Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
19
1. Instanz
SG Würzburg (FSB)
Aktenzeichen
S 4 RJ 299/99
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 19 RJ 536/99
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 03.08.1999 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist zwischen den Beteiligten die Gewährung von Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit.
Der am 1938 geborene Kläger war nach seinen Angaben und einem der Rentenauskunft vom 14.07.1997 beigefügten (inhaltlich nicht beanstandeten) Versicherungsverlauf im Anschluss an eine 3-jährige Lehre als Elektroinstallateur vom 03.04.1956 bis 31.10.1973 in diesem Beruf beschäftigt. Hierfür wurden Pflichtbeiträge zur LVA Rhein-Provinz entrichtet. Vom 01.11.1973 bis 30.06.1982 hat der Kläger, der im Januar 1970 die Meiterprüfung abgelegt hatte, als Schaltmeister im Angestelltenverhältnis (mit durchgehender Beitragsleistung zur Rentenversicherung der Angestellten) gearbeitet. Vom 01.05.1986 bis 31.12.1988 war er als Arbeiter ("operaio") in Italien beschäftigt. Dafür sind Pflichtbeiträge im Umfang von (umgerechnet) 32 Monaten nachgewiesen. Zuletzt (von Juni bis Dezember 1990 und im März/April 1991) war der Kläger - als Elektromonteur - wieder in der gesetzlichen Rentenversicherung der Arbeiter pflichtversichert. Die Arbeitsaufgabe erfolgte aufgrund einer von ihm selbst ausgesprochenen Kündigung. Anschließend war der Kläger - ebenfalls nach seinen Angaben - arbeitslos; im Versicherungsverlauf sind Zeiten der Arbeitslosigkeit bzw eines entsprechenden Leistungsbezugs nicht verzeichnet.
Am 23.06.1994 beantragte der Kläger, der schon zu diesem Zeitpunkt seinen Wohnsitz in Portugal hatte (und auch jetzt noch hat), Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit. Nach mehrmaliger Aufforderung zur Vorlage ärztlicher Bescheinigungen über seinen aktuellen Gesundheitszustand und zwischenzeitlicher Ablehnung des Rentenantrags wegen mangelnder Mitwirkung bei der Aufklärung des medizinischen Sachverhalts gab der Kläger in dem auf seinen Widerspruch hin fortgesetzten Rentenverfahren an, seines Wissens existierten in Portugal noch keine ärztlichen Unterlagen über ihn; er sei vor fünf bis sechs Jahren einmal in ärztlicher Behandlung gewesen, kaufe sich jetzt aber seine Medikamente selbst, da er nicht gegen Krankheit versichert sei (Schreiben vom 09.02.1997). Eine von der Beklagten über die Zentralstelle des portugiesischen Rentenversicherungsträgers in Lissabon eingeleitete ärztliche Untersuchung des Klägers scheiterte - nach innerorganisatorischen Verzögerungen bei den portugiesischen Behörden - letztlich an der Auffassung des Klägers, nicht allein zur Untersuchung nach Lissabon kommen zu können. Die Beklagte lehnte daraufhin mit Bescheid vom 28.04.1997 und Widerspruchsbescheid vom 18.09.1997 den Rentenantrag ab, weil die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen (die erforderliche Beitragsdichte) nicht erfüllt seien.
Das hiergegen angerufene Sozialgericht Würzburg (SG), dem gegenüber der Kläger erklärte, in Portugal nie einen Hausarzt gehabt zu haben, hat die Klage mit Urteil vom 03.08.1999 abgewiesen. Eine aktuelle Untersuchung des Klägers sei entbehrlich gewesen, weil dabei allenfalls das Vorliegen von Erwerbsunfähigkeit (EU) ab dem Untersuchungszeitpunkt im Jahre 1999 hätte belegt werden können. Im maßgebenden Fünfjahreszeitraum habe der Kläger keine rentenrechtlich relevanten Zeiten aufzuweisen. Eine Begutachtung nach Aktenlage zur Feststellung eines früheren Leistungsfalles sei dem Gericht nicht möglich gewesen, weil nach den Ausführungen des Klägers vor und nach Beginn des einer aktuell durchgeführten Untersuchung vorangehenden Funfjahreszeitraums keinerlei ärztliche Unterlagen existierten. Die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen seien letztmals für einen für Oktober 1991 angenommenen Leistungsfall erfüllt. Da der Kläger die Rente erst im Juni 1994 beantragt habe, sei er subjektiv wohl erst zu diesem Zeitpunkt von entsprechenden Einschränkungen seiner Gesundheit ausgegangen.
