Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
16
1. Instanz
SG Landshut (FSB)
Aktenzeichen
S 4 RJ 316/01 A
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 16 RJ 169/02
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 23. November 2001 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist ein Anspruch des Klägers auf Gewährung einer Rente wegen Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit.
Der 1949 geborene Kläger ist kroatischer Staatsangehöriger, mit Wohnsitz in Kroatien und bezieht dort seit 28.10.1998 eine Invalidenrente.
Er hat nach eigenen Angaben keinen Beruf erlernt und war in Deutschland vom 25.06.1970 bis 31.10.1970 als Arbeiter, vom 01.11.1970 bis 31.03.1973 als Chemiebetriebsarbeiter und anschließend bis zum 06.04.1979 als Chemiefacharbeiter sozialversicherungspflichtig beschäftigt (Arbeitszeugnis vom 06.04.1979).
Der Kläger hat in Kroatien Versicherungszeiten vom 01.08.1966 bis 15.03.1968 sowie vom 05.03.1979 bis 28.10.1998 (HR-D 205 vom 27.06.2000) und in Deutschland Pflichtbeitragszeiten vom 25.06.1970 bis 06.04.1979 zurückgelegt.
Am 09.10.1998 beantragte der Kläger über den kroatischen Rentenversicherungsträger Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit (HR-D 201 vom 27.06.2000). Dem Antrag waren mehrere Krankenhausentlassungsberichte aus den Jahren 1996 bis 1998 über die in Kroatien erfolgte Behandlung einer 1995 erlittenen Unterschenkelfraktur sowie ein nach ambulanter Untersuchung vom 23.05.2000 erstelltes Gutachten der dortigen Invalidenkommission vom 07.06.2000 beigefügt. Die Invalidenkommission stellte beim Kläger einen Zustand nach Unterschenkelamputation rechts (1998) und einen Diabetes mellitus fest. Als Chemiearbeiter könne der Kläger nur noch unter zwei Stunden tätig sein. Der Sozialärztliche Dienst der Beklagten stimmte dem zu, befand den Kläger im Übrigen aber für fähig, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt noch vollschichtig leichte Arbeiten überwiegend im Sitzen, zu ebener Erde, ohne erhöhte Verletzungsgefahr, besonderen Zeitdruck oder Wechselschicht zu verrichten (Stellungnahme vom 14.08.2000).
Die Beklagte lehnte den Rentenantrag daraufhin ab (Bescheid vom 22.09.2000). Bei vollschichtiger Leistungsfähigkeit sei der Kläger weder berufs- noch erwerbsunfähig.
Den dagegen vom Kläger unter Hinweis auf seine kroatische Invalidenrente und seine Tätigkeit als Chemiefacharbeiter erhobenen Widerspruch (Schreiben vom 09.12.2000) wies die Beklagte zurück (Widerspruchsbescheid vom 20.02.2001). Der Kläger sei weder berufs- noch erwerbsunfähig. Berufsschutz bestehe nicht, da der Kläger in Kroatien oder Deutschland keine Lehre absolviert habe und der Arbeitgeber über die Qualität der Tätigkeit eines Chemiefacharbeiters keine Angaben mehr machen könne. Selbst bei einer Zuordnung zur Gruppe der oberen Angelernten bestehe keine Berufsunfähigkeit, da der Kläger noch auf die Tätigkeit eines Tagespförtners, eines Briefsortierers oder Kleinteilemontierers verwiesen werden könne.
Nachdem der frühere Arbeitgeber des Klägers zunächst telefonisch mitgeteilt hatte, über die Tätigkeit des Klägers lägen keine Unterlagen mehr vor, ging nach Auslaufen des Widerspruchsbescheides (21.02.2001) eine Arbeitgeberauskunft vom 23.02.2001 bei der Beklagten ein.
Am 26.03.2001 hat der Kläger zum Sozialgericht Landshut (SG) Klage erhoben. Er leide an den Folgen der Unterschenkelamputation, einer Zuckerkrankheit und einer Augenschwäche. Infolge der Zuckerkrankheit und fortschreitender Gangräne drohe ihm eine weitere Amputation. Er habe vom 01.04.1973 bis 06.04.1979 eine Facharbeitertätigkeit ausgeübt, für die er 33 Monate angelernt worden sei. Diese Tätigkeit habe er nicht aus gesundheitlichen Gründen aufgegeben.
Das SG hat ein Gutachten der Sozialmedizinerin Dr. T. vom 22.11.2001 eingeholt. Diese hat nach ambulanter Untersuchung des Klägers folgende Diagnosen gestellt:
- Verlust des rechten Unterschenkels - Hüft- und Kniegelenksarthrose rechts - wirbelsäulenabhängige Beschwerden bei degenerativen Verände- rungen - Diabetes mellitus mit Neuropathie - labiler Bluthochdruck (unbehandelt) - Bronchitis bei Nikotinabusus - nebenbefundlich Zustand nach Rippenfrakturen rechts, leichte Varikosis links ohne Komplikationen
Der Gesundheitszustand des Klägers habe sich gegenüber dem Gutachten der Invalidenkommission nicht wesentlich geändert. Er könne noch vollschichtig leichte Arbeiten im Sitzen in geschlossenen, wohl temperierten Räumen verrichten und Fußwege von über 500 Metern zurücklegen. Die Umstellungsfähigkeit sei alters- und ausbildungsentsprechend gegeben.
