Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 2 KR 3581/07
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 KR 2811/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Bei Art 31 EWG-VO 1408/71 und Art 34 EWG-VO 574/72 handelt es sich um Vorschriften des koordinierenden Sozialrechts, die das nationale Recht nicht verdrängen. Hinsichtlich des Umfang eines sachleistungsersetzenden Kostenerstattungsanspruchs (hier:
Schulteroperation am 09.12.2006 in Teneriffa) begründen die europäischen sekundärrechtlichen Normen lediglich eine Mindesthöhe.
Soweit die nationalen Rechtsvorschriften einen weitergehenden Kostenerstattungsanspruch vorsehen, bleiben diese weiterhin anwendbar.
Schulteroperation am 09.12.2006 in Teneriffa) begründen die europäischen sekundärrechtlichen Normen lediglich eine Mindesthöhe.
Soweit die nationalen Rechtsvorschriften einen weitergehenden Kostenerstattungsanspruch vorsehen, bleiben diese weiterhin anwendbar.
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 11.04.2011 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten der Klägerin im Berufungsverfahren.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Beklagte verpflichtet ist, weitere Kosten einer im Dezember 2006 auf den Kanarischen Inseln durchgeführten Schulteroperation in Höhe von 529,38 EUR zu erstatten.
Die 1932 geborene Klägerin, die Altersrente bezieht und ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland (BRD) hat, war in der Zeit vom 01.07.1998 bis 30.11.2010 als Familienangehörige bei der Beklagten versichert. Vor ihrer Privatreise nach Teneriffa erhielt die Klägerin von der Beklagten eine Auslandskrankenbescheinigung. Zudem schloss sie eine A.-Auslands-Krankenschutzversicherung ab. Während ihres Aufenthalts in Teneriffa stürzte sie am 09.12.2006 auf ihr rechtes Knie und die rechte Schulter. Sie erlitt hierbei einen offenen Riss über ihrer rechten Kniescheibe sowie eine Schulterfraktur. Aufgrund dessen wurde sie in der Zeit vom 09. bis 12.12.2006 auf der Privatstation des staatlichen Krankenhauses "H. S." stationär behandelt. Es wurde ua eine Schulteroperation durchgeführt. Nachstationäre Nachuntersuchungen fanden am 18. und 27.12.2006 sowie am 09.01.2007 statt. Hierfür stellte das Krankenhaus folgende Rechnungen aus: Nr 580217701 in Höhe von 2.133,31 EUR (2.245,59 EUR./. 112,28 EUR Skonto), Nr 490345409 in Höhe von 268,13 EUR (282,24 EUR./. 14,11 EUR Skonto), Nr 590345461 in Höhe von 2.064,99 EUR, Nr 590355552 in Höhe von 17,63 EUR, Nr 580224234 in Höhe von 135,30 EUR, Nr 580219346 in Höhe von 132,00 EUR, Nr 590350886 in Höhe von 55,34 EUR und Nr 580221468 in Höhe von 132,00 EUR. Die Begleichung der Rechnungen Nr 580217701 und 590345409 lehnte der A. M. - nachdem er zunächst Kosten in Höhe von 2.528,00 EUR garantiert hatte (Schuldanerkenntnis vom 10.12.2006) - ab, da für den Krankheitsfall in Teneriffa kein Versicherungsschutz mehr über den Auslandskrankenschutz bestanden habe. Denn die Einreise sei bereits über 45 Tage vorher erfolgt. Der Ehemann der Klägerin wurde daher um Rücküberweisung eines Betrags in Höhe von 2.401,44 EUR gebeten.
Nach ihrer Rückkehr in die BRD beantragte die Klägerin am 28.03.2007 bei der Beklagten die Erstattung der ihr in Teneriffa entstandenen Kosten. Hierfür reichte sie die Rechnung Nr 580217701 (2.133,31 EUR) und Nr 590345409 (268,13 EUR) ein. Daraufhin erstattete die Beklagte der Klägerin (ohne schriftlichen Verwaltungsakt) 1.143,60 EUR. Mit Bescheid vom 29.01.2007 teilte die Beklagte dem Ehemann der Klägerin mit, dass die Kostenerstattung des Krankenaufenthaltes seiner Ehefrau in Teneriffa überprüft worden sei. Eine weitere Erstattung komme bisher nicht in Betracht. Die Kostenerstattung im Geltungsbereich des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft und des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum bestimme ihre Satzung (§ 24a Abs 3 der Satzung; vgl hierzu Bl 17 ff der Verwaltungsakte der Beklagten). Erstattet würden höchstens die Kosten, die bei Erbringung als Dienst- oder Sachleistungen im Inland entstanden wären. Der Erstattungsbetrag werde um die gesetzlichen Zuzahlungen gekürzt, wenn die Verpflichtung zur Zuzahlung bestehe. Als Tagessatz nehme man einen durchschnittlichen Pflegesatz je behandelten Tag in Höhe von 381,20 EUR an. Für den Entlassungstag sei keine Erstattung möglich. Für die ambulanten Kosten überweise man 121,90 EUR. Nachdem die Klägerin die Rechnung Nr 590345461 (2.064,99 EUR) bei der Beklagten eingereicht hatte, lehnte diese mit Bescheid vom 13.03.2007 eine weitere Kostenerstattung über den bereits geleisteten Betrag von 1.143,60 EUR ab. Mit diesem Erstattungsbetrag seien alle stationären Leistungen für den Zeitraum vom 09. bis 12.12.2006 abgegolten. Die Kosten für eine stationäre Behandlung im europäischen Ausland könnten nur dann von der gesetzlichen Krankenkasse vollständig übernommen werden, wenn die Abrechnung direkt über den ausländischen Krankenversicherungsträger erfolge. Es würden dann lediglich die im jeweiligen Abkommensstaat fälligen Eigenbeteiligungen erhoben. Leider sei der spanische Krankenversicherungsträger nicht in der Lage, die dort üblichen Erstattungssätze mitzuteilen, sodass vorliegend diese Möglichkeit der Erstattungsweise nicht möglich sei.
Gegen den Bescheid vom 13.03.2007 legte die Klägerin durch ihren Ehemann am 28.03.2007 Widerspruch ein. Zur Begründung wurde vorgetragen, durch den Unfall seien ihnen Kosten in Höhe von ca 5.000,00 EUR entstanden. Bevor sie nach Teneriffa aufgebrochen seien, damit die Klägerin bezüglich ihres Weichteilrheumas Linderung erfahre, habe man die Geschäftsstelle der Beklagten in Pforzheim besucht. Dort habe man ihnen eine Bescheinigung als provisorischen Ersatz für die europäische Krankenversicherungskarte ausgehändigt, die sie im Notfall im Krankenhaus oder beim Arzt zur Kostenübernahme vorlegen hätten sollen. Dieser Ernstfall sei eingetroffen. Die Bescheinigung sei vorgelegt, aber nicht akzeptiert worden. Mit einem komplizierten Schulterbruch und einem 8 cm langen Riss am rechten Knie sei die Klägerin nicht transportfähig gewesen, sondern habe sofort behandelt und operiert werden müssen. Ansonsten wären sie selbstverständlich sofort nach Deutschland zurückgeflogen. Unverständlich sei, dass die zuletzt eingereichte Rechnung in Höhe von ca. 2.400,00 EUR nicht erstattet werde, obwohl erst auf dieser Rechnung die eigentliche Schulteroperation vermerkt sei. Nach eigener Recherche koste eine vergleichbare Behandlung in Deutschland mindestens die gleiche Summe bzw eher mehr. Der Widerspruchsausschuss der Beklagten wies den Widerspruch der Klägerin mit Widerspruchsbescheid vom 27.06.2007 zurück. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, Ansprüche auf Leistungen ruhten, solange Versicherte sich außerhalb der BRD aufhielten, es sei denn, etwas anderes ergebe sich aus zwischen- oder überstaatlichem Recht. Nach den EWG-VO Nr 1401/71 und 574/72 könnten Versicherte bei einem Krankheitsfall während eines vorübergehenden Aufenthaltes in Spanien als Staat der Europäischen Union (EU) Sach- und Dienstleistungen nach dortigem Recht in Anspruch nehmen. Könnten Leistungen während des vorübergehenden Aufenthaltes in Spanien - aus welchen Gründen auch immer - nicht über die Krankenversicherungskarte in Anspruch genommen werden, erstatte die deutsche Krankenkasse die Kosten in Anwendung der spanischen Rechtsvorschriften, höchstens jedoch in vergleichbarer Höhe deutscher Sätze. Eine Auskunft des spanischen Krankenversicherungsträgers über die Höhe der dort üblichen Kosten ihrer Behandlung habe nicht eingeholt werden können, sodass die Beklagte eine Erstattung in Höhe der vergleichbaren Vertragssätze einer stationären Krankenhausbehandlung in Deutschland vorgenommen habe. Bei einem dreitägigen Krankenhausaufenthalt ergebe dies unter Zugrundelegung eines durchschnittlichen Krankenhauspflegesatzes in Höhe von 381,20 ein Betrag von insgesamt 1.142,60 EUR. Schließlich sei es ihr auch nicht möglich, auf ein rechtstreues Verhalten ausländischer Leistungserbringer hinzuwirken. Es falle daher nicht in ihre Verantwortlichkeit, wenn ein spanisches Krankenhaus zu Unrecht die Anerkennung der europäischen Krankenversicherungskarte verweigere.
Hiergegen hat die Klägerin am 20.07.2007 Klage beim Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhoben und im Wesentlichen vorgetragen, die provisorische Krankenversicherungskarte sei durch das spanische Krankenhaus nicht akzeptiert worden. Damit seien ihr Kosten in Höhe von 4.466,43 EUR entstanden, die sie privat an das Krankenhaus entrichtet habe. Es sei schon fraglich, wie sich der von der Beklagten zugrunde gelegte Pauschalsatz zusammensetze. Ihre Recherche habe ergeben, dass die Versorgung einer Schulterfraktur mit Nagelfixierung unter Vollnarkose im Klinikum P. ca. 2.900,00 EUR und im Krankenhaus S. ca 2.500,00 EUR an Kosten verursache. Bei den Nachuntersuchungen habe es sich um eine traumatologische Nachsorge gehandelt. Es sei jeweils eine röntgenologische Frakturüberprüfung durchgeführt worden. Zur weiteren Begründung hat die Klägerin eine Auflistung von Diagnosen und Medikamenten des Facharztes für Allgemeinmedizin H. vom 09.09.2007 vorgelegt.
Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten und hat mitgeteilt, dass unter Zugrundelegung der für die Operation einschlägigen Diagnosebezogenen Fallgruppen (DRG I75B) mit einer Bewertungsrelation von 0,615 eine Erstattungssumme von 1.752,98 EUR ergebe. Dies deshalb, weil sich der Landesbasisfallwert in Baden-Württemberg für das Jahr 2006 auf 2.850,38 EUR belaufen habe. Bei einer Erstattung auf dieser Grundlage seien der Klägerin über die bereits gezahlten 1.142,60 EUR hinaus weitere 609,28 EUR zu erstatten. Eine Grundlage hierfür läge jedoch nicht vor.
Das SG hat den Rechtsstreit mit den Beteiligten am 27.03.2008 und 19.04.2011 erörtert. Im Termin am 19.04.2011 hat die Klägerin den von ihr verfolgten Klageanspruch auf die Zahlung einer weiteren Summe in Höhe von 609,38 EUR reduziert, die der Differenz zwischen der bereits erstatteten Summe der Beklagten und den von ihr ermittelten deutschen Vertragssätzen entspreche. Im Übrigen hat die Klägerin die Klage zurückgenommen. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die jeweilige Niederschrift (Bl 39 bis 41 und Bl 67 bis 70 der SG-Akte) Bezug genommen.
Mit Urteil vom 11.04.2011 hat das SG die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 13.03.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27.06.2007 verurteilt, der Klägerin für die stationäre Krankenhausbehandlung in Teneriffa vom 09. bis 12.12.2006 weitere Kosten in Höhe von 529,38 EUR zu erstatten. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen und die Berufung zugelassen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, Anspruchsgrundlage für den weiteren Kostenerstattungsanspruch sei § 13 Abs 4 und 5 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V). Die Klägerin unterfalle nicht dem Personenkreis, für den Behandlungen in Spanien auf der Grundlage eines Pauschbetrags zu erstatten seien oder dessen Behandlung aufgrund eines vereinbarten Erstattungsverzichts nicht der Erstattung unterliege. Denn sie zähle nicht zu den Residenten. Sie wohne weder in Spanien noch habe sie dort ihren ständigen Aufenthalt. Die spanische Klinik, in der die Klägerin behandelt worden sei, sei auch eine zulässige Leistungserbringerin. Die Einbindung des ausländischen Leistungserbringers in ein Sachleistungssystem sei keine notwendige Anspruchsvoraussetzung. Die Klägerin habe im Sinne von § 13 Abs 5 Satz 1 SGB X Krankenhausleistungen nach § 39 SGB V in Spanien in Anspruch genommen, da sie dort vollstationär behandelt worden sei. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) vom 30.06.2009 (B 1 KR 22/08 R) wäre es unverhältnismäßig und daher EG-rechtswidrig, die nachträglich zu erteilende Genehmigung einer Krankenkasse nicht ausreichen zu lassen, wenn der Berechtigte aus Krankheitsgründen gehindert gewesen sei, eine vorherige Zustimmung seiner Krankenkasse zur Krankenhausbehandlung einzuholen und diese Genehmigung an sich der Sache nach zu erteilen gewesen wäre. Vorliegend habe sich die Klägerin vom 09. bis 12.12.2006 (Samstag bis Dienstag) im Krankenhaus befunden. Die förmliche Zustimmung zur Krankenhausbehandlung durch die Beklagte habe nach Auskunft des Beklagtenvertreters im Erörterungstermin vom 19.04.2011 frühestens am Montag, den 11.12.2006, und damit einen Tag nach Durchführung der Operation, die am 10.12.2006 stattgefunden habe, erteilt werden können, da am Wochenende für Versicherte nur ein Callcenter erreichbar sei. Die Zustimmung hätte vorliegend auch erteilt werden müssen, da die erforderliche Behandlung der Klägerin im Inland hätte nicht rechtzeitig erlangt werden können. Aufgrund der erlittenen Schulterfraktur habe die Klägerin operativ behandelt werden müssen. Aus der von der Beklagten bereits vorgenommenen Kostenerstattung sei zu schließen, dass auch sie der Auffassung sei, dass die operative Behandlung der Klägerin nicht zu beanstanden sei. Schließlich sei die Klägerin nach Auskunft der behandelnden Ärzte zum Zeitpunkt der Aufnahme in die Klinik nicht transportfähig gewesen. Ein Rücktransport in die BRD habe daher nicht durchgeführt werden können. Dem Umstand, dass die Beklagte eine Kostenerstattung nach § 24a ihrer Satzung vorgenommen habe, lasse sich entnehmen, dass auch sie davon ausgehe, dass von medizinischer Seite her keine Bedenken gegen die Notwendigkeit einer sofortigen operativen Behandlung vor Ort und eine daraus resultierende grundsätzliche Erstattungspflicht bestanden habe. Im Hinblick auf die Höhe der zu erstattenden Kosten schließe sich das Gericht der Auffassung des BSG im genannten Urteil an, wonach die Kriterien des § 13 Abs 2 Satz 9 ff SGB V heranzuziehen seien. Dem stehe nicht entgegen, dass das BSG an anderer Stelle ausgeführt habe, dass das europäische Recht neben dem Anspruch gegen den ausländischen Träger nach den für ihn geltenden Rechtsvorschriften keinen zusätzlichen Anspruch des Leistungsberechtigten gegen den Träger seines Heimatstaates begründe, es sei denn, dieser habe von der Befugnis Gebrauch gemacht, seine Leistungspflicht in diese Richtung zu erweitern. Diese Ausführungen seien im Zusammenhang mit der Ablehnung eines Kostenerstattungsanspruchs nach § 13 Abs 3 SGBV gemacht worden, da diese Norm lediglich für Sachverhalte in Deutschland anwendbar sei. Das BSG habe lediglich deutlich machen wollen, dass das europäische Recht keine Möglichkeit einräumt, nationale Ansprüche (§ 13 Abs 3 SGB V) ins Ausland zu exportieren. Nach alledem sei vorliegend Kostenerstattung in Höhe der Vertragssätze zu leisten, wie sie bei einer Behandlung der Erkrankung der Klägerin in Deutschland angefallen wären. Dies umfasse nach Auskunft der Beklagten einen Betrag von 1.752,98 EUR. Hiervon seien gemäß § 13 Abs 2 Satz 11 SGB V Abschläge für Verwaltungskosten und fehlende Wirtschaftlichkeitsprüfung sowie vorgesehene Zuzahlungen in Abzug zu bringen. Diese beliefen sich nach § 24 Abs 3 der Satzung der Beklagten auf 10 %, mindestens jedoch 5,00 EUR, höchstens 50,00 EUR. Vorliegend fielen mithin 50,00 EUR an. Des Weiteren sei der Kostenerstattungsbetrag noch um die gesetzlichen Zuzahlungen für drei Krankenhaustage in Höhe von 30,00 EUR zu kürzen. Insgesamt ergebe sich damit ein Erstattungsbetrag von 1.672,98 EUR. Abzüglich der bereits von der Beklagten geleisteten 1.143,60 EUR verblieben noch 529,38 EUR, die von der Beklagten zu erstatten seien. Da die Klägerin ihren Klageanspruch auf die Erstattung der deutschen Vertragssätze beschränkt und die Klage im Übrigen zurückgenommen habe, sei nicht mehr zu ermitteln gewesen, ob und in welcher Höhe in Spanien sachleistungsersetzende Kostenerstattungsansprüche existierten sowie ob die Voraussetzungen der jeweiligen Anspruchsnormen (Art 31 Abs 1a EWG-VO 1408/71 bzw Art 34 Abs 1 EWG-VO 574/72) analog erfüllt seien.
