Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 3 R 1928/10
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 10 R 4376/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Reutlingen vom 14.09.2011 aufgehoben.
Die Klage wird abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt die Gewährung einer Erwerbsminderungsrente.
Der Versicherungsverlauf der am 1961 geborenen, in der Vergangenheit in der Gastronomie tätigen Klägerin weist verschiedene Lücken auf, u.a. wegen einer selbstständigen Tätigkeit von 2000 bis 2002 sowie ab Oktober 2005. Hinsichtlich der von der Klägerin zurückgelegten versicherungsrechtlichen Zeiten im Einzelnen wird auf den dem Bescheid vom 23.06.2009 beigefügten Versicherungsverlauf Bezug genommen. Im Februar 2004 wurde bei der Klägerin erstmalig eine Krebserkrankung an der rechten Brust festgestellt. Es erfolgten Operation, Chemotherapie und Bestrahlungen. Ein im zeitlichen Zusammenhang damit gestellter Rentenantrag blieb erfolglos. Im Oktober 2005 nahm die Klägerin eine geringfügige Beschäftigung als Servicekraft in einem inhabergeführten Konditorei-Café auf. Sie arbeitete an zwei Nachmittagen die Woche für jeweils ca. sechs Stunden (Angaben der Klägerin M1 VA, Bl. 26 LSG-Akte).
Im Mai 2005 berichtete die Klägerin bei ihrer ambulanten Vorstellung im S.-B.-Klinikum Villingen-Schwenningen u.a. über rezidivierende Schmerzen im linken Becken (Arztbrief des Chefarztes der Klinik für Strahlentherapie und Radioonkologie PD Dr. M. vom 23.05.2005 M1 VA). Bei der im August 2005 durchgeführten Skelettszintigraphie ergaben sich keine Hinweise auf eine ossäre Metastasierung (Arztbrief des Radiologen Dr. L. Bl. 71 SG-Akte). Im März 2007 suchte die Klägerin den Facharzt für Orthopädie Dr. M. sieben Mal, im April 2007 vier Mal und im November 2007 zwei Mal zur Behandlung, die unter den Diagnosen Cervicobrachialgie und Lendenwirbelsäulenschmerzen erfolgte, auf (Arztbrief vom 27.03.2007 nach M1 VA, Zusammenfassung der Behandlungsdaten nach M9 VA). Bei einer Vorsprache beim Frauenarzt Dr. E. am 05.07.2007 berichtete die Klägerin, im Wesentlichen beschwerdefrei zu sein (Arztbrief vom 10.07.2007 nach M2 VA). Ein am 17.07.2007 erstelltes Ganzkörperknochenszintigramm ergab wiederum keinen Anhalt für Knochenmetastasen (Arztbrief vom 17.07.2007 nach M2 VA). Anlässlich der Vorsprache am 15.11.2007 empfahl Dr. E. der Klägerin wegen körperlicher Überlastung die Aufgabe ihrer (geringfügigen) Tätigkeit (Bl. 91 SG-Akte).
Zum 12.12.2007 stellte die Klägerin ihre Tätigkeit ein (Bl. 26 LSG-Akte).
Am 27.03.2008 beantragte die Klägerin erneut die Gewährung einer Erwerbsminderungsrente. Bei der Begutachtung durch den Internisten Dr. M. gab sie am 02.05.2008 an, ihr Hauptproblem seien Kreuzschmerzen, sie habe im Steißbeinbereich Gelenkbeschwerden und bekomme deswegen Spritzen. Ähnliche Beschwerden habe sie schon vor der Brusterkrankung durch ihre Tätigkeit in der Gastronomie gehabt. Sie hätten sich dann nach der Operation im Jahr 2004 verschärft. Dr. M. beschrieb Schwierigkeiten der Klägerin beim Umlagern ihres Körpers zu den einzelnen Untersuchungspositionen und ein mühsames Wiederaufrichten bei Prüfung des Finger-Boden-Abstands. Die Klägerin habe ziemlich schmerzgeplagt gewirkt. Eine Tätigkeit als Kellnerin hielt Dr. M. nur noch drei bis unter sechs Stunden täglich für möglich, ging im Übrigen jedoch davon aus, dass die Klägerin leichte Tätigkeiten im Wechsel zwischen Stehen, Sitzen und Gehen, ohne häufiges Bücken, ohne häufige Zwangshaltungen der Lendenwirbelsäule und nicht in Hitze und angesichts einer schon lange bestehenden nahezu völligen Erblindung des rechten Auges ohne besondere Anforderungen an das stereoskopische Sehen in der Nähe für mindestens sechs Stunden täglich verrichten könne. Er diagnostizierte rezidivierende Lumboischialgien links bei nachgewiesenem kleinen Bandscheibenvorfall L5/S1 ohne Nervenwurzelkontakt (s. Arztbrief des Radiologen Liebl vom 03.01.2008 nach M2 VA) sowie einen Zustand nach Brustkrebs rechts ohne Hinweis auf Rezidiv oder Metastasen und derzeit ohne Lymphödem. Mit Bescheid vom 06.05.2008 lehnte die Beklagte den Rentenantrag der Klägerin vom 27.03.2008 bestandskräftig ab.
Am 15.07.2008 wurde die Klägerin in reduziertem Allgemeinzustand zu einer ambulanten muskuloskelettalen Rehabilitation im Wellness- und Gesundheitszentrum S. aufgenommen (Arztbrief des Facharztes für Orthopädie/Chirotherapie Dr. E. Bl. 79 SG-Akte). Am 19.09.2008 sprach sie beim Neurochirurgen Dr. P. vor und berichtete ihm, seit einem Jahr Kreuzschmerzen mit Ausstrahlung in die linke Beinvorderseite bis in Kniehöhe, manchmal bis zu den Zehen zu haben. Die Rotation im Hüftgelenk zeigte sich Dr. P. extrem schmerzhaft. Dr. P. kam zu dem Ergebnis, dass sich sämtliche Beschwerden am ehesten auf das linke Hüftgelenk beziehen (Bl. 78 SG-Akte).
Sodann ergab eine am 29.09.2008 durchgeführte Ganzkörperskelettszintigraphie im Bereich der linken Darmbeinschaufel sowie der Hüftpfanne links einen dringenden Verdacht auf eine Knochenmetastasierung. Der Verdacht bestätigte sich bei der histologischen Untersuchung des im Rahmen einer Punktion am 15.10.2008 gewonnenen Knochenmaterials aus dem os ilium. Diese bestanden vollständig aus Tumorgewebe (Arztbriefe der Klinik für Frauenheilkunde, des Instituts für Pathologie des S.-B.-Klinikums und der Klinik für Strahlentherapie und Radioonkologie vom 16., 17. und 21.10.2008 in der Reha-Zweitakte). Im Januar 2009 fand eine stationäre Rehabilitationsmaßnahme statt (Entlassungsbericht von Prof. Dr. S. in der Reha-Zweitakte). Nachfolgend kam es zu einer weiteren ausgeprägten ossären Metastasierung.
