Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
20
1. Instanz
SG Bayreuth (FSB)
Aktenzeichen
S 4 Ar 428/96
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 20 RJ 502/96
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. a) Die im gesetzlichen Güterstand lebende Ehefrau eines landwirtschaftlichen Unternehmers, der Alleineigentümer des Gesamtbetriebes ist, das landwirtschaftliche Unternehmen allein führt und allein Beiträge nach dem GAL zur landwirtschaftlichen Alterskasse entrichtet hat, übt auch dann keine - die Bewertung von Berücksichtungszeiten wegen Kindererziehung als Streckungstatbestand ausschließende - selbständige Tätigkeit i.S. des § 43 Abs. 3 Nr. 3 SGB VI aus, wenn sie im Rahmen des ehelichen Zusammenlebens aufgrund stillschweigender oder ausdrücklich erteilter Vollmacht betriebsbezogene Rechtsgeschäfte oder Handlungen vornimmt.
b) Daran hat sich durch das Inkrafttreten des Gesetzes über die Alterssicherung für Landwirte (ALG) am 01.01.1995 nichts geändert. Die Einbeziehung der Landwirtschaftsehegatten in den Kreis der nach dem ALG versicherungspflichtigen Personen (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. Abs. 3 ALG) beruht nicht auf der Feststellung ihrer Unternehmereigenschaft, sondern auf gesetzlicher Fiktion (§ 1 Abs. 3 S. 1 ALG).
2. a) Eine - auch stillschweigend mögliche - Ehegattengesellschaft (mit beiderseits selbständiger Erwerbstätigkeit) besteht nur dann, wenn sich beide Ehegatten aktiv und/oder direktiv am Unternehmen beteiligen und ihre Mitwirkung nach einer am wirtschaftlichen Betriebsergebnis ausgerichteten Bewertung in etwa gleiche Bedeutung für das Betriebsergebnis hat.
b) Bei nur geringfügiger oder ausschließlich familienhafter Mitarbeit eines Ehepartners liegt keine Ehegattengesellschaft vor.
b) Daran hat sich durch das Inkrafttreten des Gesetzes über die Alterssicherung für Landwirte (ALG) am 01.01.1995 nichts geändert. Die Einbeziehung der Landwirtschaftsehegatten in den Kreis der nach dem ALG versicherungspflichtigen Personen (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. Abs. 3 ALG) beruht nicht auf der Feststellung ihrer Unternehmereigenschaft, sondern auf gesetzlicher Fiktion (§ 1 Abs. 3 S. 1 ALG).
2. a) Eine - auch stillschweigend mögliche - Ehegattengesellschaft (mit beiderseits selbständiger Erwerbstätigkeit) besteht nur dann, wenn sich beide Ehegatten aktiv und/oder direktiv am Unternehmen beteiligen und ihre Mitwirkung nach einer am wirtschaftlichen Betriebsergebnis ausgerichteten Bewertung in etwa gleiche Bedeutung für das Betriebsergebnis hat.
b) Bei nur geringfügiger oder ausschließlich familienhafter Mitarbeit eines Ehepartners liegt keine Ehegattengesellschaft vor.
I. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts Bayreuth vom 22. Oktober 1996 aufgehoben. Die Beklagte wird unter Abänderung des Bescheides vom 12.09.1995 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.05.1996 verurteilt, der Klägerin ab 01.10.1994 die gesetzlichen Leistungen wegen Erwerbsunfähigkeit zu gewähren.
II. Die Beklagte hat der Klägerin die außergerichtlichen Kosten beider Rechtszüge zu erstatten.
III. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Bewilligung von Rente wegen Erwerbsunfähigkeit. Streitig ist zwischen den Beteiligten die Anrechnung uneingeschränkter Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung.
Die am ...1951 geborene Klägerin hat mit Unterbrechungen vom 26.07.1965 bis 31.12.1982 versicherungspflichtig gearbeitet. Seit 15.12.1983 ist sie mit dem Landwirt ... verheiratet. Sie hat 5 Kinder ( ..., geb ...1968, ..., geb ...1969, ..., geb ...1976, ..., geb ...1984 und ..., geb ...1987). Seit der Verheiratung arbeitete die Klägerin im Betrieb ihres Ehemannes mit; ihre Angaben über den zeitlichen Umfang der betriebsbezogenen Mitarbeit schwankten zwischen 10 und 15 Stunden pro Woche. Die Ehegatten leben im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft. Der im Alleineigentum des Ehemannes stehende Betrieb umfaßt 19,37 ha landwirtschaftliche und 6,72 ha forstwirtschaftliche Grundstücke. Bis April 1990 war der Ehemann der Klägerin hauptberuflich in der Landwirtschaft tätig; seitdem ist er als Arbeitnehmer versicherungspflichtig beschäftigt und betreibt die Landwirtschaft nur noch im Nebenerwerb.
Am 16.06.1994 beantragte die Klägerin Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit. Nach Abschluß ihrer Ermittlungen, insbesondere in Würdigung des ärztlichen Entlassungsberichts der Klinik Frankenwarte Bad Steben vom 06.07.1995 (wo sich die Klägerin in der Zeit vom 11.05. bis 15.06.1995 einer medizinischen Reha-Maßnahme unterzog), gelangte die Beklagte - ebenso wie die LAK Oberfranken und Mittelfranken aufgrund einer prüfärztlichen Stellungnahme des Ltd. Med.Dir.Dr ... vom 06.10.1996 - zu dem Ergebnis, daß die Klägerin seit Entlassung aus dem Heilverfahren erwerbsunfähig sei.
Mit dem streitbefangenen Bescheid vom 12.09.1995 stellte die Beklagte das Vorliegen von Erwerbsunfähigkeit (EU) aufgrund eines am 15.06.1995 eingetretenen Leistungsfalls fest, lehnte aber die Gewährung von Rente ab, weil die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nicht gegeben seien. Im maßgebenden Fünf-Jahres-Zeitraum vom 15.06.1990 bis 14.06.1995 habe die Klägerin keine Pflichtbeiträge entrichtet. Auch sei nicht jeder Monat ab Januar 1984 durchgehend mit Zeiten gem. § 240 Abs. 2 SGB VI belegt. Kinderberücksichtigungszeiten könnten nicht angerechnet werden; denn aufgrund ihrer wöchentlich ca. 15 Stunden umfassenden Mitarbeit im Betrieb habe die Klägerin als Ehefrau eines selbständigen Landwirts in der Zeit vom 15.12.1983 bis März 1990 eine mehr als geringfügige selbständige Tätigkeit ausgeübt. Mit dieser Begründung wies die Beklagte auch den Widerspruch der Klägerin zurück (Widerspruchsbescheid vom 20.05.1996).
Im anschließenden Klageverfahren vor dem Sozialgericht Bayreuth (SG) hat die Klägerin in der mündlichen Verhandlung vom 22.10.1996 darauf hingewiesen, daß die von ihr genannten Tätigkeiten (Kälberfutterzubereitung und Säubern der Melkkammer) nicht - wie früher angegeben - ca. 15 Stunden pro Woche ausgemacht hätten. Sie habe wegen der Pflege ihrer Schwiegermutter (und später ihres Schwiegervaters) in der Landwirtschaft praktisch nicht mitarbeiten können. Zu den Aussagen über eine Mitarbeit von 15 Stunden wöchentlich sei es nur gekommen, weil sie die Tätigkeiten nicht im einzelnen differenziert habe.
