L 5 KR 764/12

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 2 KR 5840/09
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 KR 764/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerinnen gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 17.01.2012 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Klägerinnen begehren die Kostenerstattung für die Durchführung einer Kopforthesenbehandlung, sog. Helmtherapie.

Die Klägerinnen sind Zwillinge und wurden 2008 geboren. Es lag bei ihnen im Juli 2009 eine lagebedingte Plagiocephalie vor. Beim Erstvorstellungstermin im Zentrum für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie des Universitätsklinikums T. am 22.07.2009 erfolgte die Datenakquisitation mittels 3 D-Scan. Nach ärztlicher Beratung und Information vereinbarten die Eltern mit dem Universitätsklinikum T. die Durchführung einer sog. Helmtherapie. Die Mutter der Klägerinnen unterzeichnete deshalb noch am 22.07.2009 einen Behandlungsvertrag. In diesem heißt es u.a., dass die Klinik mit den nachfolgend aufgeführten individuellen Gesundheitsleistungen (Eingliederung des Helms) beauftragt werde. Dem Patienten sie bekannt, dass die Durchführung der Maßnahme nicht zum Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung gehöre und deshalb die entstehenden Kosten vom Patienten selbst zu entrichten seien. An 05.08.2009 wurden die von der C. AG gefertigten Kopforthesen den Klägerinnen in der Universitätsklinik angepasst und mitgegeben. Insgesamt entstanden Behandlungskosten je Klägerin in Höhe von 717,68 EUR (Rechnungen der Universitätsklinik T. vom 14.08.2009 - überwiesen von der Mutter der Klägerinnen jeweils am 17.08.2009) und 1.177,00 EUR (Rechnungen der C. AG für die Kopforthese vom 05.08.2009 - überwiesen ebenfalls am 17.08.2009),

Am 21.08.2009 beantragte die Mutter der Klägerinnen bei der Beklagten die Erstattung der für die Helmtherapie entstandenen Kosten in Höhe von insgesamt 3.789,36 EUR.

Mit Bescheid vom 09.10.2009 lehnte die Beklagte diesen Antrag ab, da eine ärztliche Verordnung fehle, die Leistung nicht zum Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung gehöre und die erforderliche Kenntnisgabe an die Krankenkasse vor Inanspruchnahme der Leistungen unterblieben sei.

Die Mutter der Klägerinnen legte hiergegen Widerspruch ein und fügte eine ihr erst nach Erhalt des Ablehnungsbescheids übergebene, vom 05.08.2009 datierende Verordnung des Universitätsklinikums T. für Kopforthesen bei (vgl. Aussage der Mutter vor dem SG am 18.04.2011 -Bl. 35 SG-Akte). Ihr sei bewusst, dass diese Leistungen nicht zum Leitungskatalog gehörten. Von anderen Eltern wisse sie, dass diese Leitungen von den Krankenkassen übernommen würden. Die Erfolge der Behandlung würden ihr auch recht geben.

Mit Widerspruchsbescheid vom 07.12.2009 wies die Beklagte den Widerspruch zurück und begründete dies damit, dass die Kostenerstattung für die privatärztliche Behandlung nicht möglich sei, da keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich seien, dass eine Notfallsituation bestanden habe.

Die Klägerinnen haben ihr Begehren weiterverfolgt, am 28.12.2009 Klage beim Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhoben und zur Begründung vorgetragen, die Behandlung sei notwendig und auch erfolgreich gewesen. Die Mutter der Klägerinnen hat gegenüber dem SG angegeben, sie habe bei der Erstvorstellung in T. in einer Gesprächspause bei der Beklagten angerufen, dort aber die Auskunft erhalten, es werde ein Kostenvoranschlag benötigt. Die Klinik sei aber nicht bereit gewesen, einen Kostenvoranschlag zu unterbreiten. Auf Grund der drängenden Zeit habe sie dann den Vertrag über die Übernahme der Kosten unterschrieben.

Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten und beruft sich auf ihre Ausführungen im Widerspruchsbescheid.