Am 03.06.2009 beantragte die Klägerin wiederum die Gewährung einer Erwerbsminderungsrente. Diesen Antrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 23.06.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 11.05.2010 ab. Zwar könne die Klägerin seit dem 29.09.2008 nur noch unter drei Stunden täglich arbeiten. Zu diesem Zeitpunkt und auch zu dem von der Klägerin im Widerspruchsverfahren geltend gemachten früheren Leistungsfall Anfang des Jahres 2008 seien jedoch die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die Gewährung einer Erwerbsminderungsrente nicht (mehr) erfüllt.
Deswegen hat die Klägerin am 09.06.2010 beim Sozialgericht Reutlingen Klage erhoben. Das Sozialgericht hat die behandelnden Ärzte schriftlich als sachverständige Zeugen befragt. Der Facharzt für Allgemeinmedizin Dr. B. hat von einer deutlichen Progression der Erkrankung seit Mai 2010 berichtet. In einem von der Klägerin vorgelegten Attest hat er eine leichte körperliche Arbeit mit sechs Stunden pro Arbeitstag bei einer Fünftagewoche seit Juni 2007 auf Grund der bis dahin noch nicht nachgewiesenen Knochenmetastasierung, die eine Belastungseinschränkung der Wirbelsäule und Schmerzen des Bewegungsapparats verursachten, nicht mehr für möglich erachtet (Bl. 23 und 90 SG-Akte). Der Arzt für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie im Schmerztherapiezentrum V. Dr. D. hat von Behandlungen der Klägerin ab Februar 2010 berichtet. Dr. E. hat ausgeführt, dass im Nachhinein bereits im Jahr 2007 vom Vorliegen einer ossären Metastasierung ausgegangen werden müsse. Hierdurch sei in der Nachbetrachtung eine Einschränkung der Arbeitsfähigkeit gegeben gewesen, wobei angesichts der progredienten Tumorerkrankung körperliche Arbeit von mindestens sechs Stunden täglich nicht mehr möglich gewesen sei (Bl. 58 und 92 SG-Akte). Dr. M. hat eine seit September 2008 wesentliche Verschlechterung des allgemeinen Zustandes der Klägerin beschrieben.
Ferner hat das Sozialgericht das Gutachten des Ärztlichen Direktors der Medizinischen Universitätsklinik F. , Abteilung Innere Medizin I, Schwerpunkt Hämatologie und Onkologie, Prof. Dr. M. eingeholt. Dieser ist zu der Auffassung gelangt, dass die Klägerin in ihrem Leistungsvermögen spätestens seit September 2007 auch zeitlich rentenrelevant eingeschränkt sei. Er hat sich dazu auf die Ausführungen von Dr. B. bezogen und bestätigt, dass, nachdem die Therapieversuche hinsichtlich der Beschwerdesymptomatik im Bereich der Wirbelsäule im Jahr 2007 ohne Erfolg geblieben seien, rückblickend bereits vom Vorliegen einer ossären Metastasierung ausgegangen werden müsse. Hierdurch sei in der Nachbetrachtung eine körperliche Arbeit von mindestens sechs Stunden täglich nicht mehr möglich gewesen.
Für den Sozialmedizinischen Dienst der Beklagten hat Dr. B. mehrmals Stellung genommen und zuletzt dem Gutachten von Prof. Dr. M. widersprochen. Der Befund der Szintigraphie vom Juli 2007 sei eindeutig. Bei einem Knochenszintigramm handle es sich um ein sehr sensitives Verfahren. Prof. Dr. M. äußere Spekulationen. Ein Leistungsfall im September 2007 lasse sich nicht zweifelsfrei belegen.
Mit Gerichtsbescheid vom 14.09.2011 hat das Sozialgericht die Beklagte unter Aufhebung der angefochtenen Bescheide verurteilt, der Klägerin Rente wegen voller Erwerbsminderung dem Grunde nach ab 01.06.2009 bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze zu gewähren. Unter Darstellung des Versicherungsverlaufs ist das Sozialgericht, wie von der Beklagten ausdrücklich bestätigt (Bl. 17, 83 SG-Akte), davon ausgegangen, dass die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung letztmalig im September 2007 erfüllt waren. Nach dem Gutachten von Prof. Dr. M. sowie den sachverständigen Zeugenaussagen von Dr. B. und Dr. E. hat für das Sozialgericht festgestanden, dass die Klägerin seit September 2007 (und fortlaufend) wegen ihrer progredienten Tumorerkrankung in ihrer Leistungsfähigkeit rentenrelevant eingeschränkt sei. Dabei hat es dahingestellt bleiben lassen, ob die Klägerin zunächst noch ein zeitliches Leistungsvermögen von über drei, aber unter sechs Stunden aufwies und sich erst im weiteren Verlauf eine weitere Einschränkung auf unter drei Stunden pro Arbeitstag ergab. Maßgeblich für die Frage der Erwerbsminderung seien die Gesundheitsstörungen auf dem onkologischen Fachgebiet. Insoweit ist das Sozialgericht für die Zeit seit September 2007 vom Vorliegen eines ossär metastasierenden Mammakarzinoms rechts ausgegangen. Es sei zwar zutreffend, dass die Ganzkörperknochenszintigraphie vom Juli 2007 keinen Anhalt für Knochenmetastasen ergeben habe, nach den Darlegungen von Prof. Dr. M. belege dies jedoch nicht, dass sich nicht doch bereits im Laufe des Jahres 2007 Metastasen entwickelt hätten. Der gerichtliche Sachverständige berücksichtige für seine Feststellung und Beurteilung des Leistungsvermögens der Klägerin die insgesamt vorliegenden ärztlichen Unterlagen im zeitlichen Längsschnitt, wobei er insbesondere darauf verwiesen habe, dass wiederholt Konsultationen der Klägerin bei Ärzten stattfanden, bei denen sie Schmerzen im Rücken- und Hüftbereich und eine Einschränkung der Gehfähigkeit angab. Die verrichtete Teilzeittätigkeit ergebe keine Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin tatsächlich in der Lage gewesen sei, mindestens sechs Stunden pro Arbeitstag erwerbstätig zu sein.