Mit Urteil vom 22.10.1996 hat das SG die Klage abgewiesen: Abweichend von den zweckgerichteten Angaben im Verhandlungstermin sei bis März/April 1990 von einer ca. 15 Wochenstunden umfassenden Mitarbeit der Klägerin in der Landwirtschaft ihres Ehemannes auszugehen, da die zeitliche Belastung für die ihr übertragenen Tätigkeiten mit den notwendigen Vor- und Nacharbeiten täglich 2,5 bis 3 Stunden oder (unter Berücksichtigung einer bei Viehhaltung üblichen 7-Tage-Woche) mindestens 15 Stunden in der Woche betragen habe. Im übrigen hat sich das SG die im Widerspruchsbescheid vom 20.05.1996 gegebene Begründung der Beklagten zu eigen gemacht.
Gegen dieses Urteil hat die Klägerin am 18.11.1996 Berufung eingelegt. Sie macht geltend, von 1983 bis 1990 keine selbständige Erwerbstätigkeit ausgeübt zu haben: sie sei weder Mit- noch Alleinunternehmerin gewesen und habe keine wesentliche oder rechtlich zulässige Möglichkeit der Einflußnahme auf den von ihrem Ehegatten allein geführten Betrieb gehabt. Die widersprüchlich erscheinenden Angaben über ihre betriebliche Mitarbeit seien auf Suggestivfragen von Bediensteten der Beklagten erfolgt. Tatsächlich spüle sie (nach Leerung durch den Molkerei-Abholdienst) einmal täglich die Milchkannen mit Wasser aus; dafür benötige sie ca. eine halbe Stunde. Daneben habe sie vereinzelt das Wasser für die Zubereitung von Kälberfutter erwärmt. Unter diesen Umständen sei davon auszugehen, daß ihre Mitarbeit lediglich auf familienrechtlicher Grundlage erfolgt sei.
Der Senat hat die Klägerin in der mündlichen Verhandlung informatorisch gehört und ihren Ehemann als Zeugen vernommen. Wegen ihrer Angaben wird auf die Niederschrift verwiesen. Auf Vorschlag des Senats stellten die Beteiligten außer Streit, daß bei der Klägerin seit 26.09.1994 (Feststellung der stenosierenden Wandveränderungen durch das Klinikum Bayreuth) Erwerbsunfähigkeit besteht.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Bayreuth vom 22.10.1996 sowie den Bescheid vom 12.09.1995 idG des Widerspruchsbescheides vom 20.05.1996 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, hilfsweise wegen Berufsunfähigkeit, ab 01.10.1994 zu gewähren. Hilfsweise beantragt sie für den Fall der Zurückweisung der Berufung die Zulassung der Revision.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur Begründung ihres Antrags weist die Beklagte darauf hin, daß nach den Angaben der Klägerin von einer wöchentlich 15 Stunden umfassenden Arbeitsleistung in der Landwirtschaft auszugehen sei. Es sei nicht glaubhaft, daß der Ehemann alle betrieblichen Entscheidungen (selbst größerer Art) unbemerkt von der Klägerin getroffen habe. Auch sei sie am wirtschaftlichen Erfolg (oder Mißerfolg) des Unternehmens beteiligt gewesen. Da bereits eine wöchentlich 15 Stunden dauernde Mitarbeit zum Ausschluß einer nur geringfügigen selbständigen Tätigkeit führe, komme es auf das Vorliegen der weiteren Voraussetzungen nicht an.
Beigezogen waren neben den Unterlagen der Beklagten und der Klageakte des SG Bayreuth (Az.: S 4 Ar 28/96) die den Ehemann der Klägerin betreffenden Akten der LAK und der LBG Oberfranken und Mittelfranken sowie die Unterlagen der LAK über die Klägerin. Wegen weiterer Einzelheiten wird zur Ergänzung des Tatbestandes auf die beigezogenen Unterlagen und insbesondere auf das Protokoll der mündlichen Verhandldung Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Klägerin ist nach § 143 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft; das Rechtsmittel ist form- und fristgerecht eingelegt (§ 151 SGG) und auch sonst zulässig.
Das Rechtsmittel der Klägerin hat im Umfang des in der Berufungsinstanz eingeschränkten Klagebegehrens auch Erfolg. Entgegen dem angefochtenen Urteil des SG Bayreuth vom 22.10.1996 und dem Bescheid der Beklagten vom 12.09.1995 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.05.1996 stehen der Klägerin ab 01.10.1994 die gesetzlichen Leistungen wegen EU auf der Grundlage eines am 26.09.1994 eingetretenen Leistungsfalls zu. Die Berücksichtigungszeiten (BÜZ) wegen Kindererziehung sind auch insoweit uneingeschränkt anzurechnen, als sie auf die Zeit ab 15.12.1983 entfallen. Der Anspruch auf EU-Rente hängt gem. § 44 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) u.a. davon ab, daß die Versicherte in den letzten 5 Jahren vor Eintritt der EU drei Jahre Pflichtbeiträge (für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit) hat (Normfassung ab 01.01.1996 durch Gesetz vom 15.12.1995 - BGBl I 1824 -) bzw. (nach der bis 31.12.1995 geltenden Fassung) in entsprechendem Umfang "Pflichtbeitragszeiten" zurückgelegt hat (vgl. auch die Übergangsregelung des § 305 SGB VI in der Neufassung durch Gesetz vom 15.12.1995 - aaO -; soweit - wie vorliegend - nur inländische Pflichtbeitragszeiten zu berücksichtigen sind, haben sich durch die Neuregelung keine rechtlichen Änderungen ergeben). Der 5-Jahres-Zeitraum verlängert sich um sog. Aufschubzeiten, zu denen nach § 44 Abs. 4 iVm § 43 Abs. 3 Nr. 2 SGB VI u.a. "Berücksichtigungszeiten" (§§ 54 Abs. 1 Nr. 3, 57 SGB VI) gehören. Das sind Zeiten der Erziehung eines Kindes (vom Tag der Geburt bis zu dessen vollendetem Lebensjahr, soweit die Voraussetzungen für die Anrechnung einer Kindererziehungszeit (§ 56 SGB VI) auch in dieser Zeit vorliegen (§ 57 SGB VI).
Solche BÜZ wegen Kindererziehung sind nicht auf Geburten ab 1992 beschränkt und können daher auch für Zeiten vor dem 01.01.1992 angerechnet werden (§§ 249 Abs. 9, 249 a Abs. 3 SGB VI). Bei Erziehung mehrerer Kinder erfolgt (abweichend von der Regelung des § 56 Abs. 5 Satz 2 SGB VI) keine Verlängerung der Gesamtzeit durch Hinzurechnung der "zusammentreffenden Zeiten"; die BÜZ endet in solchen Fällen vielmehr mit Vollendung des 10. Lebensjahres des zuletzt geborenen Kindes. Nach diesen Grundsätzen hat die BÜZ für den am ...1976 geborenen Sohn ... mit dessen Geburtstag begonnen und am 03.11.1986, frühestens aber im September 1985 (mit Aufnahme in das Kinderheim Marienberg) geendet. Selbst zu diesem früheren (als Ende der Erziehung des Sohnes Holger unterstellten) Zeitpunkt war bereits das Kind ... geboren ( ...1984). Weniger als 3 Jahre später (am 12.08.1987) kam die Tochter ... zur Welt. Alle drei genannten Kinder waren in den Haushalt der Klägerin aufgenommen, unterstanden ihrer elterlichen Sorge (§§ 1626 ff, 1705 BGB) und wurden von ihr persönlich und konkret betreut und versorgt (vgl. Verbandskommentar, Stand 01.01.1997, RdNr. 5 zu § 56 SGB VI). Es kann deshalb keinem Zweifel unterliegen, daß die Kinder im Sinne von § 56 Abs. 1 SGB VI von der Klägerin "erzogen" wurden. Dem Grunde nach liegt deshalb im Zeitraum vom 04.11.1976 bis 11.08.1997 eine durchgehende BÜZ wegen Kindererziehung vor. Nach Auffassung der Beklagten können die auf die Zeit nach der Eheschließung vom 15.12.1983 entfallenden Monate (ab Januar 1984) bei der Erfüllung der besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nicht herangezogen werden, weil bei der Klägerin die einschränkenden Voraussetzungen des § 43 Abs. 3 Nr. 2 SGB VI erfüllt sein sollen. Danach darf während der BÜZ keine selbständige Tätigkeit ausgeübt worden sein, die mehr als geringfügig oder nur unter Berücksichtigung des Gesamteinkommens geringfügig war. Der Normzweck besteht darin, nur solche Versicherte zu begünstigen, die wegen der Kindererziehung keiner Erwerbstätigkeit von mehr als geringem Umfang nachgehen konnten (vgl. Kasseler Kommentar/Niesel RdNr. 138 zu § 43 SGB VI).
