Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
14
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 13 Ar 1537/96
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 14 RJ 502/97
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 5 RJ 24/00 R
Datum
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 7. August 1997 wird zurückgewiesen.
II. Der Bescheid der Beklagten vom 20. Oktober 1997 wird aufgehoben.
III. Die Beklagte hat der Klägerin die außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens zu erstatten.
IV. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Streitig zwischen den Beteiligten ist die Höhe eines Witwenrentenanspruchs bei Verzug der Hinterbliebenen nach Österreich.
Die am ... 1910 geborene Klägerin, eine deutsche Staatsangehörige, bezog von der Beklagten seit dem 01.10.1955 eine Witwenrente (Bescheid vom 24.08.1956) aus der Rentenversicherung des am 14.11.1943 im Zweiten Weltkrieg gefallenen deutschen Staatsangehörigen ... An Versicherungszeiten waren neben dem Wehrdienst des Verstorbenen Beitragszeiten als Zimmerer in Leobschütz (Oberschlesien, jetzt Polen, früher Reichsgebiet) und in Hottendorf, Kreis Gardelegen (Sachsen-Anhalt, ehemals DDR) berücksichtigt.
Laut Anmeldeschein der Bundespolizeidirektion Villach verzog die Klägerin, als Vertriebene seit 1946 in Hebertshausen bei Dachau (BRD) wohnhaft, im Dezember 1995 nach Österreich. Die Beklagte, die die Rentenzahlungen mit dem 31.01.1996 eingestellt hatte, lehnte es mit Bescheid vom 09.04.1996 ab, die Witwenrente von damals 1.213,72 DM (netto) monatlich weiterzuzahlen, weil ausschließlich Beitragszeiten in Oberschlesien, im ehemaligen Reichsgebiet, vorlägen und den Berechtigten, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland hätten, Rente nur dann gezahlt werden dürfe, wenn auch Beitragszeiten im Bundesgebiet zurückgelegt worden seien (§§ 113, 248, 271 des Sozialgesetzbuches Teil VI - SGB VI -).
Dem hiergegen erhobenen Widerspruch half die Widerspruchsstelle der Beklagten insoweit ab, als die "Aufhebung der Witwenrente" bzw. der "Entzug" mit Wirkung für die Zukunft, d.h. erst ab 01.05.1996, erfolgte. Der Verzug nach Österreich führe zu einer wesentlichen Änderung der Verhältnisse im Sinne von § 48 Abs.1 Satz 1 des Sozialgesetzbuches Teil X (SGB X), weil nunmehr die Auslandszahlungsvorschriften der §§ 110, 271, 272 SGB VI anzuwenden seien. Gemäß § 271 SGB VI könne Rente ins Ausland nur aus den Bundesgebiets-Beitragszeiten (Beitragsentrichtung nach Bundesrecht seit dem 08.05.1945) und gleichgestellten Zeiten gezahlt werden. Reichsgebiets-Beitragszeiten (vom verstorbenen Ehemann bis 1939 in Oberschlesien zurückgelegt), soweit die damalige Beschäftigung nicht im Bereich des heutigen Bundesgebietes ausgeübt worden sei, berechtigten nicht zum Rentenbezug, weil die Klägerin nicht vor dem 19.05.1990 ins Ausland (Österreich) verzogen sei (§ 272 SGB VI). Das Recht der Europäischen Gemeinschaften stehe dem nicht entgegen (§ 110 Abs.3 SGB VI). Der Grundsatz der Gleichstellung der Staatsgebiete (Art.10 EG-VO 1408/71) werde durchbrochen durch die Vorschrift im Anhang VI Teil C Nr.1 Buchst.b, soweit es um Leistungen aus Zeiten gehe, die außerhalb des Gebietes der BRD zurückgelegt worden seien (Widerspruchsbescheid vom 01.08. 1996).
Im anschließenden Rechtsstreit vor dem Sozialgericht München machte die Klägerin geltend, sie sei im Alter von 86 Jahren aus gesundheitlichen Gründen zu ihrer Schwester in Österreich gezogen. Im Bereich der Europäischen Union (EU) gelte als oberstes Recht die Niederlassungsfreiheit; unabhängig davon seien zu ihrem Schutze "Verjährungs- und Ersitzungsrechte" zu berücksichtigen.
Die Beklagte war der Ansicht, mit Einführung des EG-Rechts für Österreich ab 01.01.1994 gelte ein Besitzschutz gemäß Art.4 Abs.1 Ziffer i) des Deutsch-Österreichischen Sozialversicherungsabkommens - DÖSVA - (gemeint das Abkommen vom 22.12.1966 über Soziale Sicherheit in der Fassung der Zusatzabkommen 1969, 1974 und 1980) in Verbindung mit Anhang III, Teil A und Teil B, jeweils Nr.35, Buchst.e zur EG-VO Nr.1408/71 nur dann, wenn die Klägerin vor dem 01.01.1994 nach Österreich verzogen sei. Der Fall i) im Buchst.e der genannten Verordnung (wenn die Leistungen am 01.01.1994 bereits erbracht werden oder erbracht werden können) sei in diesem Sinne auszulegen. Für Personen, die nach dem Stichtag ins Ausland verzogen seien, habe der Gesetzgeber offenbar ein besonderes Schutzbedürfnis nicht erkennen können.
Mit Urteil vom 07.08.1997 hob das Sozialgericht den Bescheid vom 09.04.1996 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 01.08.1996 auf und verpflichtete die Beklagte, "über den April 1996 hinaus die Witwenrente wie bisher zu zahlen". Das Sozialgericht führte aus, eine wesentliche Änderung sei durch den Verzug der Klägerin nach Österreich im Jahre 1995 nicht eingetreten, da wegen der Gebietsgleichstellung des Art.4 Abs.1 DÖSVA die Rente als Inlandsrente weiterhin zu zahlen sei. Die Weitergeltung der Gebietsgleichstellung sei bei Außer-Kraft-Treten der meisten Vorschriften des Sozialversicherungsabkommens aufgrund der Geltung des EG-Rechts (Art.6 EG-VO 1408/71) im Anhang III Nr.35 Buchst.e Ziffer i) in Verbindung mit Art.7 Abs.1 EG VO 1408/71 hinsichtlich der in der deutschen Rentenversicherung anrechenbaren Zeiten, die außerhalb des jetzigen Hoheitsgebietes der Bundesrepublik Deutschland zurückgelegt worden seien, festgelegt, und zwar für die Fälle, in denen gemäß Ziffer i) die Leistungen am 01.01.1994 bereits erbracht werden oder erbracht werden könnten, Ziffer ii) die betreffende Person vor dem 01.01.1994 ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Österreich genommen habe und die Leistung aus der Renten- und Unfallversicherung bis zum 31.12.1994 beginne. Werde Ziffer i) so interpretiert, dass sie nur Personen betreffe, die vor dem 01.01.1994 nach Österreich verzogen seien, so sei die Unterteilung in die beiden Fallgruppen in Ziffer i) und Ziffer ii) kaum mehr verständlich. Nebenbei wies das Sozialgericht darauf hin, dass der Ehemann der Klägerin 1938/39 in Sachsen-Anhalt gearbeitet habe und dieses Land nunmehr zum Gebiet der Bundesrepublik Deutschland gehöre, so dass auch unter Zugrundelegung der Auffassung der Klägerin sich eine Rente nach Bildung von Entgeltpunkten nur für diese Zeit und eventuell anteilig für die beitragsfreien Zeiten ergebe (§§ 113 Abs.1, 114 SGB VI).
Die Beklagte legt hiergegen Berufung ein und berechnet die ihrer Auffassung nach der Klägerin zustehende "Auslandsrente" unter Berücksichtigung einer Versicherungszeit des Verstorbenen in Sachsen-Anhalt vom 01.09.1937 bis 31.08.1939 mit 127,19 DM (netto) monatlich ab 01.05.1996 (Bescheid vom 20.10.1997). Sie vertritt die Ansicht, einen Vertrauensschutz könnten nur diejenigen Personen beanspruchen, die bereits zum 01.01.1994 eine deutsche Rentenzahlung unter Anwendung des Art.4 Abs.1 DÖSVA (Gebietsgleichstellung) erhalten hätten, also bereits am 01.01.1994 ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Österreich hätten. Zusätzlich zu dieser Bestandsgarantie für so genannte Altfälle (Ziffer i) sollte Art.4 DÖSVA weiterhin für die Personen gelten, die am 01.01.1994 in Österreich wohnten, also zunächst auf eine uneingeschränkte Rente hoffen durften, sofern die Leistung innerhalb eines Jahres nach dem In-Kraft-Treten der EG-Verordnungen im Verhältnis zu Österreich beginne (Ziffer ii). Diesen Personen sei eine Jahresfrist eingeräumt worden, um sich ggf. auf die neue Situation einzustellen. Es ergebe sich also eine klare und sinnvolle Unterscheidung der beiden Ziffern i) und ii) mit jeweils getrennten Anwendungsfällen. Richtig sei, dass hinsichtlich des Zeitpunkts des Verzugs kein Unterschied bestehe; in beiden Fällen müssten die Berechtigten vor dem 01.01. 1994 in Österreich wohnhaft gewesen sein. In diese Richtung wiesen auch die (zu den Gerichtsakten eingereichten) Protokolle über die Vertragsverhandlungen zwischen Deutschland und Österreich anlässlich des Beitritts Österreichs zur EG. Die Auffassung, dass die bis zum 01.01.1994 in Deutschland lebenden (deutschen und österreichischen) Rentenbezieher in der Zeit danach beliebig nach Österreich ziehen könnten, ohne dass dies Konsequenzen für die Rente aufgrund von Fremdrentenzeiten hätte, laufe dem Ziel des EG-Verordnungsgebers zuwider.
Die Klägerin vertritt die Auffassung, Ziffer i) betreffe die privilegierten Personen des Art.4 Abs.1 DÖSVA, auch wenn sie erst nach dem 01.01.1994 nach Österreich verzogen seien. Nur so sei gewährleistet, dass keine unzulässige Beschneidung der Freizügigkeit eintrete.
Die Beklagte beantragt: Das Urteil des Sozialgerichts München vom 07.08.1997 wird abgeändert. Die Klage gegen den Bescheid der Beklagten vom 09.04.1996 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 01.08.1996 und gegen den Bescheid der Beklagten vom 20.10. 1997 wird insoweit abgewiesen, als für die Zeit ab 01.05. 1996 die Zahlung einer höheren Rentenleistung als 127,19 DM monatlich beantragt wird.
Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen und den Bescheid der Beklagten vom 20.10.1997 aufzuheben.
Die Beklagte hat der Klägerin vorläufig die Rente in ursprünglicher Höhe ab 01.05.1996 weitergezahlt, für die Zeit ab 28.10. 1996 nach dem im Verfahren wegen einstweiligen Rechtschutzes ergangenen Beschluss des Sozialgerichts vom 07.08.1997 und nach dem Beschluss des Senats vom 22.12.1997, außerdem für die Zeit vom 01.05. bis 27.10.1996 aufgrund einer "nachträglich eingeräumten" aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs.
Dem Senat lagen zur Entscheidung die Prozessakten beider Rechtszüge und die zu Beweiszwecken beigezogene Versichertenakte der insbesondere hinsichtlich des Vortrags der Prozessbeteiligten und des Inhalts der von der Beklagten vorgelegten Protokolle über die Vertragsverhandlungen, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (§§ 143 ff., 151 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG -), jedoch unbegründet. Die Rente der Klägerin darf nicht wegen Wohnortswechsels entzogen oder der Höhe nach gemindert werden.