Gegen den ihr am 22.09.2011 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Beklagte am 07.10.2011 Berufung eingelegt. Die Beklagte trägt vor, Dr. B. habe seine Auskunft sehr vage abgefasst. Sie stehe im Widerspruch dazu, dass er im Oktober 2010 eine deutliche Progression und einen deutlichen Rückgang der Belastungsfähigkeit attestiert habe. Dr. E. habe lediglich subjektive Beschwerdeangaben mitgeteilt und eine spekulative Annahme geäußert. Prof. Dr. M. habe im Hinblick auf den Zeitpunkt des Eintritts des Leistungsfalls allein die Ausführungen von Dr. B. wiederholt, ohne diese kritisch zu würdigen. Dies habe auch das Sozialgericht unterlassen. Eine rentenrelevante Leistungsminderung bereits seit September 2007 sei nicht mit der erforderlichen an Gewissheit grenzenden Wahrscheinlichkeit bewiesen. Dabei sei auch zu bedenken, dass die Klägerin noch bis Dezember 2007 zwei Tage in der Woche sechs Stunden lang in einem Café bedient habe. Dies stelle ihre Leistungsfähigkeit unter Beweis. Die Beklagte hat eine sozialmedizinische Stellungnahme von Dr. B. vorgelegt. Dieser hat ausgeführt, bei einer Tätigkeit im Servicebereich der Gastronomie handle es sich sicherlich um keine leichte Tätigkeit, sondern vielmehr um eine zumindest mittelschwere, wenn nicht gar schwere Tätigkeit mit zumindest teilweise schwerem Heben und Tragen (beispielsweise von Speisen). Bereits bei der Begutachtung im Mai 2008 sei davon ausgegangen worden, dass diese Tätigkeit von der Klägerin seit Februar 2004 höchstens drei bis unter sechs Stunden verrichtet werden könne. Im Einklang damit stünde die Auffassung von Dr. E. , dass die Klägerin durch diesen Beruf körperlich überlastet war. Zum Leistungsvermögen hinsichtlich leichter Tätigkeiten habe sich Dr. E. jedoch im Bericht vom 21.11.2007 nicht geäußert. Er habe auch nur rezidivierende Lumbalgien und Beschwerden im Bereich beider Hüften erwähnt. Von anhaltenden Beschwerden sei keine Rede gewesen. Bei der Behandlung in der Strahlenklinik des Krankenhauses V. habe die Klägerin im Oktober 2008 nur von zunehmenden Schmerzen seit drei Monaten berichtet. Auch im Entlassungsbericht nach der Rehabilitation im Januar 2009 werde nur von im Frühjahr/Sommer 2008 zunehmenden Schmerzen gesprochen. Nach den eigenen Angaben der Klägerin seien damit anhaltende und nicht mehr nur wiederkehrend auftretende Schmerzen erst ab Frühjahr/Sommer 2008 und nicht bereits ab dem Jahr 2007 aufgetreten. Dies lasse sich sehr gut mit dem szintigraphischen Befund vom September 2008 in Einklang bringen. Ferner hat Dr. B. vom Berichterstatter geäußerte Bedenken hinsichtlich einer stichtagsmäßigen Feststellung eines zeitlich auf unter drei Stunden täglich herabgesunkenen Leistungsvermögen mit dem Tag der Feststellung der Metastasen im September 2008 zugestimmt, jedoch ausgeführt, dass sich in den Berichten der behandelnden Ärzte keine ausführlichen klinischen Untersuchungsbefunde, aus denen sich eine rentenrelevante quantitative Leistungsminderung hinsichtlich leichter Tätigkeiten bereits für das Jahr 2007 entnehmen ließe, fänden. Eine solche Leistungseinschränkung auch schon hinsichtlich leichter Tätigkeiten erscheine auf Grund der eigenen Angaben der Klägerin erst ab Frühjahr/Sommer 2008 realistisch. Eine genauere zeitliche Einordnung sei nicht möglich.
Die Beklagte beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Reutlingen vom 14.09.2011 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Klägerin hält den Gerichtsbescheid für überzeugend begründet. Sie habe die geringfügige Tätigkeit auf Grund erheblicher Schmerzen einstellen müssen und seinerzeit das Bein nachgezogen und Unterarmgehstützen benutzt. Rückblickend stelle sich der Verlauf ihrer Erkrankung so dar, dass die Metastasierung viel zu spät erkannt worden sei. Dem habe das Sozialgericht völlig zutreffend Rechnung getragen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten und die Gerichtsakten beider Rechtszüge verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß den §§ 143, 144, 151 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässige Berufung der Beklagten ist zulässig und begründet.
Gegenstand des Verfahrens ist der Bescheid der Beklagten vom 23.06.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 11.05.2010 und damit die Frage, ob die Klägerin auf Grund ihres Antrags vom 03.06.2009 ab 01.06.2009 - so die sinngemäß vom Sozialgericht vorgenommene Auslegung des Antrags der Klägerin und die von der Klägerin nicht angegriffene Verurteilung der Beklagten durch das Sozialgericht - einen Anspruch auf die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung hat. Ohne Bedeutung hierfür sind die vorangegangenen, bestandskräftig gewordenen Rentenablehnungen, zuletzt im Bescheid vom 06.05.2008. Mit diesen Bescheiden wurden lediglich die früheren Rentenanträge - bestandskräftig - abgelehnt. Bei einer Rentenablehnung erlangt jedoch allein der Verfügungssatz - Antragsablehnung - und nicht die maßgeblichen Begründungselemente (z.B. Eintritt Versicherungsfall, Vorliegen versicherungsrechtlicher Voraussetzungen) Bindungswirkung (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Auflage, § 77 Rdnr. 5b u. 5e).
Das Sozialgericht hat in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Gerichtsbescheids zutreffend die rechtlichen Grundlagen für die hier von der Klägerin beanspruchten Renten wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung (§ 43 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch - SGB VI) und die für die Prüfung der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen maßgeblichen Vorschriften (§§ 43, 53, 55, 241 SGB VI) dargelegt. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird darauf Bezug genommen.
Der Senat kann sich jedoch im Unterschied zum Sozialgericht nicht davon überzeugen, dass bei der Klägerin zum Zeitpunkt der letztmaligen Erfüllung der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen im Herbst 2007 zumindest eine teilweise Erwerbsminderung vorlag. Klarstellend weist der Senat darauf hin, dass die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nicht nur, wie vom Sozialgericht zu Grunde gelegt, bei einem Versicherungsfall im September 2007, sondern auch noch bei einem Versicherungsfall im Oktober 2007 erfüllt gewesen wären (vgl. Bl. 34 LSG-Akte).
Dr. B. hat - durchaus in Abweichung zum Verwaltungsgutachten von Dr. M. - für den Senat überzeugend dargelegt, dass eine rentenrelevante quantitative Leistungseinschränkung auch schon hinsichtlich leichter Tätigkeiten frühestens ab Frühjahr/Sommer 2008 als hinreichend sicher nachgewiesen angesehen werden kann. Für die Zeit davor kann dies den medizinischen Unterlagen nicht eindeutig und zweifelsfrei entnommen werden. Dies wäre angesichts der letztmalig im Oktober 2007 erfüllten versicherungsrechtlichen Voraussetzungen zur Begründung eines Rentenanspruchs der Klägerin aber erforderlich. Denn für das tatsächliche Vorliegen von Gesundheitsstörungen und ihre Auswirkungen auf die Arbeits- und Erwerbsfähigkeit trifft den Rentenbewerber die (objektive) Beweislast (BSG, Urteil vom 20.10.2004, B 5 RJ 48/03 R, dort speziell zu seelischen Störungen und ihrer Überwindbarkeit aus eigener Kraft). Mithin steht der Klägerin trotz der im Laufe des Jahres 2008 - unstreitig - eingetretenen Erwerbsminderung entgegen der Auffassung des Sozialgerichts ab dem 01.06.2009 (Monat der Antragstellung, § 99 Abs. 1 Satz 2 SGB VI) keine Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung zu. Der angefochtene Gerichtsbescheid ist daher aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Senat verkennt dabei nicht, dass die Beschwerdesymptomatik v.a. im Rücken- und Hüftbereich - auch nach den Angaben der Klägerin - schon im Jahr 2007 vermehrt auftrat. Dies wird insbesondere dadurch eindrücklich dokumentiert, dass in den Monaten März und April 2007 insgesamt elf Behandlungen beim Orthopäden Dr. M. stattfanden. Dies reicht indes nicht aus, um den Senat von einer bereits damals bzw. spätestens im Oktober 2007 eingetretenen dauerhaften Erwerbsminderung zu überzeugen. Dagegen spricht insbesondere, dass die Klägerin im Juli 2007 gegenüber Dr. E. von einer weitgehenden Beschwerdefreiheit berichtete, eine ähnlich engmaschige Behandlung wie im März/April 2007 nachfolgend (bis Ende 2007) nicht dokumentiert ist und die Klägerin bis Dezember 2007 der geringfügigen Beschäftigung als Servicekraft in einem Café nachging.
