L 5 KR 253/11

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 9 KR 2925/10
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 KR 253/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 7.12.2010 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt die Gewährung einer elektrischen Schiebehilfe für ihren Rollstuhl.

Die 1958 geborene Klägerin, bei der Beklagten gesetzlich krankenversichert und Bezieherin von Erwerbsminderungsrente, ist wegen eines Down-Syndroms geistig behindert (Grad einer mittleren Debilität). Sie lebt seit 1976 in den J.-A. (M.), einer Einrichtung in der Trägerschaft der Beigeladenen Nr. 1. Nach Hüftkopfentfernungen 2007 (an beiden Hüften; TEP-Versorgung nicht möglich) ist die Klägerin rollstuhlpflichtig. Einen elektrischen Rollstuhl kann sie wegen der geistigen Behinderung nicht bedienen (vgl. Entwicklungsbericht vom 14.8.2007, Verwaltungsakte S. 24).

Die J.-A. sind als vollstationäre Einrichtung der Hilfe für behinderte Menschen gem. § 43a Sozialgesetzbuch (SGB) Elftes Buch (SGB XI) anerkannt. Die Beigeladenen haben am 25.11.2010 eine Vereinbarung gem. § 75 Abs. 3 SGB XII abgeschlossen. Grundlage der Vereinbarung ist der Rahmenvertrag (§ 79 SGB XII) vom 15.12.1998 (§ 1 Abs. 2 der Vereinbarung). Der Rahmenvertrag regelt (u. a.) den Inhalt der von der Behinderteneinrichtung zu erbringenden Maßnahmen (u.a. Hilfe zur Eingliederung von Menschen mit Behinderung - § 54 SGB XII) und die räumliche und sächliche Ausstattung der Einrichtung (§§ 8, 9 des Rahmenvertrags sowie die dem Rahmenvertrag beigefügten Aufstellungen zu den einzelnen Leistungstypen). Im Leistungstyp I.2.2 (stationäre Hilfen ohne tagesstrukturierendes Angebot für körperbehinderte, sinnesbehinderte und/oder mehrfachbehinderte Erwachsene) ist als Ziel (u. a.) festgelegt, es gelte, die Eingliederung in die Gesellschaft sowie die Teilnahme am Leben in der Gemeinschaft zu ermöglichen oder zu erleichtern.

Unter dem 7.8.2009 wurde der Klägerin vom ärztlichen Dienst der J.-A. eine Schiebe- und Bremshilfe für ihren Rollstuhl verordnet.

Mit Bescheid vom 25.8.2009 lehnte die Beklagte die Gewährung einer elektrischen Rollstuhl-Schiebhilfe ab. Die Schiebehilfe sei zur eigenständigen Mobilisierung nicht geeignet. Für die passive Mobilität verfüge die Klägerin über einen Rollstuhl. Die elektrische Schiebehilfe sei im Allgemeinen wegen landschaftlicher Gegebenheiten (Lage der J.-A. in bergigem Gelände), nicht aber aus medizinischen Gründen erforderlich.

Die Klägerin erhob Widerspruch. Sie könne nur mit der Schiebehilfe am gesellschaftlichen Leben innerhalb und außerhalb des Heimes teilnehmen. Wegen der landschaftlichen Besonderheiten des Heimgeländes dürften Behinderte von den Aktivitäten des täglichen Lebens nicht ausgeschlossen werden.

Unter dem 1.10.2009 führte der Heimarzt der J.-A. aus, das Heimgelände am Beginn des kleinen O. sei sehr hügelig. Auch wenn die Klägerin nur 45 kg wiege, stelle es für die Heimmitarbeiter bzw. die Schwester der Klägerin (als Betreuerin) eine enorme Last dar, wenn der Rollstuhl dort geschoben werden müsse. Die Schiebehilfe sei dafür gedacht, dass die Klägerin nicht nur ihre Wohngruppe und den Hof sehen, sondern auch kleinere Spaziergänge bzw. Spazierfahrten genießen könne.

Die Beklagte befragte den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung B. (MDK). Dr. E. führte unter dem 19.10.2009 aus, bei einem Körpergewicht von 45 kg sei eine elektrische Schiebehilfe nicht nachvollziehbar. Die Besonderheiten des Wohnortes seien für die Hilfsmittelversorgung nicht maßgeblich.

Am 21.1.2010 führte die T. GmbH eine Ortsbesichtigung durch. Im Bericht vom 29.1.2010 ist ausgeführt, die Behinderteneinrichtung liege in bergiger Umgebung. Sogar von Haus zu Haus müssten Steigungen überwunden werden. Die Ambulanz und der Zahnarzt lägen vom Wohnhaus der Klägerin aus gesehen auf einer Anhöhe. Die Klägerin sei weder geh- noch stehfähig. Im Innenbereich könne sie kleine Strecken allein mit dem Rollstuhl fahren. Im Außenbereich werde sie geschoben. Die Wohngruppe unternehme mehrmals wöchentlich Spaziergänge; die Klägerin freue sich sehr, wenn sie daran teilnehmen könne. Nach Angaben des Pflegepersonals komme die Schwester der Klägerin des Öfteren zu Besuch und wolle dann mit der Klägerin ausgedehnte Spaziergänge unternehmen. Ansonsten werde die Klägerin von den Pflegekräften geschoben. Die Klägerin sei sehr unruhig, was das Schieben zudem erschwere. Sie sei 145 cm groß und wiege 47 kg. Bereits im Nahbereich des Wohnhauses der Klägerin befänden sich Steigungen, die mit einem Rollstuhl ohne elektrische Schiebehilfe nicht oder nur sehr mühsam überwunden werden könnten.

Mit Widerspruchsbescheid vom 13.7.2010 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Zur Begründung führte sie aus, bei eingeschränkter Mobilität solle die Hilfsmittelversorgung nur die Bewältigung von Wegstrecken ermöglichen, die ein Gesunder üblicherweise zu Fuß zurücklege (sogenannter Nahbereich). Maßgeblich sei die Fähigkeit, sich in der eigenen Wohnung zu bewegen und die Wohnung verlassen zu können, um bei einem kurzen Spaziergang "an die frische Luft zu kommen" oder um die üblicherweise im Nahbereich liegende Stellen zu erreichen, an denen Alltagsgeschäft zu erledigen seien. Das Zurücklegen längerer Wegstrecken (Radfahren, Joggen oder Wandern) bzw. das Unternehmen von Ausflügen in die Umgebung müsse nicht ermöglicht werden. Auf Besonderheiten des Wohnortes komme es für die Hilfsmittelversorgung nicht an (BSG, Urt. v. 16.9.1999, - B 3 KR 8/98 R -). Eine Schiebehilfe komme in Betracht, wenn der Versicherte im Rahmen der Befriedigung des allgemeinen Grundbedürfnisses nicht in der Lage sei, einen manuell oder elektrisch betriebenen Rollstuhl selbständig zu bewegen oder zu führen, und die Begleitperson nicht über genügend Eigenkräfte zum Schieben des Rollstuhls verfüge. Innerhalb des Wohnbereiches könne sich die Klägerin mit dem Rollstuhl selbstständig fortbewegen. Unterstützung benötige sie nur im Außenbereich. Da sie wegen ihrer geistigen Behinderung einen Elektro-Rollstuhl nicht selbst führen könne, müsse sie von einer Begleitperson geschoben werden. Wegen der Steigungen (schon) im Nahbereich der Wohngruppe, die ohne elektrische Schiebehilfe nicht oder nur sehr mühsam überwunden werden könnten, liege sicherlich eine untypische Wohnsituation vor. Im Hinblick auf das geringe Körpergewicht der Klägerin (weniger als 50 kg) müsste es aber bei normalen Wohnverhältnissen auch im ansteigenden Gelände ohne Weiteres möglich sein, den Rollstuhl für kurze Wege im Nahbereich zu schieben. Die Notwendigkeit einer Schiebehilfe zur Erschließung des Nahbereichs beruhe daher ausschließlich auf den Besonderheiten der Wohnlage. Dass die Klägerin ohne die Schiebehilfe gelegentlich nicht an Gemeinschaftsveranstaltungen teilnehmen könne, müsse hingenommen werden.

