Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
14
1. Instanz
SG Landshut (FSB)
Aktenzeichen
S 4 RJ 1396/98 A
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 14 RJ 532/99
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 25. Juni 1999 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig zwischen den Prozessbeteiligten ist ein Anspruch auf Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit.
Die im Jahre 1951 in Mazedonien geborene Klägerin hat keinen Beruf erlernt und ist von August 1967 bis Mai 1969 18,5 Monate in ihrem Heimatland erwerbstätig gewesen. In der Bundesrepublik Deutschland war sie von Oktober 1970 bis November 1986 als Fabrikarbeiterin (maschinelle Herstellung von Papierservietten) versicherungspflichtig beschäftigt; unter Berücksichtigung von Kindererziehungszeiten wurden für sie 190 Pflichtbeitragsmonate in der gesetzlichen Rentenversicherung der Arbeiter vorgemerkt.
Noch im Jahre 1986 kehrte sie nach Mazedonien zurück und war dort nicht mehr erwerbstätig (Arbeitslosmeldung im Heimatland vom 23.12.1986 bis 17.10.1990). Vom 27.12.1991 bis 16.01.1992 und 16.03. bis 05.05.1995 wurde sie erstmals stationär wegen paranoid-halluzinatorischen Syndroms behandelt und stellte am 24.05.1995 ihren ersten Antrag auf Rente wegen Erwerbsunfähigkeit oder Berufsunfähigkeit.
Die Invalidenkommission in Skopje kam auf Grund des ärztlichen Gutachtens vom 05.07.1995 zu dem Ergebnis, dass die Klägerin trotz eines paranoiden Syndroms "zur Verrichtung ihrer Arbeit fähig" sei. Nach Einholung einer Stellungnahme des Prüfarztes Dr. D. lehnte die Beklagte die Gewährung einer Rente mit verbindlich gewordenem Bescheid vom 16.10.1995 ab, weil die Klägerin bei paranoidem Syndrom, derzeit erscheinungsfrei, in der Lage sei, vollschichtig mittelschwere Arbeiten ohne besonderen Zeitdruck zu verrichten; außerdem bestünde wegen Nichterfüllung der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen auch dann keinen Rentenanspruch, wenn Erwerbsunfähigkeit oder Berufsunfähigkeit im Mai 1995 eingetreten wäre.
Unter Bezug auf den von der Beklagten erteilten Bescheid vom 11.03.1996 wegen Feststellung von Kindererziehungszeiten (mit Versicherungsverlauf und Rentenauskunft) teilte die Klägerin der Beklagten mit Schreiben vom 25.03.1996 mit, ihr Gesundheitszustand sei zu erörtern. Sie werde wegen Depressionen behandelt, ihr Zustand habe sich verschlechtert, sie traue sich seit zwei Jahren nicht aus dem Haus und stelle schon einen regelrechten Pflegefall dar. Mit Bescheid vom 17.04.1996 entschied die Beklagte, die Überprüfung durch den Ärztlichen Dienst habe keine Änderung der dem ablehnenden Rentenbescheid vom 16.10.1995 zu Grunde liegenden Gesichtspunkte erbracht, und es bestehe weiterhin kein Rentenanspruch.
Am 04.03.1997 stellte die Klägerin bei der örtlichen Verbindungsstelle in Mazedonien erneut einen Rentenantrag und wurde auf Grund dessen in ihrem Heimatland ab 31.10.1997 berentet. Zu Grunde lagen hierbei u.a. ärztliche Unterlagen über stationäre Behandlungen vom 30.04. bis 14.06.1996 und 19.11. bis 24.12. 1996 wegen paranoid-halluzinatorischen Syndroms (depressive Schübe mit florider schizophrener Symptomatologie) und das Gutachten der Invalidenkommission vom 22.01.1998 mit der Diagnose Psychose - schizophrenes Bild und der Schlussfolgerung auf eine andauernde vollständige Arbeitsunfähigkeit seit dem 31.10.1997.
Die Beklagte lehnte die Rentengewährung ohne Einholung einer Stellungnahme ihres Ärztlichen Dienstes mit streitgegenständlichem Bescheid vom 18.05.1998 ab, weil hierfür - ausgehend von einem im März 1997 gestellten Rentenantrag - die rentenrechtlichen Voraussetzungen nicht erfüllt seien. Dem Bescheid war folgender Hinweis angefügt: "Da die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nicht erfüllt sind, haben wir nicht geprüft, ob Berufs- bzw. Erwerbsunfähigkeit vorliegt. Dadurch sollen unnötige ärztliche Begutachtungen vermieden werden. Wir werden diesen Bescheid jedoch überprüfen, falls Sie der Ansicht sind, dass die Erwerbsminderung bereits zu einem früheren Zeitpunkt, an dem die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen noch erfüllt waren, eingetreten ist."
Der hiergegen erhobene Widerspruch, mit dem die Klägerin ihre Erwerbsunfähigkeit und den Rentenbezug in Mazedonien geltend machte, wurde mit Widerspruchsbescheid vom 15.07.1998 zurückgewiesen. Der Hinweis im Bescheid vom 18.05.1998 wurde wiederholt und angefügt, dass die Beklagte gegebenenfalls einen erneuten rechtsmittelfähigen Bescheid erteilen werde und es für diesen Fall einer Klage nicht bedürfe.
Mit der Klage vor dem Sozialgericht Landshut machte die Klägerin geltend, es sei unklar, warum ihr die Rente versagt worden sei, denn sie sei sicher arbeitsunfähig und generell erwerbsunfähig; ihre Erkrankung habe im Jahre 1993 (gemeint wohl 1991) begonnen.
