L 11 KR 5294/10

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 12 KR 2625/09
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 KR 5294/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 12.10.2010 wird zurückgewiesen.

Die Klage gegen den Bescheid der Beklagten vom 02.02.2011 wird abgewiesen Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Kläger aus einer Einmalzahlung (Kapitalabfindung) der betrieblichen Altersversorgung in Form einer Direktversicherung seit 01.02.2009 Beiträge zur Gesetzlichen zur Kranken- (GKV) und Sozialen Pflegeversicherung (SPV) iHv ursprünglich monatlich insgesamt 1,41 EUR zu zahlen hat.

Der 1955 geborene Kläger hat Kinder und war bis zu seiner Verrentung bei A.-L. sozialversicherungspflichtig abhängig beschäftigt. Seit dem 01.01.2009 bezieht er eine Rente wegen voller Erwerbsminderung von der Deutschen Rentenversicherung (DRV) Bund bis 30.06.2009 iHv brutto 1.580,95 EUR, ab 01.07.2009 iHv monatlich 1.619,05 EUR monatlich. Der Kläger ist seit dem 01.01.2009 in der Krankenversicherung der Rentner (KVdR) pflichtversichert.

Der Kläger erhält des Weiteren monatlich laufende Zahlungen aus einer betrieblicher Altersversorgung (Betriebsrente) iHv 232,57 EUR monatlich. Diesbezüglich setzte die Beklagte zu 1 - auch im Namen der Beklagten zu 2 - mit Bescheid vom 26.11.2008 die Beitragspflicht des Klägers zur GKV und SPV fest. Gegen diesen Bescheid wandte sich der Kläger in der Folgezeit, wobei er ausführte, die laufende Betriebsrente dürfe nicht dem vollen Beitragssatz unterworfen werden; ein Widerspruchsbescheid ist nicht ergangen.

Mit Schreiben vom 15.01.2009 teilte der frühere Arbeitgeber des Klägers den Beklagten mit, der Kläger erhalte zum 31.01.2009 eine Einmalzahlung aus einer betrieblichen Altersversorgung iHv 964,96 EUR. Es handle sich um eine Leistung aus Entgeltumwandlung und Direktzusage des Arbeitgebers.

Die Beklagte zu 1 setzte mit Bescheid vom 17.02.2009 - auch im Namen der Beklagten zu 2 - die monatliche Beitragspflicht des Klägers zur GKV und SPV aus der erhaltenen Einmalzahlung für die Zeit vom 01.02.2009 bis zum 31.01.2019 fest und bestimmte den monatlichen Beitrag zur GKV auf 1,25 EUR und zur SPV auf 0,16 EUR, zusammen mithin 1,41 EUR. Die Beiträge errechneten sich aus einem Betrag von 8,04 EUR monatlich, nämlich der auf zehn Jahre umgerechneten Einmalzahlung. Hiergegen erhob der Kläger am 06.03.2009 Widerspruch. Er führte aus, es handele sich nicht um eine Leistung nach § 229 Abs 1 Satz 3 SGB V, weshalb keine Beitragspflicht in der GKV bzw SPV bestehe; er verwies auf ein beim Bundesverfassungsgericht (BVerfG) anhängiges Verfahren.

Mit Widerspruchsbescheid vom 25.03.2009 wiesen die Beklagten den Widerspruch des Klägers zurück. Das BVerfG habe entschieden, es verstoße nicht gegen Verfassungsrecht, Einmalzahlungen der betrieblichen Altersversorgung ebenso zu verbeitragen wie laufende Zahlungen. Die Beitragserhebung aus betrieblicher Altersversorgung unterbleibe nur, wenn der monatliche Betrag ein Zwanzigstel der monatlichen Bezugsgröße nicht übersteige, dies seien zurzeit 126,00 EUR im Monat. Bei dem Kläger seien jedoch die Einmalzahlung und die weitere, laufende Betriebsrente von 232,57 EUR zu addieren; die Gesamtbezüge überstiegen die Geringfügigkeitsgrenze.

