L 15 VG 14/02

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
15
1. Instanz
SG Augsburg (FSB)
Aktenzeichen
S 11 VG 5/01
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 15 VG 14/02
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 03.09.2002 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Kläger im November 2000 Opfer einer Gewalttat geworden ist und Versorgung nach dem Gesetz über die Entschädigung für Opfer von Gewalttaten (OEG) beanspruchen kann.

Der am 1953 geborene Kläger beantragte am 23.11.2000 beim Amt für Versorgung und Familienförderung (AVF) Augsburg Leistungen nach dem OEG, da er am 20.11.2000 um 21.00 Uhr von Y. D. verletzt worden sei. Dieser habe ihm eine Nasenbeinfraktur, eine Augenverletzung sowie Biss- und Kratzwunden zugefügt. Der Kläger machte auch eine Überlastung der Wirbelsäule und eine psychische Belastung geltend und legte einen vorläufigen Befundbericht des Zentralklinikums A. vom 21.11. 2000 vor. In einem Gedächtnisprotokoll vom 22.11.2000 gab er an, am Montag, den 20.11.2000 gegen 19.00 Uhr hätten ihn zunächst die Ehefrau und die Tochter des Täters aufgesucht und ihn erfolglos in einem eine halbe Stunde dauernden Gespräch gebeten, seine Strafanzeige vom 13.10.2000 gegen deren 22 Jahre alten Sohn bzw. Bruder, A. D. , zurückzunehmen. Gegen 21.00 Uhr habe Y. D. bei ihm geläutet, worauf er zu diesem auf die Straße hinunter gegangen sei. Auf der gegenüberliegenden Straßenseite habe Y. D. ihn sinngemäß gefragt, was er mit seinem Sohn A. wolle. Als sich der Kläger nach einiger Zeit zum Gehen abgewandt habe, habe Y. D. ihn am Ärmel zurückgezogen und ihm unerwartet mit der Faust ins Gesicht geschlagen. Dadurch habe er ihm das Nasenbein gebrochen und auch noch das rechte Auge verletzt. Anschließend habe Y. D. , der wesentlich kleiner als er sei, seine Hilflosigkeit ausgenützt und ihn von hinten angesprungen. Er habe seinen Hals umklammert, sich dort festgekrallt, ihn in Hals und Nacken gebissen und gekratzt und ihn gegen den Kopf geschlagen. Der Kläger habe versucht, Y. D. mit Ellenbogenstößen von seinem Rücken herunter zu werfen, was nicht gelungen sei. Mit dem Angreifer auf dem Rücken sei er quer über die Straße getaumelt, gegen die Hauswand geschlagen und dann auf den Motorraum eines parkenden Auto gekracht. Während der ganzen Auseinandersetzung hätten die Frau und Tochter versucht, Y. D. von seinem Rücken wegzuzerren. Zum Schluss sei auch A. D. aufgetaucht und habe den Vater vom Ort des Geschehens weggeholt. Der Sohn habe ihm noch zugerufen, er werde ihn fertig machen, wenn er am Mittwoch (vermutlich 22.11.2000) käme. Offensichtlich habe A. D. beabsichtigt, eine von ihm befürchtete Zeugenvernehmung des Klägers im Zusammenhang mit der oben genannten Strafanzeige zu verhindern. Der Kläger habe die Polizei gerufen und sei anschließend ins Zentralklinikum A. gebracht worden, das er gegen 1.45 Uhr habe wieder verlassen können.

Mit Schreiben vom 20.02.2001 meldete die Postbeamtenkrankenkasse dem Grunde nach Ersatzanspruch an, da sie die Kosten der Heilbehandlung des Klägers gegen Abtretung (§ 398 BGB) der Ansprüche des Klägers gegen den Beklagten nach dem OEG übernommen habe.

