L 5 RJ 501/98

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Landshut (FSB)
Aktenzeichen
S 5 RJ 239/97 A
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 5 RJ 501/98
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 2. Juli 1998 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

In diesem Rechtsstreit geht es vorrangig um die Frage, ob der verstorbene Ehemann der Klägerin Erwerbsunfähigkeitsrente beanspruchen konnte oder nur Berufsunfähigkeitsrente wegen selbständiger Erwerbstätigkeit.

Der am ...1931 geborene und am ...1998 verstorbene Versicherte M.B ..., wohnhaft in Kroatien, hat am 15.06.1983 Rentenantrag gestellt. Im Antragsformblatt hat er die Frage, ob er selbständig erwerbstätig sei, mit "nein" beantwortet. Auf diesen Antrag hin gewährte die Beklagte mit Bescheid vom 28.10.1985 Rente wegen Erwerbsunfähigkeit auf Zeit vom 24.09.1985 bis 30.09.1987 (monatlich 417,50 DM).

Am 27.05.1988 wurde die Weitergewährung der Rente beantragt. Im Antragsformular war bei der Frage nach der selbständigen Erwerbstätigkeit wiederum "nein" angekreuzt. Unter dem 22.06.1988 schickte die Beklagte dem Kläger ein Formblatt, in dem es um die Frage der selbständigen Erwerbstätigkeit ging. Unter Nr.2 wurde gefragt: "Besitzen Sie oder Ihr Ehegatte einen Landwirtschaftsbetrieb oder einen Forstwirtschaftsbetrieb." Unter 3. wurde gefragt: "Besitzen Sie oder Ihr Ehegatte einen Betrieb für Gartenbau oder für Weinbau oder für Tierhaltung oder eine Fischerei." Beide Fragen hat der Versicherte verneint. Auf der Vorderseite des Formblatts fand sich dazu die Erklärung, auf die Größe des Betriebs und der bewirtschafteten Grundstücksflächen komme es nicht an; ebenso nicht darauf, ob der Betrieb dem Versicherten allein oder zusammen mit anderen Personen gehöre. Die Fragen seien auch dann zu beantworten, wenn der Versicherte einen Betrieb besitze, darin aber z.B. wegen Krankheit nicht tätig sei.

Mit Bescheid vom 12.07.1988 gewährte die Beklagte Rente wegen Erwerbsunfähigkeit nunmehr auf Dauer über den 30.09.1987 hinaus (459,50 DM).

Auch die Ehefrau des Versicherten und jetzige Klägerin hat am 18.04.1994 Rentenantrag gestellt. Im Gegensatz zu ihrem Ehemann beantwortete sie die Frage im Antragsformblatt, ob sie oder ihr Ehegatte ein landwirtschaftliches Grundstück besitze, mit "ja, Landwirtschaft". Auf Rückfrage der Beklagten gab sie dazu an, ein landwirtschaftliches Grundstück, aus dem sie Nutzen ziehen könnte, besitze sie nicht. Ihr Gatte sei der Besitzer eines kleinen Grundstückes in einem wasserlosen und unfruchtbaren Gebiet. Die Beklagte forderte daraufhin den Versicherten auf, einen Katasterauszug vorzulegen. Dieser Aufforderung leistete der Versicherte mit Schreiben vom 22.05.1996 Folge und führte dazu aus, sowohl er als auch seine Frau seien für jede Arbeit und für den Erwerb völlig und dauerhaft unfähig. Die Grundstücke würden deshalb nicht bewirtschaftet; sie hätten auch keine materiellen Mittel, um fremde Arbeitskräfte zu bezahlen. In der vorgelegten Bescheinigung des Katastervermessungsamtes Außenstelle Imotski vom 22.05.1996 (Bl.88 LVA-Akte) sind 1.522 m² Ackerland, 1.267 m² Weingarten, 6.500 m² Weideland, 2.471 m² Wald und 101 m² Gebäude und Hof verzeichnet, insgesamt 11.961 m². Die Beklagte führte daraufhin ein Anhörungsverfahren durch, in dem angekündigt wurde, die Rente wegen Erwerbsunfähigkeit ab Weitergewährung zu entziehen und statt dessen Rente wegen Berufsunfähigkeit zu zahlen. Der Versicherte hat dazu mit Schreiben vom 27.08.1996 ausgeführt, es handele sich um eine landwirtschaftliche Fläche, die er von seinen verstorbenen Eltern geerbt habe, und die sich auf einer wasserarmen, felsenreichen Fläche befinde, die nicht bearbeitet und aus der keinerlei Einkommen erzielt werde. Er legte eine Bescheinigung der Gemeinde vor, wonach er keinerlei Gewerbe mehr ausübe. Bis zum Erhalt der Invalidenrente habe er ein Gewerbe mittels einer Baumaschine betrieben, die er verkauft habe. Beigefügt war dem eine Bescheinigung der staatlichen geodätischen Verwaltung, Katasteramt, vom 27.08.1996, in der es heißt, der Haushalt des M.B ... sei auf dem Gebiet dieser Behörde im Grundbuchverzeichnis als Landbesitzer eingetragen mit einer Gesamtfläche von 3 Morgen-ha, 45 Quadratklafter-Ar, 9 m², davon bebaubare Fläche 56 Quadratklafter-Ar, 0,5 m².

