S 2 KR 242/11

Land
Hessen
Sozialgericht
SG Wiesbaden (HES)
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Wiesbaden (HES)
Aktenzeichen
S 2 KR 242/11
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 8 KR 88/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 3 KR 10/16 R
Datum
Kategorie
Urteil
1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Befreiung von Preisabschlägen nach § 130a Abs. Abs. 1, 1a und Abs. 3a Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V).

Mit Schreiben vom 5. August 2010 bestätigte das Bundesministerium für Gesundheit der Klägerin den Eingang des Antrages vom 3. August 2010 auf Ausnahme von erhöhten Herstellerrabatten. Die Klägerin ist als Parallel-Importeur von patentgeschützten Arzneimitteln tätig. Sie ist in Form einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung organisiert. Ihr einziger Geschäftsführer, Dr. Q. QQ., ist Alleingesellschafter der Klägerin. Mit Schreiben vom 14. Oktober 2010 wies das Bundesministerium für Gesundheit die Klägerin darauf hin, dass die Aufgaben nach § 130a Abs. 4 Satz 2 SGB V auf die Beklagte übertragen worden seien. Die Klägerin wurde gebeten, dort vollständige Antragsunterlagen einzureichen.

Dort stellte die Klägerin am 10. März 2011 (nochmals) den Antrag auf Reduktion des Herstellerrabatts nach § 130a Abs. 1a SGB V ab 1. August 2010 und auf Befreiung vom Preismoratorium nach § 130a Abs. 3a SGB V ab 1. August 2010. Dazu legte sie verschiedene Anlagen vor. Unter anderem reichte sie ein Gutachten der vereidigten Buchprüferin XX zu den Auswirkungen der Herstellerrabatte und des Preismoratorium nach § 130a SGB V vom 4. März 2011 ein. Dieses Gutachten kam zu dem Ergebnis, dass die Klägerin ohne Befreiung vom erhöhten Herstellerrabatt und ohne Befreiung vom Preismoratorium im Jahr 2011 einen Verlust von 86.207 Euro erwirtschaften wird. Außerdem prognostizierte das Gutachten, dass die Klägerin mit einer Befreiung vom erhöhten Herstellerrabatt und ohne Befreiung vom erhöhten Preismoratorium im Jahr 2011 eine Verlust von 53.003 Euro erreichen wird und wies darauf hin, dass mit einer Absenkung des Herstellerrabatts und mit einer Befreiung vom Preismoratorium im Jahr 2011 ein Gewinn von 24.080 Euro zu erwarten sei.

Mit Schreiben vom 16. März 2011 stellte die Beklagte bei der Klägerin Nachfragen zu dem von ihr gestellten Antrag. Sie wollte wissen, ob weitere Löhne außer dem Geschäftsführergehalt gezahlt würden und ob ohne eine Erhöhung des Geschäftsführergehalts im Jahr 2010 ein positives Ergebnis erzielt worden wäre. Außerdem fragte die Beklagte nach, warum dem Alleingesellschafter im Jahr 2010 Darlehen zurückgezahlt worden seien und ob der Alleingesellschafter der Klägerin weitere Darlehen gewähren könne. Die Klägerin antwortete, dass außer dem Geschäftsführergehalt keine weiteren Löhne gezahlt würden. Die Erhöhung des Geschäftsführergehalts beruhe auf der positiven Geschäftsentwicklung der Klägerin. Ohne einen Anstieg des Geschäftsführergehalts wäre im Jahr 2010 ein positives Ergebnis in Höhe von 39.799 Euro erzielt worden und bei Zugrundelegung eines fiktiven Gehaltes von 100.000 Euro hätte das Jahresergebnis im Jahr 2010 73.644 Euro betragen. Mit diesem Schreiben legte die Klägerin auch drei Kreditverträge vor und wies darauf hin, dass weitere Kredite in Höhe von 45.000 Euro im Jahr 2011und 2012 fällig würden und der Alleingesellschafter keine weiteren Kredite an die Klägerin gewähren könne. Später legte die Klägerin der Beklagten Unterlagen zur aktuellen finanziellen Lage der Klägerin vor und wies auf die Reduzierung des Geschäftsführergehaltes im März 2011 hin.

