Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
16
1. Instanz
SG Landshut (FSB)
Aktenzeichen
S 7 RJ 1074/97 A
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 16 RJ 49/00
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Landshut vom 08.01.1999 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitgegenstand ist die Gewährung von Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit.
Der am 1938 geborene Kläger ist jugoslawischer Staatsangehöriger. In seinem Heimatland hat er von 1957 bis 17.12.1992 mit Unterbrechnungen Versicherungszeiten zurückgelegt. Seit 17.12.1992 bezieht er Invalidenrente. In Deutschland war er 23 Monate lang (von 1969 bis 1971) versicherungspflichtig beschäftigt.
Laut seinen Angaben war er in Jugoslawien als gelernter Maurer und Zimmermann tätig, während er in der Bundesrepublik als Maurer bzw. Arbeiter in einer Stahlgussfabrik tätig war. Die T. Stahl AG hat am 18.03.1998 mitgeteilt, dass der Kläger vom 22.08.1969 bis 07.06.1971 als Scherengehilfe mit einer ungelernten Tätigkeit im Hüttenwerk O. beschäftigt war. Entlohnt wurde er nach der Lohngruppe 2 des Manteltarifvertrages der Eisen- und Stahlindustrie Nordrhein-Westfalen.
Zusammen mit dem Rentenantrag vom 09.10.1995 wurde das Gutachten der Invalidenkommission vom 21.05.1996 vorgelegt, wonach der Kläger seit 17.12.1992 Invalide ist. Demgegenüber ergab die von der Beklagten veranlasste sozialmedizinische Stellungnahme, dass das Leistungsvermögen erst ab dem Untersuchungstag am 21.05.1996 auf unter zwei Stunden herabgesunken ist. Daraufhin lehnte die Beklagte am 02.04.1997 eine Rentengewährung mit der Begründung ab, im maßgebenden Fünfjahreszeitraum vom 21.05.1991 bis 20.05.1996 seien nur 20 Kalendermonate mit Pflichtbeitragszeiten belegt. Der Widerspruch wurde am 07.08.1997 zurückgewiesen.
Mit seiner Klageerhebung vom 01.09.1997 machte der Kläger geltend, nicht erst seit 1996, sondern bereits seit 1992 Invalide zu sein. Im Auftrag des Gerichts erstellte der Internist und Radiologe Dr.R. am 13.07.1998 ein Gutachten nach Aktenlage. Seines Erachtens ist eine fundierte Beurteilung erst ab Mai 1996 möglich. Rückschlüsse auf ein bis zwei Jahre vorher seien bedingt möglich. Er schätzte, dass das Leistungsvermögen wegen des Zusammenwirkens des körperlichen Leistungsabbaus bei kardiorespiratorischer Insuffizienz, degenerativen Wirbelsäulenveränderungen und Alkoholmißbrauch ab ca. Mai 1995 auf unterhalbschichtig herabgesunken war. Im Dezember 1994 sei noch eine leichte Vollschichttätigkeit möglich gewesen. Das Sozialgericht Landshut wies die Klage am 08.01.1999 mit der Begründung ab, auch bei einem Versicherungsfall 1995 seien die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nicht erfüllt.
Nach der am 05.02.1999 erfolgten Berufungseinlegung zog das Gericht von der Invalidenkommission in Belgrad die medizinischen Unterlagen bei, aufgrund welcher 1992 Invalidenrente zuerkannt worden ist. Dr.L. , der Beratungsarzt der Beklagten, konnte daraus keinen leistungsrelevanten neuen medizinischen Aspekt erkennen. In seiner ergänzenden gutachterlichen Stellungnahme vom 16.03.2001 verneinte Dr. R. Anhaltspunkte für einen Versicherungsfall vor Mai 1995. Das im Mai 1992 eingetretene Rezidiv der TBC sei noch im selben Jahr ausgeheilt, Ende 1992 habe keine wesentliche Einschränkung der Herzleistungsbreite vorgelegen und die neurologische Diagnose von damals sei ohne Befund gewesen.