Zur Begründung der hiergegen eingelegten Berufung macht der Kläger im Wesentlichen geltend, bei Erfüllung der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen im Oktober 1991 seien diese mit Sicherheit auch zum heutigen Zeitpunkt noch gegeben. Auf Anfrage des Senats teilte der Kläger mit, sein Leiden sei die ungenügende Sehfähigkeit. Er sei schon 1991 auf dem Arbeitsmarkt nicht mehr vermittelbar gewesen, weil er ständig drei Brillen benötigte.
Zur Aufklärung des medizinischen Sachverhalts hat der Senat Anfragen wegen ärztlicher Unterlagen aus der Zeit der letzten versicherungspflichtigen Tätigkeit des Klägers und der anschließenden Zeit an die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte, das Arbeitsamt Leverkusen, die IKK Köln und die AOK Rheinland gerichtet; bei allen diesen Stellen sind über den Kläger keine Unterlagen (mehr) vorhanden.
Der Kläger, für den in der mündlichen Verhandlung niemand erschienen ist, beantragt sinngemäß, das Urteil des SG Würzburg vom 03.08.1999 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 28.04.1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.09.1997 zu verurteilen, ihm Rente wegen EU, hilfsweise wegen Berufsunfähigkeit (BU) ab Antragstellung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt, die Berufung gegen das Urteil des SG Würzburg vom 03.08.1999 als unbegründet zurückzuweisen.
Wegen weiterer Einzelheiten wird zur Ergänzung des Tatbestands auf die Schriftsätze der Beteiligten, die Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Streitakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist form- und fristgerecht eingelegt (§ 143, 151 Sozialgerichtsgesetz -SGG-) und auch im Übrigen zulässig § 144 SGG).
In der Sache ist das Rechtsmittel des Klägers jedoch unbegründet. Bezüglich der vom Kläger geltend gemachten Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit nach §§ 43, 44 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) hat das SG zutreffend auf das Fehlen der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen dieser Ansprüche hingewiesen. Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit erhalten nach den genannten Vorschriften Versicherte, die 1. berufs- bzw erwerbsunfähig sind, 2. in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der BU bzw EU drei Jahre Pflichtbeitragszeiten haben und 3. vor Eintritt der EU bzw BU die allgemeine Wartezeit erfüllt haben. Vorliegend reicht bei einem auf den Zeitpunkt des Rentenantrags vom 23.06.1994 fingierten Leistungsfall der für die Feststellung der notwendigen Beitragsdichte maßgebende Zeitraum vom 23.06.1989 bis 22.06.1994. In dieser Zeit sind nach dem aktenkundigen Versicherungsverlauf vom 28.04.1997 zu Gunsten des Klägers (statt der erforderlichen 36 Kalendermonate) Pflichtbeiträge nur für 9 Monate nachgewiesen. Erwerbs- und Berufsunfähigkeit müssten daher (in Übereinstimmung mit der Auffassung des Erstgerichts) spätestens im Oktober 1991 eingetreten sein, wenn der Kläger noch die Leistungsbedingungen der streitigen Ansprüche erfüllen sollte.
