Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
16
1. Instanz
SG Köln (NRW)
Aktenzeichen
S 19 KR 48/03 ER
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 16 B 29/03 KR ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Köln vom 31. März 2003 wird zurückgewiesen. Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Die Antragstellerin (Ast.) begehrt die Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihres Rechtsmittels gegen die von der Antragsgegnerin (Ag.) durch Bescheid vom 21.02.2003 mit Wirkung vom 01.03.2003 vorgenommene Beitragserhöhung.
Die Ast. ist der Auffassung, der Bescheid sei mangels ausreichender Anhörung nichtig. Die Ag. habe sich zur Rechtmäßigkeit der Beitragserhöhung auf die Ausnahmebestimmung des Art. 7 Abs. 3 des Beitragssicherungsgesetzes (BSSichG) berufen, ohne sie, die Ast., hierauf im Rahmen der Anhörung hingewiesen zu haben. Zum anderen sei die Entscheidung nichtig, weil die dem angefochtenen Beitragsbescheid zugrundeliegende Satzung am 13.12.2002 durch das Bundesversicherungsamt genehmigt worden sei, ohne dass zu diesem Zeitpunkt die Vorschrift des Art. 7 Abs. 3 BSSichG existent gewesen sei, so dass das Bundesversicherungsamt weder die Voraussetzungen dieser Vorschrift habe prüfen können noch eine Ermächtigungsgrundlage für eine entsprechende Genehmigung vorgelegen habe, so dass letztere unwirksam sei. Zumindest sei der Beitragsbescheid rechtswidrig, weil nicht erkennbar sei, dass die Voraussetzungen des Art. 7 Abs. 3 BSSichG erfüllt gewesen seien.
Mit Beschluss vom 31.03.2003 hat das SG den Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt, weil der Ast. ein Zuwarten auf die Entscheidung in der Hauptsache zumutbar sei. Auf die Entscheidungsgründe im einzelnen wird Bezug genommen.
II.
Die hiergegen eingelegte Beschwerde, der das SG nicht abgeholfen hat, ist zulässig, aber nicht begründet. Der Antrag ist nach Erlass des Widerspruchsbescheides durch die Ag. dahin auszulegen, dass die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der von der Ast. erhobenen Klage begehrt wird.
Der Klage auf Feststellung der Nichtigkeit eines Beitragsbescheides wie auch der Anfechtungsklage gegen einen solchen kommt nach der zum 02.01.2002 in Kraft getretenen Bestimmung des § 86a Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) keine aufschiebende Wirkung zu. Nach § 86 Abs. 3 Satz 2 SGG soll die Aussetzung der Vollziehung erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotenen Härte zur Folge hätte. Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt.
Ernstliche Zweifel an der Entscheidung der Ag. lassen sich nicht mit den Nichtigkeitserwägungen der Ast. begründen. Nichtig ist nach § 40 Abs. 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) ein Verwaltungsakt, soweit er an einem besonders schwerwiegenden Fehler leidet und dies bei verständiger Würdigung aller in Betracht kommenden Umstände offenkundig ist. Ohne Rücksicht auf das Vorliegen der Voraussetzungen des Abs. 1 ist ein Verwaltungsakt gemäß § 40 Abs. 2 SGB X nichtig, 1. der schriftlich erlassen worden ist, die erlassene Behörde aber nicht erkennen lässt, 2. der nach einer Rechtsvorschrift nur durch die Aushändigung einer Urkunde erlassen werden kann, aber dieser Form nicht genügt, 3. den aus tatsächlichen Gründen niemand ausführen kann, 4. der die Begehung einer rechtswidrigen Tat verlangt, die einen Straf- oder Bußgeldtatbestand verwirklicht, 