L 5 KR 4283/10

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 14 KR 3574/08
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 KR 4283/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 03.08.2010 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beigeladene bei der Beklagten in der Zeit vom 01.12.2003 bis 31.12.2006 familienversichert war.

Der im Jahre 1939 geborene Kläger ist seit 1988 bei der Beklagten gesetzlich krankenversichert, zuletzt in der KVdR. Die im Jahre 1947 geborene Beigeladene ist seine Ehefrau und wurde in der Vergangenheit bei der Beklagten als familienversichertes Mitglied geführt. Einen Bescheid zur Feststellung der Familienversicherung der Beigeladenen erließ die Beklagte nicht. Die Beklagte führte regelmäßig Einkommensanfragen durch. Dabei teilte der Kläger zunächst jeweils mit, dass die Beigeladene kein eigenes Einkommen habe. Schließlich gab der Kläger im Dezember 2007 an, dass die Beigeladene Einnahmen in Höhe von 716 EUR monatlich aus Vermietung gehabt habe.

Auf Aufforderung der Beklagten legte der Kläger die Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2005 und 2006 vor. Aus dem Einkommensteuerbescheid für 2005 ergaben sich für die Beigeladene zu versteuernde Einkünfte aus Vermietung in Höhe von 7.557 EUR, aus dem Bescheid für 2006 entsprechende Einkünfte in Höhe von 7.543 EUR.

Mit Bescheid vom 02.01.2008 beendete die Beklagte die Familienversicherung der Beigeladenen rückwirkend zum 31.12.2004. Das monatliche Einkommen der Beigeladenen habe 629,75 EUR im Jahr 2005 und 628,58 EUR im Jahr 2006 betragen. Sie habe damit oberhalb der Grenze für die Familienversicherung von 1/7 der monatlichen Bezugsgröße gelegen (2005: 345 EUR monatlich, 2006: 350 EUR monatlich). Die Beklagte bot dem Kläger gleichzeitig eine freiwillige Versicherung für die Beigeladene an. Dieses Angebot nahm die Beigeladene nicht an.

Der Kläger und die Beigeladene erhoben am 25.01.2008 Widerspruch gegen den Bescheid vom 02.01.2008. Die wirklichen Einkünfte aus Vermietung hätten nicht einmal die Hälfte der errechneten Summen erreicht. Sie übersandten eine Aufstellung der Mieteinnahmen der Beigeladenen in den Jahren 2005 bis 2007. Von den nach Abzug von AfA und Reparaturrechnungen errechneten Mieteinnahmen stehe dem Kläger aus Nießbrauchsrecht die Hälfte zu, so dass die tatsächlichen Mieteinnahmen der Beigeladenen im Jahr 2005 lediglich 1.900 EUR (158,22 EUR monatlich), 2006 2.594 EUR (216,16 EUR monatlich) und 2007 2.819 EUR (234,91 EUR monatlich) betragen hätten. Damit habe die Beigeladene unter den maßgeblichen Grenzen gelegen und sei weiter familienversichert. Selbst wenn man die steuerlichen Vergünstigungen nicht berücksichtigen wolle, sei zu bedenken, dass die Miete beiden Eheleuten gemeinsam zugestanden habe und deshalb nur die Hälfte des Einkommens aus Vermietung auf die Beigeladene entfallen sei. Auch deshalb sei sie beitragsfrei familienversichert. Dazu legten sie die Mietverträge für die vermieteten Wohnungen vor, in denen jeweils beide Eheleute als Vermieter eingetragen waren.

Mit Widerspruchsbescheid vom 01.07.2008 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Zur Begründung führte sie aus, dass sie die Einkommensteuerbescheide als maßgeblich ansehe. In diesen sei ausschließlich für die Beigeladene Einkommen aus Vermietung und Verpachtung angegeben.

Am 17.07.2008 erhob der Kläger Klage beim Sozialgericht Freiburg (S 14 KR 3574/08).