Ein Nachweis, dass die Erwerbsfähigkeit des Klägers bereits zu diesem Zeitpunkt in einem rentenrechtlich erheblichen Ausmaß eingeschränkt war, ist nicht erbracht. Trotz umfangreicher Ermittlungsbemühungen des Senats waren ärztliche Unterlagen über den Gesundheitszustand des Klägers in den Jahren 1990/91 und die nachfolgende Entwicklung seiner gesundheitlichen Verhältnisse nicht zu erreichen. Damit lässt sich das Vorliegen von Berufs- oder gar Erwerbsunfähigkeit vor dem aus versicherungsrechtlicher Sicht entscheidenden Stichtag des 01.11.1991 nicht feststellen. Bei Eintritt des Versicherungsfalls im November 1991 umfasst der maßgebliche Bemessungszeitraum die Monate vom 01.11.1986 bis 31.10.1991. Darin liegen zunächst die in der Rentenversicherung der Arbeiter zurückgelegten Pflichtversicherungszeiten vom 05.06. bis 07.12.1990 und vom 01.03. bis 15.04.1991 (zusammen 9 Monate). Hinzu kommen - soweit sie auf die Zeit ab 01.11.1986 entfallen - 26 Pflichtbeiträge, die der Kläger während seiner Beschäftigungszeit in Italien (01.05.1986 - 31.12.1988) zur dortigen Rentenversicherung entrichtet hat (vgl Art 45 Abs 1 EWGVO 1408/71), sodass im genannten Referenzzeitraum insgesamt nur 35 Pflichtbeitragsmonate nachgewiesen sind. Die sog 3/5-Deckung (36 von 60 Monaten) wird daher bei Eintritt des Versicherungsfalls im November 1991 (und zu jedem späteren Zeitpunkt) vom Kläger nicht erreicht, da er ab Mai 1991 weder in der Bundesrepublik Deutschland noch in einem der Europäischen Gemeinschaft angehörenden Vertragsstaat (insbesondere Italien oder Portugal) weitere Pflichtversicherungszeiten zurückgelegt hat. Der genannte Bemessungszeitraum ist auch nicht um sog "Schubzeiten" iS des § 43 Abs 3 SGB VI zu erweitern, da keinerlei Nachweise vorliegen, dass der Kläger in den nach wie vor ungeklärten Lücken seines Versicherungsverlaufs (01.07.1982 bis 30.04.1986 und 01.01.1989 bis 04.06.1990) oder im Anschluss an seine letzte versicherungspflichtige Beschäftigung, dh ab 16.04.1991, arbeitsunfähig krank gewesen ist oder arbeitslos gemeldet war bzw entsprechende Leistungen bezogen hat. Dazu haben die AOK Rheinland und die IKK Köln mitgeteilt, dass in den Mitglieds- und Leistungsunterlagen über den Kläger keine Zeiten der Arbeitsunfähigkeit, aber auch keine ärztlichen Behandlungen oder Krankenhausaufenthalte vermerkt sind. Beim Arbeitsamt Leverkusen sind nach dessen Auskunft vom 09.08.2000 keinerlei Unterlagen über den Kläger vorhanden. Dieser Umstand allein besitzt für die Frage, ob der Kläger nach Ende seiner Tätigkeit in Italien und insbesondere nach Aufgabe seiner letzten versicherungspflichtigen Beschäftigung in Deutschland arbeitslos gemeldet war, keine wesentliche Aussagekraft, da die Aufbewahrungsfrist von Leistungsunterlagen in der Arbeitsverwaltung bekanntlich nur 5 Jahre beträgt. Das Fehlen solcher Unterlagen beim zuständigen Arbeitsamt bringt den Kläger aber in erhebliche Beweisnot (beim Nachweis einer Anrechnungszeit gemäß § 58 Abs 1 Nr 3 SGB VI), da auch die Tatsache, dass im Datenübermittlungsverfahren vom Arbeitsamt kein Bezug von Leistungen nach dem AFG an den Rentenversicherungsträger gemeldet wurde, ein deutliches Indiz darstellt, dass der Kläger in der fraglichen Zeit keine Leistungen wegen Arbeitslosigkeit bezogen hat. Es hätte deshalb an ihm gelegen, Aufschubstatbestände nach § 43 Abs 3 Nr 1 iVm § 58 Abs 1 Nrn 1 und 3 SGB VI durch Beibringung beweiskräftiger Unterlagen (AU-Bescheinigungen, Meldebescheinigung des Arbeitsamts, Bescheide über die Bewilligung von Kranken- bzw Arbeitslosengeld) zu belegen.