Das SG hat daraufhin die Klage vom 26.03.2001 abgewiesen (Urteil vom 23.11.2001). Der Kläger sei als einfach angelernter Arbeiter auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbar und könne dort noch vollschichtig erwerbstätig sein.
Gegen das am 04.03.2002 zugestellte Urteil hat der Kläger mit Schreiben vom 26.03.2002 - beim Bayer. Landessozialgericht (LSG) am 05.04.2002 eingegangen - Berufung eingelegt. Die medizinischen Befunde seien zutreffend erhoben, jedoch nicht richtig bewertet worden. Außerdem genieße er Berufsschutz als Facharbeiter.
Der Senat hat ein Gutachten des Orthopäden Dr. G. vom 18.11.2002 eingeholt. Dieser hat nach ambulanter Untersuchung des Klägers vom 12.11.2002 folgende Diagnosen gestellt:
- Zustand nach Unterschenkelamputation rechts 1998 - Hüftgelenksarthrose rechts - Kniegelenksarthrose rechts - degeneratives Lendenwirbelsäulensyndrom mit anhaltender Funk tionsbehinderung, häufigen rezidivierenden stärkeren und langanhaltenden Muskelreizerscheinungen ohne Nervendehnungs- zeichen oder radikuläres neurologisches Defizit - fachfremd: Diabetes mellitus mit linksseitiger Polyneuropathie, labiler Bluthochdruck, chronisch rezidivierende Bronchitis bei Nikotinabusus.
Er hält den Kläger noch für fähig, vollschichtig leichte Arbeiten fast ausschließlich im Sitzen mit weiteren qualitativen Leistungseinschränkungen zu verrichten. Gegenüber dem Gutachten der Sachverständigen Dr. T. habe sich keine Befundänderung und damit keine wesentliche Änderung des Leistungsvermögens ergeben, jedoch halte er Anmarschwege von deutlich über 500 Metern nicht mehr für zumutbar. Öffentliche Verkehrsmittel könne der Kläger nur eingeschränkt benutzen, die Benutzung eines eigenen Kraftfahrzeugs sei bei entsprechender Umrüstung möglich.
Der Kläger beantragt sinngemäß, das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 23.11.2001 und den Bescheid der Beklagten vom 22.09.2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.02.2001 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm Rente wegen Erwerbsunfä- higkeit, hilfsweise wegen Berufsunfähigkeit, zu gewähren.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Der Senat hat die Akten der Beklagten sowie die Prozessakte des Sozialgerichts Landshut beigezogen. Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf die beigezogenen Akten und die Berufungsakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (§§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz -SGG-), aber nicht begründet.
Das SG hat die Klage gegen den Bescheid der Beklagten vom 22.09.2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.02.2001 mit Urteil vom 23.11.2001 zu Recht abgewiesen. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit oder Erwerbsminderung.
Der Anspruch des Klägers auf Versichertenrente richtet sich nach den Vorschriften des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VI) in der bis zum 31.12.2000 geltenden Fassung (a.F.), da der Rentenantrag am 09.10.1998 gestellt wurde und Rente ab diesem Zeitpunkt begehrt wird (§ 300 Abs 2 SGB VI). Soweit die Entstehung eines Rentenanspruchs für die Zeit nach dem 31.12.2000 in Betracht kommt, richtet sich der Anspruch des Klägers nach den Vorschriften des SGB VI in der ab 01.01.2001 geltenden Fassung (n.F.).
Nach § 43 SGB VI (a.F.) haben Versicherte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres Anspruch auf Rente wegen Berufsunfähigkeit, wenn sie 1. berufsunfähig sind, 2. in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Berufsunfähig keit drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Be schäftigung oder Tätigkeit haben und 3. vor Eintritt der Berufsunfähigkeit die allgemeine Wartezei terfüllt haben.
Zwar hat der Kläger bereits aufgrund der in der deutschen Rentenversicherung zurückgelegten Beitragszeiten die allgemeine Wartezeit (§§ 50 Abs.1 Satz 1, 51 Abs.1 SGB VI) erfüllt. Bei ihm liegt jedoch weder Berufs- noch Erwerbsunfähigkeit vor.
Berufsunfähig sind Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung auf weniger als die Hälfte derjenigen von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Zumutbar ist stets eine Tätigkeit, für die die Versicherten durch Leistungen zur beruflichen Rehabilitation mit Erfolg ausgebildet oder umgeschult worden sind. Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit vollschichtig ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs. 2 SGB VI a.F.).
Dagegen besteht Erwerbsunfähigkeit bei solchen Versicherten, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, eine Erwerbstätigkeit in gewisser Regelmäßigkeit auszuüben oder Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen zu erzielen, das ein Siebtel der monatlichen Bezugsgröße (ab 01.04.1999 630,00 DM) übersteigt (§ 44 Abs. 2 Satz 1 SGB VI a.F.). Da der Versicherungsfall der Erwerbsunfähigkeit an strengere Voraussetzungen geknüpft ist, als derjenige der Berufsunfähigkeit, folgt aus der Verneinung von Berufsunfähigkeit ohne Weiteres das Fehlen von Erwerbsunfähigkeit (vgl. Bundessozialgericht - BSG - Urteil vom 05.04.2001 - B 13 RJ 61/00 R -).