5. der gegen die guten Sitten verstößt. Nichtigkeitsgründe i.S.d. § 40 Abs. 2 SGB X werden auch von der Ast. nicht geltend gemacht. Eine fehlerhafte Anhörung berührt als Verletzung von Verfahrensvorschriften lediglich die Rechtmäßigkeit eines Verwaltungsaktes, wie aus § 41 Abs. 1 Nr. 2 SGB X folgt. Nichtig kann schließlich ein Verwaltungsakt i.S.d. § 40 Abs. 1 SGB X zwar auch sein, wenn er unter keinem denkbaren Gesichtspunkt auf einer gesetzlichen Ermächtigung beruht (vgl. Schroeder-Printzen, Kommentar zum SGB X, 3. Aufl., Rdn. 1 zu § 40 m.w.N.); die Beitragserhöhung der Ag. beruhte aber auf einer formal ordnungsgemäß erlassenen Satzungsänderung. Soweit die Ast. rügt, aufgrund der Bestimmung des Art. 7 Abs. 3 BSSichG vom 23.12.2002 (BGBl. S. 4637) sei die Genehmigung der Satzung unwirksam, ist dies unzutreffend. Im Zeitpunkt der Genehmigung war das BSSichG überhaupt noch nicht verabschiedet, so dass das gesetzliche Verbot (des Art. 7 Abs. 1 BSSichG) einer Beitragserhöhung noch nicht bestand, sondern die Ag. durch ihre Satzung nach Maßgabe der §§ 220 ff. SGB V die erforderliche Beitragshöhe festzusetzen hatte und das Bundesversicherungsamt die entsprechende Satzungsänderung ohne Rücksicht auf das geplante BSSichG bei Vorliegen der übrigen gesetzlichen Voraussetzungen zu genehmigen hatte. Letztere Genehmigung wurde auch nicht durch das rückwirkend zum 07.11.2002 in Kraft getretene BSSichG (Art. 13 Abs. 2) für unwirksam erklärt, sondern Art. 7 Abs. 1 BSSichG erklärte nur diejenigen Satzungen für unwirksam, deren Genehmigung nicht vor dem 07.11.2002 erfolgt war, sofern nicht die Ausnahmen des Art. 7 Abs. 3 BSSichG vorlagen. Demzufolge beruhte der angefochtene Beitragsbescheid aber auf einer formal ausreichenden Ermächtigung, weil jedenfalls nicht offensichtlich feststellbar ist, dass die Ausnahmevoraussetzungen des Art. 7 Abs. 3 BSSichG nicht vorliegen konnten.
Soweit die Ast. das Vorliegen der Ausnahmetatbestände letzterer Vorschrift anzweifelt, reicht dies ebenfalls nicht aus, ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung zu begründen. Solche liegen i.S.d. § 86a Abs. 3 Satz 2 SGG nur dann vor, wenn der Erfolg des Rechtsmittels deutlich wahrscheinlicher ist als ein möglicher Mißerfolg. Andernfalls wäre angesichts der vielfältigen Rechtsprobleme wie auch der Schwierigkeiten einer umfassenden Sachverhaltsklärung in Beitragsangelegenheiten eine Aussetzung der Vollziehung regelmäßig durchsetzbar, was die Funktionsfähigkeit der Sozialversicherung erheblich beeinträchtigen könnte (vgl. ausführlich dazu Beschluss des Senats vom 18.12.2002 - L 16 B 70/02 KR ER -). Nach dem Vorbringen der Ast. ist ihr Erfolg in der Hauptsache aber allenfalls in gleicher Weise möglich wie ihr Unterliegen, da sie selbst geltend gemacht hat, es müsse Beweis erhoben werden über die Umstände, die nach Art. 7 Abs. 3 BSSichG eine Beitragserhöhung zuließen.
Schließlich stellt die Vollziehung des angefochtenen Bescheides angesichts der zuerst (richtig: äußerst) geringen finanziellen Zusatzbelastung der Ast. auch keine unbillige Härte i.S.d. § 86a Abs. 3 Satz 2 SGG dar. Soweit die Ast. meint, insoweit dürfe nicht allein auf ihre Verhältnisse abgestellt werden, übersieht sie den eindeutigen Wortlaut der Vorschrift, wonach die Vollziehung "für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen" eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge haben muss.