Anschließend zog der Beklagte die Ermittlungsakte der Staatsanwaltschaft beim Landgericht Augsburg, Az.: 201 Js 142362/00 bei. Darin befand sich eine Niederschrift der persönlichen Zeugenvernehmung des Klägers vom 21.11.2000, die im Wesentlichen mit oben genanntem Gedächtnisprotokoll übereinstimmt. Aus einem "Schlussvermerk" vom 11.01.2001 von PHM M. geht hervor, dass Y. D. am 20.11.2000 um 21.35 Uhr auf der Polizeiinspektion A. mit einer blutenden Kopfplatzwunde erschienen sei und gegen den Kläger wegen Körperverletzung Anzeige erstatten wollte. Da ihm während der Sachverhaltsabklärung übel geworden sei, sei er mit dem Krankenwagen ins Zentralklinikum verbracht worden. Y. D. nahm schriftlich am 12.02.2001 durch seinen Rechtsanwalt zur Strafanzeige des Klägers Stellung. Danach habe der Kläger A. D, seit einer Schlägerei mit ihm im Jahr 1998 bereits mehrmals unbegründet angezeigt. Dies habe er auch bezüglich des Az.: 10 Ds 201 Js 135817/00 getan, obwohl er bei dem Vorfall nicht dabei und der Vorgang bereits polizeilich aktenkundig gewesen sei. Y. D. habe daher zusammen mit seiner Frau und der Tochter C. am 20.11. gegen 21.00 Uhr den Kläger bitten wollen, in Zukunft von den Anschuldigungen abzusehen. Statt dessen habe der Kläger Y. D. angeschrien und ihm plötzlich ohne ersichtlichen Grund mit der Faust ins Gesicht (Bereich Schläfe) geschlagen. Y. D. habe sich zu wehren versucht und dem Kläger ebenfalls einen Schlag ins Gesicht versetzt, nachdem er sich von einer ersten Benommenheit erholt gehabt habe. Der körperlich überlegene Kläger habe Y. D. mehrere Schläge an den und auf den Kopf versetzt und dabei auch einen Schlüssel in der Hand gehabt. Vermutlich aufgrund eines solchen Schlages habe Y. D. eine Wunde am Kopf im linken oberen Bereich erlitten. Seine Ehefrau sei dazwischen gegangen und habe versucht, ihren Mann zu schützen; dabei habe auch sie einige Schläge abbekommen. Vermutlich in diesem Zusammenhang habe Y. D. den Kläger auch am Jackenkragen gepackt und ihm dabei möglicherweise die Kratzwunden zugefügt. Y. D. sei im Zentralklinikum A. behandelt worden und arbeitsunfähig geschrieben worden. Es werde Anzeige und Strafantrag gegen den Kläger gestellt.

In einer polizeilichen Zeugenvernehmung vom 09.04.2001 bestätigte C. D. (Tochter des Y. D.) die Sachverhaltsschilderung ihres Vaters. Die Ehefrau des Y. D. schloss sich der Aussage ihrer Tochter an. Am 20.04.2001 stellte daraufhin die Staatsanwaltschaft das Ermittlungsverfahren gemäß § 170 Abs.2 Strafprozessordnung (StPO) ein, weil ein Tatnachweis nicht zu führen sei. Es lägen widersprüchliche Angaben vor und es könne nicht ausgeschlossen werden, dass sich der Beschuldigte lediglich wehrte und somit in Notwehr handelte.

Daraufhin lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 16.05.2001 den Antrag auf Beschädigtenversorgung nach dem OEG ab. Es fehle am Nachweis eines vorsätzlichen, rechtswidrigen tätlichen Angriffs im Sinne des § 1 Abs.1 OEG. Da im vorliegenden Fall Aussage gegen Aussage stehe und beide Schilderungen des Tatherganges zutreffen könnten, lasse sich der Sachverhalt nicht aufklären.

Zur Begründung seines gegen diesen Bescheid eingelegten Widerspruchs trug der Kläger vor, die Familie D. habe befürchtet, dass A. D. , den er wegen Misshandlung seiner minderjährigen Freundin angezeigt habe, Probleme mit seiner Bewährungsstrafe bekommen werde. Deshalb habe man ihn zur Rücknahme seiner Anzeige bewegen wollen. Als dies misslungen sei, habe ihm Y. D. aus Hass ins Gesicht geschlagen. Er habe demgegenüber keinerlei Motiv gehabt, zuzuschlagen.

Der Beklagte wies dennoch mit Widerspruchsbescheid vom 20.07. 2001 den Widerspruch des Klägers zurück, da der Nachweis einer Gewalttat im Sinne des OEG nach wie vor nicht erbracht sei.

Mit Schriftsatz vom 20.08.2001 hat der Kläger daraufhin Klage zum Sozialgericht Augsburg erhoben und beantragt, den Vorfall vom 20.11.2000 als Tatbestand im Sinne des OEG anzuerkennen und ihm Kosten für ärztliche Behandlung in Höhe von ca. 2.000,00 DM zu erstatten.