Ausgangspunkt für die Prüfung von Berufsunfähigkeit ist nach der ständigen Rechtssprechung des Bundessozialgerichts der "bisherige Beruf", den der Versicherte ausgeübt hat. In der Regel ist dies die letzte, nicht nur vorübergehende versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit, von der auch bei nur kurzfristiger Ausübung auszugehen ist, wenn sie zugleich die qualitativ höchste im Berufsleben des Versicherten gewesen ist (vgl. BSG SozR 2200 § 1246 Nrn. 130, 164). Kann ein Versicherter seinen bisherigen Beruf nicht mehr ausüben, liegt Berufsunfähigkeit aber nur dann vor, wenn es nicht zumindest eine andere berufliche Tätigkeit gibt, die ihm sozial zumutbar und für ihn sowohl gesundheitlich als auch fachlich geeignet ist. Die soziale Zumutbarkeit einer Verweisungstätigkeit richtet sich nach der Wertigkeit des bisherigen Berufes. Zur Erleichterung dieser Beurteilung hat die Rechtsprechung des BSG die Berufe der Versicherten ausgehend von der Bedeutung, die Dauer und Umfang der Ausbildung für die Qualität eines Berufs haben, in Gruppen eingeteilt, die durch die Leitberufe des Vorarbeiters mit Vorgesetztenfunktion bzw. des besonders hoch qualifizierten Facharbeiters, des Facharbeiters (anerkannter Ausbildungsberuf mit einer Ausbildungszeit von mehr als zwei Jahren), des angelernten Arbeiters (sonstiger Ausbildungsberuf mit einer Regelausbildungszeit von drei Monaten bis zu zwei Jahren) und des ungelernten Arbeiters charakterisiert werden (vgl. BSG SozR 2200 § 1246 Nrn. 132, 138, 140). Die Einordnung eines Berufes in dieses Mehrstufenschema erfolgt nicht ausschließlich nach der Dauer der absolvierten, förmlichen Berufsausbildung. Ausschlaggebend ist vielmehr allein die Qualität der verrichteten Arbeit, das heißt der aus einer Mehrzahl von Faktoren zu ermittelnde Wert der Arbeit für den Betrieb. Es kommt auf das Gesamtbild an, wie es durch die in § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI a.F. am Ende genannten Merkmale (Dauer und Umfang der Ausbildung sowie des bisherigen Berufs und besondere Anforderungen der bisherigen Berufstätigkeit) umschrieben wird (vgl. BSG SozR 3-2200 § 1246 Nrn. 27, 33).
Maßgebend für die Bestimmung des bisherigen Berufs des Versicherten sind nur die in der deutschen Rentenversicherung versicherungspflichtig ausgeübten Beschäftigungen oder Tätigkeiten, sofern nicht ein zwischenstaatliches Abkommen oder überstaatliches Recht (insb. das europäische koordinierende Sozialrecht) im Einzelfall die Berücksichtigung einer im Abkommens- bzw. Mitgliedsstaat ausgeübten Beschäftigung oder Tätigkeit vorsieht. Das Deutsch-Jugoslawische Abkommen über Soziale Sicherheit und das ab 01.12.1998 im Verhältnis zu Kroatien an seine Stelle getretene Deutsch-Kroatische Abkommen über Soziale Sicherheit enthalten hierzu keine Regelungen.
Grundsätzlich darf der Versicherte im Vergleich zu seinem bisherigen Beruf auf die nächst niedrigere Gruppe verwiesen werden (vgl. BSG SozR 3-2200 § 1246 Nr. 5).
Nach den vom BSG aufgestellten Kriterien ist der Kläger der Gruppe der einfach angelernten Arbeiter (Anlern- oder Ausbildungszeit von drei bis zwölf Monaten) zuzuordnen. Der Kläger hat keinen Beruf erlernt und war in der Bundesrepublik ohne einschlägige Vortätigkeit vom 25.06.1970 bis 06.04.1979 durchgehend beim selben Arbeitgeber zunächst als Arbeiter, dann als Chemiearbeiter und schließlich als Chemiefacharbeiter sozialversicherungspflichtig beschäftigt. Bei der Tätigkeit als Chemiefacharbeiter handelte es sich nach Auskunft des Arbeitgebers vom 23.02.2001 um eine einfach angelernte Tätigkeit (Anlernzeit von drei bis zwölf Monaten). Der Kläger wurde auch entsprechend entlohnt. Die vom Arbeitgeber angegebene Lohngruppe III des Tarifvertrages der Chemischen Industrie Rheinland-Pfalz umfasst Arbeitnehmer, die Tätigkeiten verrichten, für die Kenntnisse und Fertigkeiten erforderlich sind, die durch eine Berufspraxis von in der Regel sechs bis fünfzehn Monaten erworben werden. Anhaltspunkt für eine Unrichtigkeit der Arbeitgeberauskunft liegen nicht vor.
