Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
20
1. Instanz
SG Nürnberg (FSB)
Aktenzeichen
S 11 RJ 1104/00
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 20 RJ 551/01
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 22.08.2001 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist zwischen den Beteiligten die Gewährung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit.
Der am 1963 geborene Kläger hat vom 13.08.1979 bis 30.08.1982 den Beruf des Malers erlernt und war anschließend - unterbrochen durch Zeiten der Arbeitslosigkeit - bis 15.09.1984 noch ca drei bis vier Monate berufsentsprechend beschäftigt. Ab 01.06.1985 war er als Wachmann, Lager- und Transportarbeiter und zuletzt bis 16.11.1999 als Sortierer versicherungspflichtig tätig. Seit dem 01.04.2000 bezieht der Kläger Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Bundessozialhilfegesetz (BSHG).
Am 14.08.2000 beantragte er bei der Beklagten die Gewährung von Versichertenrente wegen Erwerbs- (EU) bzw Berufsunfähigkeit (BU).
Im Verwaltungsverfahren ließ die Beklagte den Kläger durch dem Sozialmediziner Dr.G. untersuchen. Dieser stellte in seinem Gutachten vom 26.09.2000 folgende Gesundheitsstörungen fest: Fehlhaltung der Wirbelsäule (Kyphoskoliose); Gewichtsabnahme unklarer Genese; Raucherbronchitis. Wegen der Gewichtsabnahme sei der Kläger bereits im Juli 2000 internistisch untersucht worden, ohne dass die Ursache dafür gefunden wurde. Durch die Kyphoskoliose werde die Belastbarkeit der Wirbelsäule beeinträchtigt und reduziert. Die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Sortierer von Fässern in einer Brauerei könne der Kläger deshalb nur noch unterhalbschichtig ausüben, jedoch leichte und mittelschwere Arbeiten ohne ständiges Heben, Tragen und Bewegen von Lasten noch vollschichtig verrichten.
Mit Bescheid vom 29.09.2000 lehnte die Beklagte daraufhin die Gewährung einer Versichertenrente wegen EU bzw BU an den Kläger ab, da dieser weder erwerbs- noch berufsunfähig sei, darüber hinaus aber auch die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen der fraglichen Ansprüche nicht erfülle. Im maßgeblichen Zeitraum vom 01.11.1993 bis 13.08.2000 habe er statt der erforderlichen 36 nur 35 Kalendermonate mit Pflichtbeiträgen belegt. Auch die Voraussetzungen des § 241 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI), seien nicht erfüllt, da er weder vor dem 01.01.1984 erwerbsunfähig geworden sei noch die Zeit ab 01.01.1984 lückenlos mit Anwartschaftserhaltungszeiten belegt habe.
Der hiergegen am 13.10.2000 eingelegte Widerspruch blieb ohne Erfolg (Widerspruchsbescheid vom 07.12.2000).
Dagegen hat der Kläger am 15.12.2000 Klage zum Sozialgericht Nürnberg (SG) erhoben.
Die vom SG zur gerichtlichen Sachverständigen ernannte Ärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr.O. führte in ihrem Gutachten vom 06.05.2001 zusammenfassend aus, trotz des deutlich reduzierten Allgemeinzustandes bestehe im Falle des Klägers kein malignomer Verdacht. Die bei ihm vorliegenden somatoformen Störungen mit hypochondrischem Einschlag, die bislang nicht einschlägig (psychotherapeutisch) behandelt worden seien, ließen unter Berücksichtigung seiner Persönlichkeitsstruktur weiterhin körperlich leichte und geistig einfache Ganztagsarbeiten im Wechselrhythmus zu. Tätigkeiten an gefahrgeneigten Arbeitsplätzen, mit Akkord- und Schichtarbeit sowie stärkeren Belastungen des Achsenorgans seien dem Kläger nicht mehr zumutbar, so dass er den Ausbildungsberuf als Maler auf Dauer nicht mehr verrichten könne. Die Einschränkung der Erwerbsfähigkeit bestehe seit Antragstellung (14.08.2000). Der Kläger könne sowohl ortsübliche Anmarschwege zur Arbeitsstätte zurücklegen als auch öffentliche Verkehrsmittel benutzen. Die Möglichkeit der Eingliederung in eine Werkstatt für Behinderte sollte erwogen werden.
Das SG hat die Klage mit Urteil vom 22.08.2001 abgewiesen. Ein Berufsschutz stehe dem Kläger nicht mehr zu, da er sich vom erlernten Beruf als Maler bereits Mitte der achtziger Jahre aus Gründen gelöst habe, die nicht gesundheitlicher Art waren; denn die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Sortierer von Bierfässern, für die keine Anlernzeit erforderlich war, habe an die körperliche Leistungsfähigkeit des Klägers höhere Anforderungen gestellt als der Beruf des Malers. Als ungelernter Arbeiter sei der Kläger ohne Einschränkung auf alle seinem qualitativ begrenzten Leistungsvermögen entsprechenden Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verweisbar, die er noch vollschichtig ausüben könne. Beim Kläger liege auch keine schwere spezifische Leistungsbehinderung und keine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen vor, weshalb die Benennung einer Verweisungstätigkeit entbehrlich sei. Unabhängig davon könne er beispielsweise noch Tätigkeiten als Bediener von Bohr- und Stanzmaschinen oder Montierer verrichten, so dass er weder erwerbs- noch berufsunfähig sei.
