Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Nürnberg (FSB)
Aktenzeichen
S 8 AL 526/00
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 10 AL 422/00
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 14.09.2000 wird zurückgewiesen.
II. Auf die Klage der Klägerin wird der Bescheid vom 15.06.2001 abgeändert. Die Beklagte hat einen weiteren Betrag in Höhe von 703,80 DM (= 359,85 EUR) zu erstatten.
III. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
IV. Die Beklagte hat der Klägerin 1/5 der außergerichtlichen Kosten beider Rechtszüge zu erstatten.
V. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist zwischen den Beteiligten die Höhe der zu erstattenden Kosten für ein erfolgreich abgeschlossenes, isoliertes Widerspruchsverfahren.
Die Klägerin ist ein ungarisches Unternehmen, das im Rahmen des deutsch-ungarischen Regierungsabkommens in der Bundesrepublik Deutschland im Baubereich tätig ist.
Mit Bescheid vom 05.01.1999 verwarnte die Beklagte die Klägerin wegen der Beschäftigung von Arbeitnehmern ohne gültige Arbeitserlaubnis bei der Durchführung einer Baumaßnahme bei der Firma L. AG und drohte für den Wiederholungsfall den Ausschluss von der Durchführung künftiger Werkverträge an.
Im anschließenden Widerspruchsverfahren hob die Beklagte mit Abhilfebescheid den Bescheid vom 05.01.1999 auf und erklärte sich bereit, die im Widerspruchsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen der Klägerin auf Antrag zu erstatten.
Mit Kostenrechnung vom 02.09.1999 machte die Klägerin unter Annahme eines Gegenstandswertes von 500.000,00 DM Gebühren und Auslagen in Höhe von 8.634,33 DM geltend (7,5/10 Geschäftsgebühr gemäß § 118 Abs 1 Satz 1 Bundesrechtsanwaltsgebührenordnung - BRAGO - in Höhe von 3.168,80 DM, 10/10 Erledigungsgebühr gemäß § 24 BRAGO in Höhe von 4.225,00 DM, Post- und Telekommunikationsdienstleistungen gemäß § 26 BRAGO in Höhe von 40,00 DM, Schreibauslagen für sieben Seiten gemäß § 27 BRAGO in Höhe von 7,00 DM, 16 % MWSt gemäß § 25 BRAGO in Höhe von 1.190,53 DM und Auslagen für ein Protokoll einer mündlichen Verhandlung des Amtsgerichts Tiergarten in Höhe von 3,00 DM). Die Auftragssumme des Werkvertrages mit der Firma L. AG habe 1.175.578,00 DM für den Zeitraum vom 08.01.1997 bis 23.01.1998 betragen.
Mit Bescheid vom 10.12.1999 und Widerspruchsbescheid vom 24.05.2000 setzte die Beklagte die zu erstattenden Kosten auf 517,00 DM fest (Mittelgebühr: 470,00 DM, Pauschale gemäß § 26 BRAGO: 40,00 DM, Schreibgebühr/Fotokopie: 7.00 DM), wobei sie sich auf eine Rahmengebühr gemäß § 116 Abs 1 BRAGO bezog, eine sogenannte Arbeitgeberstreitigkeit liege nicht vor. Eine Erledigungsgebühr sei nicht entstanden, die geltend gemachte Mehrwertsteuer sei nicht erstattungsfähig, da die Klägerin in der Bundesrepublik Deutschland zum Vorsteuerabzug berechtigt sei.
Mit der dagegen zum Sozialgericht Nürnberg erhobenen Klage hat die Klägerin beantragt, den Bescheid vom 10.12.1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.05.2000 aufzuheben, die begehrte Geschäftsgebühr und die Erledigungsgebühr sowie die Auslagen gemäß §§ 26, 27 BRAGO in Höhe von insgesamt 7.440,80 DM abzüglich der bereits geleisteten Zahlung in Höhe von 517,00 DM (somit 6.923,80 DM) zu erstatten. Mehrwertsteuer sowie die Auslagen für das Protokoll des Amtsgerichts Tiergarten würden nicht mehr gefordert werden. Es sei von einer Arbeitgeberstreitigkeit auszugehen und der Gegenstandswert mit 500.000,00 DM anzusetzen.