Am 12.8.2010 erhob die Klägerin Klage beim Sozialgericht Mannheim. Zur Begründung wurde vorgetragen, die Klägerin lebe schon seit 35 Jahren in den J.-A. in einer Wohngruppe, sei dort sehr gut integriert und fühle sich sehr wohl. Das gesamte Gelände der J.-A. befinde sich in Hanglage. Auch wenn die Klägerin nur 47 kg wiege, erfordere es einen enormen Kraftaufwand, den Rollstuhl dort zu schieben. Bei Spaziergängen oder bei Arztbesuchen sei es daher in der Regel erforderlich, dass der Rollstuhl von zwei Personen geschoben werde. An vielen Aktivitäten (Spaziergänge, kleinere Ausflüge, Jahresfreizeiten) könne die Klägerin nicht teilnehmen. Deswegen sei eine elektrische Schiebehilfe beantragt worden. Der Wechsel in eine andere Einrichtung wäre nicht zumutbar. Auch dort wären sicherlich Steigungen und Gefälle zu überwinden. Die Klägerin sei außerdem auch im Rollstuhl sehr unruhig, weswegen die Sicherheit auch bei kleineren Hindernissen ohne ausreichende Begleitung nicht mehr gewährleistet sei. Mit der Schiebehilfe könne die (schiebende) Aufsichtsperson besser auf die Klägerin achten, andernfalls wären 2 Begleitpersonen notwendig; hierfür sei aber nicht genügend Personal vorhanden. Deswegen könne die Klägerin nicht mehr ausreichend am gesellschaftlichen Leben teilnehmen.

Die Beklagte trug ergänzend vor, auch mit einer elektrischen Rollstuhl-Schiebehilfe könne das Grundbedürfnis auf Schaffung eines körperlichen und geistigen Freiraums nicht befriedigt werden, da die Klägerin auch dann auf die Unterstützung Dritter angewiesen wäre. Sie könne eine elektrisch betriebenen Rollstuhl nicht selbständig führen oder bewegen.

Mit Urteil vom 7.12.2010 hob das Sozialgericht den Bescheid der Beklagten vom 25.8.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 13.7.2010 auf und verurteilte die Beklagte, der Klägerin eine elektrische Schiebehilfe für ihren Rollstuhl zu gewähren.

Zur Begründung führte das Sozialgericht aus, die Notwendigkeit der elektrischen Schiebehilfe folge wesentlich aus medizinischen Gründen und nicht aus Besonderheiten der örtlichen Verhältnisse. Die Rechtsprechung des BSG zur Hilfsmittelversorgung wolle die Eigenverantwortung der Versicherten von der Leistungspflicht der Versichertengemeinschaft abgrenzen. Deswegen werde ein Hilfsmittel regelmäßig nicht gewährt, wenn der Versicherte seine Lebensverhältnisse so gestalten könne, dass ein selbstbestimmtes Leben auch ohne das Hilfsmittel möglich sei. Die geistig und körperlich behinderte Klägerin, die zudem wegen Hüftgelenksoperationen nicht aus eigener Kraft mobil sein könne, lebe seit Jahrzehnten in den J.-A. und sei dort gut integriert. Da ein Umzug nicht zumutbar sei, sei ihre Fähigkeit zur Bestimmung über das Wohnumfeld stark eingeschränkt bzw. aufgehoben. Außerdem müssten die Belange der Kostenträger berücksichtigt werden. Im Nahbereich um die Wohngruppe der Klägerin befänden sich so starke Steigungen bzw. Gefällstrecken, dass das Schieben eines gewöhnlichen Rollstuhls trotz des geringen Körpergewichtes der Klägerin (unter 50 kg.) erhebliche Probleme bereite und sehr beschwerlich sei. Daher sei aus technischer bzw. medizinischer Sicht der Einsatz einer Schiebehilfe zu befürworten bzw. erforderlich.

Auf das ihr am 22.12.2010 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 19.1.2011 Berufung eingelegt. Sie trägt vor, im April 2007 sei die Klägerin mit einem Rollstuhl mit manuellem Greifreifenantrieb und Trommelbremsen versorgt worden; die (zusätzlichen) Trommelbremsen dienten dazu, dass der Rollstuhl von Dritten gefahrlos geschoben werden könne. Eine elektrische Schiebehilfe könne darüber hinaus nicht gewährt werden. Das Sozialgericht sei letztendlich aus Billigkeitsgründen von der Rechtsprechung des BSG abgewichen, wonach es auf die Besonderheiten des Wohnortes eines Versicherten nicht ankomme. Die Krankenkasse müsse Hilfsmittel nur insoweit gewähren, als sie der Sicherung eines allgemeinen Grundbedürfnisses dienten. Zu diesen allgemeinen Grundbedürfnissen des täglichen Lebens gehörten nach der Rechtsprechung des BSG das Gehen, Stehen, Sitzen, Liegen, Greifen, Sehen, Hören, Nahrung aufnehmen, die elementare Körperpflege, das selbständige Wohnen sowie das Erschließen eines gewissen körperlichen und geistigen Freiraums. Letzteres sei nur als Basisausgleich zu verstehen und bedeute nicht die vollständige Gleichstellung mit den Mobilitätsmöglichkeiten eines Gesunden. Daher dürfe nicht auf Wegstrecken abgestellt werden, die ein Nichtbehinderter bei normalem Gehen zu Fuß bewältigen könne. Maßgeblich sei nur die Fähigkeit, sich in der eigenen Wohnung zu bewegen und die Wohnung zu verlassen, um bei einem kurzen Spaziergang "an die frische Luft zu kommen" oder um die üblicherweise im Nahbereich der Wohnung liegenden Stellen zu erreichen, an denen Alltagsgeschäfte zu erledigen seien. Topografische Besonderheiten des Wohnumfeldes des Versicherten seien hierbei nicht besonders zu berücksichtigen. Im Hinblick darauf müsse die Krankenkasse der Klägerin nicht die generelle Teilnahme an allen Veranstaltungen der stationären Pflegeeinrichtung oder an Ausflügen und Freizeitveranstaltungen außerhalb des Wohnumfeldes ermöglichen (vgl. auch BSG, Urt. v. 7.10.2010, - B 3 KR 13/09 R – und - B 3 KR 5/10 R -). Hierfür seien ggf. andere Sozialleistungsträger, etwa der Sozialhilfeträger, zuständig.

Die Klägerin könne sich mit dem Rollstuhl innerhalb des Wohnbereichs selbständig fortbewegen, sei aber im Außenbereich stets auf die Unterstützung von Begleitpersonen angewiesen. Auch die eigenständige Verrichtung von Alltagsgeschäften sei nicht möglich, weswegen diese keine eigenständige Bedeutung hätten. Die medizinische Versorgung der Klägerin werde vom heimfachärztlichen Dienst der Pflegeeinrichtung vor Ort sichergestellt. Nach einem Bericht der Behinderteneinrichtung vom August 2007 benötige die Klägerin bei allem Hilfe, Begleitung und Unterstützung durch die Mitarbeiter des Wohnbereichs. Diese ermöglichten die Teilnahme am gesellschaftlichen Leben und seien hierfür zuständig. Die elementaren Grundbedürfnisse und die medizinische Versorgung der Klägerin sei insgesamt sichergestellt.