Das SG hat die behandelnden Ärzte der Klägerinnen schriftlich als sachverständige Zeugen gehört. Prof. Dr. Dr. R./Priv.-Doz. Dr. Dr. K., Universitätsklinikum T. haben unter dem 21.04.2010 ausgeführt, dass die Helmtherapie aufgrund des fortgeschrittenen Alters der Klägerinnen möglichst schnell habe beginnen müssen. Der Zeitpunkt des optimalen Therapiebeginns sei schon um einen Monat überschritten worden. Das Wachstum des Schädels verlaufe während des ersten Lebensjahres rasant und verlangsame sich danach drastisch. Allerdings hätte eine Verzögerung des Therapiebeginns um 1 bis 2 Tage keine gesundheitlichen Nachteile zur Folge gehabt. Aus organisatorischen Gründen der Klinik wäre es aber bei einer Verschiebung des Beginns der Therapie zu einer Verzögerung von mindestens einer Woche gekommen.

Mit Urteil vom 17.01.2012 hat das SG die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, die zweite Alternative des § 13 Abs. 3 SGB V sei nicht erfüllt. Voraussetzung hierfür sei, dass die Krankenkasse die Leistungsgewährung vor der Selbstbeschaffung durch den Versicherten abgelehnt habe. Dies sei vorliegend jedoch nicht der Fall gewesen, denn die Mutter der Klägerinnen habe das Universitätsklinikum T. bereits mit der Durchführung der Helmtherapie beauftragt und die hierfür entstandenen Kosten entrichtet, bevor die Beklagte eine Entscheidung zur Kostenübernahme getroffen gehabt habe. Ein Kausalzusammenhang und damit eine Kostenerstattung schieden aus, wenn der Versicherte sich die streitige Behandlung außerhalb des vorgeschriebenen Beschaffungsweges selbst besorgt, ohne sich vorher mit seiner Krankenkasse ins Benehmen zu setzen und deren Entscheidung abzuwarten. Auch gegen das Vorliegen der ersten Alternative des Kostenerstattungsanspruchs - Unaufschiebbarkeit der Leistung - sprächen vorliegend einige Gesichtspunkte. Eine Leistung sei nur dann unaufschiebbar, wenn eine Leistungserbringung im Zeitpunkt ihrer tatsächlichen Durchführung so dringlich sei, dass aus medizinischer Sicht keine Möglichkeit eines nennenswerten Aufschubs bis zu einer Entscheidung der Krankenkasse mehr bestehe. Zwar stehe für die Korrektur der Schädelform aufgrund der Knochenstruktur des Kindes nur eine bestimmte Zeit zur Verfügung (vgl. dazu Regelsberger in: Pädiatrie hautnah 2007, 336/338). Dieser zeitliche Spielraum sei jedoch nicht so knapp bemessen, dass eine vorherige Antragstellung, die unproblematisch per Telefax hätte erfolgen können, nicht mehr zumutbar gewesen wäre. So hätten die behandelnden Ärzte der Klägerinnen auch ausgeführt, dass eine Verzögerung des Therapiebeginns um ein bis zwei Tage keine gesundheitlichen Nachteile für die Klägerinnen zur Folge gehabt hätte. Auch wenn der optimale Therapiebeginn bei den damals ca. sieben Monate alten Mädchen bereits um ca. einen Monat überschritten gewesen sei, sei für das Gericht nicht ersichtlich, dass bei Unschädlichkeit einer Verzögerung von ein bis zwei Tagen ein Zuwarten von einer Woche, um die sich nach Angabe der Klinik der Therapiebeginn verzögert hätte, für die Klägerinnen mit solchen gesundheitlichen Risiken verbunden gewesen wäre, dass ihnen dies nicht mehr hätte zugemutet werden können. In dieser Zeit hätte die Mutter der Klägerinnen aber auf die Ausstellung einer ärztlichen Verordnung und einer Aufstellung über die voraussichtlich entstehenden Kosten dringen können. Allein die telefonische Anfrage bei der Beklagten sei für die notwendige Antragstellung nicht ausreichend, da die Beklagte mangels vorliegender Unterlagen über die medizinische Notwendigkeit und die voraussichtlichen Kosten der geplanten Maßnahme nicht hinreichend in der Lage gewesen wäre, die Erforderlichkeit und Wirtschaftlichkeit der Leistungserbringung zu prüfen. Letztlich könne die Frage der Unaufschiebbarkeit der Therapiemaßnahme vorliegend aber offen bleiben, da die Voraussetzungen für einen Kostenerstattungsanspruch auch deshalb nicht erfüllt seien, weil dieser nicht weiter reiche als ein entsprechender Sachleistungsanspruch des Versicherten gegen seine Krankenkasse. Zu diesen Leistungen