Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 4 KR 2721/10
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 KR 1081/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung des Klägers wird der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 10. Februar 2011 aufgehoben und die Beklagte verurteilt, dem Kläger unter Aufhebung des Bescheids vom 29. März 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14. Juli 2010 Krankengeld auch für die Zeit vom 01. Mai 2010 bis 16. August 2010 nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu bezahlen.
Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten des Klägers in beiden Instanzenzügen.
Tatbestand:
Streitig ist die Bewilligung von Krankengeld über den 30. April 2010 hinaus bis zum 16. August 2010.
Der am 1954 geborene Kläger ist gelernter Fliesenleger und seit 1995 als Pförtner im Universitätsklinikum H. (im Folgenden Universitätsklinikum) beschäftigt. Wegen dieser Beschäftigung war er versicherungspflichtiges Mitglied der Beklagten.
Am 28. November 2009 wurde Arbeitsunfähigkeit des Klägers ärztlich bescheinigt (Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung nicht bei den Akten). Entgeltfortzahlung durch das Universitätsklinikum erfolgte bis zum 08. Januar 2010.
Bereits am 15. Dezember 2009 war bei der Beklagten ein Schreiben des Universitätsklinikums vom 10. Dezember 2009 eingegangen, mit welchem dieses Zweifel an der Arbeitsunfähigkeit des Klägers äußerte. Der Kläger sei mehrfach zu Personalgesprächen eingeladen worden, die er einfach abgesagt habe. Zuletzt sei er zum Personalgespräch Anfang Dezember 2009 eingeladen worden. Daraufhin habe sich der Kläger Ende November arbeitsunfähig gemeldet. Es bestehe der Eindruck, dass sich der Kläger dem anberaumten Gespräch durch vermeintliche Krankheit entziehen wolle. Die Beklagte holte daraufhin eine sozialmedizinische Fallberatung bei Dr. H. vom Medizinischen Dienst der Krankenversicherung Baden-Württemberg (MDK) ein. Dr. H. berichtete in seiner Stellungnahme vom 16. Dezember 2009 von der Diagnose einer Anpassungsstörung bei Arbeitsplatzkonflikt mit ausgeprägter Schlafstörung und Einengung des Denkens auf Konfliktaspekte mit Affektinstabilität. Nach ausführlicher telefonischer Rücksprache mit der die Arbeitsunfähigkeit attestierenden Praxis könnten die seitens des Arbeitgebers geäußerten Zweifel an der Rechtfertigung aktueller Arbeitsunfähigkeit nicht bestätigt werden. Es handle sich nachvollziehbar um eine Symptomatik von Krankheitswert, die Therapie und Arbeitsruhe erforderlich mache. Das Ergebnis dieser Stellungnahme wurde dem Universitätsklinikum mitgeteilt.
In der Zeit vom 07. Januar bis 11. Februar 2010 nahm der Kläger an einer durch den Rentenversicherungsträger bewilligten medizinischen Rehabilitationsmaßnahme in der Z.-Klinik in S. teil. In seinem Entlassungsbericht vom 22. Februar 2010 berichtete Oberarzt Dr. Schiefer von einer rezidivierenden depressiven Störung, gegenwärtig leichte Episode, einer Lumboischialgie bei degenerativen Veränderungen, einer Coxarthrose Grad I beidseits, einer beginnenden Gonarthrose mit femoropatellarer Symptomatik und von Dysthymia. In der Eigenanamnese ist ausgeführt, der Kläger habe vor ca. zweieinhalb Jahren große Probleme bei der Arbeit bekommen. Man habe ihm statt eines Vertrags im öffentlichen Dienst einen neuen privaten Vertrag bei einer Service GmbH angeboten. Er habe abgelehnt und sei - nach eigenem Empfinden - von der Kinderklinik zur Psychiatrie "strafversetzt" worden. Aus psychotherapeutischer Sicht habe der Kläger davon berichtet, vor etwa sechs Monaten eine neue Chefin bekommen zu haben. Von ihr werde er "gemobbt". Seit November 2009 sei er krankgeschrieben. Er denke viel über die Arbeit nach, auch abends, und könne dann schlecht schlafen. Seine Hände zitterten stark. Er sei innerlich unruhig, gegen das Zittern nehme er Betablocker. Seine Tätigkeit als Pförtner finde im Dreischichtbetrieb statt. Turnusgemäß müsse er auch jedes zweite Wochenende arbeiten. Es bestünden Arbeitsplatzkonflikte wegen unliebsamer Arbeitszeiten, wobei der Kläger sich bei der Diensteinteilung benachteiligt fühle. Der Pförtnerdienst sei mittlerweile privatisiert, der Kläger beziehe seinen Lohn allerdings noch über das Universitätsklinikum In der epikritischen Zusammenfassung ist ausgeführt, das Heilverfahren sei aus orthopädischer Sicht wegen Schmerzen seitens des Achsenorgans sowie der Hüft- und Kniegelenke durchgeführt worden. Die Beschwerden hätten gelindert werden können, wobei Beschwerdefreiheit nicht habe erreicht werden können. Aus psychotherapeutischer Sicht sei es dem Kläger gelungen, sich innerhalb der psychotherapeutischen Kontakte emotional zu öffnen und Vertrauen zu gewinnen. Er habe davon berichtet, etwa eine Woche vor Ende des Heilverfahrens die Nachricht erhalten zu haben, dass ein Gespräch mit Vorgesetzten auf ihn zukomme. Er denke, man wolle ihn loswerden. Er schlafe wieder schlecht, zittere mit den Händen, und der Blutdruck steige. Der Kläger sei insgesamt klagsam und mit seiner jetzigen Arbeitssituation unzufrieden erschienen. Er steigere sich schnell in Dinge hinein. Bei der Entlassung habe der Kläger jedoch affektiv stabilisiert, erholt und regeneriert gewirkt. Der Kläger beginne am 22. Februar 2010 eine stufenweise Wiedereingliederung. Tätigkeiten mit besonderen Anforderungen an die geistig/psychische Belastbarkeit könnten den Klägern überfordern und seien daher auf Dauer auszuschließen, um einer erneuten affektiven Dekompensation vorzubeugen. Im Übrigen bestehe vollschichtige Leistungsfähigkeit sowohl für die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als auch auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt. Das volle Wochenmaß nach Wiedereingliederung müsste aller Voraussicht nach wieder ab dem 22. März 2010 erreicht werden.
Am 22. Februar 2010 begann der Kläger die stufenweise Wiedereingliederung, die jedoch bereits am 24. Februar 2010 - nach eigener Auskunft infolge eines Arbeitsplatzkonfliktes - wieder abgebrochen wurde.
Der Kläger beantragte daraufhin bei der Beklagten die Bewilligung von Krankengeld ab 25. Februar 2010. Er legte hierzu die Auszahlungsscheine für Krankengeld des Neurologen und Psychiaters S. vom 08. März 2010 über eine Vorstellung des Klägers am 25. Februar 2010 sowie vom 11. März 2010 mit Bescheinigung voraussichtlicher Arbeitsunfähigkeit bis 31. März 2010 vor.
Die Beklagte holte eine erneute sozialmedizinische Fallberatung bei Dr. H. ein (Stellungnahme vom 18. März 2010) ein, der von weiterer Arbeitsunfähigkeit auf Zeit ausging. In der Begründung ist ausgeführt, der Arbeitgeber setze den Kläger offenbar sehr ausgeprägt unter Druck. So würden von ihm Dinge gefordert (Dienstkleidung mit Krawatte), die Kollegen nicht abverlangt würden. Es gebe Hinweise darauf, dass der Kläger unter Benennung falscher Zeugen körperlicher Angriffe beschuldigt werde, die nicht stattgefunden hätten. Es handle sich um einen hocheskalierten Arbeitsplatzkonflikt, der Arbeitsunfähigkeit unterhalte. An vergleichbarem Arbeitsplatz ohne diesen konkreten Aspekt wäre von Arbeitsfähigkeit auszugehen.
Mit Bescheid vom 29. März 2010, der keine Rechtsbehelfsbelehrung enthielt, teilte die Beklagte dem Kläger mit, ihm werde ab 25. Februar 2010 vorläufig Krankengeld bezahlt. Sie akzeptiere die Attestierung von Arbeitsunfähigkeit jedoch nur noch bis zum 30. April 2010. Konflikte am Arbeitsplatz seien regelmäßig auf arbeitsrechtlichem Wege zu klären. Eine daraus resultierende Arbeitsunfähigkeit könne von der Sache her nur für einen begrenzten Zeitraum angenommen werden, da die Beurteilungsgrundlage für die Arbeitsunfähigkeit nur noch faktisch bestehe. Dies treffe insbesondere bei einem vollschichtigen Leistungsvermögen für andere Tätigkeiten zu. Die Beklagte zahlte Krankengeld ausgehend von einem monatlichen Bruttoarbeitsentgelt von EUR 2.326,44 (Berechnung des Krankengeldsatzes nicht bei den Akten).
Am 19. und 22. März sowie 01. April 2010 gingen dem Kläger fristlose Kündigungen des Universitätsklinikums Heidelberg zu. Die Kündigung vom 01. April 2010 enthielt außerdem hilfsweise eine Kündigung mit sozialer Auslauffrist von sechs Monaten zum 31. Dezember 2010. Nach Erhebung von Kündigungsschutzklagen vor dem Arbeitsgericht einigten sich der Kläger und das Universitätsklinikum gemäß richterlichem Beschluss vom 30. Juli 2010 durch gerichtlichen Vergleich auf eine Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses zum 31. Dezember 2010 und Zahlung einer Abfindungssumme in Höhe von EUR 70.000,00 brutto.
In der Folge legte der Kläger die weiteren Auszahlscheine für Krankengeld des Neurologen und Psychiaters S. vom 23. März und 20. April 2010 sowie den Auszahlschein für Krankengeld des Orthopäden und Unfallchirurgen Dr. L. vom 30. April 2010 vor, mit welchem voraussichtliche Arbeitsunfähigkeit bis 30. Mai 2010 bescheinigt wurde. Weitere Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen oder Auszahlscheine befinden sich nicht bei den Verwaltungsakten.
Dr. L. wurde durch die Beklagte gebeten, nähere Angaben zur Erkrankung und zur Behandlung zu machen. Dr. L. gab unter dem 14. Juni 2010 an, der Kläger leide an einem degenerativen Lumbalsyndrom, einer Facettenarthrose und einer Myalgie der Wirbelsäule. Es werde eine konservative Therapie angestrebt. Die Beklagte ließ daraufhin den Sachverhalt durch den MDK nochmals überprüfen. Dr. H. äußerte sich am 24. Juni 2010 dahingehend, dass die übermittelten Befundberichte einer Pförtnertätigkeit nicht entgegenstünden. Die Beklagte stellte daraufhin die Bezahlung von Krankengeld zum 30. April 2010 ein.
Der Kläger legte gegen den Bescheid vom 29. März 2010 Widerspruch ein, mit welchem er vortrug, die behandelnden Ärzte S. und Dr. L. hätten bestätigt, dass bei ihm Arbeitsunfähigkeit weiter vorliege. Er leide unter multiplen Grunderkrankungen auf verschiedenen Gebieten; für die Konflikte am Arbeitsplatz sei er nicht verantwortlich. Wenn sein bisheriger Arbeitgeber behaupte, er habe seine Arbeitsunfähigkeit selbst verschuldet, hätte er hierzu angehört werden müssen. Statt dessen fehle in den Verwaltungsakten jeglicher Telefonvermerk betreffend entsprechender Vorgänge.
Die Beklagte holte das sozialmedizinische Gutachten des Dr. E., MDK, vom 07. Juli 2010 über die Dauer der Arbeitsunfähigkeit ein. Dieser gelangte zur Einschätzung, dass insbesondere nach den Ausführungen des Reha-Entlassungsberichts eine Arbeitsunfähigkeit aufgrund von vorliegenden Fähigkeitsstörungen im Rahmen der Tätigkeit des Klägers als Pförtner nach dem 30. April 2010 nicht mehr nachvollziehbar sei.
Mit Widerspruchsbescheid vom 14. Juli 2010 wies der bei der Beklagten gebildete Widerspruchsausschuss den Widerspruch des Klägers als unbegründet zurück. Die Einschränkungen im Leistungsvermögen, die sich aus dem Reha-Entlassungsbericht ergäben, hätten den Kläger nicht daran gehindert, seine Tätigkeit auch über den 30. April 2010 hinaus wieder aufzunehmen, zumal das Arbeitsverhältnis gelöst worden sei und somit die konkreten Verhältnisse in der zugrundeliegenden Beschäftigung nicht mehr maßgebend gewesen seien. Die im Rahmen dieser Tätigkeit zu erledigenden Aufgaben habe der Kläger unter Berücksichtigung der fortbestehenden Restbeschwerden nach eindeutiger sozialmedizinischer Beurteilung wieder übernehmen können. Entgegenstehende Befunde seien nicht vorgelegt worden. Die von den behandelnden Ärzten vorgebrachten Aussagen seien durch die Ärzte des MDK nachvollziehbar entkräftet worden. Unter Berücksichtigung der vorliegenden Fakten schließe sich er (der Widerspruchsausschuss) deshalb der Beurteilung des MDK an und komme zu dem Ergebnis, dass von Arbeitsunfähigkeit längstens bis 30. April 2010 ausgegangen werden könne.