Nachdem der Kläger der Aufforderung der Beklagten, auch die Einkommensteuerbescheide von 2003 und 2004 vorzulegen, nicht nachgekommen war, ermittelte die Beklagte die Einkünfte der Beigeladenen vor 2005 durch Anfrage bei Finanzamt. Von dort wurde am 06.06.2008 im Wege der Amtshilfe mitgeteilt, dass die Beigeladene im Jahr 2003 Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von 7.211 EUR und im Jahre 2004 in Höhe von 7.562 EUR gehabt habe. Mit Bescheid vom 02.07.2008 stellte die Beklagte fest, dass ab 01.12.2003 aufgrund der nunmehr bekannten Einkommensverhältnisse der Beigeladenen eine Familienversicherung nicht mehr möglich sei. Dagegen wandten sich der Kläger und die Beigeladene mit Widerspruch vom 15.07.2008, zu dessen Begründung sie im Wesentlichen den Vortrag aus dem vorangegangenen Widerspruchsverfahren wiederholten. Mit Widerspruchsbescheid vom 12.11.2008 wies die Beklagte auch diesen Widerspruch zurück. Dagegen erhob der Kläger am 21.11.2008 Klage, die unter dem Aktenzeichen S 14 KR 5884/08 geführt wurde.

Mit Beschluss des Sozialgerichts vom 05.12.2008 wurden die beiden Klagen zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden und unter dem Aktenzeichen S 14 KR 3574/08 weitergeführt.

Zur Begründung seiner Klage ließ der Kläger ausführen, die Ansicht der Beklagten, dass allein der Steuerbescheid maßgeblich sei, treffe nicht zu. Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs erziele derjenige Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung, der als Vermieter auftrete. Wenn mehrere Personen als Vermietergemeinschaft aufträten, stünden ihnen die Mieteinkünfte anteilig zu. So liege es hier. Er selbst und seine Ehefrau stünden in sämtlichen Mietverträgen zusammen als Vermieter. Die Einkünfte stünden ihnen somit je zur Hälfte zu. Folglich könne der Beigeladenen auch nur die Hälfte der Mieteinnahmen als Einkommen angerechnet werden. Die Mietzahlungen seien auf ein gemeinsames Konto eingezahlt worden. Es sei der Beklagten zwar zuzugeben, dass der Verweis auf das Steuerrecht auch der Vereinfachung des Verwaltungsverfahrens diene und deshalb die Bewertung der Finanzämter zugrunde gelegt werden dürfe. Dies könne aber nicht gelten, wenn - wie hier - erhebliche Anhaltspunkte dafür bestünden, dass die Bewertung der Finanzämter unrichtig sei. Die Eheleute müssten sich auch nicht an der Ausübung eines steuerrechtlichen Dispositionsrechts festhalten lassen, denn sie hätten überhaupt nicht gewusst, dass ihnen ein solches zustehe. Das entsprechende Steuerformular sehe eben nur den Eintrag eines Namens vor. Wenn der Kläger gewusst hätte, welche sozialrechtlichen Auswirkungen dieser Eintrag habe, hätte er nicht nur den Namen der Beigeladenden, sondern beide Namen eingetragen. Für das Jahr 2007 habe man sich erst vor dem Finanzgericht auf eine hälftige Aufteilung der Mieteinnahmen zwischen den Ehegatten geeinigt.

Auf Anfrage des Sozialgerichts hatte der Kläger mitgeteilt, dass das vermietete Anwesen im alleinigen Eigentum der Beigeladenen stehe. Eine dingliche Belastung bestehe nicht, wohl aber schuldrechtliche Nießbrauchsvereinbarung zwischen den Eheleuten. Das Anwesen sei 1974 im Wege der vorweggenommenen Erbfolge von den Eltern der Beigeladenen auf diese übertragen worden. Der Nießbrauch habe bis zum Versterben der Eltern im Jahr 1990 diesen selbst zugestanden. Danach seien die Mieteinnahmen Kläger und Beigeladener je zur Hälfte zugeflossen. Der Kläger habe als Gegenleistung sämtliche Arbeiten am Anwesen einschließlich der Mietangelegenheiten übernommen.