habe die streitgegenständliche Helmtherapie im Versorgungszeitpunkt nicht gehört. Neue Behandlungsmethoden dürften gemäß § 135 Abs. 1 Satz 1 SGB V in der vertragsärztlichen Versorgung nur dann zu Lasten der Krankenkassen erbracht werden, wenn der Gemeinsame Bundesausschuss in Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 SGB V eine positive Empfehlung über den diagnostischen und therapeutischen Nutzen der Methode abgegeben habe. Dies gelte allgemein für den Umfang der den Versicherten von den gesetzlichen Krankenkassen geschuldeten ambulanten Leistungen. Zur Helmtherapie habe der Gemeinsame Bundesausschuss indes bislang keine Empfehlung - weder positiv noch negativ - abgegeben. Die Kostenübernahme dieser Behandlungsmethode durch die gesetzlichen Krankenkassen scheide mithin grundsätzlich aus. Das Vorliegen eines Ausnahmefalles sei nicht ersichtlich. Die Annahme eines Systemmangels setze voraus, dass die für eine Überprüfung der Methode notwendigen formalen und inhaltlichen Voraussetzungen vorliegen. Hierzu gehöre grundsätzlich das Vorliegen eines entsprechenden Antrages beim Gemeinsamen Bundesausschuss. Machten die Antragsberechtigten jedoch von ihrem Antragsrecht pflichtwidrig keinen Gebrauch, sei allein darauf abzustellen, ob eine Überprüfung veranlasst gewesen wäre. Dies sei der Fall, wenn einer neuen Methode in der medizinischen Fachdiskussion bereits Gewicht - im Sinne einer tatsächlichen Verbreitung der Methode in der Praxis und in der fachlichen Diskussion - zukomme. Werde anhand dieser Kriterien ein Systemmangel bejaht, bedürfe es für eine ausnahmsweise bestehende Leistungspflicht der Krankenkasse darüber hinaus einer Versorgungslücke, mithin der Feststellung, dass der Gemeinsame Bundesausschuss verpflichtet gewesen wäre, eine positive Empfehlung für die in Rede stehende Behandlungsmethode abzugeben. Gemessen hieran bestünden vorliegend - zumindest für das Bestehen einer Versorgungslücke - keine Anhaltspunkte. Vielmehr stehe zur Überzeugung der Kammer fest, dass es derzeit keine hinreichend belastbaren wissenschaftlichen Studien gebe, die einen Vorteil der Helmtherapie gegenüber anderen konservativen Behandlungsmethoden, wie etwa Krankengymnastik und leidensgerechte Lagerung, belegen würden. Hierzu hat das Sozialgericht Aachen in seiner Entscheidung vom 18.11.2010 (a.a.O.) bereits ausgeführt, dass zur Helmtherapie zwar zahlreiche Studien und Veröffentlichungen publiziert würden, die deren Nutzen darstellten. Die Datenlage insgesamt sei aber als unsicher zu bezeichnen, wie auch eine 2008 von der University of Strathclyde, Glasgow, UK, durchgeführte Durchsicht der vorhandenen Studien ergeben habe (vgl. Mc Garry et. al., Head shape measurement standards an cranial orthoses in treatment of infants with deformational plagiocephaly, abstract abrufbar unter PubMed [18754893]). Andere Erkenntnisse liefere auch nicht der von der Mutter der Klägerinnen im Antragsverfahren vorgelegte Aufsatz "Lagebedingte Plagiozephalien - aktuelle diagnostische und therapeutische Aspekte" von Jan Regelsberger, veröffentlicht in der Zeitschrift "Pädiatrie hautnah" im Juni 2007. Der Autor führe dort ebenfalls auf Seite 343 aus, dass die Datenlage trotz zahlreicher Publikationen, die die Effektivität der Helmtherapie zu beweisen schienen, unsicher sei. Prospektiv und doppelblind durchgeführte Studien seien die Ausnahme. Aufgrund der derzeit veröffentlichten Datenlage sei nach alledem die Wirksamkeit der Helmtherapie zum Zeitpunkt ihrer Durchführung durch wissenschaftlich einwandfrei geführten Statistiken (noch) nicht belegt. Schließlich ergebe sich auch kein Anspruch unter Berücksichtigung der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung bei Vorliegen einer notstandsähnlichen Krankheitssituation. Einen Anspruch auf verfassungskonforme Leistungserweiterung könnten Versicherte nur wegen solcher Krankheiten geltend machen, die in absehbarer Zeit zum Verlust ihres Lebens oder eines wichtigen Organs oder einer herausragenden Körperfunktion führten. Diese Voraussetzungen seien hier nicht erfüllt.

