Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 11 RA 4667/98
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 6 RA 4/00
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 26. November 1999 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten haben die Beteiligten einander nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist, ob die Beklagte ab 1. Juli 1996 die Bewilligung eines Witwenrentenanspruches der Höhe nach teilweise aufheben sowie von der Klägerin Erstattung in Höhe von 12.823,52 DM verlangen darf.
Die am 28. Januar 1909 geborene Klägerin, die die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt und seit dem 26. Juni 1996 in P (Spanien) lebt, ist die Witwe des 1898 in O (Mähren); heutige Tschechische Republik, geborenen und 1994 als deutscher Staatsbürger verstorbenen Versicherten.
Antragsgemäß bewilligte die Beklagte der Klägerin mit Bescheid vom 22. März 1995 rückwirkend ab 1. Dezember 1994 eine große Witwenrente. Den errechneten 70,9942 persönlichen Entgeltpunkten (EP) lagen dabei u.a. für die Zeit vom 1. Februar 1924 bis 30. April 1940 sowie vom 1. Juli 1943 bis 21. Dezember 1943 in der Tschechoslowakei zurückgelegte Beitragszeiten nach dem Fremdrentengesetz (FRG) zugrunde. Der monatliche Zahlbetrag der Rente lag am 1. Mai 1995 bei 2.101,01 DM, die sich zusammensetzten aus einem dynamisierbaren monatlichen Rentenanspruch in Höhe von 1.959,89 DM, einem Zuschuss zum Krankenversicherungsbeitrag in Höhe von 131,32 DM sowie einem Zuschuss zum Pflegeversicherungsbeitrag in Höhe von 9,80 DM. Der Bescheid enthielt unter der Rubrik “Mitteilungspflichten” den Hinweis, dass für die Dauer eines gewöhnlichen Aufenthaltes im Ausland der Rentenanspruch sich vermindern oder entfallen könne. Im Übrigen könnten sich auch in Bezug auf die Pflegeversicherung bzw. den Beitragszuschuss Nachteile ergeben. Daher bestünde die gesetzliche Verpflichtung, die Verlegung des gewöhnlichen Aufenthaltes in das Ausland unverzüglich mitzuteilen. Zudem hieß es auf der Seite 2 der Anlage 10 zum Bescheid, dass aus den nach dem FRG berücksichtigten Zeiten eine Leistung nur gewährt werde, solange sich die Klägerin in der Bundesrepublik Deutschland aufhalte. Bei einem Verzug in das Ausland sei eine Rentenzahlung aus diesen Zeiten nicht mehr möglich.
Am 26. Juni 1996 meldete sich die Klägerin von ihrem letzten Inlandswohnsitz, K, unter Angabe ihrer zukünftigen Wohnung in P bei der zuständigen deutschen Meldebehörde ab. Mit einem im Januar 1997 bei der Deutschen Post AG eingegangenen Schreiben teilte die Klägerin mit, dass sie auf die Hilfe ihrer Tochter angewiesen sei und deshalb ihren Wohnsitz nach P verlegt habe. Der bei der Deutschen Post AG angesiedelte Postrentendienst stellte daraufhin die Zahlung der Rente (vorläufig) mit Ablauf des Monats März 1997 vollständig ein und informierte die Klägerin im Anschluss hierüber schriftlich.
Nachdem die Beklagte durch Übersendung des an die Deutsche Post AG gerichteten Schreibens der Klägerin von der Wohnsitzverlegung der Klägerin erfahren hatte, wies sie die Klägerin mit Schreiben von April 1997 darauf hin, dass ab 1. Januar 1992 bei Verzügen ins Ausland nur noch Zahlungen aus Bundesgebietszeiten möglich seien. Die Rente werde bei einer Verlegung des gewöhnlichen (dauernden) Aufenthalts in das Ausland nicht in der bisherigen Höhe weitergezahlt, weil sie auch auf Beitragszeiten außerhalb des Bundesgebiets bzw. auf Beschäftigungszeiten nach § 16 FRG beruhe. Aus diesen Zeiten könne eine Rentenzahlung in das Ausland nicht erfolgen. Für die Monate April 1997 bis Mai 1997 erhielt die Klägerin von der Beklagte Rentenzahlungen von jeweils 500 DM.