Am 28. Juli 2010 erhob der Kläger zum Sozialgericht Mannheim (SG) Klage. Die Auffassung des MDK sei unzutreffend und stehe der Einschätzung der behandelnden Ärzte entgegen. Er leide unter multiplen Grunderkrankungen auf verschiedenen Gebieten und habe u.a. zwei Herzinfarkte gehabt. Auffallend sei, dass in der gesamten Leistungsakte der Beklagten der Fokus auf die Konflikte an seinem Arbeitsplatz gerichtet sei, obwohl diese mit dem Bezug von Krankengeld in keinem Zusammenhang stünden. Auch habe nicht er, sondern vielmehr sein Arbeitgeber die stufenweise Wiedereingliederung am 24. Februar 2010 abgebrochen. In der Verwaltungsakte fehle überdies eine Aktennotiz über ein Telefonat zwischen dem Geschäftsführer der Beklagten und seinem (des Klägers) Arbeitgeber. Offenbar sei im Rahmen dieses Telefonats die Angelegenheit aus Sicht des Arbeitgebers geschildert worden. Sodann sei ihm (dem Kläger) ein Mitverschulden an seinem Gesundheitszustand unterstellt worden, was den Abbruch der Zahlung von Krankengeld nach dem 30. April 2010 zur Folge gehabt habe. Seinen Anspruch auf Krankengeld habe er jedoch nicht durch schuldhaftes Verhalten verwirkt. Arbeitsunfähigkeit habe tatsächlich erst am 16. August 2010, nicht dagegen schon am 30. April 2010 geendet.
Die Beklagte trat der Klage entgegen. Sie wies u.a. darauf hin, dass die Einschätzungen von Dr. L. und Arzt S. erheblich vom Ergebnis der medizinischen Reha-Maßnahme abwichen.
Das SG hat Beweis erhoben durch Vernehmung der den Kläger behandelnden Ärzte schriftlich als sachverständige Zeugen. Dr. L. gab in seiner Auskunft vom 08. Oktober 2010 an, der Kläger stelle sich regelmäßig etwa alle drei bis vier Monate ihm vor. Er leide unter einer Gonarthrose beidseits, degenerativen Veränderungen der Lendenwirbelsäule, einer Hüftgelenksarthrose beidseits, einem therapieresistenten Cervikobrachial-Syndrom, einer Lumboischialgie beidseits, einer Epicondylitis humeri radialis rechts und einem chronischen Wirbelsäulenschmerzsyndrom. Seit November 2009 stünden die Beschwerden an der Wirbelsäule im Vordergrund. Derzeit sei der Kläger daher nicht in der Lage, als Pförtner mindestens sechs Stunden täglich zu arbeiten. Der Kläger klage bereits nach wenigen Minuten über Schmerzen im tiefen Rückenbereich. Er könne nicht länger als 15 Minuten schmerzfrei sitzen. Dieser Zustand dauere derzeit noch an. Arzt S. (Auskunft vom 18. Oktober 2010) gab an, der Kläger befinde sich seit 1998 in regelmäßiger nervenfachärztlicher Behandlung. Seitdem hätten Konsultationen in ca. vierwöchigen Abständen stattgefunden. Streckenweise liege beim Kläger gedrückte Stimmungslage, reduzierter Antrieb und eingeschränkte affektive Schwingungsfähigkeit vor. Die seinerzeitige depressive Verstimmung habe sich erstreckt von November 2009 bis August 2010. Seiner Einschätzung nach sei der Kläger erst ab 17. August 2010 in der Lage gewesen, wieder täglich mindestens sechs Stunden als Vollkraft zu arbeiten. Zuvor habe durchgehend Arbeitsunfähigkeit vorgelegen. Als medizinischer Grund seien in erster Linie das psychopathologische Zustandsbild mit gedrückter Stimmungslage, reduziertem Antrieb, gestörter Auffassungsgabe und Konzentrationsfähigkeit zu benennen. Dieser Zustand habe sich seit August 2010 gebessert.
Im Auftrag des SG erstellte sodann der Orthopäde, Rheumatologe und Sportmediziner Dr. P. über den Kläger das fachorthopädische Gutachten vom 28. November 2010. Der Sachverständige berichtete aufgrund einer Untersuchung des Klägers fünf Tage zuvor von chronischen Wirbelsäulenbeschwerden bei leichten degenerativen Veränderungen der Lendenwirbelsäule ohne wesentliche Funktions- und ohne neurologische Störungen, einer leichten Epicondylitis humeri radialis rechts ohne Funktionsstörungen und Kraftminderung des rechten Arms, einem starkem Übergewicht, einem Verdacht auf beginnende Knorpeldegeneration in den Hüft- und Kniegelenken ohne nennenswerte Funktionsstörungen, einem Diabetes mellitus, einer Fettstoffwechselstörung, einem Zustand nach Herzinfarkt und Depressionen. Bis auf das erhebliche Übergewicht als Hauptursache für die Beschwerden bestünden beim Kläger keine wesentlichen Funktionsstörungen des Bewegungsapparats. Auch neurologische Störungen oder Störungen des Gefäßsystems könnten ausgeschlossen werden. Das Ergebnis der kernspintomographischen Untersuchung vom März 2010 bestätige den weitgehend unauffälligen klinischen Befund. Die Befunde auf orthopädischem Fachgebiet könnten aufgrund orthopädischer Untersuchung nicht bestätigt werden. Der Bluthochdruck des Klägers sei sehr gut eingestellt. Die übrigen Diagnosen seien Begleiterscheinungen des sehr starken Übergewichts. Orthopädische Gründe stünden einer Tätigkeit des Klägers als Pförtner seit 01. Mai 2010 über mindestens sechs Stunden täglich nicht entgegen.
Mit Gerichtsbescheid vom 10. Februar 2010 wies das SG die Klage ab. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme sei eine über den 30. April 2010 hinausgehende Arbeitsunfähigkeit nicht erwiesen. Orthopädischerseits werde dies vor allem auf die Feststellungen des gerichtlichen Sachverständigen Dr. P. gestützt. Eine relevante Leistungseinschränkung bezüglich der Tätigkeit als Pförtner, die als leichte körperliche Arbeit angesehen werden könne, lasse sich daraus nicht ableiten. Dies entspreche auch dem Ergebnis der medizinischen Reha-Maßnahmen in der Z.-klinik. Der Vorschlag einer Wiedereingliederungsmaßnahme sei seinerzeit nicht aus orthopädischen Gründen erfolgt, sondern um einem vorzeitigen Leistungsversagen wegen der gegenwärtig leichten depressiven Störung entgegenzuwirken. Die Aussage des sachverständigen Zeugen Dr. L. sei nicht geeignet, die Beurteilung des gerichtlichen Sachverständigen zu widerlegen. Dr. L. nenne keine weiteren leistungseinschränkenden Befunde und stütze seine Annahme weiterer Arbeitsunfähigkeit ausschließlich auf die Schmerzangaben des Klägers. Auch auf Beeinträchtigungen auf neurologisch-psychiatrischem Gebiet könne die Fortdauer der Arbeitsunfähigkeit nicht mit Erfolg gestützt werden. Der behandelnde Arzt S. führe eine depressive Verstimmung an, die durch streckenweise gedrückte Stimmungslage, reduzierten Antrieb und eingeschränkte Affekte Schwingungsfähigkeit charakterisiert sei. Dass dieses psychopathologische Zustandsbild zu einer längeren Arbeitsunfähigkeit führe, sei nicht nachvollziehbar. Auch hier vermittle der Entlassungsbericht der Z.-klinik ein differenziertes Bild. Aufgrund der anamnestischen Angaben des Klägers sowie der Beobachtungen im Heilverfahren sei dort eine gegenwärtig leichte Episode einer rezidivierenden depressiven Störung und einer Dysthymia angenommen worden. Dabei sei es gelungen, den Kläger durch die veranlassten psychotherapeutischen Gespräche partiell affektiv zu stabilisieren. Der Kläger sei bei der Entlassung als vollschichtig leistungsfähig angesehen worden, lediglich Tätigkeiten, die eine besondere psychische Belastbarkeit voraussetzten, wären auf Dauer ausgeschlossen worden. Dies könne aber für die Tätigkeit eines Pförtners nicht angenommen werden. Ein Zeichen für psychische Störungen habe der gerichtliche Sachverständige bei der Begutachtung am 23. November 2010 nicht feststellen können. Zwar könne dieser insoweit keine fachfremde Diagnose stellen, jedoch sei er als Arzt in der Lage, Hinweise für Erkrankungen auf anderen Fachgebieten zu geben, die dann Anlass gäben, weitere Sachverhaltsermittlungen durchzuführen. Zur Einholung eines neurologisch-psychiatrischen Gutachtens habe hiernach keine Veranlassung bestanden.
Gegen diesen ihm am 15. Februar 2011 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 15. März 2011 beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg Berufung eingelegt. Das SG habe seine Entscheidung im Wesentlichen auf das Gutachten des Dr. P. gestützt. Dieser habe ihn (den Kläger) jedoch erst am 23. November 2010, also zwei Monate nach Wiedererlangung der Arbeitsfähigkeit untersucht. Als wesentlicher Befund seien seinerzeit u.a. chronische Wirbelsäulenbeschwerden festgestellt worden. Diese Beschwerden seien auch im Zeitraum vom 01. Mai bis 16. August 2010 so stark gewesen, dass er seiner Arbeit als Pförtner nicht habe nachgehen können. Deswegen sei er durch den ihn ständig behandelnden Orthopäden Dr. L. auch als arbeitsunfähig erachtet worden. Wenn das SG ausführe, Dr. L. habe seine Einschätzung ausschließlich auf die Schmerzangaben von ihm (dem Kläger) gestützt, demgegenüber habe Dr. P. entsprechende Schmerzangaben nicht mehr feststellen können, übersehe das SG, dass er bei der Begutachtung durch Dr. P. wieder arbeitsfähig gewesen sei, die Wirbelsäulenbeschwerden also rückläufig gewesen seien. Diesen Veränderungen seines Gesundheitszustands trage das SG nicht hinreichend Rechnung. Auch der Entlassungsbericht der Z.-klinik rechtfertige nicht, anzunehmen, dass er ab dem 01. Mai 2010 wieder arbeitsfähig geworden sei. Die Entlassung aus der Z.-klinik sei am 11. Februar 2010 erfolgt. Geltend gemacht werde Krankengeld für den Zeitraum vom 01. Mai bis 16. August 2010. Auch während der Rehabilitation habe er schon unter starken Rückenschmerzen mit Ausstrahlung in die Beine gelitten. Die Beschwerden hätten gelindert, jedoch nicht sämtlich behoben werden können. Nach Entlassung hätten sich seine Rückenschmerzen wieder verstärkt. Zudem habe eine Arbeitsunfähigkeit auf neurologisch-psychiatrischem Gebiet über den 30. April 2010 hinaus vorgelegen. Arzt S. habe bestätigt, dass er bis August 2010 depressiv verstimmt und erst ab 17. August 2010 wieder in der Lage gewesen sei, täglich mindestens sechs Stunden als Vollzeitkraft zu arbeiten. Das SG erachte diese Einschätzung rechtsfehlerhaft als nicht nachvollziehbar. Auch der Entlassungsbericht der Z.-klinik stehe den Ausführungen von Arzt S. nicht entgegen. Hier sei ausgeführt, dass er (der Kläger) eine Woche vor Ende des Heilverfahrens die Nachricht erhalten habe, dass ein Gespräch mit Vorgesetzten auf ihn zukomme und er seitdem wieder schlecht schlafe, mit den Händen zittere und der Blutdruck steige. Sein psychischer Zustand habe sich also noch während der Reha-Maßnahme wieder verschlechtert. Das SG sei dem fachfremden gerichtlichen Sachverständigen auch in seinen Ausführungen dahingehend gefolgt, dass ein Zeichen für psychische Störungen am 23. November 2010 nicht habe festgestellt werden können. Auch sein Arbeitgeber sei im Übrigen davon ausgegangen, dass er über den 01. Mai 2010 hinaus arbeitsunfähig gewesen sei. Der Kläger hat insoweit das Schreiben des Universitätsklinikums H. vom 12. Oktober 2010 an das Arbeitsgericht Mannheim betreffend den Rechtsstreit, mit welchem der Kläger Zahlung von Gehalt bis zur Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses begehrt hat, vorgelegt.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 10. Februar 2011 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm unter Aufhebung des Bescheids vom 29. März 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14. Juli 2010 Krankengeld auch für die Zeit vom 01. Mai bis 16. August 2010 nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu bezahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält den angefochtenen Gerichtsbescheid des SG für zutreffend.