Die T. GmbH habe festgestellt, dass die Klägerin an Spaziergängen der Wohngruppe teilnehme und aus technischer Sicht aufgrund der bergigen Umgebung eine elektrische Schiebehilfe empfehlenswert sei. Dass der Rollstuhl stets von 2 Pflegepersonen geschoben werden müsse, sei nicht bestätigt worden. Nach Auffassung des MDK sei die Notwendigkeit einer Schiebehilfe bei einem Körpergewicht der Klägerin von 45 kg nicht nachvollziehbar.

Schließlich könne auch aus Billigkeitsgründen von der Rechtsprechung des BSG nicht abgewichen werden. Die Gewährung der Schiebehilfe diene letztendlich der Entlastung des Pflegepersonals und der (die Klägerin wenige Male im Jahr besuchenden) Betreuerin (Schwester der Klägerin), nicht jedoch der Klägerin selbst. Die Pflicht der gesetzlichen Krankenversicherung zur Versorgung mit Hilfsmitteln ende nach der gesetzlichen Konzeption des SGB V und des SGB XI dort, wo bei vollstationärer Pflege (§§ 43 und 43a SGB XI) die Pflicht des Heimträgers auf Versorgung der Heimbewohner mit Hilfsmitteln einsetze. Benötige das Pflegepersonal wegen der Lage der Pflegeeinrichtung Hilfsmittel zur Entlastung, müsse diese der Heimträger als Inventar zur Verfügung stellen; sie könnten nicht zu Lasten der Krankenkasse beschafft werden. Eine Pflegeeinrichtung, die, wie die J.-A., über mehr als 1500 Plätze verfüge, müsse auch eine Sachausstattung bereit halten, die der speziellen Wohnsituation bzw. den Besonderheiten des Wohnumfeldes der Behinderten Rechnung trage (vgl. auch LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 26.8.2009, - L 11 KR 96/07 -). Je mehr Schwerpflegebedürftige in einer vollstationären Pflegeeinrichtung der Behindertenhilfe aufgenommen würden, desto höher seien die Anforderungen an die im Rahmen der Bereitstellungspflicht des Trägers vorzuhaltenden Hilfsmittel bzw. desto eher orientierten sich die Anforderungen hinsichtlich der sächlichen Ausstattung an den Grundsätzen für Pflegeeinrichtungen im Sinne der §§ 71 Abs. 2, 72 Abs. 1 SGB XI ( BSG, Urt. v. 10.2.2000, - B 3 KR 17/99 R -)

Bei der J.-D. M. am Standort Sch. handele es sich um eine Einrichtung i.S. der §§ 43a und 71 Abs. 4 SGB XI. Nach der Vereinbarung zwischen den Beigeladenen vom 25.11.2010 sei der Heimträger verpflichtet, im Rahmen des vereinbarten Leistungsangebotes Leistungsberechtigte, wie die Klägerin, aufzunehmen, zu betreuen (§ 76 Abs. 1 SGB XII) und Leistungen zu erbringen. Gemäß § 8 des Rahmenvertrags bzw. der einschlägigen Leistungstypbeschreibung seien die im Einzelfall erforderlichen Hilfen, insbesondere bei stationären Angeboten, Hilfe zur Eingliederung von Menschen mit Behinderungen (§ 54 SGB XII) und Hilfe zur Pflege (§ 61 SGB XII) zu leisten. Die Eingliederung in die Gesellschaft sowie die Teilnahme am Leben in der Gemeinschaft sollten ermöglicht oder erleichtert und die Beheimatung der in der Einrichtung lebenden Menschen und deren Verselbständigung und Hinführung in unabhängige Lebensformen sollten erreicht werden. Zum Leistungsangebot gehöre das Wohnen einschließlich der erforderlichen hauswirtschaftlichen Versorgung, Pflege, Behandlung, Förderung, Begleitung und Assistenz.

§ 9 des Rahmenvertrags regele die räumliche und sachliche Ausstattung unter Berücksichtigung der Konzeption der Einrichtung. Danach umfassten die Leistungen die Bereitstellung von Unterkunft und Verpflegung, die Maßnahmen zur Beratung, Betreuung, Förderung und Pflege, sowie die Bereitstellung der betriebsnotwendigen Anlagen einschließlich ihrer Ausstattung. Der Träger der J.-A. werbe auch damit, dass sich das Leistungsangebot insbesondere auf Erwachsene und ältere Menschen mit schweren Behinderungen und auf Menschen mit körperlichen Behinderungen und Verhaltensproblemen erstrecke. Dass Rollstuhlfahrer im hügeligen Gelände der Einrichtung nur vom Hilfspersonal sicher bewegt werden könnten, stelle keine Sondersituation dar. Die elektrische Schiebehilfe werde zudem nicht an den Rollstuhl der Klägerin angepasst oder mit diesem dauerhaft verbunden, sondern könne auch für andere Heimbewohner eingesetzt werden; dadurch werde das Pflegepersonal in vielfältiger Hinsicht entlastet. Für Anpassungen an die konkrete Wohnverhältnisse seien der Versicherte selbst bzw. andere Sozialleistungsträger zuständig.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 7.12.2010 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt.

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beigeladenen stellen keinen Antrag.

Die Klägerin verteidigt das angefochtene Urteil. Ergänzend wird vorgetragen, die Klägerin sei in ihre Wohngemeinschaft mit insgesamt 28 Mitbewohnern gut integriert und nehme gerne an Ausflügen und Veranstaltungen teil. Im Außenbereich könne sie den Rollstuhl wegen des sehr hügeligen Geländes nicht selbst bedienen und sei auf die Hilfe des Betreuungspersonals angewiesen. Aufgrund der Steigung müssten auch zwei Angestellte eingesetzt werden, um den Rollstuhl zu schieben. Maßgebend für die Hilfsmittelversorgung seien die Umstände des Einzelfalls. Man müsse der Klägerin die Teilnahme am Alltagsleben, etwa auch an Ausflügen der Gruppe oder Besuchen in einem Café, ermöglichen. dabei handele es sich um die wenigen Annehmlichkeiten, die sie überhaupt noch erleben könne. Die Klägerin könne nur innerhalb der Wohnung kleine Strecken alleine mit dem Rollstuhl bewältigen. Wegen der Vielzahl ihrer chronischen Erkrankungen müsse sie regelmäßig in der wenige Meter entfernten Ambulanz der Johannes Diakonie ärztlich behandelt werden. Schon bei dieser kurzen Wegstrecke seien wegen erheblicher Steigungen mindestens 2 Hilfspersonen erforderlich, zumal sie in ihrem Rollstuhl ständig in Bewegung sei. Sie könne ohne die Schiebehilfe auch nicht zu einem kurzen Spaziergang an die frische Luft gelangen. Wegen des hohen Betreuungsaufwands werde sie von Veranstaltungen und Spaziergängen sowie allen Aktivitäten im Außenbereich häufig ausgeschlossen und halte sich praktisch den ganzen Tag in ihrer Wohnung auf. Die J. A. könnten nicht 2 Aufsichtspersonen nur für die Klägerin zur Verfügung stellen. Die Schiebehilfe werde auch auf ebenem Gelände benötigt, da die Klägerin im Rollstuhl sehr unruhig sei, weshalb Vorsorge gegen das Umkippen des Rollstuhls getroffen werden müsse.