Als einfach angelernter Arbeiter ist der Kläger auf ungelernte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verweisbar. Er ist auch gesundheitlich in der Lage, solche Tätigkeiten noch vollschichtig zu verrichten.
Dies ergibt sich aus den Gutachten der Sachverständigen Dr. T. und Dr. G ... Danach wird das Leistungsvermögen des Klägers in erster Linie durch einen Zustand nach Amputation des rechten Unterschenkels 1998 als Folge einer mehrfach operierten Unterschenkelfraktur 1995 beeinträchtigt. Der Kläger ist mit einer Unterschenkelprothese versorgt. Am Knie finden sich für Prothesenträger typische entzündliche, leicht ekzematöse Hautveränderungen bei ansonsten unauffälligem Befund am Stumpf. Das Gangbild war ohne Unterarmgehstützen unsicher, mit Unterarmgehstützen deutlich harmonischer und flüssiger mit nahezu normaler Schrittlänge. Daneben besteht eine Hüftgelenksarthrose rechts mit belastungsabhängigen Beschwerden und mäßiger Bewegungseinschränkung sowie eine Kniegelenksarthrose rechts mit ebenfalls belastungsabhängigen Beschwerden. Mit Ausnahme einer diabetesbedingten leichten Polyneuropathie am linken Fuß liegen an den unteren und oberen Extremitäten keine weiteren leistungsmindernden Gesundheitsstörungen vor. Weiter besteht ein degeneratives Lendenwirbelsäulen-Syndrom mit endgradiger Bewegungseinschränkung und Muskelreizerscheinungen, jedoch ohne Hinweise auf neurologische Defizite. An der Hals- und Brustwirbelsäule finden sich keine nennenswerten Beeinträchtigungen. Der seit mindestens 1995 bestehende Diabetes mellitus ist medikamentös eingestellt und hat nach den von Dr. T. am 22.11.2001 erhobenen Befunden mit Ausnahme der Polyneuropathie keine weitergehenden dauerhaften Gesundheitsschäden herbeigeführt. Insbesondere liegt keine wesentliche diabetische Nierenschädigung und keine Augenhindergrundveränderung vor. Ein beim Kläger bestehender labiler Bluthochdruck ist nach Angaben der Sachverständigen kontrollbedürftig, hat jedoch ebenso wie die chronisch rezidivierende Bronchitis keine Auswirkungen auf das zeitliche Leistungsvermögen des Klägers. Allerdings sind dem Kläger infolge der orthopädischen Gesundheitsbeeinträchtigungen Arbeiten überwiegend im Stehen und Gehen sowie das Heben über fünf Kilogramm und das Bücken oder Verharren in Zwangshaltung ebenso wie das Arbeiten auf Leitern und Gerüsten nicht mehr möglich. Darüber hinaus ist wegen der chronisch rezidivierenden Bronchitis der Einfluss von Nässe, Staub und Zugluft zu vermeiden. Auch Arbeiten an laufenden Maschinen sind dem Kläger nach Ansicht des Sachverständigen Dr. G. nicht mehr zumutbar.
Der Kläger ist auch noch in der Lage, Anmarschwege zu und von der Arbeitsstelle von jeweils 500 Metern Länge vier Mal täglich zurückzulegen. Zwar weist der Sachverständige Dr. G. in seinem Gutachten darauf hin, dass er im Gegensatz zur Sachverständigen Dr. T. Anmarschwege von deutlich über 500 Meter nicht mehr für zumutbar hält, doch ist seinen Ausführungen nicht zu entnehmen, dass die Wegefähigkeit des Klägers auf unter 500 Meter herabgesunken ist.
Der Senat schließt sich der von den Sachverständigen Dr. T. und Dr. G. unter Berücksichtigung der von ihnen selbst erhobenen Befunde und der vorhandenen Vorbefunde schlüssig und überzeugend dargelegten Beurteilung an. Anhaltspunkte für Gesundheitsstörungen, die zu einer weitergehenden Beeinträchtigung des Leistungsvermögens beim Kläger führen könnten, liegen nicht vor.
Bei einer vollschichtigen Leistungsfähigkeit für leichte Arbeiten ist der Kläger ohne Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbar. Schwere spezifische Leistungsbehinderungen oder eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen, die ausnahmsweise die Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit erforderlich machen würden (vgl. BSGE 80, 24), liegen nicht vor. Für ungelernte Tätigkeiten typische Verrichtungen wie das Zureichen, Abnehmen, Sortieren, Verpacken oder Montieren sind dem weder hinsichtlich der Konzentrations- und Umstellungsfähigkeit noch der Feinmotorik erkennbar eingeschränkten Kläger ohne Weiteres möglich.
Ist der Kläger nicht berufsunfähig nach § 43 Abs. 2 SGB VI a.F., so liegt auch keine Erwerbsunfähigkeit nach § 44 SGB VI a.F. oder Erwerbsminderung nach §§ 240, 43 SGB VI n.F. (die ein unter sechsstündiges Leistungsvermögen voraussetzen würde) vor.