Gegen dieses ihnen am 30.01.2012 zugestellte Urteil haben die Klägerinnen am 21.02.2012 Berufung beim Landessozialgericht eingelegt. Zur Berufungsbegründung haben sie auf ihr erstinstanzliches Vorbringen Bezug genommen sowie auf die Stellungnahme des Universitätsklinikums T ... Schließlich seien die Kopforthesen als Hilfsmittel verordnet worden, so dass die Kosten hierfür im Rahmen der Hilfsmittelgewährung zu übernehmen seien. Das Hilfsmittelverzeichnis des GKV-Spitzenverbandes enthalte zwar nicht die genannten Kopforthesen, das Hilfsmittelverzeichnis stelle aber auch keinen abschließenden Katalog der von den gesetzlichen Krankenkassen zu übernehmenden Hilfsmittel dar und besitze nur informatorischen Charakter. Hierzu legte ihr Bevollmächtigter eine entsprechende Auskunft des GBA vom 08.05.2012 vor. Auch das Gutachten der Expertengruppe des GKV-Spitzenverbandes beinhalte nur eine unverbindliche Empfehlung.

Die Klägerinnen beantragen, das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 17.01.2012 und den Bescheid der Beklagten vom 09.10.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 07.12.2009 aufzuheben sowie die Beklagte zu verurteilen, den Klägerinnen die Kosten der Kopforthesenbehandlungen in Höhe von insgesamt 3.789,36 EUR zu erstatten.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die angegriffene Entscheidung für zutreffend und ihren Bescheid für rechtmäßig. Sie hat die sozialmedizinische Stellungnahme ihrer beratenden Ärztin Dr. K. vom 04.07.2011 vorgelegt, wonach es sich bei der Schädelasymmetrie der Klägerinnen weder um eine tödliche oder lebensbedrohliche noch um eine wertungsmäßig gleichstehende Erkrankung handele. Bei der Helmtherapie handele es sich nicht um ein Hilfsmittel im eigentlichen Sinne, sondern um eine Therapiemaßnahme, zu der der GBA bisher nicht Stellung genommen habe.

Der Senat hat aus einem Parallelverfahren das Rundschreiben des GKV Spitzenverbandes Bund vom 13. Juli 2011 beigezogen. Darin wird das Gutachten der "Sozialmedizinischen Expertengruppe (SEG 5) - Hilfsmittel und Medizinprodukte" wiedergegeben. Die Sachverständigen ziehen dabei insbesondere den Krankheitswert von Schädelasymmetrien in Zweifel; eine lagerungsbedingte Schädelasymmetrie ziehe keine weiteren Gesundheitsstörungen/Beeinträchtigungen nach sich. Ausmaß und Erscheinungsbild einer Schädelasymmetrie unterlägen, wie jede kosmetische Deformität, primär einer subjektiven Bewertung durch die Eltern, die Familie und den behandelnden Arzt. Schwellenwerte für eine Indikationsstellung gäbe es nicht. Bisher lägen weder vergleichende Studien mit anderen Behandlungsmethoden (konsequente Physiotherapie, Lagerungsbehandlungen) vor noch aussagekräftige Studien mit einer angemessenen Nachbeobachtungszeit etwa von zwei Jahren.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten der Beklagten, der Gerichtsakten des SG und der Berufungsakten des Senats Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Klägerinnen ist gem. §§ 143, 144, 151 SGG statthaft und auch sonst zulässig, aber nicht begründet. Die Beklagte hat es zu Recht abgelehnt, ihnen die Kosten für die Kopforthesen zu gewähren.