Dabei misst der Senat der Frage, wann ossäre Metastasen nachgewiesen wurden, letztlich nicht die streitentscheidende Bedeutung zu. Soweit Dr. B. im Klageverfahren noch eingewandt hat, bei einem Knochenszintigramm handle es sich um ein sehr sensitives Verfahren, hat er im Berufungsverfahren zutreffend klargestellt, dass für die Leistungseinschätzung nicht so sehr Ergebnisse technischer Untersuchungen, wie beispielsweise Knochenszintigramme, entscheidend sind, sondern klinische Untersuchungsbefunde und zusätzlich eventuell hiermit korrelierende subjektive Beschwerden.
Selbst wenn hier, wie von Dr. E. , Prof. Dr. M. und sinngemäß auch von Dr. P. vertreten, rückblickend bereits im Jahr 2007 von einer (beginnenden) ossären Metastasierung ausgegangen würde, reichte dies für die sichere Annahme einer bereits damals eingetretenen rentenrelevanten Leistungsminderung mithin nicht aus. Denn - so Dr. B. - weder der (erstinstanzlichen) sachverständigen Zeugenaussage und dem Attest des Hausarztes Dr. B. vom Januar 2011 noch den beiden (erstinstanzlichen) sachverständigen Zeugenaussagen des Frauenarztes Dr. E. lassen sich nachvollziehbare klinische Untersuchungsbefunde, aus denen sich eine dauerhafte rentenrelevante zeitliche Leistungseinschränkung hinsichtlich leichter Tätigkeiten bereits für das Jahr 2007 herleiten ließe, entnehmen. Vielmehr hat Dr. E. nach der Dokumentation weitgehender Beschwerdefreiheit im Juli 2007 noch im November 2007 lediglich rezidivierende - mithin (noch) nicht dauerhafte - Lumbalgien und Beschwerden im Bereich beider Hüften erwähnt. Dementsprechend fehlt es - wie Dr. B. zu Recht eingewandt hat - für die von Prof. Dr. M. letztlich allein auf das eben genannte Attest von Dr. B. gestützte Annahme eines Leistungsfalls im Jahr 2007 an einer hinreichend objektivierten Grundlage. Das Attest von Dr. B. beinhaltet schon im Ansatz keine für den Senat nachvollziehbare Argumentation.
Das Fehlen ausreichend objektivierter Befunde (im Jahr 2007) kann vorliegend auch nicht durch ein Abstellen auf Beschwerdeangaben der Klägerin ausgeglichen werden. Zwar sind hier durchaus Beschwerdeangaben bereits für die Zeit bis Oktober 2007 dokumentiert (z.B. gegenüber Dr. M. über seit 2004 "verschärfte" Rückenbeschwerden; gegenüber Dr. M. im Mai 2005 über Beschwerden am linken Becken; gegenüber Dr. P. im September 2008 über Beschwerden "seit einem Jahr"). Im Wesentlichen hat die Klägerin eine (deutliche) Verschlechterung, wie von Dr. B. zutreffend herausgearbeitet, jedoch erst ab dem Frühjahr/Sommer 2008 beschrieben (z.B. gegenüber dem Chefarzt der Strahlenklinik Dr. M. im Oktober 2008 "seit drei Monaten zunehmende Schmerzen"; s. auch Entlassungsbericht von Prof. Dr. S. nach der Rehabilitation im Januar 2009). Dieser Zeitpunkt lässt sich - so Dr. B. - zudem sehr gut mit dem szintigraphischen Befund vom September 2008 in Einklang bringen. Auch im Widerspruchsverfahren argumentierte die Klägerin in Kenntnis der Problematik betreffend die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen lediglich mit einem Anfang 2008 eingetretenen Leistungsfall. Im Übrigen stehen der Annahme einer bereits seit den gehäuften Behandlungen bei Dr. M. im März/April 2007 vorliegenden kontinuierlichen dauerhaften Verschlechterung die anamnestischen Angaben der Klägerin vom 05.07.2007 gegenüber Dr. E. entgegen. Damals gab sie an, im Wesentlichen beschwerdefrei zu sein. Die rezidivierenden Schmerzen im rechten Unterarm sowie die Parästhesien hätten sich deutlich gebessert und es bestünden nur noch gelegentlich Schmerzen im Bereich des rechten Beines. Der vom Sozialgericht vorgenommenen Beurteilung des Leistungsvermögens im zeitlichen Längsschnitt mit einem Leistungsfall spätestens im September 2007 kann daher nicht gefolgt werden.
Durchgreifende Bedenken an einer bereits im Jahr 2007 eingetretenen rentenrelevanten Leistungsminderung ergeben sich zudem aus dem Umstand, dass die Klägerin bis Dezember 2007 einer Tätigkeit als Kellnerin in einem Café nachging. Zwar spricht hier bereits auf der Grundlage des Gutachtens von Dr. M. viel dafür, dass diese Tätigkeit nicht leidensgerecht war. Das Anforderungsprofil dieser Tätigkeit war - auch unter Berücksichtigung ihres zeitlich nur geringfügigen Umfangs an zwei Nachmittagen die Woche - jedoch deutlich ungünstiger als das einer leichten (überwiegend im Sitzen ausgeübten) Tätigkeit. Maßstab für den Eintritt einer vollen oder teilweisen Erwerbsminderung ist aber bei der Klägerin, der angesichts ihres Alters (Geburt nach dem 01.01.1961) kein Berufsschutz zusteht (§ 240 SGB VI), eine solche leichte Tätigkeit. Aus der von Dr. E. - im Übrigen erst nach "Auslaufen" der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen - im November 2007 attestierten gesundheitlichen Überforderung durch die Tätigkeit in der Gastronomie kann gerade nicht auf die Unfähigkeit geschlossen werden, einer leichten beispielsweise sitzenden Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich nachzugehen. Mithin kann auf dieses Attest die Annahme des Eintritts einer zumindest teilweisen Erwerbsminderung nicht gestützt werden. Die tatsächliche Berufsausübung bis Mitte Dezember 2007 ist vielmehr schon allein auf Grund der ungünstigen und letztlich bewältigten Arbeitspositionen (ständiges Gehen oder Stehen), selbst wenn eine gesundheitliche Überforderung unterstellt wird und obwohl der Senat im Unterschied zu Dr. B. nicht davon ausgeht, dass die Klägerin zudem schwer tragen musste, ein gewichtiges Indiz dafür, dass bis Oktober 2007 eine leichte sitzende Tätigkeit noch mindestens sechs Stunden täglich ohne gesundheitliche Überforderung hätte verrichtet werden können.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Die Klage wird abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt die Gewährung einer Erwerbsminderungsrente.
