L 16 RJ 569/00

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
16
1. Instanz
SG Landshut (FSB)
Aktenzeichen
S 12 RJ 749/99 A
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 16 RJ 569/00
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 13 RJ 103/02 B
Datum
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 23.02.2000 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitgegenstand ist die Gewährung von Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit ab Antragstellung am 13.10.1997.

Der am 1944 geborene Kläger ist kroatischer Staatsangehöriger mit Wohnsitz in seinem Heimatland. Nach einem vierjährigen Schulbesuch hat er zunächst in der Landwirtschaft und auf dem Bau gearbeitet. Im Anschluss an eine Beschäftigung als Bauarbeiter in Österreich war er von Februar 1969 bis Mai 1975 und wieder von April bis August 1993 in Deutschland versicherungspflichtig beschäftigt. In Kroatien, wo er zuletzt bis September 1997 als Hafenarbeiter tätig war, erhält er seit 01.10.1997 kroatische Pen- sion.

Laut eigenen Angaben war der Kläger in Deutschland als Bauarbeiter bzw. Maurer bzw. Eisenflechter tätig. Der letzte Arbeitgeber, die Firma I. GmbH teilte auf Anfrage mit, es seien keine Unterlagen oder Mitarbeiter vorhanden, die etwas über die Qualität der Arbeit des Klägers aussagen könnten. Frühere Arbeitgeber waren nicht zu ermitteln. 1974 besaß der Kläger eine Arbeitserlaubnis für eine Tätigkeit als Fuger.

Zusammen mit dem Rentenantrag vom 13.10.1997 wurde das Gutachten der kroatischen Invalidenkommission vom 08.09.1998 übersandt. Nach Auswertung zahlreicher Fremdbefunde diagnostizierten die Ärzte arterielle Hypertonie, Reduktion der kardiovaskulären Kapazität um 50 %, mittelgradige obstruktive ventilatorische Insuffizienz, Wirbelsäulensyndrom, Leberläsion, Depression und hielten den Kläger als Bauarbeiter für nicht einsatzfähig. Der von der Beklagten zugezogene Arzt hielt leichte Tätigkeiten ohne überwiegend einseitige Körperhaltung, ohne besonderen Zeitdruck, ohne Einwirkung von Atemreizstoffen zu ebener Erde für vollschichtig zumutbar. Dementsprechend wurde der Rentenantrag am 01.12.1998 abgelehnt.

Im Widerspruchsverfahren legte der Kläger ein Attest des Ärztehauses in P. vom 03.02.1999 vor, wonach dem Kläger Rente zusteht. Nach Einholung einer sozialmedizinischen Stellungnahme wurde der Widerspruch am 15.04.1999 zurückgewiesen.

Im Rahmen des am 14.06.1999 eingeleiteten Klageverfahrens veranlasste das Sozialgericht fachärztliche Untersuchungen. Dabei fand der Orthopäde Dr.S. abgesehen von einem akuten Gichtanfall keine wesentlichen Gesundheitsstörungen. Der Neurologe und Psychiater Dr.R. beschrieb ein leichtes depressives Syndrom und hielt das Anpassungs- und Umstellungsvermögen für ausreichend. Intern wurde bis auf eine akute Ergussbildung im linken Knie- und Sprunggelenk und in der linken Großzehe bei harnsaurer Diathese kein gravierender Befund erhoben. Der Internist Dr.P. schrieb in seinem Gutachten vom 21.02.2000, unter Berücksichtigung der beiden anderen fachärztlichen Gutachten seien leichte Arbeiten in wechselnder Körperhaltung überwiegend in geschlossenen Räumen, ohne Akkord- und Schichtdienst und ohne Anforderung an eine besondere Standsicherheit vollschichtig zumutbar. Gestützt hierauf wies das Sozialgericht die Klage am 23.02.2000 ab.