Gegen das am 12.09.2001 zugestellte Urteil wendet sich der Kläger mit der am 20.09.2001 beim SG Nürnberg eingelegten Berufung.
Er sei stark untergewichtig und davon überzeugt, einen Tumor zu haben. Seine Persönlichkeitsstruktur schließe eine weitere Erwerbstätigkeit aus. Da die erstgerichtliche Sachverständige Dr.O. seine Eingliederung in eine Werkstatt für Behinderte angeregt habe, vermöge ihre Feststellung, er könne noch vollschichtig auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig sein, nicht zu überzeugen.
Der Kläger beantragt, das Urteil des SG Nürnberg vom 22.08.2001 sowie den Bescheid der Beklagten vom 29.09.2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07.12.2000 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm ab 01.09.2000 Rente wegen EU, hilfsweise wegen BU, zu gewähren.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Der Kläger sei als ungelernter Arbeiter auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbar. Eine psychiatrische Störung liege bei ihm nicht vor. Seinem verminderten Ernährungszustand werde durch die Begrenzung des zumutbaren Arbeitseinsatzes auf leichte Tätigkeiten hinreichend Rechnung getragen. Die von Frau Dr.O. diskutierte Eingliederung in eine Werkstatt für Behinderte sei auf die - mit soziopathologischen Faktoren begründete - Einschätzung der Sachverständigen zurückzuführen, dass aufgrund der Arbeitsmarktsituation für den Kläger kaum noch Chancen auf Zugang zum allgemeinen Arbeitsmarkt bestünden. Da die Arbeitsvermittlung nicht in den Risikobereich der gesetzlichen Rentenversicherung, sondern in den der Arbeitsverwaltung falle, sei der Kläger weder erwerbs- noch berufsunfähig.
Zur weiteren medizinischen Sachaufklärung hat der Senat eine ergänzende Stellungnahme der Nervenärztin Dr.O. vom 09.01.2002 eingeholt: Der Kläger sei weiterhin als Maler einsetzbar, wenn er - wie früher durchaus üblich - in einem kleineren Betrieb als Malergehilfe oder Handlanger unter Anleitung einer als Autoritätsperson anerkannten Führungskraft arbeiten könne. Eine eigenständige psychiatrische Erkrankung liege bei ihm nicht vor, eine nervenärztliche Behandlung werde nicht durchgeführt. Anhaltspunkte für eine nach Eintritt in das Berufsleben erworbene hirnorganische Schädigung und für das Vorliegen psychotischer Störungen bzw postpsychotischer Residuen oder einer iS der Rentenversicherung krankheitswertigen neurotischen Fehlhaltung hätten sich nicht ergeben. Die mangelhafte soziale Anpassungsfähigkeit des Klägers resultiere vielmehr aus Sozialisierungsdefiziten und einer verminderten psychomentalen Ausstattung sowie veränderten Bedingungen in der Arbeitswelt. Die vom Kläger ausgeführte Tätigkeit in der Führung eines 3-Personen-Haushalts spreche gegen die Annahme, dass er in seinem Willensbildungsprozess nicht frei sei. Vielmehr könne daraus abgeleitet werden, dass er auch weiterhin körperlich leichte und geistig einfache Arbeiten ohne Zeit- und Verantwortungsdruck mindestens sechs Stunden täglich dauerhaft und ohne Risiken für seine Restgesundheit ausführen könne.
Auf die beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten, die Prozessakten des SG und des BayLSG wird ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist form- und fristgerecht eingelegt (§§ 143, 151 Sozialgerichtsgesetz -SGG-) und auch im Übrigen zulässig (§ 144 SGG).
In der Sache erweist sich jedoch das Rechtsmittel als unbegründet, denn das SG hat mit dem Urteil vom 22.08.2001 die Klage gegen den Bescheid der Beklagten vom 29.09.2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7.12.2000 zu Recht abgewiesen, weil der Kläger keinen Anspruch auf Gewährung von Rentenleistungen wegen verminderter Erwerbsfähigkeit hat.
Ein Anspruch auf Rentenleistungen wegen verminderter Erwerbsfähigkeit steht dem Kläger weder nach dem bis 31.12.2000 geltenden und für Leistungsfälle vor dem 01.12.2000 weiter anzuwendenden Recht (§§ 300 Abs 1, 302b Abs 1 SGB VI, letzterer in der ab 01.01.2001 geltenden Fassung des EM-Reformgesetzes vom 20.12.2000 - BGBl I S 1835 -, iVm §§ 43, 44 SGB VI idF bis 31.12.2000) noch für die Zeit ab 01.01.2001 nach den §§ 43, 240 SGB VI in der ab 01.01.2001 gültigen Fassung zu.
Nach der bis zum 31.12.2000 gültigen Fassung des § 44 Abs 1 SGB VI hatten Versicherte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres Anspruch auf Rente wegen EU, wenn sie 1. erwerbsunfähig waren, 2. in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der EU drei Jahre Pflichtbeitragszeiten hatten und 3. vor Eintritt der EU die allgemeine Wartezeit erfüllt hatten. Erwerbsunfähig waren Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande waren, eine Erwerbstätigkeit in gewisser Regelmäßigkeit auszuüben oder Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen zu erzielen, das ein Siebtel der monatlichen Bezugsgröße überstieg (§ 44 Abs 2 Satz 1 Hs 1 SGB VI).