Ohne Anstellung von Ermittlungen und ohne Einholung eines Gutachtens wies das Sozialgericht die Klage mit Urteil vom 25.06.1999 ab, wobei es in der Begründung auf die Ausführungen des Widerspruchsbescheides vom 15.07.1998 verwies und im Übrigen ausführte, insbesondere sei darauf hinzuweisen, dass bis zum 16.10.1995 "rechtskräftig entschieden" sei, dass Berufs- bzw. Erwerbsunfähigkeit bei der Klägerin nicht vorliege. Schon zum Zeitpunkt der Antragstellung am 24.05.1995 habe die Klägerin auf Grund eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruches keine Anwartschaftserhaltungszeiten mehr begründen können, da der letzte Pflichtbeitrag vom November 1986 datiere. Auch für einen im Jahr 1993 eingetretenen Versicherungsfall seien die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nicht erfüllt, denn der letzte Pflichtbeitrag liege im November 1986. Darüber hinaus fehle der Klägerin das Rechtschutzbedürfnis für die Klage, denn die Beklagte habe zugesichert, über den Rentenantrag zu entscheiden, falls die Klägerin einen früheren Versicherungsfall geltend mache. Auf Grund ihrer Hinweise und dem Vorbringen der Klägerin, die Berufs- und Erwerbsunfähigkeit sei schon 1993 eingetreten, werde die Beklagte daher den medizinischen Sachverhalt aufzuklären haben und über den Rentenanspruch der Klägerin durch rechtsmittelfähigen Bescheid unter Berücksichtigung der Ergebnisse der medizinischen Sachaufklärung zu entscheiden haben.
Mit dem Rechtsmittel der Berufung macht die Klägerin geltend, sie sei Bezieherin einer mazedonischen Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, und im Gutachten der Invalidenkommission vom 22.01. 1998 sei ihr Erwerbsvermögen als aufgehoben beurteilt worden, was auch ihrem tatsächlichen Gesundheitsempfinden entspreche. Die Beklagte hielt neue Gesichtspunkte, die ihre angefochtene Entscheidung in Frage stellen könnten, nicht für gegeben. Im Übrigen seien die Ausführungen im Urteil des Erstgerichts nicht nachvollziehbar, wenn einerseits festgestellt werde, dass "rechtskräftig" entschieden sei, dass Berufs- bzw. Erwerbsunfähigkeit bis 16.10.1995 nicht vorgelegen habe, darüber hinaus für einen im Jahr 1993 eingetretenen "Versicherungsfall" die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nicht erfüllt seien, andererseits aber festgestellt werde, die Beklagte habe medizinisch aufzuklären, ob eine Berufs- bzw. Erwerbsunfähigkeit schon 1993 eingetreten sei.
Gleichwohl leitete die Beklagte eine Untersuchung der Klägerin in der Ärztlichen Gutachterstelle Regensburg vom 06.11. bis 08.11.2000 ein. Dort wurden technische Befunde erhoben (Röntgenfilme, EKG, Laborwerte) und fand eine allgemeinärztliche Untersuchung statt. Außerdem erstellte der Psychiater Dr. M. das Gutachten vom 10.11.2000 mit den Diagnosen "chronische Psychose aus dem schizophrenen Formenkreis und wirbelsäulenabhängige Beschwerden bei Abnützungserscheinungen". Dr. M. führte aus, dass internistisch und neurologisch keine krankhaften Befunde erhoben werden konnten, es seien auch keine Funktionseinschränkungen an der Wirbelsäule und den Extremitäten der Klägerin festgestellt worden. Diese könne wegen der Psychose keine Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts mehr ausüben. Die Beurteilung des Leistungsvermögens mit weniger als drei Stunden täglich gelte ab 04.03.1997. Eine erneute Verbescheidung erfolgte nicht.
Die Klägerin beantragt (sinngemäß), das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 25.06.1999 und den Bescheid vom 18.05.1998 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.07.1998 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit zu zahlen.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen,
und begründet dies unter Bezug auf das von ihr eingeholte Gutachten damit, dass der Eintritt der Erwerbsminderung für einen Zeitpunkt, zu dem die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für einen Rentenanspruch noch erfüllt seien, nicht festgestellt werden konnte.
Dem Senat lagen zur Entscheidung die Prozessakten beider Rechtszüge vor. Zur Ergänzung des Tatbestands - insbesondere hinsichtlich der ärztlichen Unterlagen - wird hierauf sowie auf die zu Beweiszwecken beigezogene Versichertenakte der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung (§§ 143 ff, 151 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG -) ist zulässig, jedoch in der Hauptsache nicht begründet.
Auch der Senat ist - aber aus wesentlich anderen Gründen als das Sozialgericht - zu der Überzeugung gelangt, dass der Klägerin keine Rente wegen Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit bzw. wegen teilweiser oder voller Erwerbsminderung zusteht. Zwar ist die Klägerin erwerbsunfähig bzw. voll erwerbsgemindert. Zur Begründung eines diesbezüglichen Rentenanspruchs bedarf es aber nicht nur der Erfüllung der medizinischen, sondern auch der rechtlichen Voraussetzungen. Die Klägerin hat nicht erkannt oder bisher nicht verstanden, dass es wegen des Fehlens versicherungsrechtlich relevanter Zeiten seit November 1986 bis zum Eintritt der Erwerbsunfähigkeit bzw. der vollen Erwerbsminderung nach den deutschen Rentengesetzen nicht möglich ist, einen Anspruch auf Leistungen wegen Erwerbs- oder Berufsunfähigkeit bzw. wegen teilweiser oder voller Erwerbsminderung zu erwerben, auch wenn die medizinischen Voraussetzungen für eine Berentung erfüllt sind.
1. Die Zurückweisung der Klage durch das Sozialgericht ist (nur) im Ergebnis nicht zu beanstanden; festzustellen bleibt aber, dass die Begründung des sozialgerichtlichen Urteils in wesentlichen Punkten unrichtig ist. Nicht annähernd nachvollzogen werden kann die Auffassung, dass der Klage das Rechtschutzbedürfnis fehle, weil die Beklagte eine erneute Überprüfung und Verbescheidung zugesichert habe, falls die Klägerin einen früheren Eintritt der Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit geltend mache. Bei fehlendem Rechtschutzbedürfnis (Prozessvoraussetzung) wäre die Klage wegen Unzulässigkeit abzuweisen gewesen, wohingegen das Sozialgericht sein Urteil maßgebend auf die Unbegründetheit der Klage gestützt hat, wobei sich die diesbezüglichen Ausführungen dann als irrelevant erübrigt hätten. Im Übrigen ist festzustellen, dass die Klage zulässig gewesen ist. Bereits die Verfahrensweise der Beklagten ist rechtswidrig gewesen, als sie den medizinischen Sachverhalt nicht hinreichend aufgeklärt hat, obwohl es ihre Pflicht gewesen wäre. Sie hatte von vornherein alle Voraussetzungen eines Rentenanspruchs vollständig abzuklären und durfte nicht die ihr möglichen und zumutbaren Ermittlungen für den Fall zurückstellen, dass die Klägerin mit dem bisherigen vorläufigen Ergebnis nicht einverstanden sein werde. Das Inaussichtstellen einer ordnungsgemäßen künftigen Prüfung und einer deshalb erst sachgerechten Entscheidung beseitigt nicht die aktuelle Beschwer der Klägerin durch einen ablehnenden Rentenbescheid bei ungenügend geklärtem Sachverhalt. Darüber hinaus muss das Sozialgericht darauf hingewiesen werden, dass eine spätere Überprüfung und Verbescheidung, die gemäß § 44 des Sozialgesetzesbuches Teil X erfolgen müsste, die Rechtsposition der Klägerin verschlechtern würde, im Übrigen auch in tatsächlicher Hinsicht wegen Zeitablaufs erschweren könnte.