Mit Bescheid vom 14. April 2011 lehnte die Beklagte die Reduzierung des Herstellerrabatts nach § 130a Abs. 1a SGB V und die Befreiung vom Preismoratorium nach § 130a Abs. 3a SGB V ab und begründete dies damit, dass der Saldo für Januar und Februar 2011 insgesamt positiv sei und dass das Geschäftsführergehalt verbunden mit einer Anpassung der wöchentlichen Arbeitszeit von 8 auf 4 Stunden erst im März 2011 reduziert worden sei. Ein Kausalzusammenhang zwischen finanzieller Lage der Klägerin und den Rabatten und dem Preismoratorium sei deshalb nicht in ausreichendem Maße nachgewiesen. Bei Nichterhöhung des Geschäftsführergehaltes wäre vielmehr im Jahr 2010 ein positives Ergebnis möglich gewesen.

Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin mit Schreiben vom 26. April 2011 Widerspruch ein und verwies dabei auf das eingereichte Gutachten, nach dem bei einer Absenkung des Herstellerrabatts ein positives Ergebnis erzielt würde, während ohne Befreiung oder nur durch Befreiung vom Preismoratorium ein Verlust eintreten würde. Die wirtschaftliche Lage der Klägerin sei durch die Rabatte und das Preismoratorium so schlecht, dass nicht über die Höhe des Geschäftsführergehaltes diskutiert werden müsse. Im Übrigen sei die Klägerin kein Hersteller, sondern lediglich ein Händler von Medikamenten. Mit Schreiben vom 24. Mai 2011 legte die Klägerin der Beklagten verschiedene Unterlagen u.a. zur Änderung des Geschäftsführergehaltes vor. Darauf hin nahm die Beklagte mit Teilabhilfebescheid vom 10. Juni 2011 eine vorläufige Reduzierung des Herstellerrabatts von 16 Prozent auf 6 Prozent für die Zeit vom 1. März 2011 bis 30. April 2012 vor.

Mit Widerspruchsbescheid vom 20. Juli 2011 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin hinsichtlich des Zeitraums vom 1. August 2010 bis 28. Februar 2011 und hinsichtlich der Befreiung vom Preismoratorium als unbegründet zurück. Zur Begründung führte sie an, dass der Verlust im Jahr 2010 durch die Überschüsse in den Monaten Januar und Februar 2011 ausgeglichen werde und der Verlust im Jahr 2010 im Übrigen auf der Erhöhung des Geschäftsführergehaltes beruhe.

Dagegen richtet sich die am 22. August 2011 erhobene Klage. Mit der Klage hat die Klägerin die Aufhebung des Bescheides vom 14. April 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. Juli 2011 und eine Verurteilung zur Neubescheidung begehrt. Gleichzeitig hat die Klägerin beim Sozialgericht Wiesbaden einen Antrag auf einstweiligen Rechtschutz gestellt (S 2 KR 241/11 ER).

Mit Schriftsatz vom 6. Dezember 2011 hat die Klägerin die Klage um die Verpflichtung der Beklagen zur Befreiung vom Abschlag nach § 130a Abs. 1 SGB V rückwirkend ab 1. Januar 2011 erweitert und darauf hingewiesen, dass der Klageantrag vom 19. August 2011 daneben unverändert bestehen bleibe. Dazu hat die Klägerin angeführt, dass sie bei der Beklagten am 15. November 2011 einen neuen Antrag auf rückwirkende Befreiung vom Rabatt nach § 130a Abs. 1 SGB V ab 1. Januar 2011 gestellt habe. Das Preismoratorium sei bei der Erstellung des Gutachtens der vereidigten Buchprüferin nicht berücksichtigt worden, da dieser Preisabschlag vom 1. August 2010 bis Juli 2011 nicht vollzogen worden sei.