Der Kläger legte einen geänderten Einkommensteuerbescheid für 2007 vor, aus dem sich die Aufteilung der Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung auf ihn und die Beigeladene jeweils zur Hälfte (jeweils 3.189,00 EUR) ergab. In der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht am 03.08.2010 erkannte die Beklagte daraufhin das Bestehen der Familienversicherung ab 01.01.2007 an. Dieses Anerkenntnis wurde vom Kläger angenommen.

In der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht legte der Kläger eine auf den 28.12.2003 datierte schriftliche Vereinbarung zwischen ihm und der Beigeladenen vor, die auf Anraten des Steuerberaters schriftlich niedergelegt worden sei, nachdem die Schwierigkeiten mit der Beklagten aufgetaucht seien. Darin ist unter anderem festgehalten:

1. Frau U. F. ist Alleineigentümerin des Anwesens R. in 7. Sch ... (.) 3. In Hinblick auf die umfangreichen Leistungen, die der Ehemann ( ) für das Haus erbracht hat, haben sich die Eheleute ( ) bereits im Kalenderjahr 1990 darauf geeinigt, dass der Erlös aus den Vermietungen und Nutzungen der Räumlichkeiten im Haus den Eheleuten zu gleichen Teilen zusteht. (.) 6. Da die Eheleute im gegenseitigen Vertrauen miteinander leben, hatten sie es bisher nicht für erforderlich erachtet, die zuvor festgehaltenen mündlichen Absprachen schriftlich festzulegen. Nunmehr gibt es Schwierigkeiten mit der I. über die Familienversicherung, so dass die Eheleute (.) sich gezwungen sehen, ihre mündliche Vereinbarung in diesem schriftlichen Vertrag zu bestätigen: Diese Vereinbarung zwischen den Eheleuten (.)soll also nicht erst mit der Unterschrift Wirksamkeit entfalten sondern dient der Bekräftigung der schon vorher im Jahre 1990 bereits ohne diese Schriftform getroffenen Regelung.

Mit Urteil vom 03.08.2010 wies das Sozialgericht Freiburg die Klage ab.