Mit Bescheid vom 03.10.1996 teilte die Beklagte dem Versicherten mit, dass er anstelle der bisherigen Rente nurmehr Rente wegen Berufsunfähigkeit ab 01.10.1987 erhalte (383,70 DM monatlich). Für die Zeit vom 01.10.1987 bis 30.11.1996 ergebe sich eine Überzahlung von 18.866,37 DM. Dieser Betrag sei zu erstatten. Zur Begründung hieß es, der Bescheid vom 12.07.1988 (Weitergewährungsbescheid) werde nach § 45 Abs.2 Satz 3 Nr.2 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) zurückgenommen. Der Versicherte habe sowohl im Erstantrag vom 15.06.1983 als auch im Weitergewährungsantrag vom 03.06.1987 nicht angegeben, dass er in Jugoslawien Eigentümer eines landwirtschaftlichen Betriebes sei. Nach § 44 Abs.2 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) sei nicht erwerbsunfähig, wer eine selbständige Tätigkeit ausübe. Die Erwerbsunfähigkeitsrente sei daher zu Unrecht bewilligt worden. Da der Kläger den Besitz des landwirtschaftlichen Betriebes zumindest grob fahrlässig nicht angegeben habe, sei die Rücknahme der Erwerbsunfähigkeitsrentenbescheide nach § 45 Abs.2 Satz 3 Nr.2 SGB X grundsätzlich auch für die Vergangenheit möglich. Der Rentenbescheid vom 28.10.1985 könne wegen Fristablaufs nicht mehr zurückgenommen werden. Bei Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und des Gleichheitsgrundsatzes einerseits und der wirtschaftlichen Verhältnisse des Versicherten andererseits überwiege das Interesse an einem gleichmäßigen Einsatz der Versichertengelder und damit an der Rücknahme des rechtswidrigen Bescheides mit Wirkung für die Vergangenheit bzw. an der Rückforderung der zu Unrecht erbrachten Leistung.

Der Versicherte hat dagegen Widerspruch eingelegt mit im Wesentlichen den gleichen Argumenten wie bereits im Anhörungsverfahren. Das Grundstück befinde sich in einem gebirgigen und wasserlosen Gebiet, entfernt von irgendeiner Stadt oder einem größeren Ort, so dass selbst bei eventuellem Ernteertrag diese Ernte nicht verkauft werden könnte. Er lebe zusammen mit seiner Frau ausschließlich von der Rente aus der deutschen Rentenversicherung und einer minimalen kroatischen Rente. Er könne keine Arbeiten mehr verrichten, insbesondere keine schweren landwirtschaftlichen Arbeiten und bitte deshalb wenigstens von der Rückzahlung abzusehen.

Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 30.01.1997 zurück. Bei Selbständigen stehe die Ausübung jeder selbständigen Erwerbstätigkeit dem Eintritt des Versicherungsfalles der Erwerbsunfähigkeit entgegen, auch wenn die Tätigkeit nicht regelmäßig ausgeübt werde oder nur geringfügige Einkünfte erzielt würden. Da der Versicherte nach dem vorliegenden Katasterauszug eine bebaubare landwirtschaftliche Fläche von 9.389 m² besitze, sei er selbständig erwerbstätig im Sinne des § 44 Abs.2 Satz 3 SGB VI. Er habe demnach zu Unrecht Rente wegen Erwerbsunfähigkeit bezogen. Dies habe auf unrichtigen Angaben beruht, die der Versicherte in wesentlicher Beziehung grob fahrlässig gemacht habe. Der Rentenbescheid könne deshalb nach § 45 Abs.4 i.V.m. Abs.2 Satz 3 SGB X auch rückwirkend zurückgenommen werden. Nach § 50 Abs.1 SGB X seien die bereits erbrachten Leistungen zu erstatten.

In seiner dagegen erhobenen Klage zum Sozialgericht Landshut hat der Versicherte ausgeführt, er sei nicht in der Lage 18.866,37 DM zurückzuzahlen. Es sei ihm zu keiner Zeit möglich gewesen, von den geringen Einkünften aus der geerbten Landwirtschaft zu überleben. Deshalb habe er sowohl im ehemaligen Jugoslawien als auch in der Bundesrepublik Deutschland als nicht qualifizierter Arbeiter und nach seiner Rückkehr aus Deutschland als Gewerbetreibender mit eigener Baumaschine (Bagger) bis 31.12.1983 gearbeitet. Dann sei er wegen schwerer Krankheit leistungs- und erwerbsunfähig geworden. Die landwirtschaftliche Fläche habe er nie bebaut, weil sich das Land im Bereich einer wasserlosen Steintrift befinde und für den Anbau irgendwelcher nützlicher Kulturen, aber auch für Viehzüchtung ungeeignet sei. Die Angaben des Katasteramtes, wonach eine bebaubare Fläche von 9,389 m² vorliege, sei falsch. Die bebaubare Fläche (die er allerdings nicht bebaue) sei nicht größer als 2.000 m². Das SG wies die Klage mit Urteil vom 02.07.1998 ab. Die Rücknahme des Erwerbsunfähigkeitsrentenbescheides sei nach § 45 Abs.4 i.V.m. § 45 Abs.2 Satz 3 Nr.2 SGB X zulässig, weil der Versicherte im Formblatt die Frage nach dem Besitz eines landwirtschaftlichen Betriebes verneint habe trotz des Hinweises, dass diese auch dann zu bejahen sei, wenn der Antragsteller einen Betrieb besitze, darin aber nicht tätig sei. Er habe deshalb zumindest in grob fahrlässiger Weise eine falsche Angabe gemacht. Es gebe keine Veranlassung, an der Richtigkeit der Angaben des Katasteramtes Imotski zu zweifeln, wonach der Versicherte Eigentümer landwirtschaftlicher Flächen von 11,9 ha bzw. 3,4 ha sei. Der Vortrag, er besitze nicht mehr als 2.000 m² landwirtschaftliche Fläche, habe die Kammer nicht überzeugen können. Sowohl die Zehnjahresfrist (§ 45 Abs.3 Satz 3 SGB X) als auch die Einjahresfrist des § 45 Abs.4 SGB X seien eingehalten worden. Auch habe die Beklagte pflichtgemäß ihr Ermessen ausgeübt, indem sie die privaten Belange des Klägers mit denen der öffentlichen Verwaltung abgewogen habe.

Gegen das am 06.08.1998 zugestellte Urteil hat der Versicherte mit Schreiben vom 29.08.1998, eingegangen am 14.09.1998, Berufung eingelegt und zur Begründung ausgeführt, er habe nie in seinem Leben landwirtschaftlichen Grund bearbeitet, denn der landwirtschaftliche Grund, dessen Eigentümer er sei, habe weniger als 2.000 m² Fläche und befinde sich in einer Gegend ohne Wasser und sei steiniges Land, dessen Bearbeitung sich nicht lohne. Wenn er irgendwelche Einkünfte aus diesem Land hätte, so wäre er nie in ein Arbeitsverhältnis in Kroatien bzw. im ehemaligen Jugoslawien oder in der Bundesrepublik Deutschland gegangen.