Gegen das der Beklagten am 09.06.2011 mit Empfangsbekenntnis zugestellte Urteil hat diese am 06.07.2011 Berufung beim Landessozialgericht (LSG) eingelegt. Zur Begründung wird vorgetragen, das SG habe den Regelungsgehalt der EWG-VO Nr 1408/71 iVm § 13 Abs 5 SGB V verkannt. Nach dem in den genannten Vorschriften normierten System hätten gesetzlich krankenversicherte Deutsche während eines Auslandsaufenthaltes grundsätzlich keinen Anspruch auf Leistungen der deutschen Krankenkasse. Der Versicherte werde in das nationale Krankenversicherungssystem des Aufenthaltsortes aufgenommen. Das bedeute, der deutsche Krankenversicherte werde in Spanien so behandelt, als sei er in der spanischen gesetzlichen Krankenversicherung versichert. Entsprechend habe er auch nur Anspruch auf die Behandlung, respektive auf die Behandlungskosten, welche der spanische Krankenversicherungsträger für einen spanischen Krankenversicherten in Spanien zu erbringen bzw zu zahlen hätte. Der spanische Krankenversicherungsträger habe dann die entstandenen Behandlungskosten mit der zuständigen deutschen Krankenkasse unmittelbar abzurechnen. Scheitere dieser Weg, so habe der Versicherte einen sachleistungsersetzenden Kostenerstattungsanspruch gegen seine deutsche Krankenkasse. Hierdurch werde jedoch das Prinzip, dass der deutsche Krankenversicherte dem Grunde nach in das nationale spanische Krankenversicherungssystem aufgenommen worden sei, nicht berührt. Daraus folge, dass ein in Spanien behandelter Deutscher einen Kostenerstattungsanspruch gegen seine deutsche Krankenkasse nur in der Höhe geltend machen könne, in der diese bei Behandlung durch den nationalen spanischen Krankenversicherungsträger entstanden seien. Diese seien hingegen wiederum auf jene Vergütung begrenzt, die die deutsche Krankenkasse bei Erbringung als Sachleistung im Inland zu tragen habe. Dass der Versicherte in einer Privatklinik behandelt worden sei, falle dabei in seine Risikosphäre. Ein über den Kostenumfang der nationalen spanischen Behandlungsansätze hinausgehender Kostenerstattungsanspruch sei hingegen eine ungerechtfertigte Privilegierung Deutscher im Ausland gegenüber Deutscher im Inland. Während gesetzlich Krankenversicherte, die sich im Inland in einer Privatklinik behandeln ließen, grundsätzlich überhaupt keinen Kostenerstattungsanspruch hätten, bestünde für Deutsche im Ausland ein Anspruch auf Erstattung auch solcher Behandlungskosten, die in einer Privatklinik entstanden seien. Das SG habe daher in rechtsfehlerhafter Weise versäumt zu ermitteln, in welcher Höhe der spanische Krankenversicherungsträger Kosten übernommen hätte, wenn die streitgegenständliche Behandlung für einen spanischen Versicherten in Spanien erbracht worden wäre. Erst dann hätte das SG beurteilen können, ob sie ihre Leistungs-/Erstattungspflicht bereits vollständig erfüllt habe. Es sei daher rechtsfehlerhaft, unter Umgehung dieser Ermittlungserfordernisse eine Erstattungspflicht ohne Weiteres aus § 13 Abs 5 SGB V herzuleiten. Das BSG habe in der bereits genannten Entscheidung klar zum Ausdruck gebracht, dass allenfalls dann, wenn ein Anspruch nach den einschlägigen europarechtlichen Vorschriften nicht gegeben sei, ein solcher subsidiär nach § 13 SGB V in Frage kommen könnte. Zu beachten sei in diesem Zusammenhang, dass die Klägerin weiterhin beweisbelastet bleibe, sofern sie wie vorliegend eine über die geleistete Erstattungsleistung hinausgehende Zahlung begehre. Darüber hinaus habe das SG auch ohne nähere Erläuterungen das Vorliegen der Voraussetzungen eines Kostenerstattungsanspruchs aus § 13 Abs 4 und 5 SGB V bejaht. Es sei völlig unklar, was genau das BSG unter dem Tatbestandsmerkmal der Verhinderung der rechtzeitigen Einholung der Zustimmung gemeint habe.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 11.04.2011 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch den Senat einverstanden erklärt.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie auf die von der Beklagten vorgelegte Verwaltungsakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß §§ 143, 144 Abs 3, 151 Abs 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) vom SG zugelassene form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten ist statthaft und zulässig, aber nicht begründet. Die Entscheidung des SG, welches einen weiteren Erstattungsanspruch der Klägerin gegen die Beklagte in Höhe von 529,38 EUR für die stationäre Behandlung vom 9. bis 12.12.2006 in Teneriffa als rechtmäßig angesehen hat, ist nicht zu beanstanden. Denn die Klägerin erfüllt (bei einer dem Europarecht entsprechenden Auslegung) die Anspruchsvoraussetzung des § 13 Abs 4 und 5 SGB V und kann deshalb - wie vom SG zutreffend dargelegt - die Erstattung in dem dort europarechtskonform beschränkten Umfang verlangen.
Streitgegenstand ist der Bescheid der Beklagten vom 13.03.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27.06.2007 (§ 95 SGG). Die Klägerin hat ihr Begehren im Klageverfahren in zulässiger Weise beschränkt und hat nur die Erstattung weiterer Kosten für die stationäre Krankenhausbehandlung in Teneriffa vom 9. bis 12.12.2006 in Höhe von 609,38 EUR begehrt. Weitergehende Ansprüche hat die Klägerin mit ihrer kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1 iVm Abs 4 SGG) im Klageverfahren nicht mehr geltend gemacht. Sie hat vielmehr im Termin zur Erörterung des Sachverhalts am 19.04.2011 ihre Klage teilweise zurückgenommen (§ 102 Abs 1 SGG), weshalb auch nicht die ursprünglich geltend gemachten Kosten für die nachstationäre Behandlung am 18. und 27.12.2006 sowie am 09.01.2007 streitig sind. Hierbei hat sich die Klägerin an die von der Beklagten zugrunde gelegte DRG-Fallpauschale "I75B" angelehnt, wonach sich bei einer Bewertungsrelation von 0,615 eine Erstattungssumme von 1.752,98 EUR ergibt (bei einem Landesbasisfallwert in Baden-Württemberg für das Jahr 2006 iHv 2.850,38 EUR). Unter Berücksichtigung der bereits im Verwaltungsverfahren gezahlten 1.143,60 EUR ergibt sich mithin der von der Klägerin im Klageverfahren begehrte weitere Erstattungsbetrag in Höhe von 609,38 EUR. Die vom A. M. ursprünglich angewiesenen 2.401,44 EUR hat dieser wieder zurückgefordert (Schreiben vom 15.02.2007), sodass davon auszugehen ist, dass die Klägerin weiterhin einer entsprechenden Forderung durch das spanische Krankenhaus unterlag. Gegenteilige Anhaltspunkte sind nicht ersichtlich und von der Beklagten auch nicht vorgetragen.
Nachdem nur die Beklagte das Urteil des SG mit der Berufung angefochten und die Klägerin keine eigenständige bzw Anschlussberufung eingelegt hat, ist es dem Senat verwehrt zu prüfen, ob die Klägerin aufgrund des Europäischen Koordinationsrechts (Art 31 EWG-VO 1408/71 iVm den Regelungen des spanischen sozialen Sicherungssystems gegen Krankheit bzw analog Art 34 EWG-VO 574/72) einen weitergehenden als vom SG angenommenen Kostenerstattungsanspruch gegen die Beklagten hat.
Die Klägerin war vom 01.07.1998 bis 30.11.2010 und damit im hier streitgegenständlichen Zeitraum gemäß § 10 SGB V als Familienangehörige bei der Beklagten krankenversichert. Der Senat stützt sich hierbei auf die Auskunft der Beklagten vom 22.11.2011. Nach § 27 Abs 1 Satz 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Die Krankenbehandlung umfasst insbesondere auch die Krankenhausbehandlung (§ 27 Abs 1 Satz 2 Nr 5 SGB V). Zwar ruhte der Anspruch der Klägerin gemäß § 16 Abs 1 Nr 1 SGB V, solange wie sie sich im Ausland aufhielt. Allerdings gilt dies nur soweit, als im SGB V nichts Abweichendes bestimmt ist. Eine solche (abweichende) Rechtsgrundlage findet sich in § 13 Abs 4 und 5 SGB V.
Nachdem die Klägerin vom 09. bis 12.12.2006 in Spanien (Teneriffa) auf der Privatstation des staatlichen Krankenhauses "H. S." stationär behandelt wurde und mithin Krankenhausleistungen nach § 39 SGB V in Anspruch genommen hat, richtet sich ihr Begehren nicht mehr auf den Erhalt von Sachleistungen, sondern auf Erstattung ihrer hierdurch entstandenen Kosten.
Nach § 13 Abs 1 SGB V darf die Krankenkasse anstelle der Sach- oder Dienstleistung (§ 2 Abs 2 SGB V) Kosten nur erstatten, soweit es dieses (das SGB V) oder das Neunte Buch des Sozialgesetzbuchs (SGB IX) - im vorliegenden Fall nicht einschlägig, weil keine Leistungen zur Teilhabe streitig sind - vorsieht. Nach § 13 Abs 4 Satz 1 SGB V in der ab 1. Januar 2004 geltenden Fassung sind Versicherte berechtigt, auch Leistungserbringer in anderen Staaten im Geltungsbereich des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft und des Abkommens über den europäischen Wirtschaftsraum (EWR) anstelle der Sach- oder Dienstleistung im Wege der Kostenerstattung in Anspruch zu nehmen, es sei denn, Behandlungen für diesen Personenkreis im anderen Staat sind auf der Grundlage eines Pauschbetrags zu erstatten oder unterliegen aufgrund eines vereinbarten Erstattungsverzichts nicht der Erstattung. Nach § 13 Abs 5 Satz 1 SGB V in der ab dem 01.01.2004 geltenden Fassung können abweichend von Abs 4 in anderen Staaten im Geltungsbereich des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft und des Abkommens über den EWR, dh in Staaten, in denen die EWG-VO Nr 1408/71 anwendbar ist, Krankenhausleistungen nach § 39 SGB V nur nach vorheriger Zustimmung durch die Krankenkassen in Anspruch genommen werden. Nach Satz 2 der Vorschrift darf die Zustimmung nur versagt werden, wenn die gleiche oder eine für den Versicherten ebenso wirksame, dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung einer Krankheit rechtzeitig bei einem Vertragspartner der Krankenkasse im Inland, dh bei einem zugelassenen Vertragskrankenhaus erlangt werden kann. Diese Regelung des Genehmigungsvorbehalts knüpft an die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) bei Krankenhausbehandlungen an, wonach Regelungen, die die Übernahme der Kosten für die Versorgung in einem Krankenhaus in einem anderen Mitgliedstaat davon abhängig machen, dass die Krankenkasse eine vorherige Zustimmung erteilt, unter bestimmten Voraussetzungen mit dem EG-Recht vereinbar sind (vgl EuGH SozR 3-6030 Art 59 Nr 6 und SozR 4-6050 Art 59 Nr 1).
Da die Klägerin am 09.12.2006 während ihres vorübergehenden Auslandaufenthaltes in Spanien (Teneriffa), welches zur europäischen Gemeinschaft gehört, auf ihr rechtes Knie und die rechte Schulter fiel und sie hierbei einen offenen Riss über ihrer rechten Kniescheibe sowie eine Schulterfraktur erlitt, wurde sie am 9.12.2006 stationär auf der Privatstation des staatlichen Krankenhauses "H. S." aufgenommen und am 10.12.2006, einem Sonntag, an der Schulter operiert. Sie wurde am 12.12.2006 aus dem Krankenhaus entlassen. Der Senat stützt sich hierbei auf die Angaben der Klägerin und die vorgelegten Rechnungen. Die Beklagte hat hiergegen auch keine Einwände vorgebracht. Die Klägerin hat mithin in Spanien Krankenhausleistungen nach § 39 SGB V in Anspruch genommen, sodass sich der Kostenerstattungsanspruch gegen die Beklagte nach § 13 Abs 4 und 5 SGB V richtet. Dies hat das SG zutreffend erkannt.