Am 16.04.2009 hat der Kläger beim Sozialgericht Stuttgart (SG) Klage erhoben. Die Einmalzahlung sei keine Leistung nach § 229 Abs 1 Satz 3 SGB V. Es gebe hierzu Klagen des VdK sowie eine Verfassungsbeschwerde. Auch bestehe keine Rechtsgrundlage für den vollen Beitrag auf Betriebsrenten. Die Erhebung des vollen Beitrags auf Betriebsrenten widerspreche dem Gleichheitsprinzip des Art 3 GG sowie Art 12 Abs 1, Art 33 Abs 2 Satz 1 und Art 141 EG-Vertrag.

Mit einem Bescheid vom 24.07.2009 setzte die Beklagte zu 1 - auch im Namen der Beklagten zu 2 - ab dem 01.09.2009 den monatlichen Beitrag zur Krankenversicherung auf 1,20 EUR und den monatlichen Beitrag zur Pflegeversicherung auf 0,16 EUR, zusammen mithin 1,36 EUR, fest.

Das SG hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 12.10.2010 abgewiesen. Soweit sich der Kläger gegen die Erhebung des vollen Beitragssatzes auf seine (laufende) Betriebsrente wende, sei die Klage unzulässig. Denn die Beklagten hätten über diesen Widerspruch noch nicht entschieden. Der Widerspruchsbescheid vom 25.03.2009 verhalte sich zu diesem Komplex nicht. Im Übrigen sei die Klage unbegründet. Die Beklagten hätten die Einmalzahlung des früheren Arbeitgebers aus Direktversicherung nach § 229 Abs 1 Satz 1 Nr 5 SGB V auf zehn Jahre umrechnen und den sich daraus ergebenden Monatsbetrag verbeitragen dürfen. Die seit dem 01.01.2004 geltenden Regelungen seien nicht verfassungswidrig. Die Beklagten hätten auch die monatlichen Beiträge zutreffend berechnet und seien auch nicht gehalten gewesen, den Beitragseinzug wegen Geringfügigkeit nach § 226 Abs 2 SGB V zu unterlassen. Denn unter Zusammenrechnung der aus einer Einmalzahlung errechneten monatlichen Einnahmen (8,04 EUR) und der laufenden Zahlungen der Betriebsrente (232,57 EUR) ergäben "insgesamt" monatliche Versorgungsbezüge iHv 240,61 EUR. Diese lägen über einem Zwanzigstel (126,00 EUR) der monatlichen Bezugsgröße des Jahres 2009.

Gegen den ihm am 14.10.2010 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am Montag, 15.11.2010, beim Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) Berufung eingelegt. Er habe gegen den Bescheid der Beklagten vom 26.11.2008 fristgerecht Widerspruch per Mail als auch per Fax sowie per "Schreiben vom 27.11.2008/persönlich/Einlegelegt". Hierüber hätten die Beklagten bis heute nicht entschieden, das Verfahren sei noch nicht abgeschlossen. Das SG habe darüber hinaus über seinen Antrag gem Art 3 GG sowie Art 12 Abs 1, Art 33 Abs 2 Satz 1 und Art 141 EU-Vertrag nicht entschieden.

Mit einem Bescheid vom 02.02.2011 setzte die Beklagte zu 1 - auch im Namen der Beklagten zu 2 - ab dem 01.01.2011 den monatlichen Beitrag zur Krankenversicherung auf 1,25 EUR und den monatlichen Beitrag zur Pflegeversicherung auf 0,16 EUR, zusammen mithin 1,41 EUR, fest.

Mit Schriftsatz vom 27.01.2011 hat der Kläger auch darauf hingewiesen, dass die Koalition entschieden habe, die Sozialversicherungsfreiheit bei den Betriebsrenten beizubehalten. Auch seien Krankenkassenbeiträge auf eine Betriebsrente und Abfindungen aus betrieblicher Altersversorgung im Einzelfall verfassungswidrig. Das habe das Bundesverfassungsgericht mit Beschluss vom 28.12.2010 (1 BvR 1660/08) entschieden.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 12.10.2010 sowie den Bescheid der Beklagten vom 17.02.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25.03.2009 und die Bescheide vom 24.07.2009 und 02.02.2011 aufzuheben.

Die Beklagten beantragen sinngemäß,

die Berufung des Klägers zurückzuweisen und die Klage gegen den Bescheid vom 02.02.2011 abzuweisen.

Die Beklagten sind der Berufung entgegengetreten und halten die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

Wegen des Inhalts der mündlichen Verhandlung vom 14.02.2012 wird auf Blatt 54 bis 59 der Senatsakte Bezug genommen.