Am 18.11.1998 ist der Versicherte gestorben. Seine Witwe und jetzige Klägerin hat auf Frage des Senats vom 03.05.1999 mitgeteilt, dass sie eine neue Bestätigung des Katasteramtes über die Größe der landwirtschaftlichen Fläche, die im Eigentum ihres verstorbenen Ehemannes war, nicht übersenden könne. Dieser habe sein landwirtschaftliches Eigentum keineswegs verschwiegen, da er das Land ja nicht bearbeitet und keinen materiellen Nutzen daraus gezogen habe. Er habe es einfach so gesehen, dass er keinen landwirtschaftlichen Grund besessen habe.

Die Klägerin beantragt sinngemäß, das Urteil des SG Landshut vom 02.07.1998 sowie den Bescheid der Beklagten vom 03.10.1996 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.01.1997 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Das Gericht hat die Versichertenakte sowie die Witwenrentenakte der Klägerin und die Versichertenakte und die Akte des SG Landshut beigezogen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist zulässig (§§ 143, 144 Abs.1 Satz 2, 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG -). Insbesondere ist die Berufungsfrist gewahrt. Da der Versicherte im Ausland wohnt, tritt an die Stelle der Einmonatsfrist (§ 151 Abs.1 SGG) eine Frist von drei Monaten (§ 153 Abs.1 i.V.m. § 87 Abs.2 Satz 2 SGG), die im vorliegenden Fall eingehalten ist.

Die Klägerin ist zur Fortführung des Rechtsstreites als Sonderrechtsnachfolgerin nach § 56 Abs.1 Nr.1 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB I) aktiv legitimiert.

Die Berufung erweist sich jedoch als unbegründet. Ein Anspruch auf Rente wegen Erwerbsunfähigkeit stand dem Versicherten gemäß § 44 Abs.2 Satz 2 Nr.1 SGB VI in der bis zum 31.12.2000 geltenden Fassung nicht zu. Nach dieser Bestimmung ist nicht erwerbsunfähig, wer eine selbständige Tätigkeit ausübt. Zu Recht sind die Beklagte und das Erstgericht davon ausgegangen, dass dies beim Versicherten der Fall war, nämlich dass er in seiner Heimat eine selbständige Landwirtschaft betrieben hat. Das ergibt sich aus der Angabe der Ehefrau des Versicherten und jetzigen Klägerin, die sie anlässlich ihres Rentenantrages vom 18.04.1994 gemacht hat. Dort hat sie auf die Frage, ob sie oder ihr Ehegatte einen landwirtschaftliches oder forstwirtschaftliches Grundstück bewirtschaften mit "ja" geantwortet und auf die Frage nach der Art des Betriebs angegeben: "Poljoprivreda", also Landwirtschaft. Sich selber hat sie in demselben Antrag als Landwirt bezeichnet. Auf entsprechende Anfrage der Beklagten hat die Klägerin eine weitere Erklärung vorgelegt, aus der sich ergibt, dass nicht sie, sondern ihr Gatte, also der Versicherte M.B ..., Besitzer eines kleinen Grundstückes sei. Der Versicherte selber hat ebenfalls auf Anfrage der Beklagten mitgeteilt, dass er eine landwirtschaftliche Fläche besitze, die er allerdings nicht bearbeite und aus der er keinerlei Einkommen erziele. Auf Drängen der Beklagten hat er eine Bescheinigung des Katastervermessungsamtes Außenstelle Imotski vorgelegt, wonach der Haushalt des M.B ..., also des Versicherten, im Verzeichnis dieses Amtes als Besitzer von 1.522 m² Ackerland, 1.367 m² Weingarten, 6.500 m² Weideland, 2.471 m² Wald und 101 m² Hof und Gebäude, zusammen 11.961 m² eingetragen ist. Im Zuge des Anhörungsverfahrens schließlich hat der Versicherte von der staatlichen geodätischen Verwaltung Zagreb, Katasteramt Imotski eine weitere Bescheinigung vorgelegt, wonach er bei einer Gesamtfläche von 3 Ha 43 Ar, eine bebaubare Fläche von 56 Ar besitze. Schließlich hat er selber noch behauptet, nur etwa 2.000 m² landwirtschaftlichen Grund besessen zu haben, den er jedoch nie bewirtschaftet habe. Selbst wenn man von der kleinsten behördlich bestätigten bebaubaren Fläche von 0,56 Ha ausgeht oder von den vom Versicherten selber eingeräumten 2.000 m² ist deren Bewirtschaftung als eine selbständige Tätigkeit im Sinne von § 44 Abs.2 Satz 1 Nr.1 SGB VI anzusehen (vgl. dazu Behn in ZFS 1986 S.197, 201).