Diese Voraussetzungen liegen beim Kläger nicht vor. Nach dem Beweisergebnis, insbesondere den überzeugenden Ausführungen der ärztlichen Sachverständigen Dr.O. im Gutachten vom 06.05.2001 und in der ergänzenden Stellungnahme vom 09.01.2002, kann der Kläger, bei dem trotz des deutlich reduzierten Allgemeinzustandes kein malignomer Verdacht besteht, unter Berücksichtigung der bei ihm vorliegenden somatoformen Störungen mit hypochondrischem Einschlag weiterhin körperlich leichte und geistig einfache Arbeiten im Wechselrhythmus vollschichtig verrichten, wenn dabei Tätigkeiten an gefahrgeneigten Arbeitsplätzen, mit Akkord- und Schichtarbeit und stärkeren Belastungen des Achsenorgans vermieden werden.
Das von Frau Dr.O. (nicht nur aus neurologisch-psychiatrischer Sicht, sondern unter Einbeziehung aller aktenkundigen Befunde und ärztlichen Erkenntnisse über die beim Kläger vorliegenden Gesundheitsstörungen) schlüssig beschriebene Leistungsvermögen kann EU iS des § 44 Abs 2 Satz 1 SGB VI nicht begründen. Der Senat schließt sich in vollem Umfang der Leistungsbeurteilung an, wie sie von der (im Berufungsverfahren ergänzend gehörten) nervenärztlichen Sachverständigen mit ausführlicher, auf der Laienebene nachvollziebarer und insgesamt überzeugender Begründung vertreten wurde. Bei vollschichtig einsatzfähigen Versicherten ist - von hier nicht einschlägigen Ausnahmen abgesehen - ein offener Arbeitsmarkt anzunehmen, gleichgültig ob die in Betracht kommenden Arbeitsplätze frei oder besetzt sind (idS schon BSG, Beschluss des Großen Senats vom 11.12.1969 - GS 4/69 - und Urteil vom 24.08.1978 - 5 RJ 18/78 -). Die in der Rechsprechung anerkannten Ausnahmen von diesem Grundsatz (Summierung ungewöhnlicher Leistungshindernisse oder betriebsunübliche Einsatzbedingungen) orientieren sich an dem Risikogedanken der §§ 43, 44 SGB VI, wonach letztlich gesundheitliche Gründe für den Ausschluss von der Möglichkeit zur Erzielung von Erwerbseinkünften maßgeblich sein müssen. Dies ist bei vollschichtiger Einsatzfähigkeit und dem Fehlen der erwähnten Ausnahmebedingungen beim Kläger nicht der Fall (vgl BSG in SozR 3-2200 § 1247 Nr 8). Das gilt auch unter Berücksichtigung des Umstandes, dass von der nervenärztlichen Sachverständigen Dr.O. in ihrem Gutachten vom 06.05.2001 die Zweckmäßigkeit der Eingliederung und Beschäftigung des Klägers in einer Werkstatt für Behinderte diskutiert wurde. Dies geschah nach dem Gesamtverständnis ihrer Ausführungen allein aus der Überlegung, dass dadurch eine bessere Beherrschbarkeit sowie eine effektivere Einflussnahme im Sinne einer Änderung der (soziopathisch eingeschränkten) Lebenseinstellung des Klägers (man könne auch ohne Arbeit leben) erreichbar sei. Eine krankhafte Hemmung des Arbeitswillens, die sich darin äußert, dass der Versicherte trotz zumutbarer Willensanspannung zu einer Arbeitsaufnahme nicht mehr im Stande ist, liegt nach Einschätzung Dr.O. beim Kläger gerade nicht vor. Rentenleistungen wegen EU kann er daher von der Beklagten nicht beanspruchen.
Der hilfsweise geltend gemachte Anspruch auf Rente wegen BU steht dem Kläger ebenfalls nicht zu. Nach § 43 Abs 1 SGB VI hatten Versicherte bis zur Vollendung des 65.Lebensjahres Anspruch auf Rente wegen BU, wenn sie 1. berufsunfähig waren, 2. in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der BU drei Jahre Pflichtbeitragszeiten hatten und 3. vor Eintritt der BU die allgemeine Wartezeit erfüllt hatten.
Nach § 43 Abs 2 SGB VI war berufsunfähig ein Versicherter, dessen Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung auf weniger als die Hälfte derjenigen eines körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten gesunken war. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit zu beurteilen war, umfasste dabei alle Tätigkeiten, die seinen Kräften und Fähigkeiten entsprachen und ihm unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs seiner Ausbildung sowie seines bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen seiner bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden konnten.
Zur Frage der BU hat die Rechtsprechung des BSG ein Mehrstufenschema entwickelt, das die Berufstätigkeiten in die Leitberufe des Vorarbeiters (mit Vorgesetztenfunktion) bzw des besonders hochqualifizierten Facharbeiters, des Facharbeiters (anerkannter Ausbildungsberuf mit einer Ausbildungszeit von mehr als zwei Jahren), des angelernten Arbeiters (sonstiger Ausbildungsberuf mit einer Regelausbildungszeit von drei Monaten bis zu zwei Jahren) und des ungelernten Arbeiters unterteilte. Grundsätzlich dürfen Versicherte im Vergleich zu ihrem bisherigen Beruf nur auf die nächstniedrigere Gruppe verwiesen werden (vgl BSG in SozR 3-2200 § 1246 RVO Nr 45).