Mit Urteil vom 14.09.2000 hat das Sozialgericht Nürnberg (SG) die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 10.12.1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.05.2000 verurteilt, dem Grunde nach die Aufwendungen für das Widerspruchsverfahren nach § 116 Abs 2 BRAGO zu erstatten. Vom Vorliegen einer sogenannten Arbeitgeberstreitigkeit sei auszugehen.
Gegen dieses Urteil hat die Beklagte Berufung zum Bayer. Landessozialgericht eingelegt. Mit zum Gegenstand des Rechtsstreits gewordenen Bescheid vom 15.06.2001 hat sich die Beklagte unter Aufgabe ihrer bisherigen Rechtsansicht bereit erklärt, gemäß dem Urteil des SG von einer Arbeitgeberstreitigkeit auszugehen. Der Gegenstandswert sei mit 8.000,00 DM festzusetzen, von einem höheren Gegenstandswert könne nicht ausgegangen werden. Zusammen mit der Auslagenpauschale (40,00 DM) und Schreibgebühren (7,00 DM) sei ein Betrag in Höhe von 410,75 DM zu erstatten. Eine Erledigungsgebühr sei nicht angefallen.
Die Beklagte beantragt sinngemäß, die Klage gegen den Bescheid vom 15.06.2001 abzuweisen.
Die Klägerin beantragt sinngemäß, die Berufung kostenpflichtig zurückzuweisen und die zu erstattenden Kosten ausgehend von einem Gegenstandswert in Höhe von 338.709,16 EUR festzusetzen.
Sie ist mit der Höhe der Gegenstandswertfestsetzung durch die Beklagte im Bescheid vom 15.06.2001 nicht einverstanden. Vom 05.01.1999 bis 04.01.2000 habe sie einen Umsatz in Höhe von 1.324.915,17 DM gemacht. Dieser Betrag sei, da es sich lediglich um eine Verwarnung handelte, zu halbieren, so dass der genannte Gegenstandswert anzunehmen sei. Eine Erledigungsgebühr werde im Hinblick auf die Rechtsprechung des Bayer. Landessozialgerichts nicht mehr gefordert.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die beigezogene Verwaltungsakte sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
Die Beteiligten sind mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden (§ 124 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG).
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Beklagten ist zulässig (§§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG), aber nicht begründet. Die Klage der Klägerin gegen den Bescheid vom 15.06.2001 ist zum Teil begründet. Die Beklagte hat Kosten in Höhe von insgesamt 1.220,80 DM abzüglich des bereits erstatteten Betrages in Höhe von 517,00 DM zu tragen.
Zutreffend ist das SG vom Vorliegen einer Arbeitgeberstreitigkeit im Sinne des § 116 Abs 2 BRAGO ausgegangen, was die Beklagte im Berufungsverfahren auch akzeptiert hat. Die dennoch aufrechterhaltene Berufung ist daher zurückzuweisen.
Im Hinblick auf den Abänderungsbescheid vom 15.06.2001, der gemäß §§ 153 Abs 1, 96 SGG Gegenstand des Berufungsverfahrens geworden ist, war allein noch die der Kostenberechnung zugrunde liegende Höhe des Gegenstandswertes streitig. Eine Erledigungsgebühr hat die Klägerin nicht mehr geltend gemacht. Ein Anspruch auf die geltend gemachten Auslagen in Höhe von insgesamt 47,00 DM besteht unstreitig. Der Gegenstandswert ist entgegen der Auffassung der Beklagten nicht mangels anderweitiger Anhaltspunkte auf 8.000,00 DM festzusetzen. Er ist allerdings auch nicht auf die Hälfte des in der Zeit vom 05.01.1999 bis 04.01.2000 getätigten Umsatzes festzulegen - so die Auffassung der Klägerin.
Gemäß § 63 Abs 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwaltes oder eines sonstigen Bevollmächtigten im Vorverfahren erstattungsfähig, wenn die Zuziehung eines Bevollmächtigten - wie hier der Fall - notwendig war. Mit "Gebühren und Auslagen" ist der gesetzliche Vergütungsanspruch gemeint, der sich für die Tätigkeit eines Rechtsanwaltes in einem Vorverfahren nach § 118 BRAGO (in der ab 01.07.1998 geltenden Fassung) iVm § 119 BRAGO (in der ab 01.10.1965 geltenden Fassung) richtet. Vorliegend hat sich das Widerspruchsverfahren durch Abhilfebescheid der Beklagten erledigt.