Im Laufe des Verfahrens hat die Klägerin betriebswirtschaftliche Kurzberichte für die Zeit von Januar bis Oktober 2011 vorgelegt. Diese weisen für Januar 2011 einen Gewinn von ca. 42.000 Euro und für Februar 2011 einen Verlust von ca. 23.000 Euro aus. Zusammengefasst ergibt sich aus diesen Berichten für die Zeit von Januar bis Oktober 2011 insgesamt ein Verlust in Höhe von 54.720 Euro. Eine Entscheidung der Beklagten über die von der Klägerin am 15. November 2011 beantragte Befreiung von den Preisabschlagspflichten nach § 130a Abs. 1 SGB V ist von dem Beklagten bis zum Abschluss der mündlichen Verhandlung nicht getroffen worden.

Die Klägerin ist der Auffassung, dass die von dem Beklagten durch den Teilabhilfebescheid vom 10. Juni 2011 erfolgte Befreiung von Preisabschlägen nicht ausreichend sei, um die wirtschaftliche Existenz der Klägerin zu sichern und sie deshalb einen Anspruch auf eine weitergehende Befreiung habe. Die Einbeziehung der vorläufigen Geschäftszahlen für Januar und Februar 2011 zum Ausgleich des negativen Geschäftsergebnisses des Jahres 2010 sei willkürlich. Bis August 2010 sei trotz des erhöhten Geschäftsführergehaltes ein positives Ergebnis erzielt. Daher sei der Verlust auf die Rabatte zurückzuführen. Durch die Rabatte seien der Klägerin in der Zeit vom 1. August 2010 bis 28. Februar 2011 Liquidität in Höhe von 56,989 Euro entzogen worden. Außerdem habe der Beklagte die vorgesehene 90-Tagesfrist zur Entscheidung nicht eingehalten. Daher gelte die Preiserhöhung als genehmigt. Im Übrigen verstießen die gesetzlichen Regelungen über das Preismoratorium nach § 130a Abs. 3a SGB V gegen die maßgebliche europäische Richtlinie und stellten einen Verstoß gegen das Verbot rückwirkender Sanktionen dar.

Die Klägerin beantragt,
den Beklagten unter Abänderung seines Bescheides vom 14. April 2011 in der Fassung des Bescheides vom 10. Juni 2011 in der Gestalt des Widerspruchbescheides vom 20. Juli 2011 zu verurteilen, sie für den Zeitraum für vom 1. August 2010 bis 28. Februar 2011 von den Preisabschlagspflichten nach § 130a Abs. 1a SGB V und für den Zeitraum vom 1. August 2010 bis 31. Dezember 2011 von dem Preisabschlagspflichten nach § 130a Abs. 3a SGB V und für den Zeitraum vom 1. Januar bis 31. Dezember 2011 von den Preisabschlagspflichten nach § 130a Abs. 1 SGB V zu befreien.

Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

Der Beklagte hält seine Bescheide für zutreffend.

In der mündlichen Verhandlung am 23. Januar 2012 hat die Klägerin erklärt, dass das Originalpräparat, das sie mit ihrem Präparat ersetzt, einen Apothekenverkaufpreis in Höhe von 87,68 Euro hat und dass das von ihr vertriebene Präparat 71,91 Euro kostet und damit 15,77 Euro unter dem Verkaufspreis des Originalpräparate liege, so dass unter Berücksichtigung der Mehrwertsteuer und der Handelsspannen der Apotheken und Großhändler der Abgabepreis noch um ca. 0,50 Euro pro Packung erhöht werden könne.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten aus dem vorliegenden Verfahren und dem einstweiligen Rechtsschutzverfahren (S 2 KR 241/11 ER) und die Verwaltungsakten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist hinsichtlich der Verpflichtung, für den Zeitraum vom 1. Januar bis 31. Dezember 2011 eine Befreiung von den Preisabschlagspflichten nach § 130a Abs. 1 SGB V auszusprechen, unzulässig, weil das dafür notwendige Vorverfahren nicht vor Erhebung der Klage durchgeführt wurde. Dies ergibt sich aus einer analogen Anwendung der Regelungen des § 78 Abs. 1 und 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG) auf Klagen auf Erlass eines Verwaltungsaktes, wenn die Behörde noch keine Entscheidung über den Erlass oder die Ablehnung des Verwaltungsaktes getroffen hat. Eine solche analoge Anwendung der Regelungen des § 78 SGG ist notwendig, um sicherzustellen, dass der Zweck der Regelung des § 78 SGG, nämlich dass zunächst die Behörde in einem Verwaltungsverfahren den geltend gemachten Anspruch auf Erlass eines Verwaltungsakts prüfen soll, bevor sich das Gericht mit einem entsprechenden Anspruch befasst, erreicht werden kann.

