Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Landshut (FSB)
Aktenzeichen
S 11 RJ 1450/97
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 6 RJ 530/00
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 19. Juli 2000 wird zurückgewiesen.
II. Die Beklagte hat dem Kläger auch die außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Leistung einer Rente wegen Berufsunfähigkeit.
Der am ...1966 geborene Kläger hat am 08.05.1985 die Gesellenprüfung im Maurerhandwerk bestanden. Daran anschließend war er beim selben Arbeitgeber (Firma ... GmbH) bis zu einem am 20.04.1995 erlittenen Arbeitsunfall, bei dem er sich eine Kompressinsfraktur des 1. Lendenwirbelkörpers zuzog, als Putzer tätig.
Mit Schreiben vom 08.03.1997 beantragte der Kläger bei der Beklagten im Hinblick auf die Folgen des Unfalls die Zahlung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit. Nach Einsichtnahme in die für das Arbeitsamt Passau und die Bau-Berufsgenossenschaft Bayern und Sachsen erstellten Gutachten schätzte der Nervenarzt Dr.L ... das Leistungsvermögens des Klägers für den bisher ausgeübten Beruf auf unter zweistündig ein, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sei der Kläger noch vollschichtig für leichte Arbeiten ohne überwiegend einseitige Körperhaltung in geschlossenen, normal temperierten, trockenen Räumen ohne häufiges Bücken arbeitsleistungsfähig. Auf Anfrage der Beklagten teilte die Firma ... GmbH Bauunternehmung/Immobilien am 19.06.1997 mit, der Kläger habe Innen- und Außenputzarbeiten verrichtet; es habe sich dabei um eine Facharbeit mit einer Ausbildungsdauer von drei Jahren gehandelt. Auf telefonische Rückfrage wurde ergänzend mitgeteilt, nach der Lehrzeit habe sich der Kläger auf das Verputzen spezialisiert.
Mit Bescheid vom 18.07.1997 und Widerspruchsbescheid vom 21.10.1997 lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers ab. Dieser sei als Putzer nur der Stufe der Angelernten im oberen Be- Mehrstufenschemas zuzuordnen mit den entsprechenden Verweisungsmöglichkeiten auf Tätigkeiten etwa als einfacher Pförtner.
Dagegen hat der Kläger zum Sozialgericht Landshut Klage erhoben und erneut darauf hingewiesen, dass er gelernter Maurer mit Gesellenprüfungsabschluss sei. Er habe sich auf Verputzerarbeiten spezialisiert und sei auch über sechs Jahre lang als Kolonnenführer tätig gewesen.
Nach Auffassung der Beklagten hat es sich hingegen bei der Tätigkeit des Klägers um eine angelernte Spezialtätigkeit gehandelt und nicht etwa um eine Maurertätigkeit, weshalb nicht von einem Facharbeiter ausgegangen werden könne.
Zur Aufklärung des Sachverhalts erholte das Sozialgericht eine Auskunft der Firma ... vom 28.04.1998 - diese führte aus, der Kläger habe sich sehr gute Putzfähigkeiten im praktischen Sinne erworben und habe nur noch als Putzer gearbeitet, weshalb die Berufsgruppe V 2.8 des Anhangs zum Bundesrahmentarifvertrag für das Baugewerbe richtig sei -, einen Befundbericht der Allgemeinärztin Dr.K ... vom 26.01.1999 sowie das von dem Orthopäden Dr.L ... am 12.04.1999 erstattete Gutachten. Dieser führte aus, aufgrund der beim Kläger vorliegenden Gesundheitsstörungen (durchgeführte operative Versteifung des Wirbelsäulenabschnitts Th 12/L 1 nach instabiler Kompressionsfraktur des 1. Lendenwirbels) sei der Kläger noch in der Lage, regelmäßig leichte Arbeiten wechselnd im Gehen, Sitzen und Stehen vollschichtig zu verrichten. Zu vermeiden seien schweres Heben und Tragen von Lasten sowie eine stereotype Haltung der Wirbelsäule. Rehabilitationmsmaßnahmen seien dringend erforderlich.