Der Kläger, der sich hierzu nicht geäußert hat, beantragt sinngemäß, den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Landshut vom 08.01.1999 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 02.04.1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 07.08.1997 zu verurteilen, ab 01.10.1995 Erwerbsunfähigkeitsrente, hilfsweise Berufsunfähigkeitsrente zu gewähren.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der Beklagtenakten, der Akten des Sozialgerichts Landshut sowie der Berufungsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 143 SGG statthafte, form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig, sachlich aber nicht begründet. Der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Landshut vom 08.01.1999 ist ebensowenig zu beanstanden wie der Bescheid der Beklagten vom 02.04.1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07.08.1997. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit.
Rechtsgrundlage für die vom Kläger angestrebte Erwerbsunfähigkeitsrente ab der erstmaligen Antragstellung am 09.10.1995 ist § 44 SGB VI in der bis 31.12.2000 geltenden Fassung. Danach ist neben der Erfüllung der allgemeinen Wartezeit und dem Vorliegen von Erwerbsunfähigkeit das Vorhandensein von drei Jahren mit Pflichtbeiträgen für eine versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit in den letzten fünf Jahren vor Eintritt des Versicherungsfalls vorausgesetzt (§§ 50 Abs.1, 51 Abs.1, 44 Abs.1 Satz 1 Nr.1, 44 Abs.1 Nrn.2 und 3 SGB VI). Die letztgenannte Voraussetzung erfüllt der Kläger nicht.
Unstreitig ist der Kläger seit Mai 1995 außerstande, einer regelmäßigen Erwerbstätigkeit nachzugehen. Dies ergibt sich aus dem ausführlichen Gutachten des vom Sozialgericht bestellten Sachverständigen Dr.R. , dem sich die Beklagte unter Berufung auf die sozialmedizinische Stellungnahme Dr.L. vom 01.03.2001 angeschlossen hat. Ausgehend von den bei der Untersuchung am 21.05.1996 erhobenen Befunden stellte der Sachverständige fest, dass die erhebliche Leistungseinschränkung nicht erst am Untersuchungstag eingetreten sein konnte. In Kenntnis der Verlaufsgegebenheiten stellte er rückblickend fest, dass bei den geschilderten Gesundheitsstörungen zusammenwirkend schon etwa ein Jahr davor, also im April 1995, eine so wesentliche Leistungseinbuße vorgelegen hat, dass von diesem Zeitpunkt an auch eine zeitliche Leistungseinschränkung nachvollziehbar ist. Eine weitere Rückverlegung des Versicherungsfalls war nicht begründbar, nachdem keine Befunddokumentation aus dem Zeitraum zwischen 1992 und 1996 vorgelegen hat.
Die im Laufe des Berufungsverfahrens beigezogenen bzw. vorgelegten medizinischen Unterlagen rechtfertigen keine Vorverlegung des Versicherungsfalls vor Mai 1995. Bei dieser Beurteilung stützt sich der Senat auf die ausführliche ergänzende gutachterliche Stellungnahme des gerichtlich bestellten Sachverständigen Dr.R. , der die Vorbefunde sorgfältig gewürdigt und seine Beurteilung schlüssig begründet hat. Aufgrund seiner langjährigen Tätigkeit als Sachverständiger im Bereich der Bayerischen Sozialgerichtsbarkeit verfügt er sowohl über die erforderlichen Kenntnisse als auch über die praktische Erfahrung, um sämtliche hier in Betracht kommenden gesundheitlichen Störungen medizinisch zutreffend einzuordnen und ihre Auswirkungen auf die Einsatzfähigkeit des Klägers im allgemeinen Erwerbsleben sachgerecht zu beurteilen. Mit seiner Würdigung befindet er sich in Übereinstimmung mit Dr.L. , der den Befunden aus 1992 ebenfalls keine leistungsrelevante Bedeutung zumisst.