Der Versicherungsverlauf der am 1961 geborenen, in der Vergangenheit in der Gastronomie tätigen Klägerin weist verschiedene Lücken auf, u.a. wegen einer selbstständigen Tätigkeit von 2000 bis 2002 sowie ab Oktober 2005. Hinsichtlich der von der Klägerin zurückgelegten versicherungsrechtlichen Zeiten im Einzelnen wird auf den dem Bescheid vom 23.06.2009 beigefügten Versicherungsverlauf Bezug genommen. Im Februar 2004 wurde bei der Klägerin erstmalig eine Krebserkrankung an der rechten Brust festgestellt. Es erfolgten Operation, Chemotherapie und Bestrahlungen. Ein im zeitlichen Zusammenhang damit gestellter Rentenantrag blieb erfolglos. Im Oktober 2005 nahm die Klägerin eine geringfügige Beschäftigung als Servicekraft in einem inhabergeführten Konditorei-Café auf. Sie arbeitete an zwei Nachmittagen die Woche für jeweils ca. sechs Stunden (Angaben der Klägerin M1 VA, Bl. 26 LSG-Akte).
Im Mai 2005 berichtete die Klägerin bei ihrer ambulanten Vorstellung im S.-B.-Klinikum Villingen-Schwenningen u.a. über rezidivierende Schmerzen im linken Becken (Arztbrief des Chefarztes der Klinik für Strahlentherapie und Radioonkologie PD Dr. M. vom 23.05.2005 M1 VA). Bei der im August 2005 durchgeführten Skelettszintigraphie ergaben sich keine Hinweise auf eine ossäre Metastasierung (Arztbrief des Radiologen Dr. L. Bl. 71 SG-Akte). Im März 2007 suchte die Klägerin den Facharzt für Orthopädie Dr. M. sieben Mal, im April 2007 vier Mal und im November 2007 zwei Mal zur Behandlung, die unter den Diagnosen Cervicobrachialgie und Lendenwirbelsäulenschmerzen erfolgte, auf (Arztbrief vom 27.03.2007 nach M1 VA, Zusammenfassung der Behandlungsdaten nach M9 VA). Bei einer Vorsprache beim Frauenarzt Dr. E. am 05.07.2007 berichtete die Klägerin, im Wesentlichen beschwerdefrei zu sein (Arztbrief vom 10.07.2007 nach M2 VA). Ein am 17.07.2007 erstelltes Ganzkörperknochenszintigramm ergab wiederum keinen Anhalt für Knochenmetastasen (Arztbrief vom 17.07.2007 nach M2 VA). Anlässlich der Vorsprache am 15.11.2007 empfahl Dr. E. der Klägerin wegen körperlicher Überlastung die Aufgabe ihrer (geringfügigen) Tätigkeit (Bl. 91 SG-Akte).
Zum 12.12.2007 stellte die Klägerin ihre Tätigkeit ein (Bl. 26 LSG-Akte).
Am 27.03.2008 beantragte die Klägerin erneut die Gewährung einer Erwerbsminderungsrente. Bei der Begutachtung durch den Internisten Dr. M. gab sie am 02.05.2008 an, ihr Hauptproblem seien Kreuzschmerzen, sie habe im Steißbeinbereich Gelenkbeschwerden und bekomme deswegen Spritzen. Ähnliche Beschwerden habe sie schon vor der Brusterkrankung durch ihre Tätigkeit in der Gastronomie gehabt. Sie hätten sich dann nach der Operation im Jahr 2004 verschärft. Dr. M. beschrieb Schwierigkeiten der Klägerin beim Umlagern ihres Körpers zu den einzelnen Untersuchungspositionen und ein mühsames Wiederaufrichten bei Prüfung des Finger-Boden-Abstands. Die Klägerin habe ziemlich schmerzgeplagt gewirkt. Eine Tätigkeit als Kellnerin hielt Dr. M. nur noch drei bis unter sechs Stunden täglich für möglich, ging im Übrigen jedoch davon aus, dass die Klägerin leichte Tätigkeiten im Wechsel zwischen Stehen, Sitzen und Gehen, ohne häufiges Bücken, ohne häufige Zwangshaltungen der Lendenwirbelsäule und nicht in Hitze und angesichts einer schon lange bestehenden nahezu völligen Erblindung des rechten Auges ohne besondere Anforderungen an das stereoskopische Sehen in der Nähe für mindestens sechs Stunden täglich verrichten könne. Er diagnostizierte rezidivierende Lumboischialgien links bei nachgewiesenem kleinen Bandscheibenvorfall L5/S1 ohne Nervenwurzelkontakt (s. Arztbrief des Radiologen Liebl vom 03.01.2008 nach M2 VA) sowie einen Zustand nach Brustkrebs rechts ohne Hinweis auf Rezidiv oder Metastasen und derzeit ohne Lymphödem. Mit Bescheid vom 06.05.2008 lehnte die Beklagte den Rentenantrag der Klägerin vom 27.03.2008 bestandskräftig ab.
Am 15.07.2008 wurde die Klägerin in reduziertem Allgemeinzustand zu einer ambulanten muskuloskelettalen Rehabilitation im Wellness- und Gesundheitszentrum S. aufgenommen (Arztbrief des Facharztes für Orthopädie/Chirotherapie Dr. E. Bl. 79 SG-Akte). Am 19.09.2008 sprach sie beim Neurochirurgen Dr. P. vor und berichtete ihm, seit einem Jahr Kreuzschmerzen mit Ausstrahlung in die linke Beinvorderseite bis in Kniehöhe, manchmal bis zu den Zehen zu haben. Die Rotation im Hüftgelenk zeigte sich Dr. P. extrem schmerzhaft. Dr. P. kam zu dem Ergebnis, dass sich sämtliche Beschwerden am ehesten auf das linke Hüftgelenk beziehen (Bl. 78 SG-Akte).
Sodann ergab eine am 29.09.2008 durchgeführte Ganzkörperskelettszintigraphie im Bereich der linken Darmbeinschaufel sowie der Hüftpfanne links einen dringenden Verdacht auf eine Knochenmetastasierung. Der Verdacht bestätigte sich bei der histologischen Untersuchung des im Rahmen einer Punktion am 15.10.2008 gewonnenen Knochenmaterials aus dem os ilium. Diese bestanden vollständig aus Tumorgewebe (Arztbriefe der Klinik für Frauenheilkunde, des Instituts für Pathologie des S.-B.-Klinikums und der Klinik für Strahlentherapie und Radioonkologie vom 16., 17. und 21.10.2008 in der Reha-Zweitakte). Im Januar 2009 fand eine stationäre Rehabilitationsmaßnahme statt (Entlassungsbericht von Prof. Dr. S. in der Reha-Zweitakte). Nachfolgend kam es zu einer weiteren ausgeprägten ossären Metastasierung.