Die Klage sei zwar zulässig, insbesondere sei der Kläger berechtigt, die Feststellung der Familienversicherung seiner Ehefrau im eigenen Namen zu betreiben (BSG, Urteil vom 29.06.1993 - 12 RK 13/93 zitiert nach Juris). Die Klage habe aber in der Sache keinen Erfolg, denn die angefochtenen Bescheide seien rechtmäßig. Die Beigeladene sei in der Zeit vom 01.12.2003 bis 31.12.2006 nicht mehr in der Familienversicherung des Klägers bei der Beklagten gesetzlich krankenversichert, denn sie habe ein monatliches Gesamteinkommen von mehr als 345 EUR bzw. 350 EUR erzielt. Nach § 10 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch - Gesetzliche Krankenversicherung - (SGB V) sei der Ehegatte mitversichert, wenn er kein Gesamteinkommen habe, das regelmäßig im Monat ein Siebtel der monatlichen Bezugsgröße nach § 18 Sozialgesetzbuch Viertes Buch - Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung - (SGB IV) überschreite. Bezugsgröße sei nach § 18 Abs. 1 SGB IV das Durchschnittsentgelt der gesetzlichen Rentenversicherung im vorvergangenen Kalenderjahr, aufgerundet auf den nächst höheren durch 420 teilbaren Betrag. Das Durchschnittsentgelt in der gesetzlichen Rentenversicherung werde in Anlage 1 zum Sechsten Buch Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Rentenversicherung - (SGB VI) aufgeführt. Ein Siebtel der monatlichen Bezugsgröße habe im Jahr 2003 340 EUR betragen, 2004 und 2005 345 EUR, 2006 und 2007 350 EUR monatlich. Das Gesamteinkommen der Beigeladenen in den Jahren 2003 bis 2006 habe diese Bezugsgröße überstiegen. Der Begriff des Gesamteinkommens sei in § 16 SGB IV definiert. Es sei die Summe der Einkünfte im Sinne des Einkommensteuerrechts. Der Einkommensteuer unterlägen nach § 2 Abs. 1 Einkommensteuergesetz (EStG) auch Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. Nicht davon abzuziehen seien die außergewöhnlichen Belastungen, denn nach § 2 Abs. 3 und 4 EStG werde der Begriff der Summe der Einkünfte als Einkommen zuzüglich Sonderausgaben und außergewöhnlichen Belastungen sowie Entlastungsbeträgen definiert (vgl. auch SG Aachen, Urteil vom 26.08.2003 - S 13 KR 17/02, SG Hamburg, Urteil vom 08.03.2002 - S 21 KR 384/99 zitiert nach Juris). Als Einkommen des Familienmitglieds sei deshalb das nach dem Einkommensteuerrecht zu versteuernde Einkommen anzusehen. In §§ 10 Abs. 1 SGB V, 16 SGB IV werde auf das Einkommensteuerrecht verwiesen. Dieser Verweis auf das Steuerrecht diene - auch - der Vereinfachung des Verwaltungsverfahrens bei den Sozialversicherungsträgern. Die Sozialversicherungsträger dürften deshalb zunächst die Bewertung der Finanzämter zugrunde legen. Sofern diese für den zu beurteilenden Zeitraum noch keine Wertung abgegeben hätten, müssten andere Kriterien greifen. In diesem Fall sei auf andere Unterlagen zurückzugreifen. Das seien insbesondere Mietverträge, Grundbücher u.ä. Dokumente, die dazu geeignet seien, die Eigentumsverhältnisse und die Vermieterstellung zu belegen. Auch sei die nach außen erkennbare Rechtsmacht des Familienmitglieds über die erzielten Einkünfte zu ermitteln. Zur Ermittlung des zu versteuernden Einkommens dürfe die Krankenkasse den letzten Einkommensteuerbescheid zugrunde legen. Nach diesen Kriterien habe die Beigeladene in den Jahren 2003 bis 2006 ein Einkommen über der maßgeblichen Grenze erzielt und sei deshalb nicht mehr familienversichert gewesen. Nach den vorliegenden Einkommensteuerbescheiden für 2003 bis 2006 habe sie in den maßgeblichen Jahren Einkommen aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von über 7.000 EUR jährlich erzielt. Daraus errechne sich ein Monatsbetrag jeweils über der Bezugsgrenze. Nach dem Vortrag des Klägers und den Angaben in der mündlichen Verhandlung sei die Beigeladene alleinige Eigentümerin des vermieteten Hauses. Ein dinglicher Nießbrauch für den Kläger sei nicht eingetragen. Die Eheleute seien seit der Übertragung durch die Eltern der Klägerin und deren Versterben im Jahre 1990 darüber einig gewesen, dass ihnen die Mieteinkünfte gemeinsam zur Verfügung stehen sollten. Der Kläger habe sich um Arbeiten am Haus und um die Mietangelegenheiten gekümmert. Die Beigeladene habe dadurch aber weder ihre Stellung als Vermieterin des Wohnhauses noch ihr Eigentum daran verloren. Dem Kläger habe das Eigentum am Wohnhaus demgegenüber nicht zugestanden, da er mit der Beigeladenen nicht in Güter-, sondern in Zugewinngemeinschaft lebe, in der beide Eheleute ihr Eigentum behalten würden. Entsprechend hätten der Kläger und die Beigeladene auch bis 2006 gegenüber dem Finanzamt angegeben, dass das Einkommen aus der Vermietung des Wohnhauses der Klägerin zustehe. Die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung hätten wie auch die Rente des Klägers den Eheleuten familienrechtlich gemeinsam zur Verfügung gestanden und nicht eindeutig zur Hälfte dem Kläger und zur Hälfte der Ehefrau. Vielmehr hätten sich die Eheleute über die Aufteilung dieser Einnahmen offenbar keine Gedanken gemacht, bis die Beklagte nachgefragt habe. Das entspreche auch dem Vortrag des Klägers in der mündlichen Verhandlung, der mitgeteilt habe, dass es schließlich immer so sei, dass sie füreinander sprächen und die Einkünfte ihnen gemeinsam zustünden. Etwas Anderes ergebe sich auch nicht aus der in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Vereinbarung der Eheleute mit dem Datum vom 28.12.2003. Schon nach dem Wortlaut der Vereinbarung sei eindeutig, dass diese nicht am 28.12.2003, sondern erst nach dem ersten Bescheid der Beklagten oder zumindest nach dem Anhörungsschreiben der Beklagten unterschrieben worden sei. Sie könne deshalb nicht als Beweis für eine Vereinbarung im hier streitigen Zeitraum zugrunde gelegt werden. Die Beklagte habe zu Recht die Einkommensteuerbescheide zugrunde gelegt. Der Kläger könne dem auch nicht entgegen halten, sich der Dispositionsbefugnis im Steuerrecht nicht bewusst gewesen zu sein. Er sei sich zusammen mit der Beigeladenen durchaus darüber im Klaren gewesen, dass das Einkommen aus Vermietung und Verpachtung seit mindestens 2003 steuerrechtlich ausschließlich der Ehefrau zugeordnet worden sei. Möglicherweise sei diese steuerrechtliche Zuordnung für die Eheleute in der Vergangenheit auch im Hinblick auf das frühere Erwerbseinkommen des Klägers steuerrechtlich günstiger gewesen. Es komme nicht darauf an, ob der Kläger und die Beigeladene auch die sozialrechtlichen Konsequenzen dieser Angabe nachvollzogen hätten. Insbesondere könne es nicht der Beklagten angelastet werden, wenn der Steuerberater den Kläger und die Beigeladene hierüber nicht oder unrichtig beraten haben sollte. Aus dem zwischenzeitlich für das Jahr 2007 geänderten Steuerbescheid könne nicht auf die Verhältnisse in den vorhergehenden Jahren geschlossen werden. Dieser Steuerbescheid sei offensichtlich im Hinblick auf das laufende Verfahren geändert worden. Das bedeute aber nicht, dass bereits vorher eine entsprechende Absprache bestanden habe.