Der bisherige Beruf des Klägers ist nach Auffassung des Senats der eines ungelernten Arbeiters; ein Berufsschutz als Facharbeiter ist dagegen zu verneinen, weil der Kläger in seinem erlernten Beruf als Maler nur wenige Monate tätig war und sich darüber hinaus - wie das SG zutreffend festgestellt hat - bereits Mitte der achtziger Jahre vom Malerberuf aus Gründen gelöst hat, die nicht gesundheitlicher Art und deshalb nicht vom Schutzbereich des § 43 SGB VI erfasst waren. Weder aus dem Vortrag des Klägers noch aus dem sonstigen Akteninhalt ergeben sich gegenteilige Anhaltspunkte; der Senat verweist insoweit auf die Ausführungen des SG in den Gründen des angefochtenen Urteils (§ 153 Abs 2 SGG). Letztlich kann die Frage, ob der Kläger im September 1984 den erlernten Beruf aus gesundheitlichen Gründen aufgegeben und aus denselben Erwägungen ab Juni 1985 eine Tätigkeit außerhalb des Berufskreises als Maler aufgenommen hat, dahingestellt bleiben; denn zu beiden Zeitpunkten hatte er mit lediglich 45 Beitragsmonaten die allgemeine Wartezeit von fünf Jahren (§ 50 Abs 1 SGB VI) nicht erfüllt (vgl BSG in SozR 2200 § 1246 Nr 126 mwN). Der Kläger ist daher im Rahmen des vom BSG entwickelten Mehrstufenschemas ohne Einschränkungen auf ungelernte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verweisbar. Im Übrigen könnte er nach den Ausführungen Dr.O. vom 09.01.2002 in einem kleineren Malerbetrieb oder eingegliedert in eine Arbeitsgruppe unter Anleitung und Aufsicht eines Vorarbeiters die üblicherweise anfallenden Tätigkeiten aus dem Aufgabenbereich eines Malergesellen durchaus noch vollschichtig verrichten.
Unter Einbeziehung aller bei ihm festgestellten Gesundheitsstörungen ist der Kläger nicht an der Ausübung einer regelmäßigen Ganztagsbeschäftigung gehindert, so dass vorliegend eine zustandsangemessene Tätigkeit weder nachgewiesen noch in sonstiger Weise bezeichnet werden muss. Bei den von der ärztlichen Sachverständigen genannten Einsatzbedingungen, die zum Schutz des Klägers vor unzumutbaren Belastungen am Arbeitsplatz eingehalten werden müssen, handelt es sich zur Überzeugung des Senats nicht um Einschränkungen, die entweder als "gravierende Einzelbehinderung" oder durch außergewöhnliche "Summierung einer Mehrzahl krankheitsbedingter Leistungseinschränkungen" einen denkbaren Arbeitseinsatz auf so wenige Gelegenheiten reduzieren, dass diese wegen Geringfügigkeit außer Betracht zu bleiben hätten. Solange ein Versicherter wie der Kläger imstande ist, unter betriebsüblichen Bedingungen noch vollschichtig und regelmäßig Erwerbsarbeit zu leisten, besteht keine Pflicht der Verwaltung und Gerichte, konkrete Arbeitsplätze und Verweisungstätigkeiten mit im Einzelnen nachprüfbaren Belastungselementen zu benennen. Vielmehr ist in solchen Fällen von einer ausreichenden Zahl vorhandener Arbeitsplätze auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt auszugehen (BSG in SozR 2000 § 1246 Nr 90).
Der Kläger ist deshalb nicht berufsunfähig iS des § 43 Abs 2 SGB VI.
Vor diesem Hintergrund kann im Ergebnis auch ungeprüft bleiben, ob der Kläger - ausgehend vom Zeitpunkt der Antragstellung am 14.08.2000 - die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die Gewährung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit erfüllt. Zwar hat er vorher die allgemeine Wartezeit von fünf Jahren (§ 50 Abs 1 Nr 2 SGB VI) zurückgelegt; dagegen sind die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen der §§ 44 Abs 1 Nr 2 und 43 Abs 1 Nr 2 SGB VI (die sog 3/5-Deckung mit Pflichtbeiträgen in den letzten, dem Leistungsfall vorausgegangenen fünf Jahren) nicht gegeben, da der Kläger im maßgeblichen Zeitraum vom 01.11.1993 bis 13.08.2000 nur 35 Kalendermonate mit Pflichtbeiträgen belegt hat, nicht jedoch die erforderlichen 36 Kalendermonate. Die Übergangsvorschriften der §§ 240 Abs 2 bzw 241 Abs 2 SGB VI sind auf den Kläger nicht anwendbar, weil er vor dem 1.Januar 1984 die allgemeine Wartezeit noch nicht erfüllt hatte.
Aufgrund seines vollschichtigen Einsatzvermögens erfüllt der Kläger auch nicht die Voraussetzungen des durch Art 1 Nr 19 des Rentenreformgesetzes 1999 neu gefassten und durch Art 1 Nr 10 des Gesetzes zur Reform der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit vom 20.12.2000 - BGBl I 1827 - geänderten, am 01.01.2001 in Kraft getretenen § 43 SGB VI. Nach dessen Abs 1 hat bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wer (neben weiteren Leistungsvoraussetzungen) wegen Krankheit oder Behinderung außer Stande ist, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Eine quantitative Einschränkung der betriebsüblichen Arbeitszeit von täglich acht Stunden liegt jedoch - wie bereits ausgeführt wurde - beim Kläger nicht vor.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich (§ 160 Abs 2 Nrn 1 und 2 SGG).