Mit Bescheid vom 4. Juli 1997 stellte die Beklagte die der Klägerin gewährte Rente ab 1. Juli 1996 neu fest. Den als ins Ausland zahlbaren, errechneten 17,7065 persönlichen EP lagen nunmehr keine FRG-Zeiten mehr zugrunde. Der monatliche Zahlbetrag belief sich ab 1. Juli 1996 auf 529,04 DM (dynamisierbarer monatlicher Rentenzahlungsanspruch in Höhe von 495,82 DM zuzüglich eines Zuschusses zum Krankenversicherungsbeitrag in Höhe von 33,22 DM) bzw. ab 1. Juli 1997 537,52 DM (dynamisierbarer monatlicher Rentenzahlungsanspruch in Höhe von 504,00 DM zuzüglich eines Zuschusses zum Krankenversicherungsbeitrag in Höhe von 33,52 DM). Für die Zeit vom 1. Juli 1996 bis 31. August 1997 entstehe eine Überzahlung in Höhe von 12.823,52 DM, deren Berechnung sich aus der Anlage 1 zum Bescheid ergebe. Der überzahlte Betrag sei auf das Postbankkonto der Beklagten zu überweisen.
Hiergegen erhob die Klägerin Widerspruch. Die europäische Gesetzgebung garantiere jedem Bürger der Europäischen Union (EU) die freie Wahl des Wohnsitzes. Von diesem Recht habe sie Gebrauch gemacht.
Mit einem als Anhörung bezeichneten Schreiben vom 28. Juli 1997 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass ihre Ermittlungen ergeben hätten, dass die Klägerin ihren ständigen und gewöhnlichen Aufenthalt am 26. Juni 1996 in Deutschland aufgegeben habe. Es sei beabsichtigt, den Bescheid vom 22. März 1995 ab 1. Juli 1996 nach § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB X) aufzuheben und die Überzahlung in Höhe von 12.823,52 DM nach § 50 Abs. 1 SGB X zurückzufordern. Zudem könne für die beabsichtigte Entscheidung erheblich sein, ob diese für die Klägerin zu einer unbilligen Härte - insbesondere in finanzieller Hinsicht wegen der Rückforderung - führe. Es werde der Klägerin somit Gelegenheit gegeben, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern und Gründe mitzuteilen und Nachweise darüber einzusenden, die der beabsichtigten Entscheidung nach Meinung der Klägerin entgegenstünden. Hierzu äußerte sich die Klägerin nicht.
Mit Bescheid vom 3. März 1998 hob die Beklagte mit Wirkung vom 1. Juli 1996 die Rentenbewilligung (teilweise) auf. Die Voraussetzungen für die Aufhebung seien dadurch erfüllt, dass die Klägerin durch den Bescheid vom 22. März 1995 Kenntnis davon hatte, dass sich bei einer Verlegung ihres gewöhnlichen Aufenthaltes ins Ausland der Rentenanspruch mindern könne. Insofern sei die Klägerin ihrer Mitteilungspflicht verspätet nachgekommen. Die entstandene Überzahlung in Höhe von 12.823,52 DM sei zu erstatten. Der Bescheid werde nach § 86 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) Gegenstand des Widerspruchsverfahrens. Mit Bescheid vom 21. Oktober 1998 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin gegen den Bescheid vom 4. Juli 1997 zurück.