Nach § 78 Abs. 1 Satz 1 SGG sind vor der Erhebung der Anfechtungsklage Rechtmäßigkeit und Zweckmäßigkeit des Verwaltungsakts in einem Vorverfahren nachzuprüfen. Nach § 78 Abs. 3 SGG gilt dies entsprechend für die Erhebung einer Verpflichtungsklage. Nach § 78 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGG bedarf es zwar in der Regel eines Vorverfahrens nicht, wenn der Verwaltungsakt von einer obersten Bundesbehörde, einer obersten Landesbehörde oder von dem Vorstand der Bundesagentur für Arbeit erlassen worden ist. Die Entscheidung über die Befreiung von den Preisabschlägen nach § 130a Abs. 1 SGB V ist zwar nach § 130a Abs. 4 Satz 2 SGB V vom Bundesministerium für Gesundheit, einer oberste Bundesbehörde, zutreffen. Nach § 130a Abs. 4 Satz 8 SGB V kann das Bundesministerium für Gesundheit diese Aufgabe jedoch auf eine Bundesoberbehörde übertragen. Davon hat das Bundesministerium für Gesundheit Gebrauch gemacht und die Aufgaben nach § 130a Abs. 4 Sätze 2 bis 7 SGB V auf den Beklagten übertragen, der nur eine obere Bundesbehörde ist, so dass vor einer Verpflichtungsklage auf Erteilung einer Befreiung die Durchführung eines Vorverfahrens notwendig ist. Diese Vorverfahren wurde hinsichtlich der Befreiung von den Preisabschlagspflichten nach § 130a Abs. 1 SGB V für den Zeitraum vom 1. Januar bis 31. Dezember 2011 nicht durchgeführt. Die darauf gerichtete Klage ist unzulässig.

Im Übrigen ist die Klage zulässig. Sie ist insbesondere vor dem örtlich zuständigen Sozialgericht erhoben worden. Das Sozialgericht Wiesbaden ist für die von der Klägerin erhobene Klage örtlich zuständig. Nach § 57 Abs. 5 SGG ist in Angelegenheiten nach § 130a Abs. 4 und 9 des SGB V das Sozialgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk die zur Entscheidung berufene Behörde ihren Sitz hat. Die Klägerin macht Befreiungen von den Preisnachlässen nach § 130a Abs. 1, 1a und 3a SGB V nach § 130a Abs. 4 SGB V geltend. Über diese Befreiungen entscheidet zwar nach § 130a Abs. 4 Satz 2 SGB V das Bundesministerium für Gesundheit. Nach § 130a Abs. 4 Satz 8 SGB V kann das Bundesministerium für Gesundheit diese Aufgabe auf eine Bundesoberbehörde übertragen. Davon hat das Bundesministerium für Gesundheit Gebrauch gemacht und die Aufgaben nach § 130a Abs. 4 Sätze 2 bis 7 SGB V auf den Beklagten übertragen. Da der Beklagte seinen Sitz in A-Stadt hat, das zum Bezirk des Sozialgerichts Wiesbaden gehört, ist das Sozialgericht Wiesbaden für Klagen auf eine Befreiung von Preisabschlägen des § 130a Abs. 1, 1a und 3a SGB V nach § 130a Abs. 4 SGB V örtlich zuständig.

Soweit die Klage zulässig ist, ist sie jedoch unbegründet.