Auch der Senat ist der Überzeugung, dass eine wesentliche Änderung der rechtlichen Verhältnisse, die zur vollständigen oder teilweisen Aufhebung des Rentenbescheides vom 24.08.1956 mit Wirkung für die Zukunft - ab 01.05.1996 - berechtigen könnte (§ 48 Abs.1 Satz 1 SGB X), nicht vorliegt. Ehemals bestand nach dem Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Österreich über Soziale Sicherheit vom 22.12.1966, BGBl.1969 II, 1235 (in den jeweiligen Fassungen unter Berücksichtigung der Zusatzabkommen 1969, 1974 und 1980) - DÖSVA a.F. - die Rechtslage, dass bei Anwendung der Rechtsvorschriften eines der beiden Vertragsstaaten die Staatsangehörigen (sowie ihre Angehörigen und Hinterbliebenen) beider Staaten gleichbehandelt wurden (Art.3 DÖSVA a.F.) und - bei Fehlen besonderer vertraglicher Regelungen - die Rechtsvorschriften eines Vertragsstaates, nach denen die Entstehung von Ansprüchen auf Leistungen oder die Gewährung von Leistungen oder die Zahlung von Geldleistungen vom Inlandsaufenthalt abhängig waren, nicht für die in Art.3 DÖSVA a.F. genannten Personen galten, die sich im Gebiete des anderen Vertragsstaates aufhielten (Art.4 Abs.1 Satz 1 DÖSVA a.F.). Mithin galten nicht die ehemaligen Vorschriften über die "Erbringung der Leistungen an Berechtigte außerhalb des Geltungsbereiches des Gesetzes" (z.B. Ruhen gemäß §§ 1315 ff. der inzwischen außer Kraft getretenen Reichsversicherungsordnung - RVO -), ebenso wenig die aktuellen, grundsätzlich auch auf Renten mit Versicherungsfällen vor dem In-Kraft-Treten anwendbaren Normen des Sozialgesetzbuches Teil VI (SGB VI) über "Leistungen an Berechtigte ins Ausland" (§§ 110 ff., 271 ff. SGB VI), die Zahlungen einer Rente grundsätzlich insoweit ausschließen, als sie nicht auf Bundesgebiets-Beitragszeiten beruhen.
An dem Gebot, aus dem konkreten Aufenthaltsort in einem der beiden Vertragsstaaten keine nachteiligen Folgen zu ziehen, hat sich im vorliegenden Streitfall letztlich durch Geltung der EG-Normen mit Beitritt Österreichs zur Europäischen Gemeinschaft am 01.01.1994 und durch neue vertragliche Vereinbarungen (Abkommen vom 04.10.1995 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Österreich vom 04.10.1995, BGBl.1998 II, 313 - DÖSVA n.F.) nichts wesentlich geändert.
Art.4 Abs.1 der EG-VO 1408/71 ("Sachlicher Geltungsbereich") bestimmt, dass diese Verordnung für die jeweiligen nationalen Rechtsvorschriften über Zweige der Sozialen Sicherheit, u.a. über Leistungen bei Invalidität und bei Alter sowie über Leistungen an Hinterbliebene, gilt, bestimmt also das auf supranationaler Ebene anzuwendende Recht. Dieses Recht ist vom Grundfall her - die Erweiterungen auf bestimmte Personenkreise spielen vorliegend keine Rolle - anzuwenden auf "Arbeitnehmer ..., für welche die Rechtsvorschriften eines oder mehrerer Mitgliedstaaten gelten oder galten, soweit sie Staatsangehörige eines Mitgliedstaates sind ..., sowie für deren Familienangehörige und Hinterbliebene", weiterhin für "Hinterbliebene von Arbeitnehmern ... unabhängig von deren Staatsangehörigkeit, wenn die Hinterbliebenen Staatsangehörige eines Mitgliedstaates sind ..." (Art.2 Abs.1 und 2 EG-VO 1408/71 - "persönlicher Geltungs- Regel an die Staatsangehörigkeit an, nicht an den Wohnsitz (Ausnahmen gelten bei Flüchtlingen und Staatenlosen).
Die weitgehende Aufhebung des staatlichen Territorialitätsprinzips zugunsten der in Art.2 EG-VO 1408/71 genannten Personen wird durch den Gleichbehandlungsgrundsatz in Art.3 EG-VO 1408/71 erzwungen, der von der "Wohnung" im Gesamtgebiet aller Mitgliedstaaten ausgeht: "Die Personen, die im Gebiet eines Mitgliedstaates wohnen und für die diese Verordnung gilt, haben die gleichen Rechte und Pflichten aufgrund der Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaates wie die Staatsangehörigen dieses Staates, soweit besondere Bestimmungen dieser Verordnung nichts anderes vorsehen." Durch den solchermaßen definierten Gleichbehandlungsgrundsatz wird bereits weitgehend die "Gebietsgleichstellung" hergestellt. Ergänzend und teilweise erweiternd bestimmt hierzu Art.10 Abs.1 EG-VO 1408/71: "Die Geldleistungen bei Invalidität, Alter oder für die Hinterbliebenen ..., auf die nach den Rechtsvorschriften eines oder mehrerer Mitgliedstaaten Anspruch erworben worden ist, dürfen, sofern in dieser Verordnung nichts anderes bestimmt ist, nicht deshalb gekürzt, geändert, zum Ruhen gebracht, entzogen oder beschlagnahmt werden, weil der Berechtigte im Gebiet eines anderen Mitgliedstaates als des Staates wohnt, in dessen Gebiet der zur Zahlung verpflichtete Träger seinen Sitz hat".
Durch die grundsätzliche Aufhebung der so genannten Wohnortklauseln (z.B. Rentenzuschlag nur bei einer bestimmten Mindest-Wohnzeit in einem nationalem Gebiet) ist ebenfalls der Leistungsexport gewährleistet. Mithin wird, auch wenn Art.3 (Gleichbehandlung) und Art.10 (Wohnortklauseln) EG-VO 1408/71 von teilweise unterschiedlichen Voraussetzungen ausgehen, durch die genannten Vorschriften insgesamt die "Gebietsgleichstellung" herbeigeführt, und nationale Besonderheiten beim Leistungsexport ins Ausland, soweit es um Gebiete der EG-Staaten zum Europäischen Sozialrecht, Stand Juni 1999, Anm.I zu Art.10).
Soweit Art.3 und 10 EG-VO 1408/71 gelten, sind zunächst Ausnahmen hierzu unmittelbar in den Titeln I, II und III der Verordnung geregelt. Hierbei geht es vor allem darum, die durch die erweiterte Geltung nationaler Vorschriften hervorgerufenen Rechtskollisionen aufzulösen, Anspruchskonkurrenzen sinnvoll zu regeln und den alleinig oder vorrangig zuständigen Leistungsträger zu bestimmen. Weitere Ausnahmen sind im nationalen Recht zu finden, müssen aber in den Anhängen zur EG-VO 1408/71 deklariert werden. Für "Wohnortklauseln" gilt Art.89 EG-VO 1408/71 (EuGH vom 02.05. 1990 - 293/88 in Sammlung 1990 I-1623): "Die Besonderheiten bei der Anwendung der Rechtsvorschriften bestimmter Mitgliedstaaten sind im Anhang VI aufgeführt". Allerdings können in diesem Anhang nicht beliebig nationale Territorialitätsgrundsätze eingebracht werden. Eine Leistung der Sozialen Sicherheit kann dem Bürger eines Mitgliedstaates nicht allein deswegen abgesprochen werden, weil er nicht im Gebiet des Staates wohnt, in dem der zur Zahlung verpflichtete Träger seinen Sitz hat (vgl. EugH a.a.O., zum Wohnen als einziges anspruchsbegründendes bzw. anspruchsausschließendes Merkmal der Sozialversicherung). Hinzu treten müssen besondere nationale Umstände, so dass der zeitliche oder/und räumliche Bezug zur Europäischen Gemeinschaft fehlt oder weitgehend gelockert ist und damit Rechte der Staatsbürger der EG, insbesondere die größtmögliche Freizügigkeit der Arbeitnehmer, nicht (oder kaum) betroffen sein kann.
Eine solche Ausnahme, die im vorliegenden Rechtsstreit Bedeutung hat, ist im Anhang VI Teil C. Deutschland, Nr.1 zur EG-VO 1408/71 aufgeführt: "Art.10 der Verordnung berührt nicht die Rechtsvorschriften, nach denen aus Unfällen (Berufskrankheiten) und Zeiten, die außerhalb des Gebietes der Bundesrepublik Berechtigte außerhalb der Bundesrepublik Deutschland nicht oder nur unter bestimmten Voraussetzungen gezahlt werden."
Diese nationale Ausnahmeregelung ist im Hinblick auf das EG-Recht damit gerechtfertigt, dass die angeführten Versicherungszeiten vor der Gründung der EG in Gebieten zurückgelegt worden sind, die nicht zum Gebiet der BRD bei (und nach) Gründung der EG gehören.
Im Einzelnen bestimmen hierzu, soweit es den Fall der Klägerin betrifft, §§ 110 Abs.2, 113 Abs.1 SGB VI, dass Renten an Berechtigte mit gewöhnlichem Aufenthalt im Ausland nur mit der Einschränkung gezahlt werden, dass die persönlichen Entgeltpunkte (lediglich) aus den Bundesgebiets-Beitragszeiten (mit bestimmten anteiligen "Zuschlägen" für andere rentenrechtliche Zeiten als Beitragszeiten - § 114 Abs.1 SGB VI -) gezahlt werden. Bundesgebiets-Beitragszeiten sind Beitragszeiten, für die Beiträge nach Bundesrecht, damit nach dem 08.05.1945, gezahlt worden sind. Bei Berechnung von ins Ausland zu zahlenden Renten werden den Bundesgebiets-Beitragszeiten lediglich Zeiten gleichgestellt, in denen Pflichtbeiträge für eine Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit "im Inland" (d.h. im Gebiete der heutigen BRD einschließlich Berlin und der Gebiete der ehemaligen DDR) oder freiwillige Beiträge für die Zeit des gewöhnlichen Aufenthalts "im Inland" oder außerhalb des jeweiligen Geltungsbereiches der Reichsversicherungsgesetze gezahlt worden sind (§ 271 Abs.1 Satz 1 SGB VI).
Entgeltpunkte, die nicht "im Inland" erzielt worden sind, werden somit weitgehend vom Auslandstransfer ausgeschlossen, soweit nicht die Übergangsvorschrift des § 272 SGB VI ("Besonderheiten für berechtigte Deutsche") greift: "Die persönlichen Entgeltpunkte von berechtigten Deutschen, die vor dem 19.05. 1950 geboren und vor dem 19.05.1990 ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland genommen haben, werden zusätzlich ermittelt aus 1. Entgeltpunkten für Beitragszeiten nach dem Fremdrentengesetz, begrenzt auf die Höhe der Entgeltpunkte für Bundesgebiets-Beitragszeiten, ... (3) Zu den Entgeltpunkten von Berechtigten im Sinne von Abs.1, die auf die Höhe der Entgeltpunkte für Bundesgebiets-Beitragszeiten begrenzt zu berücksichtigen sind, gehören auch Reichsgebiets-Beitragszeiten ..." (§ 272 Abs.1 Nr.1 und Abs.3 Satz 1 SGB VI).
Die an den Stichtag 19.05.1990 anknüpfende Übergangsregelung des § 272 SGB VI ist im Falle der Klägerin, die erst im Dezember 1995 nach Österreich verzogen ist, nicht anwendbar. Damit würde ihr Rentenanspruch nach staatlichem (deutschem) Recht, gedeckt durch eine Ausnahmeregelung in der EG-Verordnung, entgegen den Grundsätzen des europäischen Rechts über die Freizügigkeit der Arbeitnehmer (und in der Konsequenz auch für deren Hinterbliebene) und über die "Gebietsgleichstellung" (vorliegend Art.10 und nicht Art.3 EG-VO 1408/71) erheblich eingeschränkt werden, wenn nicht besondere abkommensrechtliche Regelungen zwischen der BRD und der Republik Österreich etwas anderes zu ihren Gunsten vorsehen.
Gemäß Art.6 Buchst.a EG-VO 1408/71 treten die Vorschriften dieser Verordnung an die Stelle zwischenstaatlicher Abkommen, d.h. die Abkommensbestimmungen werden kraft EG-Rechts bei Gründung der EG oder späterem Beitritt eines Staates zur EG aufgehoben, es sei denn, Art.7, 8 und 46 Abs.4 EG-VO 1408/71 bestimmten etwas anderes. Nach Art.7 Abs.2 Buchst.c EG-VO 1408/71 bleiben die im Anhang III aufgeführten Bestimmungen über Soziale Sicherheit weiterhin anwendbar, d.h. in Kraft.
