiters (sonstiger Ausbildungsberuf mit einer Regelausbildungszeit von bis zu zwei Jahren) und des ungelernten Arbeiters charakterisiert (vgl. BSG in SozR 2200, § 1246 RVO Nr.138 und 140). Ausschlaggebend für die Einordnung eines bestimmten Berufs in dieses Mehrstufenschema ist die Qualität der verrichteten Arbeit, d.h. der aus einer Mehrzahl von Faktoren zu ermittelnde Wert der Arbeit für den Betrieb. Dabei ist allein auf das Erwerbsleben in der Bundesrepublik Deutschland abzustellen. Dem Versicherten ist die Verweisung auf die im Vergleich zu seinem Beruf nächstniedrigere Gruppe zumutbar (ständige Rechtsprechung, u.a. BSG SozR 3-2200 § 1246 RVO Nr.5).
Der Kläger ist als einfacher ungelernter Arbeiter im Sinn dieses Vierstufenschemas des BSG einzustufen. Ausgangspunkt für die Bewertung der Berufsunfähigkeit des Klägers ist die in Deutschland ausgeübte Tätigkeit eines Kraftfahrers. Diese Tätigkeit lässt nicht auf eine irgendwie geartete Qualifikation schließen. Zwar gab der einzige Arbeitgeber des Klägers, der noch erreichbar war, nämlich die Firma H. GmbH in Stuttgart gegenüber dem Sozialgericht am 07.03.2000 an, die Einstufung des Klägers sei mit einer Fachausbildung gleichzusetzen gewesen. Für diese Angabe findet sich aber keinerlei Bestätigung. So kann der Kläger keinerlei Ausbildung in diesem Berufsbild nachweisen. Zu vernachlässigen ist diese Qualifizierung aber vor allem deshalb, weil sie nur für rund 4 Monate praktiziert worden ist. Eine qualifizierte Anlerntätigkeit kann erst bei einer Ausbildung von über einem Jahr angenommen werden (Niesel in Kasseler Kommentar, § 43 SGB VI mit weiteren Nachweisen). Auch mangels weiterer Belege für die Qualität der früher verrichteten Arbeit und im Hinblick auf das Fehlen jeglicher Berufsausbildung muss der Kläger daher auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verwiesen werden.
Dabei ist für den Kläger kein konkreter Verweisungsberuf zu benennen. Eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen ist nämlich zu verneinen. Der Großteil der qualitativen Leistungseinschränkungen, nämlich der Ausschluss von Tätigkeiten, die mit Zwangshaltungen, mit Aufenthalt auf Leitern und Gerüsten und an laufenden Maschinen oder dauerhaft im Freien, mit häufigem Bücken oder Knien verbunden sind, sind vom Großen Senat des Bundessozialgerichts bereits als Beispielfälle dafür genannt worden, dass diese Einschränkungen nicht zu einer Benennung eines konkreten Verweisungsberufs veranlassen sollen (Großer Senat, Beschluss vom 19.12.1996, Az. GS 2/95, in SozR 3-2600 § 44 Nr. 8). Auch der Ausschluss von Überkopfarbeiten engt das Tätigkeitsfeld des Klägers nicht weiter ein, weil derartige Tätigkeiten ohnehin nicht typisch für leichte körperliche Arbeiten sind. Nachdem eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen erst bei einer höheren Zahl solcher atypischen Vorbehalte anzunehmen ist, kann der Kläger zweifellos noch in einem Betrieb eingesetzt werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision gemäß § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG zuzulassen, liegen nicht vor.
II. Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit.
Der am 1958 geborene Kläger ist jugoslawischer Staatsangehöriger. Nachdem er in seiner Heimat 8 Jahre die Volksschule und 1 Jahr die Berufsschule zur Ausbildung zum Fräser besucht hatte, arbeitete er von 1977 bis 1988 in Deutschland als Fabrikarbeiter, und zuletzt vom 06.07. bis zum 02.11.1987 als Kraftfahrer; für diese Tätigkeit wurde vom Arbeitgeber bestätigt, dass er dort nach einer freien Vereinbarung wie nach dem Tarifvertrag für den Groß- und Außenhandel Baden-Württemberg in Lohngruppe 5 als mit einer Fachausbildung gleichgesetzt entlohnt wurde. Anschließend war er bis 1995 wieder in Jugoslawien als LKW-Fahrer oder Kfz-Mechaniker beschäftigt.
Auf den hier streitigen Rentenantrag hin vom 08.03.1996 wurde der Kläger beim jugoslawischen Versicherungsträger in Belgrad untersucht. Dort wurde er trotz gewisser neurologischer und internistischer Befunde als nicht erwerbs- oder arbeitsunfähig erklärt. Zu einer vorgesehenen Untersuchung durch die Gutachtensstelle in Regensburg kam es nicht, weil der Kläger wegen eines Einreiseverbots und der Befürchtung strafrechtlicher Folgen nicht erschien.