Auf das gerichtliche Schreiben vom 10.01.2002, in dem auf die Grundsätze der objektiven Beweislast hingewiesen und angeregt worden ist, die Klage zurückzunehmen, falls der Kläger keine Zeugen für seine Darstellung des Sachverhalts benennen könne, hat der Kläger beantragt, die vollständigen Strafakten beizuziehen, insbesondere auch die unter dem Az.: 10 Ds 201 Js 135817/00. Das Sozialgericht hat daraufhin die Akten 201 Js 106572/01 und 142362/00 beigezogen.

Nach je zwei erfolglosen Befangenheitsanträgen und Dienstaufsichtsbeschwerden des Klägers gegen den zuständigen Richter hat das Sozialgericht am 03.09.2002 durch Urteil die Klage abgewiesen. Soweit der Kläger die Erstattung der Kosten für eine Heilbehandlung begehre, sei die Klage unzulässig, weil der Beklagte hierüber keine Entscheidung getroffen habe. Im Übrigen sei die Klage zulässig, jedoch unbegründet. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Feststellung von Schädigungsfolgen und Gewährung von Versorgung nach dem Opferentschädigungsgesetz. Das Gericht schließe sich der Begründung in den angefochtenen Bescheiden an.

Gegen dieses Urteil hat der Kläger Berufung zum Bayer. Landessozialgericht eingelegt und angeregt, die Strafakten 201 Js 135817/00 und 412 Js 113135/00 von der Staatsanwaltschaft beim Landgericht Augsburg beizuziehen, ferner Akten des AVF Augsburg (Az.: 10/31/HUK/OEG 52990). Bei den angegebenen Strafakten handle es sich um das Verfahren gegen A. D. wegen Körperverletzung seiner Freundin, das nach Auffassung des Klägers den Ausgangspunkt für die streitgegenständlichen Auseinandersetzung gebildet habe. Das andere Verfahren habe der Kläger gegen die Freundin des A. D. wegen Verdachts der Falschaussage im Nachgang zum Verfahren Js 142649/98 eingeleitet. Letzteres Verfahren betreffe eine tätliche Auseinandersetzung des Klägers unter anderem mit A. D. , die vom AVF Augsburg im zuletzt genannten Verwaltungsverfahren als Gewalttat anerkannt worden sei.

Der Senat hat zunächst die Ermittlungsakten aus dem Jahre 1998 sowie die den streitgegenständlichen Vorfall betreffenden Ermittlungsakten gegen Y. D. und den Kläger (201 Js 142362/00 und 201 Js 106572/01) beigezogen. Auf gerichtliche Nachfrage hat der Kläger mit Schriftsätzen vom 18.12.2002 eine vorläufige Übersicht über die infolge der tätlichen Auseinandersetzung am 20.11.2000 entstandenen Heilbehandlungskosten übersandt und mitgeteilt, dass sich als Gesamtsumme ein Betrag in Höhe von 2.288,65 DM ergebe. Hiervon habe die Postbeamtenkrankenkasse 2.237,06 DM gegen entsprechende Abtretungserklärung erstattet. Somit beantrage er die Erstattung von 51,59 DM an ihn betreffend zwei Attestgebühren des Zentralklinikums in Höhe von 20,00 und 11,59 DM sowie von 20,00 DM für eine Taxifahrt vom Zentral- klinikum nach Hause.

In Schriftsätzen vom 27. und 30.01.2003 hat der Kläger dargelegt, aus welchen Gründen seines Erachtens das Ermittlungsverfahren gegen J. D. hinsichtlich der Auseinandersetzung am 21.11.2000 nicht ordnungsgemäß durchgeführt worden sei.

Der Senat hat auch die Ermittlungsakte 201 Js 135817/00 gegen A. D. angefordert und das Urteil des Amtsgerichts Augsburg gegen A. D. vom 22.11.2000 in Abdruck den Beteiligten im Erörterungstermin am 20.02.2003 übergeben. Es ist außerdem ein Bescheid des AVF Augsburg vom 19.10.2000 über die Kostenerstattung für ambulante ärztliche Behandlung im Zusammenhang mit der am 05.12.1998 gegenüber dem Kläger begangenen Gewalttat beigezogen und den Beteiligten ausgehändigt worden. Anschließend hat zunächst der Kläger noch einmal den Tathergang am 20.11.2000 geschildert. Dann ist Y. D. als Zeuge vernommen worden. Dieser hat bekundet, dass der Kläger mit der tätlichen Auseinandersetzung begonnen und er nur zurückgeschlagen habe. Er sei durch den Fausthieb des Klägers gegen seine rechte Schläfe etwas benommen gewesen und wisse nicht mehr, wo sein Faustschlag dann gelandet sei, mit dem er sich gegen den Kläger gewehrt habe. Er habe den Kläger nicht am Hals verletzt und sei auch nicht auf dessen Rücken gesprungen.