Der Senat hat Beweis erhoben durch nochmalige Vernehmung des Dr. L. und des Arztes S. schriftlich als sachverständige Zeugen. In seiner Auskunft vom 01. Juni 2011 hat Dr. L. angegeben, der Kläger habe sich im Zeitraum vom 01. April bis 31. August 2010 bei ihm am 30. April, 31. Mai, 07. Juni, 18. Juni und 15. Oktober 2010 vorgestellt. Am 30. April 2010 habe der Kläger Schmerzen im Bereich des rechten Ellenbogens beklagt, am 15. Oktober 2010 Schmerzen im Rückenbereich. Über den gesamten Zeitraum habe eine eingeschränkte Bewegungsfähigkeit des rechten Ellenbogens sowie der lumbalen Wirbelsäule bestanden. Eine geistige Leistungsbeeinträchtigung habe nicht festgestellt werden können. Am 30. April 2010 sei die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung bis zum 30. Mai 2010, am 31. Mai 2010 sei eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung bis zum 16. Juni 2010 erfolgt, weitere Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen seien nicht ausgestellt worden. Grund beider Bescheinigungen sei die Epicondylopathia gewesen. Arzt S. (Auskünfte vom 04. und 13. Juli 2011) teilte mit, der Kläger habe sich im fraglichen Zeitraum am 12. und 20. April, am 05. und 11. Mai, am 17. Juni, am 09. Juli und am 06. August 2011 (richtig wohl 2010) vorgestellt. An Befunden habe er eine gedrückte Stimmungslage bei reduziertem Antrieb, eine eingeschränkte affektive Schwingungsfähigkeit, eine gestörte Auffassungsgabe und Konzentrationsfähigkeit erhoben. Er habe eine endogene Depression und nichtorganische Schlafstörungen bei Arbeitsplatzkonflikt diagnostiziert. Der Kläger sei im genannten Zeitraum durchgängig bis einschließlich 16. August 2010 arbeitsunfähig krankgeschrieben gewesen. Im gesamten Zeitraum seien immer wieder dieselben Befunde erhoben worden. Der Kläger sei im genannten Zeitraum vom 25. Februar bis 16. August 2010 von ihm selbst arbeitsunfähig krankgeschrieben worden.
Die Berichterstatterin hat mit den Beteiligten das Verfahren in der nicht öffentlichen Sitzung vom 24. Oktober 2011 erörtert. Auf den Inhalt der Niederschrift wird ausdrücklich Bezug genommen. Beide Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten sowie der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten und die Gerichtsakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
1. Die nach § 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegt Berufung des Klägers, über die der Senat mit Einverständnis beider Beteiligter gem. § 153 Abs. 1, § 124 Abs. 1 SGG durch Urteil ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist statthaft und zulässig. Auch der Beschwerdewert von EUR 750,00 i. S. von § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG ist überschritten. Zwar ist der tägliche Leistungssatz des Krankengelds für die Zeit vom 01. Mai bis 16. August 2010 nicht bekannt. Unter Berücksichtigung des Tatsache, dass ein Krankengeldanspruch für 108 Tage im Streit ist, sowie dass der Kläger ein Bruttogehalt von EUR 2.326,44 bezogen hat, wird der Beschwerdewert hier jedoch in jedem Falle überschritten.
2. Die Berufung des Klägers ist auch begründet. Zu Unrecht hat das SG einen Krankengeldanspruch über den 30. April 2010 hinaus bis einschließlich zum 16. August 2010 abgelehnt. Der angefochtene Bescheid vom 29. März 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14. Juli 2010 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten. Dem Kläger ist Krankengeld über den 30. April 2010 hinaus auch noch für die Zeit vom 1. Mai 2010 bis 16. August 2010 zu gewähren.
a) Nach § 44 Abs. 1 Satz 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) haben Versicherte Anspruch auf Krankengeld, wenn - abgesehen von den hier nicht gegebenen Fällen stationärer Behandlung - die Krankheit sie arbeitsunfähig macht.
Arbeitsunfähigkeit bzw. das Fehlen der Fähigkeit zur Arbeitsverrichtung setzt die gesundheitlichen Einschränkungen des Versicherten in Beziehung zu dem beruflichen Umfeld. Arbeitsunfähigkeit i.S.d. § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB V liegt vor, wenn der Versicherte "seine Arbeit" nicht mehr oder nur auf die Gefahr hin, seinen Zustand zu verschlimmern, verrichten kann. Welche Arbeit der Bezugspunkt der Unfähigkeit ist, hängt vor allem von dem Versicherungsverhältnis ab. Dieses bestimmt, ob nur die zuletzt ausgeübte Erwerbstätigkeit, gleich geartete Tätigkeiten oder sonstige Tätigkeiten maßgeblich sind. Das bei Entstehen eines Anspruchs auf Krankengeld bestehende Versicherungsverhältnis bestimmt, wer in welchem Umfang als "Versicherter" Anspruch auf Krankengeld hat (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. Bundessozialgericht [BSG], Urteile vom 26. Juni 2007 - B 1 KR 37/06 R - a.a.O. und vom 05. Mai 2009 - B 1 KR 20/08 R - SozR 4-2500 § 192 Nr. 4; jeweils m.w.N.). Bei einem Versicherungsverhältnis, das mit einem Beschäftigungsverhältnis verbunden ist, ist an dieses konkrete Arbeitsverhältnis anzuknüpfen. Besteht das Arbeitsverhältnis nach Eintritt der Arbeitsunfähigkeit fort, ist diese allein auf die Anforderungen des konkreten Arbeitsplatzes zu beziehen. Arbeitsunfähigkeit liegt vor, wenn der Versicherte durch Krankheit daran gehindert ist, seine arbeitsvertraglich geschuldete, zuletzt ausgeübte Arbeit zu verrichten (BSG, Urteil vom 08. November 2005 - B 1 KR 18/04 R - SozR 4 – 2500 § 44 Nr. 7; Urteil vom 07. Dezember 2004 - B 1 KR 5/03 R - SozR 4–2500 § 44 Nr. 3; Urteil vom 19. September 2002 - B 1 KR 11/02 R - SozR 3–2500 § 44 Nr. 10). Diese Orientierung am Fortbestand des Arbeitsverhältnis entspricht der Zweckbestimmung des Krankengeldes, die Versicherten während der Arbeitsunfähigkeit wirtschaftlich abzusichern; damit ist grundsätzlich die Erwartung geschützt, nach Beseitigung der Arbeitsunfähigkeit die bisherige Arbeit wieder aufzunehmen (BSG, Urteil vom 07. August 1991 - 1/3 RK 28/89 - SozR 3–2200 § 182 Nr. 9). Ob ein Arbeitsverhältnis fortbesteht, wird nach arbeitsrechtlichen Grundsätzen beurteilt (BSG, Urteil vom 07. August 1991 - 1/3 RK 28/89 - a.a.O.). Ein anderer Bezugspunkt als die zuletzt ausgeübte konkrete Arbeit ist bei fortbestehendem Arbeitsverhältnis grundsätzlich nicht heranzuziehen. Auch eine abstrakte Verweisung auf gleich oder ähnlich geartete Tätigkeiten ist unzulässig; das gilt auch für Fälle, in denen die Arbeitsunfähigkeit schon längere Zeit andauert und unabhängig davon, ob noch eine gewisse Aussicht auf Wiederaufnahme der bisherigen Tätigkeit besteht (vgl BSG, Urteil vom 25. Februar 2004 - B 5 RJ 30/02 R SozR 4–2600 § 43 Nr. 2). Anderes gilt nur dann, wenn der Arbeitgeber ein darauf gerichtetes Angebot abgibt (innerbetriebliche Umsetzung s. BSG, Urteil vom 22. März 2005 - B 1 KR 22/04 R - SozR 4–2500 § 44 Nr. 6). Erst dann, wenn das Arbeitsverhältnis beendet ist, kann nicht mehr auf eine daraus resultierende konkrete Erwerbstätigkeit abgestellt werden; Bezugspunkt der Arbeitsunfähigkeit ist dann eine gleichartige Tätigkeit.
b) Ausgehend davon war der Kläger auch über den 30. April 2010 hinausgehend bis einschließlich zum 16. August 2010 arbeitsunfähig i.S.d. § 44 Abs. 1 Satz 1 1. Halbsatz SGB V.
Anders als von der Beklagten ausweislich der Begründung ihres Widerspruchsbescheids vom 14. Juli 2010 angenommen ist für die Beurteilung des Vorliegens von Arbeitsunfähigkeit nicht eine "vergleichbare Tätigkeit als Pförtner" maßgeblich, sondern die vom Kläger zuletzt konkret ausgeübte Tätigkeit als Pförtner in der Psychiatrie des Universitätsklinikums Heidelberg. Denn nach dem arbeitsgerichtlichen Vergleich vom 30. Juli 2011 endete das Beschäftigungsverhältnis dort erst zum 31. Dezember 2010. Da auf die arbeitsrechtlichen Grundsätze abzustellen ist, kam es auf bereits zuvor erfolgte Versuche der fristlosen Kündigung bei faktischer Nichtbeschäftigung des Klägers nicht an. Dass das Universitätsklinikum dem Kläger einen anderen Arbeitsplatz angeboten hätte, ist anhand der Akten nicht ersichtlich.
In der zuletzt vom Kläger verrichteten Tätigkeit als Pförtner im Universitätsklinikum war der Kläger zur Überzeugung des Senats aufgrund der besonderen Umstände des konkreten Einzelfalls aber auch in der Zeit vom 01. Mai bis 16. August 2010 noch arbeitsunfähig erkrankt. Der Kläger war auch in diesem Zeitraum weiterhin durch Krankheit daran gehindert ist, seine in dieser konkreten Tätigkeit arbeitsvertraglich geschuldete Leistung zu erbringen.
Zwar vermochte sich der Senat vom Vorliegen relevanter Erkrankungen auf orthopädischem Fachgebiet nicht zu überzeugen. Die von Dr. L. in seiner sachverständigen Zeugenauskunft vom 01. Juni 2011 mitgeteilten Befunde (eingeschränkte Bewegungsfähigkeit des rechten Ellenbogens sowie der lumbalen Wirbelsäule) und der Hinweis darauf, dass Grund der von ihm ausgestellten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen die Ellenbogenbeschwerden gewesen seien, vermögen das Vorliegen einer Arbeitsunfähigkeit des Klägers in seiner Tätigkeit als Pförtner im Universitätsklinikum aus Sicht des Senats nicht zu begründen. Im Übrigen hatte Dr. L. Arbeitsunfähigkeit nach eigenen Angaben ohnehin nur bis zum 16. Juni 2010 bescheinigt.
Der Senat ist jedoch davon überzeugt, dass der Kläger infolge einer Erkrankung auf psychiatrischem Fachgebiet auch in der Zeit vom 01. Mai bis 16. August 2010 auf seiner Stelle als Pförtner beim Universitätsklinikum nicht zu arbeiten in der Lage war. Der Kläger litt ausweislich der sachverständigen Zeugenauskünfte des Arztes S. vom 18. Oktober 2010 sowie vom 04. Juli 2011 (letztere ergänzt durch die Auskunft vom 13. Juli 2011) seit November 2009 an einer endogenen Depression verbunden mit einer nichtorganischen Schlafstörung, die durch einen Arbeitsplatzkonflikt ausgelöst worden war. An Befunden erhob Arzt S. insoweit eine gedrückte Stimmungslage, einen reduzierten Antrieb, eine eingeschränkte affektive Schwingungsfähigkeit, gestörte Auffassungsgabe und Konzentrationsfähigkeit. Auf der Grundlage dieser Befunde war auch Dr. H. vom MDK nach telefonischer Rücksprache mit Arzt S. zu der Auffassung gelangt (Stellungnahme vom 18. März 2010), dass es sich nachvollziehbar um eine Symptomatik mit Krankheitswert handele, die Therapie und Arbeitsruhe erforderlich mache. Die Beklagte hat auf der Grundlage dessen zunächst für eine gewisse Dauer Krankengeld gewährt. Daran hat sich nach dem 30. April 2010 nichts geändert.
Die Einstellung der Krankengeldzahlung zum 30. April 2010 beruhte dann nicht auf der Überzeugung, dass sich psychiatrischerseits eine deutliche Befundbesserung ergeben habe, sondern allein auf der Auffassung, dass die Arbeitsunfähigkeit auf einem Arbeitsplatzkonflikt beruhe, dies aber einen Anspruch auf Krankengeld nicht dauerhaft begründen könne.