Der Senat hat berücksichtigt, dass von Seiten der Ärztekommission in Belgrad bereits 1992 Invalidität bejaht worden ist. Vorausgegangen war die Einschätzung eines Krankenhausarztes von Ende 1992, dass der Kläger für das Bauwesen absolut arbeitsunfähig sei. Berufs- und Erwerbsunfähigkeit sind jedoch allein nach den deutschen Rechtsvorschriften und entsprechend den hier entwickelten sozialmedizinischen Grundsätzen festzustellen. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem zwischenstaatlichen Sozialversicherungsabkommen. Sämtliche von den jugoslawischen Ärzten genannten Gesundheitsstörungen sind von dem deutschen Sachverständigen auf ihre Wertigkeit für die Einsatzfähigkeit im allgemeinen Erwerbsleben beurteilt worden. Dessen unabhängige und sachkundige Würdigung ist nachvollziehbar.
In der Zeit vom 11.05. bis 21.09.1992 ist der Kläger wegen des Rezidivs einer fibrotisch kavernösen Tuberkulose des rechten Lungenoberlappens behandelt worden. Dabei hat sich die mehrmonatige kombinierte Behandlung mit tuberkulostatischen Medikamenten als erfolgreich erwiesen. Die klinischen bakteriellen und röntgenologischen Befunde sprechen dafür, dass das Rezidiv ausgeheilt ist. Folglich bestand nur vorübergehende Arbeitsunfähigkeit, jedoch kein Dauerkrankheitszustand. Der narbige Ausheilungsbefund ist kein Berentungsgrund. Die bereits damals bestätigte Bronchitis bedingt für sich allein keine Einschränkung der zeitlichen Leistungsfähigkeit.
Ende 1992 wurde der Kläger wegen der toxischen Auswirkungen des bekannten chronischen Alkoholmißbrauchs stationär behandelt. Diagnostiziert wurden ein alkoholischer Leberschaden, eine Polyneuropathie und Auswirkungen auf Hirn- und Herzfunktion. Der später festgestellte Bluthochdruck wurde jedoch vom Kardiologen nicht erwähnt. Die Auswertung der Originalbefunde ergab, dass sich tatsächlich kein Hinweis für einen Herzmuskelschaden, eine Mangeldurchblutung oder Rhythmusstörungen zeigte. Insbesondere ergab sich daraus kein Hinweis für eine alkoholische Kardiomyopathie. Die neurologischen Folgen des chronischen Alkoholmissbrauchs wurden schließlich nur diagnostiziert, nicht mit Befunden belegt.
Trotz der unstreitig bestehenden Erwerbsunfähigkeit ab Mai 1995 ist ein Rentenanspruch nicht begründet. Er scheitert daran, dass die erforderlichen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nicht erfüllt sind. Im danach maßgeblichen Fünfjahreszeitraum vom 30.04.1990 bis 30.04.1995 hat der Kläger anstatt der erforderlichen 36 Kalendermonate lediglich 33 Kalendermonate lang Pflichtbeiträge entrichtet. Der letzte Pflichtbeitrag ist vom jugoslawischen Rentenversicherungsträger für den Monat Dezember 1992 bescheinigt worden.
Der Zeitraum von fünf Jahren vor Eintritt der Minderung der Erwerbsfähigkeit verlängert sich nicht um Zeiten des Invaliditätsbezugs in Jugoslawien. Laut dem Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Sozialistischen Föderativen Republik Jugoslawien werden für den Erwerb des Leistungsanspruchs nur anrechnungfähige Versicherungszeiten des anderen Vertragsstaats angerechnet (Art.25); Verlängerungstatbestände, die deutschen Verlängerungstatbeständen entsprechen, sind jedoch nicht gleichgestellt.
Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit vor Eintritt der Erwerbsunfähigkeit sind für Versicherte nicht erforderlich, die vor dem 1. Januar 1984 die allgemeine Wartezeit erfüllt haben, wenn jeder Kalendermonat vom 1. Januar 1984 bis zum Kalendermonat vor Eintritt der Erwerbsunfähigkeit mit Anwartschaftserhaltungszeiten belegt ist. Für Kalendermonate, für die eine Beitragszahlung noch zulässig ist, ist eine Belegung mit Anwartschaftserhaltungszeiten nicht erforderlich (§ 241 Abs.2 SGB VI). Diese Ausnahmevorschrift kommt für den Kläger deshalb nicht in Betracht, weil 1993 und 1994, also vor der Rentenantragstellung, nicht belegte Lücken bestehen, für die ein freiwilliger Beitrag gemäß § 197 Abs.2 i.V.m. § 198 Satz 1 SGB VI im Nachhinein nicht gezahlt werden darf. Eine etwaige Berechtigung zur Nachentrichtung freiwilliger Beiträge ab dem Jahr der Rentenantragstellung 1995 ist daher nicht geeignet, einen Rentenanspruch zu begründen.
Im Hinblick auf die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen wäre der hilfsweise zu prüfende Anspruch auf Berufsunfähigkeitsrente nur begründet, wenn der Versicherungsfall der Berufsunfähigkeit von dem der Erwerbsunfähigkeit abwiche und vor Mai 1995 eingetreten wäre. Dies ist jedoch nicht der Fall. Berufsunfähig ist ein Versicherter, dessen Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung auf weniger als die Hälfte derjenigen von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit vom Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können (§ 43 Abs.2 Satz 1 und 2 SGB VI in der bis 31.12.2000 maßgebenden Fassung). Es mag sein, dass das Leistungsvermögen des Klägers bereits 1992 soweit beeinträchtigt war, dass er seine in der Bundesrepublik ausgeübte Tätigkeit als Scherengehilfe nicht mehr ausüben konnte. Sein Restleistungsvermögen war jedoch im maßgeblichen Zeitraum bis April 1995 dergestalt, dass er noch zumutbar auf eine andere Tätigkeit verwiesen werden konnte.
Ausgangspunkt für die Beurteilung von Berufsunfähigkeit ist nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts der bisherige Beruf, den der Versicherte in der Bundesrepublik Deutschland ausgeübt hat (vgl. BSG SozR 2200 § 1246 Nr.107 und BSG SozR 3-2600 § 43 Nr.17). Die Wertigkeit dieses Berufs bestimmt, ob der Versicherte auf eine andere Tätigkeit verwiesen werden kann, die ihm sowohl sozial zumutbar als auch gesundheitlich zuträglich ist. Als ungelernter Arbeiter, der auch so bezahlt worden ist - bei der Tariflohngruppe 2 handelt es sich um die zweitniedrigste Lohngruppe -, ist der Kläger jedoch auf den allgemeinen Arbeitsmarkt in der gesamten Bundesrepublik Deutschland verweisbar. Eine konkrete Tätigkeit ist dabei nicht zu benennen. Zwar konnte der Kläger nur noch leichte Tätigkeiten in geschlossenen Räumen in wechselnder Körperhaltung ausführen, wobei das Heben und Tragen von Lasten, gebückte Zwangshaltung und nasskalte Witterungsexpositionen sowie nervenbelastende Tätigkeiten mit Streßwirkung nicht mehr zumutbar waren. Entscheidend ist, dass die oben dargestellten Gesundheitsstörungen zu keiner quantitativen Leistungseinschränkung geführt haben. Eine zeitliche Einschränkung des Leistungsvermögens ist erst ab Mai 1995 begründbar. Weil davon auszugehen ist, dass es für Vollzeittätigkeiten in hinreichender Zahl Arbeitsplätze gibt, und Anhaltspunkte dafür fehlen, dass der Arbeitsmarkt trotz vollschichtiger Einsatzfähigkeit verschlossen war, war der Kläger nicht vor Mai 1995 berufsunfähig.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Anhaltspunkte dafür, die Revision zuzulassen, sind nicht gegeben.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitgegenstand ist die Gewährung von Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit.