Zur Festsetzung der Gebühren und Auslagen ist die Bestimmung des Gegenstandswertes erforderlich, denn es handelt sich um eine Arbeitgeberstreitigkeit im Sinne des § 116 Abs 2 Satz 1 Nr 3 BRAGO.
Da sich aus den Bestimmungen des § 8 Abs 1 und Abs 2 Satz 1 BRAGO kein Ansatz für eine Festsetzung ergibt, ist der Gegenstandswert gemäß § 8 Abs 2 Satz 2 Halbs 1 BRAGO zunächst nach billigem Ermessen zu bestimmen und hierbei ergänzend § 13 des Gerichtskostengesetzes (GKG) heranzuziehen (vgl BSG in SozR 1930 § 8 Nr 2). Nach dieser Vorschrift richtet sich die Festsetzung grundsätzlich nach der Bedeutung der Sache, wie sie sich aus dem Antrag der Klägerin ergibt. Das entspricht in der Regel dem wirtschaftlichen Interesse an der erstrebten Entscheidung und ihren Auswirkungen (BayLSG Beschluss vom 18.10.2000 - L 10 B 185/00 AL). Für die Klägerin bestand das wirtschaftliche Interesse an der Erzielung von Gewinn. Hier war lediglich eine Verwarnung ausgesprochen worden, so dass dies allein zunächst zu keiner Gewinneinbuße führen konnte. Allerdings ist diese Verwarnung als Vorstufe zu einem Ausschluss von Werkverträgen anzusehen. Nach den Ausführungen der Beklagten sollte ein weiterer Verstoß quasi automatisch, dh ohne weitere Prüfung, zu einem Ausschluss führen; eine weitere Ermessensausübung oder Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes würde - nach den Formulierungen des Bescheides - nicht erfolgen. Dadurch ist die erteilte Verwarnung gleichzeitig als Vorstufe zu einer - möglicherweise - kommenden Gewinneinbuße anzusehen, gleichsam als drohende Gewinneinbuße. Die Verwarnung als Verwaltungsakt hatte bereits deutliche Rechtswirkung. Sie wäre - so sie rechtmäßig gewesen wäre - der Klägerin bei weiterem Verstoß von der Beklagten entgegen gehalten worden. Wegen der durchaus bestehenden Nähe zu einem Ausschluss ist es daher gerechtfertigt, den zu erwarteten bzw geschätzen Gewinn - nicht also den Umsatz - als den Wert des wirtschaftlichen Interesses der Klägerin heranzuziehen und nicht auf den Wert des § 8 Abs 2 Satz 2 Halbs 2 BRAGO (8.000,00 DM) abzustellen.
Der Gewinn selbst ist per Schätzung zu ermitteln. Dabei kann auf einen Gewinn in der Zeit vom 05.01.1999 bis 04.01.2000 abgestellt werden. Der später aufgehobene Verwarnungsbescheid datierte vom 05.01.1999. Beim drohenden Ausschluss von bis zu einem Jahr - es war bereits ein Bußgeld von 5.000,00 DM angedroht worden - ist es daher gerechtfertigt, den Umsatz des auf den Bescheid folgenden Jahres heranzuziehen. Vom Umsatz sind 9 % als durchschnittlicher Reingewinn anzusetzen (vgl hierzu: BayLSG Beschluss vom 18.10.2000 - L 10 B 185/00 AL - sowie Urteil vom 19.02.2002 - L 11 AL 249/98 - für den Baubereich, in Anlehnung an die Richtsätze des Bundesfinanzministeriums). Dieses Vorgehen erscheint auch bei ausländischen Unternehmen als angemessen (vgl hierzu: BayLSG Urteil vom 19.02.2002 - L 11 AL 249/98). Sonstige Ansatzpunkte zur Gewinnermittlung fehlen.
Der so ermittelte bzw geschätzte Gewinn ist zu halbieren, Gegenstand des Rechtsstreits war nicht der Ausschluss selbst. Nach billigem Ermessen ist es daher ausreichend, einen prozentualen Anteil am Gewinn heranzuziehen, denn eine Vorstufe zum eigentlichen Ausschluss hat geringere Bedeutung als der Ausschluss selbst (§ 13 GKG). Es scheint daher angemessen, lediglich die Hälfte des berechneten durchschnittlichen Reingewinns zugrunde zu legen.
