Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
17
1. Instanz
SG Bayreuth (FSB)
Aktenzeichen
S 11 U 93/02
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 17 U 415/02
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Auf die Berufung des Klägers wird der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Bayreuth vom 26.11.2002 aufgehoben und der Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Sozialgericht Bayreuth zurückverwiesen.
II. Die Kostenentscheidung bleibt der Endentscheidung des Sozialgerichts überlassen.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Kläger auf Grund der Folgen des Arbeitsunfalles vom 11.10.1999 Anspruch auf Gewährung einer Verletztenrente über den 30.06.2001 hinaus hat.
Der am 1946 geborene Kläger erlitt am 11.10.1999 einen Arbeitsunfall. Er rutschte an seiner Arbeitsstätte auf einer Eisfläche aus und brach sich den rechten Fuß. Der Durchgangsarzt Prof.Dr.H. stellte bei ihm eine Unterschenkelfraktur rechts fest (Bericht vom 12.10.1999). Nach stationärer Behandlung (11.10. bis 20.10.1999) in der Chirurgischen Klinik mit Poliklinik der Universität E. war der Kläger bis 09.04.2000 arbeitsunfähig krank.
Die Beklagte holte Gutachten bei dem Chirurgen Prof.Dr.H. vom 20.07.2000/12.09.2000/10.10.2000/09.07.2001 ein. Danach wurden unfallabhängig Gesundheitsstörungen am rechten Schienbein, Wadenbein sowie am oberen Sprunggelenk festgestellt. Der Gutachter schätzte die Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) ab 10.04.2000 mit 20 vH, ab 01.12.2000 mit 10 vH ein.
Nach Stellungnahme ihres Beratungsarztes, des Chirurgen Dr.G. , am 31.08.2001 erkannte die Beklagte mit Bescheid vom 19.09.2001 das Ereignis vom 11.10.1999 als Arbeitsunfall an und gewährte Rente nach einer MdE von 20 vH vom 10.04.2000 bis 30.06.2001.
Als Folgen des Arbeitsunfalles erkannte sie an: Knöchern fest verheilte Brüche des rechten körperfernen Schienbeines sowie des körpernahen Wadenbeines. Schwellneigung im rechten oberen Sprunggelenk.
Hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein unter Vorlage einer Vollmacht der Rechtsanwälte S. vom 05.10.2001. Die Vollmacht ist wegen "Sozialrecht" ausgestellt und berechtigt ua zur "Einlegung und Rücknahme von Rechtsmitteln sowie Verzicht auf solche" und "Vertretung vor den Verwaltungsgerichten".
Nach Einholung eines weiteren Gutachtens des Chirurgen Dr.G. vom 07.01.2002, in dem die Einschätzung der MdE durch die Beklagte bestätigt wurde, wies diese mit Bescheid vom 26.03.2002 den Widerspruch zurück.
Gegen diese Bescheide hat der Kläger am 26.04.2002 Klage zum Sozialgericht (SG) Bayreuth erhoben und beantragt, ihm über den Juni 2001 hinaus weiter Rente zu gewähren. In dem Klageschreiben vom 26.04.2002 hat der Bevollmächtigte des Klägers ua ausgeführt: "Eine aktuelle Originalvollmacht werden wir noch nachreichen".
Mit Schreiben vom 30.04.2002 hat das SG den Kläger um Übersendung einer schriftlichen Vollmacht im Original gebeten. Den Bevollmächtigten des Klägers hat es mit Schreiben vom 16.10.2002 an die Übersendung einer Originalvollmacht erinnert. Es hat hierzu eine Frist bis 04.11.2002 gestellt. Den Bevollmächtigten hat es mit weiteren Schreiben vom 12.11.2002 darauf hingewiesen, dass eine Entscheidung durch Gerichtsbescheid ergehen werde.
Mit Gerichtsbescheid vom 26.11.2002 hat das SG die Klage als unzulässig abgewiesen, weil keine Vollmacht vorgelegt wurde. Die im Verwaltungsverfahren vorgelegte Vollmacht genüge nicht.