Einer Prüfung der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die Gewährung einer Rente bedarf es bei dieser Sachlage nicht.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG), liegen nicht vor.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist ein Anspruch des Klägers auf Gewährung einer Rente wegen Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit.
Der 1949 geborene Kläger ist kroatischer Staatsangehöriger, mit Wohnsitz in Kroatien und bezieht dort seit 28.10.1998 eine Invalidenrente.
Er hat nach eigenen Angaben keinen Beruf erlernt und war in Deutschland vom 25.06.1970 bis 31.10.1970 als Arbeiter, vom 01.11.1970 bis 31.03.1973 als Chemiebetriebsarbeiter und anschließend bis zum 06.04.1979 als Chemiefacharbeiter sozialversicherungspflichtig beschäftigt (Arbeitszeugnis vom 06.04.1979).
Der Kläger hat in Kroatien Versicherungszeiten vom 01.08.1966 bis 15.03.1968 sowie vom 05.03.1979 bis 28.10.1998 (HR-D 205 vom 27.06.2000) und in Deutschland Pflichtbeitragszeiten vom 25.06.1970 bis 06.04.1979 zurückgelegt.
Am 09.10.1998 beantragte der Kläger über den kroatischen Rentenversicherungsträger Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit (HR-D 201 vom 27.06.2000). Dem Antrag waren mehrere Krankenhausentlassungsberichte aus den Jahren 1996 bis 1998 über die in Kroatien erfolgte Behandlung einer 1995 erlittenen Unterschenkelfraktur sowie ein nach ambulanter Untersuchung vom 23.05.2000 erstelltes Gutachten der dortigen Invalidenkommission vom 07.06.2000 beigefügt. Die Invalidenkommission stellte beim Kläger einen Zustand nach Unterschenkelamputation rechts (1998) und einen Diabetes mellitus fest. Als Chemiearbeiter könne der Kläger nur noch unter zwei Stunden tätig sein. Der Sozialärztliche Dienst der Beklagten stimmte dem zu, befand den Kläger im Übrigen aber für fähig, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt noch vollschichtig leichte Arbeiten überwiegend im Sitzen, zu ebener Erde, ohne erhöhte Verletzungsgefahr, besonderen Zeitdruck oder Wechselschicht zu verrichten (Stellungnahme vom 14.08.2000).
Die Beklagte lehnte den Rentenantrag daraufhin ab (Bescheid vom 22.09.2000). Bei vollschichtiger Leistungsfähigkeit sei der Kläger weder berufs- noch erwerbsunfähig.
Den dagegen vom Kläger unter Hinweis auf seine kroatische Invalidenrente und seine Tätigkeit als Chemiefacharbeiter erhobenen Widerspruch (Schreiben vom 09.12.2000) wies die Beklagte zurück (Widerspruchsbescheid vom 20.02.2001). Der Kläger sei weder berufs- noch erwerbsunfähig. Berufsschutz bestehe nicht, da der Kläger in Kroatien oder Deutschland keine Lehre absolviert habe und der Arbeitgeber über die Qualität der Tätigkeit eines Chemiefacharbeiters keine Angaben mehr machen könne. Selbst bei einer Zuordnung zur Gruppe der oberen Angelernten bestehe keine Berufsunfähigkeit, da der Kläger noch auf die Tätigkeit eines Tagespförtners, eines Briefsortierers oder Kleinteilemontierers verwiesen werden könne.
Nachdem der frühere Arbeitgeber des Klägers zunächst telefonisch mitgeteilt hatte, über die Tätigkeit des Klägers lägen keine Unterlagen mehr vor, ging nach Auslaufen des Widerspruchsbescheides (21.02.2001) eine Arbeitgeberauskunft vom 23.02.2001 bei der Beklagten ein.
Am 26.03.2001 hat der Kläger zum Sozialgericht Landshut (SG) Klage erhoben. Er leide an den Folgen der Unterschenkelamputation, einer Zuckerkrankheit und einer Augenschwäche. Infolge der Zuckerkrankheit und fortschreitender Gangräne drohe ihm eine weitere Amputation. Er habe vom 01.04.1973 bis 06.04.1979 eine Facharbeitertätigkeit ausgeübt, für die er 33 Monate angelernt worden sei. Diese Tätigkeit habe er nicht aus gesundheitlichen Gründen aufgegeben.
Das SG hat ein Gutachten der Sozialmedizinerin Dr. T. vom 22.11.2001 eingeholt. Diese hat nach ambulanter Untersuchung des Klägers folgende Diagnosen gestellt:
- Verlust des rechten Unterschenkels - Hüft- und Kniegelenksarthrose rechts - wirbelsäulenabhängige Beschwerden bei degenerativen Verände- rungen - Diabetes mellitus mit Neuropathie - labiler Bluthochdruck (unbehandelt) - Bronchitis bei Nikotinabusus - nebenbefundlich Zustand nach Rippenfrakturen rechts, leichte Varikosis links ohne Komplikationen
Der Gesundheitszustand des Klägers habe sich gegenüber dem Gutachten der Invalidenkommission nicht wesentlich geändert. Er könne noch vollschichtig leichte Arbeiten im Sitzen in geschlossenen, wohl temperierten Räumen verrichten und Fußwege von über 500 Metern zurücklegen. Die Umstellungsfähigkeit sei alters- und ausbildungsentsprechend gegeben.