Die Beigeladene Nr. 1 trägt vor, die Klägerin bewege sich mit ihrem Rollstuhl sehr sicher und zielgerichtet und mit sehr großem Geschick innerhalb der Wohngruppe. Zu Zielen außerhalb der Wohnräume müsse sie von einem Mitarbeiter mit dem Rollstuhl bewegt werden. Ihre Mitarbeiter seien im Umgang mit Rollstühlen auch auf dem sehr bergigen Gelände der Einrichtung versiert. Die Aktivitäten und Angebote würden in Abhängigkeit von personellen Ressourcen wahrgenommen. Gemeinsame Spaziergänge mit einer größeren Gruppe von Heimbewohnerinnen (10 —12 Heimbewohner) würden grundsätzlich durch zwei Mitarbeiter begleitet. Die Aufsichtspflicht und die Sicherheit aller Bewohner stünden im Vordergrund, besonders wenn es zu einem Zwischenfall (Sturz mit Hand- oder Beinbruch, Kreislaufschwäche, usw.) komme und sich ein Mitarbeiter gezielt um einen Bewohner kümmern müsse. In solchen Situationen wäre es hilfreich für den Mitarbeiter, wenn eine Schubhilfe vorhanden wäre, damit die Klägerin sicher abgestellt werden könne ohne die Sorge, dass sie eventuell die Bremse selbst löse und einen Berg hinab rolle. Die Schubhilfe könne nicht ohne Weiteres für andere Rollstühle verwendet werden. dafür sei eine entsprechende Vorrichtung (Kosten pro Rollstuhl ca. 450 EUR) notwendig.

Die Beklagte trägt abschließend vor, nach Angaben der J. A. könne sich die Klägerin innerhalb des Wohnkomplexes selbständig mit dem Rollstuhl bewegen. Eine eigenständige Fortbewegung außerhalb des Wohnkomplexes sei behinderungsbedingt nicht möglich. Dort werde die Klägerin offensichtlich nur von einem Mitarbeiter der Einrichtung befördert. Ausflüge einer Behindertengruppe würden offensichtlich immer von 2 Mitarbeitern begleitet, wobei die Schiebehilfe deren Entlastung dienen solle. Eine elektrische Schiebhilfe der in Rede stehenden Art koste etwa 2.960 EUR zzgl. weiterer Kosten (insgesamt etwa 4.250 EUR).

Im Hinblick auf § 14 Abs. 2 Satz 1 SGB IX müsse sie die Schiebehilfe auch nicht nach sozialhilferechtlichen Grundsätzen als Leistung der Eingliederungshilfe gewähren. Die elektrische Schiebehilfe trage anders als der Rollstuhl selbst nicht zum Ausgleich der behinderungsbedingten Einschränkungen bei. Dem behinderten Menschen werde kein höheres Maß an Selbständigkeit verschafft. Die Schiebehilfe diene nur der Rollstuhlbegleitperson.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die Akten der Beklagten, des Sozialgerichts und des Senats Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Beklagten ist gem. §§ 143, 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft und zulässig. Der Beschwerdewert des § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG (750 EUR) ist bei einem Wert der streitigen Sachleistung von mindestens 2.960 EUR überschritten. Die Berufung ist auch begründet. Die Beklagte hat die Gewährung einer elektrischen Rollstuhlschiebehilfe zu Recht versagt. Die Klägerin hat weder nach Krankenversicherungsrecht (unten I.) noch nach Sozialhilferecht (unten II.) Anspruch auf diese Leistung.

I. Die Beklagte ist nach dem für ihren Zuständigkeitsbereich maßgeblichen Krankenversicherungsrecht (§ 33 SGB V) nicht zur Gewährung einer elektrischen Rollstuhlschiebelfe verpflichtet.

1.) Gem. § 33 Abs. 1 Satz 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Versorgung mit Hörhilfen, Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln, die im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung (zum Behinderungsbegriff die auch hier maßgebliche Definition in § 2 Abs. 1 SGB IX) vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen, soweit die Hilfsmittel nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen oder nach § 34 Abs. 4 SGB V ausgeschlossen sind.

Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG bemisst sich der von den Krankenkassen geschuldete Behinderungsausgleich (§ 33 Abs. 1 Satz 1 3. Fall SGB V) entscheidend danach, ob eine Leistung des unmittelbaren oder des mittelbaren Behinderungsausgleichs beansprucht wird:

Im Bereich des unmittelbaren Behinderungsausgleichs ist die Hilfsmittelversorgung grundsätzlich von dem Ziel eines vollständigen funktionellen Ausgleichs geleitet. Insoweit hat der in § 33 Abs. 1 Satz 1 SGB V als dritte Variante genannte Zweck (vgl. auch § 31 Abs. 1 Nr. 3 SGB IX) für die im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung gebotene Hilfsmittelversorgung zwei Ebenen. Im Vordergrund steht dabei der unmittelbare Ausgleich der ausgefallenen oder beeinträchtigten Körperfunktion. Davon ist auszugehen, wenn das Hilfsmittel die Ausübung der beeinträchtigten Körperfunktion selbst ermöglicht, ersetzt oder erleichtert. Für diesen unmittelbaren Behinderungsausgleich gilt das Gebot eines möglichst weitgehenden Ausgleichs des Funktionsdefizits, und zwar unter Berücksichtigung des aktuellen Stands des medizinischen und technischen Fortschritts. Dies dient in aller Regel ohne gesonderte weitere Prüfung der Befriedigung eines Grundbedürfnisses des täglichen Lebens i. S. des § 31 Abs. 1 Nr. 3 SGB IX, weil die Erhaltung bzw. Wiederherstellung einer Körperfunktion als solche schon ein Grundbedürfnis in diesem Sinne ist. Deshalb kann auch die Versorgung mit einem fortschrittlichen, technisch weiterentwickelten Hilfsmittel nicht mit der Begründung abgelehnt werden, der bisher erreichte Versorgungsstandard sei ausreichend, solange ein Ausgleich der Behinderung nicht vollständig im Sinne des Gleichziehens mit einem gesunden Menschen erreicht ist.

Im Bereich des mittelbaren Behinderungsausgleichs, wenn also die Erhaltung bzw. Wiederherstellung der beeinträchtigten Körperfunktion nicht oder nicht ausreichend möglich ist, und deshalb Hilfsmittel zum Ausgleich von direkten und indirekten Folgen der Behinderung benötigt werden, sind die Leistungspflichten der Krankenkassen beschränkter. Sie sind dann nur für einen Basisausgleich von Behinderungsfolgen eintrittspflichtig. Dabei geht es nicht um einen Ausgleich im Sinne des vollständigen Gleichziehens mit den letztendlich unbegrenzten Möglichkeiten eines gesunden Menschen. Denn Aufgabe der gesetzlichen Krankenversicherung ist in allen Fällen allein die medizinische Rehabilitation (vgl. § 1 SGB V sowie § 6 Abs. 1 Nr. 1 i. V. m. § 5 Nr. 1 und 3 SGB IX), also die möglichst weitgehende Wiederherstellung der Gesundheit und der Organfunktionen einschließlich der Sicherung des Behandlungserfolges, um ein selbständiges Leben führen und die Anforderungen des Alltags meistern zu können. Eine darüber hinausgehende berufliche oder soziale Rehabilitation ist Aufgabe anderer Sozialleistungssysteme. Ein Hilfsmittel zum mittelbaren Behinderungsausgleich ist von den Krankenkassen deshalb nur dann zu gewähren, wenn es die Auswirkungen der Behinderung im gesamten täglichen Leben beseitigt oder mildert und damit ein allgemeines Grundbedürfnis des täglichen Lebens betrifft. Zu diesen Grundbedürfnissen des täglichen Lebens im hier maßgeblichen Sinn gehören das Gehen, Stehen, Sitzen, Liegen, Greifen, Sehen, Hören, Nahrung aufnehmen, Ausscheiden, die elementare Körperpflege, das selbstständige Wohnen sowie das Erschließen eines gewissen körperlichen und geistigen Freiraums. Für den Ausgleich darüber hinausreichender Behinderungsfolgen haben beim mittelbaren Behinderungsausgleich hingegen ggf. andere Sozialleistungssysteme Sorge zu tragen.