Hiergegen hat der Bevollmächtigte des Klägers Berufung eingelegt und vorgetragen, es sei zwar zutreffend, dass eine im Verwaltungsverfahren erteilte Vollmacht in der Regel für das SG-Verfahren nicht ausreiche. Ausreichend sei aber eine Vollmacht, die auch zur "Einlegung von Rechtsmitteln" ermächtige. Auch ergebe sich der Zweck des Verfahrens - "wegen Sozialrecht" - aus der Vollmacht. Für den Kläger selbst bestehe aber kein Zweifel, dass sich die Vollmacht des Verwaltungsverfahrens auch auf das Verfahren vor dem SG beziehe. Das SG sei zudem verpflichtet gewesen, auf den Mangel der Vollmacht, insbesondere dass die im Verwaltungsverfahren vorgelegte Vollmacht nicht ausreichend sei, hinzuweisen, ebenso dass die Klage bei Nichtvorlage einer Vollmacht als unzulässig abgewiesen werde. Auch führe die Vorlage einer Vollmacht im Rechtsmittelverfahren zur Heilung eines etwaigen Mangels, falls sie schon vor Erlass des Gerichtsbescheids vom Kläger unterzeichnet worden sei. Dies sei mit der nun vorgelegten Prozessvollmacht vom 30.08.2002 erfolgt. Zu bemängeln sei außerdem, dass keine Anhörung erfolgt sei, wegen der Absicht, den Gerichtsbescheid nach § 105 SGG zu erstellen.
Der Kläger beantragt, die Beklagte unter Aufhebung des Gerichtsbescheids vom 26.11.2002 sowie unter Abänderung des Bescheides vom 19.09.2001 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 26.03.2002 zu verurteilen, Verletztenrente über den 30.06.2001 hinaus zu gewähren.
Die Beklagte beantragt, die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des SG Bayreuth vom 26.11.2002 zurückzuweisen.
Wegen weiterer Einzelheiten wird ergänzend auf die Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers ist zulässig. Sie ist auch im Sinne der Aufhebung des Gerichtsbescheides des SG und der Zurückverweisung begründet, da das erstinstanzliche Verfahren an wesentlichen Mängeln leidet.
Nach § 159 Abs 1 Nr 2 SGG kann das Landessozialgericht (LSG) auf die Berufung eines Beteiligten von Amts wegen die angefochtene Entscheidung aufheben und die Sache an das SG zurückverweisen, wenn das Verfahren an einem wesentlichen Mangel leidet. Ein Mangel ist wesentlich, wenn die Entscheidung des SG auf ihm beruhen kann.
Ein wesentlicher Mangel des Verfahrens liegt zunächst darin, dass das SG - bei fehlender Vollmacht - den Bevollmächtigten des Klägers nicht darauf hingewiesen hat, dass im Falle einer Nichtvorlage der Prozessvollmacht die Klage als unzulässig abgewiesen werden müsse.
Nach § 73 Abs 1 SGG können sich die Beteiligten eines sozialgerichtlichen Verfahrens in jeder Lage des Verfahrens durch prozessfähige Bevollmächtigte vertreten lassen. Die Prozessvollmacht ist nach § 73 Abs 2 Satz 1 SGG schriftlich zu erteilen und bis zur Verkündung der Entscheidung zu den Akten zu reichen. Eine von einem Vertreter ohne Vollmacht eingereichte Klage ist als unzulässig abzuweisen. Dies gilt auch, wenn es sich bei dem Bevollmächtigten um einen Rechtsanwalt handelt. Die Vorschrift des § 88 Abs 2 ZPO, wonach der Mangel der Vollmacht nicht von Amts wegen zu prüfen ist, wenn als Bevollmächtigter ein Rechtsanwalt auftritt, findet mangels Bezugnahme in § 73 Abs 4 Satz 1 SGG im sozialgerichtlichen Verfahren keine Anwendung, auch nicht über die allgemeine Verweisung in § 202 SGG (Meyer-Ladewig, SGG, 7.Aufl, § 73 RdNr 14 a). Das Vorhandensein der Vollmacht und die daran geknüpfte Zulässigkeit der Klage sind im sozialgerichtlichen Verfahren grundsätzlich von Amts wegen zu prüfen (GemS SozR 1500 § 73 Nr 4).