Daraufhin lehnte die Beklagte mit streitbefangenem Bescheid vom 03.08.1998 den Rentenantrag ab, weil eine ausreichende Minderung der Leistungsfähigkeit des Klägers nicht nachgewiesen sei.
Der Widerspruch blieb erfolglos, weil der Kläger seine Weigerung, nach Deutschland zu kommen, aufrechterhielt (Widerspruchsbescheid vom 22.01.1999).
Auf die Klage zum Sozialgericht Landshut (SG) hin erstattete der Facharzt für Allgemeinmedizin Dr.Z. am 24.07.2000 unter Berücksichtigung einer Begutachtung durch den Neurologen Dr. P. vom gleichen Tag nach ambulanter Untersuchung des Klägers ein Gutachten. Danach könne der Kläger als Kraftfahrer nicht mehr arbeiten, wohl aber auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt im Rahmen der im Gutachten näher angegebenen Einschränkungen. Besondere Arbeitspausen seien nicht erforderlich. Vorbehalte hinsichtlich des Wegs zur Arbeit bestünden nicht. Auch könne der Kläger sich geistig und körperlich auf andere einfache Beschäftigungen umstellen.
Das SG wies daraufhin die Klage mit Urteil vom 26.07.2000 ab. Die beim Kläger bestehenden Gesundheitsstörungen seien auch zusammengenommen nicht geeignet, das ganztägige Leistungsvermögen des Klägers aufzuheben. Dieser könne noch acht Stunden täglich arbeiten und sei daher nicht erwerbsunfähig. Er sei auch nicht berufsunfähig. Er genieße keinen Berufsschutz und sei auf den allgemeinen Arbeitsmarkt zu verweisen, ohne dass eine konkrete Verweisungstätigkeit benannt werden müsste.
Gegen das am 11.08.2000 zugestellte Urteil legte der Kläger am 23.08.2000 Berufung ein. Er sehe sich gesundheitlich völlig falsch beurteilt. Auch beziehe er eine jugoslawische Invalidenrente.
Nach der Vorlage umfangreicher medizinischer Unterlagen des Klägers erstatteten im Auftrag des Senats der Neurologe und Psychiater Dr. K. am 09.05.2001 und der Internist Dr. E. am 30.05.2001 jeweils aufgrund ambulanter Untersuchung des Klägers Gutachten. Danach könne der Kläger ab März 1996 noch Tätigkeiten unter den üblichen Bedingungen eines Arbeitsverhältnisses vollschichtig, also acht Stunden täglich, ausüben. Diese könnten im Sitzen, Gehen und Stehen erbracht werden. Nicht mehr möglich seien Tätigkeiten an gefahrengeneigten Arbeitsplätzen, Tätigkeiten auf Leitern und Gerüsten sowie solche im Akkord oder auf Arbeitsplätzen mit vermehrtem Staubanfall oder der Möglichkeit, chemische und physikalische Reizstoffe zu inhalieren. Der Kläger könne viermal am Tag Wegstrecken von über 500 Metern in angemessener Geschwindigkeit zurücklegen. Es lägen insgesamt keine besonderen Umstände vor, die einer tatsächlichen Erwerbstätigkeit unter arbeitsmarktüblichen Bedingungen entgegenstehen würden.
Der Kläger bestätigte den Erhalt der beiden Gutachten und bestritt deren Feststellungen, soweit sie seinem Rentenanspruch zuwiderliefen.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 26.07.2000 und den Bescheid der Beklagten vom 03.08.1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22.01.1999 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm auf Grund des im März 1996 gestellten Antrags Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Zurückweisung der Berufung.
Beigezogen und Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren die Akten der Beklagten und des Sozialgerichts Landshut. Hierauf, auf den Inhalt der Berufungsakte und die Sitzungsniederschrift wird Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung (§§ 143, 144, 151 SGG) ist zulässig; sie erweist sich jedoch als nicht begründet. Das Sozialgericht und die Beklagte haben zu Recht ist, weil er bei vollschichtigem Leistungsvermögen noch mehr als die Hälfte eines vergleichbaren Versicherten verdienen kann (§§ 43, 44 SGB VI in der bis zum 31.12.2000 geltenden Fassung).
Gemäß §§ 43 Abs.1, 44 Abs.1 a.a.O. haben Versicherte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres Anspruch auf Rente wegen Berufsunfähigkeit bzw. Erwerbsunfähigkeit, wenn sie berufsunfähig bzw. erwerbsunfähig sind, in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Berufsunfähigkeit bzw. Erwerbsunfähigkeit drei Jahre Pflichtbeitragszeiten zurückgelegt und vor Eintritt der Berufsunfähigkeit bzw. Erwerbsunfähigkeit die allgemeine Wartezeit erfüllt haben.