Zum Grundbedürfnis der Erschließung eines geistigen Freiraums gehört u. a die Aufnahme von Informationen, die Kommunikation mit anderen Menschen sowie das Erlernen eines lebensnotwendigen Grundwissens bzw. eines Schulwissens (vgl. BSG, Urt. v. 12.8.2009, - B 3 KR 11/08 R -). Das Grundbedürfnis nach Erschließung eines gewissen körperlichen Freiraums hat die Rechtsprechung des BSG immer nur im Sinne eines Basisausgleichs der Behinderung selbst und nicht i. S. des vollständigen Gleichziehens mit den Möglichkeiten eines Gesunden verstanden. Die Bewegungsfreiheit stellt zwar ein allgemeines Grundbedürfnis dar. Hierfür ist im Ausgangspunkt allerdings nur auf diejenigen Entfernungen abzustellen, die ein Gesunder üblicherweise noch zu Fuß zurücklegt (BSG, Urt. v. 8.6.1994, - 3/1 RK 13/93 -). In der Folgezeit hat das BSG (Urt. v. 16.9.1999, - B 3 KR 8/98 R -) dies auf die Fähigkeit präzisiert, sich in der eigenen Wohnung zu bewegen und die Wohnung zu verlassen, um bei einem kurzen Spaziergang "an die frische Luft zu kommen", oder um die - üblicherweise im Nahbereich der Wohnung liegenden - Stellen zu erreichen, an denen Alltagsgeschäfte zu erledigen sind (z.B. Supermarkt, Arzt, Apotheke, Geldinstitut, Post). Standen Wegstrecken in Rede, die über das von Gesunden zu Fuß Erreichbare hinausgingen, hat das BSG zusätzliche qualitative Momente verlangt (Urt. v. 16.9.2004, - B 3 KR 19/03 R -: Erreichbarkeit ambulanter medizinischer Versorgung für zu Hause gepflegte Wachkomapatientin; Urt. v. 16.4.1998, - B 3 KR 9/97 R -: Rollstuhl-Bike für Jugendliche im Hinblick auf die Integration des behinderten Kindes während der jugendlichen Entwicklungsphase; Urt. v. 2.8.1979, - 11 RK 7/78 -: Faltrollstuhl für Schulkind zur Ermöglichung des Schulbesuchs; vgl. auch zusammenfassend BSG, Urt. v. 12.8.2009, - B 3 KR 11/08 R -). Speziell die Fortbewegung per (Fahr-)Rad ist nicht als Grundbedürfnis anerkannt (BSG, Urt. v. 29.1.2009, - B 3 KR 39/08 R -). Die Gewährung fahrradgleicher mechanischer Zugvorrichtungen für Rollstühle (Rollstuhlzuggerät oder Rollfiet), auch als Rollstuhl-Bike (oder Elektro-Bike) bezeichnet, hat das BSG für Erwachsene in der Regel (vgl. auch unten zu Ausnahmen sowie BSG, Urteil vom 18.5.2011, - B 3 KR 7/10 R -) abgelehnt (vgl. zu alledem Senatsurteil vom 25.8.2010, - L 5 KR 2414/07 m. Nachw. auf die Rspr. des BSG).

Das BSG hat die bisherige Rechtsprechung jüngst in seinem Urt. v. 18.5.2011 (- B 3 KR 12/10 R -) bestätigt. Danach umfasst das Grundbedürfnis auf Erschließung eines körperlichen Freiraums die Bewegungsmöglichkeit in der eigenen Wohnung und im umliegenden Nahbereich (BSG Urt. vom 7.10.2010, - B 3 KR 13/09 R -). Anknüpfungspunkt für die Reichweite des Nahbereichs der Wohnung ist der Bewegungsradius, den ein Nichtbehinderter üblicherweise zu Fuß zurücklegt. Dies entspricht dem Umkreis, der mit einem vom behinderten Menschen selbst betriebenen Aktivrollstuhl erreicht werden kann.

Für die Bestimmung des Nahbereichs gilt ein abstrakter, von den Besonderheiten des jeweiligen Wohnortes unabhängiger Maßstab. Dem steht weder entgegen, dass nach § 33 Abs. 1 Satz 1 SGB V Hilfsmittel zu gewähren sind, wenn sie "im Einzelfall erforderlich sind", noch dass nach § 33 SGB I bei der Ausgestaltung von Rechten nach dem SGB "die persönlichen Verhältnisse des Berechtigten" berücksichtigt werden müssen. Die Frage, ob ein Hilfsmittel der Sicherung menschlicher Grundbedürfnisse dient, betrifft dessen Eignung und Erforderlichkeit zur Erreichung der in § 33 Abs. 1 Satz 1 SGB V genannten Versorgungsziele. Diese Eignung und Erforderlichkeit zählt ebenso wie die Hilfsmitteleigenschaft und das Nichtvorliegen der in § 33 Abs. 1 Satz 1, Halbsatz 2 SGB V formulierten Ausschlusstatbestände zu den objektiven, d. h. unabhängig vom konkreten Einzelfall zu beurteilenden Anspruchsvoraussetzungen. Hierfür ist allein die Zielsetzung des § 33 SGB V und somit die Abgrenzung der Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung von der anderer Träger nach einem abstrakt-aufgabenbezogenen Maßstab ausschlaggebend. Die Erforderlichkeit der Hilfsmittelversorgung "im Einzelfall" ist dagegen - ebenso wie deren Wirtschaftlichkeit - eine subjektbezogene Anspruchsvoraussetzung, die nach einem konkret-individuellen Maßstab beurteilt wird. Der in § 33 SGB I normierte Individualisierungsgrundsatz ist für den die Anspruchsvoraussetzungen des § 33 SGB V betreffenden Nahbereich bereits deshalb ohne Bedeutung, weil er ausschließlich für die Ausgestaltung sozialer Rechte gilt, seine Anwendung mithin auf die Rechtsfolgenseite einer im SGB geregelten Anspruchsgrundlage beschränkt ist (BSG, Urt. v. 18.5.2011, - B 3 KR 12/10 R -).