Der Kläger beantragt, den Beklagten unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts Augsburg vom 03.09.2002 und des Bescheids vom 16.05.2001 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 20.07.2001 zu verurteilen, wegen der Folgen der Gewalttat am 20.11.2000 Heilbehandlungskosten nach dem OEG zu übernehmen.

Der Bevollmächtigte des Beklagten beantragt, die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 03.09.2002 zurückzuweisen.

Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf die beigezogene Akte des Beklagten nach dem OEG, die Akten der Staatsanwaltschaft beim Landgericht Augsburg und den Inhalt der Akte des vorangegangenen Klageverfahrens beim Sozialgericht Augsburg sowie der Berufungsakte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers (§§ 143, 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG -) ist zulässig. Sie erweist sich jedoch nicht als begründet.

Das Sozialgericht hat zu Recht die Klage gegen die einen Anspruch auf Versorgung nach dem OEG ablehnenden Bescheide des Beklagten abgewiesen. Auch aufgrund der weiteren vom Senat durchgeführten Ermittlungen kann nicht mit dem erforderlichen Beweisgrad der an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit (Vollbeweis) festgestellt werden, dass der Kläger am 20.11.2000 Opfer einer Gewalttat im Sinne des § 1 Abs.1 OEG geworden ist.

Nach dieser Bestimmung erhält derjenige Versorgung, der infolge eines vorsätzlichen, rechtswidrigen tätlichen Angriffs gegen seine oder eine andere Person eine gesundheitliche Schädigung erlitten hat.

Der Senat zweifelt nicht daran, dass der Kläger im Zusammenhang mit der zunächst verbalen, dann tätlichen Auseinandersetzung mit Y. D. am 20.11.2000 um ca. 21.00 Uhr vor seinem Wohnhaus in A. einen Nasenbeinbruch, eine Augenverletzung und Kratzwunden am Hals erlitten hat. Dies ist insbesondere belegt durch einen Befundbericht des Zentralklinikums A. vom 21.11.2000 und die Farbfotografien, die von der Polizeiinspektion A. im Ermittlungsverfahren 201 Js 142362/00 gegen Y. D. gefertigt wurden.

Der sichere Nachweis, dass diese Verletzungen des Klägers durch einen vorsätzlichen, rechtswidrigen Angriff verursacht worden sind, konnte jedoch weder durch die anschließenden polizeilichen Ermittlungen noch durch die Beweiserhebungen des Senats erbracht werden.

Der Kontrahent des Klägers, Y. D. , hat zwar bei seiner Zeugenvernehmung am 20.02.2003 eingeräumt, dass er den Kläger mit der Faust geschlagen habe. Ebenso wie bei seiner Einlassung am 12.02.2001 durch seinen Anwalt im Ermittlungsverfahren hat er jedoch behauptet, lediglich zurückgeschlagen zu haben, nachdem ihn der Kläger im Laufe des Gesprächs mit der Faust ins Gesicht und zwar an die rechte Schläfe geschlagen habe. Er hat auch betont, dass er von dem Schlag des Klägers benommen gewesen sei. Die Ehefrau und die Tochter C. des Y. D. bestätigten am 09.04.2001 in ihren polizeilichen Zeugenvernehmungen den Tathergang, wie ihn Y. D. geschildert hat. Dieser wurde im Übrigen unbestritten auch selbst am Kopf verletzt. Im Erörterungstermin am 20.02.2003 räumte der Kläger ein, dass die blutende Kopfwunde des Zeugen möglicherweise durch einen Verteidigungsschlag seinerseits verursacht worden sei, weil er in einer Hand seinen Schlüsselbund gehalten habe.