Der am 1938 geborene Kläger ist jugoslawischer Staatsangehöriger. In seinem Heimatland hat er von 1957 bis 17.12.1992 mit Unterbrechnungen Versicherungszeiten zurückgelegt. Seit 17.12.1992 bezieht er Invalidenrente. In Deutschland war er 23 Monate lang (von 1969 bis 1971) versicherungspflichtig beschäftigt.
Laut seinen Angaben war er in Jugoslawien als gelernter Maurer und Zimmermann tätig, während er in der Bundesrepublik als Maurer bzw. Arbeiter in einer Stahlgussfabrik tätig war. Die T. Stahl AG hat am 18.03.1998 mitgeteilt, dass der Kläger vom 22.08.1969 bis 07.06.1971 als Scherengehilfe mit einer ungelernten Tätigkeit im Hüttenwerk O. beschäftigt war. Entlohnt wurde er nach der Lohngruppe 2 des Manteltarifvertrages der Eisen- und Stahlindustrie Nordrhein-Westfalen.
Zusammen mit dem Rentenantrag vom 09.10.1995 wurde das Gutachten der Invalidenkommission vom 21.05.1996 vorgelegt, wonach der Kläger seit 17.12.1992 Invalide ist. Demgegenüber ergab die von der Beklagten veranlasste sozialmedizinische Stellungnahme, dass das Leistungsvermögen erst ab dem Untersuchungstag am 21.05.1996 auf unter zwei Stunden herabgesunken ist. Daraufhin lehnte die Beklagte am 02.04.1997 eine Rentengewährung mit der Begründung ab, im maßgebenden Fünfjahreszeitraum vom 21.05.1991 bis 20.05.1996 seien nur 20 Kalendermonate mit Pflichtbeitragszeiten belegt. Der Widerspruch wurde am 07.08.1997 zurückgewiesen.
Mit seiner Klageerhebung vom 01.09.1997 machte der Kläger geltend, nicht erst seit 1996, sondern bereits seit 1992 Invalide zu sein. Im Auftrag des Gerichts erstellte der Internist und Radiologe Dr.R. am 13.07.1998 ein Gutachten nach Aktenlage. Seines Erachtens ist eine fundierte Beurteilung erst ab Mai 1996 möglich. Rückschlüsse auf ein bis zwei Jahre vorher seien bedingt möglich. Er schätzte, dass das Leistungsvermögen wegen des Zusammenwirkens des körperlichen Leistungsabbaus bei kardiorespiratorischer Insuffizienz, degenerativen Wirbelsäulenveränderungen und Alkoholmißbrauch ab ca. Mai 1995 auf unterhalbschichtig herabgesunken war. Im Dezember 1994 sei noch eine leichte Vollschichttätigkeit möglich gewesen. Das Sozialgericht Landshut wies die Klage am 08.01.1999 mit der Begründung ab, auch bei einem Versicherungsfall 1995 seien die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nicht erfüllt.
Nach der am 05.02.1999 erfolgten Berufungseinlegung zog das Gericht von der Invalidenkommission in Belgrad die medizinischen Unterlagen bei, aufgrund welcher 1992 Invalidenrente zuerkannt worden ist. Dr.L. , der Beratungsarzt der Beklagten, konnte daraus keinen leistungsrelevanten neuen medizinischen Aspekt erkennen. In seiner ergänzenden gutachterlichen Stellungnahme vom 16.03.2001 verneinte Dr. R. Anhaltspunkte für einen Versicherungsfall vor Mai 1995. Das im Mai 1992 eingetretene Rezidiv der TBC sei noch im selben Jahr ausgeheilt, Ende 1992 habe keine wesentliche Einschränkung der Herzleistungsbreite vorgelegen und die neurologische Diagnose von damals sei ohne Befund gewesen.