Die hiergegen gerichtete Klage hat das Sozialgericht durch Urteil vom 26. November 1999 abgewiesen. Die Aufhebungsentscheidung sei bereits konkludent im Rentenbescheid vom 4. Juli 1997 enthalten. Der Bescheid vom 3. März 1998 sei insoweit nur noch als “wiederholender Verwaltungsakt” anzusehen. Die Beklagte habe die Rente der Klägerin zu Recht gemäß § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 und 4 SGB X mit Wirkung ab dem 1. Juli 1996 rückwirkend auf der Basis der §§ 113 Abs. 1 Nr. 1, 114 Abs. 1, 271 Satz 1 sowie 272 Abs. 2 Nr. 1 des Sechsten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB VI) neu berechnet. Es habe sich aufgrund des Wohnsitzwechsels der Klägerin nach Spanien eine wesentliche Änderung in den tatsächlichen Verhältnissen ergeben, da unter Berücksichtigung der genannten Vorschriften des SGB VI die nach § 15 FRG anzuerkennenden FRG-Zeiten grundsätzlich für Rentenzahlungen ins Ausland nicht zu berücksichtigen seien, denn es habe sich nicht um Zeiten einer Beitragsentrichtung im Inland zur deutschen Rentenversicherung (sogenannte Bundesgebiets-Beitragszeiten) gehandelt. Eine Ausnahme sehe das Gesetz lediglich dann vor, wenn der Berechtigte (im vorliegenden Fall einer Hinterbliebenenrente der Versicherte) vor dem 19. Mai 1950 geboren und (insoweit sei auf die Klägerin als Anspruchsberechtigte abzustellen) vor dem 19. Mai 1990 seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland genommen habe. Dies sei hier nicht der Fall gewesen. Dass darüber hinausgehende nach dem Angestelltenversicherungsgesetz (AVG) früher geltende “Rentnerprivileg” komme der Klägerin nicht zugute, da sie ihren gewöhnlichen Aufenthalt nicht vor dem 19. Mai 1990 ins Ausland verlegt habe (§ 272 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI wie schon Artikel 23 § 4 des Gesetzes zu dem Vertrag vom 18. Mai 1990 über die Schaffung einer Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik vom 25. Juni 1990 - Staatsvertragsgesetz -). Durchgreifende europa- oder verfassungsrechtliche Bedenken bestünden gegen die gesetzlichen Regelungen zu Zahlungen von Renten ins Ausland nicht. Die Voraussetzungen für eine rückwirkende Teilaufhebung des Rentenbescheides hätten ebenfalls vorgelegen. Angesichts der Tatsache, dass die Klägerin im ursprünglichen Rentenbescheid ausdrücklich darauf hingewiesen worden sei, dass sich ein Wohnsitzwechsel ins Ausland auf die Höhe ihrer Rente negativ auswirken könne und sie verpflichtet gewesen sei, der Beklagten einen solchen mitzuteilen, könne auch kein Zweifel daran bestehen, dass die Klägerin ihrer diesbezüglichen Mitteilungspflicht entweder bewusst oder jedenfalls grob fahrlässig zunächst nicht nachgekommen sei. Unterstelle man der Klägerin nicht, dass sie bewusst Leistungen in Anspruch genommen habe, von denen sie gewusst habe, dass sie keinen rechtlichen Grund mehr gehabt hätten, sondern dies nicht gewusst habe, so müsse ihr aber auch insoweit aufgrund des eindeutigen Hinweises im ursprünglichen Rentenbescheid der Vorwurf der groben Fahrlässigkeit gemacht werden. Die rückwirkende (teilweise) Rücknahme des Rentenbescheides finde ihre rechtliche Grundlage deshalb nicht nur in § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB X, sondern auch in § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 SGB X. Ein atypischer Fall liege nicht vor, so dass eine Ermessensprüfung nicht erforderlich gewesen sei.
Im Berufungsverfahren macht die Klägerin geltend, die angefochtene Entscheidung der Beklagten widerspreche der Menschenwürde nach Artikel 1 Grundgesetz (GG) ebenso wie dem in Artikel 20 GG enthaltenen Rückwirkungsverbot sowie Artikel 12 Ziffer 3 der Europäischen Sozialcharta (EuSC).