Der Kläger hat mit Schreiben vom 13.03.2012 auf die Kosten der Beitragserhebung hingewiesen und sinngemäß ausgeführt, deshalb seien die Beiträge nach § 76 Abs 2 SGB IV niederzuschlagen.

Der vom Senat befragte GKV-Spitzenverband hat mit Email vom 30.04.2012 auf § 8 der Beitragserhebungsgrundsätze hingewiesen aber betont, diese Regelung betreffe nur geschlossene Beitragskonten, für offene Beitragskonten gebe es keine Entscheidung nach § 217f Abs 3 SGB V. Wegen der Stellungnahme des GKV-Spitzenverbandes wird auf Blatt 79 bis 90 der Senatsakte Bezug genommen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Akte des Senats sowie die beigezogenen Akten des SG und der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers ist gemäß §§ 143, 144, 151 Abs 1 SGG statthaft und zulässig, aber unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen, denn der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 17.02.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25.03.2009 und der Bescheid vom 24.07.2009 sind nicht rechtswidrig, der Kläger wird nicht in seinen Rechten verletzt. Auch der Bescheid der Beklagten vom 02.02.2011 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.

Streitgegenstand der isolierten Anfechtungsklage des Klägers (§ 54 Abs 1 SGG) ist zunächst der Bescheid der beiden Beklagten vom 17.02.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25.03.2009, mit dem die Beklagten über die Beitragspflicht des Klägers zur GKV und SPV für den Zeitraum vom 01.02.2009 bis zum 31.01.2019 aus der als Einmalzahlung geleisteten betrieblichen Altersversorgung in Form einer Direktversicherung entschieden und den jeweils zu zahlenden monatlichen Beitrag festgesetzt haben. Des Weiteren ist gemäß § 96 SGG der Bescheid der Beklagten vom 24.07.2009 Gegenstand des Klageverfahrens vor dem SG geworden, denn er hat den ursprünglich angefochtenen Bescheid hinsichtlich der Beitragsfestsetzung für die Zeit ab 01.09.2009 ersetzt. Darüber hinaus ist der Bescheid der Beklagten vom 02.02.2011 Gegenstand des vor dem LSG anhängigen Verfahrens geworden (§§ 153 Abs 1, 96 SGG), denn dieser Bescheid hat die vorherigen streitgegenständlichen Bescheide hinsichtlich der Beitragsfestsetzung für die Zeit ab dem 01.01.2011 ersetzt; hierüber hat der Senat erstinstanzlich auf Klage zu entscheiden.

Gegenstand des Verfahrens ist dagegen nicht der Bescheid der Beklagten vom 26.11.2008, mit dem die Beklagten die Beitragspflicht des Klägers aus der laufenden betrieblichen Altersversorgung (232,57 EUR) feststellten. Denn der vorliegend mit Klage angefochtene Widerspruchsbescheid vom 25.03.2009 und auch die später ergangenen Beitragsbescheide vom 24.07.2009 und 02.02.2011 erfassen diese Entscheidung weder ausdrücklich noch nach ihrem Sinn. Allein daraus, dass auch der Bescheid vom 17.02.2009 und der Widerspruchsbescheid vom 25.03.2009 Beitragsfragen - wenn auch aufgrund eines anderen Einkommens - betreffen, kann nicht abgeleitet werden, dass insoweit - über den Wortlaut des angefochtenen Bescheids bzw Widerspruchsbescheids hinaus - auch über die mit Bescheid vom 26.11.2008 geregelten Fragen entscheiden und dieser damit iSd § 86 bzw § 96 SGG geändert bzw ersetzt worden wäre. Zwar mag sich der Kläger gegen den Bescheid vom 26.11.2008 gewandt haben - die Zulässigkeit eines solchen Widerspruchs kann vorliegend offen bleiben -, doch haben die Beklagten hierüber bisher keine Entscheidung getroffen, und wollten dies auch nicht. Der Kläger hat insoweit zwar in seinem Klage- und Berufungsvorbringen vorgetragen, die volle Beitragspflicht auf Betriebsrenten sei verfassungswidrig, doch hat er damit keine - mangels Vorverfahren (§ 78 SGG) unzulässige - Klage erhoben, sondern nur sein Vorbringen gegen den Bescheid der Beklagten vom 17.02.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25.03.2009 untermauert (vgl auch Hinweis des Vorsitzenden im Schreiben vom 27.12.2010). Dies wird auch dadurch deutlich, dass der Kläger in seiner Klage ausschließlich auf den "Bescheid vom 25.03.2009" Bezug genommen hat. Damit war das Klageverfahren auch nicht zur Durchführung des noch gegen den Bescheid vom 26.11.2008 offenen Widerspruchsverfahrens auszusetzen.