Welcher Umstand den Eintritt einer Arbeitsunfähigkeit begründenden Erkrankung auslöst, ist jedoch für die Frage nach dem Bestehen oder Nichtbestehen von Arbeitsunfähigkeit unerheblich. Die von der Beklagten getroffene Einschränkung findet weder im Gesetz noch in der arbeitsrechtlichen und auch nicht in der krankenversicherungsrechtlichen Rechtsprechung und Literatur eine Stütze. Das Gesetz stellt allein auf das Vorliegen von Arbeitsunfähigkeit ab, ohne nach den Ursachen zu fragen (vgl. ebenso LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 09. März 2006 - L 16 KR 242/04 - juris zur Arbeitsunfähigkeit wegen Mobbings). Auch nach Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelungen zur Gewährung von Krankengeld kommt eine solche Auslegung nicht in Betracht. Der Krankengeldanspruch kann nicht davon abhängen, welcher Risikosphäre die Ursache der Erkrankung zuzuordnen ist. Abgesehen davon, dass eine solche Differenzierung angesichts der Vielfalt möglicher Teilursachen für das Ent- und Fortbestehen einer Krankheit kaum möglich sein dürfte, führte eine solche Unterscheidung letztlich dazu, dass für dieselbe Erkrankung je nach Ursache ein Krankengeldanspruch bestünde bzw. nicht. Ein sachlicher Grund für eine solche Ungleichbehandlung ist nicht erkennbar, die Rechtsfolge wäre grob unbillig. Die Auffassung der Beklagten führte daher zu einer vom Gesetzgeber nicht gewollten, für den Versicherten nicht hinnehmbaren Unsicherheit und zu einer Aushöhlung seiner sozialen Absicherung im Falle der Arbeitsunfähigkeit. Unter Berücksichtigung des übergeordneten Schutzinteresses des Versicherten entfällt daher auch dann der Krankengeldanspruch - bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen - nicht, wenn die Erkrankung ausschließlich oder überwiegend auf Konflikten am Arbeitsplatz beruht und der Arbeitgeber keine Abhilfe schafft (LSG Nordrhein-Westfalen, a.a.O.).
Das Risiko einer Aushöhlung der Krankengeldansprüche wird dadurch nicht bedingt. Denn nicht jeder Arbeitsplatzkonflikt führt zu Arbeitsunfähigkeit. Entscheidend ist insoweit immer eine Würdigung der konkreten Umstände des Einzelfalls. Insbesondere dort, wo greifbare Kriterien eine Eskalation am Arbeitsplatz nahelegen, erscheint auch das Entstehen einer krankhaften seelischen Reaktion nachvollziehbar. Wo dies nicht der Fall ist, steht die Überzeugungskraft von Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen in Frage. Im Übrigen führte ein auf Seiten des Versicherten liegendes Fehlverhalten im Zweifel arbeitsrechtlich zu der Möglichkeit einer ggf. fristlosen Kündigung mit der Folge, dass neuer Maßstab für die Arbeitsunfähigkeit ein bestimmtes Berufsbild generell, nicht dagegen die konkrete Arbeitsstelle wäre.
Im konkreten Einzelfall des Klägers deuten die Umstände auf einen ganz erheblich eskalierten Arbeitsplatzkonflikt hin. Der Kläger hatte seinerzeit einer - für ihn wohl ungünstigen - Umwandlung seines Anstellungsverhältnisses im öffentlichen Dienst in ein privates Arbeitsverhältnis nicht zugestimmt, war auf eine andere Pförtnerstelle umgesetzt worden, kam dann mit einer neuen Vorgesetzten nicht zurecht und sah sich offenbar massiven Anwürfen (Verübung von Gewalttätigkeit) unter Benennung falscher Zeugen ausgesetzt. Das Vertragsverhältnis endete aufgrund eines gerichtlichen Vergleichs vom 30. Juli 2010, welcher ihm eine Abfindung für seine Pförtnertätigkeit von EUR 70.000,00 zusprach. Der Arbeitsplatzkonflikt spitzte sich im Frühjahr 2010 noch ganz erheblich zu. Zunächst scheiterte ein Wiedereingliederungsversuch des Klägers auf seine Arbeitsstelle bereits am dritten Tag. In der Folge wurden dem Kläger offenbar Kleidervorschriften vorgehalten, die seinen Kollegen nicht gemacht wurden. Der Kläger legte insoweit zwei Atteste ihn behandelnder Ärzte vor, mithilfe derer er zu belegen versuchte, dass ihm die Einhaltung dieser Kleidervorschriften aus gesundheitlichen Gründen nicht möglich sei (vgl. insoweit das Attest des Internisten Dr. Fiederling vom 18. März 2010 sowie des Arztes S. vom 23. Februar 2010). Kurz darauf erhielt der Kläger - jeweils im Abstand weniger Tage - drei fristlose Kündigungen durch seinen Arbeitgeber, wobei letztere auch eine fristgerechte Kündigung aussprach. Im Anschluss wurde ein arbeitsgerichtliches Verfahren geführt, das mit einem Vergleich am 30. Juli 2010 endete.
Der Senat ist mit Blick darauf davon überzeugt davon, dass die von Arzt S. bescheinigte Erkrankung des Klägers bis zum 16. August 2010 andauerte. Ein vorzeitiges Ende der Arbeitsunfähigkeit lässt sich insbesondere nicht damit begründen, dass der Kläger aus der vom 07. Januar bis 11. Februar 2010 absolvierten Reha-Maßnahme zunächst deutlich seelisch stabilisiert entlassen worden war. Denn schon aus dem Inhalt des Reha-Entlassungsberichts des Dr. Schiefer vom 22. Februar 2010 waren etwaige Folgeprobleme erkennbar. Es ist darin ausgeführt, der Kläger habe etwa eine Woche vor Ende des Heilverfahrens die Nachricht erhalten, dass ein Gespräch mit dem Vorgesetzten auf ihn zukomme. Er schlafe seither wieder schlecht, zittere mit den Händen, und der Blutdruck steige. Der Kläger wurde im Übrigen aus der Reha-Maßnahme noch arbeitsunfähig entlassen, da eine Wiedereingliederung erfolgen sollte.
Das Ergebnis der Reha-Maßnahme steht daher dem weiteren Bestehen von Arbeitsunfähigkeit nicht entgegen. Vielmehr gelangte sogar Dr. H. in seiner sozialmedizinischen Stellungnahme vom 18. März 2010 - also nach Abschluss der Reha-Maßnahme - zu der Auffassung, dass bei hoch eskaliertem Arbeitsplatzkonflikt bezogen auf die konkrete Arbeitsstelle des Klägers weiterhin Arbeitsunfähigkeit auf Zeit vorlag. Mit Blick auf die im weiteren Verlauf erfolgte nochmalige Zuspitzung des Arbeitsverhältnisses (drei fristlose Kündigungen bei einer weiteren fristgerechten Kündigung, Durchführung des arbeitsgerichtlichen Verfahrens) ist der Senat überzeugt davon, dass die beim Kläger diagnostizierte psychische Erkrankung - wie durch Arzt S. bescheinigt - bis einschließlich zum 16. August 2010 vorlag. In seiner Auskunft vom 04. Juli 2010 ergänzt um die Auskunft vom 11. Juli 2010 hat Arzt S. angegeben, dass der Kläger weiterhin an insgesamt sieben von ihm wahrgenommenen Terminen in der Zeit von April bis August 2010 die schon zuvor erhobenen Befunde (gedrückte Stimmungslage, reduzierter Antrieb, eingeschränkte affektive Stimmungsfähigkeit, gestörte Auffassungsgabe und Konzentrationsfähigkeit) aufwies. Arzt S. hat daher auch weiterhin die Diagnose einer endogene Depression mit nichtorganischer Schlaflosigkeit gestellt) aufwies. Angesichts der aufgezeigten arbeitsrechtlichen Besonderheiten des Einzelfalls ergeben sich dem Senat keine Anhaltspunkte, die Richtigkeit dieser ärztlichen Angaben in Zweifel zu ziehen. Dies gilt umso mehr, als zweieinhalb Wochen nach Abschluss des arbeitsgerichtlichen Verfahrens am 30. Juli 2010, aufgrund dessen feststand, dass der Kläger das Beschäftigungsverhältnis beim Universitätsklinikum nicht mehr fortführen musste, Arbeitsunfähigkeit beim Kläger nicht mehr vorlag; die Feststellung der Arbeitsunfähigkeit durch Arzt S. dauerte (nur) bis zum 16. August 2010 an. Auch die Beklagte selbst hat im Übrigen in ihrem Bescheid vom 29. März 2010 die Ablehnung der Fortzahlung nicht mit einem Ende der Erkrankung sondern mit der - wie ausgeführt rechtswidrigen - Rechtsauffassung begründet, dass Krankengeld auf der Grundlage eines Arbeitsplatzkonfliktes nicht bezahlt werden könne.
Der Überzeugung des Senats von weiterhin bis zum 16. August 2010 fortbestehender Arbeitsunfähigkeit steht auch weder entgegen, dass Dr. P. in seinem für das SG erstellten orthopädischen Sachverständigengutachten vom 28. November 2010 Hinweise für eine psychische Erkrankung nicht gesehen hat; denn zum Zeitpunkt der Begutachtung des Klägers am 23. November 2011 war der Kläger bereits seit mehr als drei Monaten auch nach Einschätzung von Arzt S. wieder gesundet. Noch erachtet es der Senat für relevant, dass der Kläger den Versuch unternommen hat, seine Arbeitsunfähigkeit nach dem 30. April 2010 auf die Bescheinigung orthopädischer Beschwerden zu stützen. Nach den rechtswidrigen Hinweisen von Seiten der Beklagten über eine nur begrenzte Zeit anzuerkennende Arbeitsunfähigkeit bei Mobbing erscheint dies gerade bei Vorliegen einer echten Erkrankung nachvollziehbar und steht einer weiterhin gegebenen Arbeitsunfähigkeit auf psychiatrischem Fachgebiet nicht entgegen.
c) Auch die übrigen Voraussetzungen für den Anspruch auf Krankengeld lagen bis einschließlich zum 16. August 2010 vor. Der Kläger war auch über den 30. April 2010 hinaus mit Anspruch auf Krankengeld versichert. Es kann dahingestellt bleiben, ob dies sich schon wegen der Mitgliedschaft als versicherungspflichtiger Beschäftigter ergibt. Jedenfalls blieb die Mitgliedschaft des Klägers mit Anspruch auf Krankengeld nach § 192 Abs. 1 Nr. 2 SGB V über den 30. April 2010 hinaus erhalten, weil der Kläger über diesen Tag hinaus einen Anspruch auf Krankengeld in gesetzlicher Höhe hatte. Des Weiteren war der Anspruch auf Krankengeld für den gesamten Zeitraum entstanden. Dass sich für diese Zeit keine durch Arzt S. ausgestellten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen bzw. Auszahlscheine mehr in der Verwaltungsakte befinden, verhindert das Entstehen des Krankengeldanspruchs nicht. Die Regelung des § 46 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB V steht dem nicht entgegen. Der Anspruch auf Krankengeld entsteht nach § 46 Satz 1 Nr. 2 SGB V in anderen Fällen als bei Krankenhausbehandlung oder Behandlung in einer Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtung von dem Tag an, der auf den Tag der ärztlichen Feststellung der Arbeitsunfähigkeit folgt. Das Entstehen des Anspruchs auf Krankengeld setzt damit - abgesehen von hier nicht gegebenen stationären Behandlungen - voraus, dass die Arbeitsunfähigkeit vertragsärztlich festgestellt wird. Abzustellen ist grundsätzlich auf den Tag, der dem Tag nach Feststellung der Arbeitsunfähigkeit folgt (BSG, Urteil vom 26. Juni 2007 - B 1 KR 37/06 R - SozR 4-2500 § 46 Nr. 2). Nach der Rechtsprechung des BSG kann dem Versicherten das Fehlen von Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen nicht entgegen gehalten werden, wenn dies in den Verantwortungsbereich der Krankenkasse fällt. Das BSG lässt einen Krankengeldanspruch insbesondere dann nicht an einer fehlenden Arbeitsunfähigkeitsmeldung scheitern, wenn dies - wie hier - auf der unzutreffenden rechtlichen Bewertung des Maßstabs für die Beurteilung von Arbeitsunfähigkeit der Krankenkasse beruhte, der Versicherte aber - wie ebenfalls im konkreten Fall zutreffend - seine Rechte bei der Krankenkasse unverzüglich geltend gemacht hat (vgl. BSG, Urteil vom 08. Februar 2000 - B 1 KR 11/99 R - SozR 3-2500 § 49 Nr. 4). Im Übrigen hat die Beklagte ohnehin das Fehlen von Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen nicht eingewandt. Aus denselben Gründen kann sich die Beklagte auch nicht darauf berufen, ihr sei die Arbeitsunfähigkeit nach dem 30. April 2010 nicht rechtzeitig gemeldet worden, so dass der Anspruch auf Krankengeld nicht nach§ 49 Abs. 1 Nr. 5 SGB V ruhte.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten des Klägers in beiden Instanzenzügen.