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist zwischen den Beteiligten die Gewährung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit.
Der am 1963 geborene Kläger hat vom 13.08.1979 bis 30.08.1982 den Beruf des Malers erlernt und war anschließend - unterbrochen durch Zeiten der Arbeitslosigkeit - bis 15.09.1984 noch ca drei bis vier Monate berufsentsprechend beschäftigt. Ab 01.06.1985 war er als Wachmann, Lager- und Transportarbeiter und zuletzt bis 16.11.1999 als Sortierer versicherungspflichtig tätig. Seit dem 01.04.2000 bezieht der Kläger Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Bundessozialhilfegesetz (BSHG).
Am 14.08.2000 beantragte er bei der Beklagten die Gewährung von Versichertenrente wegen Erwerbs- (EU) bzw Berufsunfähigkeit (BU).
Im Verwaltungsverfahren ließ die Beklagte den Kläger durch dem Sozialmediziner Dr.G. untersuchen. Dieser stellte in seinem Gutachten vom 26.09.2000 folgende Gesundheitsstörungen fest: Fehlhaltung der Wirbelsäule (Kyphoskoliose); Gewichtsabnahme unklarer Genese; Raucherbronchitis. Wegen der Gewichtsabnahme sei der Kläger bereits im Juli 2000 internistisch untersucht worden, ohne dass die Ursache dafür gefunden wurde. Durch die Kyphoskoliose werde die Belastbarkeit der Wirbelsäule beeinträchtigt und reduziert. Die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Sortierer von Fässern in einer Brauerei könne der Kläger deshalb nur noch unterhalbschichtig ausüben, jedoch leichte und mittelschwere Arbeiten ohne ständiges Heben, Tragen und Bewegen von Lasten noch vollschichtig verrichten.
Mit Bescheid vom 29.09.2000 lehnte die Beklagte daraufhin die Gewährung einer Versichertenrente wegen EU bzw BU an den Kläger ab, da dieser weder erwerbs- noch berufsunfähig sei, darüber hinaus aber auch die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen der fraglichen Ansprüche nicht erfülle. Im maßgeblichen Zeitraum vom 01.11.1993 bis 13.08.2000 habe er statt der erforderlichen 36 nur 35 Kalendermonate mit Pflichtbeiträgen belegt. Auch die Voraussetzungen des § 241 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI), seien nicht erfüllt, da er weder vor dem 01.01.1984 erwerbsunfähig geworden sei noch die Zeit ab 01.01.1984 lückenlos mit Anwartschaftserhaltungszeiten belegt habe.
Der hiergegen am 13.10.2000 eingelegte Widerspruch blieb ohne Erfolg (Widerspruchsbescheid vom 07.12.2000).
Dagegen hat der Kläger am 15.12.2000 Klage zum Sozialgericht Nürnberg (SG) erhoben.
Die vom SG zur gerichtlichen Sachverständigen ernannte Ärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr.O. führte in ihrem Gutachten vom 06.05.2001 zusammenfassend aus, trotz des deutlich reduzierten Allgemeinzustandes bestehe im Falle des Klägers kein malignomer Verdacht. Die bei ihm vorliegenden somatoformen Störungen mit hypochondrischem Einschlag, die bislang nicht einschlägig (psychotherapeutisch) behandelt worden seien, ließen unter Berücksichtigung seiner Persönlichkeitsstruktur weiterhin körperlich leichte und geistig einfache Ganztagsarbeiten im Wechselrhythmus zu. Tätigkeiten an gefahrgeneigten Arbeitsplätzen, mit Akkord- und Schichtarbeit sowie stärkeren Belastungen des Achsenorgans seien dem Kläger nicht mehr zumutbar, so dass er den Ausbildungsberuf als Maler auf Dauer nicht mehr verrichten könne. Die Einschränkung der Erwerbsfähigkeit bestehe seit Antragstellung (14.08.2000). Der Kläger könne sowohl ortsübliche Anmarschwege zur Arbeitsstätte zurücklegen als auch öffentliche Verkehrsmittel benutzen. Die Möglichkeit der Eingliederung in eine Werkstatt für Behinderte sollte erwogen werden.
Das SG hat die Klage mit Urteil vom 22.08.2001 abgewiesen. Ein Berufsschutz stehe dem Kläger nicht mehr zu, da er sich vom erlernten Beruf als Maler bereits Mitte der achtziger Jahre aus Gründen gelöst habe, die nicht gesundheitlicher Art waren; denn die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Sortierer von Bierfässern, für die keine Anlernzeit erforderlich war, habe an die körperliche Leistungsfähigkeit des Klägers höhere Anforderungen gestellt als der Beruf des Malers. Als ungelernter Arbeiter sei der Kläger ohne Einschränkung auf alle seinem qualitativ begrenzten Leistungsvermögen entsprechenden Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verweisbar, die er noch vollschichtig ausüben könne. Beim Kläger liege auch keine schwere spezifische Leistungsbehinderung und keine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen vor, weshalb die Benennung einer Verweisungstätigkeit entbehrlich sei. Unabhängig davon könne er beispielsweise noch Tätigkeiten als Bediener von Bohr- und Stanzmaschinen oder Montierer verrichten, so dass er weder erwerbs- noch berufsunfähig sei.
Gegen das am 12.09.2001 zugestellte Urteil wendet sich der Kläger mit der am 20.09.2001 beim SG Nürnberg eingelegten Berufung.