Eine Vollmacht, die im Verwaltungsverfahren erteilt worden ist, reicht zur Prozessvertretung vor dem SG nicht aus, es sei denn, aus dem Wortlaut der schriftlichen Vollmacht oder aus sonstigen Umständen ergibt sich etwas anderes (Meyer-Ladewig aaO § 73 RdNr 13 a). Unter Fortentwicklung dieses Rechtsgrundsatzes hat das BSG in dem Urteil vom 13.12.2000 (NJW 2001 S 2652) entschieden, dass nur derjenige für das Verwaltungsverfahren Bevollmächtigte als zugleich für das Klageverfahren Bevollmächtigter angesehen werden kann, der im Sozialgerichtsverfahren selbst eine Verklammerung zwischen Verwaltungs- und Gerichtsakten herstellt, indem er sich - zur Einreichung einer Prozessvollmacht richterlich aufgefordert - gegenüber dem Gericht auch ausdrücklich darauf beruft und aufzeigt, dass die in den Verwaltungsakten befindliche Vollmacht die Vertretung im Gerichtsverfahren mit abdeckt. Nur wenn diese Vollmacht ihrem Inhalt nach zweifelsfrei das nachfolgende gerichtliche Verfahren mit umfasst, ist den Anforderungen des § 73 Abs 2 SGG genüge getan. Im Klageverfahren hat der Kläger aber auf die Vollmacht im Verwaltungsverfahren nicht Bezug genommen. Nach Auffassung des Senats nimmt auch die Vollmacht vom 05.10.2001 nicht auf das SG-Verfahren Bezug. Die dort aufgeführte "Einlegung von Rechtsmitteln" kann nicht ohne weiteres einem Klageverfahren zugrunde gelegt werden. Die Klage ist nämlich kein Rechtsmittel, sondern ein Rechtsbehelf (Meyer-Ladewig aaO, § 66 RdNr 2).
Zu Recht ist daher das SG davon ausgegangen, dass eine Vollmacht für das Klageverfahren nicht vorliegt.
Ist aber keine Prozessvollmacht zu den Gerichtsakten gelangt, bedarf es, damit das Gericht die Klage ohne Prüfung in der Sache als unzulässig abweisen kann, regelmäßig einer vorherigen schriftlichen richterlichen Aufforderung an den Bevollmächtigten, binnen einer bestimmten Frist die fehlende Vollmachtsurkunde nachzureichen, verbunden mit dem Hinweis, dass die Klage andernfalls als unzulässig abgewiesen werden kann (so zuletzt BSG vom 13.12.2000 aaO). Ein solches prozessuales Vorgehen hat im Verhältnis zu einem vollmachtlos auftretenden Prozessvertreter Anhörungs- und Warnfunktion. Spätestens nach Erhalt eines entsprechenden richterlichen Schreibens muss sich ihm aufdrängen, dass das Fehlen der Prozessvollmacht, zu dessen Behebung er im Einzelfall aufgefordert worden ist, auch in einem möglicherweise nachfolgenden Rechtsmittelverfahren grundsätzlich nicht mehr geheilt werden kann.
Zwar hat das SG eine schriftliche Aufforderung an den Bevollmächtigten mit Schreiben vom 16.10.2002 gesandt, binnen einer Frist bis 04.11.2002 die fehlende Vollmachtsurkunde nachzureichen. Es hat aber unterlassen, darauf hinzuweisen, dass im Falle der Nichtvorlage der Prozessvollmacht die Klage andernfalls als unzulässig abgewiesen werde. Mit diesem Schreiben ist der Bevollmächtigte nicht auf die Rechtsauffassung des Gerichts hingewiesen worden, dass die Vollmacht für das Verwaltungsverfahren nicht ausreichend für das Klageverfahren ist (LSG S-H vom 11.05.1999 - L 6 KA 14/99). Der weitere Hinweis mit Schreiben vom 12.11.2002, dass eine Entscheidung durch Gerichtsbescheid ergehen werde, ersetzt den Mangel einer fehlenden Aufklärung durch das SG nicht. Dies stellt einen wesentlichen Verfahrensmangel dar.