Die Beschwerde war daher mit der auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG beruhenden Kostenentscheidung zurückzuweisen.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Gründe:
I.
Die Antragstellerin (Ast.) begehrt die Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihres Rechtsmittels gegen die von der Antragsgegnerin (Ag.) durch Bescheid vom 21.02.2003 mit Wirkung vom 01.03.2003 vorgenommene Beitragserhöhung.
Die Ast. ist der Auffassung, der Bescheid sei mangels ausreichender Anhörung nichtig. Die Ag. habe sich zur Rechtmäßigkeit der Beitragserhöhung auf die Ausnahmebestimmung des Art. 7 Abs. 3 des Beitragssicherungsgesetzes (BSSichG) berufen, ohne sie, die Ast., hierauf im Rahmen der Anhörung hingewiesen zu haben. Zum anderen sei die Entscheidung nichtig, weil die dem angefochtenen Beitragsbescheid zugrundeliegende Satzung am 13.12.2002 durch das Bundesversicherungsamt genehmigt worden sei, ohne dass zu diesem Zeitpunkt die Vorschrift des Art. 7 Abs. 3 BSSichG existent gewesen sei, so dass das Bundesversicherungsamt weder die Voraussetzungen dieser Vorschrift habe prüfen können noch eine Ermächtigungsgrundlage für eine entsprechende Genehmigung vorgelegen habe, so dass letztere unwirksam sei. Zumindest sei der Beitragsbescheid rechtswidrig, weil nicht erkennbar sei, dass die Voraussetzungen des Art. 7 Abs. 3 BSSichG erfüllt gewesen seien.
Mit Beschluss vom 31.03.2003 hat das SG den Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt, weil der Ast. ein Zuwarten auf die Entscheidung in der Hauptsache zumutbar sei. Auf die Entscheidungsgründe im einzelnen wird Bezug genommen.
II.
Die hiergegen eingelegte Beschwerde, der das SG nicht abgeholfen hat, ist zulässig, aber nicht begründet. Der Antrag ist nach Erlass des Widerspruchsbescheides durch die Ag. dahin auszulegen, dass die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der von der Ast. erhobenen Klage begehrt wird.
Der Klage auf Feststellung der Nichtigkeit eines Beitragsbescheides wie auch der Anfechtungsklage gegen einen solchen kommt nach der zum 02.01.2002 in Kraft getretenen Bestimmung des § 86a Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) keine aufschiebende Wirkung zu. Nach § 86 Abs. 3 Satz 2 SGG soll die Aussetzung der Vollziehung erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotenen Härte zur Folge hätte. Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt.
Ernstliche Zweifel an der Entscheidung der Ag. lassen sich nicht mit den Nichtigkeitserwägungen der Ast. begründen. Nichtig ist nach § 40 Abs. 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) ein Verwaltungsakt, soweit er an einem besonders schwerwiegenden Fehler leidet und dies bei verständiger Würdigung aller in Betracht kommenden Umstände offenkundig ist. Ohne Rücksicht auf das Vorliegen der Voraussetzungen des Abs. 1 ist ein Verwaltungsakt gemäß § 40 Abs. 2 SGB X nichtig, 1. der schriftlich erlassen worden ist, die erlassene Behörde aber nicht erkennen lässt, 2. der nach einer Rechtsvorschrift nur durch die Aushändigung einer Urkunde erlassen werden kann, aber dieser Form nicht genügt, 3. den aus tatsächlichen Gründen niemand ausführen kann, 4. der die Begehung einer rechtswidrigen Tat verlangt, die einen Straf- oder Bußgeldtatbestand verwirklicht, 5. der gegen die guten Sitten verstößt. Nichtigkeitsgründe i.S.d. § 40 Abs. 2 SGB X werden auch von der Ast. nicht geltend gemacht. Eine fehlerhafte Anhörung berührt als Verletzung