Nach Angaben der Klägerin hat sie in der Zeit vom 05.01.1999 bis 04.01.2000 einen Nettoumsatz von 1.324.915,17 DM getätigt. Als Reingewinn ist daher ein Betrag in Höhe von 119.242,35 DM anzusetzen, der - da es sich lediglich um eine sogenannte Verwarnung handelte - zu halbieren ist. Der Gegenstandswert ist somit auf 59.629,18 DM festzulegen. Die sich hieraus ergebende volle Gebühr beträgt gemäß § 11 BRAGO 1.565,00 DM.
Gemäß § 118 Abs 1 Nr 1 BRAGO erhält der Rechtsanwalt 5/10 bis 10/10 der vollen Gebühr als Geschäftsgebühr. Hier wurde - nachdem keine Erledigungsgebühr mehr gefordert wird - 7,5/10 der vollen Gebühr von der Klägerin als Geschäftsgebühr geltend gemacht. Dieser Mittelwert erscheint als angemessen. Somit ist eine Geschäftsgebühr in Höhe von 1.173,80 DM (§ 11 Abs 2 Satz 2 BRAGO) angefallen. Zudem sind 40,00 DM Entgelte für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen gemäß § 26 BRAGO und - wie von der Klägerin gefordert - 7,00 DM Schreibauslagen gemäß § 27 BRAGO zu erstatten.
Der Erstattungsanspruch der Klägerin beträgt somit insgesamt 1.220,80 DM. Mit Bescheid vom 12.10.1999 hat die Beklagte bereits 517,00 DM erstattet, so dass von ihr lediglich noch ein Betrag in Höhe von 703,80 DM zu erbringen ist. Die Klage der Klägerin gegen den Bescheid vom 15.06.2001 ist daher insoweit begründet.
Ein höherer Erstattungsbetrag kommt allerdings nicht in Betracht. Der Gegenstandswert ist entgegen der Auffassung der Klägerin nicht anhand des hälftigen Umsatzes für die Zeit vom 05.01.1999 bis 04.01.2000, sondern anhand des hälftigen geschätzten Gewinnes zu ermitteln. Die Klage ist daher abzuweisen, soweit ein über den genannten Betrag hinausgehender Erstattungsanspruch geltend gemacht wird.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs 1 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen, sind nicht ersichtlich (§ 160 Abs 2 Nrn 1 und 2 SGG).
II. Auf die Klage der Klägerin wird der Bescheid vom 15.06.2001 abgeändert. Die Beklagte hat einen weiteren Betrag in Höhe von 703,80 DM (= 359,85 EUR) zu erstatten.
III. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
IV. Die Beklagte hat der Klägerin 1/5 der außergerichtlichen Kosten beider Rechtszüge zu erstatten.
V. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist zwischen den Beteiligten die Höhe der zu erstattenden Kosten für ein erfolgreich abgeschlossenes, isoliertes Widerspruchsverfahren.
Die Klägerin ist ein ungarisches Unternehmen, das im Rahmen des deutsch-ungarischen Regierungsabkommens in der Bundesrepublik Deutschland im Baubereich tätig ist.
Mit Bescheid vom 05.01.1999 verwarnte die Beklagte die Klägerin wegen der Beschäftigung von Arbeitnehmern ohne gültige Arbeitserlaubnis bei der Durchführung einer Baumaßnahme bei der Firma L. AG und drohte für den Wiederholungsfall den Ausschluss von der Durchführung künftiger Werkverträge an.
Im anschließenden Widerspruchsverfahren hob die Beklagte mit Abhilfebescheid den Bescheid vom 05.01.1999 auf und erklärte sich bereit, die im Widerspruchsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen der Klägerin auf Antrag zu erstatten.
Mit Kostenrechnung vom 02.09.1999 machte die Klägerin unter Annahme eines Gegenstandswertes von 500.000,00 DM Gebühren und Auslagen in Höhe von 8.634,33 DM geltend (7,5/10 Geschäftsgebühr gemäß § 118 Abs 1 Satz 1 Bundesrechtsanwaltsgebührenordnung - BRAGO - in Höhe von 3.168,80 DM, 10/10 Erledigungsgebühr gemäß § 24 BRAGO in Höhe von 4.225,00 DM, Post- und Telekommunikationsdienstleistungen gemäß § 26 BRAGO in Höhe von 40,00 DM, Schreibauslagen für sieben Seiten gemäß § 27 BRAGO in Höhe von 7,00 DM, 16 % MWSt gemäß § 25 BRAGO in Höhe von 1.190,53 DM und Auslagen für ein Protokoll einer mündlichen Verhandlung des Amtsgerichts Tiergarten in Höhe von 3,00 DM). Die Auftragssumme des Werkvertrages mit der Firma L. AG habe 1.175.578,00 DM für den Zeitraum vom 08.01.1997 bis 23.01.1998 betragen.