In der mündlichen Verhandlung des Sozialgerichts vom 28.10. 1999 erklärte der Kläger, er lebe von seiner Unfallrente (MdE 30 v.H.) und einer "630,- DM Tätigkeit" als Fensterputzer. Bis Dezember 1994 habe einen Lohn von 26,- DM pro Stunde bezogen, der dann im Jahre 1995 auf 45,- DM erhöht worden sei. Damit habe er ein höheres Entgelt erzielt als andere Maurer. Er selbst sei Leiter der Partie mit noch zwei weiteren Mitarbeitern gewesen, bei denen es sich um ausgebildete Maurer gehandelt habe. Im Bedarfsfalle seien auch Maurerarbeiten verrichtet worden.
Zu den Ausführungen des Klägers erklärte sodann der ehrenamtliche Richter Herle, Bauingenieur und Prokurist einer Hochbaufirma als Sachkundiger, der Kläger sei seines Erachtens als Spezial-Baufacharbeiter typischerweise in Tarifgruppe 3a oder 3b des Bundesrahmentarifvertrags für das Baugewerbe einzuordnen, nachdem er einen Gesellenbrief habe und sich auf die Tätigkeit als Putzer spezialisiert habe. Für diese Einstufung spreche auch die Funktion als Kolonnenführer.
Die Beklagte erklärte hierzu (Schreiben vom 07.12.1999), es bestehe weiterhin die Auffassung, dass die zuletzt ausgeübte Berufstätigkeit als Verputzer allenfalls der Berufsgruppe der angelernten Arbeiter im oberen Bereich zuzuordnen sei. Der Kläger habe sich nach Auffassung der Beklagten freiwillig von dem Beruf eines Maurer-Facharbeiters gelöst, denn die Tätigkeit eines Verputzers entspreche als berufliche Position nicht in voller Breite der eines Facharbeiters.
Auf Anfrage des Gerichts teilte sodann die Firma K ... mit Schreiben vom 10.02.2000 mit, der Lohn für den Kläger sei aus der Leistung berechnet worden, die er erbracht habe. Hierzu legte sie Unterlagen vor, zu denen der Kläger erklärte, aus den Lohnabrechnungen seit April 1994 bis Mai 1995 ergebe sich keine Akkordabrechnung. Abschließend äußerte sich auf Anfrage des Sozialgerichts der ehrenamtliche Richter Herle, aufgrund der Abrechnungsunterlagen der Firma K ... habe es sich nachweislich um eine Entlohnung im Zeit-Akkordlohn gehandelt. Nachdem der Kläger jedoch eine abgeschlossene Berufsausbildung habe und als Akkord-Putzer tätig gewesen sei, müsse die Berufslohngruppe IV 2 des Mantel-Tarifvertrages als untere Grenze angenommen werden.
Mit Urteil vom 19.07.2000 hat das Sozialgericht die Beklagte verurteilt, dem Kläger Rente wegen Berufsunfähigkeit ab 01.04. 1997 zu leisten. Zur Begründung hat es ausgeführt, für eine Facharbeitertätigkeit spreche bereits die erste von der Beklagten eingeholte Arbeitgeberauskunft, die die entsprechenden praktischen und theoretischen Kenntnisse des Klägers bestätigt habe. Zugleich sei deutlich gemacht worden, dass der Kläger nur in einem Teilbereich des Facharbeiterberufes, nämlich als Putzer, eingesetzt war. Arbeiten in einem Teilbereich eines Berufes stelle den Facharbeiterschutz nur dann in Frage, wenn es sich um eine "Berufsausübung ohne vorgeschriebene Ausbildung" handele. Hieran fehle es aber, nachdem der Kläger nachweislich eine Ausbildung durchlaufen habe. Auch sei zu berücksichtigen, dass sich der Teilbereich des Verputzers zu einem eigenständigen Berufsbild mit Facharbeiterqualität entwickelt habe. Auch bei der von dem sachkundigen ehrenamtlichen Richter Herle als angemessen angesehenen Lohngruppe IV 2 handele es sich nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts eindeutig um eine Facharbeiterlohngruppe. Nachdem eine zumutbare Verweisungstätigkeit für den Kläger nicht erkennbar sei, bestehe Anspruch auf Rente wegen Berufsunfähigkeit.