Mit Bescheid vom 6. Oktober 2000 hat die Beklagte die Rente ab 1. November 2000 neu festgestellt. Sie hat aus 16,986 persönlichen EP einen monatlichen Zahlungsanspruch in Höhe von 529,01 DM errechnet (dynamisierbarer monatlicher Rentenanspruch in Höhe von 495,56 DM sowie ein Zuschuss zum Krankenversicherungsbeitrag in Höhe von 33,45 DM). Sie hat ihre Entscheidung damit begründet, dass die Anerkennung der dem Bescheid vom 22. März 1995 zugrunde liegenden Zeiten nach dem FRG nach § 1 Buchstabe b FRG erfolgt sei, weil der Versicherte als Deutscher bzw. die Klägerin als seine Witwe den früher zuständigen Versicherungsträger nicht mehr in Anspruch hätte nehmen können. Diese Voraussetzungen seien seit 1. Januar 1996 entfallen, weil der tschechische Versicherungsträger aufgrund des Gesetzes Nr. 155/95 vom 30. Juni 1995 wieder Renten ins Ausland zahle. Solange sich die Klägerin noch in Deutschland aufgehalten habe, habe dies dem anerkannten Anspruch nach § 1 Buchstabe b FRG nicht entgegengestanden (Artikel 6 § 4 Abs. 1 Satz 2 des Fremdrenten- und Auslandsrenten-Neuregelungsgesetzes -FANG-). Mit dem Verzug ins Ausland sei dieser Besitzschutz und damit auch die Berechtigung nach dem FRG entfallen. Die Aufhebung für die Zukunft sei zulässig, weil sich die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse, die beim Erlass des Rentenbescheides vorgelegen hätten, wesentlich geändert hätten und diese Änderung für die Zukunft zu berücksichtigen sei. Dieser Bescheid sei nach § 96 Abs. 1 SGG Gegenstand des anhängigen sozialgerichtlichen Verfahrens geworden.
Die Beteiligten haben sich zunächst am 23. Mai 2001 in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hinsichtlich des Bescheides vom 6. Oktober 2000 verglichen. Zudem hat die Klägerin einen auf den 23. Mai 2001 datierten Schriftsatz samt Anlagen eingereicht, aus denen u.a. hervorgeht, dass ihr die Deutsche Krankenversicherung AG seit 10. Mai 2000 Pflegegeld nach Spanien zahlt, und erklärt, die Frage des Pflegeversicherungszuschusses insgesamt im vorliegenden Verfahren nicht mehr geltend zu machen.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 26. November 1999 sowie den Bescheid vom 4. Juli 1997 und den “Bescheid” vom 3. März 1998 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 21. Oktober 1998 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte, insbesondere die Schriftsätze der Beteiligten, und auf die die Klägerin betreffende Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Nachdem die Beteiligten sich hinsichtlich des Bescheides vom 6. Oktober 2000 verglichen haben und die Klägerin sich nicht mehr gegen die Aufhebung des Pflegeversicherungszuschusses wendet, ist der Rechtsstreit insoweit teilweise erledigt.
Dementsprechend ist Gegenstand der hier vorliegenden isolierten Anfechtungsklage im Sinne von § 54 Abs. 1 Satz 1 SGG - entgegen dem von der Klägerin zuletzt gestellten Antrag - nur noch der Neufeststellungsbescheid vom 4. Juli 1997 sowie der “Bescheid” vom 3.März 1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. Oktober 1998 (§ 95 SGG), soweit darin die Absenkung des Rentenzahlungsanspruches auf einer Verringerung der ins Ausland zahlbaren persönlichen EP und der damit einhergehenden Reduzierung des Zuschusses zum Krankenversicherungsbeitrag beruht. Mit dem vorgenannten Neufeststellungsbescheid hat die Beklagte den früheren Rentenbescheid vom 22. März 1995 zwar nicht ausdrücklich mit Wirkung ab dem 1. Juli 1996 abgeändert, sie hat darin aber die Teilaufhebung des Zahlungsanspruches konkludent zum Ausdruck gebracht. Eine Aufhebung eines