Der Umfang der Beitragspflicht beurteilt sich nach dem Versichertenstatus in dem Zeitpunkt, für den Beiträge erhoben werden, vorliegend für die Zeit ab dem 01.02.2009.

Der Kläger ist seit 01.01.2009 versicherungspflichtiges Mitglied der Beklagten zu 1 (§ 5 Abs 1 Nr 11 SGB V); er war mindestens neun Zehntel der zweiten Hälfte der Zeit seit der erstmaligen Aufnahme einer Erwerbstätigkeit Mitglied einer Krankenkasse der GKV oder nach § 10 versichert. Die Mitgliedschaft hat gemäß § 186 Abs 9 SGB V am 01.01.2009 begonnen.

Nach § 220 Abs 1 SGB V sind die Mittel der GKV durch Beiträge und sonstige Einnahmen aufzubringen. Die Beiträge sind gemäß § 223 Abs 1 SGB V für jeden Kalendertag der Mitgliedschaft zu zahlen, soweit das SGB V nichts Abweichendes bestimmt; § 225 SGB V befreit den Kläger nicht von der Beitragspflicht, da er bereits seit 01.01.2009 eine Rente bezieht. Gemäß § 223 Abs 2 Satz 1 SGB V werden die Beiträge nach den beitragspflichtigen Einnahmen der Mitglieder bemessen. Hierzu enthält § 237 SGB V in der seit 01.01.1989 geltenden Fassung für versicherungspflichtige Rentner nähere Bestimmungen: "Bei versicherungspflichtigen Rentnern werden der Beitragsbemessung zugrunde gelegt (1.) der Zahlbetrag der Rente der gesetzlichen Rentenversicherung, (2.) der Zahlbetrag der der Rente vergleichbaren Einnahmen und (3.) das Arbeitseinkommen. § 226 Abs. 2 und die §§ 228, 229 und 231 gelten entsprechend.".

Dadurch, dass § 237 SGB V die Regelung des § 229 SGB V für entsprechend anwendbar erklärt, unterliegen auch die dort genannten Einnahmen (Versorgungsbezüge) der Beitragspflicht selbst dann, wenn diese neben einer Rente iSd § 237 Satz 1 SGB V geleistet werden. Als Versorgungsbezüge gelten, soweit sie - wie hier die Einmalzahlung des Arbeitgebers an den Kläger - wegen einer Einschränkung der Erwerbsfähigkeit oder zur Alters- oder Hinterbliebenenversorgung erzielt werden, Renten der betrieblichen Altersversorgung (vgl § 229 Abs 1 Satz 1 Nr 5 SGB V). Tritt an die Stelle der Versorgungsbezüge eine nicht regelmäßig wiederkehrende Leistung oder ist eine solche Leistung vor Eintritt des Versicherungsfalls vereinbart oder zugesagt worden, gilt ein Hundertzwanzigstel der Leistung als monatlicher Zahlbetrag der Versorgungsbezüge, längstens jedoch für 120 Monate (§ 229 Abs 1 Satz 3 SGB V). Nach § 226 Abs 2 SGB V sind jedoch die nach den §§ 226 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB V zu bemessenden Beiträge nur zu entrichten, wenn diese monatlichen beitragspflichtigen Einnahmen insgesamt ein Zwanzigstel der monatlichen Bezugsgröße nach § 18 SGB IV übersteigen.

Der Kläger hat seitens der für ihn bei seinem früheren Arbeitgeber geführten betrieblichen Altersversorgung zum 31.01.2009 einen Kapitalbetrag von 964,96 EUR aus dem Alcatel-Lucent Vorsorge Konto erhalten, und zwar als Zahlung der betrieblichen Altersversorgung, die in Form der Direktversicherung geführt wurde. Dies hat der Arbeitgeber gegenüber der Beklagten bestätigt (vgl Mitteilung vom 15.01.2009). Ein Hundertzwanzigstel dieser Leistung waren, wie in dem Bescheid vom 17.02.2009 zutreffend dargelegt, 8,04 EUR.