Er sei stark untergewichtig und davon überzeugt, einen Tumor zu haben. Seine Persönlichkeitsstruktur schließe eine weitere Erwerbstätigkeit aus. Da die erstgerichtliche Sachverständige Dr.O. seine Eingliederung in eine Werkstatt für Behinderte angeregt habe, vermöge ihre Feststellung, er könne noch vollschichtig auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig sein, nicht zu überzeugen.
Der Kläger beantragt, das Urteil des SG Nürnberg vom 22.08.2001 sowie den Bescheid der Beklagten vom 29.09.2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07.12.2000 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm ab 01.09.2000 Rente wegen EU, hilfsweise wegen BU, zu gewähren.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Der Kläger sei als ungelernter Arbeiter auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbar. Eine psychiatrische Störung liege bei ihm nicht vor. Seinem verminderten Ernährungszustand werde durch die Begrenzung des zumutbaren Arbeitseinsatzes auf leichte Tätigkeiten hinreichend Rechnung getragen. Die von Frau Dr.O. diskutierte Eingliederung in eine Werkstatt für Behinderte sei auf die - mit soziopathologischen Faktoren begründete - Einschätzung der Sachverständigen zurückzuführen, dass aufgrund der Arbeitsmarktsituation für den Kläger kaum noch Chancen auf Zugang zum allgemeinen Arbeitsmarkt bestünden. Da die Arbeitsvermittlung nicht in den Risikobereich der gesetzlichen Rentenversicherung, sondern in den der Arbeitsverwaltung falle, sei der Kläger weder erwerbs- noch berufsunfähig.
Zur weiteren medizinischen Sachaufklärung hat der Senat eine ergänzende Stellungnahme der Nervenärztin Dr.O. vom 09.01.2002 eingeholt: Der Kläger sei weiterhin als Maler einsetzbar, wenn er - wie früher durchaus üblich - in einem kleineren Betrieb als Malergehilfe oder Handlanger unter Anleitung einer als Autoritätsperson anerkannten Führungskraft arbeiten könne. Eine eigenständige psychiatrische Erkrankung liege bei ihm nicht vor, eine nervenärztliche Behandlung werde nicht durchgeführt. Anhaltspunkte für eine nach Eintritt in das Berufsleben erworbene hirnorganische Schädigung und für das Vorliegen psychotischer Störungen bzw postpsychotischer Residuen oder einer iS der Rentenversicherung krankheitswertigen neurotischen Fehlhaltung hätten sich nicht ergeben. Die mangelhafte soziale Anpassungsfähigkeit des Klägers resultiere vielmehr aus Sozialisierungsdefiziten und einer verminderten psychomentalen Ausstattung sowie veränderten Bedingungen in der Arbeitswelt. Die vom Kläger ausgeführte Tätigkeit in der Führung eines 3-Personen-Haushalts spreche gegen die Annahme, dass er in seinem Willensbildungsprozess nicht frei sei. Vielmehr könne daraus abgeleitet werden, dass er auch weiterhin körperlich leichte und geistig einfache Arbeiten ohne Zeit- und Verantwortungsdruck mindestens sechs Stunden täglich dauerhaft und ohne Risiken für seine Restgesundheit ausführen könne.
Auf die beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten, die Prozessakten des SG und des BayLSG wird ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist form- und fristgerecht eingelegt (§§ 143, 151 Sozialgerichtsgesetz -SGG-) und auch im Übrigen zulässig (§ 144 SGG).
In der Sache erweist sich jedoch das Rechtsmittel als unbegründet, denn das SG hat mit dem Urteil vom 22.08.2001 die Klage gegen den Bescheid der Beklagten vom 29.09.2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7.12.2000 zu Recht abgewiesen, weil der Kläger keinen Anspruch auf Gewährung von Rentenleistungen wegen verminderter Erwerbsfähigkeit hat.
Ein Anspruch auf Rentenleistungen wegen verminderter Erwerbsfähigkeit steht dem Kläger weder nach dem bis 31.12.2000 geltenden und für Leistungsfälle vor dem 01.12.2000 weiter anzuwendenden Recht (§§ 300 Abs 1, 302b Abs 1 SGB VI, letzterer in der ab 01.01.2001 geltenden Fassung des EM-Reformgesetzes vom 20.12.2000 - BGBl I S 1835 -, iVm §§ 43, 44 SGB VI idF bis 31.12.2000) noch für die Zeit ab 01.01.2001 nach den §§ 43, 240 SGB VI in der ab 01.01.2001 gültigen Fassung zu.
Nach der bis zum 31.12.2000 gültigen Fassung des § 44 Abs 1 SGB VI hatten Versicherte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres Anspruch auf Rente wegen EU, wenn sie 1. erwerbsunfähig waren, 2. in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der EU drei Jahre Pflichtbeitragszeiten hatten und 3. vor Eintritt der EU die allgemeine Wartezeit erfüllt hatten. Erwerbsunfähig waren Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande waren, eine Erwerbstätigkeit in gewisser Regelmäßigkeit auszuüben oder Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen zu erzielen, das ein Siebtel der monatlichen Bezugsgröße überstieg (§ 44 Abs 2 Satz 1 Hs 1 SGB VI).