Berufsunfähig sind nach § 43 Abs.2 a.a.O. Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung auf weniger als die Hälfte derjenigen von körperlich, geistig oder seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten herabgesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können.
Erwerbsunfähig sind nach § 44 Abs.2 a.a.O. Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, eine Erwerbstätigkeit in gewisser Regelmäßigkeit auszuüben oder Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen zu erzielen, das monatlich 630,00 DM übersteigt. Erwerbsunfähig ist nicht, wer u.a. eine Tätigkeit vollschichtig ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
Beim Kläger liegt keine Erwerbsunfähigkeit im Sinn der genannten Vorschrift vor. Sein Leistungsvermögen ist nicht so eingeschränkt, dass er nicht noch eine Tätigkeit vollschichtig ausüben könnte.
Beim Kläger bestanden und bestehen folgende Gesundheitsstörungen: 1. chronisches Kopfschmerzsyndrom, am ehesten zu interpretieren als sogenannter Spannungskopfschmerz, ohne eindeutige ätiologische Zuordbarkeit, 2. unklare, ohnmachtsartige Zustände ohne verwertbare Hinweise für eine Epilepsie, 3. ein mehr dysphorisch geprägter Verstimmungszustand ohne Anhaltspunkte für eine krankheitswertige depressive Störung, 4 Verdacht auf Hämochromatose mit folgenden Organschädigungen; Verdacht auf beginnenden Leberumbau und makrozytäre Anämie, 5. arterieller Hypertonus mit beginnender hypertensiver Herzerkrankung, 6. Adipositas Grad II, Hyperlipidämie.
Dennoch kann der Kläger noch leichte bis mittelschwere Arbeiten vollschichtig verrichten. Diese Tätigkeiten können im Sitzen, Gehen und Stehen erbracht werden. Allerdings sind nicht mehr möglich Tätigkeiten an gefahrengeneigten Arbeitsplätzen, Tätigkeiten auf Leitern und Gerüsten sowie Tätigkeiten im Akkord. Sicherheitshalber sollte der Kläger auch nicht mehr an Arbeitsplätzen mit vermehrtem Staubanfall und der Möglichkeit, chemische und physikalische Reizstoffe zu inhalieren, tätig sein. Zeitliche Einschränkungen sind nicht begründbar. Auch kann der Kläger viermal am Tag Wegstrecken von über 500 Meter in angemessener Geschwindigkeit zurücklegen.
Mit dieser Beurteilung stützt sich der Senat auf die überzeugenden und ausführlichen Gutachten der gerichtlich bestellten Sachverständigen Dres. Z. , P. , K. und E. , die die zahlreich vorhandenen Vorbefunde sorgfältig gewürdigt und ihre Beurteilung schlüssig begründet haben. Insbesondere die vom Senat gehörten Ärzte verfügen auf Grund ihrer langjährigen Tätigkeit als Sachverständige im Bereich der Bayerischen Sozialgerichtsbarkeit sowohl über die erforderlichen Kenntnisse als auch über die praktische Erfahrung, um sämtliche hier in Betracht kommenden gesundheitlichen Störungen medizinisch zutreffend einzuordnen und ihre Auswirkungen auf die Einsatzfähigkeit des Klägers im allgemeinen Erwerbsleben sachgerecht zu beurteilen.
Einer weiteren ärztlichen Begutachtung bedarf es nicht mehr. Für die oben genannten Feststellungen ist der Sachverhalt nämlich in medizinischer Hinsicht aufgrund der vorliegenden Sachverständigengutachten ausreichend geklärt. Der Einwand des Klägers, er fühle sich durch die deutschen Gutachter falsch eingeschätzt, ist nicht stichhaltig. Die vom Sozialgericht und vom Senat gehörten neutralen Sachverständigen haben den Kläger persönlich untersucht; zumindest dem letztgenannten haben auch sämtliche verfügbaren medizinischen Unterlagen aus Jugoslawien vorgelegen.
Der Kläger ist auch nicht berufsunfähig. Zwar ist ihm der zuletzt ausgeübte Beruf des Kraftfahrers im Hinblick auf die ohnmachtsartigen Zustände nicht mehr zuzumuten. Unter Berücksichtigung aller bei ihm bestehenden Gesundheitsstörungen ist er aber zumindest noch in der Lage, leichte und mittelschwere Arbeiten vollschichtig zu verrichten, und zwar im Sitzen, Gehen und Stehen, allerdings im Rahmen der oben genannten qualitativen Einschränkungen.