Am 03.06.2009 beantragte die Klägerin wiederum die Gewährung einer Erwerbsminderungsrente. Diesen Antrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 23.06.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 11.05.2010 ab. Zwar könne die Klägerin seit dem 29.09.2008 nur noch unter drei Stunden täglich arbeiten. Zu diesem Zeitpunkt und auch zu dem von der Klägerin im Widerspruchsverfahren geltend gemachten früheren Leistungsfall Anfang des Jahres 2008 seien jedoch die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die Gewährung einer Erwerbsminderungsrente nicht (mehr) erfüllt.
Deswegen hat die Klägerin am 09.06.2010 beim Sozialgericht Reutlingen Klage erhoben. Das Sozialgericht hat die behandelnden Ärzte schriftlich als sachverständige Zeugen befragt. Der Facharzt für Allgemeinmedizin Dr. B. hat von einer deutlichen Progression der Erkrankung seit Mai 2010 berichtet. In einem von der Klägerin vorgelegten Attest hat er eine leichte körperliche Arbeit mit sechs Stunden pro Arbeitstag bei einer Fünftagewoche seit Juni 2007 auf Grund der bis dahin noch nicht nachgewiesenen Knochenmetastasierung, die eine Belastungseinschränkung der Wirbelsäule und Schmerzen des Bewegungsapparats verursachten, nicht mehr für möglich erachtet (Bl. 23 und 90 SG-Akte). Der Arzt für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie im Schmerztherapiezentrum V. Dr. D. hat von Behandlungen der Klägerin ab Februar 2010 berichtet. Dr. E. hat ausgeführt, dass im Nachhinein bereits im Jahr 2007 vom Vorliegen einer ossären Metastasierung ausgegangen werden müsse. Hierdurch sei in der Nachbetrachtung eine Einschränkung der Arbeitsfähigkeit gegeben gewesen, wobei angesichts der progredienten Tumorerkrankung körperliche Arbeit von mindestens sechs Stunden täglich nicht mehr möglich gewesen sei (Bl. 58 und 92 SG-Akte). Dr. M. hat eine seit September 2008 wesentliche Verschlechterung des allgemeinen Zustandes der Klägerin beschrieben.
Ferner hat das Sozialgericht das Gutachten des Ärztlichen Direktors der Medizinischen Universitätsklinik F. , Abteilung Innere Medizin I, Schwerpunkt Hämatologie und Onkologie, Prof. Dr. M. eingeholt. Dieser ist zu der Auffassung gelangt, dass die Klägerin in ihrem Leistungsvermögen spätestens seit September 2007 auch zeitlich rentenrelevant eingeschränkt sei. Er hat sich dazu auf die Ausführungen von Dr. B. bezogen und bestätigt, dass, nachdem die Therapieversuche hinsichtlich der Beschwerdesymptomatik im Bereich der Wirbelsäule im Jahr 2007 ohne Erfolg geblieben seien, rückblickend bereits vom Vorliegen einer ossären Metastasierung ausgegangen werden müsse. Hierdurch sei in der Nachbetrachtung eine körperliche Arbeit von mindestens sechs Stunden täglich nicht mehr möglich gewesen.
Für den Sozialmedizinischen Dienst der Beklagten hat Dr. B. mehrmals Stellung genommen und zuletzt dem Gutachten von Prof. Dr. M. widersprochen. Der Befund der Szintigraphie vom Juli 2007 sei eindeutig. Bei einem Knochenszintigramm handle es sich um ein sehr sensitives Verfahren. Prof. Dr. M. äußere Spekulationen. Ein Leistungsfall im September 2007 lasse sich nicht zweifelsfrei belegen.
Mit Gerichtsbescheid vom 14.09.2011 hat das Sozialgericht die Beklagte unter Aufhebung der angefochtenen Bescheide verurteilt, der Klägerin Rente wegen voller Erwerbsminderung dem Grunde nach ab 01.06.2009 bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze zu gewähren. Unter Darstellung des Versicherungsverlaufs ist das Sozialgericht, wie von der Beklagten ausdrücklich bestätigt (Bl. 17, 83 SG-Akte), davon ausgegangen, dass die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung letztmalig im September 2007 erfüllt waren. Nach dem Gutachten von Prof. Dr. M. sowie den sachverständigen Zeugenaussagen von Dr. B. und Dr. E. hat für das Sozialgericht festgestanden, dass die Klägerin seit September 2007 (und fortlaufend) wegen ihrer progredienten Tumorerkrankung in ihrer Leistungsfähigkeit rentenrelevant eingeschränkt sei. Dabei hat es dahingestellt bleiben lassen, ob die Klägerin zunächst noch ein zeitliches Leistungsvermögen von über drei, aber unter sechs Stunden aufwies und sich erst im weiteren Verlauf eine weitere Einschränkung auf unter drei Stunden pro Arbeitstag ergab. Maßgeblich für die Frage der Erwerbsminderung seien die Gesundheitsstörungen auf dem onkologischen Fachgebiet. Insoweit ist das Sozialgericht für die Zeit seit September 2007 vom Vorliegen eines ossär metastasierenden Mammakarzinoms rechts ausgegangen. Es sei zwar zutreffend, dass die Ganzkörperknochenszintigraphie vom Juli 2007 keinen Anhalt für Knochenmetastasen ergeben habe, nach den Darlegungen von Prof. Dr. M. belege dies jedoch nicht, dass sich nicht doch bereits im Laufe des Jahres 2007 Metastasen entwickelt hätten. Der gerichtliche Sachverständige berücksichtige für seine Feststellung und Beurteilung des Leistungsvermögens der Klägerin die insgesamt vorliegenden ärztlichen Unterlagen im zeitlichen Längsschnitt, wobei er insbesondere darauf verwiesen habe, dass wiederholt Konsultationen der Klägerin bei Ärzten stattfanden, bei denen sie Schmerzen im Rücken- und Hüftbereich und eine Einschränkung der Gehfähigkeit angab. Die verrichtete Teilzeittätigkeit ergebe keine Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin tatsächlich in der Lage gewesen sei, mindestens sechs Stunden pro Arbeitstag erwerbstätig zu sein.