Gegen das seinem Prozessbevollmächtigten am 09.08.2010 zugestellte Urteil hat der Kläger am 09.09.2010 Berufung eingelegt. Zur Begründung lässt er ausführen, die Argumentation des Sozialgerichts überzeuge nicht. Zwar sei es richtig, dass der Kläger eine Abänderung des Steuerbescheides für das Kalenderjahr 2007 erst aufgrund des vorliegenden Verfahrens betrieben habe. Dies ändere aber nichts daran, dass diese Abänderung zu Recht erfolgt und rechtlich korrekt sei. Früher sei es dem Kläger und auch der Beigeladenen einerlei gewesen, dass die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung allein der beigeladenen Ehefrau als Eigentümerin des Hauses zugeordnet worden seien. Maßgebend sei für den Kläger und die Beigeladene allein gewesen, dass ihnen in dem Bescheid keine Steuerlast auferlegt wurde. Die sozialrechtlichen Implikationen dieser Handhabung sei ihnen nicht bewusst gewesen. Im Urteil sei nicht dargelegt, warum der streitgegenständliche Zeitraum bis zum 31.12.2006 steuerlich anders zu beurteilen sein solle als im Bescheid für das Kalenderjahr 2007 festgehalten. Die grundlegenden Sachverhalte seien identisch. Irgendwelche Änderungen habe es in den maßgeblichen Zeiträumen ebenfalls nicht gegeben, die eine andere steuerrechtliche Bewertung des Sachverhalts nahe legen würden. Allerdings seien die Steuerbescheide für die Kalenderjahre 2003 bis 2006 bestandskräftig geworden und hätten anders als der Steuerbescheid für das Kalenderjahr 2007 nicht mehr geändert werden können. In den Vorjahren hätten aber die gleichen Verhältnisse bestanden, allein aus Rechtsunkenntnis sei kein Wert auf die richtigen Feststellungen gelegt worden. Das Sozialgericht gehe davon aus, dass die beigeladene Ehefrau zu keinem Zeitpunkt "ihre Stellung als Vermieterin verloren" habe. Dies sei schlicht und einfach nicht richtig. Der Kläger und seine Ehefrau hätten bereits über Jahre hinweg Mietverträge mit den einzelnen Mietern abgeschlossen, in denen sie beide als Mietparteien angegeben gewesen seien. Diese Mietverträge seien ein schlagender Beweis dafür, dass der Kläger und seine beigeladene Ehefrau sich sehr wohl schon lange vor dem hier maßgeblichen Zeitraum darüber einig waren, dass ihnen die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung jeweils zu gleichen Teilen hätten zustehen sollen. Denn der Kläger habe seit Jahrzehnten den gesamten Aufwand für Sanierung, Modernisierung, Ausbau und Renovierung des Anwesens bestritten und habe auf diese Weise eine akzeptable Altersvorsorge erwerben wollen, zumal man ihm von freiwilligen Beiträgen zur gesetzlichen Rentenversicherung abgeraten habe. Die Kostenentscheidung im erstinstanzlichen Urteil könne schließlich keinen Bestand haben, selbst wenn man den Standpunkt des Sozialgerichts Freiburg zur Familienversicherung der beigeladenen Ehefrau teilen wolle. Die Beklagte habe in der mündlichen Verhandlung vom 03.08.2010 das Klagebegehren teilweise anerkannt. Dies müsse sich auch auf die Kostenentscheidung auswirken.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 03.08.2010 und den Bescheid der Beklagten vom 02.01.2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 01.07.2008 sowie den Bescheid vom 02.07.2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12.11.2008 aufzuheben und festzustellen, dass die Beigeladene in der Zeit vom 01.12.2003 bis 31.12.2006 in der gesetzlichen Krankenversicherung bei der Beklagten familienversichert war.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beigeladene hat keinen Antrag gestellt.