Bei dieser dem Kläger ausgezahlten einmaligen Kapitalleistung aus der betrieblichen Altersvorsorge handelt es sich um einen Versorgungsbezug im Sinne des § 229 Abs 1 Satz 1 Nr 5 SGB V, der gemäß bzw entsprechend § 237 Satz 2 SGB V der Beitragsbemessung ab 01.02.2009 zugrunde zu legen ist. Zu den Renten der betrieblichen Altersversorgung iSd § 229 Abs 1 Satz 1 Nr 5 SGB V gehören auch Renten, die aus einer vom Arbeitgeber für den Arbeitnehmer abgeschlossenen Direktversicherung im Sinne des § 1 Abs 2 Gesetz zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung (BetrAVG) gezahlt werden. Um eine solche Direktversicherung handelt es sich, wenn für die betriebliche Altersversorgung eine Lebensversicherung auf das Leben des Arbeitnehmers durch den Arbeitgeber abgeschlossen wird und der Arbeitnehmer oder seine Hinterbliebenen hinsichtlich der Leistung des Versicherers ganz oder teilweise bezugsberechtigt sind. Sie ist dann der betrieblichen Altersversorgung zuzurechnen, wenn sie die Versorgung des Arbeitnehmers oder seiner Hinterbliebenen im Alter, bei Invalidität oder Tod bezweckt, also der Sicherung des Lebensstandards nach dem Ausscheiden des Arbeitnehmers aus dem Erwerbsleben dienen soll (vgl Entscheidung des Senats vom 01.03.2011, L 11 KR 2421/09, juris). Dieser Versorgungszweck kann sich auch aus der vereinbarten Laufzeit ergeben. Unerheblich ist, ob der Abschluss nach Auffassung aller Beteiligten allein zur Ausnutzung der steuerlich anerkannten und begünstigten Gestaltungsmöglichkeiten der betrieblichen Altersversorgung erfolgt (LSG aaO). Der hinreichende Zusammenhang zwischen dem Erwerb der Leistungen aus der Lebensversicherung und der Berufstätigkeit des Arbeitnehmers für die Qualifizierung als beitragspflichtige Einnahme der betrieblichen Altersversorgung ist bei einer solchen für die betriebliche Altersversorgung typischen Versicherungsart der Direktversicherung gegeben (BSG, 13.09.2006, B 12 KR 5/06 R, SozR 4-2500 § 229 Nr 4; weiterführend BSG, 12.11.2008, B 12 KR 9/08 R, B 12 KR 9/08 R und 10/08 R, jeweils juris). Bei der vorliegenden betrieblichen Altersvorsorge handelt es sich um eine derartige Direktversicherung. Dies konnte der Senat aufgrund der Mittelung des Arbeitgebers vom 15.01.2009 feststellen. Nachdem der Kläger die Versicherungsleistung als einmalige Kapitalzahlung - mithin also nicht als laufende bzw regelmäßig wiederkehrende, sondern als eine nicht regelmäßig wiederkehrende Leistung - erhalten hat, ist diese Kapitalzahlung nach § 229 Abs 1 Satz 3 SGB V über einen Zeitraum von 120 Monaten der Beitragsbemessung jeweils iHv 1/120 zugrunde zu legen; mithin für den Zeitraum vom 01.02.2009 bis zum 31.01.2019 mit einem monatlichen Betrag von 8,04 EUR. Dies hat die Beklagte zu 1 zutreffend errechnet.