Den Nahbereich hat das BSG nicht im Sinne einer Mindestwegstrecke bzw. einer Entfernungsobergrenze festgelegt, sondern lediglich beispielhaft im Sinne der Fähigkeit konkretisiert, sich in der eigenen Wohnung zu bewegen und die Wohnung zu verlassen, um bei einem kurzen Spaziergang "an die frische Luft zu kommen" oder um - üblicherweise im Nahbereich der Wohnung liegenden - Stellen zu erreichen, an denen Alltagsgeschäfte zu erledigen sind, wobei allerdings die Fähigkeit, eine Wegstrecke von 100 m bzw. 200 m zurückzulegen, nicht als ausreichend zur Erschließung des Nahbereichs angesehen worden ist. Dagegen umfasst der von der gesetzlichen Krankenversicherung zu gewährleistende Basisausgleich nicht die Fähigkeit, weitere Wegstrecken, vergleichbar einem Radfahrer, Jogger oder Wanderer, zu bewältigen. Eine weitere Konkretisierung des Nahbereichs im Sinne einer Mindestwegstrecke ist vor dem Hintergrund des sich wandelnden Mobilitätsverhaltens weder tatsächlich möglich noch zur sachgerechten Anwendung des § 33 Abs. 1 Satz 1 SGB V notwendig. Dem Nahbereich beim mittelbaren Behinderungsausgleich sind solche Wege zuzuordnen, die räumlich einen Bezug zur Wohnung und sachlich einen Bezug zu den Grundbedürfnissen der physischen und psychischen Gesundheit bzw. der selbstständigen Lebensführung aufweisen. In räumlicher Hinsicht ist der Nahbereich auf den unmittelbaren Umkreis der Wohnung des Versicherten beschränkt. Diese ist Ausgangs- und Endpunkt der zum Nahbereich zählenden Wege, so dass die Mobilität für den Hin- und Rückweg durch Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung sicherzustellen ist. Hierfür sind allerdings nicht die konkreten Wohnverhältnisse des behinderten Menschen maßgebend, weil der Nahbereich ein allgemeines Grundbedürfnis des täglichen Lebens konkretisiert und somit die Eignung und Erforderlichkeit des Hilfsmittels als objektive Anspruchsvoraussetzung betrifft. Sachlich umfasst der Nahbereich gesundheitserhaltende Wege, Versorgungswege sowie elementare Freizeitwege. Zu den gesundheitserhaltenden Wegen zählen Entfernungen, die zur Aufrechterhaltung der physischen und psychischen Existenz zurückgelegt werden (z. B. Besuch von Ärzten und Therapeuten, Aufsuchen der Apotheke). Der Versorgungsweg umschreibt dagegen die Fähigkeit, die Wohnung zu verlassen, um die für die Grundbedürfnisse der selbstständigen Existenz und des selbstständigen Wohnens notwendigen Verrichtungen und Geschäfte (Einkauf, Post, Bank) wahrnehmen zu können. Die Mobilität für Freizeitwege ist in Abgrenzung zu der durch andere Leistungsträger sicherzustellenden Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft jedoch nur durch Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung abzudecken, wenn (und soweit) diese Wege von besonderer Bedeutung für die physische und psychische Gesundheit sind. In diesem Sinne zählen zu den Freizeitwegen Entfernungen, die bewältigt werden müssen, um die körperlichen Vitalfunktionen aufrechtzuerhalten (kurzer Spaziergang an der frischen Luft) und um sich einen für die seelische Gesundheit elementaren geistigen Freiraum zu erschließen (z. B. Gang zum Nachbarn zur Gewährleistung der Kommunikation oder zum Zeitungskiosk zur Wahrnehmung des Informationsbedürfnisses). Die zur rentenversicherungsrechtlichen Wegefähigkeit und zum Nachteilsausgleich "G" entwickelten Maßstäbe sind demgegenüber aufgrund ihrer abweichenden Zweckbestimmung nicht geeignet, den für das Grundbedürfnis der Erschließung eines körperlichen Freiraums relevanten Nahbereich näher bzw. in anderer Weise zu bestimmen (BSG, Urt. v. 18.5.2011, - B 3 KR 12/10 R -).

Dem Gegenstand nach besteht für den so gezogenen räumlichen Bewegungsradius ein Anspruch auf die im Einzelfall für den gebotenen Behinderungsausgleich ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Hilfsmittelversorgung, nicht jedoch auf eine Optimalversorgung. Deswegen kann der Versicherte ein teureres Hilfsmittel nicht beanspruchen, wenn die kostengünstigere Versorgung für den angestrebten Nachteilsausgleich funktionell ebenfalls geeignet ist; andernfalls muss er die Mehrkosten gem. § 33 Abs. 1 Satz 6 SGB V (ebenso § 31 Abs. 3 SGB IX) selbst tragen (BSG, Urt. v. 12.8.2009, - B 3 KR 11/08 R -). Ist der Versicherte aber außer Stande, den Nahbereich der Wohnung mit einem (handbetriebenen) Aktivrollstuhl (Greifreifenrollstuhl) ohne übermäßige Anstrengung, schmerzfrei und aus eigener Kraft ohne Schiebehilfe Dritter in normalem Rollstuhltempo zu bewältigen, ist er (die Möglichkeit zu dessen verkehrssicherer Führung vorausgesetzt) mit einem Elektrorollstuhl zu versorgen (BSG, Urt. v. 12.8.2009, -B 3 KR 8/08 R) oder auch mit einem Elektro-Bike (BSG, Urt. v. 18.05.2011 - B 3 KR 7/10 R-).

Weiterreichende Rechte können Versicherte aus dem grundrechtlichen Verbot der Benachteiligung behinderter Menschen in Art. 3 Abs. 2 Satz 2 nicht herleiten. Vielmehr folgt aus der genannten Grundrechtsbestimmung ein Auftrag an den Staat, auf die gleichberechtigte Teilhabe behinderter Menschen hinzuwirken. Diesem Auftrag zur Umsetzung und Konkretisierung hat der Gesetzgeber mit dem SGB IX Rechnung getragen, ohne dass damit der Auftrag als erledigt anzusehen wäre. Der fortbestehende Auftrag zur Ausgestaltung des Sozialstaatsgebots begründet aber keine konkreten Leistungsansprüche. Die Vorschriften des SGB IX zur Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen gewähren den Versicherten im Bereich der Hilfsmittelversorgung ebenfalls keine über die Leistungspflichten nach § 33 SGB V hinausgehenden Leistungsansprüche (BSG, Urt. v. 12.8.2009, - B 3 KR 11/08 R -; Urt. v.26.3.2003, - B 3 KR 23/02 R -).

Untergesetzliche Einzelbestimmungen zur Hilfsmittelversorgung hat der Gemeinsame Bundesausschuss gestützt auf § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 SGB V mit den Hilfsmittelrichtlinien (Neufassung vom 16.10.2008, BAnz 2009, Nr. 61 S. 462) erlassen. Außerdem hat der Spitzenverband Bund der Krankenkassen ein Hilfsmittelverzeichnis erstellt, in dem die von der Leistungspflicht umfassten Hilfsmittel aufzuführen sind (§ 139 Abs. 1 SGB V). Das Hilfsmittelverzeichnis stellt (wie das Pflegehilfsmittelverzeichnis nach § 78 Abs. 2 SGB IX) indessen keine abschließende, die Leistungspflicht der Krankenkassen im Sinne einer "Positivliste" beschränkende Regelung, sondern nur eine Auslegungs- und Orientierungshilfe für die medizinische Praxis dar. Auch für die Gerichte hat es nur die Rechtsqualität einer unverbindlichen Auslegungshilfe (vgl. BSG, Urt. v. 25.6.2009, - B 3 KR 4/08 R -).