von Verfahrensvorschriften lediglich die Rechtmäßigkeit eines Verwaltungsaktes, wie aus § 41 Abs. 1 Nr. 2 SGB X folgt. Nichtig kann schließlich ein Verwaltungsakt i.S.d. § 40 Abs. 1 SGB X zwar auch sein, wenn er unter keinem denkbaren Gesichtspunkt auf einer gesetzlichen Ermächtigung beruht (vgl. Schroeder-Printzen, Kommentar zum SGB X, 3. Aufl., Rdn. 1 zu § 40 m.w.N.); die Beitragserhöhung der Ag. beruhte aber auf einer formal ordnungsgemäß erlassenen Satzungsänderung. Soweit die Ast. rügt, aufgrund der Bestimmung des Art. 7 Abs. 3 BSSichG vom 23.12.2002 (BGBl. S. 4637) sei die Genehmigung der Satzung unwirksam, ist dies unzutreffend. Im Zeitpunkt der Genehmigung war das BSSichG überhaupt noch nicht verabschiedet, so dass das gesetzliche Verbot (des Art. 7 Abs. 1 BSSichG) einer Beitragserhöhung noch nicht bestand, sondern die Ag. durch ihre Satzung nach Maßgabe der §§ 220 ff. SGB V die erforderliche Beitragshöhe festzusetzen hatte und das Bundesversicherungsamt die entsprechende Satzungsänderung ohne Rücksicht auf das geplante BSSichG bei Vorliegen der übrigen gesetzlichen Voraussetzungen zu genehmigen hatte. Letztere Genehmigung wurde auch nicht durch das rückwirkend zum 07.11.2002 in Kraft getretene BSSichG (Art. 13 Abs. 2) für unwirksam erklärt, sondern Art. 7 Abs. 1 BSSichG erklärte nur diejenigen Satzungen für unwirksam, deren Genehmigung nicht vor dem 07.11.2002 erfolgt war, sofern nicht die Ausnahmen des Art. 7 Abs. 3 BSSichG vorlagen. Demzufolge beruhte der angefochtene Beitragsbescheid aber auf einer formal ausreichenden Ermächtigung, weil jedenfalls nicht offensichtlich feststellbar ist, dass die Ausnahmevoraussetzungen des Art. 7 Abs. 3 BSSichG nicht vorliegen konnten.
Soweit die Ast. das Vorliegen der Ausnahmetatbestände letzterer Vorschrift anzweifelt, reicht dies ebenfalls nicht aus, ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung zu begründen. Solche liegen i.S.d. § 86a Abs. 3 Satz 2 SGG nur dann vor, wenn der Erfolg des Rechtsmittels deutlich wahrscheinlicher ist als ein möglicher Mißerfolg. Andernfalls wäre angesichts der vielfältigen Rechtsprobleme wie auch der Schwierigkeiten einer umfassenden Sachverhaltsklärung in Beitragsangelegenheiten eine Aussetzung der Vollziehung regelmäßig durchsetzbar, was die Funktionsfähigkeit der Sozialversicherung erheblich beeinträchtigen könnte (vgl. ausführlich dazu Beschluss des Senats vom 18.12.2002 - L 16 B 70/02 KR ER -). Nach dem Vorbringen der Ast. ist ihr Erfolg in der Hauptsache aber allenfalls in gleicher Weise möglich wie ihr Unterliegen, da sie selbst geltend gemacht hat, es müsse Beweis erhoben werden über die Umstände, die nach Art. 7 Abs. 3 BSSichG eine Beitragserhöhung zuließen.
Schließlich stellt die Vollziehung des angefochtenen Bescheides angesichts der zuerst (richtig: äußerst) geringen finanziellen Zusatzbelastung der Ast. auch keine unbillige Härte i.S.d. § 86a Abs. 3 Satz 2 SGG dar. Soweit die Ast. meint, insoweit dürfe nicht allein auf ihre Verhältnisse abgestellt werden, übersieht sie den eindeutigen Wortlaut der Vorschrift, wonach die Vollziehung "für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen" eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge haben muss.
Die Beschwerde war daher mit der auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG beruhenden Kostenentscheidung zurückzuweisen.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
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