Gegen dieses Urteil hat die Beklagte Berufung eingelegt, die weiterhin davon ausgeht, dass die Tätigkeit des Verputzers der Gruppe der Versicherten mit dem Leitberuf des Angelernten im oberen Bereich zugerechnet werden müsse, für dessen Ausübung die erste Stufe der Stufenausbildung in der Bauwirtschaft ausreiche. Die tarifvertragliche Einstufung hierfür erfolge in der Stufe V 2.8 des Bundesrahmentarifvertrags für das Baugewerbe.
In der mündlichen Verhandlung vom 14.12.2000 führte der Senat einen Auszug aus dem "Grundwerk Ausbildungs- und berufskundlicher Informationen - gabi" in das Verfahren ein und wies die Beteiligten darauf hin, dass es sich bei der Tätigkeit eines Verputzers um eine Kerntätigkeit des Maurerhandwerks handele. Zu der hingegen erneut geäußerten Auffassung der Beklagten, es handele sich hierbei nur um eine angelernte Tätigkeit, für die ein Maurer eine zusätzliche Anlernung bedürfe, äußerte sich der ehrenamtliche Richter Duscher, von Beruf Maurermeister, dahingehend, dass damit die Tätigkeit eines Weißputzers bzw. Stukkateurs gemeint sei, also um eine vom Maurerberuf unterschiedliche Tätigkeit, die der Kläger nicht ausgeübt habe.
Die Beklagte beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 19.07.2000 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt, die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
Bezüglich weiterer Einzelheiten des Tatbestandes wird im Übrigen auf den Inhalt der Akten des Gerichts und der Beklagten sowie der vorbereitenden Schriftsätze Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten ist zulässig. In der Sache erweist sich das Rechtsmittel jedoch als unbegründet.
Zutreffend hat das Sozialgericht ausgeführt, dass der Kläger ab dem Monat der Antragstellung gegen die Beklagte einen Anspruch auf Rente hat, weil er berufsunfähig ist. Seine Erwerbsfähigkeit ist bereits wegen Krankheit oder Behinderung auf weniger als die Hälfte derjenigen von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten gesunken (§ 43 Abs.2 Satz 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch - SGB VI -). Bezüglich der beim Kläger vorliegenden Gesundheitsstörungen und deren Auswirkungen auf seine Erwerbsfähigkeit sowie den im Rahmen des vom Bundessozialgericht entwickelten Mehrstufenschemas maßgeblichen Beruf des Klägers und die daraus zu ziehenden sozialversicherungsrechtlichen Folgen sieht der Senat von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab, weil die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurückzuweisen war (§ 153 Abs.2 Sozialgerichtsgesetz - SGG -). Das Vorbringen der Beklagten im Berufungsverfahren hat demgegenüber keinerlei neue rechtliche Gesichtspunkte erbracht. Es steht vielmehr fest, dass sich der Kläger nach Ablegung der Gesellenprüfung, ohne den Arbeitgeber zu wechseln, einer Kerntätigkeit des Maurerberufs, nämlich der des Verputzers, zugewandt hat und sich hierauf spezialisiert hat. Von einer freiwilligen Aufgabe des Maurerberufs kann somit keine Rede sein, zumal der Kläger eben in einem Teilbereich dieses Berufes verblieben ist, bei dem er nach Bedarf auch "echte" Maurerarbeiten zu verrichten in der Lage war.
Das angefochtene Urteil des Sozialgerichts Landshut war deshalb nicht zu beanstanden. Die Berufung der Beklagten musste als unbegründet zurückgewiesen werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und berücksichtigt das volle Obsiegen des Klägers und Berufungsbeklagten auch im Berufungsverfahren.