Tatbestand:
Streitig ist die Bewilligung von Krankengeld über den 30. April 2010 hinaus bis zum 16. August 2010.
Der am 1954 geborene Kläger ist gelernter Fliesenleger und seit 1995 als Pförtner im Universitätsklinikum H. (im Folgenden Universitätsklinikum) beschäftigt. Wegen dieser Beschäftigung war er versicherungspflichtiges Mitglied der Beklagten.
Am 28. November 2009 wurde Arbeitsunfähigkeit des Klägers ärztlich bescheinigt (Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung nicht bei den Akten). Entgeltfortzahlung durch das Universitätsklinikum erfolgte bis zum 08. Januar 2010.
Bereits am 15. Dezember 2009 war bei der Beklagten ein Schreiben des Universitätsklinikums vom 10. Dezember 2009 eingegangen, mit welchem dieses Zweifel an der Arbeitsunfähigkeit des Klägers äußerte. Der Kläger sei mehrfach zu Personalgesprächen eingeladen worden, die er einfach abgesagt habe. Zuletzt sei er zum Personalgespräch Anfang Dezember 2009 eingeladen worden. Daraufhin habe sich der Kläger Ende November arbeitsunfähig gemeldet. Es bestehe der Eindruck, dass sich der Kläger dem anberaumten Gespräch durch vermeintliche Krankheit entziehen wolle. Die Beklagte holte daraufhin eine sozialmedizinische Fallberatung bei Dr. H. vom Medizinischen Dienst der Krankenversicherung Baden-Württemberg (MDK) ein. Dr. H. berichtete in seiner Stellungnahme vom 16. Dezember 2009 von der Diagnose einer Anpassungsstörung bei Arbeitsplatzkonflikt mit ausgeprägter Schlafstörung und Einengung des Denkens auf Konfliktaspekte mit Affektinstabilität. Nach ausführlicher telefonischer Rücksprache mit der die Arbeitsunfähigkeit attestierenden Praxis könnten die seitens des Arbeitgebers geäußerten Zweifel an der Rechtfertigung aktueller Arbeitsunfähigkeit nicht bestätigt werden. Es handle sich nachvollziehbar um eine Symptomatik von Krankheitswert, die Therapie und Arbeitsruhe erforderlich mache. Das Ergebnis dieser Stellungnahme wurde dem Universitätsklinikum mitgeteilt.
In der Zeit vom 07. Januar bis 11. Februar 2010 nahm der Kläger an einer durch den Rentenversicherungsträger bewilligten medizinischen Rehabilitationsmaßnahme in der Z.-Klinik in S. teil. In seinem Entlassungsbericht vom 22. Februar 2010 berichtete Oberarzt Dr. Schiefer von einer rezidivierenden depressiven Störung, gegenwärtig leichte Episode, einer Lumboischialgie bei degenerativen Veränderungen, einer Coxarthrose Grad I beidseits, einer beginnenden Gonarthrose mit femoropatellarer Symptomatik und von Dysthymia. In der Eigenanamnese ist ausgeführt, der Kläger habe vor ca. zweieinhalb Jahren große Probleme bei der Arbeit bekommen. Man habe ihm statt eines Vertrags im öffentlichen Dienst einen neuen privaten Vertrag bei einer Service GmbH angeboten. Er habe abgelehnt und sei - nach eigenem Empfinden - von der Kinderklinik zur Psychiatrie "strafversetzt" worden. Aus psychotherapeutischer Sicht habe der Kläger davon berichtet, vor etwa sechs Monaten eine neue Chefin bekommen zu haben. Von ihr werde er "gemobbt". Seit November 2009 sei er krankgeschrieben. Er denke viel über die Arbeit nach, auch abends, und könne dann schlecht schlafen. Seine Hände zitterten stark. Er sei innerlich unruhig, gegen das Zittern nehme er Betablocker. Seine Tätigkeit als Pförtner finde im Dreischichtbetrieb statt. Turnusgemäß müsse er auch jedes zweite Wochenende arbeiten. Es bestünden Arbeitsplatzkonflikte wegen unliebsamer Arbeitszeiten, wobei der Kläger sich bei der Diensteinteilung benachteiligt fühle. Der Pförtnerdienst sei mittlerweile privatisiert, der Kläger beziehe seinen Lohn allerdings noch über das Universitätsklinikum In der epikritischen Zusammenfassung ist ausgeführt, das Heilverfahren sei aus orthopädischer Sicht wegen Schmerzen seitens des Achsenorgans sowie der Hüft- und Kniegelenke durchgeführt worden. Die Beschwerden hätten gelindert werden können, wobei Beschwerdefreiheit nicht habe erreicht werden können. Aus psychotherapeutischer Sicht sei es dem Kläger gelungen, sich innerhalb der psychotherapeutischen Kontakte emotional zu öffnen und Vertrauen zu gewinnen. Er habe davon berichtet, etwa eine Woche vor Ende des Heilverfahrens die Nachricht erhalten zu haben, dass ein Gespräch mit Vorgesetzten auf ihn zukomme. Er denke, man wolle ihn loswerden. Er schlafe wieder schlecht, zittere mit den Händen, und der Blutdruck steige. Der Kläger sei insgesamt klagsam und mit seiner jetzigen Arbeitssituation unzufrieden erschienen. Er steigere sich schnell in Dinge hinein. Bei der Entlassung habe der Kläger jedoch affektiv stabilisiert, erholt und regeneriert gewirkt. Der Kläger beginne am 22. Februar 2010 eine stufenweise Wiedereingliederung. Tätigkeiten mit besonderen Anforderungen an die geistig/psychische Belastbarkeit könnten den Klägern überfordern und seien daher auf Dauer auszuschließen, um einer erneuten affektiven Dekompensation vorzubeugen. Im Übrigen bestehe vollschichtige Leistungsfähigkeit sowohl für die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als auch auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt. Das volle Wochenmaß nach Wiedereingliederung müsste aller Voraussicht nach wieder ab dem 22. März 2010 erreicht werden.
Am 22. Februar 2010 begann der Kläger die stufenweise Wiedereingliederung, die jedoch bereits am 24. Februar 2010 - nach eigener Auskunft infolge eines Arbeitsplatzkonfliktes - wieder abgebrochen wurde.
Der Kläger beantragte daraufhin bei der Beklagten die Bewilligung von Krankengeld ab 25. Februar 2010. Er legte hierzu die Auszahlungsscheine für Krankengeld des Neurologen und Psychiaters S. vom 08. März 2010 über eine Vorstellung des Klägers am 25. Februar 2010 sowie vom 11. März 2010 mit Bescheinigung voraussichtlicher Arbeitsunfähigkeit bis 31. März 2010 vor.
Die Beklagte holte eine erneute sozialmedizinische Fallberatung bei Dr. H. ein (Stellungnahme vom 18. März 2010) ein, der von weiterer Arbeitsunfähigkeit auf Zeit ausging. In der Begründung ist ausgeführt, der Arbeitgeber setze den Kläger offenbar sehr ausgeprägt unter Druck. So würden von ihm Dinge gefordert (Dienstkleidung mit Krawatte), die Kollegen nicht abverlangt würden. Es gebe Hinweise darauf, dass der Kläger unter Benennung falscher Zeugen körperlicher Angriffe beschuldigt werde, die nicht stattgefunden hätten. Es handle sich um einen hocheskalierten Arbeitsplatzkonflikt, der Arbeitsunfähigkeit unterhalte. An vergleichbarem Arbeitsplatz ohne diesen konkreten Aspekt wäre von Arbeitsfähigkeit auszugehen.
Mit Bescheid vom 29. März 2010, der keine Rechtsbehelfsbelehrung enthielt, teilte die Beklagte dem Kläger mit, ihm werde ab 25. Februar 2010 vorläufig Krankengeld bezahlt. Sie akzeptiere die Attestierung von Arbeitsunfähigkeit jedoch nur noch bis zum 30. April 2010. Konflikte am Arbeitsplatz seien regelmäßig auf arbeitsrechtlichem Wege zu klären. Eine daraus resultierende Arbeitsunfähigkeit könne von der Sache her nur für einen begrenzten Zeitraum angenommen werden, da die Beurteilungsgrundlage für die Arbeitsunfähigkeit nur noch faktisch bestehe. Dies treffe insbesondere bei einem vollschichtigen Leistungsvermögen für andere Tätigkeiten zu. Die Beklagte zahlte Krankengeld ausgehend von einem monatlichen Bruttoarbeitsentgelt von EUR 2.326,44 (Berechnung des Krankengeldsatzes nicht bei den Akten).
Am 19. und 22. März sowie 01. April 2010 gingen dem Kläger fristlose Kündigungen des Universitätsklinikums Heidelberg zu. Die Kündigung vom 01. April 2010 enthielt außerdem hilfsweise eine Kündigung mit sozialer Auslauffrist von sechs Monaten zum 31. Dezember 2010. Nach Erhebung von Kündigungsschutzklagen vor dem Arbeitsgericht einigten sich der Kläger und das Universitätsklinikum gemäß richterlichem Beschluss vom 30. Juli 2010 durch gerichtlichen Vergleich auf eine Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses zum 31. Dezember 2010 und Zahlung einer Abfindungssumme in Höhe von EUR 70.000,00 brutto.
In der Folge legte der Kläger die weiteren Auszahlscheine für Krankengeld des Neurologen und Psychiaters S. vom 23. März und 20. April 2010 sowie den Auszahlschein für Krankengeld des Orthopäden und Unfallchirurgen Dr. L. vom 30. April 2010 vor, mit welchem voraussichtliche Arbeitsunfähigkeit bis 30. Mai 2010 bescheinigt wurde. Weitere Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen oder Auszahlscheine befinden sich nicht bei den Verwaltungsakten.
Dr. L. wurde durch die Beklagte gebeten, nähere Angaben zur Erkrankung und zur Behandlung zu machen. Dr. L. gab unter dem 14. Juni 2010 an, der Kläger leide an einem degenerativen Lumbalsyndrom, einer Facettenarthrose und einer Myalgie der Wirbelsäule. Es werde eine konservative Therapie angestrebt. Die Beklagte ließ daraufhin den Sachverhalt durch den MDK nochmals überprüfen. Dr. H. äußerte sich am 24. Juni 2010 dahingehend, dass die übermittelten Befundberichte einer Pförtnertätigkeit nicht entgegenstünden. Die Beklagte stellte daraufhin die Bezahlung von Krankengeld zum 30. April 2010 ein.
Der Kläger legte gegen den Bescheid vom 29. März 2010 Widerspruch ein, mit welchem er vortrug, die behandelnden Ärzte S. und Dr. L. hätten bestätigt, dass bei ihm Arbeitsunfähigkeit weiter vorliege. Er leide unter multiplen Grunderkrankungen auf verschiedenen Gebieten; für die Konflikte am Arbeitsplatz sei er nicht verantwortlich. Wenn sein bisheriger Arbeitgeber behaupte, er habe seine Arbeitsunfähigkeit selbst verschuldet, hätte er hierzu angehört werden müssen. Statt dessen fehle in den Verwaltungsakten jeglicher Telefonvermerk betreffend entsprechender Vorgänge.
Die Beklagte holte das sozialmedizinische Gutachten des Dr. E., MDK, vom 07. Juli 2010 über die Dauer der Arbeitsunfähigkeit ein. Dieser gelangte zur Einschätzung, dass insbesondere nach den Ausführungen des Reha-Entlassungsberichts eine Arbeitsunfähigkeit aufgrund von vorliegenden Fähigkeitsstörungen im Rahmen der Tätigkeit des Klägers als Pförtner nach dem 30. April 2010 nicht mehr nachvollziehbar sei.
Mit Widerspruchsbescheid vom 14. Juli 2010 wies der bei der Beklagten gebildete Widerspruchsausschuss den Widerspruch des Klägers als unbegründet zurück. Die Einschränkungen im Leistungsvermögen, die sich aus dem Reha-Entlassungsbericht ergäben, hätten den Kläger nicht daran gehindert, seine Tätigkeit auch über den 30. April 2010 hinaus wieder aufzunehmen, zumal das Arbeitsverhältnis gelöst worden sei und somit die konkreten Verhältnisse in der zugrundeliegenden Beschäftigung nicht mehr maßgebend gewesen seien. Die im Rahmen dieser Tätigkeit zu erledigenden Aufgaben habe der Kläger unter Berücksichtigung der fortbestehenden Restbeschwerden nach eindeutiger sozialmedizinischer Beurteilung wieder übernehmen können. Entgegenstehende Befunde seien nicht vorgelegt worden. Die von den behandelnden Ärzten vorgebrachten Aussagen seien durch die Ärzte des MDK nachvollziehbar entkräftet worden. Unter Berücksichtigung der vorliegenden Fakten schließe sich er (der Widerspruchsausschuss) deshalb der Beurteilung des MDK an und komme zu dem Ergebnis, dass von Arbeitsunfähigkeit längstens bis 30. April 2010 ausgegangen werden könne.