Mit Bescheid vom 10.12.1999 und Widerspruchsbescheid vom 24.05.2000 setzte die Beklagte die zu erstattenden Kosten auf 517,00 DM fest (Mittelgebühr: 470,00 DM, Pauschale gemäß § 26 BRAGO: 40,00 DM, Schreibgebühr/Fotokopie: 7.00 DM), wobei sie sich auf eine Rahmengebühr gemäß § 116 Abs 1 BRAGO bezog, eine sogenannte Arbeitgeberstreitigkeit liege nicht vor. Eine Erledigungsgebühr sei nicht entstanden, die geltend gemachte Mehrwertsteuer sei nicht erstattungsfähig, da die Klägerin in der Bundesrepublik Deutschland zum Vorsteuerabzug berechtigt sei.
Mit der dagegen zum Sozialgericht Nürnberg erhobenen Klage hat die Klägerin beantragt, den Bescheid vom 10.12.1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.05.2000 aufzuheben, die begehrte Geschäftsgebühr und die Erledigungsgebühr sowie die Auslagen gemäß §§ 26, 27 BRAGO in Höhe von insgesamt 7.440,80 DM abzüglich der bereits geleisteten Zahlung in Höhe von 517,00 DM (somit 6.923,80 DM) zu erstatten. Mehrwertsteuer sowie die Auslagen für das Protokoll des Amtsgerichts Tiergarten würden nicht mehr gefordert werden. Es sei von einer Arbeitgeberstreitigkeit auszugehen und der Gegenstandswert mit 500.000,00 DM anzusetzen.
Mit Urteil vom 14.09.2000 hat das Sozialgericht Nürnberg (SG) die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 10.12.1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.05.2000 verurteilt, dem Grunde nach die Aufwendungen für das Widerspruchsverfahren nach § 116 Abs 2 BRAGO zu erstatten. Vom Vorliegen einer sogenannten Arbeitgeberstreitigkeit sei auszugehen.
Gegen dieses Urteil hat die Beklagte Berufung zum Bayer. Landessozialgericht eingelegt. Mit zum Gegenstand des Rechtsstreits gewordenen Bescheid vom 15.06.2001 hat sich die Beklagte unter Aufgabe ihrer bisherigen Rechtsansicht bereit erklärt, gemäß dem Urteil des SG von einer Arbeitgeberstreitigkeit auszugehen. Der Gegenstandswert sei mit 8.000,00 DM festzusetzen, von einem höheren Gegenstandswert könne nicht ausgegangen werden. Zusammen mit der Auslagenpauschale (40,00 DM) und Schreibgebühren (7,00 DM) sei ein Betrag in Höhe von 410,75 DM zu erstatten. Eine Erledigungsgebühr sei nicht angefallen.
Die Beklagte beantragt sinngemäß, die Klage gegen den Bescheid vom 15.06.2001 abzuweisen.
Die Klägerin beantragt sinngemäß, die Berufung kostenpflichtig zurückzuweisen und die zu erstattenden Kosten ausgehend von einem Gegenstandswert in Höhe von 338.709,16 EUR festzusetzen.
Sie ist mit der Höhe der Gegenstandswertfestsetzung durch die Beklagte im Bescheid vom 15.06.2001 nicht einverstanden. Vom 05.01.1999 bis 04.01.2000 habe sie einen Umsatz in Höhe von 1.324.915,17 DM gemacht. Dieser Betrag sei, da es sich lediglich um eine Verwarnung handelte, zu halbieren, so dass der genannte Gegenstandswert anzunehmen sei. Eine Erledigungsgebühr werde im Hinblick auf die Rechtsprechung des Bayer. Landessozialgerichts nicht mehr gefordert.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die beigezogene Verwaltungsakte sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
Die Beteiligten sind mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden (§ 124 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG).
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Beklagten ist zulässig (§§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG), aber nicht begründet. Die Klage der Klägerin gegen den Bescheid vom 15.06.2001 ist zum Teil begründet. Die Beklagte hat Kosten in Höhe von insgesamt 1.220,80 DM abzüglich des bereits erstatteten Betrages in Höhe von 517,00 DM zu tragen.