Ein wesentlicher Verfahrensmangel besteht auch darin, dass der Kläger vor Erlass des Gerichtsbescheides vom 26.11.2002 nicht gehört wurde (§ 105 Abs 1 Satz 2 SGG). Damit ist das allgemeine rechtliche Gehör gemeint, um Überraschungsentscheidungen zu vermeiden. Die bloße Mitteilung, dass eine Entscheidung durch Gerichtsbescheid ergehen wird, genügt dem nicht. Vielmehr hätte das SG den Kläger neben dieser Mitteilung noch darauf hinweisen müssen, dass er sich auch hierzu äußern kann (sogenannte Anhörungsmitteilung [Meyer-Ladewig aaO § 105 RdNr 10]). Ein formularmäßiger Hinweis, dass auch ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entschieden werden kann, reicht nicht aus. Notwendig ist ein konkreter fallbezogener Hinweis, im Falle des Klägers dahingehend, dass eine Prozessvollmacht für das Klageverfahren nicht vorliegt. Außerdem hat es unterlassen, eine Frist zur Stellungnahme zu setzen, die angemessen sein und 14 Tage nicht unterschreiten sollte (Meyer-Ladewig, § 105 SGG RdNr 12).
Wegen der aufgezeigten wesentlichen Verfahrensmängel, auf denen die Entscheidung des SG beruht, hat der Senat den Gerichtsbescheid des SG vom 26.11.2002 aufgehoben und den Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das SG Bayreuth zurückverwiesen.
Es liegt im Ermessen des Senats, ob er in der Sache selbst entscheidet oder zurückverweisen will. Die Zurückverweisung soll die Ausnahme sein (Meyer-Ladewig, SGG, 7.Auf, § 159 Anm 5). In Abwägung zwischen den Interessen der Beteiligten an einer Sachentscheidung sowie dem Grundsatz der Prozessökonomie und dem Verlust einer Instanz hält der Senat wegen des schwerwiegenden Verfahrensfehlers der Verletzung rechtlichen Gehörs und wegen der eventuell notwendigen medizinischen Beweisaufnahme eine Zurückverweisung für geboten.
Die Kostenentscheidung bleibt der das Verfahren abschließenden Entscheidung vorbehalten.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
II. Die Kostenentscheidung bleibt der Endentscheidung des Sozialgerichts überlassen.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Kläger auf Grund der Folgen des Arbeitsunfalles vom 11.10.1999 Anspruch auf Gewährung einer Verletztenrente über den 30.06.2001 hinaus hat.
Der am 1946 geborene Kläger erlitt am 11.10.1999 einen Arbeitsunfall. Er rutschte an seiner Arbeitsstätte auf einer Eisfläche aus und brach sich den rechten Fuß. Der Durchgangsarzt Prof.Dr.H. stellte bei ihm eine Unterschenkelfraktur rechts fest (Bericht vom 12.10.1999). Nach stationärer Behandlung (11.10. bis 20.10.1999) in der Chirurgischen Klinik mit Poliklinik der Universität E. war der Kläger bis 09.04.2000 arbeitsunfähig krank.
Die Beklagte holte Gutachten bei dem Chirurgen Prof.Dr.H. vom 20.07.2000/12.09.2000/10.10.2000/09.07.2001 ein. Danach wurden unfallabhängig Gesundheitsstörungen am rechten Schienbein, Wadenbein sowie am oberen Sprunggelenk festgestellt. Der Gutachter schätzte die Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) ab 10.04.2000 mit 20 vH, ab 01.12.2000 mit 10 vH ein.
Nach Stellungnahme ihres Beratungsarztes, des Chirurgen Dr.G. , am 31.08.2001 erkannte die Beklagte mit Bescheid vom 19.09.2001 das Ereignis vom 11.10.1999 als Arbeitsunfall an und gewährte Rente nach einer MdE von 20 vH vom 10.04.2000 bis 30.06.2001.
Als Folgen des Arbeitsunfalles erkannte sie an: Knöchern fest verheilte Brüche des rechten körperfernen Schienbeines sowie des körpernahen Wadenbeines. Schwellneigung im rechten oberen Sprunggelenk.
Hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein unter Vorlage einer Vollmacht der Rechtsanwälte S. vom 05.10.2001. Die Vollmacht ist wegen "Sozialrecht" ausgestellt und berechtigt ua zur "Einlegung und Rücknahme von Rechtsmitteln sowie Verzicht auf solche" und "Vertretung vor den Verwaltungsgerichten".
Nach Einholung eines weiteren Gutachtens des Chirurgen Dr.G. vom 07.01.2002, in dem die Einschätzung der MdE durch die Beklagte bestätigt wurde, wies diese mit Bescheid vom 26.03.2002 den Widerspruch zurück.
Gegen diese Bescheide hat der Kläger am 26.04.2002 Klage zum Sozialgericht (SG) Bayreuth erhoben und beantragt, ihm über den Juni 2001 hinaus weiter Rente zu gewähren. In dem Klageschreiben vom 26.04.2002 hat der Bevollmächtigte des Klägers ua ausgeführt: "Eine aktuelle Originalvollmacht werden wir noch nachreichen".
Mit Schreiben vom 30.04.2002 hat das SG den Kläger um Übersendung einer schriftlichen Vollmacht im Original gebeten. Den Bevollmächtigten des Klägers hat es mit Schreiben vom 16.10.2002 an die Übersendung einer Originalvollmacht erinnert. Es hat hierzu eine Frist bis 04.11.2002 gestellt. Den Bevollmächtigten hat es mit weiteren Schreiben vom 12.11.2002 darauf hingewiesen, dass eine Entscheidung durch Gerichtsbescheid ergehen werde.
Mit Gerichtsbescheid vom 26.11.2002 hat das SG die Klage als unzulässig abgewiesen, weil keine Vollmacht vorgelegt wurde. Die im Verwaltungsverfahren vorgelegte Vollmacht genüge nicht.
Hiergegen hat der Bevollmächtigte des Klägers Berufung eingelegt und vorgetragen, es sei zwar zutreffend, dass eine im Verwaltungsverfahren erteilte Vollmacht in der Regel für das SG-Verfahren nicht ausreiche. Ausreichend sei aber eine Vollmacht, die auch zur "Einlegung von Rechtsmitteln" ermächtige. Auch ergebe sich der Zweck des Verfahrens - "wegen Sozialrecht" - aus der Vollmacht. Für den Kläger selbst bestehe aber kein Zweifel, dass sich die Vollmacht des Verwaltungsverfahrens auch auf das Verfahren vor dem SG beziehe. Das SG sei zudem verpflichtet gewesen, auf den Mangel der Vollmacht, insbesondere dass die im Verwaltungsverfahren vorgelegte Vollmacht nicht ausreichend sei, hinzuweisen, ebenso dass die Klage bei Nichtvorlage einer Vollmacht als unzulässig abgewiesen werde. Auch führe die Vorlage einer Vollmacht im Rechtsmittelverfahren zur Heilung eines etwaigen Mangels, falls sie schon vor Erlass des Gerichtsbescheids vom Kläger unterzeichnet worden sei. Dies sei mit der nun vorgelegten Prozessvollmacht vom 30.08.2002 erfolgt. Zu bemängeln sei außerdem, dass keine Anhörung erfolgt sei, wegen der Absicht, den Gerichtsbescheid nach § 105 SGG zu erstellen.
Der Kläger beantragt, die Beklagte unter Aufhebung des Gerichtsbescheids vom 26.11.2002 sowie unter Abänderung des Bescheides vom 19.09.2001 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 26.03.2002 zu verurteilen, Verletztenrente über den 30.06.2001 hinaus zu gewähren.
Die Beklagte beantragt, die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des SG Bayreuth vom 26.11.2002 zurückzuweisen.
Wegen weiterer Einzelheiten wird ergänzend auf die Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers ist zulässig. Sie ist auch im Sinne der Aufhebung des Gerichtsbescheides des SG und der Zurückverweisung begründet, da das erstinstanzliche Verfahren an wesentlichen Mängeln leidet.