Der Bescheid der Beklagten vom 14. April 2011 in der Fassung des Bescheides vom 10. Juni 2011 in der Gestalt des Widerspruchbescheides vom 20. Juli 2011, mit dem es die Beklagte abgelehnt hat die Klägerin für den Zeitraum für vom 1. August 2010 bis 28. Februar 2011 von den Preisabschlagspflichten nach § 130a Abs. 1 a SGB SGB V und für den Zeitraum vom 1. August 2010 bis 31. Dezember 2011 von dem Preisabschlagspflichten nach § 130a Abs. 3 a SGB V zu befreien, ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Klägerin hat weder für den Zeitraum für vom 1. August 2010 bis 28. Februar 2011 einen Anspruch auf Befreiung von den Preisabschlagspflichten nach § 130a Abs. 1a SGB SGB V noch für den Zeitraum vom 1. August 2010 bis 31. Dezember 2011 einen Anspruch auf Befreiung von den Preisabschlagspflichten nach § 130a Abs. 3a SGB V.

Nach § 130a Abs. 1 SGB V erhalten die Krankenkassen von den Apotheken für ab dem 1. Januar 2003 zu ihren Lasten abgegebene Arzneimittel einen Abschlag in Höhe von 6 vom Hundert des Abgabepreises des pharmazeutischen Unternehmers ohne Mehrwertsteuer. Pharmazeutische Unternehmer sind verpflichtet, den Apotheken den Abschlag zu erstatten. Soweit pharmazeutische Großhändler nach § 130a Abs. 5 SGB V bestimmt sind, sind pharmazeutische Unternehmer verpflichtet, den Abschlag den pharmazeutischen Großhändlern zu erstatten. Der Abschlag ist den Apotheken und pharmazeutischen Großhändlern innerhalb von zehn Tagen nach Geltendmachung des Anspruches zu erstatten. Nach § 130a Abs. 1a SGB V beträgt der Abschlag für verschreibungspflichtige Arzneimittel einschließlich Fertigarzneimittel in parenteralen Zubereitungen vom 1. August 2010 bis zum 31. Dezember 2013 abweichend von Absatz 1 16 Prozent. Nach § 130a Abs. 4 Satz 2 SGB V können pharmazeutische Unternehmer nach Artikel 4 der Richtlinie 89/105/EWG des Rates vom 21. Dezember 1988 betreffend die Transparenz von Maßnahmen zur Regelung der Preisfestsetzung bei Arzneimitteln für den menschlichen Gebrauch und ihre Einbeziehung in die staatlichen Krankenversicherungssysteme Anträge auf Ausnahme von den nach den Absätzen 1, 1a und 3a vorgesehenen Abschlägen stellen. Das Vorliegen eines Ausnahmefalls und der besonderen Gründe sind im Antrag hinreichend darzulegen. Nach Artikel 4 Abs. 2 der Richtlinie 89/105/EWG des Rates vom 21. Dezember 1988 kann eine Person, die Inhaber einer Genehmigung für das Inverkehrbringen eines Arzneimittels ist, in Ausnahmefällen eine Abweichung von einem Preisstopp beantragen, wenn dies durch besondere Gründe gerechtfertigt ist. Diese Gründe sind im Antrag hinreichend darzulegen. Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass eine begründete Entscheidung über jeden derartigen Antrag innerhalb von neunzig Tagen getroffen und dem Antragsteller mitgeteilt wird. Sind die Angaben zur Begründung des Antrags unzureichend, so teilen die zuständigen Behörden dem Antragsteller unverzüglich mit, welche zusätzlichen Einzelangaben erforderlich sind, und treffen ihre Entscheidung innerhalb von neunzig Tagen nach Erhalt dieser zusätzlichen Einzelangaben.