Nach der aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung des Senats hat die Klägerin während der fraglichen Zeit vom 15.12.1983 bis zum Eintritt der EU am 26.09.1994 niemals eine selbständige Erwerbstätigkeit im Sinne des § 43 Abs. 3 Nr. 2 SGB VI ausgeübt; schon aus diesem Grunde kann sie eine solche Tätigkeit auch nicht in "mehr als geringfügigem Umfang" ausgeübt haben.
Der Begriff der selbständigen Tätigkeit ist für das Gebiet der Rentenversicherung weder in § 43 Abs. 3 SGB VI noch in § 44 Abs. 2 SGB VI definiert. Unter Berücksichtigung der Regelungen im Steuerrecht ist als Selbständiger einzustufen, wer in eigenem Namen und auf eigene Rechnung tätig ist (BSGE 39, 152/153). Eine selbständige Erwerbstätigkeit ist somit eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit, die selbständig zur Erzielung von Einkünften ausgeübt wird, zu denen Einkünfte aus Kapitalvermögen, Vermietung und Verpachtung sowie sonstige Einkünfte im Sinne des § 22 Einkommensteuergesetz (EStG) regelmäßig nicht gehören.
Zum Kreis der Selbständigen zählen insbesondere handwerkliche, gewerbliche oder landwirtschaftliche Unternehmer sowie Angehörige freier Berufe. Unternehmer ist, wer die für das Unternehmen erforderlichen Willensentscheidungen eigenverantwortlich und persönlich unabhängig trifft und vom wirtschaftlichen Ergebnis die unmittelbaren Vor- und Nachteile hat. Der Unternehmer übt eine selbständige Erwerbstätigkeit aus, solange auf den Geschäftsbetrieb gerichtete Handlungen in seinem Namen vorgenommen werden. Es kommt dann nicht darauf an, ob und in welcher Weise er sich nach außen oder innen am Geschäftsbetrieb tätig beteiligt. Vielmehr genügt es, daß er kraft seiner Unternehmerstellung den notwendigen Einfluß zu nehmen vermag. Er kann deshalb das Geschäft auch durch andere betreiben lassen (BSGE 2, 67/74 f; ferner BSG in SozR 2200 Nrn. 19 und 32 zu § 1247 RVO). Allein die Tatsache, daß die Hofstelle einschließlich der zugehörigen landwirtschaftlichen und forstwirtschaftlichen Grundstücke im Alleineigentum des Ehemannes der Klägerin steht, spricht prima facie gegen deren Unternehmereigenschaft. Hinzu kommt, daß der Zeuge ..., der den Hof im Jahre 1974 von seinen Eltern übernommen hat, das Unternehmen auch nach der Eheschließung mit der Klägerin allein betrieben und auch allein Beiträge zur Landwirtschaftlichen Alterskasse (LAK) Oberfranken und Mittelfranken entrichtet hat. Nach dem Inhalt der von dort beigezogenen Beitragsakte ist aus Anlaß der Eheschließung keine Mitteilung an die Träger der landwirtschaftlichen Sozialversicherung erfolgt, daß die Ehegatten das Unternehmen nunmehr gemeinsam betreiben und wer ggfs. das Unternehmen überwiegend leitet (vgl. §§ 2 Abs. 6 und 24 Abs. 6 des Gesetzes über eine Altershilfe für Landwirte (GAL) in der bis 31.12.1994 geltenden Fassung). Daß die Klägerin mit Inkrafttreten des Gesetzes über die Alterssicherung der Landwirte (ALG), d.h. ab 01.01.1995, in den Kreis der nach diesem Gesetz versicherungspflichtigen Personen einbezogen wurde (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 iVm Abs. 3 ALG) und daß ihr gem. § 92 Abs. 1 ALG für die Zeit vom 15.12.1983 bis 31.12.1994 Beitragszeiten "zugesplittet" worden sind, hat für die Frage ihrer "selbständigen Erwerbstätigkeit" keine Bedeutung. Abgesehen davon, daß bei Inkrafttreten des ALG die entscheidungserhebliche Leistungsminderung bei der Klägerin bereits eingetreten war, beruht ihre Beitragspflicht nach dem ALG gerade nicht auf der Feststellung, daß sie Landwirtin im Sinne des § 1 Abs. 2 ALG ist, sondern auf der Fiktion des § 1 Abs. 3 Satz 1 ALG, wonach Ehegatten eines Landwirts unter den dort genannten Voraussetzungen als Landwirte gelten. § 1 Abs. 2 Satz 2 ALG stellte darüber hinaus klar, daß sich die Fiktionswirkung nicht auf den Anwendungsbereich anderer Gesetze erstreckt. Schließlich lassen die Regelungen des § 1 Abs. 3 Sätze 3 und 4 ALG zweifelsfrei erkennen, daß nach dem ab 01.01.1995 geltenden Rechtszustand nicht beide Ehegatten "automatisch" landwirtschaftliche Unternehmer sind. Sie müssen vielmehr innerhalb von 3 Monaten nach Übernahme eines Betriebs bzw. nach einer später erfolgten Eheschließung gegenüber der LAK erklären, wer das Unternehmen als Landwirt betreibt oder daß sie dies gemeinschaftlich tun. Die Frage der Unternehmereigenschaft bestimmt sich daher nach wie vor in erster Linie nach den (weitgehender Gestaltungsfreiheit unterliegenden) rechtlichen Beziehungen zwischen den Ehegatten. Diese werden vorliegend im wesentlichen durch den Güterstand der Eheleute ... und die Eigentumsverhältnisse an den land- und forstwirtschaftlichen Grundstücken bestimmt. Das Wesen der den gesetzlichen Güterstand prägenden Zugewinngemeinschaft besteht darin, daß (wie bei Gütertrennung) durch die Begründung und während des Bestehens der Gemeinschaft keine dingliche Beteiligung eines Ehegatten am Vermögen des anderen eintritt. Jeder Ehegatte bleibt also Alleineigentümer seines, auch des nach der Eheschließung erworbenen Vermögens (§ 1363 Abs. 2 Satz 1 BGB). In der Verwaltung seines Vermögens ist jeder Ehegatte selbständig (§ 1364 BGB), wenn auch mit den sich aus §§ 1365 bis 1369 BGB ergebenden Beschränkungen. Da sämtliche land- und forstwirtschaftlichen Nutzflächen, die Wohn- und Betriebsgebäude sowie das gesamte lebende und tote Inventar (§ 98 Nr. 2 BGB) im Alleineigentum des Ehemannes der Klägerin stehen und deshalb auch die aus dem Unternehmen erzielten Erträge seinem Vermögen zufallen (§§ 99, 953 ff BGB), ist nicht ersichtlich, aufgrund welcher gesetzlich oder vertraglich begründeten Befugnisse die Klägerin seit der Eheschließung mit ... berechtigt gewesen sein sollte, eigenverantwortlich und persönlich unabhängig die für das Unternehmen erforderlichen Willensentscheidungen zu treffen. Soweit dies vereinzelt geschehen sein sollte, beruhte die Erklärungs- oder Handlungskompetenz der Klägerin auf stillschweigender