Gegen das am 24.07.2000 zugestellte Urteil legte der Kläger am 09.10.2000 Berufung ein und machte geltend, zu 100 % Invalide zu sein. Im Auftrag des Gerichts erstellte die Ärztin für Psychiatrie Dr.M. am 20.07.2001 nach ambulanter Untersuchung ein Gutachten. Darin heißt es, der Kläger leide an einer Dysthymie, Spannungskopfschmerzen und wirbelsäulenabhängigen Beschwerden. Sie äußerte den Verdacht auf eine somatoforme Schmerzstörung und hielt leichte Arbeiten ohne besondere Anforderungen an die nervliche Belastbarkeit und an das Verantwortungsbewusstsein, ohne Zeitdruck und ohne Nachtschicht für vollschichtig zumutbar. Die Umstellung gelinge nur auf geistig einfachste Tätigkeiten. Ein weiteres Gutachten wurde von dem Orthopäden Dr.Z. am 22.09.2001 ebenfalls nach ambulanter Untersuchung im Auftrag des Gerichts verfasst. Der Sachverständige stellte arthrotische Veränderungen am linken Knie und am linken Sprunggelenk, Veränderungen an Hals- und Lendenwirbelsäule und ein Impingementsyndrom an beiden Schultern fest. Er hielt leichte Arbeiten nicht ausschließlich im Sitzen und nicht ausschließlich im Stehen ohne häufiges Bücken für vollschichtig zumutbar. Die Wegefähigkeit schätzte er auf 500 bis 1.000 m.

Der weitere Sachverständige und Internist Dr.E. bestätigte eine Hyperurikämie mit rezidivierenden Arthritiden, äußerte den Verdacht auf arteriellen Hypertonus leichten Grades bei Adipositas vom Grad II und beschrieb eine unklare abdominelle Symptomatik. Unter Berücksichtigung aller drei Fachgebiete bejahte er in seinem Gutachten vom 08.10.2001 ein vollschichtiges Leistungsvermögen für leichte körperliche Tätigkeiten ohne besondere Anforderungen an die nervliche Belastbarkeit, ohne Zeitdruck, ohne Nachtschicht und ohne Heben und Tragen von Lasten über 10 kg. Tätigkeiten dauerhaft im Sitzen oder Stehen und mit häufigem Bücken hielt er für ausgeschlossen.

Die Gutachten wurden dem Kläger am 15.10.2001. zur Stellungnahme übersandt.

Die Beklagte äußerte sich zu den Gutachten nach Einholung einer sozialmedizinischen Stellungnahme zustimmend.

Der Kläger beantragt sinngemäß, das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 23.02.2000 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 01.12.1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15.04.1999 zu verurteilen, ab 01.11.1997 Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, hilfsweise wegen Berufsunfähigkeit zu gewähren.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Einen Anspruch auf Versichertenrente nach dem deutsch-österreichischen Sozialversicherungsabkommen hat die LVA Oberbayern mit Bescheid vom 12.12.2000 mangels versicherungsrechtlicher Voraussetzungen abgelehnt.

Der österreichische Sozialversicherungsträger hat eine Rentengewährung am 25.01.1999 mangels Erwerbsunfähigkeit abgelehnt.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der Beklagtenakten, der Klageakten des Sozialgerichts Landshut sowie der Berufungsakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die statthafte, form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig, erweist sich jedoch als unbegründet. Das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 23.02.2000 ist ebensowenig zu beanstanden wie der Bescheid der Beklagten vom 01.12.1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15.04.1999. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsunfähigkeit oder Berufsunfähigkeit.