Nach § 159 Abs 1 Nr 2 SGG kann das Landessozialgericht (LSG) auf die Berufung eines Beteiligten von Amts wegen die angefochtene Entscheidung aufheben und die Sache an das SG zurückverweisen, wenn das Verfahren an einem wesentlichen Mangel leidet. Ein Mangel ist wesentlich, wenn die Entscheidung des SG auf ihm beruhen kann.
Ein wesentlicher Mangel des Verfahrens liegt zunächst darin, dass das SG - bei fehlender Vollmacht - den Bevollmächtigten des Klägers nicht darauf hingewiesen hat, dass im Falle einer Nichtvorlage der Prozessvollmacht die Klage als unzulässig abgewiesen werden müsse.
Nach § 73 Abs 1 SGG können sich die Beteiligten eines sozialgerichtlichen Verfahrens in jeder Lage des Verfahrens durch prozessfähige Bevollmächtigte vertreten lassen. Die Prozessvollmacht ist nach § 73 Abs 2 Satz 1 SGG schriftlich zu erteilen und bis zur Verkündung der Entscheidung zu den Akten zu reichen. Eine von einem Vertreter ohne Vollmacht eingereichte Klage ist als unzulässig abzuweisen. Dies gilt auch, wenn es sich bei dem Bevollmächtigten um einen Rechtsanwalt handelt. Die Vorschrift des § 88 Abs 2 ZPO, wonach der Mangel der Vollmacht nicht von Amts wegen zu prüfen ist, wenn als Bevollmächtigter ein Rechtsanwalt auftritt, findet mangels Bezugnahme in § 73 Abs 4 Satz 1 SGG im sozialgerichtlichen Verfahren keine Anwendung, auch nicht über die allgemeine Verweisung in § 202 SGG (Meyer-Ladewig, SGG, 7.Aufl, § 73 RdNr 14 a). Das Vorhandensein der Vollmacht und die daran geknüpfte Zulässigkeit der Klage sind im sozialgerichtlichen Verfahren grundsätzlich von Amts wegen zu prüfen (GemS SozR 1500 § 73 Nr 4).
Eine Vollmacht, die im Verwaltungsverfahren erteilt worden ist, reicht zur Prozessvertretung vor dem SG nicht aus, es sei denn, aus dem Wortlaut der schriftlichen Vollmacht oder aus sonstigen Umständen ergibt sich etwas anderes (Meyer-Ladewig aaO § 73 RdNr 13 a). Unter Fortentwicklung dieses Rechtsgrundsatzes hat das BSG in dem Urteil vom 13.12.2000 (NJW 2001 S 2652) entschieden, dass nur derjenige für das Verwaltungsverfahren Bevollmächtigte als zugleich für das Klageverfahren Bevollmächtigter angesehen werden kann, der im Sozialgerichtsverfahren selbst eine Verklammerung zwischen Verwaltungs- und Gerichtsakten herstellt, indem er sich - zur Einreichung einer Prozessvollmacht richterlich aufgefordert - gegenüber dem Gericht auch ausdrücklich darauf beruft und aufzeigt, dass die in den Verwaltungsakten befindliche Vollmacht die Vertretung im Gerichtsverfahren mit abdeckt. Nur wenn diese Vollmacht ihrem Inhalt nach zweifelsfrei das nachfolgende gerichtliche Verfahren mit umfasst, ist den Anforderungen des § 73 Abs 2 SGG genüge getan. Im Klageverfahren hat der Kläger aber auf die Vollmacht im Verwaltungsverfahren nicht Bezug genommen. Nach Auffassung des Senats nimmt auch die Vollmacht vom 05.10.2001 nicht auf das SG-Verfahren Bezug. Die dort aufgeführte "Einlegung von Rechtsmitteln" kann nicht ohne weiteres einem Klageverfahren zugrunde gelegt werden. Die Klage ist nämlich kein Rechtsmittel, sondern ein Rechtsbehelf (Meyer-Ladewig aaO, § 66 RdNr 2).
Zu Recht ist daher das SG davon ausgegangen, dass eine Vollmacht für das Klageverfahren nicht vorliegt.