oder ausdrücklich erteilter Vollmacht ihres Ehemannes; die betriebsbezogenen Rechtsgeschäfte erfolgten demnach - auch wenn sie (was im Rahmen eines normalen ehelichen Zusammenlebens nicht "vermeidbar" ist) in gewissem Umfang von der Klägerin vorgenommen wurden: Zum Beispiel Annahme einer Warenlieferung, Bezahlung von Rechnungen für betrieblich veranlaßte Dienstleistungen - im Namen und für Rechnung ihres Ehemannes als des alleinverfügungsberechtigten Unternehmers und Betriebsinhabers. Zusammenfassend hat die Klägerin weder im Zeitpunkt ihrer Eheschließung noch später (vor oder nach dem Eintritt der EU) eine selbständige Tätigkeit aufgenommen. Die streitige BÜZ wegen Kindererziehung unterliegt daher in versicherungsrechtlicher Hinsicht keiner Beschränkung bei der Heranziehung als Verlängerungstatbestand im Sinne des § 44 Abs. 4 iVm § 43 Abs. 3 SGB VI. Auch leistungsrechtlich steht dem prozessualen Begehren der Klägerin auf Bewilligung von Rente wegen EU die negative Anspruchsvoraussetzung des § 44 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 SGB VI nicht entgegen. Wäre die Klägerin entgegen der vom Senat vertretenen Auffassung seit ihrer Eheschließung (und über den Leistungsfall der EU hinaus) selbständig erwerbstätig gewesen (was allenfalls im Rahmen einer zwischen den Ehegatten bestehenden BGB-Gesellschaft denkbar wäre; s.u.), müßte zwischen den versicherungsrechtlichen und den leistungsrechtlichen Auswirkungen einer solchen Feststellung unterschieden werden. Ein geringfügiger Umfang der selbständigen Erwerbstätigkeit würde die Erfüllung der Voraussetzungen nach §§ 43 Abs. 1 Nr. 2 und 44 Abs. 1 Nr. 2 SGB VI nicht hindern, aber der Bewilligung von Rente wegen EU entgegenstehen, da nach ständiger Rechtsprechung des BSG auch ein wirtschaftlich nahezu unbedeutendes Ergebnis der selbständig ausgeübten Tätigkeit den Eintritt von EU ausschließt (BSG in SozR 2200 Nrn. 32, 34, 39 und 52 zu § 1247 RVO).
Bei der Klägerin liegen auch die Voraussetzungen einer Ehegatten-Gesellschaft nicht vor. Ehegatten können - unabhängig davon, wer im Außenverhältnis in Erscheinung tritt und wer Inhaber bzw. Eigentümer des Betriebes ist - eine Gesellschaft des Bürgerlichen Rechts (§§ 705 ff BGB) auch als bloße Innengesellschaft bilden. In einem solchen Fall ist die Möglichkeit in Betracht zu ziehen, daß (je nach Gestaltung der wechselseitigen Mitwirkung am betrieblichen Geschehen) beide Ehegatten eine selbständige Tätigkeit ausüben. Ob eine solche Innengesellschaft in Form der Ehegatten-Gesellschaft vorliegt, beurteilt sich in erster Linie danach, ob sich die Ehepartner aufgrund einvernehmlicher - zwar auch stillschweigend möglicher, aber inhaltlich feststellbarer, weil faktisch vollzogener - Übereinkunft in den Dienst einer gemeinsamen, über die eheliche Lebensgemeinschaft hinausgehenden Aufgabe gestellt und eine Berufsgemeinschaft gebildet haben. Beide Ehegatten müssen im Unternehmen aktiv und/oder direktiv tätig sein, wobei die Anteile ihrer Mitwirkung am Geschäftsbetrieb nach einer am wirtschaftlichen Betriebsergebnis ausgerichteten Bewertung in etwa die gleiche Bedeutung haben müssen. Bei nur geringfügiger oder ausschließlich familienhafter Mitarbeit eines Ehepartners (im Vergleich mit dem Anteil des anderen, als alleiniger Unternehmer bzw. Betriebsinhaber fungierenden Ehegatten) liegt keine Ehegatten-Gesellschaft vor (vgl. Verbands-Kommentar, Anm. 8 zu § 44 SGB VI).
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze sind die Voraussetzungen einer Ehegatten-Gesellschaft vorliegend nicht erfüllt. Aufgrund des Ergebnisses der Beweisaufnahme durch den erkennenden Senat steht vielmehr fest, daß sich die Klägerin im wesentlichen auf die Führung des Haushalts und die Kindererziehung beschränkte, während ihr Ehemann - von unbedeutenden, für das Betriebsganze nicht ins Gewicht fallenden Ausnahmen abgesehen - die Landwirtschaft mit Hilfe seines Onkels praktisch allein betrieben hat. Er war (und ist) deshalb als alleiniger Unternehmer zu betrachten. Zur Überzeugung des Senats steht ferner fest, daß die Klägerin keinen direktiven Einfluß auf die Betriebsführung des Unternehmens ausgeübt hat und mangels einer dazu geeigneten Rechtsposition auch nicht ausüben konnte. Ihre Beteiligung an den betriebsbedingten Arbeiten hat sich auf nur wenige Tätigkeiten (im wesentlichen die Bereitstellung des Wassers für das Kälberfutter, das Reinigen der Milchkannen und der Milchkammer sowie die gelegentliche Versorgung der Hühnerzucht) beschränkt. Insoweit hat ihr Ehemann als Zeuge glaubhaft bekundet, daß die Klägerin mit der Kindererziehung und der Betreuung der (teilweise pflegebedürftigen) Schwiegereltern hinreichend ausgelastet war und dadurch nicht über genügend Zeit verfügte, mehr als geringfügig bzw. unbedingt notwendig in der Landwirtschaft tätig zu sein. Vor dem Hintergrund der familiären und betrieblichen Gesamtsituation, wie sie sich dem Berufungsgericht nach persönlicher Anhörung beider Ehegatten darstellt, erscheinen die berichtigten Angaben der Klägerin, der Zeitaufwand für die Mitarbeit im landwirtschaftlichen Unternehmen ihres Ehemannes habe durchgehend weit weniger als 15 Stunden in der Woche betragen, absolut glaubhaft. Zur Überzeugung des Senats beruhten die früheren Angaben der Klägerin über einen höheren Zeitaufwand "für die Landwirtschaft" auf der Einbeziehung von Arbeiten im landwirtschaftlichen Haushalt und bei der Betreuung ihrer Schwiegereltern, die im sog. Austrag auf dem Hof lebten und (entsprechend dem in Übergabeverträgen ausnahmslos enthaltenen Mindeststandard) Anspruch auf Versorgungsleistungen des Betriebsübernehmers hatten. Unter diesen Umständen ist davon auszugehen, daß seitens der Klägerin bei den betrieblich veranlaßten Arbeiten in der Landwirtschaft ihres Ehemannes lediglich eine geringfügige familienhafte Mitarbeit vorlag. Eine Ehegatten-Gesellschaft hat damit zu keinem Zeitpunkt bestanden.