Der von der Klägerin nach Klagerücknahme zuletzt noch geltend gemachte Kostenerstattungsanspruch gemäß § 13 Abs 4 und 5 SGB V besteht sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach. Dies hat das SG zutreffend und ausführlich sowie unter Berücksichtigung der maßgeblichen Entscheidung des BSG vom 30.06.2009 (B 1 KR 22/08 R, BSGE 104, 1 = SozR 4-2500 § 13 Nr 23) dargelegt. Die Klägerin war frühestens am Tag nach der Operation am 11.12.2006 (Montag) im Stande, die Zustimmung der Beklagten zur Krankenhausbehandlung einzuholen. Zu diesem Zeitpunkt war die Schulteroperation jedoch schon durchgeführt worden. Darüber hinaus ist davon auszugehen, dass die Beklagte durch die von ihr bereits vorgenommene Erstattung die Genehmigung zumindest konkludent erteilt hat. Der Senat schließt sich den Ausführungen des SG vollumfänglich an und sieht deshalb gemäß § 153 Abs 2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab.
Im Hinblick auf das Berufungsvorbringen der Beklagten ist ergänzend auf Folgendes hinzuweisen: Soweit die Beklagte davon ausgeht, es bestehe ein Stufensystem dahingehend, dass das europäische Sekundärrecht (Art 31 EWG-VO 1408/71 und Art 34 EWG-VO 574/72) dem nationalen Recht (§ 13 Abs 4 und 5 SGB V) vorgehe und Letzteres bei einer Krankenhausbehandlung im europäischen (Vertrags-)Ausland nur subsidiär zur Anwendung komme, trifft dies nicht zu. Bei den genannten europäischen Rechtsgrundlagen handelt es sich um Vorschriften des koordinierenden Sozialrechts. Das Koordinierungsrecht umfasst mittlerweile nicht nur Arbeitnehmer und Selbstständige, sondern auch Personen, die nicht wirtschaftlich aktiv sind. Dies zeigt sich beispielsweise darin, dass Art 31 EWG-VO 1408/71 nicht nur Rentner, sondern auch die Familienangehörigen des Rentners erfasst. Gleiches gilt gemäß Art 31 Abs 3 EWG-VO 574/72. Soweit es sich jedoch um koordinierendes Sozialrecht handelt, bleiben die nationalen Sozialrechtsnormen unberührt (vgl hierzu nur Fuchs in ders, Europäisches Sozialrecht, 5. Aufl 2010, S 36 Rdnr 32). Es besteht vielmehr (bei Vorliegen aller tatbestandlichen) Voraussetzungen eine echte Anspruchskonkurrenz und kein Ausschließlichkeitsverhältnis. Hierbei begründen die genannten europäischen sekundärrechtlichen Normen im Hinblick auf den Umfang eines sachleistungsersetzenden Kostenersatzanspruchs lediglich eine Mindesthöhe. Soweit die nationalen Rechtsvorschriften einen weitergehenden Kostenerstattungsanspruch vorsehen, bleiben diese mithin weiterhin anwendbar.
Etwas anderes ergibt sich - entgegen der insoweit unzutreffenden Auffassung der Beklagten - auch nicht aus der Entscheidung des BSG vom 30.06.2009 (B 1 KR 22/08 R, BSGE 104, 1 = SozR 4-2500 § 13 Nr 23). Das Gegenteil ist vielmehr der Fall. So hat das BSG ausdrücklich hervorgehoben, dass "ergänzende Zahlungsansprüche [ ...] nach europäischem und [Hervorhebung durch den Senat] deutschem Recht" in Betracht kommen (BSG, aaO, Rdnr 11 und 12). In diesem Zusammenhang hat es auch betont, dass das EG-Sekundärrecht lediglich das deutsche Recht "ergänzt" (BSG, aaO Rdnr 12). Ein Ausschließlichkeits- bzw Subsidiaritätsverhältnis würde auch der bereits dargestellten europarechtlichen Koordinierungssystematik diametral entgegenstehen.
Aus dem zuvor Genannten ergibt sich auch, dass der Senat weder ermitteln musste, ob das spanische Recht sachleistungsersetzende Kostenerstattungsansprüche vorsieht noch wie hoch die spanischen Vergütungssätze für die bei der Klägerin durchgeführten Schulteroperation sind. Lägen die spanischen Vergütungsansprüche für die bei der Klägerin durchgeführte Schulteroperation höher als die hier zugrunde zu legende DRG-Fallpauschale "I75B" (= schwere Verletzungen von Schulter, Arm, Ellenbogen, Knie, Bein und Sprunggelenk ohne Komplikationen oder Komorbiditäten; Quelle: Deutsches Institut für medizinische Dokumentation und Information, Operationen und Prozedurenschlüssel, Version 2006), könnte dies vorliegend mangels Anfechtung der Entscheidung des SG durch die Klägerin nicht berücksichtigt werden. Vor diesem Hintergrund konnte der Senat auch nicht die Frage entscheiden, ob die Voraussetzungen des Art 34 Abs 1 EWG-VO 574/72 (analog) erfüllt sind, obwohl im vorliegenden Fall viel dafür spricht, dass sich die Beklagte das europarechtswidrige Fehlverhalten des spanischen Krankenhauses "H. S." zurechnen lassen müsste. Denn nach dem insoweit unwidersprochenen Vortrag der Klägerin hat sich diese an das staatliche Krankenhaus "H. S." gewandt und dort auch ihre "Bescheinigung als provisorischer Ersatz für die europäische Krankenversichertenkarte" vorgelegt. Dennoch hatte sich das Krankenhaus geweigert, die unaufschiebbar notwendige Krankenbehandlung als Sachleistung nach spanischem Krankenversicherungsrecht zu erbringen.
Sollten die spanischen Vergütungssätze hingegen niedriger als die bereits genannte DRG-Fallpauschale sein, muss die Beklagte dennoch Kostenerstattung nach § 13 Abs 4 und 5 SGB V im vom SG tenorierten Umfang gewähren. Denn die nationalen Rechtsgrundlagen werden - wie bereits dargelegt - durch das europäische Sekundärrecht vorliegend nicht verdrängt. Lediglich ergänzend wird in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen, dass - bei Zugrundelegung der (unzutreffenden) Ansicht der Beklagten - diese selbst gehalten gewesen wäre, vorliegend die spanischen Vergütungssätze zu ermitteln.
Darüber hinaus wird in diesem Zusammenhang auch darauf hingewiesen, dass die Erstattungshöhe eines auf § 13 Abs 4 und 5 SGB V gründenden Erstattungsanspruchs nicht durch das europäische Sekundärrecht auf die Höhe der spanischen Vergütungssätze begrenzt wird. Denn das europäische Sekundärrecht gewährleistet - wie ebenfalls bereits dargelegt - lediglich eine Mindesthöhe des Kostenerstattungsanspruchs. Eine Begrenzung findet lediglich durch die vom BSG (aaO, RdNr 39) für zulässig erachtete Kürzung des (nationalen) Kostenerstattungsanspruchs entsprechend der Kriterien des § 13 Abs 2 S 9 ff SGB V statt. Dem hat sich das SG ausdrücklich angeschlossen und auch der Senat ist der Auffassung, dass eine diesbezügliche Begrenzung des Kostenerstattungsanspruchs zulässig und nicht europarechtswidrig ist. Vor diesem Hintergrund hat das SG zutreffend die Kriterien des § 24 Abs 3 (Kostenerstattung) und nicht des § 24a Abs 3 (Kostenerstattung im Geltungsbereich des Vertrags zur Gründung der europäischen Gemeinschaft und des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum) der Satzung der Beklagten (vgl Bl 17 ff der Verwaltungsakte – S 21 der Satzung) herangezogen. Nach § 24 Abs 3 S 2 der Satzung wird der Erstattungsbetrag um einen Abschlag für Verwaltungskosten und fehlende Wirtschaftlichkeitsprüfung iHv 10vH, mindestens jedoch 5,00 EUR und höchstens 50,00 EUR vorgenommen. Der Abzug nach § 24a Abs 3 S 2 beläuft sich auf 12 vH, mindestens jedoch 6,00 EUR und höchstens 55,00 EUR. Der Senat hält es im vorliegenden Fall, in dem nur ein Erstattungsanspruch nach § 13 Abs 4 und 5 SGB V streitig ist und sich die Höhe des Erstattungsanspruchs ausschließlich nach der DRG-Fallpauschale "I75B" richtet, für sachgerecht, dass sich die Minderung des Kostenerstattungsanspruch an die Kriterien des § 24 der Satzung der Beklagten anlehnt. Denn mit der Heranziehung einer DRG-Fallpauschale wird dem Wirtschaftlichkeitsgebot bereits hinreichend genüge getan. Ein weiterer Abschlag (iHv von 12 vH bzw bis zu 55,00 EUR) erscheint in einem solchen Fall nicht sachgerecht.
Die hier zugrundegelegte Rechtsauffassung beinhaltet auch - entgegen der Ansicht der Beklagten - keine (unzulässige) Privilegierung von Krankenversicherten, die im Ausland erkranken und dort aufgrund eines Fehlverhaltens des spanischen Leistungserbringers ihren Anspruch auf Sachleistung nicht durchsetzen können und deshalb auf einer Privatstation stationär behandelt werden. Das Gegenteil ist vielmehr der Fall. Würde in einem solchen Fall die Erstattungspflicht nach § 13 Abs 4 und 5 SGB V der Höhe nach auf die ggf niedrigeren spanischen Vergütungssätze begrenzt, so stellte dies seinerseits eine Privilegierung der Krankenkasse dar. Denn diese würde dann von dem Umstand profitieren, dass ihr Versicherter im europäischen (Vertrags-)Ausland einer aufschiebbaren stationären Krankenhausbehandlung bedarf.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor. Der Senat folgt der Entscheidung des BSG vom 30.06.2009 (B 1 KR 22/08 R, aaO). Darüber hinaus hat das BSG bereits entschieden, dass sich die Vergütung für eine entsprechende Leistungserbringung im Ausland nach den DRG-Fallpauschalen richten kann (vgl hierzu BSG 17.02.2010, B 1 KR 14/09 R, SozR 4-2500 § 13 Nr 24).
Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten der Klägerin im Berufungsverfahren.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Beklagte verpflichtet ist, weitere Kosten einer im Dezember 2006 auf den Kanarischen Inseln durchgeführten Schulteroperation in Höhe von 529,38 EUR zu erstatten.
Die 1932 geborene Klägerin, die Altersrente bezieht und ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland (BRD) hat, war in der Zeit vom 01.07.1998 bis 30.11.2010 als Familienangehörige bei der Beklagten versichert. Vor ihrer Privatreise nach Teneriffa erhielt die Klägerin von der Beklagten eine Auslandskrankenbescheinigung. Zudem schloss sie eine A.-Auslands-Krankenschutzversicherung ab. Während ihres Aufenthalts in Teneriffa stürzte sie am 09.12.2006 auf ihr rechtes Knie und die rechte Schulter. Sie erlitt hierbei einen offenen Riss über ihrer rechten Kniescheibe sowie eine Schulterfraktur. Aufgrund dessen wurde sie in der Zeit vom 09. bis 12.12.2006 auf der Privatstation des staatlichen Krankenhauses "H. S." stationär behandelt. Es wurde ua eine Schulteroperation durchgeführt. Nachstationäre Nachuntersuchungen fanden am 18. und 27.12.2006 sowie am 09.01.2007 statt. Hierfür stellte das Krankenhaus folgende Rechnungen aus: Nr 580217701 in Höhe von 2.133,31 EUR (2.245,59 EUR./. 112,28 EUR Skonto), Nr 490345409 in Höhe von 268,13 EUR (282,24 EUR./. 14,11 EUR Skonto), Nr 590345461 in Höhe von 2.064,99 EUR, Nr 590355552 in Höhe von 17,63 EUR, Nr 580224234 in Höhe von 135,30 EUR, Nr 580219346 in Höhe von 132,00 EUR, Nr 590350886 in Höhe von 55,34 EUR und Nr 580221468 in Höhe von 132,00 EUR. Die Begleichung der Rechnungen Nr 580217701 und 590345409 lehnte der A. M. - nachdem er zunächst Kosten in Höhe von 2.528,00 EUR garantiert hatte (Schuldanerkenntnis vom 10.12.2006) - ab, da für den Krankheitsfall in Teneriffa kein Versicherungsschutz mehr über den Auslandskrankenschutz bestanden habe. Denn die Einreise sei bereits über 45 Tage vorher erfolgt. Der Ehemann der Klägerin wurde daher um Rücküberweisung eines Betrags in Höhe von 2.401,44 EUR gebeten.
Nach ihrer Rückkehr in die BRD beantragte die Klägerin am 28.03.2007 bei der Beklagten die Erstattung der ihr in Teneriffa entstandenen Kosten. Hierfür reichte sie die Rechnung Nr 580217701 (2.133,31 EUR) und Nr 590345409 (268,13 EUR) ein. Daraufhin erstattete die Beklagte der Klägerin (ohne schriftlichen Verwaltungsakt) 1.143,60 EUR. Mit Bescheid vom 29.01.2007 teilte die Beklagte dem Ehemann der Klägerin mit, dass die Kostenerstattung des Krankenaufenthaltes seiner Ehefrau in Teneriffa überprüft worden sei. Eine weitere Erstattung komme bisher nicht in Betracht. Die Kostenerstattung im Geltungsbereich des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft und des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum bestimme ihre Satzung (§ 24a Abs 3 der Satzung; vgl hierzu Bl 17 ff der Verwaltungsakte der Beklagten). Erstattet würden höchstens die Kosten, die bei Erbringung als Dienst- oder Sachleistungen im Inland entstanden wären. Der Erstattungsbetrag werde um die gesetzlichen Zuzahlungen gekürzt, wenn die Verpflichtung zur Zuzahlung bestehe. Als Tagessatz nehme man einen durchschnittlichen Pflegesatz je behandelten Tag in Höhe von 381,20 EUR an. Für den Entlassungstag sei keine Erstattung möglich. Für die ambulanten Kosten überweise man 121,90 EUR. Nachdem die Klägerin die Rechnung Nr 590345461 (2.064,99 EUR) bei der Beklagten eingereicht hatte, lehnte diese mit Bescheid vom 13.03.2007 eine weitere Kostenerstattung über den bereits geleisteten Betrag von 1.143,60 EUR ab. Mit diesem Erstattungsbetrag seien alle stationären Leistungen für den Zeitraum vom 09. bis 12.12.2006 abgegolten. Die Kosten für eine stationäre Behandlung im europäischen Ausland könnten nur dann von der gesetzlichen Krankenkasse vollständig übernommen werden, wenn die Abrechnung direkt über den ausländischen Krankenversicherungsträger erfolge. Es würden dann lediglich die im jeweiligen Abkommensstaat fälligen Eigenbeteiligungen erhoben. Leider sei der spanische Krankenversicherungsträger nicht in der Lage, die dort üblichen Erstattungssätze mitzuteilen, sodass vorliegend diese Möglichkeit der Erstattungsweise nicht möglich sei.
Gegen den Bescheid vom 13.03.2007 legte die Klägerin durch ihren Ehemann am 28.03.2007 Widerspruch ein. Zur Begründung wurde vorgetragen, durch den Unfall seien ihnen Kosten in Höhe von ca 5.000,00 EUR entstanden. Bevor sie nach Teneriffa aufgebrochen seien, damit die Klägerin bezüglich ihres Weichteilrheumas Linderung erfahre, habe man die Geschäftsstelle der Beklagten in Pforzheim besucht. Dort habe man ihnen eine Bescheinigung als provisorischen Ersatz für die europäische Krankenversicherungskarte ausgehändigt, die sie im Notfall im Krankenhaus oder beim Arzt zur Kostenübernahme vorlegen hätten sollen. Dieser Ernstfall sei eingetroffen. Die Bescheinigung sei vorgelegt, aber nicht akzeptiert worden. Mit einem komplizierten Schulterbruch und einem 8 cm langen Riss am rechten Knie sei die Klägerin nicht transportfähig gewesen, sondern habe sofort behandelt und operiert werden müssen. Ansonsten wären sie selbstverständlich sofort nach Deutschland zurückgeflogen. Unverständlich sei, dass die zuletzt eingereichte Rechnung in Höhe von ca. 2.400,00 EUR nicht erstattet werde, obwohl erst auf dieser Rechnung die eigentliche Schulteroperation vermerkt sei. Nach eigener Recherche koste eine vergleichbare Behandlung in Deutschland mindestens die gleiche Summe bzw eher mehr. Der Widerspruchsausschuss der Beklagten wies den Widerspruch der Klägerin mit Widerspruchsbescheid vom 27.06.2007 zurück. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, Ansprüche auf Leistungen ruhten, solange Versicherte sich außerhalb der BRD aufhielten, es sei denn, etwas anderes ergebe sich aus zwischen- oder überstaatlichem Recht. Nach den EWG-VO Nr 1401/71 und 574/72 könnten Versicherte bei einem Krankheitsfall während eines vorübergehenden Aufenthaltes in Spanien als Staat der Europäischen Union (EU) Sach- und Dienstleistungen nach dortigem Recht in Anspruch nehmen. Könnten Leistungen während des vorübergehenden Aufenthaltes in Spanien - aus welchen Gründen auch immer - nicht über die Krankenversicherungskarte in Anspruch genommen werden, erstatte die deutsche Krankenkasse die Kosten in Anwendung der spanischen Rechtsvorschriften, höchstens jedoch in vergleichbarer Höhe deutscher Sätze. Eine Auskunft des spanischen Krankenversicherungsträgers über die Höhe der dort üblichen Kosten ihrer Behandlung habe nicht eingeholt werden können, sodass die Beklagte eine Erstattung in Höhe der vergleichbaren Vertragssätze einer stationären Krankenhausbehandlung in Deutschland vorgenommen habe. Bei einem dreitägigen Krankenhausaufenthalt ergebe dies unter Zugrundelegung eines durchschnittlichen Krankenhauspflegesatzes in Höhe von 381,20 ein Betrag von insgesamt 1.142,60 EUR. Schließlich sei es ihr auch nicht möglich, auf ein rechtstreues Verhalten ausländischer Leistungserbringer hinzuwirken. Es falle daher nicht in ihre Verantwortlichkeit, wenn ein spanisches Krankenhaus zu Unrecht die Anerkennung der europäischen Krankenversicherungskarte verweigere.
Hiergegen hat die Klägerin am 20.07.2007 Klage beim Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhoben und im Wesentlichen vorgetragen, die provisorische Krankenversicherungskarte sei durch das spanische Krankenhaus nicht akzeptiert worden. Damit seien ihr Kosten in Höhe von 4.466,43 EUR entstanden, die sie privat an das Krankenhaus entrichtet habe. Es sei schon fraglich, wie sich der von der Beklagten zugrunde gelegte Pauschalsatz zusammensetze. Ihre Recherche habe ergeben, dass die Versorgung einer Schulterfraktur mit Nagelfixierung unter Vollnarkose im Klinikum P. ca. 2.900,00 EUR und im Krankenhaus S. ca 2.500,00 EUR an Kosten verursache. Bei den Nachuntersuchungen habe es sich um eine traumatologische Nachsorge gehandelt. Es sei jeweils eine röntgenologische Frakturüberprüfung durchgeführt worden. Zur weiteren Begründung hat die Klägerin eine Auflistung von Diagnosen und Medikamenten des Facharztes für Allgemeinmedizin H. vom 09.09.2007 vorgelegt.
Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten und hat mitgeteilt, dass unter Zugrundelegung der für die Operation einschlägigen Diagnosebezogenen Fallgruppen (DRG I75B) mit einer Bewertungsrelation von 0,615 eine Erstattungssumme von 1.752,98 EUR ergebe. Dies deshalb, weil sich der Landesbasisfallwert in Baden-Württemberg für das Jahr 2006 auf 2.850,38 EUR belaufen habe. Bei einer Erstattung auf dieser Grundlage seien der Klägerin über die bereits gezahlten 1.142,60 EUR hinaus weitere 609,28 EUR zu erstatten. Eine Grundlage hierfür läge jedoch nicht vor.
Das SG hat den Rechtsstreit mit den Beteiligten am 27.03.2008 und 19.04.2011 erörtert. Im Termin am 19.04.2011 hat die Klägerin den von ihr verfolgten Klageanspruch auf die Zahlung einer weiteren Summe in Höhe von 609,38 EUR reduziert, die der Differenz zwischen der bereits erstatteten Summe der Beklagten und den von ihr ermittelten deutschen Vertragssätzen entspreche. Im Übrigen hat die Klägerin die Klage zurückgenommen. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die jeweilige Niederschrift (Bl 39 bis 41 und Bl 67 bis 70 der SG-Akte) Bezug genommen.
Mit Urteil vom 11.04.2011 hat das SG die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 13.03.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27.06.2007 verurteilt, der Klägerin für die stationäre Krankenhausbehandlung in Teneriffa vom 09. bis 12.12.2006 weitere Kosten in Höhe von 529,38 EUR zu erstatten. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen und die Berufung zugelassen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, Anspruchsgrundlage für den weiteren Kostenerstattungsanspruch sei § 13 Abs 4 und 5 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V). Die Klägerin unterfalle nicht dem Personenkreis, für den Behandlungen in Spanien auf der Grundlage eines Pauschbetrags zu erstatten seien oder dessen Behandlung aufgrund eines vereinbarten Erstattungsverzichts nicht der Erstattung unterliege. Denn sie zähle nicht zu den Residenten. Sie wohne weder in Spanien noch habe sie dort ihren ständigen Aufenthalt. Die spanische Klinik, in der die Klägerin behandelt worden sei, sei auch eine zulässige Leistungserbringerin. Die Einbindung des ausländischen Leistungserbringers in ein Sachleistungssystem sei keine notwendige Anspruchsvoraussetzung. Die Klägerin habe im Sinne von § 13 Abs 5 Satz 1 SGB X Krankenhausleistungen nach § 39 SGB V in Spanien in Anspruch genommen, da sie dort vollstationär behandelt worden sei. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) vom 30.06.2009 (B 1 KR 22/08 R) wäre es unverhältnismäßig und daher EG-rechtswidrig, die nachträglich zu erteilende Genehmigung einer Krankenkasse nicht ausreichen zu lassen, wenn der Berechtigte aus Krankheitsgründen gehindert gewesen sei, eine vorherige Zustimmung seiner Krankenkasse zur Krankenhausbehandlung einzuholen und diese Genehmigung an sich der Sache nach zu erteilen gewesen wäre. Vorliegend habe sich die Klägerin vom 09. bis 12.12.2006 (Samstag bis Dienstag) im Krankenhaus befunden. Die förmliche Zustimmung zur Krankenhausbehandlung durch die Beklagte habe nach Auskunft des Beklagtenvertreters im Erörterungstermin vom 19.04.2011 frühestens am Montag, den 11.12.2006, und damit einen Tag nach Durchführung der Operation, die am 10.12.2006 stattgefunden habe, erteilt werden können, da am Wochenende für Versicherte nur ein Callcenter erreichbar sei. Die Zustimmung hätte vorliegend auch erteilt werden müssen, da die erforderliche Behandlung der Klägerin im Inland hätte nicht rechtzeitig erlangt werden können. Aufgrund der erlittenen Schulterfraktur habe die Klägerin operativ behandelt werden müssen. Aus der von der Beklagten bereits vorgenommenen Kostenerstattung sei zu schließen, dass auch sie der Auffassung sei, dass die operative Behandlung der Klägerin nicht zu beanstanden sei. Schließlich sei die Klägerin nach Auskunft der behandelnden Ärzte zum Zeitpunkt der Aufnahme in die Klinik nicht transportfähig gewesen. Ein Rücktransport in die BRD habe daher nicht durchgeführt werden können. Dem Umstand, dass die Beklagte eine Kostenerstattung nach § 24a ihrer Satzung vorgenommen habe, lasse sich entnehmen, dass auch sie davon ausgehe, dass von medizinischer Seite her keine Bedenken gegen die Notwendigkeit einer sofortigen operativen Behandlung vor Ort und eine daraus resultierende grundsätzliche Erstattungspflicht bestanden habe. Im Hinblick auf die Höhe der zu erstattenden Kosten schließe sich das Gericht der Auffassung des BSG im genannten Urteil an, wonach die Kriterien des § 13 Abs 2 Satz 9 ff SGB V heranzuziehen seien. Dem stehe nicht entgegen, dass das BSG an anderer Stelle ausgeführt habe, dass das europäische Recht neben dem Anspruch gegen den ausländischen Träger nach den für ihn geltenden Rechtsvorschriften keinen zusätzlichen Anspruch des Leistungsberechtigten gegen den Träger seines Heimatstaates begründe, es sei denn, dieser habe von der Befugnis Gebrauch gemacht, seine Leistungspflicht in diese Richtung zu erweitern. Diese Ausführungen seien im Zusammenhang mit der Ablehnung eines Kostenerstattungsanspruchs nach § 13 Abs 3 SGBV gemacht worden, da diese Norm lediglich für Sachverhalte in Deutschland anwendbar sei. Das BSG habe lediglich deutlich machen wollen, dass das europäische Recht keine Möglichkeit einräumt, nationale Ansprüche (§ 13 Abs 3 SGB V) ins Ausland zu exportieren. Nach alledem sei vorliegend Kostenerstattung in Höhe der Vertragssätze zu leisten, wie sie bei einer Behandlung der Erkrankung der Klägerin in Deutschland angefallen wären. Dies umfasse nach Auskunft der Beklagten einen Betrag von 1.752,98 EUR. Hiervon seien gemäß § 13 Abs 2 Satz 11 SGB V Abschläge für Verwaltungskosten und fehlende Wirtschaftlichkeitsprüfung sowie vorgesehene Zuzahlungen in Abzug zu bringen. Diese beliefen sich nach § 24 Abs 3 der Satzung der Beklagten auf 10 %, mindestens jedoch 5,00 EUR, höchstens 50,00 EUR. Vorliegend fielen mithin 50,00 EUR an. Des Weiteren sei der Kostenerstattungsbetrag noch um die gesetzlichen Zuzahlungen für drei Krankenhaustage in Höhe von 30,00 EUR zu kürzen. Insgesamt ergebe sich damit ein Erstattungsbetrag von 1.672,98 EUR. Abzüglich der bereits von der Beklagten geleisteten 1.143,60 EUR verblieben noch 529,38 EUR, die von der Beklagten zu erstatten seien. Da die Klägerin ihren Klageanspruch auf die Erstattung der deutschen Vertragssätze beschränkt und die Klage im Übrigen zurückgenommen habe, sei nicht mehr zu ermitteln gewesen, ob und in welcher Höhe in Spanien sachleistungsersetzende Kostenerstattungsansprüche existierten sowie ob die Voraussetzungen der jeweiligen Anspruchsnormen (Art 31 Abs 1a EWG-VO 1408/71 bzw Art 34 Abs 1 EWG-VO 574/72) analog erfüllt seien.
