Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
19
1. Instanz
SG Würzburg (FSB)
Aktenzeichen
S 6 RJ 785/97
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 19 RJ 595/99
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 30.09.1999 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Gewährung von Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit.
Der am 1937 geborene Kläger hat nach seinen Angaben den Beruf eines Schneiders erlernt (Prüfung 1954) und war bis 1966 in diesem Beruf beschäftigt. Von Oktober 1966 bis Dezember 1997 war er als überwiegend freiberuflicher Versicherungsvertreter für die "A. Versicherung" tätig. Er hat ab Januar 1984 freiwillige Beiträge zur Rentenversicherung geleistet. Die Gewerbeabmeldung erfolgte zum 31.12.1997. Am 17.12.1996 beantragte der Kläger unter Vorlage eines Attestes des Internisten Dr.H. bei der Beklagten die Gewährung von Rente wegen Berufsunfähigkeit. Die Beklagte ließ ihn durch den Sozialmediziner Dr.S. untersuchen, der im Gutachten vom 30.01.1997 zu dem Ergebnis gelangte, der Kläger könne leichte Arbeiten noch ganztags, mittelschwere Tätigkeiten dagegen nur noch im Umfang von zweistündig bis unterhalbschichtig verrichten. Unter Übernahme dieser Leistungsbeurteilung lehnte die Beklagte den Rentenantrag mit Bescheid vom 05.02.1997 ab. Die Erwerbsfähigkeit des Klägers sei zwar durch folgende Krankheiten beeinträchtigt: "Insulinpflichtiger Diabetes mellitus vom Typ I, degeneratives Cervicalsyndrom, rezidivierende Lumbalgien, Knick-Senk-Spreiz-Füße und Prostataadenom"; mit dem vorhandenen Leistungsvermögen könne der Kläger aber auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt noch in Vollschicht arbeiten und damit mehr als die Hälfte des Vergleichseinkommens eines gesunden Versicherten erzielen. Der dagegen erhobene Widerspruch blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 29.07.1997).
Mit der am 04.09.1997 beim Sozialgericht Würzburg erhobenen Klage machte der Kläger im Wesentlichen geltend, er habe den Beruf des Schneiders aus gesundheitlichen Gründen aufgegeben (mit Rücksicht auf seine Zuckerkrankheit und wegen des Erfordernisses von Akkordarbeit) und könne nun, nach mehr als 30 Jahren, nicht mehr auf diese Arbeit "zurückverwiesen" werden. Das Sozialgericht hat Befundberichte des Urologen Dr.S. , des Augenarztes Dr.M. und des Internisten Dr.H. zum Verfahren beigenommen; der Allgemeinarzt Dr.E. hat eine Bestätigung vom 30.04.1999 über Behandlungen des Klägers in den 60er Jahren vorgelegt. Das Sozialgericht hat von Amts wegen ein Gutachten des Sozialmediziners Dr.E. vom 20.07.1998 und auf Antrag des Klägers gemäß § 109 SGG das Gutachten des Internisten Dr.K. vom 12.04.1999 eingeholt. Beide Sachverständige sind zu dem Ergebnis gelangt, leichte Arbeiten, vorwiegend im Wechselrhytmus könne der Kläger noch vollschichtig leisten. Auch die Tätigkeiten eines Schneiders seien "dem Grunde nach" möglich (lt. Dr.E. ohne überwiegende Feinarbeiten und ohne das Erfordernis uneingeschränkten Sehvermögens). Mit Urteil vom 30.09.1999 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt: Maßgeblicher Ausgangsberuf sei die bis 1966 versicherungspflichtig ausgeübte Tätigkeit als Schneider. Insoweit bestehe (abweichend von der Auffassung der Beklagten) Berufsschutz. Ob der Kläger diese Tätigkeit aus gesundheitlichen oder aus anderen Gründen aufgegeben habe, sei nicht entscheidungserheblich, da er sich auf die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als freiberuflicher Versicherungsvertreter verweisen lassen müsse. Diese Tätigkeit, die den frei bestimmbaren Wechsel von Sitzen, Gehen und Stehen zulasse und ihm zeitliche Dispositionsfreiheit gewähre, könne der Kläger nach den Feststellungen der gerichtlichen Sachverständigen noch vollschichtig ausüben; dagegen könne er nach Auffassung der Kammer dem Schneiderberuf nicht mehr in vollem Umfang nachgehen.