Die bloße Behauptung mangelnder Leistungsfähigkeit durch den Kläger kann nicht zur Annahme eines den Rentenanspruch auslösenden Leistungsfalles führen. Dazu gibt der Kläger an, durch eingeschränktes Sehvermögen in seiner Einsatz- und Vermittlungsfähigkeit erheblich beeinträchtigt zu sein. Er müsse - derzeit - jeweils einen deutsch sprechenden Portugiesen bitten, ihm die Briefe vorzulesen, die er dann nach einem Diktaphon beantworte. Auch wenn die Angaben des Klägers als wahr unterstellt werden, reichen sie selbst für die gegenwärtige Zeit nicht aus, seine Unfähigkeit zur Teilnahme am allgemeinen Erwerbsleben unter Beweis zu stellen; denn das - nicht nur in diesem Punkt - wenig differenzierte und aussagekräftige Vorbringen des Klägers leistet keinen Beitrag zur Klärung der (für die Beurteilung der rentenrechtlich bedeutsamen Einsatzbeschränkungen) erheblichen Frage, ob und wie weit die behaupteten Sehstörungen durch optische Hilfsmittel ganz oder teilweise ausgeglichen werden können. Die Versorgung mit allgemein verfügbaren Hilfsmitteln, die geeignet sind, spezifische Leistungseinbußen weitgehend auszugleichen, sind als Krankenversicherungs- oder Rehabilitationsleistung vorrangig in Anspruch zu nehmen. Insoweit fehlt es schon begrifflich am Vorliegen von EU, weil die Behinderung in solchen Fällen nur vorübergehender Art ist. Mit dem Einwand, er sei nicht krankenversichert und verfüge nicht über den finanziellen Spielraum zur Selbstbeschaffung geeigneter Hilfsmittel, kann der Kläger nicht gehört werden, solange er nicht alle Möglichkeiten der Rehabilitation ausgeschöpft hat. Im Einzelfall kann eine solche Sehschwäche zwar durchaus zu einem praktisch verschlossenen Arbeitsmarkt führen. Aufgrund welcher krankhaften Veränderungen im Bereich der Augen oder der den Sehvorgang steuernden Nerven beim Kläger die angegebenen Sehstörungen begonnen, welche Entwicklung sie im Laufe der Jahre ab 1991 genommen und wie sie sich auf die Erwerbsfähigkeit des Klägers ausgewirkt haben, lässt sich allein anhand des klägerischen Vorbringens und bei Fehlen jeglicher ärztlicher Unterlagen nicht beurteilen. Damit entfällt - wie das SG im angefochtenen Urteil zutreffend ausgeführt hat - von vorne herein die Möglichkeit einer Begutachtung nach Aktenlage. Der Senat hat auch davon abgesehen, eine aktuelle Untersuchung und Begutachtung des Klägers anzuordnen, weil es nicht nur unwahrscheinlich, sondern nach Einschätzung des Berufungsgerichts ausgeschlossen ist, daraus Erkenntnisse über den im Oktober 1991 bestehenden Gesundheitszustand und eine daraus abzuleitende Beurteilung der Leistungsfähigkeit des Klägers zu gewinnen. In diesem Zusammenhang ist besonders darauf hinzuweisen, dass der Kläger seine letzte versicherungspflichtige Tätigkeit in Deutschland am 15.04.1991 nicht aus gesundheitlichen Gründen, sondern nach einer von ihm selbst "wegen Lohnzahlungsschwierigkeiten des Arbeitgebers" ausgesprochenen Kündigung aufgegeben hat. Zeiten von Arbeitsunfähigkeit oder Krankenhausbehandlung haben sich nicht angeschlossen.
Ein bis zum Oktober 1991 eingetretener Leistungsfall der EU/BU ist somit nicht nachgewiesen. Nachgewiesen ist eine Tatsache - also auch der Eintritt des Leistungsfalles der EU/BU - nur dann, wenn sie mit der für den vollen Beweis erforderlichen, an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit feststeht. Dass der vom Kläger geltend gemachte Leistungsfall der EU/BU bereits vor dem 01. November 1991 eingetreten ist, also zu einem Zeitpunkt, zu dem die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen noch erfüllt waren, konnte aber weder durch die subjektiven Angaben des Klägers noch durch objektive ärztliche Unterlagen bewiesen werden. Der Senat darf jedoch eine Leistung nur dann zusprechen, wenn die anspruchsbegründenden Tatsachen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit festgestellt sind. Ein solcher Nachweis ist hinsichtlich der in § 44 Abs 2 SGB VI vorausgesetzten Erwerbsminderung nicht geführt. Nach den auch im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsätzen der objektiven Beweis- bzw Feststellungslast (vgl Meyer-Ladewig SGG 6.Auflage § 103 Rdnr 19 mwN) geht die Unerweislichkeit von Tatsachen, aus denen ein Beteiligter günstige Rechtsfolgen für sich herleiten will, zu seinen Lasten. Das bedeutet: Selbst wenn der Leistungsfall der EU/BU beim Kläger bereits vor Oktober 1991 eingetreten sein sollte, kann der Senat diesen Umstand mangels ausreichender Nachweise seiner Entscheidung nicht zugrunde legen.