I. Die Voraussetzungen für den geltend gemachten Kostenerstattungsanspruch als Ausnahme vom Sachleistungsprinzip liegen nicht vor. Dies gilt zunächst für die Kosten der als Hilfsmittel verordneten Kopforthesen.

Die Gewährung eines Hilfsmittels zu Lasten einer Krankenkasse setzt eine vertragsärztliche Verordnung voraus. Ein Hilfsmittel wird als Sachleistung gewährt, wenn der Versicherte die Kostenerstattung nicht von vornherein mit seiner Krankenkasse vereinbart hat (§ 13 Abs. 2 SGB V). Eine solche Vereinbarung liegt zwischen den Beteiligten nicht vor. Dementsprechend hätten die Klägerinnen das Hilfsmittel durch einen zugelassenen Leistungserbringer als Sachleistung beschaffen müssen.

Nach § 33 Abs. 6 SGB V können Versicherte alle Leistungserbringer in Anspruch nehmen, die Vertragspartner ihrer Krankenkasse sind. Hat die Krankenkasse Verträge nach § 127 Abs. 1 über die Versorgung mit bestimmten Hilfsmitteln geschlossen, erfolgt die Versorgung durch einen Vertragspartner, der den Versicherten von der Krankenkasse zu benennen ist. Abweichend von Satz 2 können Versicherte ausnahmsweise einen anderen – zugelassenen - Leistungserbringer wählen, wenn ein berechtigtes Interesse besteht; dadurch entstehende Mehrkosten haben sie selbst zu tragen. Nach § 275 Abs. 3 SGB V können die Krankenkassen in geeigneten Fällen vor Bewilligung eines Hilfsmittels durch den Medizinischen Dienst prüfen lassen, ob das Hilfsmittel im Sinne des § 33 SGB V erforderlich ist. Nach § 33 Abs. 5 SGB V kann die Krankenkasse u.a. die Bewilligung von Hilfsmitteln davon abhängig machen, dass die Versicherten sich das Hilfsmittel anpassen oder sich in seinem Gebrauch ausbilden lassen.

Diesen Beschaffungsweg haben die Klägerinnen im vorliegenden Fall nicht eingehalten. Vielmehr hat ihre Mutter einen Antrag erst gestellt bzw. eine vertragsärztliche Verordnung erst eingereicht, nachdem sie die Leistung bei der C. AG über das Universitätsklinikum T. als deren Partner bereits selbst beschafft und bezahlt hatte, die private Beschaffung somit bereits vollständig abgeschlossen war.

Rechtsgrundlage des Leistungsbegehrens der Klägerinnen ist damit der Kostenerstattungsanspruch nach § 13 Abs. 3 SGB V. Die Voraussetzungen für den Kostenerstattungsanspruch sind nicht erfüllt. Dieser kommt im vorliegenden Fall anstelle einer Sachleistung nur in Betracht, wenn der Versicherte sich eine ihm zu gewährende Leistung selbst deshalb beschafft hat, weil die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen konnte, oder nachdem die Krankenkasse eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hat (§ 13 Abs. 3 SGB V). Beide Voraussetzungen liegen hier nicht vor.