Neben der Sache liegt auch der Hinweis im sozialgerichtlichen Urteil, dass die Beklagte den medizinischen Sachverhalt noch im Hinblick auf den Eintritt einer Erwerbsunfähigkeit bzw. Berufsunfähigkeit aufzuklären und einen rechtsmittelfähigen Bescheid zu erteilen habe. Es ist zwar richtig, dass die Beklagte die Sachverhaltsaufklärung vernachlässigt hat; nachdem aber ein Klageverfahren anhängig gewesen ist, oblag es nun dem Sozialgericht selbst, den Sachverhalt zu ermitteln und Beweise zu erheben (§§ 103, 106 SGG).
Nicht nachvollziehbar ist der Hinweis des Sozialgerichts auf einen möglichen Eintritt der Erwerbsunfähigkeit der Klägerin im Jahre 1993. Bei dem diesbezüglichen Vortrag der Klägerin im Klageschriftsatz handelte sich offenbar um ein Versehen, weil sowohl laut ihrem zweimaligen aktenkundigen Vorbringen als auch nach den ärztlichen Unterlagen der Beginn einer ernstlichen Erkrankung im Jahre 1991 liegen soll. Bei Eintritt der Berufsunfähigkeit und Erwerbsunfähigkeit im Jahre 1993 wie auch im Jahre 1991 würden sich im Übrigen Ermittlungen der Beklagten erübrigen, weil auch in diesem Falle die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nicht erfüllt wären.
Es ist auch nicht verständlich, wie sich der Hinweis des Sozialgerichts damit vereinbaren lässt, dass nach dessen weiteren Ausführungen bis zum 16.10.1995 "rechtskräftig" (gemeint sein kann mangels eines Urteils damit nur rechtsverbindlich bzw. bindend) entschieden ist, dass Berufsunfähigkeit bzw. Erwerbsunfähigkeit bei der Klägerin nicht vorliege. Verbindlich geworden ist aber nur der Verfügungssatz (Regelungssatz) des Bescheids vom 16.10.1995, dass Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit (bis Oktober 1995) nicht zu zahlen sei. Die Gründe hierfür nehmen an der Verbindlichkeit nicht teil. Die Verbindlichkeit der Verfügungssätze (Regelungssätze) von Verwaltungsakten kann nicht weitergehender sein als die Rechtskraft von Urteilen. Die Feststellung, ob zu einem bestimmten Zeitpunkt Berufsunfähigkeit oder Erwerbsunfähigkeit eingetreten ist oder nicht, nimmt bei ablehnenden Rentenbescheiden nicht an der Verbindlichkeit des Regelungssatzes teil, stellt nur einen Bestandteil der (unverbindlichen) Begründung dar (BSG vom 28.04. 1989 - 5 RJ 39/88 in Breithaupt 1990, 82). Mithin wäre es auch bei einem erneuten Rentenantrag vom 04.03.1997 (mit der Möglichkeit der Rentengewährung erst ab diesem Jahr) für die Beklagte und das Sozialgericht nicht nur zulässig, sondern auch geboten gewesen, den Eintritt der Erwerbsunfähigkeit bzw. Berufsunfähigkeit für die vorliegend in Frage stehende Zeit ab November 1986 ohne Beachtung des ablehnenden Bescheids vom 16.10.1995 in vollem Umfang zu prüfen, ohne dass zuvor ein Antrag gemäß § 44 SGB X und eine entsprechende Verbescheidung durch die Beklagte vorausgegangen sind.
2. Der Klägerin steht keine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit oder Berufsunfähigkeit (bzw. wegen teilweiser oder voller Erwerbsminderung) zu. Sie ist zwar erwerbsunfähig (bzw. voll erwerbsgemindert) und erfüllt auch die allgemeine Wartezeit von 60 Monaten. Die Berufsunfähigkeit und Erwerbsunfähigkeit (bzw. Erwerbsminderung) ist aber nicht bis zum Ende des Jahres 1988 eingetreten, sodass die Voraussetzung der §§ 43 Abs. 1 Nr. 2, 44 Abs. 1 Nr. 2 des Sozialgesetzbuches Teil VI - SGB VI - (in der ab 01.01.1992 geltenden Fassung bzw. § 43 Abs. 2 Nr. 2 SGB VI in der ab 01.01.2001 geltenden Fassung) nicht erfüllt ist, dass innerhalb der letzten fünf Jahre vor Eintritt der Berufsunfähigkeit oder Erwerbsunfähigkeit (bzw. Erwerbsminderung) mindestens drei Jahre Pflichtbeitragszeiten (36 Monate mit Pflichtbeiträgen) liegen müssen.
Nachdem der letzte Pflichtbeitrag der Klägerin vom November 1986 stammt und von Dezember 1986 bis einschließlich Dezember 1988 (25 Monate) keine Pflichtbeiträge entrichtet worden sind, können bei der bestehenden Lücke von hier 25 Monaten (im Januar 1989) 36 Pflichtbeitragsmonate innerhalb von 60 Monaten nicht mehr erreicht werden. Eine Lücke von mehr als 24 Monate ist rentenschädlich, weil die Klägerin nicht über Schiebetatbestände (§ 43 Abs. 3, § 44 Abs. 4 SGB VI) verfügt.