Diese Voraussetzungen liegen beim Kläger nicht vor. Nach dem Beweisergebnis, insbesondere den überzeugenden Ausführungen der ärztlichen Sachverständigen Dr.O. im Gutachten vom 06.05.2001 und in der ergänzenden Stellungnahme vom 09.01.2002, kann der Kläger, bei dem trotz des deutlich reduzierten Allgemeinzustandes kein malignomer Verdacht besteht, unter Berücksichtigung der bei ihm vorliegenden somatoformen Störungen mit hypochondrischem Einschlag weiterhin körperlich leichte und geistig einfache Arbeiten im Wechselrhythmus vollschichtig verrichten, wenn dabei Tätigkeiten an gefahrgeneigten Arbeitsplätzen, mit Akkord- und Schichtarbeit und stärkeren Belastungen des Achsenorgans vermieden werden.
Das von Frau Dr.O. (nicht nur aus neurologisch-psychiatrischer Sicht, sondern unter Einbeziehung aller aktenkundigen Befunde und ärztlichen Erkenntnisse über die beim Kläger vorliegenden Gesundheitsstörungen) schlüssig beschriebene Leistungsvermögen kann EU iS des § 44 Abs 2 Satz 1 SGB VI nicht begründen. Der Senat schließt sich in vollem Umfang der Leistungsbeurteilung an, wie sie von der (im Berufungsverfahren ergänzend gehörten) nervenärztlichen Sachverständigen mit ausführlicher, auf der Laienebene nachvollziebarer und insgesamt überzeugender Begründung vertreten wurde. Bei vollschichtig einsatzfähigen Versicherten ist - von hier nicht einschlägigen Ausnahmen abgesehen - ein offener Arbeitsmarkt anzunehmen, gleichgültig ob die in Betracht kommenden Arbeitsplätze frei oder besetzt sind (idS schon BSG, Beschluss des Großen Senats vom 11.12.1969 - GS 4/69 - und Urteil vom 24.08.1978 - 5 RJ 18/78 -). Die in der Rechsprechung anerkannten Ausnahmen von diesem Grundsatz (Summierung ungewöhnlicher Leistungshindernisse oder betriebsunübliche Einsatzbedingungen) orientieren sich an dem Risikogedanken der §§ 43, 44 SGB VI, wonach letztlich gesundheitliche Gründe für den Ausschluss von der Möglichkeit zur Erzielung von Erwerbseinkünften maßgeblich sein müssen. Dies ist bei vollschichtiger Einsatzfähigkeit und dem Fehlen der erwähnten Ausnahmebedingungen beim Kläger nicht der Fall (vgl BSG in SozR 3-2200 § 1247 Nr 8). Das gilt auch unter Berücksichtigung des Umstandes, dass von der nervenärztlichen Sachverständigen Dr.O. in ihrem Gutachten vom 06.05.2001 die Zweckmäßigkeit der Eingliederung und Beschäftigung des Klägers in einer Werkstatt für Behinderte diskutiert wurde. Dies geschah nach dem Gesamtverständnis ihrer Ausführungen allein aus der Überlegung, dass dadurch eine bessere Beherrschbarkeit sowie eine effektivere Einflussnahme im Sinne einer Änderung der (soziopathisch eingeschränkten) Lebenseinstellung des Klägers (man könne auch ohne Arbeit leben) erreichbar sei. Eine krankhafte Hemmung des Arbeitswillens, die sich darin äußert, dass der Versicherte trotz zumutbarer Willensanspannung zu einer Arbeitsaufnahme nicht mehr im Stande ist, liegt nach Einschätzung Dr.O. beim Kläger gerade nicht vor. Rentenleistungen wegen EU kann er daher von der Beklagten nicht beanspruchen.
Der hilfsweise geltend gemachte Anspruch auf Rente wegen BU steht dem Kläger ebenfalls nicht zu. Nach § 43 Abs 1 SGB VI hatten Versicherte bis zur Vollendung des 65.Lebensjahres Anspruch auf Rente wegen BU, wenn sie 1. berufsunfähig waren, 2. in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der BU drei Jahre Pflichtbeitragszeiten hatten und 3. vor Eintritt der BU die allgemeine Wartezeit erfüllt hatten.
Nach § 43 Abs 2 SGB VI war berufsunfähig ein Versicherter, dessen Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung auf weniger als die Hälfte derjenigen eines körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten gesunken war. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit zu beurteilen war, umfasste dabei alle Tätigkeiten, die seinen Kräften und Fähigkeiten entsprachen und ihm unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs seiner Ausbildung sowie seines bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen seiner bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden konnten.
Zur Frage der BU hat die Rechtsprechung des BSG ein Mehrstufenschema entwickelt, das die Berufstätigkeiten in die Leitberufe des Vorarbeiters (mit Vorgesetztenfunktion) bzw des besonders hochqualifizierten Facharbeiters, des Facharbeiters (anerkannter Ausbildungsberuf mit einer Ausbildungszeit von mehr als zwei Jahren), des angelernten Arbeiters (sonstiger Ausbildungsberuf mit einer Regelausbildungszeit von drei Monaten bis zu zwei Jahren) und des ungelernten Arbeiters unterteilte. Grundsätzlich dürfen Versicherte im Vergleich zu ihrem bisherigen Beruf nur auf die nächstniedrigere Gruppe verwiesen werden (vgl BSG in SozR 3-2200 § 1246 RVO Nr 45).