Der Kläger, der sich hierzu nicht geäußert hat, beantragt sinngemäß, den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Landshut vom 08.01.1999 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 02.04.1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 07.08.1997 zu verurteilen, ab 01.10.1995 Erwerbsunfähigkeitsrente, hilfsweise Berufsunfähigkeitsrente zu gewähren.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der Beklagtenakten, der Akten des Sozialgerichts Landshut sowie der Berufungsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 143 SGG statthafte, form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig, sachlich aber nicht begründet. Der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Landshut vom 08.01.1999 ist ebensowenig zu beanstanden wie der Bescheid der Beklagten vom 02.04.1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07.08.1997. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit.
Rechtsgrundlage für die vom Kläger angestrebte Erwerbsunfähigkeitsrente ab der erstmaligen Antragstellung am 09.10.1995 ist § 44 SGB VI in der bis 31.12.2000 geltenden Fassung. Danach ist neben der Erfüllung der allgemeinen Wartezeit und dem Vorliegen von Erwerbsunfähigkeit das Vorhandensein von drei Jahren mit Pflichtbeiträgen für eine versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit in den letzten fünf Jahren vor Eintritt des Versicherungsfalls vorausgesetzt (§§ 50 Abs.1, 51 Abs.1, 44 Abs.1 Satz 1 Nr.1, 44 Abs.1 Nrn.2 und 3 SGB VI). Die letztgenannte Voraussetzung erfüllt der Kläger nicht.
Unstreitig ist der Kläger seit Mai 1995 außerstande, einer regelmäßigen Erwerbstätigkeit nachzugehen. Dies ergibt sich aus dem ausführlichen Gutachten des vom Sozialgericht bestellten Sachverständigen Dr.R. , dem sich die Beklagte unter Berufung auf die sozialmedizinische Stellungnahme Dr.L. vom 01.03.2001 angeschlossen hat. Ausgehend von den bei der Untersuchung am 21.05.1996 erhobenen Befunden stellte der Sachverständige fest, dass die erhebliche Leistungseinschränkung nicht erst am Untersuchungstag eingetreten sein konnte. In Kenntnis der Verlaufsgegebenheiten stellte er rückblickend fest, dass bei den geschilderten Gesundheitsstörungen zusammenwirkend schon etwa ein Jahr davor, also im April 1995, eine so wesentliche Leistungseinbuße vorgelegen hat, dass von diesem Zeitpunkt an auch eine zeitliche Leistungseinschränkung nachvollziehbar ist. Eine weitere Rückverlegung des Versicherungsfalls war nicht begründbar, nachdem keine Befunddokumentation aus dem Zeitraum zwischen 1992 und 1996 vorgelegen hat.
Die im Laufe des Berufungsverfahrens beigezogenen bzw. vorgelegten medizinischen Unterlagen rechtfertigen keine Vorverlegung des Versicherungsfalls vor Mai 1995. Bei dieser Beurteilung stützt sich der Senat auf die ausführliche ergänzende gutachterliche Stellungnahme des gerichtlich bestellten Sachverständigen Dr.R. , der die Vorbefunde sorgfältig gewürdigt und seine Beurteilung schlüssig begründet hat. Aufgrund seiner langjährigen Tätigkeit als Sachverständiger im Bereich der Bayerischen Sozialgerichtsbarkeit verfügt er sowohl über die erforderlichen Kenntnisse als auch über die praktische Erfahrung, um sämtliche hier in Betracht kommenden gesundheitlichen Störungen medizinisch zutreffend einzuordnen und ihre Auswirkungen auf die Einsatzfähigkeit des Klägers im allgemeinen Erwerbsleben sachgerecht zu beurteilen. Mit seiner Würdigung befindet er sich in Übereinstimmung mit Dr.L. , der den Befunden aus 1992 ebenfalls keine leistungsrelevante Bedeutung zumisst.