Das SG hat daraufhin die Klage vom 26.03.2001 abgewiesen (Urteil vom 23.11.2001). Der Kläger sei als einfach angelernter Arbeiter auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbar und könne dort noch vollschichtig erwerbstätig sein.
Gegen das am 04.03.2002 zugestellte Urteil hat der Kläger mit Schreiben vom 26.03.2002 - beim Bayer. Landessozialgericht (LSG) am 05.04.2002 eingegangen - Berufung eingelegt. Die medizinischen Befunde seien zutreffend erhoben, jedoch nicht richtig bewertet worden. Außerdem genieße er Berufsschutz als Facharbeiter.
Der Senat hat ein Gutachten des Orthopäden Dr. G. vom 18.11.2002 eingeholt. Dieser hat nach ambulanter Untersuchung des Klägers vom 12.11.2002 folgende Diagnosen gestellt:
- Zustand nach Unterschenkelamputation rechts 1998 - Hüftgelenksarthrose rechts - Kniegelenksarthrose rechts - degeneratives Lendenwirbelsäulensyndrom mit anhaltender Funk tionsbehinderung, häufigen rezidivierenden stärkeren und langanhaltenden Muskelreizerscheinungen ohne Nervendehnungs- zeichen oder radikuläres neurologisches Defizit - fachfremd: Diabetes mellitus mit linksseitiger Polyneuropathie, labiler Bluthochdruck, chronisch rezidivierende Bronchitis bei Nikotinabusus.
Er hält den Kläger noch für fähig, vollschichtig leichte Arbeiten fast ausschließlich im Sitzen mit weiteren qualitativen Leistungseinschränkungen zu verrichten. Gegenüber dem Gutachten der Sachverständigen Dr. T. habe sich keine Befundänderung und damit keine wesentliche Änderung des Leistungsvermögens ergeben, jedoch halte er Anmarschwege von deutlich über 500 Metern nicht mehr für zumutbar. Öffentliche Verkehrsmittel könne der Kläger nur eingeschränkt benutzen, die Benutzung eines eigenen Kraftfahrzeugs sei bei entsprechender Umrüstung möglich.
Der Kläger beantragt sinngemäß, das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 23.11.2001 und den Bescheid der Beklagten vom 22.09.2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.02.2001 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm Rente wegen Erwerbsunfä- higkeit, hilfsweise wegen Berufsunfähigkeit, zu gewähren.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Der Senat hat die Akten der Beklagten sowie die Prozessakte des Sozialgerichts Landshut beigezogen. Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf die beigezogenen Akten und die Berufungsakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (§§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz -SGG-), aber nicht begründet.
Das SG hat die Klage gegen den Bescheid der Beklagten vom 22.09.2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.02.2001 mit Urteil vom 23.11.2001 zu Recht abgewiesen. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit oder Erwerbsminderung.
Der Anspruch des Klägers auf Versichertenrente richtet sich nach den Vorschriften des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VI) in der bis zum 31.12.2000 geltenden Fassung (a.F.), da der Rentenantrag am 09.10.1998 gestellt wurde und Rente ab diesem Zeitpunkt begehrt wird (§ 300 Abs 2 SGB VI). Soweit die Entstehung eines Rentenanspruchs für die Zeit nach dem 31.12.2000 in Betracht kommt, richtet sich der Anspruch des Klägers nach den Vorschriften des SGB VI in der ab 01.01.2001 geltenden Fassung (n.F.).
Nach § 43 SGB VI (a.F.) haben Versicherte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres Anspruch auf Rente wegen Berufsunfähigkeit, wenn sie 1. berufsunfähig sind, 2. in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Berufsunfähig keit drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Be schäftigung oder Tätigkeit haben und 3. vor Eintritt der Berufsunfähigkeit die allgemeine Wartezei terfüllt haben.
Zwar hat der Kläger bereits aufgrund der in der deutschen Rentenversicherung zurückgelegten Beitragszeiten die allgemeine Wartezeit (§§ 50 Abs.1 Satz 1, 51 Abs.1 SGB VI) erfüllt. Bei ihm liegt jedoch weder Berufs- noch Erwerbsunfähigkeit vor.
Berufsunfähig sind Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung auf weniger als die Hälfte derjenigen von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Zumutbar ist stets eine Tätigkeit, für die die Versicherten durch Leistungen zur beruflichen Rehabilitation mit Erfolg ausgebildet oder umgeschult worden sind. Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit vollschichtig ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs. 2 SGB VI a.F.).
Dagegen besteht Erwerbsunfähigkeit bei solchen Versicherten, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, eine Erwerbstätigkeit in gewisser Regelmäßigkeit auszuüben oder Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen zu erzielen, das ein Siebtel der monatlichen Bezugsgröße (ab 01.04.1999 630,00 DM) übersteigt (§ 44 Abs. 2 Satz 1 SGB VI a.F.). Da der Versicherungsfall der Erwerbsunfähigkeit an strengere Voraussetzungen geknüpft ist, als derjenige der Berufsunfähigkeit, folgt aus der Verneinung von Berufsunfähigkeit ohne Weiteres das Fehlen von Erwerbsunfähigkeit (vgl. Bundessozialgericht - BSG - Urteil vom 05.04.2001 - B 13 RJ 61/00 R -).