Es handelte sich nicht um eine unaufschiebbare Leistung im Sinne des § 13 Abs. 3 Satz 1 SGB V. Eine Leistung ist nur dann unaufschiebbar, wenn eine Leistungserbringung im Zeitpunkt ihrer tatsächlichen Durchführung so dringlich ist, dass aus medizinischer Sicht keine Möglichkeit eines nennenswerten Aufschubs bis zu einer Entscheidung der Krankenkasse mehr besteht (BSG, Urteil vom 25.09.2000 - B 1 KR 5/99 R - veröffentlicht in Juris -). Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht gegeben. Insoweit verweist der Senat auf die Gründe der angegriffenen Entscheidung und sieht von einer eigenen Begründung ab.

Es fehlt im Übrigen auch an der von § 13 Abs. 3 Satz 1 SGB V geforderten Kausalität zwischen der ablehnenden Entscheidung der Beklagten vom 09.10.2009 und den aufgewandten Kosten für die Selbstbeschaffung. Ein auf die Verweigerung der Sachleistung gestützter Erstattungsanspruch scheidet nach ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts aus, wenn der Versicherte die Leistung besorgt hat, ohne die Krankenkasse einzuschalten und deren Entscheidung abzuwarten. § 13 Abs. 3 SGB V soll einen Erstattungsanspruch für den Ausnahmefall gewähren, dass eine von der Krankenkasse geschuldete notwendige Behandlung infolge eines Mangels im Leistungssystem der Krankenversicherung als Dienst- oder Sachleistung nicht oder nicht in der gebotenen Zeit zur Verfügung gestellt werden kann. Nach Wortlaut und Zweck der Vorschrift muss zwischen dem die Haftung der Krankenkasse begründenden Umstand (rechtswidrige Ablehnung) und dem Nachteil des Versicherten (Kostenlast) ein Ursachenzusammenhang bestehen (BSG, Urteil vom 30.06.2009 - B 1 KR 5/09 R – veröffentlicht in Juris -). Die Kopforthesen waren im Anschluss an die Ermittlung von Scannerdaten zur Erstellung eines Modells der Köpfe der Klägerinnen gefertigt und geliefert worden. Die Vereinbarung über die Selbstbeschaffung, Lieferung und Rechnungsstellung und Bezahlung (am 17.08.2009) sind erfolgt und abgeschlossen worden, bevor bei der Beklagten am 21.08.2009 ein Antrag vorgelegt worden war. Mit Bescheid vom 09.10.2009 hat die Beklagte dementsprechend den auf Kostenerstattung gerichteten Anspruch der Klägerinnen zu Recht bereits wegen fehlender Einschaltung der Krankenkasse vor Leistungsinanspruchnahme abgelehnt.

Die obigen Ausführungen gelten in entsprechender Weise für die ärztliche Behandlung im Rahmen der Helmtherapie. Nach § 27 Abs. 1 Satz 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Krankenbehandlung als Sachleistung der gesetzlichen Krankenversicherung (§ 2 Abs. 2 SGB V). Diese erbringt die Krankenkasse durch Ärzte, die zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen sind (§§ 72, 95 SGB V). Unter den zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassenen Ärzten können die Versicherten frei wählen (§ 76 Abs. 1 Satz 1 SGB V). Auch die ärztliche Behandlung haben sich die Klägerinnen selbst beschafft auf der Grundlage einer entsprechenden Vereinbarung einer privatärztlichen Behandlung, ohne dass, wie sich aus dem oben Dargelegten ergibt, die Voraussetzungen für einen Kostenerstattungsanspruch vorliegen.

II. Darüber hinaus liegen aber auch die Voraussetzungen für die Gewährung der Kopforthesen als Sachleistung sowie auch der in diesem Zusammenhang erfolgten ärztlichen Behandlung nicht vor, so dass auch aus diesem Grund ein Anspruch auf Kostenerstattung nicht besteht.

Nach § 33 Abs. 1 Satz 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Versorgung mit Hörhilfen, Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln, die im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen, soweit die Hilfsmittel nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen oder nach § 34 Abs. 4 ausgeschlossen sind. Nach § 27 Abs. 1 Satz 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Krankenbehandlung als Sachleistung der gesetzlichen Krankenversicherung (§ 2 Abs. 2 SGB V), wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Eine Krankheit i.S.d. § 27 Abs. 1 Satz 1 SGB V ist ein regelwidriger, vom Leitbild des gesunden Menschen abweichender Körper- oder Geisteszustand dann, wenn er ärztlicher Behandlung bedarf oder den Betroffenen arbeitsunfähig macht. Nicht jede körperliche Unregelmäßigkeit stellt in diesem Sinne eine ärztlicher Behandlung bedürfende Krankheit dar.