Gegen dieses Urteil richtet sich die am 29.11.1999 beim Bayer. Landessozialgericht eingegangene Berufung des Klägers. Er verlangt weiterhin die Gewährung von Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, hilfsweise wegen Berufsunfähigkeit, da er weder den erlernten Beruf des Schneiders (zB in einer Kleiderfabrik) ausüben noch weiterhin als Versicherungsvertreter tätig sein könne. Im Schneiderberuf falle zwangsläufig Akkord- und Fließbandarbeit an; als Versicherungsvertreter sei er gezwungen, in erheblichem Umfang Außendiensttätigkeiten (unter Benutzung eines Pkw) auszuüben. Beides sei ihm nicht mehr zumutbar. Der Senat hat Befundberichte des Internisten Dr.H. (mit einem Bericht des Orthopäden Dr.R. vom 04.09.2000), des Augenarztes Dr.M. und des Urologen Dr.S. eingeholt. Der Kläger teilte mit, dass er bei der "A." eine Umschulung mit einjähriger Grundausbildung absolviert habe (1966). Der Senat hat den Internisten und Arbeitsmediziner Dr.M. S. zum ärztlichen Sachverständigen bestellt. Dieser hat das Gutachten vom 28.07.2001 erstattet und den Kläger zusammenfassend für fähig erachtet, als Sachbearbeiter im Versicherungswesen weiterhin vollschichtig zu arbeiten, soweit es sich um Innendienst handle; Außendienst sollte er nur noch in geringem Umfang leisten. Wegen der zeitweise auftretenden Hypoglykämien müsse etwa einmal im Monat die Möglichkeit bestehen, die Tätigkeit für etwa 20 bis 30 Minuten zu unterbrechen. Dazu hat der Kläger ein Attest des Internisten Dr.H. vom 20.09.2001 vorgelegt und ausgeführt, er sei noch nie als Sachbearbeiter tätig gewesen; als Generalvertreter habe er ausschließlich im Außendienst gearbeitet, was ihm unstreitig nicht mehr möglich sei. Zur weiteren Aufklärung des medizinischen Sachverhalts hat der Senat den Augenarzt Dr.Z. zum gerichtlichen Sachverständigen ernannt. In seinem Gutachten vom 01.10.2001 bezeichnete er zusammenfassend den gegenwärtigen Gesundheitszustand beider Augen des Klägers als stabil und für alle Tätigkeiten im Berufs- und Privatleben ausreichend. Diesbezüglich bestünden keine Einschränkungen für berufliche Tätigkeiten. Der diabetische Stoffwechsel des Untersuchten sei zufriedenstellend eingestellt. Die durch den Diabetes verursachten Netzhautveränderungen wirkten sich zurzeit nicht wesentlich auf das Sehvermögen des Klägers aus. Dieser könne vielmehr (nach augenfachärztlicher Beurteilung) eine Beschäftigung als Sachbearbeiter im Versicherungswesen sowohl im Innen- als auch im Außendienst weiterhin verrichten.
Der Kläger beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 30.09.1999 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung ihres Bescheides vom 05.02.1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.07.1997 zu verurteilen, ihm ab 01.01.1997 Rente wegen Berufsunfähigkeit und an deren Stelle ab 01.01.1998 Rente wegen Erwerbsunfähigkeit zu gewähren.
Die Beklagte beantragt, die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
Dem Senat haben die Verwaltungsakten der Beklagten, die Prozessakte des Sozialgerichts Würzburg und die Schwerbehinderten-Akte des Versorgungsamtes Würzburg vorgelegen (GdB laut Bescheid vom 04.05.1995 = 50). Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den gesamten Akteninhalt Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers ist form- und fristgerecht eingelegt (§§ 143, 151 SGG) und auch im Übrigen zulässig. Das Rechtsmittel des Klägers erweist sich als nicht begründet.
Trotz fehlenden Antrags hat die Beklagte mit den streitbefangenen Bescheiden vom 05.02. und 29.07.1997 auch über den Anspruch auf Rente wegen Erwerbsunfähigkeit entschieden. Das Fehlen einer verwaltungsverfahrensrechtlichen Mitwirkungshandlung führt nach herrschender Meinung nicht zur Nichtigkeit eines Verwaltungsakts (§ 40 SGB X), sondern macht diesen nur anfechtbar. Wie sich aus § 41 Abs 1 Nr 1 iVm Abs 2 SGB X ergibt, kann der Antrag ohne zeitliche Beschränkung nachgeholt werden. Das ist mit Eingang der Klageschrift vom 04.09.1997 beim SG Würzburg (am 05.09.1997) geschehen, da dort mit dem prozessualen Hauptantrag die Gewährung von Rente wegen EU geltend gemacht wurde. Aufgrund der darin liegenden Nachholung des notwendigen Rentenantrags auf EU-Rente hat das SG mit