L 6 RJ 530/01

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Landshut (FSB)
Aktenzeichen
S 7 RJ 684/00 A
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 6 RJ 530/01
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 1. Juni 2001 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Leistung einer Rente wegen Berufs- bzw. Erwerbsunfähigkeit bzw. Erwerbsminderung.

Der am 1944 geborene Kläger, ein in seiner Heimat lebender jugoslawischer Staatsangehöriger, hat in Jugoslawien zwischen Oktober 1960 und Februar 1970 sowie von Mai 1976 bis September 1996 Pflichtbeiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung entrichtet. Nach seinen Angaben hat er in Jugoslawien die Berufe des Zimmermanns, Kranführers und Lkw-Fahrers nach jeweils bis zu sechs Monaten dauernder Ausbildung erlernt. In der Bundesrepublik Deutschland hat er zwischen März 1970 und März 1976 nach seinen Angaben als Kranführer gearbeitet; sein letzter Arbeitgeber verfügt hierüber über keinerlei Unterlagen mehr. Einen am 16.09.1994 über den Versicherungsträger seiner Heimat gestellten Antrag auf Zahlung einer Altersrente hat die Beklagte mit Bescheid vom 24.11.1994 abgelehnt, weil der Kläger das 60. Lebensjahr noch nicht vollendet hatte.

Am 27.10.1998 beantragte der Kläger erneut die Zahlung einer Rente bei der Beklagten. Der Internist und Kardiologe Dr.V. (Novi Sad) kam im Gutachten vom 26.04.1999 zu der Auffassung, als Lkw-Fahrer sei der Kläger nur mehr weniger als zwei Stunden arbeitsfähig, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt hingegen vollschichtig.

Mit Bescheid vom 12.11.1999 und Widerspruchsbescheid vom 02.05. 2000 lehnte die Beklagte daraufhin den Rentenantrag ab, weil der Kläger weder berufs- noch erwerbsunfähig sei.

Dagegen hat der Kläger unter Vorlage ärztlicher Unterlagen Klage zum Sozialgericht Landshut erhoben und an seinem Begehren festgehalten.

Auf Anfrage des Sozialgerichts teilte die Firma F.P. GmbH mit, über die Tätigkeit des Klägers (zwischen 1972 und 1976) könnten mangels diesbezüglicher Unterlagen keine Angaben gemacht werden. Das Sozialgericht holte sodann Gutachten der Sozialmedizinerin Dr.T. vom 31.05.2001 und des Arztes für Neurologie und Psychiatrie Dr.W. vom 30.05. 2001 ein. Dr.T. führte zusammenfassend aus, der Kläger sei noch in der Lage, vollschichtig leichte und gelegentlich mittelschwere Arbeiten in wechselnder Haltung, ohne Staubbelastung, nicht auf Leitern und Gerüsten, ohne Lärmbelästigung, ohne besonderen Zeitdruck und ohne Nacht- und Wechselschicht zu verrichten. Seine Umstellungsfähigkeit auf andere als die bisher ausgeübten Tätigkeiten sei nicht beeinträchtigt. In der mündlichen Verhandlung vom 01.06.2001 gab der Kläger an, er sei in Jugoslawien in drei Berufen ausgebildet worden. Für die Ausbildung zum Zimmermann und Lkw-Fahrer sei "jeweils eine Ausbildungszeit von sechs Monaten und für den Zimmermann eine Ausbildungszeit von einem Monat" notwendig gewesen.

Mit Urteil vom 01.06.2001 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen mit der Begründung, der nach seinem beruflichen Werdegang in der Bundesrepublik Deutschland auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbare Kläger - davon sei mangels entgegenstehender Unterlagen auszugehen - sei noch vollschichtig arbeitsleistungsfähig, weshalb Berufs- bzw. Erwerbsunfähigkeit bzw. teilweise Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit nicht gegeben seien.

Dagegen hat der Kläger unter Vorlage weiterer ärztlicher Unterlagen Berufung zum Bayer. Landessozialgericht eingelegt. Er leide an starken Kopfschmerzen, auch sei seine Wirbelsäule in einem schlechten Zustand und er könne ohne Stock nur schwer gehen.

Mit Schreiben vom 19.11.2001 hat der Senat den Kläger ergebnislos zur Vorlage von Unterlagen zum Nachweis der Qualität sei- ner Tätigkeit in Deutschland aufgefordert. In Ergänzung des Gutachtens vom 31.05.2001 hat die Sachverständige Dr.T. in einer nach Aktenlage gefertigten Stellungnahme vom 14.01.2002 zu den vom Kläger vorgelegten medizinischen Unterlagen ausgeführt, eine mögliche Verschlimmerung auf nervenärztlichem Gebiet sei nicht gravierend. Die neueren ärztlichen Befunde würden die bei der Untersuchung im Mai 2001 gefundene sozialmedizinische Beurteilung bestätigen.

Der Kläger beantragt sinngemäß, die Beklagte unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts Landshut vom 01.06.2001 sowie des Bescheides vom 12.01.1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02.05.2000 zu verurteilen, ihm aufgrund des Antrags vom 27.10.1998 Rente wegen Berufs- bzw. Erwerbsunfähigkeit, hilfsweise (ab 01.01.2001) wegen Erwerbsminderung zu leisten.

Die Beklagte beantragt, die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 01.06.2001 zurückzuweisen.