Gegen den ihr am 22.09.2011 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Beklagte am 07.10.2011 Berufung eingelegt. Die Beklagte trägt vor, Dr. B. habe seine Auskunft sehr vage abgefasst. Sie stehe im Widerspruch dazu, dass er im Oktober 2010 eine deutliche Progression und einen deutlichen Rückgang der Belastungsfähigkeit attestiert habe. Dr. E. habe lediglich subjektive Beschwerdeangaben mitgeteilt und eine spekulative Annahme geäußert. Prof. Dr. M. habe im Hinblick auf den Zeitpunkt des Eintritts des Leistungsfalls allein die Ausführungen von Dr. B. wiederholt, ohne diese kritisch zu würdigen. Dies habe auch das Sozialgericht unterlassen. Eine rentenrelevante Leistungsminderung bereits seit September 2007 sei nicht mit der erforderlichen an Gewissheit grenzenden Wahrscheinlichkeit bewiesen. Dabei sei auch zu bedenken, dass die Klägerin noch bis Dezember 2007 zwei Tage in der Woche sechs Stunden lang in einem Café bedient habe. Dies stelle ihre Leistungsfähigkeit unter Beweis. Die Beklagte hat eine sozialmedizinische Stellungnahme von Dr. B. vorgelegt. Dieser hat ausgeführt, bei einer Tätigkeit im Servicebereich der Gastronomie handle es sich sicherlich um keine leichte Tätigkeit, sondern vielmehr um eine zumindest mittelschwere, wenn nicht gar schwere Tätigkeit mit zumindest teilweise schwerem Heben und Tragen (beispielsweise von Speisen). Bereits bei der Begutachtung im Mai 2008 sei davon ausgegangen worden, dass diese Tätigkeit von der Klägerin seit Februar 2004 höchstens drei bis unter sechs Stunden verrichtet werden könne. Im Einklang damit stünde die Auffassung von Dr. E. , dass die Klägerin durch diesen Beruf körperlich überlastet war. Zum Leistungsvermögen hinsichtlich leichter Tätigkeiten habe sich Dr. E. jedoch im Bericht vom 21.11.2007 nicht geäußert. Er habe auch nur rezidivierende Lumbalgien und Beschwerden im Bereich beider Hüften erwähnt. Von anhaltenden Beschwerden sei keine Rede gewesen. Bei der Behandlung in der Strahlenklinik des Krankenhauses V. habe die Klägerin im Oktober 2008 nur von zunehmenden Schmerzen seit drei Monaten berichtet. Auch im Entlassungsbericht nach der Rehabilitation im Januar 2009 werde nur von im Frühjahr/Sommer 2008 zunehmenden Schmerzen gesprochen. Nach den eigenen Angaben der Klägerin seien damit anhaltende und nicht mehr nur wiederkehrend auftretende Schmerzen erst ab Frühjahr/Sommer 2008 und nicht bereits ab dem Jahr 2007 aufgetreten. Dies lasse sich sehr gut mit dem szintigraphischen Befund vom September 2008 in Einklang bringen. Ferner hat Dr. B. vom Berichterstatter geäußerte Bedenken hinsichtlich einer stichtagsmäßigen Feststellung eines zeitlich auf unter drei Stunden täglich herabgesunkenen Leistungsvermögen mit dem Tag der Feststellung der Metastasen im September 2008 zugestimmt, jedoch ausgeführt, dass sich in den Berichten der behandelnden Ärzte keine ausführlichen klinischen Untersuchungsbefunde, aus denen sich eine rentenrelevante quantitative Leistungsminderung hinsichtlich leichter Tätigkeiten bereits für das Jahr 2007 entnehmen ließe, fänden. Eine solche Leistungseinschränkung auch schon hinsichtlich leichter Tätigkeiten erscheine auf Grund der eigenen Angaben der Klägerin erst ab Frühjahr/Sommer 2008 realistisch. Eine genauere zeitliche Einordnung sei nicht möglich.
Die Beklagte beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Reutlingen vom 14.09.2011 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Klägerin hält den Gerichtsbescheid für überzeugend begründet. Sie habe die geringfügige Tätigkeit auf Grund erheblicher Schmerzen einstellen müssen und seinerzeit das Bein nachgezogen und Unterarmgehstützen benutzt. Rückblickend stelle sich der Verlauf ihrer Erkrankung so dar, dass die Metastasierung viel zu spät erkannt worden sei. Dem habe das Sozialgericht völlig zutreffend Rechnung getragen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten und die Gerichtsakten beider Rechtszüge verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß den §§ 143, 144, 151 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässige Berufung der Beklagten ist zulässig und begründet.
Gegenstand des Verfahrens ist der Bescheid der Beklagten vom 23.06.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 11.05.2010 und damit die Frage, ob die Klägerin auf Grund ihres Antrags vom 03.06.2009 ab 01.06.2009 - so die sinngemäß vom Sozialgericht vorgenommene Auslegung des Antrags der Klägerin und die von der Klägerin nicht angegriffene Verurteilung der Beklagten durch das Sozialgericht - einen Anspruch auf die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung hat. Ohne Bedeutung hierfür sind die vorangegangenen, bestandskräftig gewordenen Rentenablehnungen, zuletzt im Bescheid vom 06.05.2008. Mit diesen Bescheiden wurden lediglich die früheren Rentenanträge - bestandskräftig - abgelehnt. Bei einer Rentenablehnung erlangt jedoch allein der Verfügungssatz - Antragsablehnung - und nicht die maßgeblichen Begründungselemente (z.B. Eintritt Versicherungsfall, Vorliegen versicherungsrechtlicher Voraussetzungen) Bindungswirkung (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Auflage, § 77 Rdnr. 5b u. 5e).
Das Sozialgericht hat in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Gerichtsbescheids zutreffend die rechtlichen Grundlagen für die hier von der Klägerin beanspruchten Renten wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung (§ 43 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch - SGB VI) und die für die Prüfung der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen maßgeblichen Vorschriften (§§ 43, 53, 55, 241 SGB VI) dargelegt. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird darauf Bezug genommen.
Der Senat kann sich jedoch im Unterschied zum Sozialgericht nicht davon überzeugen, dass bei der Klägerin zum Zeitpunkt der letztmaligen Erfüllung der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen im Herbst 2007 zumindest eine teilweise Erwerbsminderung vorlag. Klarstellend weist der Senat darauf hin, dass die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nicht nur, wie vom Sozialgericht zu Grunde gelegt, bei einem Versicherungsfall im September 2007, sondern auch noch bei einem Versicherungsfall im Oktober 2007 erfüllt gewesen wären (vgl. Bl. 34 LSG-Akte).
Dr. B. hat - durchaus in Abweichung zum Verwaltungsgutachten von Dr. M. - für den Senat überzeugend dargelegt, dass eine rentenrelevante quantitative Leistungseinschränkung auch schon hinsichtlich leichter Tätigkeiten frühestens ab Frühjahr/Sommer 2008 als hinreichend sicher nachgewiesen angesehen werden kann. Für die Zeit davor kann dies den medizinischen Unterlagen nicht eindeutig und zweifelsfrei entnommen werden. Dies wäre angesichts der letztmalig im Oktober 2007 erfüllten versicherungsrechtlichen Voraussetzungen zur Begründung eines Rentenanspruchs der Klägerin aber erforderlich. Denn für das tatsächliche Vorliegen von Gesundheitsstörungen und ihre Auswirkungen auf die Arbeits- und Erwerbsfähigkeit trifft den Rentenbewerber die (objektive) Beweislast (BSG, Urteil vom 20.10.2004, B 5 RJ 48/03 R, dort speziell zu seelischen Störungen und ihrer Überwindbarkeit aus eigener Kraft). Mithin steht der Klägerin trotz der im Laufe des Jahres 2008 - unstreitig - eingetretenen Erwerbsminderung entgegen der Auffassung des Sozialgerichts ab dem 01.06.2009 (Monat der Antragstellung, § 99 Abs. 1 Satz 2 SGB VI) keine Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung zu. Der angefochtene Gerichtsbescheid ist daher aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Senat verkennt dabei nicht, dass die Beschwerdesymptomatik v.a. im Rücken- und Hüftbereich - auch nach den Angaben der Klägerin - schon im Jahr 2007 vermehrt auftrat. Dies wird insbesondere dadurch eindrücklich dokumentiert, dass in den Monaten März und April 2007 insgesamt elf Behandlungen beim Orthopäden Dr. M. stattfanden. Dies reicht indes nicht aus, um den Senat von einer bereits damals bzw. spätestens im Oktober 2007 eingetretenen dauerhaften Erwerbsminderung zu überzeugen. Dagegen spricht insbesondere, dass die Klägerin im Juli 2007 gegenüber Dr. E. von einer weitgehenden Beschwerdefreiheit berichtete, eine ähnlich engmaschige Behandlung wie im März/April 2007 nachfolgend (bis Ende 2007) nicht dokumentiert ist und die Klägerin bis Dezember 2007 der geringfügigen Beschäftigung als Servicekraft in einem Café nachging.