Der in der mündlichen Verhandlung unter den Beteiligten unstreitig gestellte Leistungsfall der EU ist auch nach Überzeugung des Senats spätestens am 26.09.1994, dem Zeitpunkt der im Klinikum Bayreuth erfolgten Feststellung massiver Durchblutungsstörungen als Folge stenosierender Gefäßwandveränderungen und der damit verbundenen Verkürzung zumutbarer Gehwegstrecken auf weniger als 300 m, eingetreten, so daß der Klägerin ab 01.10.1994 Leistungen unter Berücksichtigung des vom 11.05. bis 15.06.1995 auf Kosten der Beklagten durchgeführten Heilverfahrens zustehen. Auf die Berufung der Klägerin war deshalb das angefochtene Urteil aufzuheben und die Beklagte in Abänderung der streitbefangenen Bescheide zur Gewährung der gesetzlichen Leistungen wegen EU (vorgezogenes Übergangsgeld, Rente unter Anrechnung des bereits gezahlten Übergangsgeldes) zu verurteilen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Der Senat hat die Revision zugelassen, weil er der Sache grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG beimißt.
b) Daran hat sich durch das Inkrafttreten des Gesetzes über die Alterssicherung für Landwirte (ALG) am 01.01.1995 nichts geändert. Die Einbeziehung der Landwirtschaftsehegatten in den Kreis der nach dem ALG versicherungspflichtigen Personen (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. Abs. 3 ALG) beruht nicht auf der Feststellung ihrer Unternehmereigenschaft, sondern auf gesetzlicher Fiktion (§ 1 Abs. 3 S. 1 ALG).
2. a) Eine - auch stillschweigend mögliche - Ehegattengesellschaft (mit beiderseits selbständiger Erwerbstätigkeit) besteht nur dann, wenn sich beide Ehegatten aktiv und/oder direktiv am Unternehmen beteiligen und ihre Mitwirkung nach einer am wirtschaftlichen Betriebsergebnis ausgerichteten Bewertung in etwa gleiche Bedeutung für das Betriebsergebnis hat.
b) Bei nur geringfügiger oder ausschließlich familienhafter Mitarbeit eines Ehepartners liegt keine Ehegattengesellschaft vor.
II. Die Beklagte hat der Klägerin die außergerichtlichen Kosten beider Rechtszüge zu erstatten.
III. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Bewilligung von Rente wegen Erwerbsunfähigkeit. Streitig ist zwischen den Beteiligten die Anrechnung uneingeschränkter Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung.
Die am ...1951 geborene Klägerin hat mit Unterbrechungen vom 26.07.1965 bis 31.12.1982 versicherungspflichtig gearbeitet. Seit 15.12.1983 ist sie mit dem Landwirt ... verheiratet. Sie hat 5 Kinder ( ..., geb ...1968, ..., geb ...1969, ..., geb ...1976, ..., geb ...1984 und ..., geb ...1987). Seit der Verheiratung arbeitete die Klägerin im Betrieb ihres Ehemannes mit; ihre Angaben über den zeitlichen Umfang der betriebsbezogenen Mitarbeit schwankten zwischen 10 und 15 Stunden pro Woche. Die Ehegatten leben im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft. Der im Alleineigentum des Ehemannes stehende Betrieb umfaßt 19,37 ha landwirtschaftliche und 6,72 ha forstwirtschaftliche Grundstücke. Bis April 1990 war der Ehemann der Klägerin hauptberuflich in der Landwirtschaft tätig; seitdem ist er als Arbeitnehmer versicherungspflichtig beschäftigt und betreibt die Landwirtschaft nur noch im Nebenerwerb.
Am 16.06.1994 beantragte die Klägerin Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit. Nach Abschluß ihrer Ermittlungen, insbesondere in Würdigung des ärztlichen Entlassungsberichts der Klinik Frankenwarte Bad Steben vom 06.07.1995 (wo sich die Klägerin in der Zeit vom 11.05. bis 15.06.1995 einer medizinischen Reha-Maßnahme unterzog), gelangte die Beklagte - ebenso wie die LAK Oberfranken und Mittelfranken aufgrund einer prüfärztlichen Stellungnahme des Ltd. Med.Dir.Dr ... vom 06.10.1996 - zu dem Ergebnis, daß die Klägerin seit Entlassung aus dem Heilverfahren erwerbsunfähig sei.
Mit dem streitbefangenen Bescheid vom 12.09.1995 stellte die Beklagte das Vorliegen von Erwerbsunfähigkeit (EU) aufgrund eines am 15.06.1995 eingetretenen Leistungsfalls fest, lehnte aber die Gewährung von Rente ab, weil die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nicht gegeben seien. Im maßgebenden Fünf-Jahres-Zeitraum vom 15.06.1990 bis 14.06.1995 habe die Klägerin keine Pflichtbeiträge entrichtet. Auch sei nicht jeder Monat ab Januar 1984 durchgehend mit Zeiten gem. § 240 Abs. 2 SGB VI belegt. Kinderberücksichtigungszeiten könnten nicht angerechnet werden; denn aufgrund ihrer wöchentlich ca. 15 Stunden umfassenden Mitarbeit im Betrieb habe die Klägerin als Ehefrau eines selbständigen Landwirts in der Zeit vom 15.12.1983 bis März 1990 eine mehr als geringfügige selbständige Tätigkeit ausgeübt. Mit dieser Begründung wies die Beklagte auch den Widerspruch der Klägerin zurück (Widerspruchsbescheid vom 20.05.1996).
Im anschließenden Klageverfahren vor dem Sozialgericht Bayreuth (SG) hat die Klägerin in der mündlichen Verhandlung vom 22.10.1996 darauf hingewiesen, daß die von ihr genannten Tätigkeiten (Kälberfutterzubereitung und Säubern der Melkkammer) nicht - wie früher angegeben - ca. 15 Stunden pro Woche ausgemacht hätten. Sie habe wegen der Pflege ihrer Schwiegermutter (und später ihres Schwiegervaters) in der Landwirtschaft praktisch nicht mitarbeiten können. Zu den Aussagen über eine Mitarbeit von 15 Stunden wöchentlich sei es nur gekommen, weil sie die Tätigkeiten nicht im einzelnen differenziert habe.
Mit Urteil vom 22.10.1996 hat das SG die Klage abgewiesen: Abweichend von den zweckgerichteten Angaben im Verhandlungstermin sei bis März/April 1990 von einer ca. 15 Wochenstunden umfassenden Mitarbeit der Klägerin in der Landwirtschaft ihres Ehemannes auszugehen, da die zeitliche Belastung für die ihr übertragenen Tätigkeiten mit den notwendigen Vor- und Nacharbeiten täglich 2,5 bis 3 Stunden oder (unter Berücksichtigung einer bei Viehhaltung üblichen 7-Tage-Woche) mindestens 15 Stunden in der Woche betragen habe. Im übrigen hat sich das SG die im Widerspruchsbescheid vom 20.05.1996 gegebene Begründung der Beklagten zu eigen gemacht.
Gegen dieses Urteil hat die Klägerin am 18.11.1996 Berufung eingelegt. Sie macht geltend, von 1983 bis 1990 keine selbständige Erwerbstätigkeit ausgeübt zu haben: sie sei weder Mit- noch Alleinunternehmerin gewesen und habe keine wesentliche oder rechtlich zulässige Möglichkeit der Einflußnahme auf den von ihrem Ehegatten allein geführten Betrieb gehabt. Die widersprüchlich erscheinenden Angaben über ihre betriebliche Mitarbeit seien auf Suggestivfragen von Bediensteten der Beklagten erfolgt. Tatsächlich spüle sie (nach Leerung durch den Molkerei-Abholdienst) einmal täglich die Milchkannen mit Wasser aus; dafür benötige sie ca. eine halbe Stunde. Daneben habe sie vereinzelt das Wasser für die Zubereitung von Kälberfutter erwärmt. Unter diesen Umständen sei davon auszugehen, daß ihre Mitarbeit lediglich auf familienrechtlicher Grundlage erfolgt sei.