dem angefochtenen Urteil zulässigerweise auch über den Anspruch auf EU-Rente befunden. Das Sozialgericht hat im Ergebnis zutreffend entschieden, dass dem Kläger Rente wegen Berufsunfähigkeit und auch der weitergehende Anspruch auf Rente wegen Erwerbsunfähigkeit nach §§ 43, 44 SGB VI in der bis 31.12.2000 geltenden Fassung nicht zustehen. Die genannten Vorschriften sind übergangsrechtlich weiter anzuwenden, wenn am 31.12.2000 Anspruch auf eine Rente wegen BU oder EU bestand (§ 302 b SGB VI in der Fassung des EM-Reformgesetzes vom 20.12.2000, BGBl I S 1835). Der Kläger leidet insbesondere an einem insulinpflichtigen Diabetes mellitus bei insgesamt ausreichender Einstellung des Zuckerstoffwechsels, einer diabetischen Retinopathie, einer mäßiggradigen obstruktiven Ventilationsstörung, degenerativen Veränderungen der Halswirbelsäule mit ausstrahlenden Beschwerden, Abnutzungserscheinungen der Schulter- und Hüftgelenke und auch im Bereich der Lendenwirbelsäule sowie einer diabetischen Polyneuropathie. Trotz dieser Gesundheitsstörungen ist der Kläger nach der auf das Gesamtergebnis der medizinischen Sachaufklärung im Klage- und Berufungsverfahren gestützten Überzeugung des Senats noch in der Lage, im erlernten und bis zur Aufgabe (1966) mehr als 12 Jahre ausgeübten Schneiderberuf wie auch als Sachbearbeiter im Versicherungswesen einer Ganztagsbeschäftigung nachzugehen. Gegen die "Zurückverweisung" auf den vor mehr als 30 Jahren aufgebenen Handwerksberuf kann der Kläger nicht einwenden, dass ihm durch Zeitablauf die Kenntnisse und Fähigkeiten verloren gegangen seien, den Beruf als Schneider oder auch nur Teilbereiche dieses Berufs nicht mehr wettbewerbsfähig ausüben zu können. Die Berufsentfremdung im bisherigen Beruf durch dessen Nichtausübung ist rentenrechtlich nicht geschützt und deshalb unbeachtlich (vgl BSG, Beschluss vom 22.07.1987 - 1 BA 197/86 -, zitiert im Urteil des BSG vom 08.09.1993 - 5 RJ 70/92 - in SozR 3-2200 Nr 35 zu § 1246 RVO). Den Berufsschutz als solchen (aus der im September 1966 beendeten, bis dahin versicherungspflichtig ausgeübten Schneidertätigkeit) hat das SG abweichend von der im Verhandlungstermin am 20.07.1998 vertretenen Auffassung der Beklagten mit Recht angenommen. Das BSG hat bisher in ständiger Rechtsprechung die Qualität des bisherigen Berufs und damit den Berufsschutz im Rahmen von § 1246 Abs 2 RVO (= § 43 Abs 2 SGB VI) bei Pflichtversicherten, selbst wenn sie zuletzt freiwillige Beiträge entrichtet hatten, und bei den ausschließlich freiwillig Versicherten unterschiedlich beurteilt. Soweit - wie im Falle des Klägers - für einen Versicherten überhaupt jemals Pflichtbeiträge wirksam entrichtet worden sind, ist nach dieser Rechtsprechung grundsätzlich die während der zuletzt entrichteten Pflichtbeiträge ausgeübte Beschäftigung für die Bestimmung des Werts des bisherigen Berufs maßgebend (BSG in SozR Nrn 92 und 112 zu § 1246 RVO). Diese Rechtsprechung des BSG zur unterschiedlichen Beurteilung von Pflicht- und freiwilligen Beiträgen ist auch verfassungsrechtlich nicht beanstandet worden (vgl BVerfG SozR 2200 § 1246 Nrn 28 und 156).
Im Ergebnis kann auch dahingestellt bleiben, ob der Kläger den Schneiderberuf im Jahre 1966 aus gesundheitlichen Gründen aufgegeben hat (konkrete Nachweise dafür fehlen); denn dieser Beruf erschöpft sich nicht in den Arbeiten eines Industrieschneiders mit zwangsläufiger Akkord- und Fließbandbelastung; auf dem Arbeitsmarkt gibt es vielmehr Stellen als Änderungs- und Reparaturschneider in entsprechenden Kleinbetrieben oder in Mode- und Textilhäusern. Tätigkeitsinhalt sind ua Korrekturen und Ausbesserungen an fehlerhaft gearbeiteten Nähten, Erneuern von Futterstoffen und Innentaschen, Längen und Kürzen von Oberbekleidung aller Art, Erweitern und Engermachen von Hosen- und Rockbünden sowie generell Ausführen von Näharbeiten an schwer zugänglichen Stellen mit anschließendem Ausbügeln. Die Arbeiten sind überwiegend von Hand, teilweise aber auch mit der Nähmaschine im Sitzen zu verrichten; Bügeln erfolgt gewöhnlich im Stehen, fällt aber in der Regel nur kurzfristig an. Meist handelt es sich um Zeitlohnarbeiten, die keinem ausgeprägten Zeitdruck unterliegen. Für derartige Schneiderarbeiten, die körperlich