Am 28. Juli 2010 erhob der Kläger zum Sozialgericht Mannheim (SG) Klage. Die Auffassung des MDK sei unzutreffend und stehe der Einschätzung der behandelnden Ärzte entgegen. Er leide unter multiplen Grunderkrankungen auf verschiedenen Gebieten und habe u.a. zwei Herzinfarkte gehabt. Auffallend sei, dass in der gesamten Leistungsakte der Beklagten der Fokus auf die Konflikte an seinem Arbeitsplatz gerichtet sei, obwohl diese mit dem Bezug von Krankengeld in keinem Zusammenhang stünden. Auch habe nicht er, sondern vielmehr sein Arbeitgeber die stufenweise Wiedereingliederung am 24. Februar 2010 abgebrochen. In der Verwaltungsakte fehle überdies eine Aktennotiz über ein Telefonat zwischen dem Geschäftsführer der Beklagten und seinem (des Klägers) Arbeitgeber. Offenbar sei im Rahmen dieses Telefonats die Angelegenheit aus Sicht des Arbeitgebers geschildert worden. Sodann sei ihm (dem Kläger) ein Mitverschulden an seinem Gesundheitszustand unterstellt worden, was den Abbruch der Zahlung von Krankengeld nach dem 30. April 2010 zur Folge gehabt habe. Seinen Anspruch auf Krankengeld habe er jedoch nicht durch schuldhaftes Verhalten verwirkt. Arbeitsunfähigkeit habe tatsächlich erst am 16. August 2010, nicht dagegen schon am 30. April 2010 geendet.
Die Beklagte trat der Klage entgegen. Sie wies u.a. darauf hin, dass die Einschätzungen von Dr. L. und Arzt S. erheblich vom Ergebnis der medizinischen Reha-Maßnahme abwichen.
Das SG hat Beweis erhoben durch Vernehmung der den Kläger behandelnden Ärzte schriftlich als sachverständige Zeugen. Dr. L. gab in seiner Auskunft vom 08. Oktober 2010 an, der Kläger stelle sich regelmäßig etwa alle drei bis vier Monate ihm vor. Er leide unter einer Gonarthrose beidseits, degenerativen Veränderungen der Lendenwirbelsäule, einer Hüftgelenksarthrose beidseits, einem therapieresistenten Cervikobrachial-Syndrom, einer Lumboischialgie beidseits, einer Epicondylitis humeri radialis rechts und einem chronischen Wirbelsäulenschmerzsyndrom. Seit November 2009 stünden die Beschwerden an der Wirbelsäule im Vordergrund. Derzeit sei der Kläger daher nicht in der Lage, als Pförtner mindestens sechs Stunden täglich zu arbeiten. Der Kläger klage bereits nach wenigen Minuten über Schmerzen im tiefen Rückenbereich. Er könne nicht länger als 15 Minuten schmerzfrei sitzen. Dieser Zustand dauere derzeit noch an. Arzt S. (Auskunft vom 18. Oktober 2010) gab an, der Kläger befinde sich seit 1998 in regelmäßiger nervenfachärztlicher Behandlung. Seitdem hätten Konsultationen in ca. vierwöchigen Abständen stattgefunden. Streckenweise liege beim Kläger gedrückte Stimmungslage, reduzierter Antrieb und eingeschränkte affektive Schwingungsfähigkeit vor. Die seinerzeitige depressive Verstimmung habe sich erstreckt von November 2009 bis August 2010. Seiner Einschätzung nach sei der Kläger erst ab 17. August 2010 in der Lage gewesen, wieder täglich mindestens sechs Stunden als Vollkraft zu arbeiten. Zuvor habe durchgehend Arbeitsunfähigkeit vorgelegen. Als medizinischer Grund seien in erster Linie das psychopathologische Zustandsbild mit gedrückter Stimmungslage, reduziertem Antrieb, gestörter Auffassungsgabe und Konzentrationsfähigkeit zu benennen. Dieser Zustand habe sich seit August 2010 gebessert.
Im Auftrag des SG erstellte sodann der Orthopäde, Rheumatologe und Sportmediziner Dr. P. über den Kläger das fachorthopädische Gutachten vom 28. November 2010. Der Sachverständige berichtete aufgrund einer Untersuchung des Klägers fünf Tage zuvor von chronischen Wirbelsäulenbeschwerden bei leichten degenerativen Veränderungen der Lendenwirbelsäule ohne wesentliche Funktions- und ohne neurologische Störungen, einer leichten Epicondylitis humeri radialis rechts ohne Funktionsstörungen und Kraftminderung des rechten Arms, einem starkem Übergewicht, einem Verdacht auf beginnende Knorpeldegeneration in den Hüft- und Kniegelenken ohne nennenswerte Funktionsstörungen, einem Diabetes mellitus, einer Fettstoffwechselstörung, einem Zustand nach Herzinfarkt und Depressionen. Bis auf das erhebliche Übergewicht als Hauptursache für die Beschwerden bestünden beim Kläger keine wesentlichen Funktionsstörungen des Bewegungsapparats. Auch neurologische Störungen oder Störungen des Gefäßsystems könnten ausgeschlossen werden. Das Ergebnis der kernspintomographischen Untersuchung vom März 2010 bestätige den weitgehend unauffälligen klinischen Befund. Die Befunde auf orthopädischem Fachgebiet könnten aufgrund orthopädischer Untersuchung nicht bestätigt werden. Der Bluthochdruck des Klägers sei sehr gut eingestellt. Die übrigen Diagnosen seien Begleiterscheinungen des sehr starken Übergewichts. Orthopädische Gründe stünden einer Tätigkeit des Klägers als Pförtner seit 01. Mai 2010 über mindestens sechs Stunden täglich nicht entgegen.
Mit Gerichtsbescheid vom 10. Februar 2010 wies das SG die Klage ab. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme sei eine über den 30. April 2010 hinausgehende Arbeitsunfähigkeit nicht erwiesen. Orthopädischerseits werde dies vor allem auf die Feststellungen des gerichtlichen Sachverständigen Dr. P. gestützt. Eine relevante Leistungseinschränkung bezüglich der Tätigkeit als Pförtner, die als leichte körperliche Arbeit angesehen werden könne, lasse sich daraus nicht ableiten. Dies entspreche auch dem Ergebnis der medizinischen Reha-Maßnahmen in der Z.-klinik. Der Vorschlag einer Wiedereingliederungsmaßnahme sei seinerzeit nicht aus orthopädischen Gründen erfolgt, sondern um einem vorzeitigen Leistungsversagen wegen der gegenwärtig leichten depressiven Störung entgegenzuwirken. Die Aussage des sachverständigen Zeugen Dr. L. sei nicht geeignet, die Beurteilung des gerichtlichen Sachverständigen zu widerlegen. Dr. L. nenne keine weiteren leistungseinschränkenden Befunde und stütze seine Annahme weiterer Arbeitsunfähigkeit ausschließlich auf die Schmerzangaben des Klägers. Auch auf Beeinträchtigungen auf neurologisch-psychiatrischem Gebiet könne die Fortdauer der Arbeitsunfähigkeit nicht mit Erfolg gestützt werden. Der behandelnde Arzt S. führe eine depressive Verstimmung an, die durch streckenweise gedrückte Stimmungslage, reduzierten Antrieb und eingeschränkte Affekte Schwingungsfähigkeit charakterisiert sei. Dass dieses psychopathologische Zustandsbild zu einer längeren Arbeitsunfähigkeit führe, sei nicht nachvollziehbar. Auch hier vermittle der Entlassungsbericht der Z.-klinik ein differenziertes Bild. Aufgrund der anamnestischen Angaben des Klägers sowie der Beobachtungen im Heilverfahren sei dort eine gegenwärtig leichte Episode einer rezidivierenden depressiven Störung und einer Dysthymia angenommen worden. Dabei sei es gelungen, den Kläger durch die veranlassten psychotherapeutischen Gespräche partiell affektiv zu stabilisieren. Der Kläger sei bei der Entlassung als vollschichtig leistungsfähig angesehen worden, lediglich Tätigkeiten, die eine besondere psychische Belastbarkeit voraussetzten, wären auf Dauer ausgeschlossen worden. Dies könne aber für die Tätigkeit eines Pförtners nicht angenommen werden. Ein Zeichen für psychische Störungen habe der gerichtliche Sachverständige bei der Begutachtung am 23. November 2010 nicht feststellen können. Zwar könne dieser insoweit keine fachfremde Diagnose stellen, jedoch sei er als Arzt in der Lage, Hinweise für Erkrankungen auf anderen Fachgebieten zu geben, die dann Anlass gäben, weitere Sachverhaltsermittlungen durchzuführen. Zur Einholung eines neurologisch-psychiatrischen Gutachtens habe hiernach keine Veranlassung bestanden.
Gegen diesen ihm am 15. Februar 2011 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 15. März 2011 beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg Berufung eingelegt. Das SG habe seine Entscheidung im Wesentlichen auf das Gutachten des Dr. P. gestützt. Dieser habe ihn (den Kläger) jedoch erst am 23. November 2010, also zwei Monate nach Wiedererlangung der Arbeitsfähigkeit untersucht. Als wesentlicher Befund seien seinerzeit u.a. chronische Wirbelsäulenbeschwerden festgestellt worden. Diese Beschwerden seien auch im Zeitraum vom 01. Mai bis 16. August 2010 so stark gewesen, dass er seiner Arbeit als Pförtner nicht habe nachgehen können. Deswegen sei er durch den ihn ständig behandelnden Orthopäden Dr. L. auch als arbeitsunfähig erachtet worden. Wenn das SG ausführe, Dr. L. habe seine Einschätzung ausschließlich auf die Schmerzangaben von ihm (dem Kläger) gestützt, demgegenüber habe Dr. P. entsprechende Schmerzangaben nicht mehr feststellen können, übersehe das SG, dass er bei der Begutachtung durch Dr. P. wieder arbeitsfähig gewesen sei, die Wirbelsäulenbeschwerden also rückläufig gewesen seien. Diesen Veränderungen seines Gesundheitszustands trage das SG nicht hinreichend Rechnung. Auch der Entlassungsbericht der Z.-klinik rechtfertige nicht, anzunehmen, dass er ab dem 01. Mai 2010 wieder arbeitsfähig geworden sei. Die Entlassung aus der Z.-klinik sei am 11. Februar 2010 erfolgt. Geltend gemacht werde Krankengeld für den Zeitraum vom 01. Mai bis 16. August 2010. Auch während der Rehabilitation habe er schon unter starken Rückenschmerzen mit Ausstrahlung in die Beine gelitten. Die Beschwerden hätten gelindert, jedoch nicht sämtlich behoben werden können. Nach Entlassung hätten sich seine Rückenschmerzen wieder verstärkt. Zudem habe eine Arbeitsunfähigkeit auf neurologisch-psychiatrischem Gebiet über den 30. April 2010 hinaus vorgelegen. Arzt S. habe bestätigt, dass er bis August 2010 depressiv verstimmt und erst ab 17. August 2010 wieder in der Lage gewesen sei, täglich mindestens sechs Stunden als Vollzeitkraft zu arbeiten. Das SG erachte diese Einschätzung rechtsfehlerhaft als nicht nachvollziehbar. Auch der Entlassungsbericht der Z.-klinik stehe den Ausführungen von Arzt S. nicht entgegen. Hier sei ausgeführt, dass er (der Kläger) eine Woche vor Ende des Heilverfahrens die Nachricht erhalten habe, dass ein Gespräch mit Vorgesetzten auf ihn zukomme und er seitdem wieder schlecht schlafe, mit den Händen zittere und der Blutdruck steige. Sein psychischer Zustand habe sich also noch während der Reha-Maßnahme wieder verschlechtert. Das SG sei dem fachfremden gerichtlichen Sachverständigen auch in seinen Ausführungen dahingehend gefolgt, dass ein Zeichen für psychische Störungen am 23. November 2010 nicht habe festgestellt werden können. Auch sein Arbeitgeber sei im Übrigen davon ausgegangen, dass er über den 01. Mai 2010 hinaus arbeitsunfähig gewesen sei. Der Kläger hat insoweit das Schreiben des Universitätsklinikums H. vom 12. Oktober 2010 an das Arbeitsgericht Mannheim betreffend den Rechtsstreit, mit welchem der Kläger Zahlung von Gehalt bis zur Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses begehrt hat, vorgelegt.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 10. Februar 2011 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm unter Aufhebung des Bescheids vom 29. März 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14. Juli 2010 Krankengeld auch für die Zeit vom 01. Mai bis 16. August 2010 nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu bezahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält den angefochtenen Gerichtsbescheid des SG für zutreffend.