Die Beklagte hat im Wesentlichen ausgeführt, maßgeblich für die Frage der Familienversicherung sei das nach dem Einkommensteuerrecht zu versteuernde Einkommen. Ausweislich der Steuerbescheide für die Veranlagungszeiträume 2003 bis 2006 hätten die maßgeblichen Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung allein der Beigeladenen zugestanden, was auch richtig und nachvollziehbar sei, da sie nach Vortrag des Klägers auch alleinige Eigentümerin des vermieteten Hauses sei. Die für die Veranlagungszeiträume 2003 bis 2006 von den Eheleuten abgegebenen Steuererklärungen seien daher nicht etwa irrtümlich, sondern objektiv richtig gewesen. Dass daraus - neben dem Steuerrecht - auch auf anderen Rechtsgebieten rechtliche Konsequenzen folgten, beruhe darauf, dass aufgrund der Einheit der Rechtsordnung keine nach der Rosinentheorie ggf. zwar gewünschte, einander aber widersprechende Gestaltungen in den jeweiligen einzelnen Rechtsgebieten ohne etwaige Wechselwirkungen möglich seien. Dies habe zur Konsequenz, dass die Sozialversicherungsträger für die Frage des maßgeblichen Einkommens die Bewertung der Finanzämter zugrunde zu legen hätten. Nur dann, wenn für den zu beurteilenden Zeitraum noch keine Wertung der Finanzämter vorliegen würde, wären andere Kriterien aufzugreifen, was indes für die Jahre 2003 bis 2006 infolge bestandskräftiger Steuerbescheide und daraus resultierender steuerrechtlicher Bewertung nicht der Fall sei. Die "Vereinbarung" vom 28.12.2003 stelle eine sogenannte "schriftliche Lüge" dar, da sie inhaltlich nicht der Wahrheit entspreche, wie bereits der Versuch der Rückdatierung aufzeige. Der Kläger und die Beigeladene hätten auf diesem Wege die Verfahrensbeteiligten glauben lassen wollen, sie hätten angeblich schon am 28.12.2003 eine Vereinbarung über das Recht an den Mieteinnahmen getroffen. Dabei seien sie sich offenbar der Tatsache nicht bewusst gewesen, dass dann aber die in den Jahren 2003 bis 2006 abgegebenen Steuererklärungen falsch gewesen seien.