nur leichte Anforderungen stellen und auch einen gelegentlichen Wechsel der Körperhaltung erlauben, ist der Kläger nach wie vor geeignet. Nach den Feststellungen des arbeitsmedizinischen Sachverständigen kann er im betriebsüblichen Rahmen arbeiten, ohne dass es zusätzlicher Pausengewährung oder sonstiger Ausnahmeregelungen bedarf. Die Verweisung auf eine abhängige Beschäftigung als Änderungsschneider mag dem Kläger angesichts der seit 1966 durchlaufenen beruflichen Entwicklung, welche ihn zuletzt in die Funktion eines weitgehend selbstständigen Generalvertreters und Leiters einer Versicherungsagentur gebracht hat, als unzumutbar erscheinen. Der damit verbundene "soziale Abstieg" muss jedoch für die Beurteilung des streitigen Anspruchs auf Rente wegen BU außer Betracht bleiben, weil sich der Berufsschutz ausschließlich nach den bis 30.09.1966 entrichteten Pflichtbeiträgen bemisst. Unabhängig von der Einsatzfähigkeit im Schneiderberuf ist der Kläger gesundheitlich und sozial zumutbar auch auf Tätigkeiten eines Sachbearbeiters im Versicherungswesen (in abhängiger Beschäftigung) verweisbar. Soweit aus arbeitsmedizinischer Sicht Außendienst nur noch in eingeschränktem Umfang verrichtet werden kann, kämen auch reine Innendiensttätigkeiten bei Versicherungsgesellschaften oder Agenturen infrage. Gegen derartige Tätigkeiten bestehen keine arbeitsmedizinischen Bedenken. Aus augenärztlicher Sicht ist der Gesundheitszustand beider Augen als stabil und ausreichend für alle Tätigkeiten im Berufs- und Privatleben anzusehen; Einschränkungen für berufliche Tätigkeiten bestehen insoweit nicht. Der Kläger hat sich auf Grund seiner betrieblichen Ausbildung und der in über 30 Jahren erworbenen Berufserfahrung Wissen, Kenntnisse und Fähigkeiten im Versicherungswesen angeeignet, die zumindest denen eines gehobenen Sachbearbeiters in der Branche entsprechen. Es kann als allgemein bekannt vorausgesetzt werden, dass es Arbeitsplätze für Sachbearbeiter in der Versicherungswirtschaft in hinreichender Zahl gibt.
Einen besonderen Berufsschutz als Außendienstmitarbeiter oder Versicherungsvertreter hat der Kläger schon deswegen nicht erworben, weil er für seine Tätigkeit in diesem Berufsbereich keine Pflichtbeiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung geleistet hat. Zwar kann ein eigenständiger Berufsschutz von sog Selbstversicherten auch mit der Entrichtung freiwilliger Beiträge erworben werden. Deren Höhe muss in solchen Fällen aber dem erzielten Einkommen entsprechen (vgl DRV 1993 S. 537; BSG, Urteil vom 28.07.1992 in SozR 3-2200 Nr 1 zu § 1230 RVO), was beim Kläger zweifellos die Entrichtung der Höchstbeiträge (im Jahre 1996 beispielsweise 1.536,- DM monatlich) bedeutet hätte. Stattdessen hat der Kläger von 1967 bis 1983 keine Beiträge geleistet und ab 1984 (zur Aufrechterhaltung der bis dahin erworbenen Anwartschaft auf eine Rente wegen Erwerbs- bzw Berufsunfähigkeit) lediglich Beiträge in der gesetzlichen Mindesthöhe entrichtet, weshalb unter versicherungsrechtlichen Aspekten die zuletzt ausgeübte (und sozial am höchsten zu bewertende) Tätigkeit als selbständiger Leiter einer Generalagentur des Versicherungskonzerns "A." nicht als sog Ausgangs- oder Hauptberuf für die Feststellung herangezogen werden kann, ob dem Kläger wenigstens Leistungen wegen Berufsunfähigkeit iS des § 43 SGB VI zustehen.
Wenn ihm von seiner Beschäftigungsfirma, der "A. AG", eine betriebliche Rente wegen Berufsunfähigkeit gewährt wird, bezieht sich dies ausschließlich auf die konkreten Bedingungen und Erfordernisse seiner letzten Berufstätigkeit und ist für das Recht der gesetzlichen Rentenversicherung ohne Bedeutung. Zusammenfassend ist in Übereinstimmung mit dem SG auch der Senat zu der Überzeugung gelangt, dass es - unabhängig von der Einsatzfähigkeit des Klägers im Schneiderberuf - auf dem speziellen Arbeitsmarkt der Versicherungswirtschaft eine hinreichende Anzahl gesundheitlich und sozial zumutbarer Verweisungstätigkeiten gibt, die der Kläger als abhängig beschäftigter Versicherungssachbearbeiter ausüben könnte. Der Kläger ist demnach weder berufsunfähig noch erfüllt er die strengeren Voraussetzungen für die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsunfähigkeit.