Der Senat hat Beweis erhoben durch nochmalige Vernehmung des Dr. L. und des Arztes S. schriftlich als sachverständige Zeugen. In seiner Auskunft vom 01. Juni 2011 hat Dr. L. angegeben, der Kläger habe sich im Zeitraum vom 01. April bis 31. August 2010 bei ihm am 30. April, 31. Mai, 07. Juni, 18. Juni und 15. Oktober 2010 vorgestellt. Am 30. April 2010 habe der Kläger Schmerzen im Bereich des rechten Ellenbogens beklagt, am 15. Oktober 2010 Schmerzen im Rückenbereich. Über den gesamten Zeitraum habe eine eingeschränkte Bewegungsfähigkeit des rechten Ellenbogens sowie der lumbalen Wirbelsäule bestanden. Eine geistige Leistungsbeeinträchtigung habe nicht festgestellt werden können. Am 30. April 2010 sei die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung bis zum 30. Mai 2010, am 31. Mai 2010 sei eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung bis zum 16. Juni 2010 erfolgt, weitere Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen seien nicht ausgestellt worden. Grund beider Bescheinigungen sei die Epicondylopathia gewesen. Arzt S. (Auskünfte vom 04. und 13. Juli 2011) teilte mit, der Kläger habe sich im fraglichen Zeitraum am 12. und 20. April, am 05. und 11. Mai, am 17. Juni, am 09. Juli und am 06. August 2011 (richtig wohl 2010) vorgestellt. An Befunden habe er eine gedrückte Stimmungslage bei reduziertem Antrieb, eine eingeschränkte affektive Schwingungsfähigkeit, eine gestörte Auffassungsgabe und Konzentrationsfähigkeit erhoben. Er habe eine endogene Depression und nichtorganische Schlafstörungen bei Arbeitsplatzkonflikt diagnostiziert. Der Kläger sei im genannten Zeitraum durchgängig bis einschließlich 16. August 2010 arbeitsunfähig krankgeschrieben gewesen. Im gesamten Zeitraum seien immer wieder dieselben Befunde erhoben worden. Der Kläger sei im genannten Zeitraum vom 25. Februar bis 16. August 2010 von ihm selbst arbeitsunfähig krankgeschrieben worden.
Die Berichterstatterin hat mit den Beteiligten das Verfahren in der nicht öffentlichen Sitzung vom 24. Oktober 2011 erörtert. Auf den Inhalt der Niederschrift wird ausdrücklich Bezug genommen. Beide Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten sowie der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten und die Gerichtsakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
1. Die nach § 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegt Berufung des Klägers, über die der Senat mit Einverständnis beider Beteiligter gem. § 153 Abs. 1, § 124 Abs. 1 SGG durch Urteil ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist statthaft und zulässig. Auch der Beschwerdewert von EUR 750,00 i. S. von § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG ist überschritten. Zwar ist der tägliche Leistungssatz des Krankengelds für die Zeit vom 01. Mai bis 16. August 2010 nicht bekannt. Unter Berücksichtigung des Tatsache, dass ein Krankengeldanspruch für 108 Tage im Streit ist, sowie dass der Kläger ein Bruttogehalt von EUR 2.326,44 bezogen hat, wird der Beschwerdewert hier jedoch in jedem Falle überschritten.
2. Die Berufung des Klägers ist auch begründet. Zu Unrecht hat das SG einen Krankengeldanspruch über den 30. April 2010 hinaus bis einschließlich zum 16. August 2010 abgelehnt. Der angefochtene Bescheid vom 29. März 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14. Juli 2010 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten. Dem Kläger ist Krankengeld über den 30. April 2010 hinaus auch noch für die Zeit vom 1. Mai 2010 bis 16. August 2010 zu gewähren.
a) Nach § 44 Abs. 1 Satz 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) haben Versicherte Anspruch auf Krankengeld, wenn - abgesehen von den hier nicht gegebenen Fällen stationärer Behandlung - die Krankheit sie arbeitsunfähig macht.
Arbeitsunfähigkeit bzw. das Fehlen der Fähigkeit zur Arbeitsverrichtung setzt die gesundheitlichen Einschränkungen des Versicherten in Beziehung zu dem beruflichen Umfeld. Arbeitsunfähigkeit i.S.d. § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB V liegt vor, wenn der Versicherte "seine Arbeit" nicht mehr oder nur auf die Gefahr hin, seinen Zustand zu verschlimmern, verrichten kann. Welche Arbeit der Bezugspunkt der Unfähigkeit ist, hängt vor allem von dem Versicherungsverhältnis ab. Dieses bestimmt, ob nur die zuletzt ausgeübte Erwerbstätigkeit, gleich geartete Tätigkeiten oder sonstige Tätigkeiten maßgeblich sind. Das bei Entstehen eines Anspruchs auf Krankengeld bestehende Versicherungsverhältnis bestimmt, wer in welchem Umfang als "Versicherter" Anspruch auf Krankengeld hat (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. Bundessozialgericht [BSG], Urteile vom 26. Juni 2007 - B 1 KR 37/06 R - a.a.O. und vom 05. Mai 2009 - B 1 KR 20/08 R - SozR 4-2500 § 192 Nr. 4; jeweils m.w.N.). Bei einem Versicherungsverhältnis, das mit einem Beschäftigungsverhältnis verbunden ist, ist an dieses konkrete Arbeitsverhältnis anzuknüpfen. Besteht das Arbeitsverhältnis nach Eintritt der Arbeitsunfähigkeit fort, ist diese allein auf die Anforderungen des konkreten Arbeitsplatzes zu beziehen. Arbeitsunfähigkeit liegt vor, wenn der Versicherte durch Krankheit daran gehindert ist, seine arbeitsvertraglich geschuldete, zuletzt ausgeübte Arbeit zu verrichten (BSG, Urteil vom 08. November 2005 - B 1 KR 18/04 R - SozR 4 – 2500 § 44 Nr. 7; Urteil vom 07. Dezember 2004 - B 1 KR 5/03 R - SozR 4–2500 § 44 Nr. 3; Urteil vom 19. September 2002 - B 1 KR 11/02 R - SozR 3–2500 § 44 Nr. 10). Diese Orientierung am Fortbestand des Arbeitsverhältnis entspricht der Zweckbestimmung des Krankengeldes, die Versicherten während der Arbeitsunfähigkeit wirtschaftlich abzusichern; damit ist grundsätzlich die Erwartung geschützt, nach Beseitigung der Arbeitsunfähigkeit die bisherige Arbeit wieder aufzunehmen (BSG, Urteil vom 07. August 1991 - 1/3 RK 28/89 - SozR 3–2200 § 182 Nr. 9). Ob ein Arbeitsverhältnis fortbesteht, wird nach arbeitsrechtlichen Grundsätzen beurteilt (BSG, Urteil vom 07. August 1991 - 1/3 RK 28/89 - a.a.O.). Ein anderer Bezugspunkt als die zuletzt ausgeübte konkrete Arbeit ist bei fortbestehendem Arbeitsverhältnis grundsätzlich nicht heranzuziehen. Auch eine abstrakte Verweisung auf gleich oder ähnlich geartete Tätigkeiten ist unzulässig; das gilt auch für Fälle, in denen die Arbeitsunfähigkeit schon längere Zeit andauert und unabhängig davon, ob noch eine gewisse Aussicht auf Wiederaufnahme der bisherigen Tätigkeit besteht (vgl BSG, Urteil vom 25. Februar 2004 - B 5 RJ 30/02 R SozR 4–2600 § 43 Nr. 2). Anderes gilt nur dann, wenn der Arbeitgeber ein darauf gerichtetes Angebot abgibt (innerbetriebliche Umsetzung s. BSG, Urteil vom 22. März 2005 - B 1 KR 22/04 R - SozR 4–2500 § 44 Nr. 6). Erst dann, wenn das Arbeitsverhältnis beendet ist, kann nicht mehr auf eine daraus resultierende konkrete Erwerbstätigkeit abgestellt werden; Bezugspunkt der Arbeitsunfähigkeit ist dann eine gleichartige Tätigkeit.
b) Ausgehend davon war der Kläger auch über den 30. April 2010 hinausgehend bis einschließlich zum 16. August 2010 arbeitsunfähig i.S.d. § 44 Abs. 1 Satz 1 1. Halbsatz SGB V.
Anders als von der Beklagten ausweislich der Begründung ihres Widerspruchsbescheids vom 14. Juli 2010 angenommen ist für die Beurteilung des Vorliegens von Arbeitsunfähigkeit nicht eine "vergleichbare Tätigkeit als Pförtner" maßgeblich, sondern die vom Kläger zuletzt konkret ausgeübte Tätigkeit als Pförtner in der Psychiatrie des Universitätsklinikums Heidelberg. Denn nach dem arbeitsgerichtlichen Vergleich vom 30. Juli 2011 endete das Beschäftigungsverhältnis dort erst zum 31. Dezember 2010. Da auf die arbeitsrechtlichen Grundsätze abzustellen ist, kam es auf bereits zuvor erfolgte Versuche der fristlosen Kündigung bei faktischer Nichtbeschäftigung des Klägers nicht an. Dass das Universitätsklinikum dem Kläger einen anderen Arbeitsplatz angeboten hätte, ist anhand der Akten nicht ersichtlich.
In der zuletzt vom Kläger verrichteten Tätigkeit als Pförtner im Universitätsklinikum war der Kläger zur Überzeugung des Senats aufgrund der besonderen Umstände des konkreten Einzelfalls aber auch in der Zeit vom 01. Mai bis 16. August 2010 noch arbeitsunfähig erkrankt. Der Kläger war auch in diesem Zeitraum weiterhin durch Krankheit daran gehindert ist, seine in dieser konkreten Tätigkeit arbeitsvertraglich geschuldete Leistung zu erbringen.
Zwar vermochte sich der Senat vom Vorliegen relevanter Erkrankungen auf orthopädischem Fachgebiet nicht zu überzeugen. Die von Dr. L. in seiner sachverständigen Zeugenauskunft vom 01. Juni 2011 mitgeteilten Befunde (eingeschränkte Bewegungsfähigkeit des rechten Ellenbogens sowie der lumbalen Wirbelsäule) und der Hinweis darauf, dass Grund der von ihm ausgestellten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen die Ellenbogenbeschwerden gewesen seien, vermögen das Vorliegen einer Arbeitsunfähigkeit des Klägers in seiner Tätigkeit als Pförtner im Universitätsklinikum aus Sicht des Senats nicht zu begründen. Im Übrigen hatte Dr. L. Arbeitsunfähigkeit nach eigenen Angaben ohnehin nur bis zum 16. Juni 2010 bescheinigt.
Der Senat ist jedoch davon überzeugt, dass der Kläger infolge einer Erkrankung auf psychiatrischem Fachgebiet auch in der Zeit vom 01. Mai bis 16. August 2010 auf seiner Stelle als Pförtner beim Universitätsklinikum nicht zu arbeiten in der Lage war. Der Kläger litt ausweislich der sachverständigen Zeugenauskünfte des Arztes S. vom 18. Oktober 2010 sowie vom 04. Juli 2011 (letztere ergänzt durch die Auskunft vom 13. Juli 2011) seit November 2009 an einer endogenen Depression verbunden mit einer nichtorganischen Schlafstörung, die durch einen Arbeitsplatzkonflikt ausgelöst worden war. An Befunden erhob Arzt S. insoweit eine gedrückte Stimmungslage, einen reduzierten Antrieb, eine eingeschränkte affektive Schwingungsfähigkeit, gestörte Auffassungsgabe und Konzentrationsfähigkeit. Auf der Grundlage dieser Befunde war auch Dr. H. vom MDK nach telefonischer Rücksprache mit Arzt S. zu der Auffassung gelangt (Stellungnahme vom 18. März 2010), dass es sich nachvollziehbar um eine Symptomatik mit Krankheitswert handele, die Therapie und Arbeitsruhe erforderlich mache. Die Beklagte hat auf der Grundlage dessen zunächst für eine gewisse Dauer Krankengeld gewährt. Daran hat sich nach dem 30. April 2010 nichts geändert.
Die Einstellung der Krankengeldzahlung zum 30. April 2010 beruhte dann nicht auf der Überzeugung, dass sich psychiatrischerseits eine deutliche Befundbesserung ergeben habe, sondern allein auf der Auffassung, dass die Arbeitsunfähigkeit auf einem Arbeitsplatzkonflikt beruhe, dies aber einen Anspruch auf Krankengeld nicht dauerhaft begründen könne.