In verfahrensrechtlicher Hinsicht ist grundsätzlich notwendig, dass ein Vertragsarzt das Hilfsmittel (im Wege der ärztlichen Leistungsvermittlung) gem. § 73 Abs. 2 Nr. 7 SGB V verordnet. Die vertragsärztliche Verordnung stellt eine formale Leistungsvoraussetzung dar. Sie konkretisiert das Rahmenrecht des Versicherten (vgl. zur Verordnung von Krankenhausbehandlung LSG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 12.11.2009, - L 9 KR 11/08 -). Eine fehlende oder unzureichende Verordnung kann aber ggf. noch im Gerichtsverfahren nachgeholt werden (vgl. LSG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 19.12.2007, - L 9 KR 150/03 -). Da die Krankenkasse das vertragsärztlich verordnete Hilfsmittel vor der Leistungserbringung aber genehmigen muss (vgl. § 19 Satz 1 SGB IV; dazu näher auch BSG, Urt. v. 24.9.2002, - B 3 KR 2/02 R -; Urt. v. 17.4.1996, - 3 RK 19/95 -), muss der Versicherte die Hilfsmittelverordnung des Vertragsarztes vorbehaltlich anderweitiger Regelungen jedoch zunächst der Krankenkasse vorlegen. Diese entscheidet sodann – ggf. nach Befragung des MDK (§ 275 Abs. 3 Nr. 1 SGB V) – über die Bewilligung des Hilfsmittels. Erst nach der Bewilligungsentscheidung darf der Versicherte die (etwa mit einem Genehmigungsvermerk versehene) Verordnung bei einem zur Hilfsmittelabgabe berechtigten Hersteller bzw. Lieferanten (Leistungserbringer) einreichen.

2.) Hiervon ausgehend kann die Klägerin die Gewährung der ihr vom Heimarzt der J.-A. verordneten elektrischen Rollstuhlschiebehilfe nicht gem. § 33 Abs. 1 SGB V beanspruchen. Die Rollstuhlschiebehilfe ist zum Behinderungsausgleich nicht i. S. d. § 33 Abs. 1 SGB V erforderlich.

Nach der vorstehend dargelegten Rechtsprechung des BSG stellt das Erforderlichkeitsmerkmal des § 33 Abs. 1 SGB V eine objektive, also unabhängig vom konkreten Einzelfall zu beurteilenden Anspruchsvoraussetzung dar. Für die Zielsetzung des § 33 SGB V und die Abgrenzung der Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung von der anderer Träger ist ein abstrakt-aufgabenbezogener Maßstab ausschlaggebend. Deshalb kann es auf die besonderen topographischen Verhältnisse am Standort der J.-A. bzw. im Wohnumfeld der Klägerin nicht ankommen. In der Wohnung (im Innenbereich) kann die Klägerin den Greifreifenrollstuhl selbst (und allein) nutzen. Das ist außerhalb der Wohnung auf dem Gelände der J.-A. bzw. im Nahbereich der Wohnung (im Außenbereich) nicht möglich; Wegstrecken außerhalb des Nahbereichs, wie zum Besuch eines Cafes oder zur Teilnahme an Ausflügen, sind nach dem Gesagten nicht von Belang. Die Unmöglichkeit zur Nutzung des Greifreifenrollstuhls außerhalb der Wohnung beruht zum einen auf den topographischen Verhältnissen der bergigen Gegend, in der die J. A. liegen, zum anderen auf der geistigen Behinderung der Klägerin, die eine sichere Rollstuhlbedienung im Außenbereich nicht zulässt. Die Klägerin bedarf bei der Fortbewegung im Außenbereich der Beaufsichtigung durch eine Begleitperson, die (wegen der topographischen Verhältnisse) den Rollstuhl außerdem schieben muss. Nach dem Vorbringen der Beigeladenen Nr. 1 würde die elektrische Rollstuhlschiebehilfe dem Pflegepersonal beides erleichtern. Die Erforderlichkeit des Hilfsmittels nach § 33 Abs. 1 SGB V begründet das freilich nicht. Auf die topgraphischen Verhältnisse des Wohnumfelds der Klägerin kommt es nach dem Gesagten nicht an. Die Notwendigkeit zur Beaufsichtigung der Klägerin bei der Nutzung des Rollstuhls im Außenbereich besteht unabhängig vom Einsatz einer Rollstuhlschienehilfe. Die gesetzliche Krankenversicherung muss dem Behinderten nach näherer Maßgabe des § 33 SGB V Hilfsmittel zum Behinderungsausgleich, nicht jedoch dem Pflegepersonal der Behinderteneinrichtung technische Ausrüstungsgegenstände zur Erleichterung der Pflegeaufgaben zur Verfügung stellen.

II. Die Beklagte ist auch nach Sozialhilferecht (§§ 53 ff. SGB XII - Eingliederungshilfe für behinderte Menschen) nicht zur Gewährung einer elektrischen Rollstuhlschiebehilfe als Hilfe bzw. Hilfsmittel der sozialen Rehabilitation verpflichtet.

1.) Gem. § 14 Abs. 1 Satz 1 SGB IX muss der erstangegangene Rehabilitationsträger innerhalb von zwei Wochen nach Eingang eines Antrags auf Leistungen zur Teilhabe feststellen, ob er nach dem für ihn geltenden Leistungsgesetz für die Leistung zuständig ist. Stellt er bei der Prüfung fest, dass er für die Leistung nicht zuständig ist, leitet er den Antrag unverzüglich dem nach seiner Auffassung zuständigen Rehabilitationsträger zu. Versäumt der zuerst angegangene Rehabilitationsträger die fristgerechte Zuständigkeitsklärung, geht die Zuständigkeit gem. § 14 Abs. 2 Satz 1 SGB IX nach allen in Betracht kommenden rehabilitationsrechtlichen Rechtsgrundlagen auf ihn über. Der materiell-rechtlich - eigentlich - zuständige Rehabilitationsträger verliert im Außenverhältnis zum Versicherten oder Leistungsempfänger seine Leistungszuständigkeit. Sinn dieser Regelung ist es, zwischen den betroffenen behinderten Menschen und Rehabilitationsträgern die Zuständigkeit schnell und dauerhaft zu klären und so Nachteilen des gegliederten Systems entgegenzuwirken. Die Zuständigkeit nach § 14 Abs. 2 Satz 1 SGB IX erstreckt sich im Außenverhältnis zwischen dem Antragsteller und dem erstangegangenen Rehabilitationsträger auf alle Rechtsgrundlagen, die überhaupt in dieser Bedarfssituation rehabilitationsrechtlich vorgesehen sind. Den nachträglichen Ausgleich unter den Leistungsträgern regeln § 14 Abs. 4 Satz 1 SGB IX und §§ 102 ff. SGB X.

Erstangegangener Rehabilitationsträger nach § 14 SGB IX ist derjenige Leistungsträger, der von dem Versicherten bzw. Leistungsbezieher erstmals mit dem zu beurteilenden Antrag auf Bewilligung einer Leistung zur Teilhabe befasst worden ist. Seine nach § 14 Abs. 2 Satz 1 SGB IX begründete Zuständigkeit besteht regelmäßig auch dann weiter, wenn er, ohne den Antrag an den aus seiner Sicht zuständigen Rehabilitationsträger weitergeleitet zu haben, das Verwaltungsverfahren durch Erlass eines Verwaltungsakts abschließt, selbst wenn dieser bindend wird (BSG, Urt. v. 20.11.2008, - B 3 KN 4/07 KR R -).

Da die Beklagte über den Antrag der Klägerin entschieden hat, ohne ihn innerhalb der Frist des § 14 Abs. 1 SGB IX an einen anderen aus ihrer Sicht zuständigen Rehabilitationsträger weiterzuleiten, ist sie mit Ablauf der Weiterleitungsfrist im Verhältnis zur Klägerin zur Prüfung und ggf. Bewilligung des Leistungsbegehrens nach jeder rehabilitationsrechtlich in Betracht zu ziehenden Rechtsgrundlage zuständig geworden.