Die Berufung des Klägers musste daher zurückgewiesen werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs 2 Nrn 1 und 2 SGG).
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist zwischen den Beteiligten die Gewährung von Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit.
Der am 1938 geborene Kläger war nach seinen Angaben und einem der Rentenauskunft vom 14.07.1997 beigefügten (inhaltlich nicht beanstandeten) Versicherungsverlauf im Anschluss an eine 3-jährige Lehre als Elektroinstallateur vom 03.04.1956 bis 31.10.1973 in diesem Beruf beschäftigt. Hierfür wurden Pflichtbeiträge zur LVA Rhein-Provinz entrichtet. Vom 01.11.1973 bis 30.06.1982 hat der Kläger, der im Januar 1970 die Meiterprüfung abgelegt hatte, als Schaltmeister im Angestelltenverhältnis (mit durchgehender Beitragsleistung zur Rentenversicherung der Angestellten) gearbeitet. Vom 01.05.1986 bis 31.12.1988 war er als Arbeiter ("operaio") in Italien beschäftigt. Dafür sind Pflichtbeiträge im Umfang von (umgerechnet) 32 Monaten nachgewiesen. Zuletzt (von Juni bis Dezember 1990 und im März/April 1991) war der Kläger - als Elektromonteur - wieder in der gesetzlichen Rentenversicherung der Arbeiter pflichtversichert. Die Arbeitsaufgabe erfolgte aufgrund einer von ihm selbst ausgesprochenen Kündigung. Anschließend war der Kläger - ebenfalls nach seinen Angaben - arbeitslos; im Versicherungsverlauf sind Zeiten der Arbeitslosigkeit bzw eines entsprechenden Leistungsbezugs nicht verzeichnet.
Am 23.06.1994 beantragte der Kläger, der schon zu diesem Zeitpunkt seinen Wohnsitz in Portugal hatte (und auch jetzt noch hat), Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit. Nach mehrmaliger Aufforderung zur Vorlage ärztlicher Bescheinigungen über seinen aktuellen Gesundheitszustand und zwischenzeitlicher Ablehnung des Rentenantrags wegen mangelnder Mitwirkung bei der Aufklärung des medizinischen Sachverhalts gab der Kläger in dem auf seinen Widerspruch hin fortgesetzten Rentenverfahren an, seines Wissens existierten in Portugal noch keine ärztlichen Unterlagen über ihn; er sei vor fünf bis sechs Jahren einmal in ärztlicher Behandlung gewesen, kaufe sich jetzt aber seine Medikamente selbst, da er nicht gegen Krankheit versichert sei (Schreiben vom 09.02.1997). Eine von der Beklagten über die Zentralstelle des portugiesischen Rentenversicherungsträgers in Lissabon eingeleitete ärztliche Untersuchung des Klägers scheiterte - nach innerorganisatorischen Verzögerungen bei den portugiesischen Behörden - letztlich an der Auffassung des Klägers, nicht allein zur Untersuchung nach Lissabon kommen zu können. Die Beklagte lehnte daraufhin mit Bescheid vom 28.04.1997 und Widerspruchsbescheid vom 18.09.1997 den Rentenantrag ab, weil die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen (die erforderliche Beitragsdichte) nicht erfüllt seien.
Das hiergegen angerufene Sozialgericht Würzburg (SG), dem gegenüber der Kläger erklärte, in Portugal nie einen Hausarzt gehabt zu haben, hat die Klage mit Urteil vom 03.08.1999 abgewiesen. Eine aktuelle Untersuchung des Klägers sei entbehrlich gewesen, weil dabei allenfalls das Vorliegen von Erwerbsunfähigkeit (EU) ab dem Untersuchungszeitpunkt im Jahre 1999 hätte belegt werden können. Im maßgebenden Fünfjahreszeitraum habe der Kläger keine rentenrechtlich relevanten Zeiten aufzuweisen. Eine Begutachtung nach Aktenlage zur Feststellung eines früheren Leistungsfalles sei dem Gericht nicht möglich gewesen, weil nach den Ausführungen des Klägers vor und nach Beginn des einer aktuell durchgeführten Untersuchung vorangehenden Funfjahreszeitraums keinerlei ärztliche Unterlagen existierten. Die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen seien letztmals für einen für Oktober 1991 angenommenen Leistungsfall erfüllt. Da der Kläger die Rente erst im Juni 1994 beantragt habe, sei er subjektiv wohl erst zu diesem Zeitpunkt von entsprechenden Einschränkungen seiner Gesundheit ausgegangen.