Auch wenn nur eine der Sachverhaltsschilderungen richtig sein kann, konnte vom Senat ebenso wenig wie von den Strafverfolgungsbehörden festgestellt werden, welche Schilderung der Wahrheit entspricht. Die vom Kläger gegen die Einstellung des Ermittlungsverfahrens nach § 170 Abs.2 StPO am 20.04.2001 eingereichten Beschwerden und Strafanzeigen verliefen erfolglos (Entscheidung der Staatsanwaltschaft Augsburg vom 20.06.2001 und Bescheid des Generalstaatsanwalts beim Oberlandesgericht München vom 06.07.2001 - Ermittlungsakte 201 Js 142362/00 -; ferner vom Kläger übersandte Verfügung der Staatsanwaltschaft Augsburg vom 27.01.2003 im Rahmen einer Strafanzeige gegen Unbekannt - Az.: 201 UJs 101968/03 -). Der Kläger ist zwar der Auffassung, dass nur sein Gegner ein Motiv zur tätlichen Auseinandersetzung gehabt habe, nicht aber er und dass es darum gegangen sei, ihn zur Zurücknahme seiner Strafanzeige gegen A. D. wegen einer an dessen Freundin begangenen Körperverletzung zu bewegen. Demgegenüber betont Y. D. , er habe - wie zuvor seine Frau und seine Tochter - lediglich versucht, den Kläger zu bitten, die Auseinandersetzungen mit seinem Sohn zu beenden. Auch hier kann der Senat nicht entscheiden, worum es tatsächlich bei dem Gespräch zwischen dem Kläger und Y. D. ging. Aus dem beigezogenen Urteil des Amtsgerichts Augsburg vom 22.11.2000 ergibt sich, dass A. D. wegen gefährlicher Körperverletzung seiner Freundin zu einer Freiheitsstrafe von acht Monaten verurteilt wurde, wobei die 4. Strafkammer des Landgerichts Augsburg mit Urteil vom 09.03.2001 die verhängte Freiheitsstrafe zur Bewährung ausgesetzt hat. Den Urteilsgründen des Amtsgerichts Augsburg ist zu entnehmen, dass der Kläger nicht Zeuge dieser Straftat war und auch am 22.11.2000 nicht vernommen wurde. Aus den vorhergegangenen zahlreichen Strafanzeigen des Klägers gegen A. D. , denen von den Ermittlungsbehörden nur teilweise Folge geleistet wurde, ließe sich sowohl ein Aggressionsstau des Klägers gegen A. D. und dessen Familie als auch des Y. D. gegen den Kläger erklären.

Aus diesen Gründen kann nicht ausgeschlossen werden, dass der Kläger die tätliche Auseinandersetzung begonnen hat. Somit kann nicht als sicher nachgewiesen angesehen werden, dass der Faustschlag des Y. D. in das Gesicht des Klägers rechtswidrig war. Wenn es zutrifft, dass Y. D. zu seiner Verteidigung zurückgeschlagen hat, kann er sich auf Notwehr im Sinne des § 32 Strafgesetzbuch (StGB) berufen. Danach ist Notwehr die Verteidigung, die erforderlich ist, um einen gegenwärtigen rechtswidrigen Angriff von sich oder einem anderen abzuwenden. Diese Vorausetzungen sind nach Auffassung des Senats erfüllt, wenn die Angaben des Y. D. zugrunde gelegt werden. Die Frage, wie sich die tätliche Auseinandersetzung anschließend weiter ent- wickelt hat und wie die äußerlichen Verletzungen am Hals des Klägers entstanden sind, erscheint nicht mehr als entscheidungsrelevant, zumal auch diesbezüglich widersprüchliche Aussagen der Beteiligten vorliegen und neutrale Zeugen fehlen.

In Zweifelsfällen wie im vorliegenden gibt es nach ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (vgl. z.B. Urteil vom 28.06.2000 - B 9 VG 3/99 R -) keine Beweiserleichterung zu Gunsten des Antragstellers in Analogie zu dem im strafrechtlichen Verfahren geltenden Grundsatz "in dubio pro reo" (im Zweifel für den Angeklagten); vielmehr gilt hier der Grundsatz der objektiven Beweislast, wonach die trotz der durchgeführten Ermittlungen verbleibende Unsicherheit über das Vorliegen von Anspruchsvoraussetzungen zu Lasten dessen geht, der den Anspruch geltend macht, d.h. hier zu Lasten des Klägers (vgl. Meyer- Ladewig, Kommentar zum SGG, 7. Auflage, Rdnr.19a zu § 103).

Somit hatte die Berufung des Klägers keinen Erfolg und war zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs.2 SGG) liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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