Die Verbeitragung von Kapitalzahlungen der betrieblichen Altersversorgung (einmaliger Versorgungsbezug) verstößt nach Überzeugung des Senats nicht gegen Verfassungsrecht (vgl LSG aaO). Der Senat schließt sich insofern nach eigener Prüfung der ständigen Rechtsprechung des BSG (zuletzt Urteile vom 12.11.2008, B 12 KR 6/08 R, B 12 KR 9/08 R und B 12 KR 10/08 R - jeweils mwN) und des BVerfG (Beschlüsse vom 04.04.2008, 1 BvR 1924/07, vom 06.09.2010, 1 BvR 739/08, jeweils veröffentlicht in juris) an. Eine verfassungswidrige Ungleichbehandlung des Klägers liegt ebenso wenig vor (vgl LSG aaO) wie eine Verletzung des Eigentumsrechts (Art 14 GG). Auch aus der vom Kläger zitierten Entscheidung des BVerfG vom 28.09.2010 (1 BvR 1660/08, SozR 4-2500 § 229 Nr 11 = juris) ergibt sich für den vorliegenden Fall nichts anderes. In dieser Entscheidung hat das BVerfG nochmals ausgeführt, dass § 229 Abs 1 Satz 3 SGB V in der Fassung des Art 1 Nr. 143 GKV-Modernisierungsgesetzes vom 14.11.2003 (BGBl I Seite 2190) auch nicht gegen Art 2 Abs 1 GG iVm dem rechtsstaatlichen Grundsatz des Vertrauensschutzes verstößt. Jedoch hat das BVerfG ausgeführt: "Die vom Bundessozialgericht bei der Auslegung von § 229 Abs 1 Nr. 5 SGB V vorgenommene Typisierung ist mit Art 3 Abs. 1 GG unvereinbar, soweit sie dazu führt, dass Zahlungen aus Beiträgen, die der Versicherte nach Ende seines Arbeitsverhältnisses auf einen auf ihn als Versicherungsnehmer laufenden Kapitallebensversicherungsvertrag eingezahlt hat, als betriebliche Altersversorgung zu Beiträgen zur Krankenversicherung der Rentner herangezogen werden, obwohl der Gesetzgeber Erträge aus privaten Lebensversicherungen pflichtversicherter Rentner keiner Beitragspflicht unterwirft." Soweit auch Kapitalleistungen, die auf Beiträgen beruhen, die ein Arbeitnehmer nach Beendigung seiner Erwerbstätigkeit auf den Lebensversicherungsvertrag unter Einrücken in die Stellung des Versicherungsnehmers eingezahlt hat, der Beitragspflicht nach § 229 SGB V unterworfen werden, überschreitet dies die Grenzen zulässiger Typisierung, weil sie sich dann nicht mehr von Leistungen aus privaten Lebensversicherungen von Arbeitnehmern unterscheiden, welche nicht der Beitragspflicht unterliegen (BVerfG aaO). Soweit das BVerfG also die in § 229 Abs 1 Satz 1 Nr 5 SGB V bestimmte Typisierung für verfassungswidrig hält, gilt dies nur, soweit die Altersvorsorgeleistungen auf Beiträgen beruhen, die der Arbeitnehmer selbst für Zeiten gezahlt hat, in denen nicht mehr der Arbeitgeber, sondern der Arbeitnehmer selbst Versicherungsnehmer war. Maßgeblich ist insoweit, ob eine Wechsel des Versicherungsnehmereigenschaft vom Arbeitgeber auf den Arbeitnehmer erfolgt ist. Nachdem vorliegend weder ein Wechsel der Versicherungsnehmereigenschaft vom Arbeitgeber auf den Kläger festgestellt werden konnte - auch der Kläger hat hierzu nichts vorgetragen - , noch dass der Kläger als Versicherungsnehmer Beiträge zur Fortführung der betrieblichen Altersvorsorge für Zeiten nach einem Ausscheiden des Arbeitgebers aus der Versichertennehmereigenschaft gezahlt hat, kann die Entscheidung des BVerfG vom 28.09.2010 vorliegend eine Verfassungswidrigkeit der Beitragserhebung nicht begründen. Denn gerade für den hier vorliegenden Fall, dass die Altersvorsorge ausschließlich und bis zuletzt auf einer Versicherung beruht, deren Versicherungsnehmer alleine der Arbeitgeber war, hat das BVerfG die Vorschrift des § 229 Abs 1 Satz 1 Nr 5 SGB V nicht für verfassungswidrig gehalten.

Auch die vom Kläger genannten "Art 12 Abs 1, Art 33 Abs 2 Satz 1 und Art 141 EU-Vertrag" sind - soweit er Regelungen des Vertrages über die Europäische Union meint - weder einschlägig, noch verletzt. Die Regelungen des Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft (EG-Vertrag) sind mit Inkrafttreten des Lissabon-Vertrags zum 01.12.2009 in "Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union" umbenannt worden und haben eine neue Artikelabfolge erhalten. Soweit der Kläger insoweit die Regelungen des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) oder der Charta der Grundrechte der Europäischen Union meint, sind auch diese weder einschlägig, noch verletzt.