Ausgangspunkt für die Prüfung von Berufsunfähigkeit ist nach der ständigen Rechtssprechung des Bundessozialgerichts der "bisherige Beruf", den der Versicherte ausgeübt hat. In der Regel ist dies die letzte, nicht nur vorübergehende versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit, von der auch bei nur kurzfristiger Ausübung auszugehen ist, wenn sie zugleich die qualitativ höchste im Berufsleben des Versicherten gewesen ist (vgl. BSG SozR 2200 § 1246 Nrn. 130, 164). Kann ein Versicherter seinen bisherigen Beruf nicht mehr ausüben, liegt Berufsunfähigkeit aber nur dann vor, wenn es nicht zumindest eine andere berufliche Tätigkeit gibt, die ihm sozial zumutbar und für ihn sowohl gesundheitlich als auch fachlich geeignet ist. Die soziale Zumutbarkeit einer Verweisungstätigkeit richtet sich nach der Wertigkeit des bisherigen Berufes. Zur Erleichterung dieser Beurteilung hat die Rechtsprechung des BSG die Berufe der Versicherten ausgehend von der Bedeutung, die Dauer und Umfang der Ausbildung für die Qualität eines Berufs haben, in Gruppen eingeteilt, die durch die Leitberufe des Vorarbeiters mit Vorgesetztenfunktion bzw. des besonders hoch qualifizierten Facharbeiters, des Facharbeiters (anerkannter Ausbildungsberuf mit einer Ausbildungszeit von mehr als zwei Jahren), des angelernten Arbeiters (sonstiger Ausbildungsberuf mit einer Regelausbildungszeit von drei Monaten bis zu zwei Jahren) und des ungelernten Arbeiters charakterisiert werden (vgl. BSG SozR 2200 § 1246 Nrn. 132, 138, 140). Die Einordnung eines Berufes in dieses Mehrstufenschema erfolgt nicht ausschließlich nach der Dauer der absolvierten, förmlichen Berufsausbildung. Ausschlaggebend ist vielmehr allein die Qualität der verrichteten Arbeit, das heißt der aus einer Mehrzahl von Faktoren zu ermittelnde Wert der Arbeit für den Betrieb. Es kommt auf das Gesamtbild an, wie es durch die in § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI a.F. am Ende genannten Merkmale (Dauer und Umfang der Ausbildung sowie des bisherigen Berufs und besondere Anforderungen der bisherigen Berufstätigkeit) umschrieben wird (vgl. BSG SozR 3-2200 § 1246 Nrn. 27, 33).
Maßgebend für die Bestimmung des bisherigen Berufs des Versicherten sind nur die in der deutschen Rentenversicherung versicherungspflichtig ausgeübten Beschäftigungen oder Tätigkeiten, sofern nicht ein zwischenstaatliches Abkommen oder überstaatliches Recht (insb. das europäische koordinierende Sozialrecht) im Einzelfall die Berücksichtigung einer im Abkommens- bzw. Mitgliedsstaat ausgeübten Beschäftigung oder Tätigkeit vorsieht. Das Deutsch-Jugoslawische Abkommen über Soziale Sicherheit und das ab 01.12.1998 im Verhältnis zu Kroatien an seine Stelle getretene Deutsch-Kroatische Abkommen über Soziale Sicherheit enthalten hierzu keine Regelungen.
Grundsätzlich darf der Versicherte im Vergleich zu seinem bisherigen Beruf auf die nächst niedrigere Gruppe verwiesen werden (vgl. BSG SozR 3-2200 § 1246 Nr. 5).
Nach den vom BSG aufgestellten Kriterien ist der Kläger der Gruppe der einfach angelernten Arbeiter (Anlern- oder Ausbildungszeit von drei bis zwölf Monaten) zuzuordnen. Der Kläger hat keinen Beruf erlernt und war in der Bundesrepublik ohne einschlägige Vortätigkeit vom 25.06.1970 bis 06.04.1979 durchgehend beim selben Arbeitgeber zunächst als Arbeiter, dann als Chemiearbeiter und schließlich als Chemiefacharbeiter sozialversicherungspflichtig beschäftigt. Bei der Tätigkeit als Chemiefacharbeiter handelte es sich nach Auskunft des Arbeitgebers vom 23.02.2001 um eine einfach angelernte Tätigkeit (Anlernzeit von drei bis zwölf Monaten). Der Kläger wurde auch entsprechend entlohnt. Die vom Arbeitgeber angegebene Lohngruppe III des Tarifvertrages der Chemischen Industrie Rheinland-Pfalz umfasst Arbeitnehmer, die Tätigkeiten verrichten, für die Kenntnisse und Fertigkeiten erforderlich sind, die durch eine Berufspraxis von in der Regel sechs bis fünfzehn Monaten erworben werden. Anhaltspunkt für eine Unrichtigkeit der Arbeitgeberauskunft liegen nicht vor.