Die zweite Möglichkeit zur Zahlung einer Rente bei Vorliegen einer Minderung der Erwerbsfähigkeit eröffnen §§ 240 Abs. 2, 241 Abs. 2 SGB VI. Danach sind 36 Pflichtbeitragsmonate innerhalb der letzten 60 Monate vor Eintritt der Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit (bzw. Erwerbsminderung) nicht erforderlich, wenn jeder Kalendermonat vom 01.01.1984 bis zum Kalendermonat vor Eintritt der Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit (bzw. Erwerbsminderung) mit Beitragszeiten (freiwillige Beiträge oder Pflichtbeiträge), Anrechnungszeiten, Berücksichtigungszeiten oder sonstigen Anwartschaftserhaltungszeiten belegt ist. Über solche Zeiten verfügt die Klägerin aber nicht ab Dezember 1986, sodass bei Eintritt der Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit im Januar 1989 oder später eine Rentengewährung ausgeschlossen ist.
3. Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit der Klägerin ist mit Sicherheit erst in den Jahren 1996/97 - insoweit erscheint die stationäre Aufnahme vom 30.04. bis 19.06.1996 von großer Bedeutung - eingetreten; es besteht zwar noch die Möglichkeit - die aber Eintritt des Leistungsfalls im Jahre 1995 (zweite stationäre Behandlung) oder im Jahre 1991 (erste stationäre Behandlung) zu denken. Ein Leistungsfall vor Januar 1989 kann aber keineswegs objektiviert werden.
Der Senat hat sich bei der Beurteilung des medizinischen Sachverhalts auf die Gutachten der Invalidenkommission vom 05.07.1995 und 22.01.1998 sowie des Dr. M. vom 10.11.2000 gestützt und hierbei alle seit 1991 vorliegenden Arztbriefe und Krankenhausberichte ausgewertet. Bei dem vorliegenden Sachverhalt erschien die Einholung eines Sachverständigengutachtens nicht mehr angebracht und die Auswertung der Unterlagen im Wege des Urkundsbeweises ausreichend.
Für eine Rente wegen Berufs- und Erwerbsunfähigkeit gilt Folgendes: Berufsunfähig sind Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung auf weniger als die Hälfte derjenigen von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten gesunken ist. Erwerbsunfähig sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, eine Erwerbstätigkeit in gewisser Regelmäßigkeit auszuüben oder Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen zu erzielen, das ein Siebtel der monatlichen Bezugsgröße (bzw. monatlich 630,00 DM) übersteigt (§ 43 Abs. 2 Satz 1 und § 44 Abs. 2 Satz 1 SGB VI in den ab 01.01.1992 geltenden Fassungen). Für Renten wegen teilweiser oder voller Erwerbsminderung, die die Renten wegen Berufs- und Erwerbsunfähigkeit bei neuen Zugangsfällen" abgelöst haben, gilt Folgendes: Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen. Voll erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 Satz 2 SGB VI in der ab 01.01.2001 geltenden Fassung).
Bei der Klägerin ist eine seit dem Jahre 1991 bestehende Psychose aus dem schizophrenen Formenkreis feststellbar, die sich im Laufe der Zeit verschlimmert und chronifiziert hat. Ein akuter psychotischer Zustand ist im Dezember 1991 aufgetreten und hat zur stationären Behandlung vom 27.12.1991 bis 16.01.1992 geführt (polymedikamentöse Intoxikation nach Selbstmordversuch mit Psychopharmaka). In der Folgezeit blieb die Klägerin weitgehend unauffällig. Größere psychotische Episoden (auditive Halluzinationen, Paranoia, nicht nivelisierte Affekte und bizarre somatische Sensationen) sind in den Jahren 1995/96 aufgetreten und haben zu drei stationären Behandlungen geführt, wobei sowohl nach den vorliegenden Berichten über die stationären und ambulanten Behandlungen als auch nach dem zusammenfassenden Bericht des Neuropsychiaters Dr. D. (private Gesundheitsorganisation A.) vom 06.10.1997 eine Remission aufgetreten ist. Das Krankheitsbild erschien in den Anfangsjahren nicht sehr schwerwiegend. So konnte die Invalidenkommission Skopje neben einer Schlaflosigkeit nur eine leichte Ängstlichkeit und eine blassere" Paranoia (Angst und Gedanken, dass mit dem Ehegatten oder den Kindern etwas Schlimmes passieren könne) feststellen, aber keine sonstigen psychopathologischen Elemente (Gutachten vom 05.07.1995). Psychotische Episoden von größerem Gewicht, aber noch von kürzerer Dauer, sind erst seit dem Jahre 1995 gehäuft aufgetreten, und haben eine größere Beeinträchtigung der Klägerin ergeben (1996 erstmaliges Auftreten von Stimmenhören). Wenn sich die akuten Krankheitsphasen auch immer wieder zurückgebildet haben - so berichtete Dr. D. im Jahre 1997 sogar von einer zufriedenstellenden Remission - so sind andererseits im Krankheitsverlauf nach 1995 Zeichen einer postpsychotischen Depression bzw. behandlungsbedingten (pharmakogenen) Depression festgestellt worden.
Rentenrelevante qualitative und quantitative Einschränkungen des Erwerbsvermögens der Klägerin bestehen daher sicher ab 1997, eventuell schon ab 1995. Dieser Zustand lässt sich aber nicht in die Zeit vor Januar 1989 projizieren. Hierfür fehlt es an medizinischen Befunden (Die Behandlung der Klägerin ist erst ab 1991, und dann noch mit einer Lücke von mehreren Jahren, dokumentiert), weiterhin fehlt es im Zeitraum von 1991 bis einschließlich 1995 an schwerwiegenden Befunden, die nicht nur vorübergehende Arbeitsunfähigkeit, sondern auch eine anhaltende Einschränkung des Erwerbsvermögens der Klägerin begründen könnten. Der gesamte Krankheitsverlauf mit schubweisen, immer häufiger werdenden Phasen ab 1991 deckt sich mit der Tatsache, dass die Klägerin noch vom 23.12.1986 bis 17.10.1990 in ihrem Heimatland arbeitslos gemeldet war, und mit ihren zweimaligen Angaben über den Krankheitsbeginn bzw. dem Auftreten wesentlicher Krankheitszeichen im Jahre 1991.
Auf Grund des gesamten Sachverhalts kann eine Gesundheitsstörung, die das Erwerbsvermögen der Klägerin wesentlich - vor allem in zeitlicher Hinsicht - eingeschränkt hätte, vor Januar 1989 nicht festgestellt werden, und sind damit die rechtlichen Voraussetzungen einer Rentengewährung nicht erfüllt.