Der Senat hat die Klägerin in der mündlichen Verhandlung informatorisch gehört und ihren Ehemann als Zeugen vernommen. Wegen ihrer Angaben wird auf die Niederschrift verwiesen. Auf Vorschlag des Senats stellten die Beteiligten außer Streit, daß bei der Klägerin seit 26.09.1994 (Feststellung der stenosierenden Wandveränderungen durch das Klinikum Bayreuth) Erwerbsunfähigkeit besteht.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Bayreuth vom 22.10.1996 sowie den Bescheid vom 12.09.1995 idG des Widerspruchsbescheides vom 20.05.1996 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, hilfsweise wegen Berufsunfähigkeit, ab 01.10.1994 zu gewähren. Hilfsweise beantragt sie für den Fall der Zurückweisung der Berufung die Zulassung der Revision.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur Begründung ihres Antrags weist die Beklagte darauf hin, daß nach den Angaben der Klägerin von einer wöchentlich 15 Stunden umfassenden Arbeitsleistung in der Landwirtschaft auszugehen sei. Es sei nicht glaubhaft, daß der Ehemann alle betrieblichen Entscheidungen (selbst größerer Art) unbemerkt von der Klägerin getroffen habe. Auch sei sie am wirtschaftlichen Erfolg (oder Mißerfolg) des Unternehmens beteiligt gewesen. Da bereits eine wöchentlich 15 Stunden dauernde Mitarbeit zum Ausschluß einer nur geringfügigen selbständigen Tätigkeit führe, komme es auf das Vorliegen der weiteren Voraussetzungen nicht an.
Beigezogen waren neben den Unterlagen der Beklagten und der Klageakte des SG Bayreuth (Az.: S 4 Ar 28/96) die den Ehemann der Klägerin betreffenden Akten der LAK und der LBG Oberfranken und Mittelfranken sowie die Unterlagen der LAK über die Klägerin. Wegen weiterer Einzelheiten wird zur Ergänzung des Tatbestandes auf die beigezogenen Unterlagen und insbesondere auf das Protokoll der mündlichen Verhandldung Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Klägerin ist nach § 143 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft; das Rechtsmittel ist form- und fristgerecht eingelegt (§ 151 SGG) und auch sonst zulässig.
Das Rechtsmittel der Klägerin hat im Umfang des in der Berufungsinstanz eingeschränkten Klagebegehrens auch Erfolg. Entgegen dem angefochtenen Urteil des SG Bayreuth vom 22.10.1996 und dem Bescheid der Beklagten vom 12.09.1995 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.05.1996 stehen der Klägerin ab 01.10.1994 die gesetzlichen Leistungen wegen EU auf der Grundlage eines am 26.09.1994 eingetretenen Leistungsfalls zu. Die Berücksichtigungszeiten (BÜZ) wegen Kindererziehung sind auch insoweit uneingeschränkt anzurechnen, als sie auf die Zeit ab 15.12.1983 entfallen. Der Anspruch auf EU-Rente hängt gem. § 44 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) u.a. davon ab, daß die Versicherte in den letzten 5 Jahren vor Eintritt der EU drei Jahre Pflichtbeiträge (für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit) hat (Normfassung ab 01.01.1996 durch Gesetz vom 15.12.1995 - BGBl I 1824 -) bzw. (nach der bis 31.12.1995 geltenden Fassung) in entsprechendem Umfang "Pflichtbeitragszeiten" zurückgelegt hat (vgl. auch die Übergangsregelung des § 305 SGB VI in der Neufassung durch Gesetz vom 15.12.1995 - aaO -; soweit - wie vorliegend - nur inländische Pflichtbeitragszeiten zu berücksichtigen sind, haben sich durch die Neuregelung keine rechtlichen Änderungen ergeben). Der 5-Jahres-Zeitraum verlängert sich um sog. Aufschubzeiten, zu denen nach § 44 Abs. 4 iVm § 43 Abs. 3 Nr. 2 SGB VI u.a. "Berücksichtigungszeiten" (§§ 54 Abs. 1 Nr. 3, 57 SGB VI) gehören. Das sind Zeiten der Erziehung eines Kindes (vom Tag der Geburt bis zu dessen vollendetem Lebensjahr, soweit die Voraussetzungen für die Anrechnung einer Kindererziehungszeit (§ 56 SGB VI) auch in dieser Zeit vorliegen (§ 57 SGB VI).
Solche BÜZ wegen Kindererziehung sind nicht auf Geburten ab 1992 beschränkt und können daher auch für Zeiten vor dem 01.01.1992 angerechnet werden (§§ 249 Abs. 9, 249 a Abs. 3 SGB VI). Bei Erziehung mehrerer Kinder erfolgt (abweichend von der Regelung des § 56 Abs. 5 Satz 2 SGB VI) keine Verlängerung der Gesamtzeit durch Hinzurechnung der "zusammentreffenden Zeiten"; die BÜZ endet in solchen Fällen vielmehr mit Vollendung des 10. Lebensjahres des zuletzt geborenen Kindes. Nach diesen Grundsätzen hat die BÜZ für den am ...1976 geborenen Sohn ... mit dessen Geburtstag begonnen und am 03.11.1986, frühestens aber im September 1985 (mit Aufnahme in das Kinderheim Marienberg) geendet. Selbst zu diesem früheren (als Ende der Erziehung des Sohnes Holger unterstellten) Zeitpunkt war bereits das Kind ... geboren ( ...1984). Weniger als 3 Jahre später (am 12.08.1987) kam die Tochter ... zur Welt. Alle drei genannten Kinder waren in den Haushalt der Klägerin aufgenommen, unterstanden ihrer elterlichen Sorge (§§ 1626 ff, 1705 BGB) und wurden von ihr persönlich und konkret betreut und versorgt (vgl. Verbandskommentar, Stand 01.01.1997, RdNr. 5 zu § 56 SGB VI). Es kann deshalb keinem Zweifel unterliegen, daß die Kinder im Sinne von § 56 Abs. 1 SGB VI von der Klägerin "erzogen" wurden. Dem Grunde nach liegt deshalb im Zeitraum vom 04.11.1976 bis 11.08.1997 eine durchgehende BÜZ wegen Kindererziehung vor. Nach Auffassung der Beklagten können die auf die Zeit nach der Eheschließung vom 15.12.1983 entfallenden Monate (ab Januar 1984) bei der Erfüllung der besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nicht herangezogen werden, weil bei der Klägerin die einschränkenden Voraussetzungen des § 43 Abs. 3 Nr. 2 SGB VI erfüllt sein sollen. Danach darf während der BÜZ keine selbständige Tätigkeit ausgeübt worden sein, die mehr als geringfügig oder nur unter Berücksichtigung des Gesamteinkommens geringfügig war. Der Normzweck besteht darin, nur solche Versicherte zu begünstigen, die wegen der Kindererziehung keiner Erwerbstätigkeit von mehr als geringem Umfang nachgehen konnten (vgl. Kasseler Kommentar/Niesel RdNr. 138 zu § 43 SGB VI).
Nach der aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung des Senats hat die Klägerin während der fraglichen Zeit vom 15.12.1983 bis zum Eintritt der EU am 26.09.1994 niemals eine selbständige Erwerbstätigkeit im Sinne des § 43 Abs. 3 Nr. 2 SGB VI ausgeübt; schon aus diesem Grunde kann sie eine solche Tätigkeit auch nicht in "mehr als geringfügigem Umfang" ausgeübt haben.
Der Begriff der selbständigen Tätigkeit ist für das Gebiet der Rentenversicherung weder in § 43 Abs. 3 SGB VI noch in § 44 Abs. 2 SGB VI definiert. Unter Berücksichtigung der Regelungen im Steuerrecht ist als Selbständiger einzustufen, wer in eigenem Namen und auf eigene Rechnung tätig ist (BSGE 39, 152/153). Eine selbständige Erwerbstätigkeit ist somit eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit, die selbständig zur Erzielung von Einkünften ausgeübt wird, zu denen Einkünfte aus Kapitalvermögen, Vermietung und Verpachtung sowie sonstige Einkünfte im Sinne des § 22 Einkommensteuergesetz (EStG) regelmäßig nicht gehören.