Zur Begründung der hiergegen eingelegten Berufung macht der Kläger im Wesentlichen geltend, bei Erfüllung der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen im Oktober 1991 seien diese mit Sicherheit auch zum heutigen Zeitpunkt noch gegeben. Auf Anfrage des Senats teilte der Kläger mit, sein Leiden sei die ungenügende Sehfähigkeit. Er sei schon 1991 auf dem Arbeitsmarkt nicht mehr vermittelbar gewesen, weil er ständig drei Brillen benötigte.
Zur Aufklärung des medizinischen Sachverhalts hat der Senat Anfragen wegen ärztlicher Unterlagen aus der Zeit der letzten versicherungspflichtigen Tätigkeit des Klägers und der anschließenden Zeit an die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte, das Arbeitsamt Leverkusen, die IKK Köln und die AOK Rheinland gerichtet; bei allen diesen Stellen sind über den Kläger keine Unterlagen (mehr) vorhanden.
Der Kläger, für den in der mündlichen Verhandlung niemand erschienen ist, beantragt sinngemäß, das Urteil des SG Würzburg vom 03.08.1999 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 28.04.1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.09.1997 zu verurteilen, ihm Rente wegen EU, hilfsweise wegen Berufsunfähigkeit (BU) ab Antragstellung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt, die Berufung gegen das Urteil des SG Würzburg vom 03.08.1999 als unbegründet zurückzuweisen.
Wegen weiterer Einzelheiten wird zur Ergänzung des Tatbestands auf die Schriftsätze der Beteiligten, die Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Streitakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist form- und fristgerecht eingelegt (§ 143, 151 Sozialgerichtsgesetz -SGG-) und auch im Übrigen zulässig § 144 SGG).
In der Sache ist das Rechtsmittel des Klägers jedoch unbegründet. Bezüglich der vom Kläger geltend gemachten Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit nach §§ 43, 44 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) hat das SG zutreffend auf das Fehlen der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen dieser Ansprüche hingewiesen. Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit erhalten nach den genannten Vorschriften Versicherte, die 1. berufs- bzw erwerbsunfähig sind, 2. in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der BU bzw EU drei Jahre Pflichtbeitragszeiten haben und 3. vor Eintritt der EU bzw BU die allgemeine Wartezeit erfüllt haben. Vorliegend reicht bei einem auf den Zeitpunkt des Rentenantrags vom 23.06.1994 fingierten Leistungsfall der für die Feststellung der notwendigen Beitragsdichte maßgebende Zeitraum vom 23.06.1989 bis 22.06.1994. In dieser Zeit sind nach dem aktenkundigen Versicherungsverlauf vom 28.04.1997 zu Gunsten des Klägers (statt der erforderlichen 36 Kalendermonate) Pflichtbeiträge nur für 9 Monate nachgewiesen. Erwerbs- und Berufsunfähigkeit müssten daher (in Übereinstimmung mit der Auffassung des Erstgerichts) spätestens im Oktober 1991 eingetreten sein, wenn der Kläger noch die Leistungsbedingungen der streitigen Ansprüche erfüllen sollte.