Streitgegenstand ist allein ein Anspruch nach dem deutsch-jugoslawischen Sozialversicherungsabkommen bzw. dem am 01.12.1998 in Kraft getretenen Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Kroatien über soziale Sicherheit vom 24.11.1997 (BGBl.1998 II S.2034). Streitgegenstand ist nicht der Anspruch gegenüber der LVA Oberbayern, deren Bescheid vom 12.12.2000 offensichtlich nicht angegriffen worden ist und dessen Rechtmäßigkeit sich nach der ab 01.10.1998 in Kraft getretenen EWG-Verordnung 1408/71 beurteilt (Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Österreich über soziale Sicherheit vom 04.10.1995 in BGBl.1998 II S.313). In Art.2 Abs.2 des Abkommens heißt es, dass für den Fall, dass die Voraussetzungen für die Anwendung auch eines anderen Abkommens erfüllt sind, der deutsche Träger bei Anwendung des Abkommens das andere Abkommen unberücksichtigt lässt. Diese Regelung entspricht im Kern der in der EWG-Verordnung enthaltenen Aussage, dass Abkommen eines Mitgliedsstaates mit einem Drittstaat sachlich keinerlei Wirkung in Verbindung mit dem EG-Sozialrecht entfalten (Eichenhofer in Kommentar zum europäischen Sozialrecht, 2. Auflage, S.88). Auch heißt es in Art.2 Abs.2 des deutsch-kroatischen Sozialversicherungsabkommens, dass der Träger eines Vertragsstaates bei Anwendung des Abkommens mögliche andere Abkommen oder überstaatliche Regelungen unberücksichtigt lässt. Gemäß § 43 SGB VI in der bis 31.12.2000 maßgebenden Fassung haben Versicherte Anspruch auf Rente wegen Berufsunfähigkeit, wenn sie berufsunfähig sind, in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Berufsunfähigkeit drei Jahre Pflichtbeitragszeiten haben und vor Eintritt der Berufsunfähigkeit die allgemeine Wartezeit erfüllt haben. Berufsunfähig ist ein Versicherter, dessen Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung auf weniger als die Hälfte derjenigen eines körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten herabgesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die seinen Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihm unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs seiner Ausbildung sowie seines bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen seiner bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Die soziale Zumutbarkeit einer Verweisungstätigkeit beurteilt sich nach der sozialen Wertigkeit des bisherigen Berufs. Um diese zu beurteilen, hat das Bundessozialgericht die Berufe der Versicherten in Gruppen eingeteilt. Ausgehend von der Bedeutung, die Dauer und Umfang der Ausbildung für die Qualität eines Berufes haben, werden die Gruppen durch den Leitberuf des Vorarbeiters mit Vorgesetztenfunktion bzw. des besonders hoch qualifizierten Facharbeiters, des Facharbeiters, des angelernten Arbeiters und des ungelernten Arbeiters charakterisiert (vgl. BSGE in SozR 2200 § 1246 Nr.138 und Nr.140). Ausschlaggebend für die Einordnung eines bestimmten Berufes in dieses Mehrstufenschema ist die Qualität der verrichteten Arbeit. Dabei ist allein auf das Erwerbsleben in der Bundesrepublik abzustellen. Dem Versicherten ist die Verweisung auf die im Vergleich zu seinem bisherigen Beruf nächstniedrigere Gruppe zumutbar (ständige Rechtsprechung u.a. in SozR 3-2200 § 1246 RVO Nr.5). Der Kläger ist allenfalls als Angelernter des unteren Bereichs einzustufen. Er hat keinen Beruf erlernt und war ca. sechs Jahre als Bauarbeiter tätig. Seine erstmals im Berufungsverfahren gegenüber den Sachverständigen vorgetragene Behauptung, als Maurer bzw. Eisenflechter tätig gewesen zu sein, ließ sich nicht beweisen. Entweder waren die Arbeitgeber nicht zu ermitteln oder sie verfügen aus dem strittigen Zeitraum über keine Unterlagen bzw. Zeugen mehr. Aus der Bezeichnung des Klägers als Fuger in der Arbeitserlaubnis von 1974 kann lediglich auf eine angelernte Tätigkeit, nicht hingegen auf eine besonders hoch qualifizierte angelernte Tätigkeit geschlossen werden. Als Angelernter der unteren Stufe kann der Kläger daher auf alle Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts verwiesen werden.

Das beim Kläger vorhandene Restleistungsvermögen reicht auch aus, derartige Tätigkeiten vollschichtig zu verrichten. Mit dieser Beurteilung stützt sich der Senat auf die Ausführungen der gerichtlich bestellten Sachverständigen M. , Z. und E. , die den Kläger persönlich untersucht und ihre Einschätzung schlüssig begründet haben. Sie haben die im Verwaltungsverfahren beigebrachten medizinischen Unterlagen sorgfältig gewürdigt und die Auswirkungen der Gesundheitsstörungen auf das allgemeine Erwerbsleben nachvollziehbar dargestellt. Sie befinden sich in Übereinstimmung mit den Doktoren P. , S. und R. , die den Kläger im Auftrag des Sozialgerichts Landshut ebenfalls ambulant untersucht haben und gleichfalls ein vollschichtiges Leistungsvermögen bejaht haben. Entscheidend ist, dass der Begriff der Berufsunfähigkeit ebenso wie der der Erwerbsunfähigkeit allein nach den deutschen Rechtsvorschriften und entsprechend den hier entwickelten sozialmedizinischen Grundsätzen festzustellen ist. Im Übrigen hat die Invalidenkommission in P. ausdrücklich nur die Einsatzfähigkeit als Bauarbeiter verneint. Die Frage nach der Einsatzfähigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt blieb unbeantwortet. Einwände gegen die im Berufungsverfahren eingeholten Gutachten sind vom Kläger nicht erhoben worden.