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG liegen nicht vor.
II. Die Beklagte hat dem Kläger auch die außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Leistung einer Rente wegen Berufsunfähigkeit.
Der am ...1966 geborene Kläger hat am 08.05.1985 die Gesellenprüfung im Maurerhandwerk bestanden. Daran anschließend war er beim selben Arbeitgeber (Firma ... GmbH) bis zu einem am 20.04.1995 erlittenen Arbeitsunfall, bei dem er sich eine Kompressinsfraktur des 1. Lendenwirbelkörpers zuzog, als Putzer tätig.
Mit Schreiben vom 08.03.1997 beantragte der Kläger bei der Beklagten im Hinblick auf die Folgen des Unfalls die Zahlung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit. Nach Einsichtnahme in die für das Arbeitsamt Passau und die Bau-Berufsgenossenschaft Bayern und Sachsen erstellten Gutachten schätzte der Nervenarzt Dr.L ... das Leistungsvermögens des Klägers für den bisher ausgeübten Beruf auf unter zweistündig ein, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sei der Kläger noch vollschichtig für leichte Arbeiten ohne überwiegend einseitige Körperhaltung in geschlossenen, normal temperierten, trockenen Räumen ohne häufiges Bücken arbeitsleistungsfähig. Auf Anfrage der Beklagten teilte die Firma ... GmbH Bauunternehmung/Immobilien am 19.06.1997 mit, der Kläger habe Innen- und Außenputzarbeiten verrichtet; es habe sich dabei um eine Facharbeit mit einer Ausbildungsdauer von drei Jahren gehandelt. Auf telefonische Rückfrage wurde ergänzend mitgeteilt, nach der Lehrzeit habe sich der Kläger auf das Verputzen spezialisiert.
Mit Bescheid vom 18.07.1997 und Widerspruchsbescheid vom 21.10.1997 lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers ab. Dieser sei als Putzer nur der Stufe der Angelernten im oberen Be- Mehrstufenschemas zuzuordnen mit den entsprechenden Verweisungsmöglichkeiten auf Tätigkeiten etwa als einfacher Pförtner.
Dagegen hat der Kläger zum Sozialgericht Landshut Klage erhoben und erneut darauf hingewiesen, dass er gelernter Maurer mit Gesellenprüfungsabschluss sei. Er habe sich auf Verputzerarbeiten spezialisiert und sei auch über sechs Jahre lang als Kolonnenführer tätig gewesen.
Nach Auffassung der Beklagten hat es sich hingegen bei der Tätigkeit des Klägers um eine angelernte Spezialtätigkeit gehandelt und nicht etwa um eine Maurertätigkeit, weshalb nicht von einem Facharbeiter ausgegangen werden könne.
Zur Aufklärung des Sachverhalts erholte das Sozialgericht eine Auskunft der Firma ... vom 28.04.1998 - diese führte aus, der Kläger habe sich sehr gute Putzfähigkeiten im praktischen Sinne erworben und habe nur noch als Putzer gearbeitet, weshalb die Berufsgruppe V 2.8 des Anhangs zum Bundesrahmentarifvertrag für das Baugewerbe richtig sei -, einen Befundbericht der Allgemeinärztin Dr.K ... vom 26.01.1999 sowie das von dem Orthopäden Dr.L ... am 12.04.1999 erstattete Gutachten. Dieser führte aus, aufgrund der beim Kläger vorliegenden Gesundheitsstörungen (durchgeführte operative Versteifung des Wirbelsäulenabschnitts Th 12/L 1 nach instabiler Kompressionsfraktur des 1. Lendenwirbels) sei der Kläger noch in der Lage, regelmäßig leichte Arbeiten wechselnd im Gehen, Sitzen und Stehen vollschichtig zu verrichten. Zu vermeiden seien schweres Heben und Tragen von Lasten sowie eine stereotype Haltung der Wirbelsäule. Rehabilitationmsmaßnahmen seien dringend erforderlich.