Seine Berufung war deshalb zurückzuweisen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten (§ 193 SGG).
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs 2 SGG).
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Gewährung von Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit.
Der am 1937 geborene Kläger hat nach seinen Angaben den Beruf eines Schneiders erlernt (Prüfung 1954) und war bis 1966 in diesem Beruf beschäftigt. Von Oktober 1966 bis Dezember 1997 war er als überwiegend freiberuflicher Versicherungsvertreter für die "A. Versicherung" tätig. Er hat ab Januar 1984 freiwillige Beiträge zur Rentenversicherung geleistet. Die Gewerbeabmeldung erfolgte zum 31.12.1997. Am 17.12.1996 beantragte der Kläger unter Vorlage eines Attestes des Internisten Dr.H. bei der Beklagten die Gewährung von Rente wegen Berufsunfähigkeit. Die Beklagte ließ ihn durch den Sozialmediziner Dr.S. untersuchen, der im Gutachten vom 30.01.1997 zu dem Ergebnis gelangte, der Kläger könne leichte Arbeiten noch ganztags, mittelschwere Tätigkeiten dagegen nur noch im Umfang von zweistündig bis unterhalbschichtig verrichten. Unter Übernahme dieser Leistungsbeurteilung lehnte die Beklagte den Rentenantrag mit Bescheid vom 05.02.1997 ab. Die Erwerbsfähigkeit des Klägers sei zwar durch folgende Krankheiten beeinträchtigt: "Insulinpflichtiger Diabetes mellitus vom Typ I, degeneratives Cervicalsyndrom, rezidivierende Lumbalgien, Knick-Senk-Spreiz-Füße und Prostataadenom"; mit dem vorhandenen Leistungsvermögen könne der Kläger aber auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt noch in Vollschicht arbeiten und damit mehr als die Hälfte des Vergleichseinkommens eines gesunden Versicherten erzielen. Der dagegen erhobene Widerspruch blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 29.07.1997).
Mit der am 04.09.1997 beim Sozialgericht Würzburg erhobenen Klage machte der Kläger im Wesentlichen geltend, er habe den Beruf des Schneiders aus gesundheitlichen Gründen aufgegeben (mit Rücksicht auf seine Zuckerkrankheit und wegen des Erfordernisses von Akkordarbeit) und könne nun, nach mehr als 30 Jahren, nicht mehr auf diese Arbeit "zurückverwiesen" werden. Das Sozialgericht hat Befundberichte des Urologen Dr.S. , des Augenarztes Dr.M. und des Internisten Dr.H. zum Verfahren beigenommen; der Allgemeinarzt Dr.E. hat eine Bestätigung vom 30.04.1999 über Behandlungen des Klägers in den 60er Jahren vorgelegt. Das Sozialgericht hat von Amts wegen ein Gutachten des Sozialmediziners Dr.E. vom 20.07.1998 und auf Antrag des Klägers gemäß § 109 SGG das Gutachten des Internisten Dr.K. vom 12.04.1999 eingeholt. Beide Sachverständige sind zu dem Ergebnis gelangt, leichte Arbeiten, vorwiegend im Wechselrhytmus könne der Kläger noch vollschichtig leisten. Auch die Tätigkeiten eines Schneiders seien "dem Grunde nach" möglich (lt. Dr.E. ohne überwiegende Feinarbeiten und ohne das Erfordernis uneingeschränkten Sehvermögens). Mit Urteil vom 30.09.1999 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt: Maßgeblicher Ausgangsberuf sei die bis 1966 versicherungspflichtig ausgeübte Tätigkeit als Schneider. Insoweit bestehe (abweichend von der Auffassung der Beklagten) Berufsschutz. Ob der Kläger diese Tätigkeit aus gesundheitlichen oder aus anderen Gründen aufgegeben habe, sei nicht entscheidungserheblich, da er sich auf die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als freiberuflicher Versicherungsvertreter verweisen lassen müsse. Diese Tätigkeit, die den frei bestimmbaren Wechsel von Sitzen, Gehen und Stehen zulasse und ihm zeitliche Dispositionsfreiheit gewähre, könne der Kläger nach den Feststellungen der gerichtlichen Sachverständigen noch vollschichtig ausüben; dagegen könne er nach Auffassung der Kammer dem Schneiderberuf nicht mehr in vollem Umfang nachgehen.