Bezüglich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird Bezug genommen auf die Verwaltungsakten der Beklagten, die Prozessakten des Sozialgericht aus den verbundenen Verfahren S 14 KR 3574/08 und S 14 KR 5884/08 sowie auf die Akten des Senats Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gem. §§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG - statthafte und auch sonst zulässige Berufung des Klägers ist nicht begründet. Die Beklagte hat zu Recht festgestellt, dass die Beigeladene in der Zeit vom 01.12.2003 bis zum 31.12.2006 nicht familienversichert in der gesetzlichen Krankenversicherung des Klägers war.

Die Klage war zulässig. Das Begehren des Klägers ist als kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage zu werten (BSG, Urteil vom 16.11.1995 - 4 RK 1/94 -, veröffentlicht in juris). Auch wenn der Zeitraum, für den der Kläger die Feststellung der Familienversicherung seiner Ehefrau begehrt, abgeschlossen ist und in der Vergangenheit liegt, ist ein Rechtsschutzinteresse zu bejahen. Der Kläger ist auch klagebefugt. Denn die Familienversicherung nach § 10 SGB V ist trotz ihrer Ausgestaltung als eigene Versicherung des Familienangehörigen zur Versicherung des Stammversicherten streng akzessorisch und hängt in ihrem Beginn und ihrem Ende von dieser ab. Ihr Bestehen oder Nichtbestehen betrifft damit zugleich die Ausgestaltung und den Umfang der Stammversicherung. Die Familienversicherung ist daher auch ein eigenes Recht des Stammversicherten, so dass ihre Feststellung oder Ablehnung seine eigene Rechtsposition unmittelbar berührt und auch er die Befugnis hat, ihr Bestehen klären zu lassen (BSG, Urteil vom 29.06.1993 - 12 RK 48/91 – m.w.N., veröffentlicht in Juris).

Die Klage war jedoch unbegründet.

Das Sozialgericht hat in dem angefochtenen Urteil zutreffend und ausführlich begründet dargelegt, warum die Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 SGB V für die Familienversicherung der Beigeladenen in dem streitgegenständlichen Zeitraum nicht erfüllt waren. Der Senat teilt die Auffassung des Sozialgerichts und nimmt auf die Ausführungen in dessen Urteil Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG).