Im Anhang III Teil A Nr.35. Deutschland-Österreich Buchst.e (zu Art.7 Abs.2 Buchst.c sowie gleichlautend im Anhang III Teil B Nr.35. Deutschland-Österreich Buchst.e zu Art.3 Abs.3 EG-VO 1408/71) ist entsprechend Art.14 Abs.2 Buchst.b DÖSVA n.F. bestimmt worden, dass Art.4 Abs.1 des DÖSVA weiterhin Geltung hat "in Bezug auf die deutschen Rechtsvorschriften, nach denen ... Zeiten, die außerhalb dieses Hoheitsgebietes (Anm.: der BRD) zurückgelegt werden, keinen Anspruch auf Leistungen begründen, bzw. einen solchen Anspruch nur unter bestimmten Bedingungen begründen, wenn die Berechtigten ihren Wohnsitz außerhalb des Hoheitsgebietes der Bundesrepublik Deutschland haben, und zwar in den Fällen, in denen: i) die Leistungen am 1. Januar 1994 bereits erbracht werden oder erbracht werden können, ii) die betreffende Person vor dem 1. Januar 1994 ihren gewöhn lichen Aufenthalt in Österreich genommen hat und die Leis tung aus der Rentenversicherung bis zum 31. Dezember 1994 beginnt; dies gilt auch für die Zeiten eines weiteren Ren tenbezugs einschließlich einer die erste Rente ersetzenden Hinterbliebenenrente, wenn sich Rentenbezugszeiten ununter brochen aneinander anschließen." Mit anderen Worten besagt diese Regelung für den Export von Rentenleistungen aus Deutschland nach Österreich, dass die Gebietsgleichstellung (Art.4 Abs.1 DÖSVA a.F.) aufrecht erhalten bleibt bzw. die deutschen Bestimmungen über die eingeschränkte Zahlung von Renten ins Ausland keine Anwendung finden, wenn der Fall i) oder der Fall ii) zutrifft. Die Ziffern i) und ii) werden in der EG-VO (und im DÖSVA n.F.) als Bezeichnungen für "Unterabsätze" verwendet (vgl. Art.1 Buchst.a, Ziffer i), Ziffer ii), Ziffer iii), Ziffer iv) EG-VO 1408/71), stehen also in der Bedeutung den Ziffern oder Nummern in den deutschen Gesetzesvorschriften gleich.
Die Ziffern i) und ii) (a.a.O.) beinhalten zwei mögliche Fallgestaltungen. Nach dem Wortlaut beider Bestimmungen ist der Stichtag 01.01.1994 (Beginn der Mitgliedschaft Österreichs in der EG) maßgebend, bei der ersten Alternative aber nur hinsichtlich der Leistungsvoraussetzungen (werden Leistungen bereits erbracht oder können diese erbracht werden), bei der zweiten Alternative hingegen hinsichtlich der Begründung eines Wohnsitzes oder des gewöhnlichen Aufenthalts in Österreich (vor dem 01.01.1994), wenn die Rentenleistung bis zum 31.12.1994 beginnt. Ziffer ii) (a.a.O.) stellt typischerweise eine Übergangsregelung für alsbald nach Beitritt Österreichs beginnende Rentenleistungen dar (Vertrauensschutz hinsichtlich eines binnen eines Jahres nach EG-Beitritt realisierbaren Anwartschaftsrechts, das noch nicht zum Anspruch erstarkt ist). Ziffer i) (a.a.O.) gilt dann, wenn vor dem 01.01.1994 die "leistungsrechtlichen Voraussetzungen" bzw. die "Anspruchsvoraussetzungen für die Rentenleistungen" (vgl. die Begriffe z.B. in § 99 Abs.1 Satz 1 SGB VI und in Art.38 Abs.2 Satz 2, Abs.3 Satz 3 EG-VO 1408/71) vorliegen und Rente gezahlt wird oder gezahlt werden könnte, d.h., wenn der Versicherungsfall bzw. Leistungsfall vor dem 01.01.1994 liegt und das Einsetzen der Leistungen spätestens am 31.12.1993 möglich gewesen wäre. Darunter fallen mit Sicherheit auch die vor dem 01.01.1994 beantragten und möglichen Leistungen, die - mit Verzögerung durch Verwaltungs- und Gerichtsverfahren - rückwirkend erbracht werden, weiterhin wohl auch Leistungen, die verspätet beantragt worden sind, aber bei rechtzeitigem Antrag zum oder mit Ablauf des 31.12.1993 erbracht werden hätten können. Für Letzteres spricht, dass in der EG-VO 1408/71 allgemeinhin zwischen dem Leistungsanspruch im Sinne des Erfüllens der Anspruchsvoraussetzungen und zwischen dem Antrag auf diese Leistungen, der nicht zu den Anspruchsvoraussetzungen zählt, unterschieden wird. Diese Auslegung - die im Übrigen auch in der RVO und im SGB VI gilt - ist heranzuziehen, wenn es um Vorschriften der EG-VO 1408/71 und die hierauf abzustimmenden Erklärungen eines Mitgliedstaates zu Ausnahmefällen in Anhängen zu dieser Verordnung geht.
Wie bereits das Sozialgericht dargelegt hat, ist nach dem Wortlaut der Ziffer i) - im Gegensatz zum Wortlaut der Ziffer ii) (a.a.O.) - das Erfordernis des Wohnsitzes in Österreich zum 01.01.1994 nicht enthalten. Dieses Erfordernis ist auch nicht in das DÖSVA n.F. in anderer Weise aufgenommen worden, z.B. dass im Falle der Ziffer i) ein Besitz- oder Bestandsschutz nur dann gilt, wenn es bereits bis zum 31.12.1993 bei Anwendung der deutschen Vorschriften über Auslandszahlungen zu Leistungen gekommen ist. Dies hätte aber im DÖSVA n.F. und im Anhang III der EG-VO 1408/71 besonders Erwähnung finden müssen, da die Begriffe in den Ziffern i) und ii) (a.a.O.) an die Anspruchsvoraussetzungen und den Leistungsbeginn anknüpfen, nicht hingegen an außerhalb dieser materiell-rechtlichen Tatbestände liegende Umstände wie Zahlungsvorschriften. Geschützt ist deswegen in den vor dem 01.01.1994 eingetretenen Altfällen der einmal erworbene Anspruch aus den außerhalb des Bundesgebiets zurückgelegten Beitragszeiten, und zwar unabhängig vom Wohnsitz des Rentenberechtigten in Deutschland oder in Österreich vor und nach dem 01.01.1994; dem Bürger bleibt die durch das ältere zwischenstaatliche Abkommen geschützte Rechtsposition einschließlich der Option des Wohnortswechsels erhalten. Nur so lassen sich Art.4 Abs.1 DÖSVA a.F., die zwischenstaatliche Vereinbarung über die Weitergeltung dieser Vorschrift und die Erklärung der BRD zum Anhang III der EG-VO 1408/71 sinngemäß und ohne Bruchlinien in Einklang bringen. Zu berücksichtigen ist der übergeordnete Gedanke der Freizügigkeit der Arbeitnehmer und ihrer Hinterbliebenen, wie er im EG-Bereich generell besteht, bereits im zwischenstaatlichen Bereich Deutschland-Österreich bestanden hat und nach dem 01.01.1994 für Altfälle weitergelten soll. Wenn die Beklagte die Ansicht vertreten sollte, der Wortlaut der Ziffer i) sei unvollständig oder extensiv zu Lasten der Bürger auszulegen, so muss dem entgegengehalten werden, dass der Wortlaut, wie ihn der Senat versteht, mit einem sinnvollen Regelungsgehalt auf zwischenstaatlicher und überstaatlicher Ebene übereinstimmt. Im Übrigen sind Ausnahmebestimmungen (Ziffern i) und ii) mit den dazugehörigen nationalen Erklärungen) sowohl nach deutschem Recht als auch nach dem EG-Recht nicht extensiv zu interpretieren; den Vorrang genießt der Grundsatz der Freizügigkeit und (im Zweifelsfalle) das Gebot des geringstmöglichen Eingriffs in eine einmal eingeräumte Rechtsposition. Ebenso muss im zwischenstaatlichen Vertragsrecht davon ausgegangen werden, dass derjenige, der - wie die BRD - eine Änderung des bisherigen Zustands zu Lasten des Vertragspartners wünscht, auf eine eindeutige Formulierung hinzuwirken hat. Im Zweifelsfalle ist die Änderung, die dem Interesse des Partners nicht entspricht, eben als weniger einschneidend auszulegen. In diesem Zusammenhang ist auf die von der Beklagten übersandten Protokolle zu den Vertragsverhandlungen hinzuweisen; hieraus ist deutlich ersichtlich, dass die Vertreter Österreichs, da auch österreichische Staatsangehörige mit Fremdrentenzeiten durch Änderung des Abkommens betroffen sind und zudem Österreich in bestimmten Fällen Fremdrentenzeiten bei ihren eigenen Zahlungen berücksichtigt hatte, eine weitestgehende Aufrechterhaltung der bisherigen Gebietsgleichstellung erreichen wollten.
Der Senat stimmt den Ausführungen im erstinstanzlichen Urteil auch insoweit zu, als die Auffassung der Beklagten zu nicht sinnvollen Ergebnissen führen würde. So könnte der (deutsche oder österreichische) Staatsangehörige, der am 01.10.1993 nach Österreich verzieht und dessen Rente am 01.10.1994 beginnt, Rente aus Fremdrentenzeiten beziehen, nicht hingegen derjenige, der seit Jahren vor dem 01.01.1994 die Rente erhält und seinen Wohnsitz am 01.02.1994 nach Österreich verlegt. Gegen dieses merkwürdige Ergebnis sprechen nach Überzeugung des Senats auch rechtsdogmatische Gründe. Derjenige, der noch keinen Rentenanspruch hat, also nur eine Rentenanwartschaft einschließlich der Aussicht, dass er künftig bei Gebietsgleichstellung Rente aus Fremdrentenzeiten beziehen könnte, wird nach Auffassung der Beklagten stärker geschützt als derjenige, der seinen Rentenanspruch aus den genannten Beitragszeiten seit Jahren realisiert hat. Der Vertrauensschutz in Ziffer ii) (a.a.O.) im Hinblick auf künftige Rente würde also höherwertig eingestuft werden als der auf eine bereits erreichte Rechtsposition gegründete Bestandsschutz.
Richtig ist aber die umgekehrte Gewichtung. Beim Bestandsschutz in den Altfällen (Ziffer i) ist eine zusätzliche Bedingung, dass der Berechtigte vor dem 01.01.1994 nach Österreich verzogen ist, nicht angebracht; dem Berechtigten, der bereits Rente nach altem Rechtsstand (mit der Möglichkeit des jederzeitigen Wohnsitzwechsels) bezieht, soll die einmal bestehende Rechtsposition in vollem Umfange erhalten bleiben. Insoweit war ja auch die Weitergeltung des Art.4 Abs.1 DÖSVA a.F. beabsichtigt. Weniger schützenswert ist derjenige, dessen Versicherungsfall und Rentenbeginn nach dem 31.12.1993 (bis 31.12.1994) liegt. Nach Änderung der Rechtslage zum 01.01.1994 ist sogar eine Stichtagsregelung für den Wohnortwechsel zweckmäßig, damit der Vertrauensschutz nicht missbraucht wird, d.h. damit nicht der Bürger in der (zu unterstellenden) Kenntnis der neuen Rechtslage den Wohnort nach Rechtsänderung, aber vor Rentenbezug wechselt, um sich die ihm bisher noch nicht zugute kommenden Vorteile nach altem Recht für den künftigen Rentenbezug zu sichern.
Bei dieser Auslegung erscheint die Zweiteilung in Ziffer i) (a.a.O.) mit Bestandsschutz (Besitz- und Vertrauensschutz bei Altfällen) und mit Ziffer ii) (eingeschränkter Vertrauensschutz für Neufälle) folgerichtig und konsequent. Hätte man den Stichtag 01.01.1994 für den Wohnortwechsel gleichermaßen für die Fälle i) und ii) einführen wollen, wäre eine Differenzierung in zwei Fallgruppen unnötig gewesen; dann hätte die Regelung genügt, dass bei Wohnsitznahme in Österreich bis zum 01.01.1994 und bei Leistungsbeginn bis zum 31.12.1994 Rente aus den Fremdrentenzeiten gewährt wird.