Im Vordergrund des Beschwerdezustands stehen Veränderungen am Stütz- und Bewegungsapparat. Feststellbar waren degenerative Veränderungen des Kniegelenks links, beider Sprunggelenke und beider Schultergelenke mit einer endgradigen Funktionsminderung. Die Veränderungen an der Wirbelsäule sind ebenfalls degenerativer Natur und mit einer angeborenen lumbosakralen Übergangsstörung verbunden. Eine Wurzelschädigung konnte nicht nachgewiesen werden. Während Dr.M. sensible Nervenwurzelreizerscheinungen bejahte, konnte der Orthopäde die Minderung der Sensibilität im gesamten rechten Bein nicht dermatomtypisch zuordnen. Die Motorik an den unteren Extremitäten war aufgrund einer Dramatisierungstendenz des Klägers nicht prüfbar. Zweifellos sind mit den degenerativen Veränderungen am gesamten Bewegungsapparat qualitative Leistungseinschränkungen verbunden. In Übereinstimmung mit den Gutachtern in Kroatien hielt Dr.Z. besondere Anforderungen an die Steh- und Gehfähigkeit für ausgeschlossen. Es können nur mehr leichte bis kurzfristig mittelschwere Arbeiten zugemutet werden. Das Heben und Tragen von Lasten über 10 kg ist ebenso zu vermeiden wie das Arbeiten in rein sitzender Position, mit häufigen Bückbewegungen oder im ausschließlichen Stehen. Die Gehfähigkeit ist hingegen nicht soweit eingeschränkt, dass ortsübliche Wegstrecken nicht zurückgelegt werden könnten. Die zumutbare Wegstrecke von der Wohnung zum öffentlichen Verkehrsmittel und von diesem zur Arbeitsstätte kann zwischen 500 und 1.000 m betragen. Auf psychiatrischem Fachgebiet ist eine leichtgradige depressive Verstimmung objektivierbar. Darüber hinaus war der psychische Status unauffällig. Vor allem fanden sich weder eine auffällige Psychomotorik noch Psychosezeichen. Aufgrund der Beschwerdefixierung und der subjektiv ausgeprägten Schmerzsymptomatik im Bereich der Wirbelsäule ohne organmedizinisches Korrelat besteht der Verdacht auf eine somatoforme Schmerzstörung. Auch bei der Untersuchung durch Dr.M. fiel eine Überbewertung der körperlichen Symptomatik auf. Hinzu kam, dass der Kläger subjektiv Schmerzen im linken Bein beklagte, während sich bei der neurologischen Untersuchung ein sensibles Defizit rechts fand. Aus psychiatrischer Sicht ist der Kläger in seiner psychischen und nervlichen Belastbarkeit nur leicht bis mäßiggradig eingeschränkt. Er kann weiterhin leichte Arbeiten ohne besondere Anforderungen an die nervliche Belastbarkeit, ohne Zeitdruck, ohne Nachtschicht und ohne besondere Anforderung an das Verantwortungsbewusstsein vollschichtig verrichten. Zudem kann die dysthyme Symptomatik durch die Gabe geeigneter Antidepressiva verbessert werden. Die Gesundheitsstörungen des internistischen Fachgebiets bedingen nur eine geringgradige Leistungseinschränkung. Es ergab sich lediglich der Verdacht auf ein arterielles Hochdruckleiden leichten Grades. Eine kardiale Leistungseinschränkung, wie sie aus Kroatien mitgeteilt wurde, konnte nicht bestätigt werden. Weder klinisch noch anamnestisch fanden sich Hinweise für eine Herzleistungsschwäche. Auch das seit langem bekannte Übergewicht führt nur zu einer geringen Beeinträchtigung der körperlichen Leistungsfähigkeit. Im Gegensatz zur Untersuchung im Klageverfahren bestanden bei der Untersuchung im Jahr 2001 keinerlei Entzündungsaktivitäten, die in Zusammenhang mit der bekannten Harnsäureerhöhung gebracht werden könnten. Bei bekannter Hyperurikämie und mehrmaligen akuten Gelenksentzündungen im Rahmen eines Gichtanfalls ergibt sich eine Einschränkung für schwere körperliche Tätigkeiten und für Tätigkeiten dauerhaft im Freien mit Einfluss von Kälte und Nässe. Entgegen der Diagnose im kroatischen Rentengutachten ist eine sozialmedizinisch relevante Lungenerkrankung auszuschließen. Sowohl im Klage- als auch im Berufungsverfahren war die Lungenfunktion völlig normal und es fehlte jegliche Symptomatik im Sinn einer obstruktiven Lungenerkrankung. Neu war gegenüber den Vorgutachten eine unklare abdominelle Symptomatik. Anhaltspunkte für eine schwerwiegende Erkrankung ergaben sich nicht. Funktionelle Störungen sind am wahrscheinlichsten. Zusammenfassend kann der Kläger nur noch leichte körperliche Tätigkeiten ohne besondere Anforderung an die nervliche Belastung, ohne Zeitdruck und ohne Nachtschicht überwiegend in geschlossenen Räumen erbringen. Nicht mehr möglich sind Tätigkeiten dauerhaft im Sitzen oder Stehen und mit häufigem Bücken. Im Positiven kann der Kläger daher noch leichte und ruhige Arbeiten in wechselnder Körperhaltung überwiegend in geschlossenen Räumen vollschichtig erbringen. Entscheidend ist, dass seine Umstellungs- und Anpassungsfähigkeit auf einen anderen Beruf als den des Bauarbeiters soweit erhalten ist, dass er einfache Routinearbeiten noch wirtschaftlich effektiv erbringen kann. Nachdem weder an den oberen Extremitäten noch an den Sinnesorganen wesentliche Funktionsbehinderungen vorliegen, erlaubt das Restleistungsvermögen leichte körperliche Verrichtungen wie z.B. das Zureichen, Abnehmen, Reinigen, Sortieren, Verpacken usw., Tätigkeiten also, die in ungelernten Tätigkeiten typischerweise gefordert zu werden pflegen. Es kommen daher keine ernsten Zweifel daran auf, dass der Versicherte mit dem ihm verbliebenen Leistungsvermögen in einem Betrieb einsetzbar ist. Nachdem auch zusätzliche Arbeitspausen nicht erforderlich sind und Beschränkungen des Anmarschwegs nicht zu berücksichtigen sind, ist eine Beschäftigung zu betriebsüblichen Bedingungen möglich.

Eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen ist zu verneinen. Der Großteil der qualitativen Leistungseinschränkungen, nämlich der Ausschluss von Tätigkeiten, die überwiegendes Stehen erfordern, in Nässe oder Kälte oder mit häufigem Bücken zu leisten sind, der Ausschluss von Arbeiten im Akkord und im Schichtdienst sind vom Großen Senat des Bundessozialgerichts bereits als Beispielsfälle dafür genannt worden, dass diese Einschränkungen jedenfalls nicht zu einer konkreten Benennung veranlassen sollen (Großer Senat vom 19.12.1996 in SozR 3-2600 § 44 Nr.8). Weil aber die Benennungspflicht von Art, Ausmaß und Umfang der ungewöhnlichen Leistungseinschränkungen abhängt und vorliegend lediglich der Ausschluss von Tätigkeiten dauerhaft im Sitzen als ungewöhnlich einzustufen ist, scheidet eine Summierung von vornherein aus.

Der Kläger, der keinen Anspruch auf Rente wegen Berufsunfähigkeit hat, weil er zumutbare Verweisungstätigkeiten verrichten kann, hat erst recht keinen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsunfähigkeit gemäß § 44 Abs.1 SGB VI. Er erfüllt die noch strengeren Voraussetzungen des Begriffs der Erwerbsunfähigkeit im Sinn des 2. Absatzes dieser Vorschrift nicht. Das vorhandene Restleistungsvermögen gestattet es ihm, mittels einer regelmäßigen Erwerbstätigkeit mehr als geringfügige Einkünfte zu erzielen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe, die Revision zuzulassen, sind nicht ersichtlich.
Rechtskraft
Aus
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