Ist aber keine Prozessvollmacht zu den Gerichtsakten gelangt, bedarf es, damit das Gericht die Klage ohne Prüfung in der Sache als unzulässig abweisen kann, regelmäßig einer vorherigen schriftlichen richterlichen Aufforderung an den Bevollmächtigten, binnen einer bestimmten Frist die fehlende Vollmachtsurkunde nachzureichen, verbunden mit dem Hinweis, dass die Klage andernfalls als unzulässig abgewiesen werden kann (so zuletzt BSG vom 13.12.2000 aaO). Ein solches prozessuales Vorgehen hat im Verhältnis zu einem vollmachtlos auftretenden Prozessvertreter Anhörungs- und Warnfunktion. Spätestens nach Erhalt eines entsprechenden richterlichen Schreibens muss sich ihm aufdrängen, dass das Fehlen der Prozessvollmacht, zu dessen Behebung er im Einzelfall aufgefordert worden ist, auch in einem möglicherweise nachfolgenden Rechtsmittelverfahren grundsätzlich nicht mehr geheilt werden kann.
Zwar hat das SG eine schriftliche Aufforderung an den Bevollmächtigten mit Schreiben vom 16.10.2002 gesandt, binnen einer Frist bis 04.11.2002 die fehlende Vollmachtsurkunde nachzureichen. Es hat aber unterlassen, darauf hinzuweisen, dass im Falle der Nichtvorlage der Prozessvollmacht die Klage andernfalls als unzulässig abgewiesen werde. Mit diesem Schreiben ist der Bevollmächtigte nicht auf die Rechtsauffassung des Gerichts hingewiesen worden, dass die Vollmacht für das Verwaltungsverfahren nicht ausreichend für das Klageverfahren ist (LSG S-H vom 11.05.1999 - L 6 KA 14/99). Der weitere Hinweis mit Schreiben vom 12.11.2002, dass eine Entscheidung durch Gerichtsbescheid ergehen werde, ersetzt den Mangel einer fehlenden Aufklärung durch das SG nicht. Dies stellt einen wesentlichen Verfahrensmangel dar.
Ein wesentlicher Verfahrensmangel besteht auch darin, dass der Kläger vor Erlass des Gerichtsbescheides vom 26.11.2002 nicht gehört wurde (§ 105 Abs 1 Satz 2 SGG). Damit ist das allgemeine rechtliche Gehör gemeint, um Überraschungsentscheidungen zu vermeiden. Die bloße Mitteilung, dass eine Entscheidung durch Gerichtsbescheid ergehen wird, genügt dem nicht. Vielmehr hätte das SG den Kläger neben dieser Mitteilung noch darauf hinweisen müssen, dass er sich auch hierzu äußern kann (sogenannte Anhörungsmitteilung [Meyer-Ladewig aaO § 105 RdNr 10]). Ein formularmäßiger Hinweis, dass auch ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entschieden werden kann, reicht nicht aus. Notwendig ist ein konkreter fallbezogener Hinweis, im Falle des Klägers dahingehend, dass eine Prozessvollmacht für das Klageverfahren nicht vorliegt. Außerdem hat es unterlassen, eine Frist zur Stellungnahme zu setzen, die angemessen sein und 14 Tage nicht unterschreiten sollte (Meyer-Ladewig, § 105 SGG RdNr 12).
Wegen der aufgezeigten wesentlichen Verfahrensmängel, auf denen die Entscheidung des SG beruht, hat der Senat den Gerichtsbescheid des SG vom 26.11.2002 aufgehoben und den Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das SG Bayreuth zurückverwiesen.
Es liegt im Ermessen des Senats, ob er in der Sache selbst entscheidet oder zurückverweisen will. Die Zurückverweisung soll die Ausnahme sein (Meyer-Ladewig, SGG, 7.Auf, § 159 Anm 5). In Abwägung zwischen den Interessen der Beteiligten an einer Sachentscheidung sowie dem Grundsatz der Prozessökonomie und dem Verlust einer Instanz hält der Senat wegen des schwerwiegenden Verfahrensfehlers der Verletzung rechtlichen Gehörs und wegen der eventuell notwendigen medizinischen Beweisaufnahme eine Zurückverweisung für geboten.
Die Kostenentscheidung bleibt der das Verfahren abschließenden Entscheidung vorbehalten.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
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