Zutreffend ist das SG vom Vorliegen einer Arbeitgeberstreitigkeit im Sinne des § 116 Abs 2 BRAGO ausgegangen, was die Beklagte im Berufungsverfahren auch akzeptiert hat. Die dennoch aufrechterhaltene Berufung ist daher zurückzuweisen.
Im Hinblick auf den Abänderungsbescheid vom 15.06.2001, der gemäß §§ 153 Abs 1, 96 SGG Gegenstand des Berufungsverfahrens geworden ist, war allein noch die der Kostenberechnung zugrunde liegende Höhe des Gegenstandswertes streitig. Eine Erledigungsgebühr hat die Klägerin nicht mehr geltend gemacht. Ein Anspruch auf die geltend gemachten Auslagen in Höhe von insgesamt 47,00 DM besteht unstreitig. Der Gegenstandswert ist entgegen der Auffassung der Beklagten nicht mangels anderweitiger Anhaltspunkte auf 8.000,00 DM festzusetzen. Er ist allerdings auch nicht auf die Hälfte des in der Zeit vom 05.01.1999 bis 04.01.2000 getätigten Umsatzes festzulegen - so die Auffassung der Klägerin.
Gemäß § 63 Abs 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwaltes oder eines sonstigen Bevollmächtigten im Vorverfahren erstattungsfähig, wenn die Zuziehung eines Bevollmächtigten - wie hier der Fall - notwendig war. Mit "Gebühren und Auslagen" ist der gesetzliche Vergütungsanspruch gemeint, der sich für die Tätigkeit eines Rechtsanwaltes in einem Vorverfahren nach § 118 BRAGO (in der ab 01.07.1998 geltenden Fassung) iVm § 119 BRAGO (in der ab 01.10.1965 geltenden Fassung) richtet. Vorliegend hat sich das Widerspruchsverfahren durch Abhilfebescheid der Beklagten erledigt.
Zur Festsetzung der Gebühren und Auslagen ist die Bestimmung des Gegenstandswertes erforderlich, denn es handelt sich um eine Arbeitgeberstreitigkeit im Sinne des § 116 Abs 2 Satz 1 Nr 3 BRAGO.
Da sich aus den Bestimmungen des § 8 Abs 1 und Abs 2 Satz 1 BRAGO kein Ansatz für eine Festsetzung ergibt, ist der Gegenstandswert gemäß § 8 Abs 2 Satz 2 Halbs 1 BRAGO zunächst nach billigem Ermessen zu bestimmen und hierbei ergänzend § 13 des Gerichtskostengesetzes (GKG) heranzuziehen (vgl BSG in SozR 1930 § 8 Nr 2). Nach dieser Vorschrift richtet sich die Festsetzung grundsätzlich nach der Bedeutung der Sache, wie sie sich aus dem Antrag der Klägerin ergibt. Das entspricht in der Regel dem wirtschaftlichen Interesse an der erstrebten Entscheidung und ihren Auswirkungen (BayLSG Beschluss vom 18.10.2000 - L 10 B 185/00 AL). Für die Klägerin bestand das wirtschaftliche Interesse an der Erzielung von Gewinn. Hier war lediglich eine Verwarnung ausgesprochen worden, so dass dies allein zunächst zu keiner Gewinneinbuße führen konnte. Allerdings ist diese Verwarnung als Vorstufe zu einem Ausschluss von Werkverträgen anzusehen. Nach den Ausführungen der Beklagten sollte ein weiterer Verstoß quasi automatisch, dh ohne weitere Prüfung, zu einem Ausschluss führen; eine weitere Ermessensausübung oder Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes würde - nach den Formulierungen des Bescheides - nicht erfolgen. Dadurch ist die erteilte Verwarnung gleichzeitig als Vorstufe zu einer - möglicherweise - kommenden Gewinneinbuße anzusehen, gleichsam als drohende Gewinneinbuße. Die Verwarnung als Verwaltungsakt hatte bereits deutliche Rechtswirkung. Sie wäre - so sie rechtmäßig gewesen wäre - der Klägerin bei weiterem Verstoß von der Beklagten entgegen gehalten worden. Wegen der durchaus bestehenden Nähe zu einem Ausschluss ist es daher gerechtfertigt, den zu erwarteten bzw geschätzen Gewinn - nicht also den Umsatz - als den Wert des wirtschaftlichen Interesses der Klägerin heranzuziehen und nicht auf den Wert des § 8 Abs 2 Satz 2 Halbs 2 BRAGO (8.000,00 DM) abzustellen.