Nach diesen Regelungen hat die Klägerin keinen Anspruch auf eine Befreiung von den Preisabschlagspflichten nach § 130a Abs. 1 a SGB SGB V für den Zeitraum für vom 1. August 2010 bis 28. Februar 2011. Besondere Gründe für die Nichterhebung des Preisabschlag nach § 130a Abs. 1a SGB für diesen Zeitraum liegen nicht vor. Vielmehr weist die Beklagte in dem angefochtenen Bescheid zutreffend darauf hin, dass die Klägerin ohne die im Jahr 2009 erfolgte Erhöhung des Geschäftsführergehaltes im Jahr 2010 ein positives Geschäftsergebnis erzielt hätte. Dies wird von der Klägerin auch eingeräumt und in einem Schreiben an den Beklagten auch bestätigt. Daraus ist im Fall der Klägerin abzuleiten, dass jedenfalls keine besonderen Gründe für eine Befreiung von den Preisabschlägen vorliegen, da die finanzielle Leistungsfähigkeit des Unternehmens durch die Erhöhung der gesetzlichen Preisabschläge nach § 130a SGB V nicht gefährdet ist. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass die Klägerin eine Kapitalgesellschaft ist, deren Alleingesellschaft der Geschäftsführer der Klägerin ist. Das Geschäftsergebnis der Klägerin kann damit durch die Veränderung des Gehaltes des Geschäftsführers, der der einzige Beschäftigte der Klägerin ist, sowie durch die vom Alleingesellschafter der Gesellschaft zur Verfügung gestellten Kredite gesteuert werden kann. Davon hat der Alleingesellschafter der Klägerin in der Vergangenheit durch Veränderung des Geschäftsführergehaltes auch Gebrauch gemacht. Der Alleingesellschafter ist zwar nicht verpflichtet, das Geschäftsführergehalt beliebig zu senken, um trotz der vom Gesetzgeber eingeführten Preisabschläge ein positives Ergebnis der Klägerin sicherzustellen. Erhöht er jedoch das Geschäftsführergehalt oder behält er das erhöhte Geschäftsführergehalt trotz Veränderung des rechtlichen und wirtschaftlichen Umfeldes bei und wäre bei einer angemessenen Veränderung kein Verlust zu erwarten, liegt kein Ausnahmefall im Sinne von Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie vor. So liegt der Fall hier. Für die Zeit vom 1. August bis 31. Dezember 2010 ergibt sich diese bereits aus den vorliegen Geschäftszahlen, aus denen abzuleiten ist, dass ohne die Beibehaltung der im Jahr 2009 erfolgten Erhöhung des Geschäftsführergehaltes im Jahr 2010 ein positive Betriebsergebnis erzielt worden wäre, wie auch die Klägerin selbst eingeräumt hat. Auch für die Monate Januar und Februar 2011 liegt kein Ausnahmefall vor. Zwar unterliegt die Klägerin durch Einkäufe und Verkäufe starken Schwankungen in den Monatsergebnissen. Dennoch liegt für diese Zeiträume kein Ausnahmefall nach Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie vor, weil in diesem Zeitraum trotz des veränderten wirtschaftlichen und rechtlichen Umfeldes immer noch an dem erhöhten Geschäftsführergehalt festgehalten wurde, so dass nicht festzustellen ist, dass in dieser Zeit ein Ausnahmefall nach Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie vorliegt. Insgesamt liegen die Ausnahmevoraussetzungen für Befreiungen von den Preisabschlägen nach § 130a Abs. 1a SGB V für die geltend gemachten Zeiträume nicht vor.

Auch auf die Befreiung von den Preisabschlägen nach § 130a Abs. 3a SGB V für die Zeit vom 1. August 2010 bis 31. Dezember 2011 hat die Klägerin nach den genannten Regelungen keinen Anspruch. Hinsichtlich der Zeit vom 1. August 2010 bis August 2011 weist die Klägerin selbst darauf hin, dass entsprechende Preisabschläge von ihr nicht erhoben und gefordert wurden. Die Klägerin ist deshalb durch diese Preisabschläge nicht belastet und kann deshalb für diesen Zeitraum keine Befreiung von diesen Preisabschlägen verlangen. Im Übrigen ist sie hinsichtlich des geltend gemachten Befreiungszeitraums bis zum 31. Dezember 2011 von den Preisabschlägen nach § 130a Abs. 3a SGB V aufgrund der von ihr bis zu diesem Zeitraum vorgenommene Preisgestaltung nicht betroffen und kann aus diesem Grund keine Befreiung von diesen Preisabschlägen verlangen. Daher kommt es auch nicht darauf an, ob die Regelung des § 130a Abs. 3a SGB V mit höherrangigem Recht vereinbar ist und die Entscheidungsfristen eingehalten wurden. Von einer fiktiven Genehmigung einer Preiserhöhung kann schon deshalb nicht ausgegangen werden, weil die Klägerin von der Regelung überhaupt nicht betroffen ist.