Wenn die Beklagte dahingehend argumentiert, dass bei Änderung des Sozialversicherungsabkommens beabsichtigt gewesen sei, eine Regelung ähnlich der in § 272 SGB VI zu schaffen, so kann dies richtig sein; diese anfängliche Absicht ist aber bei Ende der Vertragsverhandlungen mit Österreich nicht realisiert worden, vielmehr einigten sich die Vertragspartner auf ein anderes Ergebnis, das mit § 272 Abs.1 Satz 1 SGB VI wenig gemein hat. Die genannte Vorschrift des SGB VI geht davon aus, dass bei Auslandszahlungen die vor dem 19.05.1950 geborenen Versicherten privelegiert werden sollen, wenn sie vor dem 19.05.1990 ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland genommen haben; der Vertrauensschutz wird hier allein durch die Wohnsitzverlegung vor dem festgelegten Stichtag begründet, unabhängig davon, ob vor oder nach dem Stichtag die Leistungsvoraussetzungen erfüllt werden und ob vor oder nach dem Stichtag Zahlungen erbracht worden sind oder erbracht werden können. Damit besteht auch nicht annähernd die von der Beklagten angenommene Ähnlichkeit mit der Regelung in Ziffer i), die auf die Erfüllung aller für eine Rentengewährung erforderlichen materiell-rechtlichen Leistungsvoraussetzungen bei In-Kraft-Treten der Regelung abstellt, sondern allenfalls eine Ähnlichkeit mit Ziffer ii), wenn dort weggedacht wird, dass der Leistungsbeginn binnen eines Jahres nach dem Stichtag liegen muss.
Im Übrigen ist anzuführen, dass auch in den deutschen Gesetzen eine klare und ausdrückliche Regelung getroffen werden muss, wenn Leistungen oder sonstige Rechtsvorteile von dem Aufenthalt in einem bestimmten Gebiet 1.) bei In-Kraft-Treten von Bestimmungen oder 2.) zu einem vom In-Kraft-Treten abweichenden Stichtag abhängig gemacht werden (vgl. neben § 272 SGB VI auch § 5 WGSVG, § 1 Buchst.c Fremdrentengesetz und §§ 1 - 3 Bundesvertriebenengesetz).
Wenn Ziffer i) (a.a.O.) keinen besonderen Stichtag enthält und nicht Bezug auf den Aufenthalt in einem bestimmten Gebiet nimmt, so kann dies nur damit erklärt werden, dass diese Regelung mit dem Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Gesamtregelung (01.01.1994) in Kraft tritt. Soll hingegen zum Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens ("zeitlicher Geltungsbereich") zugleich eine Beschränkung des sachlichen Geltungsbereiches des Rechts erfolgen, muss dies eben gesondert vorgesehen werden.
Für die Meinung des Senats und gegen die der Beklagten sprechen im Übrigen auch die Protokolle der Vertragsverhandlungen. Die von der BRD angestrebte Geltung der deutschen Auslandszahlungsvorschriften konnte nicht verwirklicht werden (zu den anfänglichen Vorschlägen der BRD vgl. Protokoll vom 04.12.1987). Nach weiteren Verhandlungen über mehr oder minder weit reichende Besitzschutz- und Vertrauensschutzregelungen wurde im März 1991 der Wortlaut des Art.14 DÖSVA n.F. entsprechend der Erklärung im Anhang III zur EG-VO 1408/71 vorläufig formuliert (vgl. Beilage 2 zur Niederschrift vom 01.03.1991). Hierbei ist in der Niederschrift vom 01.03.1991 erklärt worden, wie die Regelung aus deutscher Sicht zu verstehen ist. Der "deutsche Vorschlag", dem die österreichische Regierung zugestimmt hat, lautete, dass Art.4 des DÖSVA a.F. nur mehr eingeschränkt gilt, und zwar in Bezug auf "a) zum Zeitpunkt des Wirksamwerdens des EWR-Vertrages bereits eingetretene Versicherungsfälle sowie b) hinsichtlich von Personen, - die bis zum 18.05.1990 ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Österreich genommen haben und - hinsichtlich Renten, wenn diese vor dem 01.07.1995 begin nen." Bei dieser authentischen Erläuterung der einvernehmlich festgelegten Abkommensbestimmungen (später sind nur mehr die Stichtage in der Alternative b geändert worden) ist deutlich erkennbar, dass der Fall a) entsprechend der Ziffer i) (a.a.O.) nicht davon abhängig sein sollte, ob "zum Zeitpunkt des Wirksamwerdens des EWR-Vertrages" der Berechtigte in Deutschland oder in Österreich wohnt, bzw. ob die Rente bereits aufgrund der bisherigen zwischenstaatlichen Gebietsgleichstellung - bei Nichtanwendung restriktiver Auslandsrenten-Zahlungsbestimmungen - nach Österreich exportiert worden ist.
Nach der Überzeugung des Senats ist auch die Argumentation der Beklagten unzutreffend, dass die vom Sozialgericht und auch vom Senat vertretene Auffassung dem Ziel des EG-Verordnungsgebers zuwiderlaufe, das Gemeinschaftsrecht im Verhältnis zu Österreich sofort und nahezu einschränkungslos zum Tragen zu bringen, und dass der EG-Verordnungsgeber offenbar für die Rentenbezieher, die nach dem 01.01.1994 nach Österreich verzogen seien, ein Schutzbedürfnis aus dem zwischenzeitlich durch die EG-VO Nr.1408/71 abgelösten DÖSVA a.F. nicht erkennen konnte. Die Auffassung der Beklagten berücksichtigt nicht, dass die Vorschriften der EG-VO 1408/71 (insbesondere die hier maßgeblichen Art.2 bis 4 und 10 der Verordnung) vom EG-Verordnungsgeber erlassen worden sind, nicht dagegen die Erklärungen, die Staaten zum Anhang III und VI der Verordnung geben. Diese Erklärungen werden vom Verordnungsgeber weder geprüft oder erlassen, noch sind sie aus sonstigen Gründen in den Rang von Gemeinschaftsrecht zu erheben. Es handelt sich dabei schlichtweg um deklarierte nationale Vorbehalte und Sonderregelungen, die zur Kenntnis genommen werden (müssen) und bei einem konkreten späteren Anlass auf ihre Vereinbarkeit mit dem Gemeinschaftsrecht überprüft werden können, und zwar insbesondere im Hinblick darauf, ob es sich hierbei um gerechtfertigte nationale Ausnahmefälle handelt, die nach dem Gemeinschaftsrecht 1.) "formell" zugelassen sind und 2.) ihm auch nicht inhaltlich widersprechen.
Was der EG-Verordnungsgeber angestrebt hat und anstrebt, ist eine möglichst weitgehende Verwirklichung der Gleichberechtigung aller Arbeitnehmer (und Hinterbliebenen), unabhängig vom jetzigen Wohnort und auch unabhängig vom früheren Wohnort, an den soziale Leistungen anknüpfen können. Ausnahmen werden in eingeschränktem Umfange "geduldet". Die deutsche Erklärung im Anhang VI Teil C. Deutschland Ziffer 1 (Geltung der Auslandsrentenvorschriften in Bezug auf alle Mitgliedstaaten der EG) stellt nicht den vom EG-Verordnungsgeber gewollten Grundfall dar, wie die Beklagte vorgetragen hat, sondern den nur auf nationaler Ebene gewünschten Ausnahmefall. Wird dieser Ausnahmefall durch besondere zwischenstaatliche Vereinbarungen abgemildert, wie es beim DÖSVA n.F. und mit der Erklärung zum Anhang III zur EG-VO 1408/71 geschehen ist, so nähert sich der Rechtstatus der hierdurch Begünstigten dem vom EG-Verordnungsgeber gewollten Grundfall an. Soweit Personen durch die zwischenstaatlichen Vereinbarungen im Anhang III nicht begünstigt werden, gilt eben weiterhin Anhang VI, d.h. der Ausnahmefall.
Die Beklagte kann daher ihre Rechtsauffassung weder auf den Willen des EG-Verordnungsgebers stützen noch mit der von ihr verkehrt gesehenen Relation "Grundsatz-Ausnahme" begründen. Ebenso wenig ist es möglich, aus dem nach EG-Recht geltenden Gleichbehandlungsgrundsatz zu schließen, es liege nicht im Sinne des Verordnungsgebers, wenn (deutsche und österreichische) Rentenberechtigte durch ein zwischenstaatliches Abkommen begünstigt würden und so gegenüber anderen EG-Bürgern privilegiert seien, die mit ihren (deutschen) Renten unter die Einschränkungen der Auslandszahlungsvorschriften fielen. Der EG-Verordnungsgeber hat vielmehr vom Grundsatz her gleiche Rechte für alle Bürger vorgesehen, von dem die BRD durch ihre Erklärung im Anhang VI zur EG-VO 1408/71 abgewichen ist. Wird nun die Gleichheit im Verhältnis Österreich-Deutschland par- tiell durch neue Abkommen (Anhang III) hergestellt, will der EG-Verordnungsgeber vielmehr die für (österreichische und deutsche) in Österreich wohnenden Bezieher deutscher Renten geltenden Vorteile, d.h. die von der BRD im zwischenstaatlichen Bereich gewährten Privilegien, auf die Staatsangehörigen aller EG-Staaten erstrecken. Dieses Verständnis des europäischen Gleichheitsgrundsatzes ist in Art.3 Abs.3 EG-VO 1408/71 normiert: "Der Geltungsbereich der Abkommen über soziale Sicherheit, die aufgrund von Art.3 Abs.2 Buchst.c weiterhin anwendbar sind, sowie der Abkommen, die aufgrund von Art.8 Abs.1 abgeschlossen werden, wird auf alle von dieser Verordnung erfassten Personen erstreckt, soweit Anhang III nichts anderes bestimmt." Gerade wegen dieser Vorschrift war es notwendig, dass die neuen deutsch-österreichischen Vereinbarungen nicht nur als Ausnahmen zu Art.10 und Art.6 (in Verbindung mit Art.7 Abs.2 Buchst.c) EG-VO 1408/71 im Anhang III Teil A deklariert worden sind, sondern gleichlautend auch als Ausnahme zu Art.3 Abs.1 EG-VO im Anhang III Teil B. Mithin war die auf zwischenstaatlicher Ebene geltende und ins EG-Recht getragene Ungleichbehandlung (in einem Ausnahmefall) nicht vom EG-Verordnungsgeber gewünscht. Dessen Ziel ist - bei nationalen Sonderheiten - auf die gleichmäßige Geltung der für Bürger einzelner Staaten geltender Privilegien gerichtet, d.h. auf eine Gleichheit der Staatsbürger aller EG-Staaten in einem Maximum an Rechten, und nicht auf das Gegenteil, dass alle Staatsbürger im Verhältnis zu zwei einzelnen Staaten benachteiligt werden (weitgehende Gleichheit bei Nachteilen, abweichend von dem in der EG-Verordnung 1408/71 vorgesehenen Standard).
Nach Überzeugung des Senats folgt das Ergebnis, dass der Klägerin die bisherige Rente auch nach Beitritt der Republik Österreich zur EG zusteht, aus der Auslegung des neuen Deutsch-Österreichischen Abkommens, und zwar sowohl isoliert gesehen als Regelungswerk auf zwischenstaatlicher Ebene als auch als staatliche Besonderheiten, die im allumfassenden EG-Bereich zwar ausnahmsweise erlaubt sind, aber im Kontext zu Art.2 ff. und Art.10 EG-VO 1408/71 stehen und nicht - ohne hinreichende Anhaltspunkte - extensiv entgegen den elementaren Grundsätzen des europäischen Gemeischaftsrechts ausgelegt werden dürfen.
Nicht mehr von Bedeutung war daher die Frage, ob die Erklärungen der BRD zum Anhang VI der EG-VO 1408/71 und/oder die deutsch-österrreichischen Vereinbarungen im Anhang III dieser Verordnung gegen Art.2 ff. und 10 dieser Verordnung oder gegen Art.48 und 51 des EG-Vertrags verstoßen (vgl. die hierzu nicht eindeutige Rechtsprechung des EuGH in den Sachen Rönfeldt und Thevenon , beide im SozR 3-6030 Art.48 Nrn.3 und 9).
Daher war die Berufung der Beklagten zurückzuweisen und deren Bescheid vom 20.10.1997, der Gegenstand des Berufungsverfahrens geworden ist (§§ 96 Abs.1, 153 Abs.1 SGG), aufzuheben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Berufung wurde wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen (§ 160 Abs.2 Nr.1 SGG).