Daher war die Berufung mit der Kostenfolge aus § 193 SGG zurückzuweisen. Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG sind nicht ersichtlich.
II. Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig zwischen den Prozessbeteiligten ist ein Anspruch auf Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit.
Die im Jahre 1951 in Mazedonien geborene Klägerin hat keinen Beruf erlernt und ist von August 1967 bis Mai 1969 18,5 Monate in ihrem Heimatland erwerbstätig gewesen. In der Bundesrepublik Deutschland war sie von Oktober 1970 bis November 1986 als Fabrikarbeiterin (maschinelle Herstellung von Papierservietten) versicherungspflichtig beschäftigt; unter Berücksichtigung von Kindererziehungszeiten wurden für sie 190 Pflichtbeitragsmonate in der gesetzlichen Rentenversicherung der Arbeiter vorgemerkt.
Noch im Jahre 1986 kehrte sie nach Mazedonien zurück und war dort nicht mehr erwerbstätig (Arbeitslosmeldung im Heimatland vom 23.12.1986 bis 17.10.1990). Vom 27.12.1991 bis 16.01.1992 und 16.03. bis 05.05.1995 wurde sie erstmals stationär wegen paranoid-halluzinatorischen Syndroms behandelt und stellte am 24.05.1995 ihren ersten Antrag auf Rente wegen Erwerbsunfähigkeit oder Berufsunfähigkeit.
Die Invalidenkommission in Skopje kam auf Grund des ärztlichen Gutachtens vom 05.07.1995 zu dem Ergebnis, dass die Klägerin trotz eines paranoiden Syndroms "zur Verrichtung ihrer Arbeit fähig" sei. Nach Einholung einer Stellungnahme des Prüfarztes Dr. D. lehnte die Beklagte die Gewährung einer Rente mit verbindlich gewordenem Bescheid vom 16.10.1995 ab, weil die Klägerin bei paranoidem Syndrom, derzeit erscheinungsfrei, in der Lage sei, vollschichtig mittelschwere Arbeiten ohne besonderen Zeitdruck zu verrichten; außerdem bestünde wegen Nichterfüllung der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen auch dann keinen Rentenanspruch, wenn Erwerbsunfähigkeit oder Berufsunfähigkeit im Mai 1995 eingetreten wäre.
Unter Bezug auf den von der Beklagten erteilten Bescheid vom 11.03.1996 wegen Feststellung von Kindererziehungszeiten (mit Versicherungsverlauf und Rentenauskunft) teilte die Klägerin der Beklagten mit Schreiben vom 25.03.1996 mit, ihr Gesundheitszustand sei zu erörtern. Sie werde wegen Depressionen behandelt, ihr Zustand habe sich verschlechtert, sie traue sich seit zwei Jahren nicht aus dem Haus und stelle schon einen regelrechten Pflegefall dar. Mit Bescheid vom 17.04.1996 entschied die Beklagte, die Überprüfung durch den Ärztlichen Dienst habe keine Änderung der dem ablehnenden Rentenbescheid vom 16.10.1995 zu Grunde liegenden Gesichtspunkte erbracht, und es bestehe weiterhin kein Rentenanspruch.
Am 04.03.1997 stellte die Klägerin bei der örtlichen Verbindungsstelle in Mazedonien erneut einen Rentenantrag und wurde auf Grund dessen in ihrem Heimatland ab 31.10.1997 berentet. Zu Grunde lagen hierbei u.a. ärztliche Unterlagen über stationäre Behandlungen vom 30.04. bis 14.06.1996 und 19.11. bis 24.12. 1996 wegen paranoid-halluzinatorischen Syndroms (depressive Schübe mit florider schizophrener Symptomatologie) und das Gutachten der Invalidenkommission vom 22.01.1998 mit der Diagnose Psychose - schizophrenes Bild und der Schlussfolgerung auf eine andauernde vollständige Arbeitsunfähigkeit seit dem 31.10.1997.
Die Beklagte lehnte die Rentengewährung ohne Einholung einer Stellungnahme ihres Ärztlichen Dienstes mit streitgegenständlichem Bescheid vom 18.05.1998 ab, weil hierfür - ausgehend von einem im März 1997 gestellten Rentenantrag - die rentenrechtlichen Voraussetzungen nicht erfüllt seien. Dem Bescheid war folgender Hinweis angefügt: "Da die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nicht erfüllt sind, haben wir nicht geprüft, ob Berufs- bzw. Erwerbsunfähigkeit vorliegt. Dadurch sollen unnötige ärztliche Begutachtungen vermieden werden. Wir werden diesen Bescheid jedoch überprüfen, falls Sie der Ansicht sind, dass die Erwerbsminderung bereits zu einem früheren Zeitpunkt, an dem die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen noch erfüllt waren, eingetreten ist."
Der hiergegen erhobene Widerspruch, mit dem die Klägerin ihre Erwerbsunfähigkeit und den Rentenbezug in Mazedonien geltend machte, wurde mit Widerspruchsbescheid vom 15.07.1998 zurückgewiesen. Der Hinweis im Bescheid vom 18.05.1998 wurde wiederholt und angefügt, dass die Beklagte gegebenenfalls einen erneuten rechtsmittelfähigen Bescheid erteilen werde und es für diesen Fall einer Klage nicht bedürfe.
Mit der Klage vor dem Sozialgericht Landshut machte die Klägerin geltend, es sei unklar, warum ihr die Rente versagt worden sei, denn sie sei sicher arbeitsunfähig und generell erwerbsunfähig; ihre Erkrankung habe im Jahre 1993 (gemeint wohl 1991) begonnen.
Ohne Anstellung von Ermittlungen und ohne Einholung eines Gutachtens wies das Sozialgericht die Klage mit Urteil vom 25.06.1999 ab, wobei es in der Begründung auf die Ausführungen des Widerspruchsbescheides vom 15.07.1998 verwies und im Übrigen ausführte, insbesondere sei darauf hinzuweisen, dass bis zum 16.10.1995 "rechtskräftig entschieden" sei, dass Berufs- bzw. Erwerbsunfähigkeit bei der Klägerin nicht vorliege. Schon zum Zeitpunkt der Antragstellung am 24.05.1995 habe die Klägerin auf Grund eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruches keine Anwartschaftserhaltungszeiten mehr begründen können, da der letzte Pflichtbeitrag vom November 1986 datiere. Auch für einen im Jahr 1993 eingetretenen Versicherungsfall seien die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nicht erfüllt, denn der letzte Pflichtbeitrag liege im November 1986. Darüber hinaus fehle der Klägerin das Rechtschutzbedürfnis für die Klage, denn die Beklagte habe zugesichert, über den Rentenantrag zu entscheiden, falls die Klägerin einen früheren Versicherungsfall geltend mache. Auf Grund ihrer Hinweise und dem Vorbringen der Klägerin, die Berufs- und Erwerbsunfähigkeit sei schon 1993 eingetreten, werde die Beklagte daher den medizinischen Sachverhalt aufzuklären haben und über den Rentenanspruch der Klägerin durch rechtsmittelfähigen Bescheid unter Berücksichtigung der Ergebnisse der medizinischen Sachaufklärung zu entscheiden haben.