Damit hat der Kläger die zum 31.01.2009 bezogene Kapitalleistung iHv 964,96 EUR für die Zeit vom 01.02.2009 bis zum 31.01.2019 monatlich zu 1/120, mithin iHv 8,04 EUR, der Beitragsbemessung zugrunde zu legen.

Ein Absehen von der Beitragserhebung iSd § 237 Satz 2 SGB V iVm § 226 Abs 2 SGB V ist vorliegend nicht möglich, denn die vom Kläger bezogenen Versorgungsbezüge in Form einer monatlich gezahlten, laufenden Vorsorgeleistung durch den Arbeitgeber iHv 232,57 EUR und die nach § 237 Satz 2 iVm § 292 Abs 1 Satz 1 Nr 5, Satz 3 SGB V monatlich zu berücksichtigenden Einkünfte aus der einmalig vom Arbeitgeber gezahlten Kapitalabfindung (monatlich 8,04 EUR) sind zusammen zu rechnen. Mehrere Versorgungsbezüge sind zusammen zu rechnen (Baier in Krauskopf, Gesetzliche Krankenversicherung - Pflegeversicherung, § 226 SGB V Rdnr 13; Fischer in juris-PK SGB V, § 226 Rdnr 54; Peters in Kassler Kommentar, § 226 SGB V Rdnr 19). Insoweit wird schon im Wortlaut der Vorschrift deutlich ("insgesamt"), dass eine gesonderte Betrachtung der einzelnen Einkommensarten nicht erfolgen soll. Nur dann, wenn die Grenze bei Addition sämtlicher Einnahmen nicht überschritten wird, sind die Einnahmen beitragsfrei (Fischer aaO). Wird bei Addition der Einkommen die Mindestgrenze dagegen überschritten, sind Beiträge aus den gesamten Versorgungsbezügen und Arbeitseinkommen zu entrichten (Fischer aaO); das gilt selbst dann, wenn einzelne in die Addition einzustellende Versorgungsbezüge für sich genommen, die Mindestgrenze des § 226 Abs 2 SGB V nicht überschreiten.

Die maßgebliche Mindestgrenze betrug im Jahr 2009 monatlich 2.520,00 EUR, im Jahr 2010 und 2011 jeweils monatlich 2.555,00 EUR und beträgt im Jahr 2012 monatlich 2.625,00 EUR; ein Zwanzigstel betrug 126,00 EUR im Jahr 2009, 127,75 EUR in den Jahren 2010 und 2011 sowie 131,25 EUR im Jahr 2012. Mit seinen monatlichen Einkünften aus Versorgungsbezügen iSd § 229 Abs 1 Satz 1 und Satz 3 SGB V iHv (232,57 EUR zuzüglich 8,04 EUR) zusammen 240,61 EUR überschritt der Kläger seit 01.02.2007 jeweils die Mindestgrenze des § 226 Abs 2 SGB V.

Die Beklagte zu 1 hat - unter Berücksichtigung des maßgeblichen Beitragssatzes (für 2009: 14,6 vH zuzüglich 0,9 vH) - daher die seit 01.02.2009 monatlich vom Kläger zu zahlenden Beiträge zur GKV iHv 1,25 zutreffend festgesetzt. Diesen Beitrag hat der Kläger zu tragen (§ 250 Abs 1 SGB V) und zu zahlen (§ 252 Abs 1 SGB V). Gleiches gilt für die von der Beklagten zu 1 für die Zeit ab 01.09.2009 (maßgeblicher Beitragssatz: 14,9 vH inkl 0,9 vH Zusatzbeitrag) und 01.01.2011 (maßgeblicher allgemeiner Beitragssatz: 15,5 vH) festgesetzten Beiträge iHv monatlich 1,20 EUR bzw 1,25 EUR.