früheren Bescheides muss nicht ausdrücklich erklärt werden, sondern kann durch einen konkludenten, jedoch hinreichend deutlichen Verwaltungsakt erfolgen (vgl. § 31 und § 33 Abs. 2 Satz 1 SGB X). Die hierfür geltenden Anforderungen sind erfüllt (vgl. Urteil des BSG vom 16. Dezember 1997 - 4 RA 56/96 - unveröffentlicht). Aus den Formulierungen des Bescheides kommt - für einen verständigen, objektiven Erklärungsempfänger ebenso wie für die Klägerin - klar erkennbar zum Ausdruck, dass die Beklagte sich von der im Rentenbescheid vom 22. März 1995 ausgewiesenen Höhe des Zahlbetrags ab dem 1. Juli 1996 in dem festgestellten Umfange lösen wollte, so dass der letztgenannte Bescheid somit insoweit keine Bindungswirkung (§ 77 SGG) mehr entfalten sollte. Zudem ist dem Bescheid vom 4. Juli 1997 ohne Zweifel das Gebot zur Zahlung der Überzahlung und damit die Geltendmachung einer Erstattungsforderung zu entnehmen. Ob der “Bescheid” vom 3. März 1998 lediglich eine wiederholende Verfügung oder einen Zweitbescheid darstellt, kann offen bleiben. Selbst wenn es sich nur um eine wiederholende Verfügung und damit nicht um einen Bescheid handeln sollte, müsste er aus Rechtsscheingründen von der Klägerin angefochten werden.
Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig. Deren Aufhebung kann weder aus verfahrensrechtlichen Gründen (hierzu nachfolgend unter 1.) noch aus materiell-rechtlichen Erwägungen verlangt werden (hierzu unter 2.).
1. Insbesondere kann die Klägerin sich nicht auf einen von Amts wegen (BSG GS SozR 3-1300 § 24 Nr. 6) zu prüfenden Aufhebungsanspruch wegen fehlerhafter Anhörung im Verwaltungsverfahren stützen, da ein Verstoß gegen § 24 Abs. 1 SGB X nicht vorliegt. Die Vorschrift gebietet es, dem Betroffenen die entscheidungserheblichen Tatsachen in einer Weise zu unterbreiten, dass er sie als solche erkennen und sich zu ihnen - gegebenenfalls nach ergänzender Nachfrage bei der Behörde - sachgerecht äußern kann. Die Anhörungspflicht bezieht sich auf alle Tatsachen, auf die es nach der Rechtsansicht der Behörde für den bzw. die Verfügungssätze - hier also Teilaufhebung der bisherigen Leistungsbewilligung ab 1. Juli 1996 sowie Erstattung in Höhe von 12. 823, 52 DM - objektiv ankommt. Entscheidungserheblich sind dabei alle Tatsachen, die zum Ergebnis der Verwaltungsentscheidung beigetragen haben, auf die die Beklagte sich also stützt, wobei dies unabhängig davon gilt, ob die Beklagte von der materiell-rechtlich richtigen Rechtsauffassung ausgegangen ist (vgl. BSG SozR 3-1300 § 31 Nr. 13 S. 20 m.w.N.). Ob und inwieweit die Beklagte ihrer Anhörungspflicht mit dem als Anhörung bezeichneten Schreiben vom 28. Juli 1997 nachgekommen ist, kann offen bleiben. Denn in der Rechtsprechung ist schon lange anerkannt, dass die Anhörung auch durch den Inhalt des angefochtenen Bescheides im Sinne von § 41 Abs. 1 Nr. 3 SGB X nachgeholt werden kann, sofern dieser die Tatsachen enthält, die Gegenstand der Anhörung nach § 24 SGB X sind (BSG SozR 3-4100 § 128 Nr. 5 S. 44 m.w.N.). Aus dem Neufeststellungsbescheid vom 4. Juli 1997 konnte die Klägerin alles Wesentliche ersehen, insbesondere die Bedeutung der Verlegung des gewöhnlichen Aufenthaltes ins Ausland sowie das Rechenwerk des geltend gemachten Erstattungsanspruchs. Unerheblich ist, dass die Beklagte in diesem Bescheid weder Ausführungen zu dem gegenüber der Klägerin erhobenen Schuldvorwurf noch hinsichtlich der fehlenden Atypik gemacht hat. Denn insoweit stellen die Ausführungen in dem als Anhörung bezeichneten Schreiben vom 28. Juli 1997 eine eigenständige Nachholungshandlung dar.