Mit dem Rechtsmittel der Berufung macht die Klägerin geltend, sie sei Bezieherin einer mazedonischen Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, und im Gutachten der Invalidenkommission vom 22.01. 1998 sei ihr Erwerbsvermögen als aufgehoben beurteilt worden, was auch ihrem tatsächlichen Gesundheitsempfinden entspreche. Die Beklagte hielt neue Gesichtspunkte, die ihre angefochtene Entscheidung in Frage stellen könnten, nicht für gegeben. Im Übrigen seien die Ausführungen im Urteil des Erstgerichts nicht nachvollziehbar, wenn einerseits festgestellt werde, dass "rechtskräftig" entschieden sei, dass Berufs- bzw. Erwerbsunfähigkeit bis 16.10.1995 nicht vorgelegen habe, darüber hinaus für einen im Jahr 1993 eingetretenen "Versicherungsfall" die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nicht erfüllt seien, andererseits aber festgestellt werde, die Beklagte habe medizinisch aufzuklären, ob eine Berufs- bzw. Erwerbsunfähigkeit schon 1993 eingetreten sei.
Gleichwohl leitete die Beklagte eine Untersuchung der Klägerin in der Ärztlichen Gutachterstelle Regensburg vom 06.11. bis 08.11.2000 ein. Dort wurden technische Befunde erhoben (Röntgenfilme, EKG, Laborwerte) und fand eine allgemeinärztliche Untersuchung statt. Außerdem erstellte der Psychiater Dr. M. das Gutachten vom 10.11.2000 mit den Diagnosen "chronische Psychose aus dem schizophrenen Formenkreis und wirbelsäulenabhängige Beschwerden bei Abnützungserscheinungen". Dr. M. führte aus, dass internistisch und neurologisch keine krankhaften Befunde erhoben werden konnten, es seien auch keine Funktionseinschränkungen an der Wirbelsäule und den Extremitäten der Klägerin festgestellt worden. Diese könne wegen der Psychose keine Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts mehr ausüben. Die Beurteilung des Leistungsvermögens mit weniger als drei Stunden täglich gelte ab 04.03.1997. Eine erneute Verbescheidung erfolgte nicht.
Die Klägerin beantragt (sinngemäß), das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 25.06.1999 und den Bescheid vom 18.05.1998 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.07.1998 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit zu zahlen.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen,
und begründet dies unter Bezug auf das von ihr eingeholte Gutachten damit, dass der Eintritt der Erwerbsminderung für einen Zeitpunkt, zu dem die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für einen Rentenanspruch noch erfüllt seien, nicht festgestellt werden konnte.
Dem Senat lagen zur Entscheidung die Prozessakten beider Rechtszüge vor. Zur Ergänzung des Tatbestands - insbesondere hinsichtlich der ärztlichen Unterlagen - wird hierauf sowie auf die zu Beweiszwecken beigezogene Versichertenakte der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung (§§ 143 ff, 151 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG -) ist zulässig, jedoch in der Hauptsache nicht begründet.
Auch der Senat ist - aber aus wesentlich anderen Gründen als das Sozialgericht - zu der Überzeugung gelangt, dass der Klägerin keine Rente wegen Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit bzw. wegen teilweiser oder voller Erwerbsminderung zusteht. Zwar ist die Klägerin erwerbsunfähig bzw. voll erwerbsgemindert. Zur Begründung eines diesbezüglichen Rentenanspruchs bedarf es aber nicht nur der Erfüllung der medizinischen, sondern auch der rechtlichen Voraussetzungen. Die Klägerin hat nicht erkannt oder bisher nicht verstanden, dass es wegen des Fehlens versicherungsrechtlich relevanter Zeiten seit November 1986 bis zum Eintritt der Erwerbsunfähigkeit bzw. der vollen Erwerbsminderung nach den deutschen Rentengesetzen nicht möglich ist, einen Anspruch auf Leistungen wegen Erwerbs- oder Berufsunfähigkeit bzw. wegen teilweiser oder voller Erwerbsminderung zu erwerben, auch wenn die medizinischen Voraussetzungen für eine Berentung erfüllt sind.
1. Die Zurückweisung der Klage durch das Sozialgericht ist (nur) im Ergebnis nicht zu beanstanden; festzustellen bleibt aber, dass die Begründung des sozialgerichtlichen Urteils in wesentlichen Punkten unrichtig ist. Nicht annähernd nachvollzogen werden kann die Auffassung, dass der Klage das Rechtschutzbedürfnis fehle, weil die Beklagte eine erneute Überprüfung und Verbescheidung zugesichert habe, falls die Klägerin einen früheren Eintritt der Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit geltend mache. Bei fehlendem Rechtschutzbedürfnis (Prozessvoraussetzung) wäre die Klage wegen Unzulässigkeit abzuweisen gewesen, wohingegen das Sozialgericht sein Urteil maßgebend auf die Unbegründetheit der Klage gestützt hat, wobei sich die diesbezüglichen Ausführungen dann als irrelevant erübrigt hätten. Im Übrigen ist festzustellen, dass die Klage zulässig gewesen ist. Bereits die Verfahrensweise der Beklagten ist rechtswidrig gewesen, als sie den medizinischen Sachverhalt nicht hinreichend aufgeklärt hat, obwohl es ihre Pflicht gewesen wäre. Sie hatte von vornherein alle Voraussetzungen eines Rentenanspruchs vollständig abzuklären und durfte nicht die ihr möglichen und zumutbaren Ermittlungen für den Fall zurückstellen, dass die Klägerin mit dem bisherigen vorläufigen Ergebnis nicht einverstanden sein werde. Das Inaussichtstellen einer ordnungsgemäßen künftigen Prüfung und einer deshalb erst sachgerechten Entscheidung beseitigt nicht die aktuelle Beschwer der Klägerin durch einen ablehnenden Rentenbescheid bei ungenügend geklärtem Sachverhalt. Darüber hinaus muss das Sozialgericht darauf hingewiesen werden, dass eine spätere Überprüfung und Verbescheidung, die gemäß § 44 des Sozialgesetzesbuches Teil X erfolgen müsste, die Rechtsposition der Klägerin verschlechtern würde, im Übrigen auch in tatsächlicher Hinsicht wegen Zeitablaufs erschweren könnte.