Der Senat hat berücksichtigt, dass von Seiten der Ärztekommission in Belgrad bereits 1992 Invalidität bejaht worden ist. Vorausgegangen war die Einschätzung eines Krankenhausarztes von Ende 1992, dass der Kläger für das Bauwesen absolut arbeitsunfähig sei. Berufs- und Erwerbsunfähigkeit sind jedoch allein nach den deutschen Rechtsvorschriften und entsprechend den hier entwickelten sozialmedizinischen Grundsätzen festzustellen. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem zwischenstaatlichen Sozialversicherungsabkommen. Sämtliche von den jugoslawischen Ärzten genannten Gesundheitsstörungen sind von dem deutschen Sachverständigen auf ihre Wertigkeit für die Einsatzfähigkeit im allgemeinen Erwerbsleben beurteilt worden. Dessen unabhängige und sachkundige Würdigung ist nachvollziehbar.
In der Zeit vom 11.05. bis 21.09.1992 ist der Kläger wegen des Rezidivs einer fibrotisch kavernösen Tuberkulose des rechten Lungenoberlappens behandelt worden. Dabei hat sich die mehrmonatige kombinierte Behandlung mit tuberkulostatischen Medikamenten als erfolgreich erwiesen. Die klinischen bakteriellen und röntgenologischen Befunde sprechen dafür, dass das Rezidiv ausgeheilt ist. Folglich bestand nur vorübergehende Arbeitsunfähigkeit, jedoch kein Dauerkrankheitszustand. Der narbige Ausheilungsbefund ist kein Berentungsgrund. Die bereits damals bestätigte Bronchitis bedingt für sich allein keine Einschränkung der zeitlichen Leistungsfähigkeit.
Ende 1992 wurde der Kläger wegen der toxischen Auswirkungen des bekannten chronischen Alkoholmißbrauchs stationär behandelt. Diagnostiziert wurden ein alkoholischer Leberschaden, eine Polyneuropathie und Auswirkungen auf Hirn- und Herzfunktion. Der später festgestellte Bluthochdruck wurde jedoch vom Kardiologen nicht erwähnt. Die Auswertung der Originalbefunde ergab, dass sich tatsächlich kein Hinweis für einen Herzmuskelschaden, eine Mangeldurchblutung oder Rhythmusstörungen zeigte. Insbesondere ergab sich daraus kein Hinweis für eine alkoholische Kardiomyopathie. Die neurologischen Folgen des chronischen Alkoholmissbrauchs wurden schließlich nur diagnostiziert, nicht mit Befunden belegt.
Trotz der unstreitig bestehenden Erwerbsunfähigkeit ab Mai 1995 ist ein Rentenanspruch nicht begründet. Er scheitert daran, dass die erforderlichen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nicht erfüllt sind. Im danach maßgeblichen Fünfjahreszeitraum vom 30.04.1990 bis 30.04.1995 hat der Kläger anstatt der erforderlichen 36 Kalendermonate lediglich 33 Kalendermonate lang Pflichtbeiträge entrichtet. Der letzte Pflichtbeitrag ist vom jugoslawischen Rentenversicherungsträger für den Monat Dezember 1992 bescheinigt worden.
Der Zeitraum von fünf Jahren vor Eintritt der Minderung der Erwerbsfähigkeit verlängert sich nicht um Zeiten des Invaliditätsbezugs in Jugoslawien. Laut dem Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Sozialistischen Föderativen Republik Jugoslawien werden für den Erwerb des Leistungsanspruchs nur anrechnungfähige Versicherungszeiten des anderen Vertragsstaats angerechnet (Art.25); Verlängerungstatbestände, die deutschen Verlängerungstatbeständen entsprechen, sind jedoch nicht gleichgestellt.
Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit vor Eintritt der Erwerbsunfähigkeit sind für Versicherte nicht erforderlich, die vor dem 1. Januar 1984 die allgemeine Wartezeit erfüllt haben, wenn jeder Kalendermonat vom 1. Januar 1984 bis zum Kalendermonat vor Eintritt der Erwerbsunfähigkeit mit Anwartschaftserhaltungszeiten belegt ist. Für Kalendermonate, für die eine Beitragszahlung noch zulässig ist, ist eine Belegung mit Anwartschaftserhaltungszeiten nicht erforderlich (§ 241 Abs.2 SGB VI). Diese Ausnahmevorschrift kommt für den Kläger deshalb nicht in Betracht, weil 1993 und 1994, also vor der Rentenantragstellung, nicht belegte Lücken bestehen, für die ein freiwilliger Beitrag gemäß § 197 Abs.2 i.V.m. § 198 Satz 1 SGB VI im Nachhinein nicht gezahlt werden darf. Eine etwaige Berechtigung zur Nachentrichtung freiwilliger Beiträge ab dem Jahr der Rentenantragstellung 1995 ist daher nicht geeignet, einen Rentenanspruch zu begründen.
Im Hinblick auf die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen wäre der hilfsweise zu prüfende Anspruch auf Berufsunfähigkeitsrente nur begründet, wenn der Versicherungsfall der Berufsunfähigkeit von dem der Erwerbsunfähigkeit abwiche und vor Mai 1995 eingetreten wäre. Dies ist jedoch nicht der Fall. Berufsunfähig ist ein Versicherter, dessen Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung auf weniger als die Hälfte derjenigen von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit vom Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können (§ 43 Abs.2 Satz 1 und 2 SGB VI in der bis 31.12.2000 maßgebenden Fassung). Es mag sein, dass das Leistungsvermögen des Klägers bereits 1992 soweit beeinträchtigt war, dass er seine in der Bundesrepublik ausgeübte Tätigkeit als Scherengehilfe nicht mehr ausüben konnte. Sein Restleistungsvermögen war jedoch im maßgeblichen Zeitraum bis April 1995 dergestalt, dass er noch zumutbar auf eine andere Tätigkeit verwiesen werden konnte.
Ausgangspunkt für die Beurteilung von Berufsunfähigkeit ist nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts der bisherige Beruf, den der Versicherte in der Bundesrepublik Deutschland ausgeübt hat (vgl. BSG SozR 2200 § 1246 Nr.107 und BSG SozR 3-2600 § 43 Nr.17). Die Wertigkeit dieses Berufs bestimmt, ob der Versicherte auf eine andere Tätigkeit verwiesen werden kann, die ihm sowohl sozial zumutbar als auch gesundheitlich zuträglich ist. Als ungelernter Arbeiter, der auch so bezahlt worden ist - bei der Tariflohngruppe 2 handelt es sich um die zweitniedrigste Lohngruppe -, ist der Kläger jedoch auf den allgemeinen Arbeitsmarkt in der gesamten Bundesrepublik Deutschland verweisbar. Eine konkrete Tätigkeit ist dabei nicht zu benennen. Zwar konnte der Kläger nur noch leichte Tätigkeiten in geschlossenen Räumen in wechselnder Körperhaltung ausführen, wobei das Heben und Tragen von Lasten, gebückte Zwangshaltung und nasskalte Witterungsexpositionen sowie nervenbelastende Tätigkeiten mit Streßwirkung nicht mehr zumutbar waren. Entscheidend ist, dass die oben dargestellten Gesundheitsstörungen zu keiner quantitativen Leistungseinschränkung geführt haben. Eine zeitliche Einschränkung des Leistungsvermögens ist erst ab Mai 1995 begründbar. Weil davon auszugehen ist, dass es für Vollzeittätigkeiten in hinreichender Zahl Arbeitsplätze gibt, und Anhaltspunkte dafür fehlen, dass der Arbeitsmarkt trotz vollschichtiger Einsatzfähigkeit verschlossen war, war der Kläger nicht vor Mai 1995 berufsunfähig.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Anhaltspunkte dafür, die Revision zuzulassen, sind nicht gegeben.
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