II. Der Bescheid der Beklagten vom 20. Oktober 1997 wird aufgehoben.
III. Die Beklagte hat der Klägerin die außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens zu erstatten.
IV. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Streitig zwischen den Beteiligten ist die Höhe eines Witwenrentenanspruchs bei Verzug der Hinterbliebenen nach Österreich.
Die am ... 1910 geborene Klägerin, eine deutsche Staatsangehörige, bezog von der Beklagten seit dem 01.10.1955 eine Witwenrente (Bescheid vom 24.08.1956) aus der Rentenversicherung des am 14.11.1943 im Zweiten Weltkrieg gefallenen deutschen Staatsangehörigen ... An Versicherungszeiten waren neben dem Wehrdienst des Verstorbenen Beitragszeiten als Zimmerer in Leobschütz (Oberschlesien, jetzt Polen, früher Reichsgebiet) und in Hottendorf, Kreis Gardelegen (Sachsen-Anhalt, ehemals DDR) berücksichtigt.
Laut Anmeldeschein der Bundespolizeidirektion Villach verzog die Klägerin, als Vertriebene seit 1946 in Hebertshausen bei Dachau (BRD) wohnhaft, im Dezember 1995 nach Österreich. Die Beklagte, die die Rentenzahlungen mit dem 31.01.1996 eingestellt hatte, lehnte es mit Bescheid vom 09.04.1996 ab, die Witwenrente von damals 1.213,72 DM (netto) monatlich weiterzuzahlen, weil ausschließlich Beitragszeiten in Oberschlesien, im ehemaligen Reichsgebiet, vorlägen und den Berechtigten, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland hätten, Rente nur dann gezahlt werden dürfe, wenn auch Beitragszeiten im Bundesgebiet zurückgelegt worden seien (§§ 113, 248, 271 des Sozialgesetzbuches Teil VI - SGB VI -).
Dem hiergegen erhobenen Widerspruch half die Widerspruchsstelle der Beklagten insoweit ab, als die "Aufhebung der Witwenrente" bzw. der "Entzug" mit Wirkung für die Zukunft, d.h. erst ab 01.05.1996, erfolgte. Der Verzug nach Österreich führe zu einer wesentlichen Änderung der Verhältnisse im Sinne von § 48 Abs.1 Satz 1 des Sozialgesetzbuches Teil X (SGB X), weil nunmehr die Auslandszahlungsvorschriften der §§ 110, 271, 272 SGB VI anzuwenden seien. Gemäß § 271 SGB VI könne Rente ins Ausland nur aus den Bundesgebiets-Beitragszeiten (Beitragsentrichtung nach Bundesrecht seit dem 08.05.1945) und gleichgestellten Zeiten gezahlt werden. Reichsgebiets-Beitragszeiten (vom verstorbenen Ehemann bis 1939 in Oberschlesien zurückgelegt), soweit die damalige Beschäftigung nicht im Bereich des heutigen Bundesgebietes ausgeübt worden sei, berechtigten nicht zum Rentenbezug, weil die Klägerin nicht vor dem 19.05.1990 ins Ausland (Österreich) verzogen sei (§ 272 SGB VI). Das Recht der Europäischen Gemeinschaften stehe dem nicht entgegen (§ 110 Abs.3 SGB VI). Der Grundsatz der Gleichstellung der Staatsgebiete (Art.10 EG-VO 1408/71) werde durchbrochen durch die Vorschrift im Anhang VI Teil C Nr.1 Buchst.b, soweit es um Leistungen aus Zeiten gehe, die außerhalb des Gebietes der BRD zurückgelegt worden seien (Widerspruchsbescheid vom 01.08. 1996).
Im anschließenden Rechtsstreit vor dem Sozialgericht München machte die Klägerin geltend, sie sei im Alter von 86 Jahren aus gesundheitlichen Gründen zu ihrer Schwester in Österreich gezogen. Im Bereich der Europäischen Union (EU) gelte als oberstes Recht die Niederlassungsfreiheit; unabhängig davon seien zu ihrem Schutze "Verjährungs- und Ersitzungsrechte" zu berücksichtigen.
Die Beklagte war der Ansicht, mit Einführung des EG-Rechts für Österreich ab 01.01.1994 gelte ein Besitzschutz gemäß Art.4 Abs.1 Ziffer i) des Deutsch-Österreichischen Sozialversicherungsabkommens - DÖSVA - (gemeint das Abkommen vom 22.12.1966 über Soziale Sicherheit in der Fassung der Zusatzabkommen 1969, 1974 und 1980) in Verbindung mit Anhang III, Teil A und Teil B, jeweils Nr.35, Buchst.e zur EG-VO Nr.1408/71 nur dann, wenn die Klägerin vor dem 01.01.1994 nach Österreich verzogen sei. Der Fall i) im Buchst.e der genannten Verordnung (wenn die Leistungen am 01.01.1994 bereits erbracht werden oder erbracht werden können) sei in diesem Sinne auszulegen. Für Personen, die nach dem Stichtag ins Ausland verzogen seien, habe der Gesetzgeber offenbar ein besonderes Schutzbedürfnis nicht erkennen können.
Mit Urteil vom 07.08.1997 hob das Sozialgericht den Bescheid vom 09.04.1996 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 01.08.1996 auf und verpflichtete die Beklagte, "über den April 1996 hinaus die Witwenrente wie bisher zu zahlen". Das Sozialgericht führte aus, eine wesentliche Änderung sei durch den Verzug der Klägerin nach Österreich im Jahre 1995 nicht eingetreten, da wegen der Gebietsgleichstellung des Art.4 Abs.1 DÖSVA die Rente als Inlandsrente weiterhin zu zahlen sei. Die Weitergeltung der Gebietsgleichstellung sei bei Außer-Kraft-Treten der meisten Vorschriften des Sozialversicherungsabkommens aufgrund der Geltung des EG-Rechts (Art.6 EG-VO 1408/71) im Anhang III Nr.35 Buchst.e Ziffer i) in Verbindung mit Art.7 Abs.1 EG VO 1408/71 hinsichtlich der in der deutschen Rentenversicherung anrechenbaren Zeiten, die außerhalb des jetzigen Hoheitsgebietes der Bundesrepublik Deutschland zurückgelegt worden seien, festgelegt, und zwar für die Fälle, in denen gemäß Ziffer i) die Leistungen am 01.01.1994 bereits erbracht werden oder erbracht werden könnten, Ziffer ii) die betreffende Person vor dem 01.01.1994 ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Österreich genommen habe und die Leistung aus der Renten- und Unfallversicherung bis zum 31.12.1994 beginne. Werde Ziffer i) so interpretiert, dass sie nur Personen betreffe, die vor dem 01.01.1994 nach Österreich verzogen seien, so sei die Unterteilung in die beiden Fallgruppen in Ziffer i) und Ziffer ii) kaum mehr verständlich. Nebenbei wies das Sozialgericht darauf hin, dass der Ehemann der Klägerin 1938/39 in Sachsen-Anhalt gearbeitet habe und dieses Land nunmehr zum Gebiet der Bundesrepublik Deutschland gehöre, so dass auch unter Zugrundelegung der Auffassung der Klägerin sich eine Rente nach Bildung von Entgeltpunkten nur für diese Zeit und eventuell anteilig für die beitragsfreien Zeiten ergebe (§§ 113 Abs.1, 114 SGB VI).
Die Beklagte legt hiergegen Berufung ein und berechnet die ihrer Auffassung nach der Klägerin zustehende "Auslandsrente" unter Berücksichtigung einer Versicherungszeit des Verstorbenen in Sachsen-Anhalt vom 01.09.1937 bis 31.08.1939 mit 127,19 DM (netto) monatlich ab 01.05.1996 (Bescheid vom 20.10.1997). Sie vertritt die Ansicht, einen Vertrauensschutz könnten nur diejenigen Personen beanspruchen, die bereits zum 01.01.1994 eine deutsche Rentenzahlung unter Anwendung des Art.4 Abs.1 DÖSVA (Gebietsgleichstellung) erhalten hätten, also bereits am 01.01.1994 ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Österreich hätten. Zusätzlich zu dieser Bestandsgarantie für so genannte Altfälle (Ziffer i) sollte Art.4 DÖSVA weiterhin für die Personen gelten, die am 01.01.1994 in Österreich wohnten, also zunächst auf eine uneingeschränkte Rente hoffen durften, sofern die Leistung innerhalb eines Jahres nach dem In-Kraft-Treten der EG-Verordnungen im Verhältnis zu Österreich beginne (Ziffer ii). Diesen Personen sei eine Jahresfrist eingeräumt worden, um sich ggf. auf die neue Situation einzustellen. Es ergebe sich also eine klare und sinnvolle Unterscheidung der beiden Ziffern i) und ii) mit jeweils getrennten Anwendungsfällen. Richtig sei, dass hinsichtlich des Zeitpunkts des Verzugs kein Unterschied bestehe; in beiden Fällen müssten die Berechtigten vor dem 01.01. 1994 in Österreich wohnhaft gewesen sein. In diese Richtung wiesen auch die (zu den Gerichtsakten eingereichten) Protokolle über die Vertragsverhandlungen zwischen Deutschland und Österreich anlässlich des Beitritts Österreichs zur EG. Die Auffassung, dass die bis zum 01.01.1994 in Deutschland lebenden (deutschen und österreichischen) Rentenbezieher in der Zeit danach beliebig nach Österreich ziehen könnten, ohne dass dies Konsequenzen für die Rente aufgrund von Fremdrentenzeiten hätte, laufe dem Ziel des EG-Verordnungsgebers zuwider.
Die Klägerin vertritt die Auffassung, Ziffer i) betreffe die privilegierten Personen des Art.4 Abs.1 DÖSVA, auch wenn sie erst nach dem 01.01.1994 nach Österreich verzogen seien. Nur so sei gewährleistet, dass keine unzulässige Beschneidung der Freizügigkeit eintrete.
Die Beklagte beantragt: Das Urteil des Sozialgerichts München vom 07.08.1997 wird abgeändert. Die Klage gegen den Bescheid der Beklagten vom 09.04.1996 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 01.08.1996 und gegen den Bescheid der Beklagten vom 20.10. 1997 wird insoweit abgewiesen, als für die Zeit ab 01.05. 1996 die Zahlung einer höheren Rentenleistung als 127,19 DM monatlich beantragt wird.
Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen und den Bescheid der Beklagten vom 20.10.1997 aufzuheben.
Die Beklagte hat der Klägerin vorläufig die Rente in ursprünglicher Höhe ab 01.05.1996 weitergezahlt, für die Zeit ab 28.10. 1996 nach dem im Verfahren wegen einstweiligen Rechtschutzes ergangenen Beschluss des Sozialgerichts vom 07.08.1997 und nach dem Beschluss des Senats vom 22.12.1997, außerdem für die Zeit vom 01.05. bis 27.10.1996 aufgrund einer "nachträglich eingeräumten" aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs.
Dem Senat lagen zur Entscheidung die Prozessakten beider Rechtszüge und die zu Beweiszwecken beigezogene Versichertenakte der insbesondere hinsichtlich des Vortrags der Prozessbeteiligten und des Inhalts der von der Beklagten vorgelegten Protokolle über die Vertragsverhandlungen, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (§§ 143 ff., 151 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG -), jedoch unbegründet. Die Rente der Klägerin darf nicht wegen Wohnortswechsels entzogen oder der Höhe nach gemindert werden.