Gegen dieses Urteil richtet sich die am 29.11.1999 beim Bayer. Landessozialgericht eingegangene Berufung des Klägers. Er verlangt weiterhin die Gewährung von Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, hilfsweise wegen Berufsunfähigkeit, da er weder den erlernten Beruf des Schneiders (zB in einer Kleiderfabrik) ausüben noch weiterhin als Versicherungsvertreter tätig sein könne. Im Schneiderberuf falle zwangsläufig Akkord- und Fließbandarbeit an; als Versicherungsvertreter sei er gezwungen, in erheblichem Umfang Außendiensttätigkeiten (unter Benutzung eines Pkw) auszuüben. Beides sei ihm nicht mehr zumutbar. Der Senat hat Befundberichte des Internisten Dr.H. (mit einem Bericht des Orthopäden Dr.R. vom 04.09.2000), des Augenarztes Dr.M. und des Urologen Dr.S. eingeholt. Der Kläger teilte mit, dass er bei der "A." eine Umschulung mit einjähriger Grundausbildung absolviert habe (1966). Der Senat hat den Internisten und Arbeitsmediziner Dr.M. S. zum ärztlichen Sachverständigen bestellt. Dieser hat das Gutachten vom 28.07.2001 erstattet und den Kläger zusammenfassend für fähig erachtet, als Sachbearbeiter im Versicherungswesen weiterhin vollschichtig zu arbeiten, soweit es sich um Innendienst handle; Außendienst sollte er nur noch in geringem Umfang leisten. Wegen der zeitweise auftretenden Hypoglykämien müsse etwa einmal im Monat die Möglichkeit bestehen, die Tätigkeit für etwa 20 bis 30 Minuten zu unterbrechen. Dazu hat der Kläger ein Attest des Internisten Dr.H. vom 20.09.2001 vorgelegt und ausgeführt, er sei noch nie als Sachbearbeiter tätig gewesen; als Generalvertreter habe er ausschließlich im Außendienst gearbeitet, was ihm unstreitig nicht mehr möglich sei. Zur weiteren Aufklärung des medizinischen Sachverhalts hat der Senat den Augenarzt Dr.Z. zum gerichtlichen Sachverständigen ernannt. In seinem Gutachten vom 01.10.2001 bezeichnete er zusammenfassend den gegenwärtigen Gesundheitszustand beider Augen des Klägers als stabil und für alle Tätigkeiten im Berufs- und Privatleben ausreichend. Diesbezüglich bestünden keine Einschränkungen für berufliche Tätigkeiten. Der diabetische Stoffwechsel des Untersuchten sei zufriedenstellend eingestellt. Die durch den Diabetes verursachten Netzhautveränderungen wirkten sich zurzeit nicht wesentlich auf das Sehvermögen des Klägers aus. Dieser könne vielmehr (nach augenfachärztlicher Beurteilung) eine Beschäftigung als Sachbearbeiter im Versicherungswesen sowohl im Innen- als auch im Außendienst weiterhin verrichten.
Der Kläger beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 30.09.1999 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung ihres Bescheides vom 05.02.1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.07.1997 zu verurteilen, ihm ab 01.01.1997 Rente wegen Berufsunfähigkeit und an deren Stelle ab 01.01.1998 Rente wegen Erwerbsunfähigkeit zu gewähren.
Die Beklagte beantragt, die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
Dem Senat haben die Verwaltungsakten der Beklagten, die Prozessakte des Sozialgerichts Würzburg und die Schwerbehinderten-Akte des Versorgungsamtes Würzburg vorgelegen (GdB laut Bescheid vom 04.05.1995 = 50). Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den gesamten Akteninhalt Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers ist form- und fristgerecht eingelegt (§§ 143, 151 SGG) und auch im Übrigen zulässig. Das Rechtsmittel des Klägers erweist sich als nicht begründet.
Trotz fehlenden Antrags hat die Beklagte mit den streitbefangenen Bescheiden vom 05.02. und 29.07.1997 auch über den Anspruch auf Rente wegen Erwerbsunfähigkeit entschieden. Das Fehlen einer verwaltungsverfahrensrechtlichen Mitwirkungshandlung führt nach herrschender Meinung nicht zur Nichtigkeit eines Verwaltungsakts (§ 40 SGB X), sondern macht diesen nur anfechtbar. Wie sich aus § 41 Abs 1 Nr 1 iVm Abs 2 SGB X ergibt, kann der Antrag ohne zeitliche Beschränkung nachgeholt werden. Das ist mit Eingang der Klageschrift vom 04.09.1997 beim SG Würzburg (am 05.09.1997) geschehen, da dort mit dem prozessualen Hauptantrag die Gewährung von Rente wegen EU geltend gemacht wurde. Aufgrund der darin liegenden Nachholung des notwendigen Rentenantrags auf EU-Rente hat das SG mit dem angefochtenen Urteil zulässigerweise auch über den Anspruch auf EU-Rente