Ein Nachweis, dass die Erwerbsfähigkeit des Klägers bereits zu diesem Zeitpunkt in einem rentenrechtlich erheblichen Ausmaß eingeschränkt war, ist nicht erbracht. Trotz umfangreicher Ermittlungsbemühungen des Senats waren ärztliche Unterlagen über den Gesundheitszustand des Klägers in den Jahren 1990/91 und die nachfolgende Entwicklung seiner gesundheitlichen Verhältnisse nicht zu erreichen. Damit lässt sich das Vorliegen von Berufs- oder gar Erwerbsunfähigkeit vor dem aus versicherungsrechtlicher Sicht entscheidenden Stichtag des 01.11.1991 nicht feststellen. Bei Eintritt des Versicherungsfalls im November 1991 umfasst der maßgebliche Bemessungszeitraum die Monate vom 01.11.1986 bis 31.10.1991. Darin liegen zunächst die in der Rentenversicherung der Arbeiter zurückgelegten Pflichtversicherungszeiten vom 05.06. bis 07.12.1990 und vom 01.03. bis 15.04.1991 (zusammen 9 Monate). Hinzu kommen - soweit sie auf die Zeit ab 01.11.1986 entfallen - 26 Pflichtbeiträge, die der Kläger während seiner Beschäftigungszeit in Italien (01.05.1986 - 31.12.1988) zur dortigen Rentenversicherung entrichtet hat (vgl Art 45 Abs 1 EWGVO 1408/71), sodass im genannten Referenzzeitraum insgesamt nur 35 Pflichtbeitragsmonate nachgewiesen sind. Die sog 3/5-Deckung (36 von 60 Monaten) wird daher bei Eintritt des Versicherungsfalls im November 1991 (und zu jedem späteren Zeitpunkt) vom Kläger nicht erreicht, da er ab Mai 1991 weder in der Bundesrepublik Deutschland noch in einem der Europäischen Gemeinschaft angehörenden Vertragsstaat (insbesondere Italien oder Portugal) weitere Pflichtversicherungszeiten zurückgelegt hat. Der genannte Bemessungszeitraum ist auch nicht um sog "Schubzeiten" iS des § 43 Abs 3 SGB VI zu erweitern, da keinerlei Nachweise vorliegen, dass der Kläger in den nach wie vor ungeklärten Lücken seines Versicherungsverlaufs (01.07.1982 bis 30.04.1986 und 01.01.1989 bis 04.06.1990) oder im Anschluss an seine letzte versicherungspflichtige Beschäftigung, dh ab 16.04.1991, arbeitsunfähig krank gewesen ist oder arbeitslos gemeldet war bzw entsprechende Leistungen bezogen hat. Dazu haben die AOK Rheinland und die IKK Köln mitgeteilt, dass in den Mitglieds- und Leistungsunterlagen über den Kläger keine Zeiten der Arbeitsunfähigkeit, aber auch keine ärztlichen Behandlungen oder Krankenhausaufenthalte vermerkt sind. Beim Arbeitsamt Leverkusen sind nach dessen Auskunft vom 09.08.2000 keinerlei Unterlagen über den Kläger vorhanden. Dieser Umstand allein besitzt für die Frage, ob der Kläger nach Ende seiner Tätigkeit in Italien und insbesondere nach Aufgabe seiner letzten versicherungspflichtigen Beschäftigung in Deutschland arbeitslos gemeldet war, keine wesentliche Aussagekraft, da die Aufbewahrungsfrist von Leistungsunterlagen in der Arbeitsverwaltung bekanntlich nur 5 Jahre beträgt. Das Fehlen solcher Unterlagen beim zuständigen Arbeitsamt bringt den Kläger aber in erhebliche Beweisnot (beim Nachweis einer Anrechnungszeit gemäß § 58 Abs 1 Nr 3 SGB VI), da auch die Tatsache, dass im Datenübermittlungsverfahren vom Arbeitsamt kein Bezug von Leistungen nach dem AFG an den Rentenversicherungsträger gemeldet wurde, ein deutliches Indiz darstellt, dass der Kläger in der fraglichen Zeit keine Leistungen wegen Arbeitslosigkeit bezogen hat. Es hätte deshalb an ihm gelegen, Aufschubstatbestände nach § 43 Abs 3 Nr 1 iVm § 58 Abs 1 Nrn 1 und 3 SGB VI durch Beibringung beweiskräftiger Unterlagen (AU-Bescheinigungen, Meldebescheinigung des Arbeitsamts, Bescheide über die Bewilligung von Kranken- bzw Arbeitslosengeld) zu belegen.