Auch der Senat ist der Überzeugung, dass eine wesentliche Änderung der rechtlichen Verhältnisse, die zur vollständigen oder teilweisen Aufhebung des Rentenbescheides vom 24.08.1956 mit Wirkung für die Zukunft - ab 01.05.1996 - berechtigen könnte (§ 48 Abs.1 Satz 1 SGB X), nicht vorliegt. Ehemals bestand nach dem Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Österreich über Soziale Sicherheit vom 22.12.1966, BGBl.1969 II, 1235 (in den jeweiligen Fassungen unter Berücksichtigung der Zusatzabkommen 1969, 1974 und 1980) - DÖSVA a.F. - die Rechtslage, dass bei Anwendung der Rechtsvorschriften eines der beiden Vertragsstaaten die Staatsangehörigen (sowie ihre Angehörigen und Hinterbliebenen) beider Staaten gleichbehandelt wurden (Art.3 DÖSVA a.F.) und - bei Fehlen besonderer vertraglicher Regelungen - die Rechtsvorschriften eines Vertragsstaates, nach denen die Entstehung von Ansprüchen auf Leistungen oder die Gewährung von Leistungen oder die Zahlung von Geldleistungen vom Inlandsaufenthalt abhängig waren, nicht für die in Art.3 DÖSVA a.F. genannten Personen galten, die sich im Gebiete des anderen Vertragsstaates aufhielten (Art.4 Abs.1 Satz 1 DÖSVA a.F.). Mithin galten nicht die ehemaligen Vorschriften über die "Erbringung der Leistungen an Berechtigte außerhalb des Geltungsbereiches des Gesetzes" (z.B. Ruhen gemäß §§ 1315 ff. der inzwischen außer Kraft getretenen Reichsversicherungsordnung - RVO -), ebenso wenig die aktuellen, grundsätzlich auch auf Renten mit Versicherungsfällen vor dem In-Kraft-Treten anwendbaren Normen des Sozialgesetzbuches Teil VI (SGB VI) über "Leistungen an Berechtigte ins Ausland" (§§ 110 ff., 271 ff. SGB VI), die Zahlungen einer Rente grundsätzlich insoweit ausschließen, als sie nicht auf Bundesgebiets-Beitragszeiten beruhen.
An dem Gebot, aus dem konkreten Aufenthaltsort in einem der beiden Vertragsstaaten keine nachteiligen Folgen zu ziehen, hat sich im vorliegenden Streitfall letztlich durch Geltung der EG-Normen mit Beitritt Österreichs zur Europäischen Gemeinschaft am 01.01.1994 und durch neue vertragliche Vereinbarungen (Abkommen vom 04.10.1995 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Österreich vom 04.10.1995, BGBl.1998 II, 313 - DÖSVA n.F.) nichts wesentlich geändert.
Art.4 Abs.1 der EG-VO 1408/71 ("Sachlicher Geltungsbereich") bestimmt, dass diese Verordnung für die jeweiligen nationalen Rechtsvorschriften über Zweige der Sozialen Sicherheit, u.a. über Leistungen bei Invalidität und bei Alter sowie über Leistungen an Hinterbliebene, gilt, bestimmt also das auf supranationaler Ebene anzuwendende Recht. Dieses Recht ist vom Grundfall her - die Erweiterungen auf bestimmte Personenkreise spielen vorliegend keine Rolle - anzuwenden auf "Arbeitnehmer ..., für welche die Rechtsvorschriften eines oder mehrerer Mitgliedstaaten gelten oder galten, soweit sie Staatsangehörige eines Mitgliedstaates sind ..., sowie für deren Familienangehörige und Hinterbliebene", weiterhin für "Hinterbliebene von Arbeitnehmern ... unabhängig von deren Staatsangehörigkeit, wenn die Hinterbliebenen Staatsangehörige eines Mitgliedstaates sind ..." (Art.2 Abs.1 und 2 EG-VO 1408/71 - "persönlicher Geltungs- Regel an die Staatsangehörigkeit an, nicht an den Wohnsitz (Ausnahmen gelten bei Flüchtlingen und Staatenlosen).
Die weitgehende Aufhebung des staatlichen Territorialitätsprinzips zugunsten der in Art.2 EG-VO 1408/71 genannten Personen wird durch den Gleichbehandlungsgrundsatz in Art.3 EG-VO 1408/71 erzwungen, der von der "Wohnung" im Gesamtgebiet aller Mitgliedstaaten ausgeht: "Die Personen, die im Gebiet eines Mitgliedstaates wohnen und für die diese Verordnung gilt, haben die gleichen Rechte und Pflichten aufgrund der Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaates wie die Staatsangehörigen dieses Staates, soweit besondere Bestimmungen dieser Verordnung nichts anderes vorsehen." Durch den solchermaßen definierten Gleichbehandlungsgrundsatz wird bereits weitgehend die "Gebietsgleichstellung" hergestellt. Ergänzend und teilweise erweiternd bestimmt hierzu Art.10 Abs.1 EG-VO 1408/71: "Die Geldleistungen bei Invalidität, Alter oder für die Hinterbliebenen ..., auf die nach den Rechtsvorschriften eines oder mehrerer Mitgliedstaaten Anspruch erworben worden ist, dürfen, sofern in dieser Verordnung nichts anderes bestimmt ist, nicht deshalb gekürzt, geändert, zum Ruhen gebracht, entzogen oder beschlagnahmt werden, weil der Berechtigte im Gebiet eines anderen Mitgliedstaates als des Staates wohnt, in dessen Gebiet der zur Zahlung verpflichtete Träger seinen Sitz hat".
Durch die grundsätzliche Aufhebung der so genannten Wohnortklauseln (z.B. Rentenzuschlag nur bei einer bestimmten Mindest-Wohnzeit in einem nationalem Gebiet) ist ebenfalls der Leistungsexport gewährleistet. Mithin wird, auch wenn Art.3 (Gleichbehandlung) und Art.10 (Wohnortklauseln) EG-VO 1408/71 von teilweise unterschiedlichen Voraussetzungen ausgehen, durch die genannten Vorschriften insgesamt die "Gebietsgleichstellung" herbeigeführt, und nationale Besonderheiten beim Leistungsexport ins Ausland, soweit es um Gebiete der EG-Staaten zum Europäischen Sozialrecht, Stand Juni 1999, Anm.I zu Art.10).
Soweit Art.3 und 10 EG-VO 1408/71 gelten, sind zunächst Ausnahmen hierzu unmittelbar in den Titeln I, II und III der Verordnung geregelt. Hierbei geht es vor allem darum, die durch die erweiterte Geltung nationaler Vorschriften hervorgerufenen Rechtskollisionen aufzulösen, Anspruchskonkurrenzen sinnvoll zu regeln und den alleinig oder vorrangig zuständigen Leistungsträger zu bestimmen. Weitere Ausnahmen sind im nationalen Recht zu finden, müssen aber in den Anhängen zur EG-VO 1408/71 deklariert werden. Für "Wohnortklauseln" gilt Art.89 EG-VO 1408/71 (EuGH vom 02.05. 1990 - 293/88 in Sammlung 1990 I-1623): "Die Besonderheiten bei der Anwendung der Rechtsvorschriften bestimmter Mitgliedstaaten sind im Anhang VI aufgeführt". Allerdings können in diesem Anhang nicht beliebig nationale Territorialitätsgrundsätze eingebracht werden. Eine Leistung der Sozialen Sicherheit kann dem Bürger eines Mitgliedstaates nicht allein deswegen abgesprochen werden, weil er nicht im Gebiet des Staates wohnt, in dem der zur Zahlung verpflichtete Träger seinen Sitz hat (vgl. EugH a.a.O., zum Wohnen als einziges anspruchsbegründendes bzw. anspruchsausschließendes Merkmal der Sozialversicherung). Hinzu treten müssen besondere nationale Umstände, so dass der zeitliche oder/und räumliche Bezug zur Europäischen Gemeinschaft fehlt oder weitgehend gelockert ist und damit Rechte der Staatsbürger der EG, insbesondere die größtmögliche Freizügigkeit der Arbeitnehmer, nicht (oder kaum) betroffen sein kann.
Eine solche Ausnahme, die im vorliegenden Rechtsstreit Bedeutung hat, ist im Anhang VI Teil C. Deutschland, Nr.1 zur EG-VO 1408/71 aufgeführt: "Art.10 der Verordnung berührt nicht die Rechtsvorschriften, nach denen aus Unfällen (Berufskrankheiten) und Zeiten, die außerhalb des Gebietes der Bundesrepublik Berechtigte außerhalb der Bundesrepublik Deutschland nicht oder nur unter bestimmten Voraussetzungen gezahlt werden."
Diese nationale Ausnahmeregelung ist im Hinblick auf das EG-Recht damit gerechtfertigt, dass die angeführten Versicherungszeiten vor der Gründung der EG in Gebieten zurückgelegt worden sind, die nicht zum Gebiet der BRD bei (und nach) Gründung der EG gehören.
Im Einzelnen bestimmen hierzu, soweit es den Fall der Klägerin betrifft, §§ 110 Abs.2, 113 Abs.1 SGB VI, dass Renten an Berechtigte mit gewöhnlichem Aufenthalt im Ausland nur mit der Einschränkung gezahlt werden, dass die persönlichen Entgeltpunkte (lediglich) aus den Bundesgebiets-Beitragszeiten (mit bestimmten anteiligen "Zuschlägen" für andere rentenrechtliche Zeiten als Beitragszeiten - § 114 Abs.1 SGB VI -) gezahlt werden. Bundesgebiets-Beitragszeiten sind Beitragszeiten, für die Beiträge nach Bundesrecht, damit nach dem 08.05.1945, gezahlt worden sind. Bei Berechnung von ins Ausland zu zahlenden Renten werden den Bundesgebiets-Beitragszeiten lediglich Zeiten gleichgestellt, in denen Pflichtbeiträge für eine Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit "im Inland" (d.h. im Gebiete der heutigen BRD einschließlich Berlin und der Gebiete der ehemaligen DDR) oder freiwillige Beiträge für die Zeit des gewöhnlichen Aufenthalts "im Inland" oder außerhalb des jeweiligen Geltungsbereiches der Reichsversicherungsgesetze gezahlt worden sind (§ 271 Abs.1 Satz 1 SGB VI).
Entgeltpunkte, die nicht "im Inland" erzielt worden sind, werden somit weitgehend vom Auslandstransfer ausgeschlossen, soweit nicht die Übergangsvorschrift des § 272 SGB VI ("Besonderheiten für berechtigte Deutsche") greift: "Die persönlichen Entgeltpunkte von berechtigten Deutschen, die vor dem 19.05. 1950 geboren und vor dem 19.05.1990 ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland genommen haben, werden zusätzlich ermittelt aus 1. Entgeltpunkten für Beitragszeiten nach dem Fremdrentengesetz, begrenzt auf die Höhe der Entgeltpunkte für Bundesgebiets-Beitragszeiten, ... (3) Zu den Entgeltpunkten von Berechtigten im Sinne von Abs.1, die auf die Höhe der Entgeltpunkte für Bundesgebiets-Beitragszeiten begrenzt zu berücksichtigen sind, gehören auch Reichsgebiets-Beitragszeiten ..." (§ 272 Abs.1 Nr.1 und Abs.3 Satz 1 SGB VI).
Die an den Stichtag 19.05.1990 anknüpfende Übergangsregelung des § 272 SGB VI ist im Falle der Klägerin, die erst im Dezember 1995 nach Österreich verzogen ist, nicht anwendbar. Damit würde ihr Rentenanspruch nach staatlichem (deutschem) Recht, gedeckt durch eine Ausnahmeregelung in der EG-Verordnung, entgegen den Grundsätzen des europäischen Rechts über die Freizügigkeit der Arbeitnehmer (und in der Konsequenz auch für deren Hinterbliebene) und über die "Gebietsgleichstellung" (vorliegend Art.10 und nicht Art.3 EG-VO 1408/71) erheblich eingeschränkt werden, wenn nicht besondere abkommensrechtliche Regelungen zwischen der BRD und der Republik Österreich etwas anderes zu ihren Gunsten vorsehen.
Gemäß Art.6 Buchst.a EG-VO 1408/71 treten die Vorschriften dieser Verordnung an die Stelle zwischenstaatlicher Abkommen, d.h. die Abkommensbestimmungen werden kraft EG-Rechts bei Gründung der EG oder späterem Beitritt eines Staates zur EG aufgehoben, es sei denn, Art.7, 8 und 46 Abs.4 EG-VO 1408/71 bestimmten etwas anderes. Nach Art.7 Abs.2 Buchst.c EG-VO 1408/71 bleiben die im Anhang III aufgeführten Bestimmungen über Soziale Sicherheit weiterhin anwendbar, d.h. in Kraft.