Der Gewinn selbst ist per Schätzung zu ermitteln. Dabei kann auf einen Gewinn in der Zeit vom 05.01.1999 bis 04.01.2000 abgestellt werden. Der später aufgehobene Verwarnungsbescheid datierte vom 05.01.1999. Beim drohenden Ausschluss von bis zu einem Jahr - es war bereits ein Bußgeld von 5.000,00 DM angedroht worden - ist es daher gerechtfertigt, den Umsatz des auf den Bescheid folgenden Jahres heranzuziehen. Vom Umsatz sind 9 % als durchschnittlicher Reingewinn anzusetzen (vgl hierzu: BayLSG Beschluss vom 18.10.2000 - L 10 B 185/00 AL - sowie Urteil vom 19.02.2002 - L 11 AL 249/98 - für den Baubereich, in Anlehnung an die Richtsätze des Bundesfinanzministeriums). Dieses Vorgehen erscheint auch bei ausländischen Unternehmen als angemessen (vgl hierzu: BayLSG Urteil vom 19.02.2002 - L 11 AL 249/98). Sonstige Ansatzpunkte zur Gewinnermittlung fehlen.
Der so ermittelte bzw geschätzte Gewinn ist zu halbieren, Gegenstand des Rechtsstreits war nicht der Ausschluss selbst. Nach billigem Ermessen ist es daher ausreichend, einen prozentualen Anteil am Gewinn heranzuziehen, denn eine Vorstufe zum eigentlichen Ausschluss hat geringere Bedeutung als der Ausschluss selbst (§ 13 GKG). Es scheint daher angemessen, lediglich die Hälfte des berechneten durchschnittlichen Reingewinns zugrunde zu legen.
Nach Angaben der Klägerin hat sie in der Zeit vom 05.01.1999 bis 04.01.2000 einen Nettoumsatz von 1.324.915,17 DM getätigt. Als Reingewinn ist daher ein Betrag in Höhe von 119.242,35 DM anzusetzen, der - da es sich lediglich um eine sogenannte Verwarnung handelte - zu halbieren ist. Der Gegenstandswert ist somit auf 59.629,18 DM festzulegen. Die sich hieraus ergebende volle Gebühr beträgt gemäß § 11 BRAGO 1.565,00 DM.
Gemäß § 118 Abs 1 Nr 1 BRAGO erhält der Rechtsanwalt 5/10 bis 10/10 der vollen Gebühr als Geschäftsgebühr. Hier wurde - nachdem keine Erledigungsgebühr mehr gefordert wird - 7,5/10 der vollen Gebühr von der Klägerin als Geschäftsgebühr geltend gemacht. Dieser Mittelwert erscheint als angemessen. Somit ist eine Geschäftsgebühr in Höhe von 1.173,80 DM (§ 11 Abs 2 Satz 2 BRAGO) angefallen. Zudem sind 40,00 DM Entgelte für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen gemäß § 26 BRAGO und - wie von der Klägerin gefordert - 7,00 DM Schreibauslagen gemäß § 27 BRAGO zu erstatten.
Der Erstattungsanspruch der Klägerin beträgt somit insgesamt 1.220,80 DM. Mit Bescheid vom 12.10.1999 hat die Beklagte bereits 517,00 DM erstattet, so dass von ihr lediglich noch ein Betrag in Höhe von 703,80 DM zu erbringen ist. Die Klage der Klägerin gegen den Bescheid vom 15.06.2001 ist daher insoweit begründet.
Ein höherer Erstattungsbetrag kommt allerdings nicht in Betracht. Der Gegenstandswert ist entgegen der Auffassung der Klägerin nicht anhand des hälftigen Umsatzes für die Zeit vom 05.01.1999 bis 04.01.2000, sondern anhand des hälftigen geschätzten Gewinnes zu ermitteln. Die Klage ist daher abzuweisen, soweit ein über den genannten Betrag hinausgehender Erstattungsanspruch geltend gemacht wird.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs 1 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen, sind nicht ersichtlich (§ 160 Abs 2 Nrn 1 und 2 SGG).
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