befunden. Das Sozialgericht hat im Ergebnis zutreffend entschieden, dass dem Kläger Rente wegen Berufsunfähigkeit und auch der weitergehende Anspruch auf Rente wegen Erwerbsunfähigkeit nach §§ 43, 44 SGB VI in der bis 31.12.2000 geltenden Fassung nicht zustehen. Die genannten Vorschriften sind übergangsrechtlich weiter anzuwenden, wenn am 31.12.2000 Anspruch auf eine Rente wegen BU oder EU bestand (§ 302 b SGB VI in der Fassung des EM-Reformgesetzes vom 20.12.2000, BGBl I S 1835). Der Kläger leidet insbesondere an einem insulinpflichtigen Diabetes mellitus bei insgesamt ausreichender Einstellung des Zuckerstoffwechsels, einer diabetischen Retinopathie, einer mäßiggradigen obstruktiven Ventilationsstörung, degenerativen Veränderungen der Halswirbelsäule mit ausstrahlenden Beschwerden, Abnutzungserscheinungen der Schulter- und Hüftgelenke und auch im Bereich der Lendenwirbelsäule sowie einer diabetischen Polyneuropathie. Trotz dieser Gesundheitsstörungen ist der Kläger nach der auf das Gesamtergebnis der medizinischen Sachaufklärung im Klage- und Berufungsverfahren gestützten Überzeugung des Senats noch in der Lage, im erlernten und bis zur Aufgabe (1966) mehr als 12 Jahre ausgeübten Schneiderberuf wie auch als Sachbearbeiter im Versicherungswesen einer Ganztagsbeschäftigung nachzugehen. Gegen die "Zurückverweisung" auf den vor mehr als 30 Jahren aufgebenen Handwerksberuf kann der Kläger nicht einwenden, dass ihm durch Zeitablauf die Kenntnisse und Fähigkeiten verloren gegangen seien, den Beruf als Schneider oder auch nur Teilbereiche dieses Berufs nicht mehr wettbewerbsfähig ausüben zu können. Die Berufsentfremdung im bisherigen Beruf durch dessen Nichtausübung ist rentenrechtlich nicht geschützt und deshalb unbeachtlich (vgl BSG, Beschluss vom 22.07.1987 - 1 BA 197/86 -, zitiert im Urteil des BSG vom 08.09.1993 - 5 RJ 70/92 - in SozR 3-2200 Nr 35 zu § 1246 RVO). Den Berufsschutz als solchen (aus der im September 1966 beendeten, bis dahin versicherungspflichtig ausgeübten Schneidertätigkeit) hat das SG abweichend von der im Verhandlungstermin am 20.07.1998 vertretenen Auffassung der Beklagten mit Recht angenommen. Das BSG hat bisher in ständiger Rechtsprechung die Qualität des bisherigen Berufs und damit den Berufsschutz im Rahmen von § 1246 Abs 2 RVO (= § 43 Abs 2 SGB VI) bei Pflichtversicherten, selbst wenn sie zuletzt freiwillige Beiträge entrichtet hatten, und bei den ausschließlich freiwillig Versicherten unterschiedlich beurteilt. Soweit - wie im Falle des Klägers - für einen Versicherten überhaupt jemals Pflichtbeiträge wirksam entrichtet worden sind, ist nach dieser Rechtsprechung grundsätzlich die während der zuletzt entrichteten Pflichtbeiträge ausgeübte Beschäftigung für die Bestimmung des Werts des bisherigen Berufs maßgebend (BSG in SozR Nrn 92 und 112 zu § 1246 RVO). Diese Rechtsprechung des BSG zur unterschiedlichen Beurteilung von Pflicht- und freiwilligen Beiträgen ist auch verfassungsrechtlich nicht beanstandet worden (vgl BVerfG SozR 2200 § 1246 Nrn 28 und 156).
Im Ergebnis kann auch dahingestellt bleiben, ob der Kläger den Schneiderberuf im Jahre 1966 aus gesundheitlichen Gründen aufgegeben hat (konkrete Nachweise dafür fehlen); denn dieser Beruf erschöpft sich nicht in den Arbeiten eines Industrieschneiders mit zwangsläufiger Akkord- und Fließbandbelastung; auf dem Arbeitsmarkt gibt es vielmehr Stellen als Änderungs- und Reparaturschneider in entsprechenden Kleinbetrieben oder in Mode- und Textilhäusern. Tätigkeitsinhalt sind ua Korrekturen und Ausbesserungen an fehlerhaft gearbeiteten Nähten, Erneuern von Futterstoffen und Innentaschen, Längen und Kürzen von Oberbekleidung aller Art, Erweitern und Engermachen von Hosen- und Rockbünden sowie generell Ausführen von Näharbeiten an schwer zugänglichen Stellen mit anschließendem Ausbügeln. Die Arbeiten sind überwiegend von Hand, teilweise aber auch mit der Nähmaschine im Sitzen zu verrichten; Bügeln erfolgt gewöhnlich im Stehen, fällt aber in der Regel nur kurzfristig an. Meist handelt es sich um Zeitlohnarbeiten, die keinem ausgeprägten Zeitdruck unterliegen. Für derartige Schneiderarbeiten, die körperlich nur leichte Anforderungen stellen und auch einen gelegentlichen Wechsel der Körperhaltung erlauben, ist der Kläger nach wie vor geeignet. Nach den