Als einfach angelernter Arbeiter ist der Kläger auf ungelernte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verweisbar. Er ist auch gesundheitlich in der Lage, solche Tätigkeiten noch vollschichtig zu verrichten.
Dies ergibt sich aus den Gutachten der Sachverständigen Dr. T. und Dr. G ... Danach wird das Leistungsvermögen des Klägers in erster Linie durch einen Zustand nach Amputation des rechten Unterschenkels 1998 als Folge einer mehrfach operierten Unterschenkelfraktur 1995 beeinträchtigt. Der Kläger ist mit einer Unterschenkelprothese versorgt. Am Knie finden sich für Prothesenträger typische entzündliche, leicht ekzematöse Hautveränderungen bei ansonsten unauffälligem Befund am Stumpf. Das Gangbild war ohne Unterarmgehstützen unsicher, mit Unterarmgehstützen deutlich harmonischer und flüssiger mit nahezu normaler Schrittlänge. Daneben besteht eine Hüftgelenksarthrose rechts mit belastungsabhängigen Beschwerden und mäßiger Bewegungseinschränkung sowie eine Kniegelenksarthrose rechts mit ebenfalls belastungsabhängigen Beschwerden. Mit Ausnahme einer diabetesbedingten leichten Polyneuropathie am linken Fuß liegen an den unteren und oberen Extremitäten keine weiteren leistungsmindernden Gesundheitsstörungen vor. Weiter besteht ein degeneratives Lendenwirbelsäulen-Syndrom mit endgradiger Bewegungseinschränkung und Muskelreizerscheinungen, jedoch ohne Hinweise auf neurologische Defizite. An der Hals- und Brustwirbelsäule finden sich keine nennenswerten Beeinträchtigungen. Der seit mindestens 1995 bestehende Diabetes mellitus ist medikamentös eingestellt und hat nach den von Dr. T. am 22.11.2001 erhobenen Befunden mit Ausnahme der Polyneuropathie keine weitergehenden dauerhaften Gesundheitsschäden herbeigeführt. Insbesondere liegt keine wesentliche diabetische Nierenschädigung und keine Augenhindergrundveränderung vor. Ein beim Kläger bestehender labiler Bluthochdruck ist nach Angaben der Sachverständigen kontrollbedürftig, hat jedoch ebenso wie die chronisch rezidivierende Bronchitis keine Auswirkungen auf das zeitliche Leistungsvermögen des Klägers. Allerdings sind dem Kläger infolge der orthopädischen Gesundheitsbeeinträchtigungen Arbeiten überwiegend im Stehen und Gehen sowie das Heben über fünf Kilogramm und das Bücken oder Verharren in Zwangshaltung ebenso wie das Arbeiten auf Leitern und Gerüsten nicht mehr möglich. Darüber hinaus ist wegen der chronisch rezidivierenden Bronchitis der Einfluss von Nässe, Staub und Zugluft zu vermeiden. Auch Arbeiten an laufenden Maschinen sind dem Kläger nach Ansicht des Sachverständigen Dr. G. nicht mehr zumutbar.
Der Kläger ist auch noch in der Lage, Anmarschwege zu und von der Arbeitsstelle von jeweils 500 Metern Länge vier Mal täglich zurückzulegen. Zwar weist der Sachverständige Dr. G. in seinem Gutachten darauf hin, dass er im Gegensatz zur Sachverständigen Dr. T. Anmarschwege von deutlich über 500 Meter nicht mehr für zumutbar hält, doch ist seinen Ausführungen nicht zu entnehmen, dass die Wegefähigkeit des Klägers auf unter 500 Meter herabgesunken ist.
Der Senat schließt sich der von den Sachverständigen Dr. T. und Dr. G. unter Berücksichtigung der von ihnen selbst erhobenen Befunde und der vorhandenen Vorbefunde schlüssig und überzeugend dargelegten Beurteilung an. Anhaltspunkte für Gesundheitsstörungen, die zu einer weitergehenden Beeinträchtigung des Leistungsvermögens beim Kläger führen könnten, liegen nicht vor.
Bei einer vollschichtigen Leistungsfähigkeit für leichte Arbeiten ist der Kläger ohne Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbar. Schwere spezifische Leistungsbehinderungen oder eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen, die ausnahmsweise die Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit erforderlich machen würden (vgl. BSGE 80, 24), liegen nicht vor. Für ungelernte Tätigkeiten typische Verrichtungen wie das Zureichen, Abnehmen, Sortieren, Verpacken oder Montieren sind dem weder hinsichtlich der Konzentrations- und Umstellungsfähigkeit noch der Feinmotorik erkennbar eingeschränkten Kläger ohne Weiteres möglich.
Ist der Kläger nicht berufsunfähig nach § 43 Abs. 2 SGB VI a.F., so liegt auch keine Erwerbsunfähigkeit nach § 44 SGB VI a.F. oder Erwerbsminderung nach §§ 240, 43 SGB VI n.F. (die ein unter sechsstündiges Leistungsvermögen voraussetzen würde) vor.
Einer Prüfung der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die Gewährung einer Rente bedarf es bei dieser Sachlage nicht.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG), liegen nicht vor.
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