Die fragliche Kopforthese dient nicht einem Behinderungsausgleich, sondern der Behandlung von nicht-synostotischen Schädelasymmetrien. Diese stellen jedoch keine behandlungsbedürftige Krankheit dar. Auch ein drohendes Behinderungsrisiko lässt sich mangels wissenschaftlich gesicherter Erkenntnisse nicht annehmen. Der Senat folgt insoweit den überzeugenden Ausführungen im Rundschreiben des GKV-Spitzenverbandes vom 13.07.2011 und den dort wiedergegebenen Aussagen des 1. Gutachtens der SEG 5 zu Kopforthesen – Molding helmets zur konservativen Behandlung der nicht-synostotischen Schädelasymmetrie. Danach zieht eine lagerungsbedingte nicht-synostotische Schädelasymmetrie keine Gesundheitsstörungen bzw. Beeinträchtigungen nach sich (Gutachten S. 69 - Bl. 29 Rücks. LSG-Akte). Auch dass hier eine Entstellung gedroht hätte, ist weder vorgetragen noch ersichtlich. Es kommt hinzu, dass der nicht-synostotischen Schädelasymmetrie auch durch alternative Maßnahmen, wie Umlagerung und Mobilisierung außerhalb der Schlafzeiten begegnet werden kann (Rundschreiben des GKV Spitzenverbandes vom 13.07.2011 und den dort wiedergegebenen Aussagen des 1. Gutachtens der SEG 5 zu Kopforthesen – Molding helmets zur konservativen Behandlung der nicht-synostotischen Schädelasymmetrie, Gutachten S. 66 Bl. 28 LSG-Akte). Darauf, ob hierdurch an der Symmetrie orientiert ein optimales Ergebnis bzw. eine ideale Schädelform erzielt werden kann, kommt es unter dem Gesichtspunkt der Entstellung nicht an.

Schließlich hat auch der Senat keinen Zweifel daran, dass die Kopforthese, die auch nach der Herstellerinformation der Behandlung lagerungsbedingter Schädelasymmetrien dient und auch hier zu diesem Zweck verordnet wurde, im Rahmen einer nicht in die Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenkassen fallenden neuen Behandlungsmethode Anwendung findet und damit selbst von der Leistungspflicht ausgeschlossen ist. Denn soll ein Hilfsmittel – wie hier die Kopforthese - im Rahmen der Krankenbehandlung (§ 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB V) deren "Erfolg sichern" (§ 33 Abs. 1 SGB V), ist seine Verwendung - anders als etwa bei Hilfsmitteln zum Behinderungsausgleich - nicht von dem zugrunde liegenden Behandlungskonzept und den dafür geltenden Anforderungen nach §§ 2 Abs. 1 Satz 3, 12 Abs. 1 SGB V i.V.m. § 135 Abs. 1 SGB V zu trennen. Insoweit erfasst die Sperrwirkung des in § 135 Abs. 1 Satz 1 SGB V begründeten Leistungsverbots mit Erlaubnisvorbehalt jegliche Maßnahme im Rahmen einer bei einem bestimmten Krankheitsbild systematisch angewandten "Methode" (BSG, Urteil vom 12.08.2009 B 3 KR 10/07 R -, m.w.N. veröffentlicht in Juris). Diese Sperrwirkung greift hier ein, weil es keine Empfehlung des G-BA für diese neue Behandlungsmethode gibt und auch kein Systemversagen vorliegt. Insoweit verweist der Senat auf die Gründe der angegriffenen Entscheidung und sieht von einer eigenen Begründung ab. Damit fällt weder die Kopforthese noch die ärztliche Behandlung im Rahmen der Helmtherapie in die Leistungspflicht der Krankenkasse.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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