Welcher Umstand den Eintritt einer Arbeitsunfähigkeit begründenden Erkrankung auslöst, ist jedoch für die Frage nach dem Bestehen oder Nichtbestehen von Arbeitsunfähigkeit unerheblich. Die von der Beklagten getroffene Einschränkung findet weder im Gesetz noch in der arbeitsrechtlichen und auch nicht in der krankenversicherungsrechtlichen Rechtsprechung und Literatur eine Stütze. Das Gesetz stellt allein auf das Vorliegen von Arbeitsunfähigkeit ab, ohne nach den Ursachen zu fragen (vgl. ebenso LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 09. März 2006 - L 16 KR 242/04 - juris zur Arbeitsunfähigkeit wegen Mobbings). Auch nach Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelungen zur Gewährung von Krankengeld kommt eine solche Auslegung nicht in Betracht. Der Krankengeldanspruch kann nicht davon abhängen, welcher Risikosphäre die Ursache der Erkrankung zuzuordnen ist. Abgesehen davon, dass eine solche Differenzierung angesichts der Vielfalt möglicher Teilursachen für das Ent- und Fortbestehen einer Krankheit kaum möglich sein dürfte, führte eine solche Unterscheidung letztlich dazu, dass für dieselbe Erkrankung je nach Ursache ein Krankengeldanspruch bestünde bzw. nicht. Ein sachlicher Grund für eine solche Ungleichbehandlung ist nicht erkennbar, die Rechtsfolge wäre grob unbillig. Die Auffassung der Beklagten führte daher zu einer vom Gesetzgeber nicht gewollten, für den Versicherten nicht hinnehmbaren Unsicherheit und zu einer Aushöhlung seiner sozialen Absicherung im Falle der Arbeitsunfähigkeit. Unter Berücksichtigung des übergeordneten Schutzinteresses des Versicherten entfällt daher auch dann der Krankengeldanspruch - bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen - nicht, wenn die Erkrankung ausschließlich oder überwiegend auf Konflikten am Arbeitsplatz beruht und der Arbeitgeber keine Abhilfe schafft (LSG Nordrhein-Westfalen, a.a.O.).
Das Risiko einer Aushöhlung der Krankengeldansprüche wird dadurch nicht bedingt. Denn nicht jeder Arbeitsplatzkonflikt führt zu Arbeitsunfähigkeit. Entscheidend ist insoweit immer eine Würdigung der konkreten Umstände des Einzelfalls. Insbesondere dort, wo greifbare Kriterien eine Eskalation am Arbeitsplatz nahelegen, erscheint auch das Entstehen einer krankhaften seelischen Reaktion nachvollziehbar. Wo dies nicht der Fall ist, steht die Überzeugungskraft von Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen in Frage. Im Übrigen führte ein auf Seiten des Versicherten liegendes Fehlverhalten im Zweifel arbeitsrechtlich zu der Möglichkeit einer ggf. fristlosen Kündigung mit der Folge, dass neuer Maßstab für die Arbeitsunfähigkeit ein bestimmtes Berufsbild generell, nicht dagegen die konkrete Arbeitsstelle wäre.
Im konkreten Einzelfall des Klägers deuten die Umstände auf einen ganz erheblich eskalierten Arbeitsplatzkonflikt hin. Der Kläger hatte seinerzeit einer - für ihn wohl ungünstigen - Umwandlung seines Anstellungsverhältnisses im öffentlichen Dienst in ein privates Arbeitsverhältnis nicht zugestimmt, war auf eine andere Pförtnerstelle umgesetzt worden, kam dann mit einer neuen Vorgesetzten nicht zurecht und sah sich offenbar massiven Anwürfen (Verübung von Gewalttätigkeit) unter Benennung falscher Zeugen ausgesetzt. Das Vertragsverhältnis endete aufgrund eines gerichtlichen Vergleichs vom 30. Juli 2010, welcher ihm eine Abfindung für seine Pförtnertätigkeit von EUR 70.000,00 zusprach. Der Arbeitsplatzkonflikt spitzte sich im Frühjahr 2010 noch ganz erheblich zu. Zunächst scheiterte ein Wiedereingliederungsversuch des Klägers auf seine Arbeitsstelle bereits am dritten Tag. In der Folge wurden dem Kläger offenbar Kleidervorschriften vorgehalten, die seinen Kollegen nicht gemacht wurden. Der Kläger legte insoweit zwei Atteste ihn behandelnder Ärzte vor, mithilfe derer er zu belegen versuchte, dass ihm die Einhaltung dieser Kleidervorschriften aus gesundheitlichen Gründen nicht möglich sei (vgl. insoweit das Attest des Internisten Dr. Fiederling vom 18. März 2010 sowie des Arztes S. vom 23. Februar 2010). Kurz darauf erhielt der Kläger - jeweils im Abstand weniger Tage - drei fristlose Kündigungen durch seinen Arbeitgeber, wobei letztere auch eine fristgerechte Kündigung aussprach. Im Anschluss wurde ein arbeitsgerichtliches Verfahren geführt, das mit einem Vergleich am 30. Juli 2010 endete.
Der Senat ist mit Blick darauf davon überzeugt davon, dass die von Arzt S. bescheinigte Erkrankung des Klägers bis zum 16. August 2010 andauerte. Ein vorzeitiges Ende der Arbeitsunfähigkeit lässt sich insbesondere nicht damit begründen, dass der Kläger aus der vom 07. Januar bis 11. Februar 2010 absolvierten Reha-Maßnahme zunächst deutlich seelisch stabilisiert entlassen worden war. Denn schon aus dem Inhalt des Reha-Entlassungsberichts des Dr. Schiefer vom 22. Februar 2010 waren etwaige Folgeprobleme erkennbar. Es ist darin ausgeführt, der Kläger habe etwa eine Woche vor Ende des Heilverfahrens die Nachricht erhalten, dass ein Gespräch mit dem Vorgesetzten auf ihn zukomme. Er schlafe seither wieder schlecht, zittere mit den Händen, und der Blutdruck steige. Der Kläger wurde im Übrigen aus der Reha-Maßnahme noch arbeitsunfähig entlassen, da eine Wiedereingliederung erfolgen sollte.
Das Ergebnis der Reha-Maßnahme steht daher dem weiteren Bestehen von Arbeitsunfähigkeit nicht entgegen. Vielmehr gelangte sogar Dr. H. in seiner sozialmedizinischen Stellungnahme vom 18. März 2010 - also nach Abschluss der Reha-Maßnahme - zu der Auffassung, dass bei hoch eskaliertem Arbeitsplatzkonflikt bezogen auf die konkrete Arbeitsstelle des Klägers weiterhin Arbeitsunfähigkeit auf Zeit vorlag. Mit Blick auf die im weiteren Verlauf erfolgte nochmalige Zuspitzung des Arbeitsverhältnisses (drei fristlose Kündigungen bei einer weiteren fristgerechten Kündigung, Durchführung des arbeitsgerichtlichen Verfahrens) ist der Senat überzeugt davon, dass die beim Kläger diagnostizierte psychische Erkrankung - wie durch Arzt S. bescheinigt - bis einschließlich zum 16. August 2010 vorlag. In seiner Auskunft vom 04. Juli 2010 ergänzt um die Auskunft vom 11. Juli 2010 hat Arzt S. angegeben, dass der Kläger weiterhin an insgesamt sieben von ihm wahrgenommenen Terminen in der Zeit von April bis August 2010 die schon zuvor erhobenen Befunde (gedrückte Stimmungslage, reduzierter Antrieb, eingeschränkte affektive Stimmungsfähigkeit, gestörte Auffassungsgabe und Konzentrationsfähigkeit) aufwies. Arzt S. hat daher auch weiterhin die Diagnose einer endogene Depression mit nichtorganischer Schlaflosigkeit gestellt) aufwies. Angesichts der aufgezeigten arbeitsrechtlichen Besonderheiten des Einzelfalls ergeben sich dem Senat keine Anhaltspunkte, die Richtigkeit dieser ärztlichen Angaben in Zweifel zu ziehen. Dies gilt umso mehr, als zweieinhalb Wochen nach Abschluss des arbeitsgerichtlichen Verfahrens am 30. Juli 2010, aufgrund dessen feststand, dass der Kläger das Beschäftigungsverhältnis beim Universitätsklinikum nicht mehr fortführen musste, Arbeitsunfähigkeit beim Kläger nicht mehr vorlag; die Feststellung der Arbeitsunfähigkeit durch Arzt S. dauerte (nur) bis zum 16. August 2010 an. Auch die Beklagte selbst hat im Übrigen in ihrem Bescheid vom 29. März 2010 die Ablehnung der Fortzahlung nicht mit einem Ende der Erkrankung sondern mit der - wie ausgeführt rechtswidrigen - Rechtsauffassung begründet, dass Krankengeld auf der Grundlage eines Arbeitsplatzkonfliktes nicht bezahlt werden könne.
Der Überzeugung des Senats von weiterhin bis zum 16. August 2010 fortbestehender Arbeitsunfähigkeit steht auch weder entgegen, dass Dr. P. in seinem für das SG erstellten orthopädischen Sachverständigengutachten vom 28. November 2010 Hinweise für eine psychische Erkrankung nicht gesehen hat; denn zum Zeitpunkt der Begutachtung des Klägers am 23. November 2011 war der Kläger bereits seit mehr als drei Monaten auch nach Einschätzung von Arzt S. wieder gesundet. Noch erachtet es der Senat für relevant, dass der Kläger den Versuch unternommen hat, seine Arbeitsunfähigkeit nach dem 30. April 2010 auf die Bescheinigung orthopädischer Beschwerden zu stützen. Nach den rechtswidrigen Hinweisen von Seiten der Beklagten über eine nur begrenzte Zeit anzuerkennende Arbeitsunfähigkeit bei Mobbing erscheint dies gerade bei Vorliegen einer echten Erkrankung nachvollziehbar und steht einer weiterhin gegebenen Arbeitsunfähigkeit auf psychiatrischem Fachgebiet nicht entgegen.
c) Auch die übrigen Voraussetzungen für den Anspruch auf Krankengeld lagen bis einschließlich zum 16. August 2010 vor. Der Kläger war auch über den 30. April 2010 hinaus mit Anspruch auf Krankengeld versichert. Es kann dahingestellt bleiben, ob dies sich schon wegen der Mitgliedschaft als versicherungspflichtiger Beschäftigter ergibt. Jedenfalls blieb die Mitgliedschaft des Klägers mit Anspruch auf Krankengeld nach § 192 Abs. 1 Nr. 2 SGB V über den 30. April 2010 hinaus erhalten, weil der Kläger über diesen Tag hinaus einen Anspruch auf Krankengeld in gesetzlicher Höhe hatte. Des Weiteren war der Anspruch auf Krankengeld für den gesamten Zeitraum entstanden. Dass sich für diese Zeit keine durch Arzt S. ausgestellten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen bzw. Auszahlscheine mehr in der Verwaltungsakte befinden, verhindert das Entstehen des Krankengeldanspruchs nicht. Die Regelung des § 46 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB V steht dem nicht entgegen. Der Anspruch auf Krankengeld entsteht nach § 46 Satz 1 Nr. 2 SGB V in anderen Fällen als bei Krankenhausbehandlung oder Behandlung in einer Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtung von dem Tag an, der auf den Tag der ärztlichen Feststellung der Arbeitsunfähigkeit folgt. Das Entstehen des Anspruchs auf Krankengeld setzt damit - abgesehen von hier nicht gegebenen stationären Behandlungen - voraus, dass die Arbeitsunfähigkeit vertragsärztlich festgestellt wird. Abzustellen ist grundsätzlich auf den Tag, der dem Tag nach Feststellung der Arbeitsunfähigkeit folgt (BSG, Urteil vom 26. Juni 2007 - B 1 KR 37/06 R - SozR 4-2500 § 46 Nr. 2). Nach der Rechtsprechung des BSG kann dem Versicherten das Fehlen von Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen nicht entgegen gehalten werden, wenn dies in den Verantwortungsbereich der Krankenkasse fällt. Das BSG lässt einen Krankengeldanspruch insbesondere dann nicht an einer fehlenden Arbeitsunfähigkeitsmeldung scheitern, wenn dies - wie hier - auf der unzutreffenden rechtlichen Bewertung des Maßstabs für die Beurteilung von Arbeitsunfähigkeit der Krankenkasse beruhte, der Versicherte aber - wie ebenfalls im konkreten Fall zutreffend - seine Rechte bei der Krankenkasse unverzüglich geltend gemacht hat (vgl. BSG, Urteil vom 08. Februar 2000 - B 1 KR 11/99 R - SozR 3-2500 § 49 Nr. 4). Im Übrigen hat die Beklagte ohnehin das Fehlen von Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen nicht eingewandt. Aus denselben Gründen kann sich die Beklagte auch nicht darauf berufen, ihr sei die Arbeitsunfähigkeit nach dem 30. April 2010 nicht rechtzeitig gemeldet worden, so dass der Anspruch auf Krankengeld nicht nach§ 49 Abs. 1 Nr. 5 SGB V ruhte.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
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