In der mündlichen Verhandlung des Sozialgerichts vom 28.10. 1999 erklärte der Kläger, er lebe von seiner Unfallrente (MdE 30 v.H.) und einer "630,- DM Tätigkeit" als Fensterputzer. Bis Dezember 1994 habe einen Lohn von 26,- DM pro Stunde bezogen, der dann im Jahre 1995 auf 45,- DM erhöht worden sei. Damit habe er ein höheres Entgelt erzielt als andere Maurer. Er selbst sei Leiter der Partie mit noch zwei weiteren Mitarbeitern gewesen, bei denen es sich um ausgebildete Maurer gehandelt habe. Im Bedarfsfalle seien auch Maurerarbeiten verrichtet worden.
Zu den Ausführungen des Klägers erklärte sodann der ehrenamtliche Richter Herle, Bauingenieur und Prokurist einer Hochbaufirma als Sachkundiger, der Kläger sei seines Erachtens als Spezial-Baufacharbeiter typischerweise in Tarifgruppe 3a oder 3b des Bundesrahmentarifvertrags für das Baugewerbe einzuordnen, nachdem er einen Gesellenbrief habe und sich auf die Tätigkeit als Putzer spezialisiert habe. Für diese Einstufung spreche auch die Funktion als Kolonnenführer.
Die Beklagte erklärte hierzu (Schreiben vom 07.12.1999), es bestehe weiterhin die Auffassung, dass die zuletzt ausgeübte Berufstätigkeit als Verputzer allenfalls der Berufsgruppe der angelernten Arbeiter im oberen Bereich zuzuordnen sei. Der Kläger habe sich nach Auffassung der Beklagten freiwillig von dem Beruf eines Maurer-Facharbeiters gelöst, denn die Tätigkeit eines Verputzers entspreche als berufliche Position nicht in voller Breite der eines Facharbeiters.
Auf Anfrage des Gerichts teilte sodann die Firma K ... mit Schreiben vom 10.02.2000 mit, der Lohn für den Kläger sei aus der Leistung berechnet worden, die er erbracht habe. Hierzu legte sie Unterlagen vor, zu denen der Kläger erklärte, aus den Lohnabrechnungen seit April 1994 bis Mai 1995 ergebe sich keine Akkordabrechnung. Abschließend äußerte sich auf Anfrage des Sozialgerichts der ehrenamtliche Richter Herle, aufgrund der Abrechnungsunterlagen der Firma K ... habe es sich nachweislich um eine Entlohnung im Zeit-Akkordlohn gehandelt. Nachdem der Kläger jedoch eine abgeschlossene Berufsausbildung habe und als Akkord-Putzer tätig gewesen sei, müsse die Berufslohngruppe IV 2 des Mantel-Tarifvertrages als untere Grenze angenommen werden.
Mit Urteil vom 19.07.2000 hat das Sozialgericht die Beklagte verurteilt, dem Kläger Rente wegen Berufsunfähigkeit ab 01.04. 1997 zu leisten. Zur Begründung hat es ausgeführt, für eine Facharbeitertätigkeit spreche bereits die erste von der Beklagten eingeholte Arbeitgeberauskunft, die die entsprechenden praktischen und theoretischen Kenntnisse des Klägers bestätigt habe. Zugleich sei deutlich gemacht worden, dass der Kläger nur in einem Teilbereich des Facharbeiterberufes, nämlich als Putzer, eingesetzt war. Arbeiten in einem Teilbereich eines Berufes stelle den Facharbeiterschutz nur dann in Frage, wenn es sich um eine "Berufsausübung ohne vorgeschriebene Ausbildung" handele. Hieran fehle es aber, nachdem der Kläger nachweislich eine Ausbildung durchlaufen habe. Auch sei zu berücksichtigen, dass sich der Teilbereich des Verputzers zu einem eigenständigen Berufsbild mit Facharbeiterqualität entwickelt habe. Auch bei der von dem sachkundigen ehrenamtlichen Richter Herle als angemessen angesehenen Lohngruppe IV 2 handele es sich nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts eindeutig um eine Facharbeiterlohngruppe. Nachdem eine zumutbare Verweisungstätigkeit für den Kläger nicht erkennbar sei, bestehe Anspruch auf Rente wegen Berufsunfähigkeit.