Neben der Sache liegt auch der Hinweis im sozialgerichtlichen Urteil, dass die Beklagte den medizinischen Sachverhalt noch im Hinblick auf den Eintritt einer Erwerbsunfähigkeit bzw. Berufsunfähigkeit aufzuklären und einen rechtsmittelfähigen Bescheid zu erteilen habe. Es ist zwar richtig, dass die Beklagte die Sachverhaltsaufklärung vernachlässigt hat; nachdem aber ein Klageverfahren anhängig gewesen ist, oblag es nun dem Sozialgericht selbst, den Sachverhalt zu ermitteln und Beweise zu erheben (§§ 103, 106 SGG).
Nicht nachvollziehbar ist der Hinweis des Sozialgerichts auf einen möglichen Eintritt der Erwerbsunfähigkeit der Klägerin im Jahre 1993. Bei dem diesbezüglichen Vortrag der Klägerin im Klageschriftsatz handelte sich offenbar um ein Versehen, weil sowohl laut ihrem zweimaligen aktenkundigen Vorbringen als auch nach den ärztlichen Unterlagen der Beginn einer ernstlichen Erkrankung im Jahre 1991 liegen soll. Bei Eintritt der Berufsunfähigkeit und Erwerbsunfähigkeit im Jahre 1993 wie auch im Jahre 1991 würden sich im Übrigen Ermittlungen der Beklagten erübrigen, weil auch in diesem Falle die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nicht erfüllt wären.
Es ist auch nicht verständlich, wie sich der Hinweis des Sozialgerichts damit vereinbaren lässt, dass nach dessen weiteren Ausführungen bis zum 16.10.1995 "rechtskräftig" (gemeint sein kann mangels eines Urteils damit nur rechtsverbindlich bzw. bindend) entschieden ist, dass Berufsunfähigkeit bzw. Erwerbsunfähigkeit bei der Klägerin nicht vorliege. Verbindlich geworden ist aber nur der Verfügungssatz (Regelungssatz) des Bescheids vom 16.10.1995, dass Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit (bis Oktober 1995) nicht zu zahlen sei. Die Gründe hierfür nehmen an der Verbindlichkeit nicht teil. Die Verbindlichkeit der Verfügungssätze (Regelungssätze) von Verwaltungsakten kann nicht weitergehender sein als die Rechtskraft von Urteilen. Die Feststellung, ob zu einem bestimmten Zeitpunkt Berufsunfähigkeit oder Erwerbsunfähigkeit eingetreten ist oder nicht, nimmt bei ablehnenden Rentenbescheiden nicht an der Verbindlichkeit des Regelungssatzes teil, stellt nur einen Bestandteil der (unverbindlichen) Begründung dar (BSG vom 28.04. 1989 - 5 RJ 39/88 in Breithaupt 1990, 82). Mithin wäre es auch bei einem erneuten Rentenantrag vom 04.03.1997 (mit der Möglichkeit der Rentengewährung erst ab diesem Jahr) für die Beklagte und das Sozialgericht nicht nur zulässig, sondern auch geboten gewesen, den Eintritt der Erwerbsunfähigkeit bzw. Berufsunfähigkeit für die vorliegend in Frage stehende Zeit ab November 1986 ohne Beachtung des ablehnenden Bescheids vom 16.10.1995 in vollem Umfang zu prüfen, ohne dass zuvor ein Antrag gemäß § 44 SGB X und eine entsprechende Verbescheidung durch die Beklagte vorausgegangen sind.
2. Der Klägerin steht keine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit oder Berufsunfähigkeit (bzw. wegen teilweiser oder voller Erwerbsminderung) zu. Sie ist zwar erwerbsunfähig (bzw. voll erwerbsgemindert) und erfüllt auch die allgemeine Wartezeit von 60 Monaten. Die Berufsunfähigkeit und Erwerbsunfähigkeit (bzw. Erwerbsminderung) ist aber nicht bis zum Ende des Jahres 1988 eingetreten, sodass die Voraussetzung der §§ 43 Abs. 1 Nr. 2, 44 Abs. 1 Nr. 2 des Sozialgesetzbuches Teil VI - SGB VI - (in der ab 01.01.1992 geltenden Fassung bzw. § 43 Abs. 2 Nr. 2 SGB VI in der ab 01.01.2001 geltenden Fassung) nicht erfüllt ist, dass innerhalb der letzten fünf Jahre vor Eintritt der Berufsunfähigkeit oder Erwerbsunfähigkeit (bzw. Erwerbsminderung) mindestens drei Jahre Pflichtbeitragszeiten (36 Monate mit Pflichtbeiträgen) liegen müssen.
Nachdem der letzte Pflichtbeitrag der Klägerin vom November 1986 stammt und von Dezember 1986 bis einschließlich Dezember 1988 (25 Monate) keine Pflichtbeiträge entrichtet worden sind, können bei der bestehenden Lücke von hier 25 Monaten (im Januar 1989) 36 Pflichtbeitragsmonate innerhalb von 60 Monaten nicht mehr erreicht werden. Eine Lücke von mehr als 24 Monate ist rentenschädlich, weil die Klägerin nicht über Schiebetatbestände (§ 43 Abs. 3, § 44 Abs. 4 SGB VI) verfügt.