Im Anhang III Teil A Nr.35. Deutschland-Österreich Buchst.e (zu Art.7 Abs.2 Buchst.c sowie gleichlautend im Anhang III Teil B Nr.35. Deutschland-Österreich Buchst.e zu Art.3 Abs.3 EG-VO 1408/71) ist entsprechend Art.14 Abs.2 Buchst.b DÖSVA n.F. bestimmt worden, dass Art.4 Abs.1 des DÖSVA weiterhin Geltung hat "in Bezug auf die deutschen Rechtsvorschriften, nach denen ... Zeiten, die außerhalb dieses Hoheitsgebietes (Anm.: der BRD) zurückgelegt werden, keinen Anspruch auf Leistungen begründen, bzw. einen solchen Anspruch nur unter bestimmten Bedingungen begründen, wenn die Berechtigten ihren Wohnsitz außerhalb des Hoheitsgebietes der Bundesrepublik Deutschland haben, und zwar in den Fällen, in denen: i) die Leistungen am 1. Januar 1994 bereits erbracht werden oder erbracht werden können, ii) die betreffende Person vor dem 1. Januar 1994 ihren gewöhn lichen Aufenthalt in Österreich genommen hat und die Leis tung aus der Rentenversicherung bis zum 31. Dezember 1994 beginnt; dies gilt auch für die Zeiten eines weiteren Ren tenbezugs einschließlich einer die erste Rente ersetzenden Hinterbliebenenrente, wenn sich Rentenbezugszeiten ununter brochen aneinander anschließen." Mit anderen Worten besagt diese Regelung für den Export von Rentenleistungen aus Deutschland nach Österreich, dass die Gebietsgleichstellung (Art.4 Abs.1 DÖSVA a.F.) aufrecht erhalten bleibt bzw. die deutschen Bestimmungen über die eingeschränkte Zahlung von Renten ins Ausland keine Anwendung finden, wenn der Fall i) oder der Fall ii) zutrifft. Die Ziffern i) und ii) werden in der EG-VO (und im DÖSVA n.F.) als Bezeichnungen für "Unterabsätze" verwendet (vgl. Art.1 Buchst.a, Ziffer i), Ziffer ii), Ziffer iii), Ziffer iv) EG-VO 1408/71), stehen also in der Bedeutung den Ziffern oder Nummern in den deutschen Gesetzesvorschriften gleich.
Die Ziffern i) und ii) (a.a.O.) beinhalten zwei mögliche Fallgestaltungen. Nach dem Wortlaut beider Bestimmungen ist der Stichtag 01.01.1994 (Beginn der Mitgliedschaft Österreichs in der EG) maßgebend, bei der ersten Alternative aber nur hinsichtlich der Leistungsvoraussetzungen (werden Leistungen bereits erbracht oder können diese erbracht werden), bei der zweiten Alternative hingegen hinsichtlich der Begründung eines Wohnsitzes oder des gewöhnlichen Aufenthalts in Österreich (vor dem 01.01.1994), wenn die Rentenleistung bis zum 31.12.1994 beginnt. Ziffer ii) (a.a.O.) stellt typischerweise eine Übergangsregelung für alsbald nach Beitritt Österreichs beginnende Rentenleistungen dar (Vertrauensschutz hinsichtlich eines binnen eines Jahres nach EG-Beitritt realisierbaren Anwartschaftsrechts, das noch nicht zum Anspruch erstarkt ist). Ziffer i) (a.a.O.) gilt dann, wenn vor dem 01.01.1994 die "leistungsrechtlichen Voraussetzungen" bzw. die "Anspruchsvoraussetzungen für die Rentenleistungen" (vgl. die Begriffe z.B. in § 99 Abs.1 Satz 1 SGB VI und in Art.38 Abs.2 Satz 2, Abs.3 Satz 3 EG-VO 1408/71) vorliegen und Rente gezahlt wird oder gezahlt werden könnte, d.h., wenn der Versicherungsfall bzw. Leistungsfall vor dem 01.01.1994 liegt und das Einsetzen der Leistungen spätestens am 31.12.1993 möglich gewesen wäre. Darunter fallen mit Sicherheit auch die vor dem 01.01.1994 beantragten und möglichen Leistungen, die - mit Verzögerung durch Verwaltungs- und Gerichtsverfahren - rückwirkend erbracht werden, weiterhin wohl auch Leistungen, die verspätet beantragt worden sind, aber bei rechtzeitigem Antrag zum oder mit Ablauf des 31.12.1993 erbracht werden hätten können. Für Letzteres spricht, dass in der EG-VO 1408/71 allgemeinhin zwischen dem Leistungsanspruch im Sinne des Erfüllens der Anspruchsvoraussetzungen und zwischen dem Antrag auf diese Leistungen, der nicht zu den Anspruchsvoraussetzungen zählt, unterschieden wird. Diese Auslegung - die im Übrigen auch in der RVO und im SGB VI gilt - ist heranzuziehen, wenn es um Vorschriften der EG-VO 1408/71 und die hierauf abzustimmenden Erklärungen eines Mitgliedstaates zu Ausnahmefällen in Anhängen zu dieser Verordnung geht.
Wie bereits das Sozialgericht dargelegt hat, ist nach dem Wortlaut der Ziffer i) - im Gegensatz zum Wortlaut der Ziffer ii) (a.a.O.) - das Erfordernis des Wohnsitzes in Österreich zum 01.01.1994 nicht enthalten. Dieses Erfordernis ist auch nicht in das DÖSVA n.F. in anderer Weise aufgenommen worden, z.B. dass im Falle der Ziffer i) ein Besitz- oder Bestandsschutz nur dann gilt, wenn es bereits bis zum 31.12.1993 bei Anwendung der deutschen Vorschriften über Auslandszahlungen zu Leistungen gekommen ist. Dies hätte aber im DÖSVA n.F. und im Anhang III der EG-VO 1408/71 besonders Erwähnung finden müssen, da die Begriffe in den Ziffern i) und ii) (a.a.O.) an die Anspruchsvoraussetzungen und den Leistungsbeginn anknüpfen, nicht hingegen an außerhalb dieser materiell-rechtlichen Tatbestände liegende Umstände wie Zahlungsvorschriften. Geschützt ist deswegen in den vor dem 01.01.1994 eingetretenen Altfällen der einmal erworbene Anspruch aus den außerhalb des Bundesgebiets zurückgelegten Beitragszeiten, und zwar unabhängig vom Wohnsitz des Rentenberechtigten in Deutschland oder in Österreich vor und nach dem 01.01.1994; dem Bürger bleibt die durch das ältere zwischenstaatliche Abkommen geschützte Rechtsposition einschließlich der Option des Wohnortswechsels erhalten. Nur so lassen sich Art.4 Abs.1 DÖSVA a.F., die zwischenstaatliche Vereinbarung über die Weitergeltung dieser Vorschrift und die Erklärung der BRD zum Anhang III der EG-VO 1408/71 sinngemäß und ohne Bruchlinien in Einklang bringen. Zu berücksichtigen ist der übergeordnete Gedanke der Freizügigkeit der Arbeitnehmer und ihrer Hinterbliebenen, wie er im EG-Bereich generell besteht, bereits im zwischenstaatlichen Bereich Deutschland-Österreich bestanden hat und nach dem 01.01.1994 für Altfälle weitergelten soll. Wenn die Beklagte die Ansicht vertreten sollte, der Wortlaut der Ziffer i) sei unvollständig oder extensiv zu Lasten der Bürger auszulegen, so muss dem entgegengehalten werden, dass der Wortlaut, wie ihn der Senat versteht, mit einem sinnvollen Regelungsgehalt auf zwischenstaatlicher und überstaatlicher Ebene übereinstimmt. Im Übrigen sind Ausnahmebestimmungen (Ziffern i) und ii) mit den dazugehörigen nationalen Erklärungen) sowohl nach deutschem Recht als auch nach dem EG-Recht nicht extensiv zu interpretieren; den Vorrang genießt der Grundsatz der Freizügigkeit und (im Zweifelsfalle) das Gebot des geringstmöglichen Eingriffs in eine einmal eingeräumte Rechtsposition. Ebenso muss im zwischenstaatlichen Vertragsrecht davon ausgegangen werden, dass derjenige, der - wie die BRD - eine Änderung des bisherigen Zustands zu Lasten des Vertragspartners wünscht, auf eine eindeutige Formulierung hinzuwirken hat. Im Zweifelsfalle ist die Änderung, die dem Interesse des Partners nicht entspricht, eben als weniger einschneidend auszulegen. In diesem Zusammenhang ist auf die von der Beklagten übersandten Protokolle zu den Vertragsverhandlungen hinzuweisen; hieraus ist deutlich ersichtlich, dass die Vertreter Österreichs, da auch österreichische Staatsangehörige mit Fremdrentenzeiten durch Änderung des Abkommens betroffen sind und zudem Österreich in bestimmten Fällen Fremdrentenzeiten bei ihren eigenen Zahlungen berücksichtigt hatte, eine weitestgehende Aufrechterhaltung der bisherigen Gebietsgleichstellung erreichen wollten.
Der Senat stimmt den Ausführungen im erstinstanzlichen Urteil auch insoweit zu, als die Auffassung der Beklagten zu nicht sinnvollen Ergebnissen führen würde. So könnte der (deutsche oder österreichische) Staatsangehörige, der am 01.10.1993 nach Österreich verzieht und dessen Rente am 01.10.1994 beginnt, Rente aus Fremdrentenzeiten beziehen, nicht hingegen derjenige, der seit Jahren vor dem 01.01.1994 die Rente erhält und seinen Wohnsitz am 01.02.1994 nach Österreich verlegt. Gegen dieses merkwürdige Ergebnis sprechen nach Überzeugung des Senats auch rechtsdogmatische Gründe. Derjenige, der noch keinen Rentenanspruch hat, also nur eine Rentenanwartschaft einschließlich der Aussicht, dass er künftig bei Gebietsgleichstellung Rente aus Fremdrentenzeiten beziehen könnte, wird nach Auffassung der Beklagten stärker geschützt als derjenige, der seinen Rentenanspruch aus den genannten Beitragszeiten seit Jahren realisiert hat. Der Vertrauensschutz in Ziffer ii) (a.a.O.) im Hinblick auf künftige Rente würde also höherwertig eingestuft werden als der auf eine bereits erreichte Rechtsposition gegründete Bestandsschutz.
Richtig ist aber die umgekehrte Gewichtung. Beim Bestandsschutz in den Altfällen (Ziffer i) ist eine zusätzliche Bedingung, dass der Berechtigte vor dem 01.01.1994 nach Österreich verzogen ist, nicht angebracht; dem Berechtigten, der bereits Rente nach altem Rechtsstand (mit der Möglichkeit des jederzeitigen Wohnsitzwechsels) bezieht, soll die einmal bestehende Rechtsposition in vollem Umfange erhalten bleiben. Insoweit war ja auch die Weitergeltung des Art.4 Abs.1 DÖSVA a.F. beabsichtigt. Weniger schützenswert ist derjenige, dessen Versicherungsfall und Rentenbeginn nach dem 31.12.1993 (bis 31.12.1994) liegt. Nach Änderung der Rechtslage zum 01.01.1994 ist sogar eine Stichtagsregelung für den Wohnortwechsel zweckmäßig, damit der Vertrauensschutz nicht missbraucht wird, d.h. damit nicht der Bürger in der (zu unterstellenden) Kenntnis der neuen Rechtslage den Wohnort nach Rechtsänderung, aber vor Rentenbezug wechselt, um sich die ihm bisher noch nicht zugute kommenden Vorteile nach altem Recht für den künftigen Rentenbezug zu sichern.
Bei dieser Auslegung erscheint die Zweiteilung in Ziffer i) (a.a.O.) mit Bestandsschutz (Besitz- und Vertrauensschutz bei Altfällen) und mit Ziffer ii) (eingeschränkter Vertrauensschutz für Neufälle) folgerichtig und konsequent. Hätte man den Stichtag 01.01.1994 für den Wohnortwechsel gleichermaßen für die Fälle i) und ii) einführen wollen, wäre eine Differenzierung in zwei Fallgruppen unnötig gewesen; dann hätte die Regelung genügt, dass bei Wohnsitznahme in Österreich bis zum 01.01.1994 und bei Leistungsbeginn bis zum 31.12.1994 Rente aus den Fremdrentenzeiten gewährt wird.