Bezüglich weiterer Einzelheiten des Tatbestandes wird im Übrigen Bezug genommen auf den Inhalt der Akten des Gerichts sowie der beigezogenen Klageakten des Sozialgerichts Landshut und der Verwaltungsakten der Beklagten.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig. In der Sache erweist sie sich als unbegründet.

Der Kläger ist nicht erwerbsunfähig im Sinne des § 44 Abs.2 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) - gültig bis 31.12.2000 und vorliegend noch anwendbar im Hinblick auf die im Jahre 1998 erfolgte Antragstellung -, weil er nicht wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande ist bzw. war, eine Erwerbstätigkeit in gewisser Regelmäßigkeit auszuüben oder Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen zu erzielen, das monatlich 630 DM übersteigt. Seit Antragstellung war er aber auch nicht wenigstens berufsunfähig, weil seine Erwerbsfähigkeit noch nicht infolge von Krankheit oder anderen Gebrechen oder Schwäche seiner körperlichen oder geistigen Kräfte auf weniger als die Hälfte (ab 01.01.2001: unter sechs Stunden) derjenigen eines körperlich oder geistig gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten gesunken ist (§ 43 Abs.2 Satz 1 SGB VI in der bis 31.12.2000 gültigen Fassung bzw. - ab 01.01.2001 - §§ 43 Abs.2, 240 Abs.2 SGB VI in der Fassung des Gesetzes zur Reform der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit vom 20.12.2000, BGBl.I S.1827).

Bezüglich der beim Kläger vorliegenden Gesundheitsstörungen und deren Auswirkungen auf seine Erwerbsfähigkeit sowie den im Rahmen des vom Bundessozialgericht entwickelten Mehrstufenschemas maßgeblichen Beruf des Klägers und die daraus zu ziehenden sozialversicherungsrechtlichen Folgen sieht der Senat von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab, weil die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurückzuweisen war (§ 153 Abs.2 Sozialgerichtsgesetz - SGG -). Der Kläger hat zwar angegeben, er hätte in der Bundesrepublik Deutschland qualifizierte Tätigkeiten (Zimmerer, Kranführer) ausgeübt, im Hinblick auf die von ihm dem Sozialgericht angegebenen jeweiligen Ausbildungszeiten kann jedoch schwerlich von Facharbeitertätigkeiten oder solchen des oberen Anlernbereichs ausgegangen werden. Nachdem auch die Firma P. über keinerlei Unterlagen, die Tätigkeit des Klägers betreffend, verfügt und dieser auch trotz des dringenden Hinweises des Senats keinerlei Unterlagen über seine Tätigkeit vorgelegt hat, kann entsprechend den Grundsätzen der objektiven Beweislast nur von Tätigkeiten des unteren Anlernbereichs ausgegangen werden.

Auch die im Berufungsverfahren vorgelegten ärztlichen Unterlagen waren nicht geeignet, das Ergebnis des Verfahrens erster Instanz in Zweifel zu ziehen. So hat die gerichtliche Sachverständige Dr.T. in ihrer ergänzenden Stellungnahme ausgeführt, die Kopfschmerzsymptomatik des Klägers sei bei der Begutachtung für das Sozialgericht als Migräne eingeordnet worden, wobei bezüglich der Häufigkeit und Intensität bei Dr.W. und ihrer Begutachtung verschiedene Angaben gemacht worden seien. Eine zeitliche Leistungseinschränkung lasse sich aber aus den drei- bis viermal pro Monat auftretenden schweren Attacken - die durch die rechtzeitige Einnahme von Tabletten verhindert werden können - nicht ableiten. Ein Krampfleiden bestehe beim Kläger im Übrigen nicht. Nach der ausführlichen Anamneseerhebung sei es seit 1978 bis jetzt zu insgesamt vier Störungen der Bewusstseinskontinuität gekommen, wobei es sich um orthostatische Regulationsstörungen handle. Das neuerdings vorgelegte Elektroencephalogramm sei ebenso wie bei der Untersuchung im Mai 2001 innerhalb der Normgrenzen. Die gerichtsärztliche Begutachtung habe auch völlig regelrechte Durchblutungsstörungen der hirnzu- und abführenden Gefäße erbracht. Ebenso seien die ausstrahlenden Wirbelsäulenbeschwerden bereits bei der Untersuchung im Mai 2001 beschrieben worden; das Gangbild sei auch seinerzeit schon auffallend gewesen. Primarius Dr.B. beschreibe am 22.08.2001 eine "groteske Haltung mit Verdrehung des linken Fußes", die nicht mit dem neurologischen Befund übereinstimme. Auch bei der Untersuchung in Novi Sad seien keine neurologischen Ausfallserscheinungen gesehen worden bei seitengleichen Reflexen, fehlender Sensibilitätsabschwächung, fehlenden Atrophien bzw. motorischen Ausfällen. ENG und NLG zeigten einen regulären Befund.

Es könne sich allenfalls im psychischen Befund eine Verschlechterung ergeben haben, die jedoch nicht so gravierend sei, dass sich hierdurch eine Reduzierung der täglichen Arbeitszeit ergeben müsse. Insgesamt verbleibe es bei der im Gutachten für das Sozialgericht angenommenen Arbeitsleistungsfähigkeit des Klägers.

Das angefochtene Urteil des Sozialgerichts Landshut war deshalb nicht zu beanstanden. Die Berufung des Klägers musste als unbegründet zurückgewiesen werden.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und berücksichtigt das Unterliegen des Klägers und Berufungsklägers auch im Berufungsverfahren.

Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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