Gegen das der Beklagten am 09.06.2011 mit Empfangsbekenntnis zugestellte Urteil hat diese am 06.07.2011 Berufung beim Landessozialgericht (LSG) eingelegt. Zur Begründung wird vorgetragen, das SG habe den Regelungsgehalt der EWG-VO Nr 1408/71 iVm § 13 Abs 5 SGB V verkannt. Nach dem in den genannten Vorschriften normierten System hätten gesetzlich krankenversicherte Deutsche während eines Auslandsaufenthaltes grundsätzlich keinen Anspruch auf Leistungen der deutschen Krankenkasse. Der Versicherte werde in das nationale Krankenversicherungssystem des Aufenthaltsortes aufgenommen. Das bedeute, der deutsche Krankenversicherte werde in Spanien so behandelt, als sei er in der spanischen gesetzlichen Krankenversicherung versichert. Entsprechend habe er auch nur Anspruch auf die Behandlung, respektive auf die Behandlungskosten, welche der spanische Krankenversicherungsträger für einen spanischen Krankenversicherten in Spanien zu erbringen bzw zu zahlen hätte. Der spanische Krankenversicherungsträger habe dann die entstandenen Behandlungskosten mit der zuständigen deutschen Krankenkasse unmittelbar abzurechnen. Scheitere dieser Weg, so habe der Versicherte einen sachleistungsersetzenden Kostenerstattungsanspruch gegen seine deutsche Krankenkasse. Hierdurch werde jedoch das Prinzip, dass der deutsche Krankenversicherte dem Grunde nach in das nationale spanische Krankenversicherungssystem aufgenommen worden sei, nicht berührt. Daraus folge, dass ein in Spanien behandelter Deutscher einen Kostenerstattungsanspruch gegen seine deutsche Krankenkasse nur in der Höhe geltend machen könne, in der diese bei Behandlung durch den nationalen spanischen Krankenversicherungsträger entstanden seien. Diese seien hingegen wiederum auf jene Vergütung begrenzt, die die deutsche Krankenkasse bei Erbringung als Sachleistung im Inland zu tragen habe. Dass der Versicherte in einer Privatklinik behandelt worden sei, falle dabei in seine Risikosphäre. Ein über den Kostenumfang der nationalen spanischen Behandlungsansätze hinausgehender Kostenerstattungsanspruch sei hingegen eine ungerechtfertigte Privilegierung Deutscher im Ausland gegenüber Deutscher im Inland. Während gesetzlich Krankenversicherte, die sich im Inland in einer Privatklinik behandeln ließen, grundsätzlich überhaupt keinen Kostenerstattungsanspruch hätten, bestünde für Deutsche im Ausland ein Anspruch auf Erstattung auch solcher Behandlungskosten, die in einer Privatklinik entstanden seien. Das SG habe daher in rechtsfehlerhafter Weise versäumt zu ermitteln, in welcher Höhe der spanische Krankenversicherungsträger Kosten übernommen hätte, wenn die streitgegenständliche Behandlung für einen spanischen Versicherten in Spanien erbracht worden wäre. Erst dann hätte das SG beurteilen können, ob sie ihre Leistungs-/Erstattungspflicht bereits vollständig erfüllt habe. Es sei daher rechtsfehlerhaft, unter Umgehung dieser Ermittlungserfordernisse eine Erstattungspflicht ohne Weiteres aus § 13 Abs 5 SGB V herzuleiten. Das BSG habe in der bereits genannten Entscheidung klar zum Ausdruck gebracht, dass allenfalls dann, wenn ein Anspruch nach den einschlägigen europarechtlichen Vorschriften nicht gegeben sei, ein solcher subsidiär nach § 13 SGB V in Frage kommen könnte. Zu beachten sei in diesem Zusammenhang, dass die Klägerin weiterhin beweisbelastet bleibe, sofern sie wie vorliegend eine über die geleistete Erstattungsleistung hinausgehende Zahlung begehre. Darüber hinaus habe das SG auch ohne nähere Erläuterungen das Vorliegen der Voraussetzungen eines Kostenerstattungsanspruchs aus § 13 Abs 4 und 5 SGB V bejaht. Es sei völlig unklar, was genau das BSG unter dem Tatbestandsmerkmal der Verhinderung der rechtzeitigen Einholung der Zustimmung gemeint habe.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 11.04.2011 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch den Senat einverstanden erklärt.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie auf die von der Beklagten vorgelegte Verwaltungsakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß §§ 143, 144 Abs 3, 151 Abs 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) vom SG zugelassene form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten ist statthaft und zulässig, aber nicht begründet. Die Entscheidung des SG, welches einen weiteren Erstattungsanspruch der Klägerin gegen die Beklagte in Höhe von 529,38 EUR für die stationäre Behandlung vom 9. bis 12.12.2006 in Teneriffa als rechtmäßig angesehen hat, ist nicht zu beanstanden. Denn die Klägerin erfüllt (bei einer dem Europarecht entsprechenden Auslegung) die Anspruchsvoraussetzung des § 13 Abs 4 und 5 SGB V und kann deshalb - wie vom SG zutreffend dargelegt - die Erstattung in dem dort europarechtskonform beschränkten Umfang verlangen.
Streitgegenstand ist der Bescheid der Beklagten vom 13.03.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27.06.2007 (§ 95 SGG). Die Klägerin hat ihr Begehren im Klageverfahren in zulässiger Weise beschränkt und hat nur die Erstattung weiterer Kosten für die stationäre Krankenhausbehandlung in Teneriffa vom 9. bis 12.12.2006 in Höhe von 609,38 EUR begehrt. Weitergehende Ansprüche hat die Klägerin mit ihrer kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1 iVm Abs 4 SGG) im Klageverfahren nicht mehr geltend gemacht. Sie hat vielmehr im Termin zur Erörterung des Sachverhalts am 19.04.2011 ihre Klage teilweise zurückgenommen (§ 102 Abs 1 SGG), weshalb auch nicht die ursprünglich geltend gemachten Kosten für die nachstationäre Behandlung am 18. und 27.12.2006 sowie am 09.01.2007 streitig sind. Hierbei hat sich die Klägerin an die von der Beklagten zugrunde gelegte DRG-Fallpauschale "I75B" angelehnt, wonach sich bei einer Bewertungsrelation von 0,615 eine Erstattungssumme von 1.752,98 EUR ergibt (bei einem Landesbasisfallwert in Baden-Württemberg für das Jahr 2006 iHv 2.850,38 EUR). Unter Berücksichtigung der bereits im Verwaltungsverfahren gezahlten 1.143,60 EUR ergibt sich mithin der von der Klägerin im Klageverfahren begehrte weitere Erstattungsbetrag in Höhe von 609,38 EUR. Die vom A. M. ursprünglich angewiesenen 2.401,44 EUR hat dieser wieder zurückgefordert (Schreiben vom 15.02.2007), sodass davon auszugehen ist, dass die Klägerin weiterhin einer entsprechenden Forderung durch das spanische Krankenhaus unterlag. Gegenteilige Anhaltspunkte sind nicht ersichtlich und von der Beklagten auch nicht vorgetragen.
Nachdem nur die Beklagte das Urteil des SG mit der Berufung angefochten und die Klägerin keine eigenständige bzw Anschlussberufung eingelegt hat, ist es dem Senat verwehrt zu prüfen, ob die Klägerin aufgrund des Europäischen Koordinationsrechts (Art 31 EWG-VO 1408/71 iVm den Regelungen des spanischen sozialen Sicherungssystems gegen Krankheit bzw analog Art 34 EWG-VO 574/72) einen weitergehenden als vom SG angenommenen Kostenerstattungsanspruch gegen die Beklagten hat.
Die Klägerin war vom 01.07.1998 bis 30.11.2010 und damit im hier streitgegenständlichen Zeitraum gemäß § 10 SGB V als Familienangehörige bei der Beklagten krankenversichert. Der Senat stützt sich hierbei auf die Auskunft der Beklagten vom 22.11.2011. Nach § 27 Abs 1 Satz 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Die Krankenbehandlung umfasst insbesondere auch die Krankenhausbehandlung (§ 27 Abs 1 Satz 2 Nr 5 SGB V). Zwar ruhte der Anspruch der Klägerin gemäß § 16 Abs 1 Nr 1 SGB V, solange wie sie sich im Ausland aufhielt. Allerdings gilt dies nur soweit, als im SGB V nichts Abweichendes bestimmt ist. Eine solche (abweichende) Rechtsgrundlage findet sich in § 13 Abs 4 und 5 SGB V.
Nachdem die Klägerin vom 09. bis 12.12.2006 in Spanien (Teneriffa) auf der Privatstation des staatlichen Krankenhauses "H. S." stationär behandelt wurde und mithin Krankenhausleistungen nach § 39 SGB V in Anspruch genommen hat, richtet sich ihr Begehren nicht mehr auf den Erhalt von Sachleistungen, sondern auf Erstattung ihrer hierdurch entstandenen Kosten.
Nach § 13 Abs 1 SGB V darf die Krankenkasse anstelle der Sach- oder Dienstleistung (§ 2 Abs 2 SGB V) Kosten nur erstatten, soweit es dieses (das SGB V) oder das Neunte Buch des Sozialgesetzbuchs (SGB IX) - im vorliegenden Fall nicht einschlägig, weil keine Leistungen zur Teilhabe streitig sind - vorsieht. Nach § 13 Abs 4 Satz 1 SGB V in der ab 1. Januar 2004 geltenden Fassung sind Versicherte berechtigt, auch Leistungserbringer in anderen Staaten im Geltungsbereich des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft und des Abkommens über den europäischen Wirtschaftsraum (EWR) anstelle der Sach- oder Dienstleistung im Wege der Kostenerstattung in Anspruch zu nehmen, es sei denn, Behandlungen für diesen Personenkreis im anderen Staat sind auf der Grundlage eines Pauschbetrags zu erstatten oder unterliegen aufgrund eines vereinbarten Erstattungsverzichts nicht der Erstattung. Nach § 13 Abs 5 Satz 1 SGB V in der ab dem 01.01.2004 geltenden Fassung können abweichend von Abs 4 in anderen Staaten im Geltungsbereich des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft und des Abkommens über den EWR, dh in Staaten, in denen die EWG-VO Nr 1408/71 anwendbar ist, Krankenhausleistungen nach § 39 SGB V nur nach vorheriger Zustimmung durch die Krankenkassen in Anspruch genommen werden. Nach Satz 2 der Vorschrift darf die Zustimmung nur versagt werden, wenn die gleiche oder eine für den Versicherten ebenso wirksame, dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung einer Krankheit rechtzeitig bei einem Vertragspartner der Krankenkasse im Inland, dh bei einem zugelassenen Vertragskrankenhaus erlangt werden kann. Diese Regelung des Genehmigungsvorbehalts knüpft an die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) bei Krankenhausbehandlungen an, wonach Regelungen, die die Übernahme der Kosten für die Versorgung in einem Krankenhaus in einem anderen Mitgliedstaat davon abhängig machen, dass die Krankenkasse eine vorherige Zustimmung erteilt, unter bestimmten Voraussetzungen mit dem EG-Recht vereinbar sind (vgl EuGH SozR 3-6030 Art 59 Nr 6 und SozR 4-6050 Art 59 Nr 1).
Da die Klägerin am 09.12.2006 während ihres vorübergehenden Auslandaufenthaltes in Spanien (Teneriffa), welches zur europäischen Gemeinschaft gehört, auf ihr rechtes Knie und die rechte Schulter fiel und sie hierbei einen offenen Riss über ihrer rechten Kniescheibe sowie eine Schulterfraktur erlitt, wurde sie am 9.12.2006 stationär auf der Privatstation des staatlichen Krankenhauses "H. S." aufgenommen und am 10.12.2006, einem Sonntag, an der Schulter operiert. Sie wurde am 12.12.2006 aus dem Krankenhaus entlassen. Der Senat stützt sich hierbei auf die Angaben der Klägerin und die vorgelegten Rechnungen. Die Beklagte hat hiergegen auch keine Einwände vorgebracht. Die Klägerin hat mithin in Spanien Krankenhausleistungen nach § 39 SGB V in Anspruch genommen, sodass sich der Kostenerstattungsanspruch gegen die Beklagte nach § 13 Abs 4 und 5 SGB V richtet. Dies hat das SG zutreffend erkannt.