Allein der Besitz von landwirtschaftlich nutzbaren Flächen steht indessen einer Rente wegen Erwerbsunfähigkeit nicht im Wege, da das Gesetz die Ausübung einer selbständigen Erwerbstätigkeit voraussetzt. Dafür reicht jede auch nur gerinfgügige selbständige Erwerbstätigkeit, da ein Mindestumfang im Gesetz nicht gefordert wird (vgl. Niesel in Kasseler Kommentar, SGB VI, Rdnr.26).

Der Versicherte hat zwar wiederholt behauptet er habe seine landwirtschaftlichen Flächen nicht bewirtschaftet. Andererseits hat er in der Klagebegründung ausgeführt, er habe von den "geringen Einkünften" aus der geerbten Landwirtschaft nicht überleben können. Bereits die Erzielung von geringfügigen Einkünften schließt den Bezug der Erwerbsunfähigkeitsrente aus. Es kommt nicht darauf an, ob der Versicherten von den Einkünften leben kann (Kasseler Kommentar a.a.O.). Nur wenn die Bewirtschaftung allein dem Eigenbedarf dient, liegt eine unternehmerische Tätigkeit nicht vor. Diese Grundsätze gelten auch, wenn die Landwirtschaft im Ausland betrieben wird (Kasseler Kommentar a.a.O. Rdnr.30). Der Senat geht nach den Angaben des Versicherten davon aus, dass er, wenn auch möglicherweise nur in geringem Umfang, eine selbständige landwirtschaftliche Erwerbstätigkeit ausgeübt hat, die gem. § 44 Abs.2 S.2 Nr.1 SGB VI dem Bezug von Rente wegen Erwerbsunfähigkeit entgegensteht.

Er sieht sich darin inbesondere bestätigt durch die Angaben der Klägerin in ihrem eigenen Rentenverfahren, wo sie auf die Frage nach einem selbständigen Gewerbe "Landwirtschaft" angegeben hat. Damals war sich die Klägerin wohl der Folge dieser Angabe nicht bewusst. Die späteren Behauptungen, tatsächlich sei das Land nicht bewirtschaftet worden, erscheinen demgegenüber als Schutzbehauptungen.

Nach allem steht zur Überzeugung des Senates fest, dass der verstorbene Versicherte eine den Bezug von Erwerbsunfähigkeitsrente hindernde selbständige Erwerbstätigkeit ausgeübt hat.

Hilfsweise ist darauf hinzuweisen, dass für das Nichtvorliegen einer selbständigen Erwerbstätigkeit der Rentenbewerber beweispflichtig ist, da es sich um eine negative Anspruchsvoraussetzung handelt (Kasseler Kommentar, a.a.O., Rdnr.23). Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass es im vorliegenden Fall nicht mehr um die Rentengewährung geht, sondern um die Rücknahme des Erwerbsunfähigkeitsrentenbescheides. Für das Vorliegen der Voraussetzungen für die Rücknahme eines (rechtswidrigen) begünstigenden Verwaltungsaktes ist zwar grundsätzlich die Behörde beweispflichtig. Dies kann jedoch dann nicht gelten, wenn ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt durch Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit herbeigeführt wurde und auch dann nicht, wenn nachträglich erstmals andere Tatsachen behauptet werden, die den begünstigenden Verwaltungsakt gerechtfertigt hätten (vgl. Wiesner in Schroeder-Printzen/Engelmann/Schmalz/Wiesner/von Wulffen, SGB X 3.Aufl., § 45 Rdnr.11).

So liegen die Dinge hier, denn der Versicherte hat auf die sehr detaillierte und nachdrückliche Fragestellung im Formblatt von 22.06.1988 eine eindeutig falsche Auskunft gegeben, in dem er die Frage nach einem landwirtschaftlichen Betrieb ohne Kommentar verneint hat, obgleich in dem Formblatt ausdrücklich darauf hingewiesen wurde, dass es weder auf die Größe des Betriebs und der bewirtschafteten Grundflächen ankomme, noch darauf, ob diese allein oder zusammen mit anderen Personen dem Versicherten gehören. Ferner heißt es dort ausdrücklich, dass die Frage auch dann zu bejahen sei, wenn der Versicherte z.B. wegen Krankheit nicht tätig sei. Insoweit liegt, wie die Beklagte und das Erstgericht zutreffend feststellen, eine zumindest grob fahrlässige und vollständige bzw. falsche Angabe des Versicherten vor.