Der bisherige Beruf des Klägers ist nach Auffassung des Senats der eines ungelernten Arbeiters; ein Berufsschutz als Facharbeiter ist dagegen zu verneinen, weil der Kläger in seinem erlernten Beruf als Maler nur wenige Monate tätig war und sich darüber hinaus - wie das SG zutreffend festgestellt hat - bereits Mitte der achtziger Jahre vom Malerberuf aus Gründen gelöst hat, die nicht gesundheitlicher Art und deshalb nicht vom Schutzbereich des § 43 SGB VI erfasst waren. Weder aus dem Vortrag des Klägers noch aus dem sonstigen Akteninhalt ergeben sich gegenteilige Anhaltspunkte; der Senat verweist insoweit auf die Ausführungen des SG in den Gründen des angefochtenen Urteils (§ 153 Abs 2 SGG). Letztlich kann die Frage, ob der Kläger im September 1984 den erlernten Beruf aus gesundheitlichen Gründen aufgegeben und aus denselben Erwägungen ab Juni 1985 eine Tätigkeit außerhalb des Berufskreises als Maler aufgenommen hat, dahingestellt bleiben; denn zu beiden Zeitpunkten hatte er mit lediglich 45 Beitragsmonaten die allgemeine Wartezeit von fünf Jahren (§ 50 Abs 1 SGB VI) nicht erfüllt (vgl BSG in SozR 2200 § 1246 Nr 126 mwN). Der Kläger ist daher im Rahmen des vom BSG entwickelten Mehrstufenschemas ohne Einschränkungen auf ungelernte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verweisbar. Im Übrigen könnte er nach den Ausführungen Dr.O. vom 09.01.2002 in einem kleineren Malerbetrieb oder eingegliedert in eine Arbeitsgruppe unter Anleitung und Aufsicht eines Vorarbeiters die üblicherweise anfallenden Tätigkeiten aus dem Aufgabenbereich eines Malergesellen durchaus noch vollschichtig verrichten.
Unter Einbeziehung aller bei ihm festgestellten Gesundheitsstörungen ist der Kläger nicht an der Ausübung einer regelmäßigen Ganztagsbeschäftigung gehindert, so dass vorliegend eine zustandsangemessene Tätigkeit weder nachgewiesen noch in sonstiger Weise bezeichnet werden muss. Bei den von der ärztlichen Sachverständigen genannten Einsatzbedingungen, die zum Schutz des Klägers vor unzumutbaren Belastungen am Arbeitsplatz eingehalten werden müssen, handelt es sich zur Überzeugung des Senats nicht um Einschränkungen, die entweder als "gravierende Einzelbehinderung" oder durch außergewöhnliche "Summierung einer Mehrzahl krankheitsbedingter Leistungseinschränkungen" einen denkbaren Arbeitseinsatz auf so wenige Gelegenheiten reduzieren, dass diese wegen Geringfügigkeit außer Betracht zu bleiben hätten. Solange ein Versicherter wie der Kläger imstande ist, unter betriebsüblichen Bedingungen noch vollschichtig und regelmäßig Erwerbsarbeit zu leisten, besteht keine Pflicht der Verwaltung und Gerichte, konkrete Arbeitsplätze und Verweisungstätigkeiten mit im Einzelnen nachprüfbaren Belastungselementen zu benennen. Vielmehr ist in solchen Fällen von einer ausreichenden Zahl vorhandener Arbeitsplätze auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt auszugehen (BSG in SozR 2000 § 1246 Nr 90).
Der Kläger ist deshalb nicht berufsunfähig iS des § 43 Abs 2 SGB VI.
Vor diesem Hintergrund kann im Ergebnis auch ungeprüft bleiben, ob der Kläger - ausgehend vom Zeitpunkt der Antragstellung am 14.08.2000 - die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die Gewährung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit erfüllt. Zwar hat er vorher die allgemeine Wartezeit von fünf Jahren (§ 50 Abs 1 Nr 2 SGB VI) zurückgelegt; dagegen sind die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen der §§ 44 Abs 1 Nr 2 und 43 Abs 1 Nr 2 SGB VI (die sog 3/5-Deckung mit Pflichtbeiträgen in den letzten, dem Leistungsfall vorausgegangenen fünf Jahren) nicht gegeben, da der Kläger im maßgeblichen Zeitraum vom 01.11.1993 bis 13.08.2000 nur 35 Kalendermonate mit Pflichtbeiträgen belegt hat, nicht jedoch die erforderlichen 36 Kalendermonate. Die Übergangsvorschriften der §§ 240 Abs 2 bzw 241 Abs 2 SGB VI sind auf den Kläger nicht anwendbar, weil er vor dem 1.Januar 1984 die allgemeine Wartezeit noch nicht erfüllt hatte.
Aufgrund seines vollschichtigen Einsatzvermögens erfüllt der Kläger auch nicht die Voraussetzungen des durch Art 1 Nr 19 des Rentenreformgesetzes 1999 neu gefassten und durch Art 1 Nr 10 des Gesetzes zur Reform der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit vom 20.12.2000 - BGBl I 1827 - geänderten, am 01.01.2001 in Kraft getretenen § 43 SGB VI. Nach dessen Abs 1 hat bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wer (neben weiteren Leistungsvoraussetzungen) wegen Krankheit oder Behinderung außer Stande ist, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Eine quantitative Einschränkung der betriebsüblichen Arbeitszeit von täglich acht Stunden liegt jedoch - wie bereits ausgeführt wurde - beim Kläger nicht vor.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich (§ 160 Abs 2 Nrn 1 und 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
Login
FSB
Saved