Feststellungen des arbeitsmedizinischen Sachverständigen kann er im betriebsüblichen Rahmen arbeiten, ohne dass es zusätzlicher Pausengewährung oder sonstiger Ausnahmeregelungen bedarf. Die Verweisung auf eine abhängige Beschäftigung als Änderungsschneider mag dem Kläger angesichts der seit 1966 durchlaufenen beruflichen Entwicklung, welche ihn zuletzt in die Funktion eines weitgehend selbstständigen Generalvertreters und Leiters einer Versicherungsagentur gebracht hat, als unzumutbar erscheinen. Der damit verbundene "soziale Abstieg" muss jedoch für die Beurteilung des streitigen Anspruchs auf Rente wegen BU außer Betracht bleiben, weil sich der Berufsschutz ausschließlich nach den bis 30.09.1966 entrichteten Pflichtbeiträgen bemisst. Unabhängig von der Einsatzfähigkeit im Schneiderberuf ist der Kläger gesundheitlich und sozial zumutbar auch auf Tätigkeiten eines Sachbearbeiters im Versicherungswesen (in abhängiger Beschäftigung) verweisbar. Soweit aus arbeitsmedizinischer Sicht Außendienst nur noch in eingeschränktem Umfang verrichtet werden kann, kämen auch reine Innendiensttätigkeiten bei Versicherungsgesellschaften oder Agenturen infrage. Gegen derartige Tätigkeiten bestehen keine arbeitsmedizinischen Bedenken. Aus augenärztlicher Sicht ist der Gesundheitszustand beider Augen als stabil und ausreichend für alle Tätigkeiten im Berufs- und Privatleben anzusehen; Einschränkungen für berufliche Tätigkeiten bestehen insoweit nicht. Der Kläger hat sich auf Grund seiner betrieblichen Ausbildung und der in über 30 Jahren erworbenen Berufserfahrung Wissen, Kenntnisse und Fähigkeiten im Versicherungswesen angeeignet, die zumindest denen eines gehobenen Sachbearbeiters in der Branche entsprechen. Es kann als allgemein bekannt vorausgesetzt werden, dass es Arbeitsplätze für Sachbearbeiter in der Versicherungswirtschaft in hinreichender Zahl gibt.
Einen besonderen Berufsschutz als Außendienstmitarbeiter oder Versicherungsvertreter hat der Kläger schon deswegen nicht erworben, weil er für seine Tätigkeit in diesem Berufsbereich keine Pflichtbeiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung geleistet hat. Zwar kann ein eigenständiger Berufsschutz von sog Selbstversicherten auch mit der Entrichtung freiwilliger Beiträge erworben werden. Deren Höhe muss in solchen Fällen aber dem erzielten Einkommen entsprechen (vgl DRV 1993 S. 537; BSG, Urteil vom 28.07.1992 in SozR 3-2200 Nr 1 zu § 1230 RVO), was beim Kläger zweifellos die Entrichtung der Höchstbeiträge (im Jahre 1996 beispielsweise 1.536,- DM monatlich) bedeutet hätte. Stattdessen hat der Kläger von 1967 bis 1983 keine Beiträge geleistet und ab 1984 (zur Aufrechterhaltung der bis dahin erworbenen Anwartschaft auf eine Rente wegen Erwerbs- bzw Berufsunfähigkeit) lediglich Beiträge in der gesetzlichen Mindesthöhe entrichtet, weshalb unter versicherungsrechtlichen Aspekten die zuletzt ausgeübte (und sozial am höchsten zu bewertende) Tätigkeit als selbständiger Leiter einer Generalagentur des Versicherungskonzerns "A." nicht als sog Ausgangs- oder Hauptberuf für die Feststellung herangezogen werden kann, ob dem Kläger wenigstens Leistungen wegen Berufsunfähigkeit iS des § 43 SGB VI zustehen.
Wenn ihm von seiner Beschäftigungsfirma, der "A. AG", eine betriebliche Rente wegen Berufsunfähigkeit gewährt wird, bezieht sich dies ausschließlich auf die konkreten Bedingungen und Erfordernisse seiner letzten Berufstätigkeit und ist für das Recht der gesetzlichen Rentenversicherung ohne Bedeutung. Zusammenfassend ist in Übereinstimmung mit dem SG auch der Senat zu der Überzeugung gelangt, dass es - unabhängig von der Einsatzfähigkeit des Klägers im Schneiderberuf - auf dem speziellen Arbeitsmarkt der Versicherungswirtschaft eine hinreichende Anzahl gesundheitlich und sozial zumutbarer Verweisungstätigkeiten gibt, die der Kläger als abhängig beschäftigter Versicherungssachbearbeiter ausüben könnte. Der Kläger ist demnach weder berufsunfähig noch erfüllt er die strengeren Voraussetzungen für die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsunfähigkeit.
Seine Berufung war deshalb zurückzuweisen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten (§ 193 SGG).
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs 2 SGG).
Rechtskraft
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