Die bloße Behauptung mangelnder Leistungsfähigkeit durch den Kläger kann nicht zur Annahme eines den Rentenanspruch auslösenden Leistungsfalles führen. Dazu gibt der Kläger an, durch eingeschränktes Sehvermögen in seiner Einsatz- und Vermittlungsfähigkeit erheblich beeinträchtigt zu sein. Er müsse - derzeit - jeweils einen deutsch sprechenden Portugiesen bitten, ihm die Briefe vorzulesen, die er dann nach einem Diktaphon beantworte. Auch wenn die Angaben des Klägers als wahr unterstellt werden, reichen sie selbst für die gegenwärtige Zeit nicht aus, seine Unfähigkeit zur Teilnahme am allgemeinen Erwerbsleben unter Beweis zu stellen; denn das - nicht nur in diesem Punkt - wenig differenzierte und aussagekräftige Vorbringen des Klägers leistet keinen Beitrag zur Klärung der (für die Beurteilung der rentenrechtlich bedeutsamen Einsatzbeschränkungen) erheblichen Frage, ob und wie weit die behaupteten Sehstörungen durch optische Hilfsmittel ganz oder teilweise ausgeglichen werden können. Die Versorgung mit allgemein verfügbaren Hilfsmitteln, die geeignet sind, spezifische Leistungseinbußen weitgehend auszugleichen, sind als Krankenversicherungs- oder Rehabilitationsleistung vorrangig in Anspruch zu nehmen. Insoweit fehlt es schon begrifflich am Vorliegen von EU, weil die Behinderung in solchen Fällen nur vorübergehender Art ist. Mit dem Einwand, er sei nicht krankenversichert und verfüge nicht über den finanziellen Spielraum zur Selbstbeschaffung geeigneter Hilfsmittel, kann der Kläger nicht gehört werden, solange er nicht alle Möglichkeiten der Rehabilitation ausgeschöpft hat. Im Einzelfall kann eine solche Sehschwäche zwar durchaus zu einem praktisch verschlossenen Arbeitsmarkt führen. Aufgrund welcher krankhaften Veränderungen im Bereich der Augen oder der den Sehvorgang steuernden Nerven beim Kläger die angegebenen Sehstörungen begonnen, welche Entwicklung sie im Laufe der Jahre ab 1991 genommen und wie sie sich auf die Erwerbsfähigkeit des Klägers ausgewirkt haben, lässt sich allein anhand des klägerischen Vorbringens und bei Fehlen jeglicher ärztlicher Unterlagen nicht beurteilen. Damit entfällt - wie das SG im angefochtenen Urteil zutreffend ausgeführt hat - von vorne herein die Möglichkeit einer Begutachtung nach Aktenlage. Der Senat hat auch davon abgesehen, eine aktuelle Untersuchung und Begutachtung des Klägers anzuordnen, weil es nicht nur unwahrscheinlich, sondern nach Einschätzung des Berufungsgerichts ausgeschlossen ist, daraus Erkenntnisse über den im Oktober 1991 bestehenden Gesundheitszustand und eine daraus abzuleitende Beurteilung der Leistungsfähigkeit des Klägers zu gewinnen. In diesem Zusammenhang ist besonders darauf hinzuweisen, dass der Kläger seine letzte versicherungspflichtige Tätigkeit in Deutschland am 15.04.1991 nicht aus gesundheitlichen Gründen, sondern nach einer von ihm selbst "wegen Lohnzahlungsschwierigkeiten des Arbeitgebers" ausgesprochenen Kündigung aufgegeben hat. Zeiten von Arbeitsunfähigkeit oder Krankenhausbehandlung haben sich nicht angeschlossen.
Ein bis zum Oktober 1991 eingetretener Leistungsfall der EU/BU ist somit nicht nachgewiesen. Nachgewiesen ist eine Tatsache - also auch der Eintritt des Leistungsfalles der EU/BU - nur dann, wenn sie mit der für den vollen Beweis erforderlichen, an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit feststeht. Dass der vom Kläger geltend gemachte Leistungsfall der EU/BU bereits vor dem 01. November 1991 eingetreten ist, also zu einem Zeitpunkt, zu dem die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen noch erfüllt waren, konnte aber weder durch die subjektiven Angaben des Klägers noch durch objektive ärztliche Unterlagen bewiesen werden. Der Senat darf jedoch eine Leistung nur dann zusprechen, wenn die anspruchsbegründenden Tatsachen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit festgestellt sind. Ein solcher Nachweis ist hinsichtlich der in § 44 Abs 2 SGB VI vorausgesetzten Erwerbsminderung nicht geführt. Nach den auch im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsätzen der objektiven Beweis- bzw Feststellungslast (vgl Meyer-Ladewig SGG 6.Auflage § 103 Rdnr 19 mwN) geht die Unerweislichkeit von Tatsachen, aus denen ein Beteiligter günstige Rechtsfolgen für sich herleiten will, zu seinen Lasten. Das bedeutet: Selbst wenn der Leistungsfall der EU/BU beim Kläger bereits vor Oktober 1991 eingetreten sein sollte, kann der Senat diesen Umstand mangels ausreichender Nachweise seiner Entscheidung nicht zugrunde legen.
Die Berufung des Klägers musste daher zurückgewiesen werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs 2 Nrn 1 und 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
Login
FSB
Saved