Die zweite Möglichkeit zur Zahlung einer Rente bei Vorliegen einer Minderung der Erwerbsfähigkeit eröffnen §§ 240 Abs. 2, 241 Abs. 2 SGB VI. Danach sind 36 Pflichtbeitragsmonate innerhalb der letzten 60 Monate vor Eintritt der Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit (bzw. Erwerbsminderung) nicht erforderlich, wenn jeder Kalendermonat vom 01.01.1984 bis zum Kalendermonat vor Eintritt der Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit (bzw. Erwerbsminderung) mit Beitragszeiten (freiwillige Beiträge oder Pflichtbeiträge), Anrechnungszeiten, Berücksichtigungszeiten oder sonstigen Anwartschaftserhaltungszeiten belegt ist. Über solche Zeiten verfügt die Klägerin aber nicht ab Dezember 1986, sodass bei Eintritt der Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit im Januar 1989 oder später eine Rentengewährung ausgeschlossen ist.
3. Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit der Klägerin ist mit Sicherheit erst in den Jahren 1996/97 - insoweit erscheint die stationäre Aufnahme vom 30.04. bis 19.06.1996 von großer Bedeutung - eingetreten; es besteht zwar noch die Möglichkeit - die aber Eintritt des Leistungsfalls im Jahre 1995 (zweite stationäre Behandlung) oder im Jahre 1991 (erste stationäre Behandlung) zu denken. Ein Leistungsfall vor Januar 1989 kann aber keineswegs objektiviert werden.
Der Senat hat sich bei der Beurteilung des medizinischen Sachverhalts auf die Gutachten der Invalidenkommission vom 05.07.1995 und 22.01.1998 sowie des Dr. M. vom 10.11.2000 gestützt und hierbei alle seit 1991 vorliegenden Arztbriefe und Krankenhausberichte ausgewertet. Bei dem vorliegenden Sachverhalt erschien die Einholung eines Sachverständigengutachtens nicht mehr angebracht und die Auswertung der Unterlagen im Wege des Urkundsbeweises ausreichend.
Für eine Rente wegen Berufs- und Erwerbsunfähigkeit gilt Folgendes: Berufsunfähig sind Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung auf weniger als die Hälfte derjenigen von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten gesunken ist. Erwerbsunfähig sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, eine Erwerbstätigkeit in gewisser Regelmäßigkeit auszuüben oder Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen zu erzielen, das ein Siebtel der monatlichen Bezugsgröße (bzw. monatlich 630,00 DM) übersteigt (§ 43 Abs. 2 Satz 1 und § 44 Abs. 2 Satz 1 SGB VI in den ab 01.01.1992 geltenden Fassungen). Für Renten wegen teilweiser oder voller Erwerbsminderung, die die Renten wegen Berufs- und Erwerbsunfähigkeit bei neuen Zugangsfällen" abgelöst haben, gilt Folgendes: Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen. Voll erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 Satz 2 SGB VI in der ab 01.01.2001 geltenden Fassung).
Bei der Klägerin ist eine seit dem Jahre 1991 bestehende Psychose aus dem schizophrenen Formenkreis feststellbar, die sich im Laufe der Zeit verschlimmert und chronifiziert hat. Ein akuter psychotischer Zustand ist im Dezember 1991 aufgetreten und hat zur stationären Behandlung vom 27.12.1991 bis 16.01.1992 geführt (polymedikamentöse Intoxikation nach Selbstmordversuch mit Psychopharmaka). In der Folgezeit blieb die Klägerin weitgehend unauffällig. Größere psychotische Episoden (auditive Halluzinationen, Paranoia, nicht nivelisierte Affekte und bizarre somatische Sensationen) sind in den Jahren 1995/96 aufgetreten und haben zu drei stationären Behandlungen geführt, wobei sowohl nach den vorliegenden Berichten über die stationären und ambulanten Behandlungen als auch nach dem zusammenfassenden Bericht des Neuropsychiaters Dr. D. (private Gesundheitsorganisation A.) vom 06.10.1997 eine Remission aufgetreten ist. Das Krankheitsbild erschien in den Anfangsjahren nicht sehr schwerwiegend. So konnte die Invalidenkommission Skopje neben einer Schlaflosigkeit nur eine leichte Ängstlichkeit und eine blassere" Paranoia (Angst und Gedanken, dass mit dem Ehegatten oder den Kindern etwas Schlimmes passieren könne) feststellen, aber keine sonstigen psychopathologischen Elemente (Gutachten vom 05.07.1995). Psychotische Episoden von größerem Gewicht, aber noch von kürzerer Dauer, sind erst seit dem Jahre 1995 gehäuft aufgetreten, und haben eine größere Beeinträchtigung der Klägerin ergeben (1996 erstmaliges Auftreten von Stimmenhören). Wenn sich die akuten Krankheitsphasen auch immer wieder zurückgebildet haben - so berichtete Dr. D. im Jahre 1997 sogar von einer zufriedenstellenden Remission - so sind andererseits im Krankheitsverlauf nach 1995 Zeichen einer postpsychotischen Depression bzw. behandlungsbedingten (pharmakogenen) Depression festgestellt worden.
Rentenrelevante qualitative und quantitative Einschränkungen des Erwerbsvermögens der Klägerin bestehen daher sicher ab 1997, eventuell schon ab 1995. Dieser Zustand lässt sich aber nicht in die Zeit vor Januar 1989 projizieren. Hierfür fehlt es an medizinischen Befunden (Die Behandlung der Klägerin ist erst ab 1991, und dann noch mit einer Lücke von mehreren Jahren, dokumentiert), weiterhin fehlt es im Zeitraum von 1991 bis einschließlich 1995 an schwerwiegenden Befunden, die nicht nur vorübergehende Arbeitsunfähigkeit, sondern auch eine anhaltende Einschränkung des Erwerbsvermögens der Klägerin begründen könnten. Der gesamte Krankheitsverlauf mit schubweisen, immer häufiger werdenden Phasen ab 1991 deckt sich mit der Tatsache, dass die Klägerin noch vom 23.12.1986 bis 17.10.1990 in ihrem Heimatland arbeitslos gemeldet war, und mit ihren zweimaligen Angaben über den Krankheitsbeginn bzw. dem Auftreten wesentlicher Krankheitszeichen im Jahre 1991.
Auf Grund des gesamten Sachverhalts kann eine Gesundheitsstörung, die das Erwerbsvermögen der Klägerin wesentlich - vor allem in zeitlicher Hinsicht - eingeschränkt hätte, vor Januar 1989 nicht festgestellt werden, und sind damit die rechtlichen Voraussetzungen einer Rentengewährung nicht erfüllt.
Daher war die Berufung mit der Kostenfolge aus § 193 SGG zurückzuweisen. Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG sind nicht ersichtlich.
Rechtskraft
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