Gegen dieses Urteil hat die Beklagte Berufung eingelegt, die weiterhin davon ausgeht, dass die Tätigkeit des Verputzers der Gruppe der Versicherten mit dem Leitberuf des Angelernten im oberen Bereich zugerechnet werden müsse, für dessen Ausübung die erste Stufe der Stufenausbildung in der Bauwirtschaft ausreiche. Die tarifvertragliche Einstufung hierfür erfolge in der Stufe V 2.8 des Bundesrahmentarifvertrags für das Baugewerbe.
In der mündlichen Verhandlung vom 14.12.2000 führte der Senat einen Auszug aus dem "Grundwerk Ausbildungs- und berufskundlicher Informationen - gabi" in das Verfahren ein und wies die Beteiligten darauf hin, dass es sich bei der Tätigkeit eines Verputzers um eine Kerntätigkeit des Maurerhandwerks handele. Zu der hingegen erneut geäußerten Auffassung der Beklagten, es handele sich hierbei nur um eine angelernte Tätigkeit, für die ein Maurer eine zusätzliche Anlernung bedürfe, äußerte sich der ehrenamtliche Richter Duscher, von Beruf Maurermeister, dahingehend, dass damit die Tätigkeit eines Weißputzers bzw. Stukkateurs gemeint sei, also um eine vom Maurerberuf unterschiedliche Tätigkeit, die der Kläger nicht ausgeübt habe.
Die Beklagte beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 19.07.2000 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt, die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
Bezüglich weiterer Einzelheiten des Tatbestandes wird im Übrigen auf den Inhalt der Akten des Gerichts und der Beklagten sowie der vorbereitenden Schriftsätze Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten ist zulässig. In der Sache erweist sich das Rechtsmittel jedoch als unbegründet.
Zutreffend hat das Sozialgericht ausgeführt, dass der Kläger ab dem Monat der Antragstellung gegen die Beklagte einen Anspruch auf Rente hat, weil er berufsunfähig ist. Seine Erwerbsfähigkeit ist bereits wegen Krankheit oder Behinderung auf weniger als die Hälfte derjenigen von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten gesunken (§ 43 Abs.2 Satz 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch - SGB VI -). Bezüglich der beim Kläger vorliegenden Gesundheitsstörungen und deren Auswirkungen auf seine Erwerbsfähigkeit sowie den im Rahmen des vom Bundessozialgericht entwickelten Mehrstufenschemas maßgeblichen Beruf des Klägers und die daraus zu ziehenden sozialversicherungsrechtlichen Folgen sieht der Senat von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab, weil die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurückzuweisen war (§ 153 Abs.2 Sozialgerichtsgesetz - SGG -). Das Vorbringen der Beklagten im Berufungsverfahren hat demgegenüber keinerlei neue rechtliche Gesichtspunkte erbracht. Es steht vielmehr fest, dass sich der Kläger nach Ablegung der Gesellenprüfung, ohne den Arbeitgeber zu wechseln, einer Kerntätigkeit des Maurerberufs, nämlich der des Verputzers, zugewandt hat und sich hierauf spezialisiert hat. Von einer freiwilligen Aufgabe des Maurerberufs kann somit keine Rede sein, zumal der Kläger eben in einem Teilbereich dieses Berufes verblieben ist, bei dem er nach Bedarf auch "echte" Maurerarbeiten zu verrichten in der Lage war.
Das angefochtene Urteil des Sozialgerichts Landshut war deshalb nicht zu beanstanden. Die Berufung der Beklagten musste als unbegründet zurückgewiesen werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und berücksichtigt das volle Obsiegen des Klägers und Berufungsbeklagten auch im Berufungsverfahren.
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG liegen nicht vor.
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