L 7 P 50/02

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Pflegeversicherung
Abteilung
7
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 44 P 25/01
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 7 P 50/02
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 02.08.2002 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die Bewilligung von Leistungen der privaten Pflegeversicherung nach Pflegestufe III für die Betreuung der in Portugal lebenden Ehefrau des Klägers streitig.

Die am 1956 geborene Ehefrau des Klägers wurde 1994 an einem Gehirntumor operiert, in dessen Folge sie vor allem an Koordinations- und Gleichgewichtsstörungen, einer Psychose und Halluzinationen leidet. Sie ist auf den Rollstuhl angewiesen und wird seit Mai 2000 in einem Pflegeheim in Portugal stationär betreut.

Am 29.10.1998 beantragte der Kläger für seine Ehefrau Leistungen der privaten Pflegeversicherung, woraufhin die Beklagte den Sachverständigen Dr.S. mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragte. Nach einer ambulanten Untersuchung der Ehefrau des Klägers in Portugal kam der Sachverständige in seinem Gutachten vom 24.09.2000 zusammengefasst zu dem Ergebnis, dass bei der Ehefrau des Klägers bei einem Gesamtzeitaufwand von 219 Minuten ein anrechenbarer Grundpflegebedarf von 159 Minuten vorliege. Daraufhin erteilte die Beklagte am 23.11.2000 eine Zusage für Pflegestufe II ab 02.05.2000 im Rahmen der Tarifstufe PVB zu 30 % der Leistungen.

Mit seiner dagegen zum Sozialgericht (SG) München erhobenen Klage hat der Kläger Leistungen nach der Pflegestufe III begehrt. Die von Dr.S. festgesetzten Minutenbeträge für die Grundpflege seien absurd. Außer zur Schlafenszeit müsse sich ständig eine Hilfsperson in der Nähe seiner Frau aufhalten. Diese bedauernswerte Abhängigkeit lasse sich leider auch nicht mit 159 Minuten Grundpflegebedarf komprimieren. Für alle Hilfeleistungen stehe in dem portugiesischen Pflegeheim qualifiziertes Personal rund um die Uhr bereit. Auch sei nicht ausreichend berücksichtigt worden, dass sich seine Frau im Rollstuhl befinde.

Unter Hinweis auf das Gutachten von Dr.S. vom 24.09.2000 hat die Beklagte die Klageabweisung beantragt und dabei auf mehrere ergangene Urteile verwiesen. Die Beklagte hat sodann eine ergänzende Stellungnahme von Dr.S. eingeholt. In seiner Stellungnahme vom 11.10.2001 hat dieser erneut die Pflegestufe II bestätigt. Der Kläger hat ein von ihm erstelltes "Pflegetagebuch" vorgelegt, in dem er den konkreten Pflegebedarf im Einzelnen dargestellt hat. Aufgrund seiner eigenen Erfahrungen könne er die Pflege seiner Ehefrau beurteilen.

Im Termin zur mündlichen Verhandlung am 02.08.2002 hat das SG darauf hingewiesen, dass nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) ein gerichtliches Sachverständigengutachten im Rahmen der privaten Pflegeversicherung nicht zu berücksichtigen sei, soweit dass der Leistungszusage zugrunde liegende Gutachten verbindlich sei, wenn nicht offensichtliche Zweifel bestünden. Mit Urteil vom 02.08.2002 hat es die Klage abgewiesen. Die Klage sei für den streitbefangenen Zeitraum nicht begründet, da die versicherte Ehefrau des Klägers nach Überzeugung des Gerichts jedenfalls für diesen Zeitraum korrekt in die Pflegeversicherung eingestuft gewesen sei. Zur hier relevanten Frage der Feststellung der Pflegebedürftigkeit bestimme § 6 Abs.2 MB/PPV 1996, dass u.a. Eintrittsstufe und Fortdauer der Pflegebedürftigkeit durch einen vom Versicherer beauftragten Arzt festgestellt werden. Gemäß § 64 Abs.1 Satz 1 Versicherungsvertragsgesetz (VVG) seien Versicherer und Versicherungsnehmer an die Feststellungen des Sachverständigen zu den Voraussetzungen des Anspruchs aus der Versicherung oder zur Höhe des Schadens grundsätzlich gebunden, wenn diese wie hier vertraglich vereinbart sei. Die Feststellungen des Sachverständigen seien nur dann nicht verbindlich, wenn sie offenbar von der wirklichen Sachlage erheblich abweichen würden, wobei nur auf den Sachstand und die Erkenntnismittel zur Zeit der Begutachtung abzustellen sei. Wie das BSG in seinem Urteil vom 22.08.2001, Az.: B 3 P 21/00 R, SozR 3-3300 § 23 Nr.5 entschieden habe, führe die Anwendbarkeit des § 64 VVG bei Streitigkeiten über die Leistungspflicht in der privaten Pflegeversicherung im Ergebnis zu einer Einschränkung des Umfangs der gerichtlichen Kontrolle. Hieran ändere auch das im Sozialgerichtsprozess geltende Amtsermittlungprinzip nichts, denn der Umfang der Amtsermittlung richte sich nach den jeweils maßgebenden materiell-rechtlichen Vorgaben. Vom erkennenden Gericht sei daher nurmehr zu überprüfen gewesen, ob das im Auftrag der Beklagten eingeholte Sachverständigengutachten offenbar von der wirklichen Sachlage erheblich abweiche, wobei nur auf den Sachstand und die Erkenntnismittel zur Zeit der Begutachtung abzustellen sei. Ausschlaggebend für die Verneinung dieser Frage sei insbesondere die erhebliche Differenz von über 80 Minuten notwendiger Grundpflege, die sich zwischen dem von Herrn Dr.S. errechneten Grundpflegebedarf und dem notwendigen Pflegebedarf für Pflegestufe III in der Höhe von mindestens vier Stunden (vgl. § 15 Abs.2 Ziffer 3 SGB XI) ergeben habe. Selbst unter Einbeziehung der Möglichkeit, dass vom Gutachter einzelne Pflegeleistungen nicht angemessen berücksichtigt worden seien, stehe für das Gericht daher fest, dass bei der Versicherten zum Zeitpunkt der Begutachtung eine Pflegebedürftigkeit nach Pflegestufe III nicht vorgelegen habe. Da das Gutachten von Dr.S. daher nicht offenbar von der wirklichen Sachlage abgewichen sei, sei es für alle Beteiligten verbindlich.

Die dagegen eingelegte Berufung wurde nicht begründet.

Der Kläger beantragt, die Beklagte unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts München vom 02.08.2002 zu verurteilen, ihm Leistungen für seine Ehefrau nach der Pflegestufe III ab 02.05.2000 zu bewilligen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Sie vertritt weiterhin die Auffassung, dass bei der Ehefrau des Klägers die Voraussetzungen für die Bewilligung von Leistungen nach Pflegestufe III nicht gegeben sind.

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird im Übrigen auf den Inhalt der Verwaltungsunterlagen der Beklagten und der Verfahrensakten beider Rechtszüge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (§§ 143, 151 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG -), ein Ausschließungsgrund (§ 144 Abs 1 SGG) liegt nicht vor.

In der Sache erweist sich das Rechtsmittel als unbegründet. Zu Recht hat das SG die Klage abgewiesen, da der Ehefrau des Klägers Leistungen nach Pflegestufe III nicht zustehen. Der Senat folgt insoweit den Gründen des angefochtenen Urteils des SG und sieht gemäß § 153 Abs.2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab.

Somit war die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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