Auf solche somit gesundheitlich zumutbaren Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts ist der Kläger rechtlich verweisbar. Er kann nämlich keinen Berufsschutz für sich in Anspruch nehmen mit der Folge, dass ihm etwa nur qualifizierte Arbeiten zuzumuten und für ihn die genannten unqualifizierten Tätigkeiten unzumutbar wären. Er muss sich vielmehr auf alle ungelernten Tätigkeiten verweisen lassen.
Die soziale Wertigkeit der Verweisungstätigkeit beurteilt sich nach der sozialen Wertigkeit des bisherigen Berufs. Um diese zu beurteilen, hat das Bundessozialgericht die Berufe der Versicherten in Gruppen eingeteilt. Ausgehend von der Bedeutung, die Dauer und Umfang der Ausbildung für die Qualität eines Berufes haben, werden die Gruppen durch den Leitberuf des Vorarbeiters mit Vorgesetztenfunktion bzw. des besonders hoch qualifizierten Facharbeiters, des Facharbeiters (anerkannter Ausbildungsberuf mit einer Ausbildungszeit von mehr als zwei Jahren), des angelernten Arbeiters (sonstiger Ausbildungsberuf mit einer Regelausbildungszeit von bis zu zwei Jahren) und des ungelernten Arbeiters charakterisiert (vgl. BSG in SozR 2200, § 1246 RVO Nr.138 und 140). Ausschlaggebend für die Einordnung eines bestimmten Berufs in dieses Mehrstufenschema ist die Qualität der verrichteten Arbeit, d.h. der aus einer Mehrzahl von Faktoren zu ermittelnde Wert der Arbeit für den Betrieb. Dabei ist allein auf das Erwerbsleben in der Bundesrepublik Deutschland abzustellen. Dem Versicherten ist die Verweisung auf die im Vergleich zu seinem Beruf nächstniedrigere Gruppe zumutbar (ständige Rechtsprechung, u.a. BSG SozR 3-2200 § 1246 RVO Nr.5).
Der Kläger ist als einfacher ungelernter Arbeiter im Sinn dieses Vierstufenschemas des BSG einzustufen. Ausgangspunkt für die Bewertung der Berufsunfähigkeit des Klägers ist die in Deutschland ausgeübte Tätigkeit eines Kraftfahrers. Diese Tätigkeit lässt nicht auf eine irgendwie geartete Qualifikation schließen. Zwar gab der einzige Arbeitgeber des Klägers, der noch erreichbar war, nämlich die Firma H. GmbH in Stuttgart gegenüber dem Sozialgericht am 07.03.2000 an, die Einstufung des Klägers sei mit einer Fachausbildung gleichzusetzen gewesen. Für diese Angabe findet sich aber keinerlei Bestätigung. So kann der Kläger keinerlei Ausbildung in diesem Berufsbild nachweisen. Zu vernachlässigen ist diese Qualifizierung aber vor allem deshalb, weil sie nur für rund 4 Monate praktiziert worden ist. Eine qualifizierte Anlerntätigkeit kann erst bei einer Ausbildung von über einem Jahr angenommen werden (Niesel in Kasseler Kommentar, § 43 SGB VI mit weiteren Nachweisen). Auch mangels weiterer Belege für die Qualität der früher verrichteten Arbeit und im Hinblick auf das Fehlen jeglicher Berufsausbildung muss der Kläger daher auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verwiesen werden.
Dabei ist für den Kläger kein konkreter Verweisungsberuf zu benennen. Eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen ist nämlich zu verneinen. Der Großteil der qualitativen Leistungseinschränkungen, nämlich der Ausschluss von Tätigkeiten, die mit Zwangshaltungen, mit Aufenthalt auf Leitern und Gerüsten und an laufenden Maschinen oder dauerhaft im Freien, mit häufigem Bücken oder Knien verbunden sind, sind vom Großen Senat des Bundessozialgerichts bereits als Beispielfälle dafür genannt worden, dass diese Einschränkungen nicht zu einer Benennung eines konkreten Verweisungsberufs veranlassen sollen (Großer Senat, Beschluss vom 19.12.1996, Az. GS 2/95, in SozR 3-2600 § 44 Nr. 8). Auch der Ausschluss von Überkopfarbeiten engt das Tätigkeitsfeld des Klägers nicht weiter ein, weil derartige Tätigkeiten ohnehin nicht typisch für leichte körperliche Arbeiten sind. Nachdem eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen erst bei einer höheren Zahl solcher atypischen Vorbehalte anzunehmen ist, kann der Kläger zweifellos noch in einem Betrieb eingesetzt werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision gemäß § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG zuzulassen, liegen nicht vor.
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