Ergänzend ist im Hinblick auf die Ausführungen im Berufungsverfahren noch auszuführen, dass der Gesetzgeber mit der Legaldefinition des Gesamteinkommens in § 16 SGB IV, wonach Gesamteinkommen die Summe aller Einkünfte im Sinne des Einkommensteuerrechts ist, in nicht zu beanstandender Weise die steuerliche Wertung für die Beurteilung der maßgeblichen Gesamteinkünfte als Voraussetzung der Familienversicherung zugrunde gelegt hat. Dies schließt eine rein wirtschaftliche Betrachtungsweise, wie sie der Kläger hier vornimmt, aus. Zutreffend hat das Sozialgericht deshalb auch dargelegt, dass für die Zurechnung der Mieteinkünfte maßgeblich ist, dass die Beigeladene im streitgegenständlichen Zeitraum Alleineigentümerin der vermieteten Wohnungen war und der Vortrag des Klägers den Senat nicht davon überzeugen kann, dass die Beigeladene und der Kläger dennoch gleichberechtigte Vermieter waren. Hiergegen spricht bereits die vorgelegte Erklärung, dass der Kläger im Hinblick auf frühere und gegenwärtige vom ihm auf eigene Rechnung erbrachte Reparatur-, Sanierungs- und Modernisierungsarbeiten, soweit diese nicht aus dem Mieterlös finanziert werden konnten bzw. können, am Mieterlös beteiligt werden sollte. Hiervon ausgehend lässt sich nicht erkennen, dass dem Kläger im Innenverhältnis die Hälfte der Mieteinnahmen bereits aufgrund der gemeinsam geschlossenen Mietverträge als Vermieter voraussetzungslos zustand, d.h. auch dann, wenn er nicht mehr bereit gewesen wäre, entsprechende Arbeiten als Gegenleistung für die Beteiligung an den Mieteinnahmen zu verrichten. Es spricht auch nichts dafür, dass er die Hälfte der Ausgaben als Vermieter übernehmen musste. Vielmehr sollte er nach den Vorstellungen der Eheleute im Hinblick auf die von ihm geleisteten und zu leistenden Arbeiten gleichberechtigt am Gewinn beteiligt werden. Wenn die Beigeladene den Kläger dementsprechend am Gewinn beteiligte, stellt sich dies als Verwendung der zunächst allein ihr zugeflossenen Mieteinkünfte dar und macht die Einkommensteuerbescheide aus den Jahren 2003 bis 2006 entgegen der Auffassung des Klägers nicht falsch. Vielmehr wird dieses Verständnis der Absprache zwischen den Eheleuten durch die von ihnen bis 2006 abgegebenen Steuererklärungen unterstützt, in denen Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung ausschließlich für die Beigeladene angegeben worden sind und die diesen Erklärungen entsprechenden Steuerbescheide jedenfalls bis zum Streit über die Familienversicherung nicht beanstandet wurden.

Rückschlüsse aus dem Einkommensteuerbescheid für das Veranlagungsjahr 2007 lassen sich auf die Vorjahre nicht ziehen; vielmehr haben der Kläger und die Beigeladene für die Zeit ab 2007 in der Einkommensteuererklärung nunmehr anders als in den Vorjahren angegeben, die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung je zur Hälfte zu erzielen. Auf die Unkenntnis der sozialrechtlichen Konsequenzen ihrer Erklärungen in der Vorjahren können sie sich nicht berufen. Das Sozialgericht hat insoweit zutreffend ausgeführt, dass sich die Beklagte eine möglicherweise fehlerhafte Beratung des Klägers und der Beigeladenen nicht entgegenhalten lassen muss.

Mit dem Einwand, dass der Kläger und die Beigeladene die Mietverträge seit Jahren gemeinsam als Vermieter unterzeichnet haben, lässt sich, wie dargelegt, die steuerrechtliche Wertung in den bestandkräftigen Einkommensteuerbescheiden für die Jahre 2003 bis 2006 nicht in Frage stellen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Kostenentscheidung des Sozialgerichts ist entgegen der Auffassung des Klägers nicht zu beanstanden. Der Kläger hat die Voraussetzungen für das Anerkenntnis der Beklagten erst im Verlaufe des erstinstanzlichen Verfahrens durch die von ihm herbeigeführte Änderung des Einkommensteuerbescheides für das Jahr 2007 selbst herbeigeführt, so dass ihm deshalb ein Kostenerstattungsanspruch gegen die Beklagte nicht zustehen kann. Mit seinem nach Annahme des Anerkenntnisses gestellten Klageantrag ist der Kläger in vollem Umfang unterlegen, so dass eine Kostenerstattung durch die Beklagte insgesamt nicht in Betracht kam.

Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
Saved