2.) Gem. § 53 Abs. 1 XII erhalten Personen, die durch eine Behinderung im Sinne von § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX wesentlich in ihrer Fähigkeit, an der Gesellschaft teilzuhaben, eingeschränkt oder von einer solchen wesentlichen Behinderung bedroht sind, Leistungen der Eingliederungshilfe, wenn und solange nach der Besonderheit des Einzelfalls, insbesondere nach Art oder Schwere der Behinderung, Aussicht besteht, dass die Aufgabe der Eingliederungshilfe erfüllt werden kann. Besondere Aufgabe der Eingliederungshilfe ist es, eine drohende Behinderung zu verhüten oder eine Behinderung oder deren Folgen zu beseitigen oder zu mildern und die behinderten Menschen in die Gesellschaft einzugliedern. Hierzu gehört (u.a.) insbesondere, den behinderten Menschen die Teilnahme am Leben in der Gemeinschaft zu ermöglichen oder zu erleichtern (§ 53 Abs. 3 SGB XII). Für die Leistungen der Teilhabe gelten nach § 53 Abs. 4 Satz 1 SGB XII die Vorschriften des SGB IX, soweit sich aus dem SGB XII und den auf Grund des SGB XII erlassenen Rechtsverordnungen nichts Abweichendes ergibt (vgl. auch § 7 SGB IX). Dementsprechend nimmt § 54 SGB XII, der die Leistungen der Eingliederungshilfe regelt, u.a. auf § 55 SGB IX Bezug.

Gem. § 55 SGB IX werden als Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft die Leistungen erbracht, die den behinderten Menschen die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft ermöglichen oder sichern oder sie so weit wie möglich unabhängig von Pflege machen und nach den Kapiteln 4 bis 6 des SGB IX nicht erbracht werden. Ziel der Leistungen nach § 55 Abs. 1 SGB IX ist es einerseits, den Menschen, die auf Grund ihrer Behinderung von (Teil-)Bereichen des gesellschaftlichen Lebens ausgegrenzt sind, den Zugang zur Gesellschaft zu ermöglichen, andererseits aber auch den Personen, die in die Gesellschaft integriert sind, die Teilhabe zu sichern, wenn sich abzeichnet, dass sie von gesellschaftlichen Ereignissen und Bezügen abgeschnitten werden. Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft sind (u. a.) die Versorgung mit Hilfsmitteln, die nicht bereits durch die Versorgung mit Körperersatzstücken sowie orthopädischen und anderen Hilfsmitteln nach § 31 SGB IX oder durch die Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nach § 33 SGB IX erfasst sind (§ 55 Abs. 2 Nr. 1 SGB IX, zur Abgrenzung näher BSG, Urt. v. 19.5.2009, - B 8 SO 32/07 R -; auch § 9 Eingliederungshilfe-Verordnung), und Hilfen zur Teilnahme am gemeinschaftlichen und kulturellen Leben (§ 55 Abs. 2 Nr. 7 SGB IX). Letztere umfassen gem. § 58 Nr. 1 und 2 SGB IX vor allem Hilfen zur Förderung der Begegnung und des Umgangs mit nichtbehinderten Menschen und Hilfen zum Besuch von Veranstaltungen oder Einrichtungen, die der Geselligkeit, der Unterhaltung oder kulturellen Zwecken dienen (vgl. auch § 39 Abs. 1 Nr. 3g SGB I und § 19 Eingliederungshilfe-Verordnung).

Hilfsmittel bzw. Hilfen der sozialen Rehabilitation (§ 55 Abs. 2 SGB IX) dienen (über die an die Grundbedürfnisbefriedigung anknüpfende Zielsetzung des § 33 Abs. 1 SGB V oder auch des § 31 SGB IX hinaus) der gesamten Alltagsbewältigung; sie haben die Aufgabe, dem Behinderten den Kontakt mit seiner Umwelt, nicht nur mit Familie und Nachbarschaft, sowie die Teilnahme am öffentlichen und kulturellen Leben zu ermöglichen und hierdurch insgesamt die Begegnung und den Umgang mit nichtbehinderten Menschen zu fördern (BSG, Urt. v. 19.5.2009, - B 8 SO 32/07 R -).

3.) Hiervon ausgehend muss die Beklagte der Klägerin die elektrische Rollstuhlschiebehilfe (auch) nicht nach sozialhilferechtlichen Grundsätzen als zusätzliche Leistung der Eingliederungshilfe für behinderte Menschen (zur sozialen Rehabilitation) gewähren. Die Rollstuhlschiebehilfe dient im Rechtssinne nicht dazu, der Klägerin eine weitergehende Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu ermöglichen; die Leistungsvoraussetzungen der §§ 55 Abs. 1 und 2 Nr. 1 und 7 SGB IX, 54 ff. SGB XII sind nicht erfüllt. Die Rollstuhlschiebehilfe soll, wie bereits zu § 33 SGB V dargelegt wurde, vielmehr dem Pflegepersonal der J.-A. die Wahrnehmung (insbesondere) von Aufsichtstätigkeiten bei Ausflügen mit der Klägerin, der die dortige stationäre Unterbringung von dem Beigeladenen zu 2 als Eingliederungshilfe gewährt wird, ermöglichen oder erleichtern. Die Durchführung (u.a.) solcher Ausflüge bzw. (allgemein) von Maßnahmen zur Teilhabe am gemeinschaftlichen und kulturellen Leben (§§ 55 Abs. 2 Nr. 7, 58 Nr. 1 und 2 SGB IX) unter hinreichender Unterstützung und ggf. Beaufsichtigung gehört zum Leistungsangebot bzw. zur Leistungspflicht der J.-A ... Diese gewähren ihren Bewohnern nach näherer Maßgabe der von ihnen geschlossenen Vereinbarung vom 25.11.2010 bzw. des Rahmenvertrags vom 15.12.1998 (u. a.) Maßnahmen zur Eingliederung von Menschen mit Behinderung (vgl. § 8 des Rahmenvertrags unter Bezugnahme auf § 54 SGB XII), die (auch) das Ziel haben, die Teilnahme am Leben in der Gemeinschaft zu ermöglichen oder zu erleichtern (Leistungstyp I.1.2 der Rahmenvertrags). Von solchen Maßnahmen darf die Klägerin grundsätzlich nicht ausgeschlossen werden. Sind wegen der Art der Behinderung der Klägerin (oder wegen der Lage der Behinderteneinrichtung) besondere personelle oder sächliche Vorkehrungen erforderlich, muss hierfür ggf. die Beigeladene Nr. 1 als Träger der Behinderteneinrichtung und nicht die Beklagte als erstangegangener Rehabilitationsträger Sorge tragen (vgl. § 9 des genannten Rahmenvertrags). Die Vorhaltung einer Rollstuhlschiebehilfe, die im Übrigen ersichtlich nicht nur bei der Klägerin, sondern auch bei anderen Heimbewohnern der J.-A. eingesetzt werden könnte, würde daher zum Aufgaben- und Pflichtenkreis der Beigeladenen Nr. 1 als Heimträger gehören. Aus Vorschriften bzw. Vereinbarungen in Verträgen zwischen Heim- und Sozialhilfeträger, die Pflichten des Heimträgers regeln, erwachsen der Klägerin jedenfalls keine hier in Frage stehenden Leistungsansprüche nach dem SGB gegen die Beklagten als erstangegangenen Rehabilitationsträger.

III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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