Wenn die Beklagte dahingehend argumentiert, dass bei Änderung des Sozialversicherungsabkommens beabsichtigt gewesen sei, eine Regelung ähnlich der in § 272 SGB VI zu schaffen, so kann dies richtig sein; diese anfängliche Absicht ist aber bei Ende der Vertragsverhandlungen mit Österreich nicht realisiert worden, vielmehr einigten sich die Vertragspartner auf ein anderes Ergebnis, das mit § 272 Abs.1 Satz 1 SGB VI wenig gemein hat. Die genannte Vorschrift des SGB VI geht davon aus, dass bei Auslandszahlungen die vor dem 19.05.1950 geborenen Versicherten privelegiert werden sollen, wenn sie vor dem 19.05.1990 ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland genommen haben; der Vertrauensschutz wird hier allein durch die Wohnsitzverlegung vor dem festgelegten Stichtag begründet, unabhängig davon, ob vor oder nach dem Stichtag die Leistungsvoraussetzungen erfüllt werden und ob vor oder nach dem Stichtag Zahlungen erbracht worden sind oder erbracht werden können. Damit besteht auch nicht annähernd die von der Beklagten angenommene Ähnlichkeit mit der Regelung in Ziffer i), die auf die Erfüllung aller für eine Rentengewährung erforderlichen materiell-rechtlichen Leistungsvoraussetzungen bei In-Kraft-Treten der Regelung abstellt, sondern allenfalls eine Ähnlichkeit mit Ziffer ii), wenn dort weggedacht wird, dass der Leistungsbeginn binnen eines Jahres nach dem Stichtag liegen muss.
Im Übrigen ist anzuführen, dass auch in den deutschen Gesetzen eine klare und ausdrückliche Regelung getroffen werden muss, wenn Leistungen oder sonstige Rechtsvorteile von dem Aufenthalt in einem bestimmten Gebiet 1.) bei In-Kraft-Treten von Bestimmungen oder 2.) zu einem vom In-Kraft-Treten abweichenden Stichtag abhängig gemacht werden (vgl. neben § 272 SGB VI auch § 5 WGSVG, § 1 Buchst.c Fremdrentengesetz und §§ 1 - 3 Bundesvertriebenengesetz).
Wenn Ziffer i) (a.a.O.) keinen besonderen Stichtag enthält und nicht Bezug auf den Aufenthalt in einem bestimmten Gebiet nimmt, so kann dies nur damit erklärt werden, dass diese Regelung mit dem Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Gesamtregelung (01.01.1994) in Kraft tritt. Soll hingegen zum Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens ("zeitlicher Geltungsbereich") zugleich eine Beschränkung des sachlichen Geltungsbereiches des Rechts erfolgen, muss dies eben gesondert vorgesehen werden.
Für die Meinung des Senats und gegen die der Beklagten sprechen im Übrigen auch die Protokolle der Vertragsverhandlungen. Die von der BRD angestrebte Geltung der deutschen Auslandszahlungsvorschriften konnte nicht verwirklicht werden (zu den anfänglichen Vorschlägen der BRD vgl. Protokoll vom 04.12.1987). Nach weiteren Verhandlungen über mehr oder minder weit reichende Besitzschutz- und Vertrauensschutzregelungen wurde im März 1991 der Wortlaut des Art.14 DÖSVA n.F. entsprechend der Erklärung im Anhang III zur EG-VO 1408/71 vorläufig formuliert (vgl. Beilage 2 zur Niederschrift vom 01.03.1991). Hierbei ist in der Niederschrift vom 01.03.1991 erklärt worden, wie die Regelung aus deutscher Sicht zu verstehen ist. Der "deutsche Vorschlag", dem die österreichische Regierung zugestimmt hat, lautete, dass Art.4 des DÖSVA a.F. nur mehr eingeschränkt gilt, und zwar in Bezug auf "a) zum Zeitpunkt des Wirksamwerdens des EWR-Vertrages bereits eingetretene Versicherungsfälle sowie b) hinsichtlich von Personen, - die bis zum 18.05.1990 ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Österreich genommen haben und - hinsichtlich Renten, wenn diese vor dem 01.07.1995 begin nen." Bei dieser authentischen Erläuterung der einvernehmlich festgelegten Abkommensbestimmungen (später sind nur mehr die Stichtage in der Alternative b geändert worden) ist deutlich erkennbar, dass der Fall a) entsprechend der Ziffer i) (a.a.O.) nicht davon abhängig sein sollte, ob "zum Zeitpunkt des Wirksamwerdens des EWR-Vertrages" der Berechtigte in Deutschland oder in Österreich wohnt, bzw. ob die Rente bereits aufgrund der bisherigen zwischenstaatlichen Gebietsgleichstellung - bei Nichtanwendung restriktiver Auslandsrenten-Zahlungsbestimmungen - nach Österreich exportiert worden ist.
Nach der Überzeugung des Senats ist auch die Argumentation der Beklagten unzutreffend, dass die vom Sozialgericht und auch vom Senat vertretene Auffassung dem Ziel des EG-Verordnungsgebers zuwiderlaufe, das Gemeinschaftsrecht im Verhältnis zu Österreich sofort und nahezu einschränkungslos zum Tragen zu bringen, und dass der EG-Verordnungsgeber offenbar für die Rentenbezieher, die nach dem 01.01.1994 nach Österreich verzogen seien, ein Schutzbedürfnis aus dem zwischenzeitlich durch die EG-VO Nr.1408/71 abgelösten DÖSVA a.F. nicht erkennen konnte. Die Auffassung der Beklagten berücksichtigt nicht, dass die Vorschriften der EG-VO 1408/71 (insbesondere die hier maßgeblichen Art.2 bis 4 und 10 der Verordnung) vom EG-Verordnungsgeber erlassen worden sind, nicht dagegen die Erklärungen, die Staaten zum Anhang III und VI der Verordnung geben. Diese Erklärungen werden vom Verordnungsgeber weder geprüft oder erlassen, noch sind sie aus sonstigen Gründen in den Rang von Gemeinschaftsrecht zu erheben. Es handelt sich dabei schlichtweg um deklarierte nationale Vorbehalte und Sonderregelungen, die zur Kenntnis genommen werden (müssen) und bei einem konkreten späteren Anlass auf ihre Vereinbarkeit mit dem Gemeinschaftsrecht überprüft werden können, und zwar insbesondere im Hinblick darauf, ob es sich hierbei um gerechtfertigte nationale Ausnahmefälle handelt, die nach dem Gemeinschaftsrecht 1.) "formell" zugelassen sind und 2.) ihm auch nicht inhaltlich widersprechen.
Was der EG-Verordnungsgeber angestrebt hat und anstrebt, ist eine möglichst weitgehende Verwirklichung der Gleichberechtigung aller Arbeitnehmer (und Hinterbliebenen), unabhängig vom jetzigen Wohnort und auch unabhängig vom früheren Wohnort, an den soziale Leistungen anknüpfen können. Ausnahmen werden in eingeschränktem Umfange "geduldet". Die deutsche Erklärung im Anhang VI Teil C. Deutschland Ziffer 1 (Geltung der Auslandsrentenvorschriften in Bezug auf alle Mitgliedstaaten der EG) stellt nicht den vom EG-Verordnungsgeber gewollten Grundfall dar, wie die Beklagte vorgetragen hat, sondern den nur auf nationaler Ebene gewünschten Ausnahmefall. Wird dieser Ausnahmefall durch besondere zwischenstaatliche Vereinbarungen abgemildert, wie es beim DÖSVA n.F. und mit der Erklärung zum Anhang III zur EG-VO 1408/71 geschehen ist, so nähert sich der Rechtstatus der hierdurch Begünstigten dem vom EG-Verordnungsgeber gewollten Grundfall an. Soweit Personen durch die zwischenstaatlichen Vereinbarungen im Anhang III nicht begünstigt werden, gilt eben weiterhin Anhang VI, d.h. der Ausnahmefall.
Die Beklagte kann daher ihre Rechtsauffassung weder auf den Willen des EG-Verordnungsgebers stützen noch mit der von ihr verkehrt gesehenen Relation "Grundsatz-Ausnahme" begründen. Ebenso wenig ist es möglich, aus dem nach EG-Recht geltenden Gleichbehandlungsgrundsatz zu schließen, es liege nicht im Sinne des Verordnungsgebers, wenn (deutsche und österreichische) Rentenberechtigte durch ein zwischenstaatliches Abkommen begünstigt würden und so gegenüber anderen EG-Bürgern privilegiert seien, die mit ihren (deutschen) Renten unter die Einschränkungen der Auslandszahlungsvorschriften fielen. Der EG-Verordnungsgeber hat vielmehr vom Grundsatz her gleiche Rechte für alle Bürger vorgesehen, von dem die BRD durch ihre Erklärung im Anhang VI zur EG-VO 1408/71 abgewichen ist. Wird nun die Gleichheit im Verhältnis Österreich-Deutschland par- tiell durch neue Abkommen (Anhang III) hergestellt, will der EG-Verordnungsgeber vielmehr die für (österreichische und deutsche) in Österreich wohnenden Bezieher deutscher Renten geltenden Vorteile, d.h. die von der BRD im zwischenstaatlichen Bereich gewährten Privilegien, auf die Staatsangehörigen aller EG-Staaten erstrecken. Dieses Verständnis des europäischen Gleichheitsgrundsatzes ist in Art.3 Abs.3 EG-VO 1408/71 normiert: "Der Geltungsbereich der Abkommen über soziale Sicherheit, die aufgrund von Art.3 Abs.2 Buchst.c weiterhin anwendbar sind, sowie der Abkommen, die aufgrund von Art.8 Abs.1 abgeschlossen werden, wird auf alle von dieser Verordnung erfassten Personen erstreckt, soweit Anhang III nichts anderes bestimmt." Gerade wegen dieser Vorschrift war es notwendig, dass die neuen deutsch-österreichischen Vereinbarungen nicht nur als Ausnahmen zu Art.10 und Art.6 (in Verbindung mit Art.7 Abs.2 Buchst.c) EG-VO 1408/71 im Anhang III Teil A deklariert worden sind, sondern gleichlautend auch als Ausnahme zu Art.3 Abs.1 EG-VO im Anhang III Teil B. Mithin war die auf zwischenstaatlicher Ebene geltende und ins EG-Recht getragene Ungleichbehandlung (in einem Ausnahmefall) nicht vom EG-Verordnungsgeber gewünscht. Dessen Ziel ist - bei nationalen Sonderheiten - auf die gleichmäßige Geltung der für Bürger einzelner Staaten geltender Privilegien gerichtet, d.h. auf eine Gleichheit der Staatsbürger aller EG-Staaten in einem Maximum an Rechten, und nicht auf das Gegenteil, dass alle Staatsbürger im Verhältnis zu zwei einzelnen Staaten benachteiligt werden (weitgehende Gleichheit bei Nachteilen, abweichend von dem in der EG-Verordnung 1408/71 vorgesehenen Standard).
Nach Überzeugung des Senats folgt das Ergebnis, dass der Klägerin die bisherige Rente auch nach Beitritt der Republik Österreich zur EG zusteht, aus der Auslegung des neuen Deutsch-Österreichischen Abkommens, und zwar sowohl isoliert gesehen als Regelungswerk auf zwischenstaatlicher Ebene als auch als staatliche Besonderheiten, die im allumfassenden EG-Bereich zwar ausnahmsweise erlaubt sind, aber im Kontext zu Art.2 ff. und Art.10 EG-VO 1408/71 stehen und nicht - ohne hinreichende Anhaltspunkte - extensiv entgegen den elementaren Grundsätzen des europäischen Gemeischaftsrechts ausgelegt werden dürfen.
Nicht mehr von Bedeutung war daher die Frage, ob die Erklärungen der BRD zum Anhang VI der EG-VO 1408/71 und/oder die deutsch-österrreichischen Vereinbarungen im Anhang III dieser Verordnung gegen Art.2 ff. und 10 dieser Verordnung oder gegen Art.48 und 51 des EG-Vertrags verstoßen (vgl. die hierzu nicht eindeutige Rechtsprechung des EuGH in den Sachen Rönfeldt und Thevenon , beide im SozR 3-6030 Art.48 Nrn.3 und 9).
Daher war die Berufung der Beklagten zurückzuweisen und deren Bescheid vom 20.10.1997, der Gegenstand des Berufungsverfahrens geworden ist (§§ 96 Abs.1, 153 Abs.1 SGG), aufzuheben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Berufung wurde wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen (§ 160 Abs.2 Nr.1 SGG).
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