Der von der Klägerin nach Klagerücknahme zuletzt noch geltend gemachte Kostenerstattungsanspruch gemäß § 13 Abs 4 und 5 SGB V besteht sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach. Dies hat das SG zutreffend und ausführlich sowie unter Berücksichtigung der maßgeblichen Entscheidung des BSG vom 30.06.2009 (B 1 KR 22/08 R, BSGE 104, 1 = SozR 4-2500 § 13 Nr 23) dargelegt. Die Klägerin war frühestens am Tag nach der Operation am 11.12.2006 (Montag) im Stande, die Zustimmung der Beklagten zur Krankenhausbehandlung einzuholen. Zu diesem Zeitpunkt war die Schulteroperation jedoch schon durchgeführt worden. Darüber hinaus ist davon auszugehen, dass die Beklagte durch die von ihr bereits vorgenommene Erstattung die Genehmigung zumindest konkludent erteilt hat. Der Senat schließt sich den Ausführungen des SG vollumfänglich an und sieht deshalb gemäß § 153 Abs 2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab.
Im Hinblick auf das Berufungsvorbringen der Beklagten ist ergänzend auf Folgendes hinzuweisen: Soweit die Beklagte davon ausgeht, es bestehe ein Stufensystem dahingehend, dass das europäische Sekundärrecht (Art 31 EWG-VO 1408/71 und Art 34 EWG-VO 574/72) dem nationalen Recht (§ 13 Abs 4 und 5 SGB V) vorgehe und Letzteres bei einer Krankenhausbehandlung im europäischen (Vertrags-)Ausland nur subsidiär zur Anwendung komme, trifft dies nicht zu. Bei den genannten europäischen Rechtsgrundlagen handelt es sich um Vorschriften des koordinierenden Sozialrechts. Das Koordinierungsrecht umfasst mittlerweile nicht nur Arbeitnehmer und Selbstständige, sondern auch Personen, die nicht wirtschaftlich aktiv sind. Dies zeigt sich beispielsweise darin, dass Art 31 EWG-VO 1408/71 nicht nur Rentner, sondern auch die Familienangehörigen des Rentners erfasst. Gleiches gilt gemäß Art 31 Abs 3 EWG-VO 574/72. Soweit es sich jedoch um koordinierendes Sozialrecht handelt, bleiben die nationalen Sozialrechtsnormen unberührt (vgl hierzu nur Fuchs in ders, Europäisches Sozialrecht, 5. Aufl 2010, S 36 Rdnr 32). Es besteht vielmehr (bei Vorliegen aller tatbestandlichen) Voraussetzungen eine echte Anspruchskonkurrenz und kein Ausschließlichkeitsverhältnis. Hierbei begründen die genannten europäischen sekundärrechtlichen Normen im Hinblick auf den Umfang eines sachleistungsersetzenden Kostenersatzanspruchs lediglich eine Mindesthöhe. Soweit die nationalen Rechtsvorschriften einen weitergehenden Kostenerstattungsanspruch vorsehen, bleiben diese mithin weiterhin anwendbar.
Etwas anderes ergibt sich - entgegen der insoweit unzutreffenden Auffassung der Beklagten - auch nicht aus der Entscheidung des BSG vom 30.06.2009 (B 1 KR 22/08 R, BSGE 104, 1 = SozR 4-2500 § 13 Nr 23). Das Gegenteil ist vielmehr der Fall. So hat das BSG ausdrücklich hervorgehoben, dass "ergänzende Zahlungsansprüche [ ...] nach europäischem und [Hervorhebung durch den Senat] deutschem Recht" in Betracht kommen (BSG, aaO, Rdnr 11 und 12). In diesem Zusammenhang hat es auch betont, dass das EG-Sekundärrecht lediglich das deutsche Recht "ergänzt" (BSG, aaO Rdnr 12). Ein Ausschließlichkeits- bzw Subsidiaritätsverhältnis würde auch der bereits dargestellten europarechtlichen Koordinierungssystematik diametral entgegenstehen.
Aus dem zuvor Genannten ergibt sich auch, dass der Senat weder ermitteln musste, ob das spanische Recht sachleistungsersetzende Kostenerstattungsansprüche vorsieht noch wie hoch die spanischen Vergütungssätze für die bei der Klägerin durchgeführten Schulteroperation sind. Lägen die spanischen Vergütungsansprüche für die bei der Klägerin durchgeführte Schulteroperation höher als die hier zugrunde zu legende DRG-Fallpauschale "I75B" (= schwere Verletzungen von Schulter, Arm, Ellenbogen, Knie, Bein und Sprunggelenk ohne Komplikationen oder Komorbiditäten; Quelle: Deutsches Institut für medizinische Dokumentation und Information, Operationen und Prozedurenschlüssel, Version 2006), könnte dies vorliegend mangels Anfechtung der Entscheidung des SG durch die Klägerin nicht berücksichtigt werden. Vor diesem Hintergrund konnte der Senat auch nicht die Frage entscheiden, ob die Voraussetzungen des Art 34 Abs 1 EWG-VO 574/72 (analog) erfüllt sind, obwohl im vorliegenden Fall viel dafür spricht, dass sich die Beklagte das europarechtswidrige Fehlverhalten des spanischen Krankenhauses "H. S." zurechnen lassen müsste. Denn nach dem insoweit unwidersprochenen Vortrag der Klägerin hat sich diese an das staatliche Krankenhaus "H. S." gewandt und dort auch ihre "Bescheinigung als provisorischer Ersatz für die europäische Krankenversichertenkarte" vorgelegt. Dennoch hatte sich das Krankenhaus geweigert, die unaufschiebbar notwendige Krankenbehandlung als Sachleistung nach spanischem Krankenversicherungsrecht zu erbringen.
Sollten die spanischen Vergütungssätze hingegen niedriger als die bereits genannte DRG-Fallpauschale sein, muss die Beklagte dennoch Kostenerstattung nach § 13 Abs 4 und 5 SGB V im vom SG tenorierten Umfang gewähren. Denn die nationalen Rechtsgrundlagen werden - wie bereits dargelegt - durch das europäische Sekundärrecht vorliegend nicht verdrängt. Lediglich ergänzend wird in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen, dass - bei Zugrundelegung der (unzutreffenden) Ansicht der Beklagten - diese selbst gehalten gewesen wäre, vorliegend die spanischen Vergütungssätze zu ermitteln.
Darüber hinaus wird in diesem Zusammenhang auch darauf hingewiesen, dass die Erstattungshöhe eines auf § 13 Abs 4 und 5 SGB V gründenden Erstattungsanspruchs nicht durch das europäische Sekundärrecht auf die Höhe der spanischen Vergütungssätze begrenzt wird. Denn das europäische Sekundärrecht gewährleistet - wie ebenfalls bereits dargelegt - lediglich eine Mindesthöhe des Kostenerstattungsanspruchs. Eine Begrenzung findet lediglich durch die vom BSG (aaO, RdNr 39) für zulässig erachtete Kürzung des (nationalen) Kostenerstattungsanspruchs entsprechend der Kriterien des § 13 Abs 2 S 9 ff SGB V statt. Dem hat sich das SG ausdrücklich angeschlossen und auch der Senat ist der Auffassung, dass eine diesbezügliche Begrenzung des Kostenerstattungsanspruchs zulässig und nicht europarechtswidrig ist. Vor diesem Hintergrund hat das SG zutreffend die Kriterien des § 24 Abs 3 (Kostenerstattung) und nicht des § 24a Abs 3 (Kostenerstattung im Geltungsbereich des Vertrags zur Gründung der europäischen Gemeinschaft und des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum) der Satzung der Beklagten (vgl Bl 17 ff der Verwaltungsakte – S 21 der Satzung) herangezogen. Nach § 24 Abs 3 S 2 der Satzung wird der Erstattungsbetrag um einen Abschlag für Verwaltungskosten und fehlende Wirtschaftlichkeitsprüfung iHv 10vH, mindestens jedoch 5,00 EUR und höchstens 50,00 EUR vorgenommen. Der Abzug nach § 24a Abs 3 S 2 beläuft sich auf 12 vH, mindestens jedoch 6,00 EUR und höchstens 55,00 EUR. Der Senat hält es im vorliegenden Fall, in dem nur ein Erstattungsanspruch nach § 13 Abs 4 und 5 SGB V streitig ist und sich die Höhe des Erstattungsanspruchs ausschließlich nach der DRG-Fallpauschale "I75B" richtet, für sachgerecht, dass sich die Minderung des Kostenerstattungsanspruch an die Kriterien des § 24 der Satzung der Beklagten anlehnt. Denn mit der Heranziehung einer DRG-Fallpauschale wird dem Wirtschaftlichkeitsgebot bereits hinreichend genüge getan. Ein weiterer Abschlag (iHv von 12 vH bzw bis zu 55,00 EUR) erscheint in einem solchen Fall nicht sachgerecht.
Die hier zugrundegelegte Rechtsauffassung beinhaltet auch - entgegen der Ansicht der Beklagten - keine (unzulässige) Privilegierung von Krankenversicherten, die im Ausland erkranken und dort aufgrund eines Fehlverhaltens des spanischen Leistungserbringers ihren Anspruch auf Sachleistung nicht durchsetzen können und deshalb auf einer Privatstation stationär behandelt werden. Das Gegenteil ist vielmehr der Fall. Würde in einem solchen Fall die Erstattungspflicht nach § 13 Abs 4 und 5 SGB V der Höhe nach auf die ggf niedrigeren spanischen Vergütungssätze begrenzt, so stellte dies seinerseits eine Privilegierung der Krankenkasse dar. Denn diese würde dann von dem Umstand profitieren, dass ihr Versicherter im europäischen (Vertrags-)Ausland einer aufschiebbaren stationären Krankenhausbehandlung bedarf.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor. Der Senat folgt der Entscheidung des BSG vom 30.06.2009 (B 1 KR 22/08 R, aaO). Darüber hinaus hat das BSG bereits entschieden, dass sich die Vergütung für eine entsprechende Leistungserbringung im Ausland nach den DRG-Fallpauschalen richten kann (vgl hierzu BSG 17.02.2010, B 1 KR 14/09 R, SozR 4-2500 § 13 Nr 24).
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