Zum Kreis der Selbständigen zählen insbesondere handwerkliche, gewerbliche oder landwirtschaftliche Unternehmer sowie Angehörige freier Berufe. Unternehmer ist, wer die für das Unternehmen erforderlichen Willensentscheidungen eigenverantwortlich und persönlich unabhängig trifft und vom wirtschaftlichen Ergebnis die unmittelbaren Vor- und Nachteile hat. Der Unternehmer übt eine selbständige Erwerbstätigkeit aus, solange auf den Geschäftsbetrieb gerichtete Handlungen in seinem Namen vorgenommen werden. Es kommt dann nicht darauf an, ob und in welcher Weise er sich nach außen oder innen am Geschäftsbetrieb tätig beteiligt. Vielmehr genügt es, daß er kraft seiner Unternehmerstellung den notwendigen Einfluß zu nehmen vermag. Er kann deshalb das Geschäft auch durch andere betreiben lassen (BSGE 2, 67/74 f; ferner BSG in SozR 2200 Nrn. 19 und 32 zu § 1247 RVO). Allein die Tatsache, daß die Hofstelle einschließlich der zugehörigen landwirtschaftlichen und forstwirtschaftlichen Grundstücke im Alleineigentum des Ehemannes der Klägerin steht, spricht prima facie gegen deren Unternehmereigenschaft. Hinzu kommt, daß der Zeuge ..., der den Hof im Jahre 1974 von seinen Eltern übernommen hat, das Unternehmen auch nach der Eheschließung mit der Klägerin allein betrieben und auch allein Beiträge zur Landwirtschaftlichen Alterskasse (LAK) Oberfranken und Mittelfranken entrichtet hat. Nach dem Inhalt der von dort beigezogenen Beitragsakte ist aus Anlaß der Eheschließung keine Mitteilung an die Träger der landwirtschaftlichen Sozialversicherung erfolgt, daß die Ehegatten das Unternehmen nunmehr gemeinsam betreiben und wer ggfs. das Unternehmen überwiegend leitet (vgl. §§ 2 Abs. 6 und 24 Abs. 6 des Gesetzes über eine Altershilfe für Landwirte (GAL) in der bis 31.12.1994 geltenden Fassung). Daß die Klägerin mit Inkrafttreten des Gesetzes über die Alterssicherung der Landwirte (ALG), d.h. ab 01.01.1995, in den Kreis der nach diesem Gesetz versicherungspflichtigen Personen einbezogen wurde (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 iVm Abs. 3 ALG) und daß ihr gem. § 92 Abs. 1 ALG für die Zeit vom 15.12.1983 bis 31.12.1994 Beitragszeiten "zugesplittet" worden sind, hat für die Frage ihrer "selbständigen Erwerbstätigkeit" keine Bedeutung. Abgesehen davon, daß bei Inkrafttreten des ALG die entscheidungserhebliche Leistungsminderung bei der Klägerin bereits eingetreten war, beruht ihre Beitragspflicht nach dem ALG gerade nicht auf der Feststellung, daß sie Landwirtin im Sinne des § 1 Abs. 2 ALG ist, sondern auf der Fiktion des § 1 Abs. 3 Satz 1 ALG, wonach Ehegatten eines Landwirts unter den dort genannten Voraussetzungen als Landwirte gelten. § 1 Abs. 2 Satz 2 ALG stellte darüber hinaus klar, daß sich die Fiktionswirkung nicht auf den Anwendungsbereich anderer Gesetze erstreckt. Schließlich lassen die Regelungen des § 1 Abs. 3 Sätze 3 und 4 ALG zweifelsfrei erkennen, daß nach dem ab 01.01.1995 geltenden Rechtszustand nicht beide Ehegatten "automatisch" landwirtschaftliche Unternehmer sind. Sie müssen vielmehr innerhalb von 3 Monaten nach Übernahme eines Betriebs bzw. nach einer später erfolgten Eheschließung gegenüber der LAK erklären, wer das Unternehmen als Landwirt betreibt oder daß sie dies gemeinschaftlich tun. Die Frage der Unternehmereigenschaft bestimmt sich daher nach wie vor in erster Linie nach den (weitgehender Gestaltungsfreiheit unterliegenden) rechtlichen Beziehungen zwischen den Ehegatten. Diese werden vorliegend im wesentlichen durch den Güterstand der Eheleute ... und die Eigentumsverhältnisse an den land- und forstwirtschaftlichen Grundstücken bestimmt. Das Wesen der den gesetzlichen Güterstand prägenden Zugewinngemeinschaft besteht darin, daß (wie bei Gütertrennung) durch die Begründung und während des Bestehens der Gemeinschaft keine dingliche Beteiligung eines Ehegatten am Vermögen des anderen eintritt. Jeder Ehegatte bleibt also Alleineigentümer seines, auch des nach der Eheschließung erworbenen Vermögens (§ 1363 Abs. 2 Satz 1 BGB). In der Verwaltung seines Vermögens ist jeder Ehegatte selbständig (§ 1364 BGB), wenn auch mit den sich aus §§ 1365 bis 1369 BGB ergebenden Beschränkungen. Da sämtliche land- und forstwirtschaftlichen Nutzflächen, die Wohn- und Betriebsgebäude sowie das gesamte lebende und tote Inventar (§ 98 Nr. 2 BGB) im Alleineigentum des Ehemannes der Klägerin stehen und deshalb auch die aus dem Unternehmen erzielten Erträge seinem Vermögen zufallen (§§ 99, 953 ff BGB), ist nicht ersichtlich, aufgrund welcher gesetzlich oder vertraglich begründeten Befugnisse die Klägerin seit der Eheschließung mit ... berechtigt gewesen sein sollte, eigenverantwortlich und persönlich unabhängig die für das Unternehmen erforderlichen Willensentscheidungen zu treffen. Soweit dies vereinzelt geschehen sein sollte, beruhte die Erklärungs- oder Handlungskompetenz der Klägerin auf stillschweigender oder ausdrücklich erteilter Vollmacht ihres Ehemannes; die betriebsbezogenen Rechtsgeschäfte erfolgten demnach - auch wenn sie (was im Rahmen eines normalen ehelichen Zusammenlebens nicht "vermeidbar" ist) in gewissem Umfang von der Klägerin vorgenommen wurden: Zum Beispiel Annahme einer Warenlieferung, Bezahlung von Rechnungen für betrieblich veranlaßte Dienstleistungen - im Namen und für Rechnung ihres Ehemannes als des alleinverfügungsberechtigten Unternehmers und Betriebsinhabers. Zusammenfassend hat die Klägerin weder im Zeitpunkt ihrer Eheschließung noch später (vor oder nach dem Eintritt der EU) eine selbständige Tätigkeit aufgenommen. Die streitige BÜZ wegen Kindererziehung unterliegt daher in versicherungsrechtlicher Hinsicht keiner Beschränkung bei der Heranziehung als Verlängerungstatbestand im Sinne des § 44 Abs. 4 iVm § 43 Abs. 3 SGB VI. Auch leistungsrechtlich steht dem prozessualen Begehren der Klägerin auf Bewilligung von Rente wegen EU die negative Anspruchsvoraussetzung des § 44 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 SGB VI nicht entgegen. Wäre die Klägerin entgegen der vom Senat vertretenen Auffassung seit ihrer Eheschließung (und über den Leistungsfall der EU hinaus) selbständig erwerbstätig gewesen (was allenfalls im Rahmen einer zwischen den Ehegatten bestehenden BGB-Gesellschaft denkbar wäre; s.u.), müßte zwischen den versicherungsrechtlichen und den leistungsrechtlichen Auswirkungen einer solchen Feststellung unterschieden werden. Ein geringfügiger Umfang der selbständigen Erwerbstätigkeit würde die Erfüllung der Voraussetzungen nach §§ 43 Abs. 1 Nr. 2 und 44 Abs. 1 Nr. 2 SGB VI nicht hindern, aber der Bewilligung von Rente wegen EU entgegenstehen, da nach ständiger Rechtsprechung des BSG auch ein wirtschaftlich nahezu unbedeutendes Ergebnis der selbständig ausgeübten Tätigkeit den Eintritt von EU ausschließt (BSG in SozR 2200 Nrn. 32, 34, 39 und 52 zu § 1247 RVO).