Für eine Beweislast des Versicherten spricht auch, dass dessen Ehefrau und jetzige Klägerin zunächst angegeben hatte, der Versicherte sei Inhaber eines landwirtschaftlichen Anwesens. Die spätere Behauptung, das Grundstück werde doch nicht bewirtschaftet, müsste deshalb von dem Versicherten bzw. der Klägerin bewiesen werden (Wiesner a.a.O.).

Zusammenfassend kommt der Senat zu dem Ergebnis, dass der Versicherte ein selbständiges Gewerbe im Sinne von § 44 Abs.2 Satz 2 Nr.1 SGB VI a.F. ausgeübt hat. Ein Anspruch auf Rente wegen Erwerbsunfähigkeit stand ihm deshalb nicht zu. Damit ist der Rentenbescheid vom 12.07.1988 ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt, insofern als der Versicherte Rente wegen Erwerbsunfähigkeit bezogen hat, obgleich er nur Anspruch auf Rente wegen Berufsunfähigkeit gemäß § 43 SGB VI hatte.

Nach § 45 Abs.2 SGB X kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Stand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte nicht berufen, soweit der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die er vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat (§ 45 Abs.2 Satz 3 Nr.2 SGB X). Dieser Tatbestand ist im vorliegenden Fall erfüllt. Der verstorbene Versicherte hat im Rentenantrag die Fragen nach der selbständigen Erwerbstätigkeit falsch beantwortet, obgleich diese in seiner Landessprache verfasst waren. Insbesondere gilt dies für die sehr eingehende Fragestellung im Formblatt vom 22.06.1988 (zweisprachig) mit dem ausdrücklichen Hinweis, dass es auf die Größe des Betriebes und der bewirtschafteten Grundflächen nicht ankomme und ebenso nicht darauf, ob der Betrieb dem Versicherten alleine oder zusammen mit anderen Personen gehöre. Ferner hieß es die Fragen seien auch dann zu bejahen, wenn der Versicherte einen Betrieb besitze, darin aber, z.B. wegen Krankheit, nicht tätig sei. Gleichwohl hat der Kläger die Frage nach dem Besitz eines Landwirtschaftsbetriebes unter dem 29.06.1988 ausdrücklich verneint ohne näheren Kommentar. Selbst wenn er der Meinung gewesen sein sollte, den Betrieb nicht angeben zu müssen, wäre dies im Hinblick auf die sehr eingehende Belehrung zumindest als grob fahrlässiges Verhalten anzusehen (§ 45 Abs.2 Satz 3 Nr.3 2.Halbsatz SGB X).

Damit konnte der Weitergewährungsbescheid vom 12.07.1988 zurückgenommen werden. Dies war nach § 45 Abs.4 Satz 1 i.V.m. Abs.2 Satz 3 SGB X auch mit Wirkung für die Vergangenheit möglich. Die Zehnjahresfrist des § 45 Abs.3 Satz 3 SGB X war bei Erlass des streitgegenständlichen Bescheides vom 03.10.1996 in Bezug auf den Weitergewährungsbescheid vom 12.07.1988 noch nicht verstrichen.

Die Beklagte hat auch die für die Rücknahme für die Vergangenheit geltende Jahresfrist des § 45 Abs.4 Satz 2 SGB X gewahrt, da von einer definitiven Kenntnis der die Rücknahme rechtfertigenden Tatsachen erst mit Eingang des ersten Katasterauszuges vom 22.05.1996 ausgegangen werden kann.

Schließlich hat die Beklagte auch das ihr eingeräumte Ermessen erkennbar ausgeübt. Die Rückforderung des überzahlten Betrages ergibt sich zwingend aus § 50 Abs.1 SGB X. Insoweit hat die Beklagte kein Ermessen mehr.

Nach allem war die Berufung gegen das Urteil des SG Landshut vom 02.07.1998 zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich.
Rechtskraft
Aus
Saved