Erhöht sich der Abgabepreis des pharmazeutischen Unternehmers ohne Mehrwertsteuer gegenüber dem Preisstand am 1. August 2009, erhalten die Krankenkassen nach § 130a Abs. 3a Satz 1 SGB V für die zu ihren Lasten abgegebenen Arzneimittel ab dem 1. August 2010 bis zum 31. Dezember 2013 einen Abschlag in Höhe des Betrages der Preiserhöhung. Allerdings gilt nach § 130a Abs. 3a Satz 5 SGB V für importierte Arzneimittel, die nach § 129 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 abgegeben werden, abweichend von Satz 1 ein Abrechnungsbetrag von höchstens dem Betrag, welcher entsprechend den Vorgaben des § 129 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 niedriger ist als der Arzneimittelabgabepreis des Bezugsarzneimittels einschließlich Mehrwertsteuer, unter Berücksichtigung von Abschlägen für das Bezugsarzneimittel aufgrund dieser Vorschrift. Nach § 129 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB V sind die Apotheken bei der Abgabe verordneter Arzneimittel an Versicherte nach Maßgabe des Rahmenvertrages nach Absatz 2 zur Abgabe von preisgünstigen importierten Arzneimitteln, deren für den Versicherten maßgeblicher Arzneimittelabgabepreis unter Berücksichtigung der Abschläge nach § 130a Absatz 1, 1a, 2, 3a und 3b mindestens 15 vom Hundert oder mindestens 15 Euro niedriger ist als der Preis des Bezugsarzneimittels, verpflichtet. Diese Regelungen bedeuten, dass die Klägerin solange nicht den Preisabschlagspflichten nach § 130a Abs. 3a SGB V unterliegt als der Preis der von ihr verkauften Importmedikamente 15% bzw. 15 Euro unter dem Apothekenverkaufspreis des Originalpräparates liegt. Dies ist jedoch nach den Angaben des Geschäftsführers der Klägerin in der mündlichen Verhandlung am 23. Januar 2012 bei der Klägerin der Fall. Der Geschäftsführer hat angegeben, dass das Originalpräparat, das die Klägerin mit ihrem Präparat ersetzt hat, einen Apothekenverkaufspreis in Höhe von 87,68 Euro hat und dass das von ihr vertriebene Präparat zum Preis von 71,91 Euro verkauft wird und damit immer noch 15,77 Euro unter dem Verkaufspreis des Originalpräparate liegt, so dass unter Berücksichtigung der Mehrwertsteuer und der Handelsspannen der Apotheken und Großhändler der Abgabepreis noch um ca. 0,50 Euro pro Packung erhöht werden könne. Damit ist die Klägerin bei dem von ihr mit ihren Abnehmern vereinbarten Verkaufspreis von dem Preisabschlag rechtlich nicht betroffen und unterliegt bei der derzeitigen Preisgestaltung nicht dem Preisabschlag des § 130a Abs. 3a SGB V. Die Klägerin kann deshalb nach § 130a Abs. 4 SGB V keine Befreiung von dem Abschlag verlangen.

Damit war die Klage insgesamt abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG in Verbindung mit § 154 Verwaltungsgerichtsordnung und berücksichtigt, dass die Klägerin mit ihrer Klage vollständig unterlegen ist.

Die Möglichkeit der Berufung gegen dieses Urteil ergibt sich aus § 143 SGG.
Rechtskraft
Aus
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