Bei der Klägerin liegen auch die Voraussetzungen einer Ehegatten-Gesellschaft nicht vor. Ehegatten können - unabhängig davon, wer im Außenverhältnis in Erscheinung tritt und wer Inhaber bzw. Eigentümer des Betriebes ist - eine Gesellschaft des Bürgerlichen Rechts (§§ 705 ff BGB) auch als bloße Innengesellschaft bilden. In einem solchen Fall ist die Möglichkeit in Betracht zu ziehen, daß (je nach Gestaltung der wechselseitigen Mitwirkung am betrieblichen Geschehen) beide Ehegatten eine selbständige Tätigkeit ausüben. Ob eine solche Innengesellschaft in Form der Ehegatten-Gesellschaft vorliegt, beurteilt sich in erster Linie danach, ob sich die Ehepartner aufgrund einvernehmlicher - zwar auch stillschweigend möglicher, aber inhaltlich feststellbarer, weil faktisch vollzogener - Übereinkunft in den Dienst einer gemeinsamen, über die eheliche Lebensgemeinschaft hinausgehenden Aufgabe gestellt und eine Berufsgemeinschaft gebildet haben. Beide Ehegatten müssen im Unternehmen aktiv und/oder direktiv tätig sein, wobei die Anteile ihrer Mitwirkung am Geschäftsbetrieb nach einer am wirtschaftlichen Betriebsergebnis ausgerichteten Bewertung in etwa die gleiche Bedeutung haben müssen. Bei nur geringfügiger oder ausschließlich familienhafter Mitarbeit eines Ehepartners (im Vergleich mit dem Anteil des anderen, als alleiniger Unternehmer bzw. Betriebsinhaber fungierenden Ehegatten) liegt keine Ehegatten-Gesellschaft vor (vgl. Verbands-Kommentar, Anm. 8 zu § 44 SGB VI).
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze sind die Voraussetzungen einer Ehegatten-Gesellschaft vorliegend nicht erfüllt. Aufgrund des Ergebnisses der Beweisaufnahme durch den erkennenden Senat steht vielmehr fest, daß sich die Klägerin im wesentlichen auf die Führung des Haushalts und die Kindererziehung beschränkte, während ihr Ehemann - von unbedeutenden, für das Betriebsganze nicht ins Gewicht fallenden Ausnahmen abgesehen - die Landwirtschaft mit Hilfe seines Onkels praktisch allein betrieben hat. Er war (und ist) deshalb als alleiniger Unternehmer zu betrachten. Zur Überzeugung des Senats steht ferner fest, daß die Klägerin keinen direktiven Einfluß auf die Betriebsführung des Unternehmens ausgeübt hat und mangels einer dazu geeigneten Rechtsposition auch nicht ausüben konnte. Ihre Beteiligung an den betriebsbedingten Arbeiten hat sich auf nur wenige Tätigkeiten (im wesentlichen die Bereitstellung des Wassers für das Kälberfutter, das Reinigen der Milchkannen und der Milchkammer sowie die gelegentliche Versorgung der Hühnerzucht) beschränkt. Insoweit hat ihr Ehemann als Zeuge glaubhaft bekundet, daß die Klägerin mit der Kindererziehung und der Betreuung der (teilweise pflegebedürftigen) Schwiegereltern hinreichend ausgelastet war und dadurch nicht über genügend Zeit verfügte, mehr als geringfügig bzw. unbedingt notwendig in der Landwirtschaft tätig zu sein. Vor dem Hintergrund der familiären und betrieblichen Gesamtsituation, wie sie sich dem Berufungsgericht nach persönlicher Anhörung beider Ehegatten darstellt, erscheinen die berichtigten Angaben der Klägerin, der Zeitaufwand für die Mitarbeit im landwirtschaftlichen Unternehmen ihres Ehemannes habe durchgehend weit weniger als 15 Stunden in der Woche betragen, absolut glaubhaft. Zur Überzeugung des Senats beruhten die früheren Angaben der Klägerin über einen höheren Zeitaufwand "für die Landwirtschaft" auf der Einbeziehung von Arbeiten im landwirtschaftlichen Haushalt und bei der Betreuung ihrer Schwiegereltern, die im sog. Austrag auf dem Hof lebten und (entsprechend dem in Übergabeverträgen ausnahmslos enthaltenen Mindeststandard) Anspruch auf Versorgungsleistungen des Betriebsübernehmers hatten. Unter diesen Umständen ist davon auszugehen, daß seitens der Klägerin bei den betrieblich veranlaßten Arbeiten in der Landwirtschaft ihres Ehemannes lediglich eine geringfügige familienhafte Mitarbeit vorlag. Eine Ehegatten-Gesellschaft hat damit zu keinem Zeitpunkt bestanden.
Der in der mündlichen Verhandlung unter den Beteiligten unstreitig gestellte Leistungsfall der EU ist auch nach Überzeugung des Senats spätestens am 26.09.1994, dem Zeitpunkt der im Klinikum Bayreuth erfolgten Feststellung massiver Durchblutungsstörungen als Folge stenosierender Gefäßwandveränderungen und der damit verbundenen Verkürzung zumutbarer Gehwegstrecken auf weniger als 300 m, eingetreten, so daß der Klägerin ab 01.10.1994 Leistungen unter Berücksichtigung des vom 11.05. bis 15.06.1995 auf Kosten der Beklagten durchgeführten Heilverfahrens zustehen. Auf die Berufung der Klägerin war deshalb das angefochtene Urteil aufzuheben und die Beklagte in Abänderung der streitbefangenen Bescheide zur Gewährung der gesetzlichen Leistungen wegen EU (vorgezogenes Übergangsgeld, Rente unter Anrechnung des bereits gezahlten Übergangsgeldes) zu verurteilen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Der Senat hat die Revision zugelassen, weil er der Sache grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG beimißt.
b) Daran hat sich durch das Inkrafttreten des Gesetzes über die Alterssicherung für Landwirte (ALG) am 01.01.1995 nichts geändert. Die Einbeziehung der Landwirtschaftsehegatten in den Kreis der nach dem ALG versicherungspflichtigen Personen (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. Abs. 3 ALG) beruht nicht auf der Feststellung ihrer Unternehmereigenschaft, sondern auf gesetzlicher Fiktion (§ 1 Abs. 3 S. 1 ALG).
2. a) Eine - auch stillschweigend mögliche - Ehegattengesellschaft (mit beiderseits selbständiger Erwerbstätigkeit) besteht nur dann, wenn sich beide Ehegatten aktiv und/oder direktiv am Unternehmen beteiligen und ihre Mitwirkung nach einer am wirtschaftlichen Betriebsergebnis ausgerichteten Bewertung in etwa gleiche Bedeutung für das Betriebsergebnis hat.
b) Bei nur geringfügiger oder ausschließlich familienhafter Mitarbeit eines Ehepartners liegt keine Ehegattengesellschaft vor.
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