Der Kläger, der seit 01.01.2009 versicherungspflichtiges Mitglied der Beklagten zu 2 ist (§ 20 Abs 1 Nr 11 SGB XI, zum Beginn der Mitgliedschaft vgl § 49 Abs 1 SGB XI), hat aber auch in der SPV aus der Kapitalabfindung Beiträge zu zahlen. Denn bei Mitgliedern der Pflegekasse, die in der GKV pflichtversichert sind, gelten nach § § 57 Abs 1 SGB XI für die Beitragsbemessung die §§ 226 bis 238 und § 244 SGB V, vorliegend also die §§ 237, 229 Abs 1 Satz 1 Nr 5, Satz 3, § 226 Abs 2 SGB V. Damit betragen seit 01.02.2009 die beitragspflichtigen Einnahmen des Klägers aus der vom Arbeitgeber zum 31.01.2009 geleisteten Kapitalabfindung in der Zeit vom 01.02.2009 bis zum 31.01.2019 monatlich 8,04 EUR. Der Beitragssatz beträgt beim Kläger, der Kinder hat, 1,95 vH (§ 55 Abs 1 SGB XI). Der Kläger hat daher den monatlichen SPV-Beitrag iHv 0,16 EUR seit 01.02.2009 zu tragen (§ 59 Abs 1 SGB XI iVm § 250 SGB V) und zu zahlen (§ 60 SGB XI). Gleiches gilt für die von der Beklagten zu 2 für die Zeit ab 01.09.2009 und 01.01.2011 festgesetzten Beiträge iHv monatlich jeweils 0,16 EUR.

Dem Senat ist es auch verwehrt unter Berufung auf § 8 der vom GKV-Spitzenverband aufgrund von § 217f Abs 3 SGB V mit Wirkung auch gegenüber den Beklagten erlassenen "Einheitlichen Grundsätzen zur Erhebung von Beiträgen, zur Stundung, zur Niederschlagung und zum Erlass sowie zum Vergleich von Beitragsansprüchen (Beitragserhebungsgrundsätze)" vom 17.02.2010 (veröffentlicht in Die Beiträge 2010, 568-571), die gegenüber dem Kläger bestehende Beitragsforderung niederzuschlagen. Denn insoweit gestattet die Vorschrift nur die Niederschlagung geschlossener Beitragskonten durch die Krankenkasse selbst. Da der Kläger laufend monatliche Beiträge zu zahlen hat, deshalb noch im laufenden Beitragsverfahren ist, kommt eine Niederschlagung der Beiträge nach § 8 der Beitragserhebungsgrundsätze schon deshalb nicht in Betracht. Im Übrigen setzt eine befristete (§ 6 der Beitragserhebungsgrundsätze) oder unbefristete (§§ 7, 8 der Beitragserhebungsgrundsätze) Niederschlagung (insbesondere eine Niederschlagung nach § 7 Abs 3 Nr 3 der Beitragserhebungsgrundsätze, nämlich wenn anzunehmen ist, dass die Kosten der Einziehung außer Verhältnis zur Höhe des Beitragsanspruchs stehen, könnte überlegt werden), eine Niederschlagung der Beitragsforderung nach § 76 Abs 2 Nr 2 SGB IV oder ein Erlass der Beitragsforderung nach § 9 der Beitragserhebungsgrundsätze oder § 76 Abs 2 Nr 3 SGB IV aber voraus, dass die Beitragsforderung bestandskräftig festgestellt ist und die Beklagten des Weiteren eine in deren pflichtgemäßem Ermessen (§ 39 SGB I) stehende Entscheidung über die Niederschlagung bzw den Erlass der Beitragsforderung getroffen haben. Eine solche Entscheidung der Beklagten ist vorliegend aber bislang nicht ergangen. Auch daraus, dass die Beklagten einen auf Erlass einer solchen Entscheidung gerichteten Vergleich (vgl die mündliche Verhandlung vom 14.02.2012) wirksam widerrufen haben, folgt nicht, dass diese eine solche Entscheidung bereits getroffen hätten. Daher konnte auch der Senat im vorliegenden Verfahren nicht darüber befinden, ob die Voraussetzungen einer Niederschlagung bzw eines Erlasses iSd Regelungen der Beitragserhebungsgrundsätze bzw des § 76 Abs 2 SGB IV vorgelegen haben und die Beklagten das ihnen jeweils zustehende Ermessen pflichtgemäß ausgeübt haben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Dabei hat der Senat im Rahmen seines Ermessens insbesondere berücksichtigt, dass der Kläger in beiden Instanzen ohne Erfolg geblieben ist.

Die Revision wird nicht zugelassen, da Gründe für die Zulassung nicht vorliegen (§ 160 Nr 1 und 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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