Dabei misst der Senat der Frage, wann ossäre Metastasen nachgewiesen wurden, letztlich nicht die streitentscheidende Bedeutung zu. Soweit Dr. B. im Klageverfahren noch eingewandt hat, bei einem Knochenszintigramm handle es sich um ein sehr sensitives Verfahren, hat er im Berufungsverfahren zutreffend klargestellt, dass für die Leistungseinschätzung nicht so sehr Ergebnisse technischer Untersuchungen, wie beispielsweise Knochenszintigramme, entscheidend sind, sondern klinische Untersuchungsbefunde und zusätzlich eventuell hiermit korrelierende subjektive Beschwerden.
Selbst wenn hier, wie von Dr. E. , Prof. Dr. M. und sinngemäß auch von Dr. P. vertreten, rückblickend bereits im Jahr 2007 von einer (beginnenden) ossären Metastasierung ausgegangen würde, reichte dies für die sichere Annahme einer bereits damals eingetretenen rentenrelevanten Leistungsminderung mithin nicht aus. Denn - so Dr. B. - weder der (erstinstanzlichen) sachverständigen Zeugenaussage und dem Attest des Hausarztes Dr. B. vom Januar 2011 noch den beiden (erstinstanzlichen) sachverständigen Zeugenaussagen des Frauenarztes Dr. E. lassen sich nachvollziehbare klinische Untersuchungsbefunde, aus denen sich eine dauerhafte rentenrelevante zeitliche Leistungseinschränkung hinsichtlich leichter Tätigkeiten bereits für das Jahr 2007 herleiten ließe, entnehmen. Vielmehr hat Dr. E. nach der Dokumentation weitgehender Beschwerdefreiheit im Juli 2007 noch im November 2007 lediglich rezidivierende - mithin (noch) nicht dauerhafte - Lumbalgien und Beschwerden im Bereich beider Hüften erwähnt. Dementsprechend fehlt es - wie Dr. B. zu Recht eingewandt hat - für die von Prof. Dr. M. letztlich allein auf das eben genannte Attest von Dr. B. gestützte Annahme eines Leistungsfalls im Jahr 2007 an einer hinreichend objektivierten Grundlage. Das Attest von Dr. B. beinhaltet schon im Ansatz keine für den Senat nachvollziehbare Argumentation.
Das Fehlen ausreichend objektivierter Befunde (im Jahr 2007) kann vorliegend auch nicht durch ein Abstellen auf Beschwerdeangaben der Klägerin ausgeglichen werden. Zwar sind hier durchaus Beschwerdeangaben bereits für die Zeit bis Oktober 2007 dokumentiert (z.B. gegenüber Dr. M. über seit 2004 "verschärfte" Rückenbeschwerden; gegenüber Dr. M. im Mai 2005 über Beschwerden am linken Becken; gegenüber Dr. P. im September 2008 über Beschwerden "seit einem Jahr"). Im Wesentlichen hat die Klägerin eine (deutliche) Verschlechterung, wie von Dr. B. zutreffend herausgearbeitet, jedoch erst ab dem Frühjahr/Sommer 2008 beschrieben (z.B. gegenüber dem Chefarzt der Strahlenklinik Dr. M. im Oktober 2008 "seit drei Monaten zunehmende Schmerzen"; s. auch Entlassungsbericht von Prof. Dr. S. nach der Rehabilitation im Januar 2009). Dieser Zeitpunkt lässt sich - so Dr. B. - zudem sehr gut mit dem szintigraphischen Befund vom September 2008 in Einklang bringen. Auch im Widerspruchsverfahren argumentierte die Klägerin in Kenntnis der Problematik betreffend die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen lediglich mit einem Anfang 2008 eingetretenen Leistungsfall. Im Übrigen stehen der Annahme einer bereits seit den gehäuften Behandlungen bei Dr. M. im März/April 2007 vorliegenden kontinuierlichen dauerhaften Verschlechterung die anamnestischen Angaben der Klägerin vom 05.07.2007 gegenüber Dr. E. entgegen. Damals gab sie an, im Wesentlichen beschwerdefrei zu sein. Die rezidivierenden Schmerzen im rechten Unterarm sowie die Parästhesien hätten sich deutlich gebessert und es bestünden nur noch gelegentlich Schmerzen im Bereich des rechten Beines. Der vom Sozialgericht vorgenommenen Beurteilung des Leistungsvermögens im zeitlichen Längsschnitt mit einem Leistungsfall spätestens im September 2007 kann daher nicht gefolgt werden.
Durchgreifende Bedenken an einer bereits im Jahr 2007 eingetretenen rentenrelevanten Leistungsminderung ergeben sich zudem aus dem Umstand, dass die Klägerin bis Dezember 2007 einer Tätigkeit als Kellnerin in einem Café nachging. Zwar spricht hier bereits auf der Grundlage des Gutachtens von Dr. M. viel dafür, dass diese Tätigkeit nicht leidensgerecht war. Das Anforderungsprofil dieser Tätigkeit war - auch unter Berücksichtigung ihres zeitlich nur geringfügigen Umfangs an zwei Nachmittagen die Woche - jedoch deutlich ungünstiger als das einer leichten (überwiegend im Sitzen ausgeübten) Tätigkeit. Maßstab für den Eintritt einer vollen oder teilweisen Erwerbsminderung ist aber bei der Klägerin, der angesichts ihres Alters (Geburt nach dem 01.01.1961) kein Berufsschutz zusteht (§ 240 SGB VI), eine solche leichte Tätigkeit. Aus der von Dr. E. - im Übrigen erst nach "Auslaufen" der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen - im November 2007 attestierten gesundheitlichen Überforderung durch die Tätigkeit in der Gastronomie kann gerade nicht auf die Unfähigkeit geschlossen werden, einer leichten beispielsweise sitzenden Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich nachzugehen. Mithin kann auf dieses Attest die Annahme des Eintritts einer zumindest teilweisen Erwerbsminderung nicht gestützt werden. Die tatsächliche Berufsausübung bis Mitte Dezember 2007 ist vielmehr schon allein auf Grund der ungünstigen und letztlich bewältigten Arbeitspositionen (ständiges Gehen oder Stehen), selbst wenn eine gesundheitliche Überforderung unterstellt wird und obwohl der Senat im Unterschied zu Dr. B. nicht davon ausgeht, dass die Klägerin zudem schwer tragen musste, ein gewichtiges Indiz dafür, dass bis Oktober 2007 eine leichte sitzende Tätigkeit noch mindestens sechs Stunden täglich ohne gesundheitliche Überforderung hätte verrichtet werden können.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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