2. Der angefochtene Bescheid vom 4. Juli 1997 sowie der “Bescheid” vom 3. März 1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. Oktober 1998 sind auch nicht aus materiell-rechtlichen Gründen rechtswidrig.
Maßgebliche Rechtsgrundlage für diese Bescheide, soweit sie die Teilaufhebungsentscheidung betreffen, ist § 48 SGB X. Hiernach ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Der Verwaltungsakt soll mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit u.a. der Betroffene einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist (§ 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB X), oder der Betroffene wusste oder nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist (§ 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 SGB X). Diese beiden Tatbestände sind vorliegend erfüllt.
Bei dem Rentenbewilligungsbescheid vom 22. März 1995 handelt es sich um einen Verwaltungsakt mit Dauerwirkung; die Leistungen erstrecken sich über einen längeren Zeitraum, der Verwaltungsakt hat über den Zeitpunkt der Bekanntgabe hinaus Wirkung. Gegenüber den bei der Bewilligung vorliegenden Verhältnissen ist auch am 1. Juli 1996 durch den am 26. Juni 1996 erfolgten Wegzug nach Spanien eine wesentliche Änderung eingetreten. Wesentlich ist jede Änderung, die dazu führt, dass die Beklagte unter den nunmehr objektiv vorliegenden Verhältnissen den Verwaltungsakt nicht oder nicht mehr in der bisherigen Form hätte erlassen dürfen. Vergleichsbescheid für die anzustellende Prüfung ist hier der Bewilligungsbescheid vom 22. März 1995. Dabei spielt es keine Rolle, ob die Klägerin noch die Rentenanpassungsmitteilung zum 1. Juli 1996, bei der es sich nach der Rechtsprechung des BSG um einen Verwaltungsakt handelt (BSG SozR 3-1300 § 31 Nr. 13), erhalten hat. Selbst wenn dies nämlich der Fall wäre, wäre dies deshalb ohne Bedeutung, weil bei dessen Erlass die Frage der Zahlbarkeit des Rentenanspruchs sowie der Zusatzleistungen (Beitragszuschüsse zur Krankenversicherung sowie zur Pflegeversicherung) nicht erneut geprüft wird, so dass maßgeblich für die Frage, ob eine Änderung insoweit eingetreten ist, allein der ursprüngliche Bewilligungsbescheid sein kann. Die erforderliche wesentliche Änderung ist darin zu sehen, dass die Klägerin seit dem 26. Juni 1996 in Spanien wohnhaft ist. Für die Zahlung einer Rente stellt der Umzug in das Ausland eine wesentliche Änderung der Verhältnisse dar, weil für den Bezug von Leistungen an Berechtigte, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland haben, besondere Bestimmungen gelten, insbesondere wird die Rente nicht aus allen rentenrechtlichen Zeiten ermittelt, die bei einem Aufenthalt im Inland zugrunde gelegt werden (§§ 110 Abs. 2, 113, 114 SGB VI). Die Klägerin hat ihren “gewöhnlichen Aufenthalt” seit dem 26. Juni 1996 in Spanien, denn sie hält sich dort unter Umständen auf, die erkennen lassen, dass sie dort nicht nur vorübergehend weilt (§ 30 Abs. 3 Satz 2 des Allgemeinen Teils des Sozialgesetzbuches -SGB I -), was zwischen den Beteiligten auch zu Recht nicht streitig ist.
Ab Juli 1996 hätten die den Rentenzahlungsanspruch bestimmenden persönlichen EP nach § 113 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI grundsätzlich nur noch aus Bundesgebiets-Beitragszeiten errechnet werden dürfen. Das sind nach § 113 Abs. 1 Satz 2 SGB VI Beitragszeiten, für die Beiträge nach Bundesrecht nach dem 8. Mai 1945 gezahlt worden sind, und die diesen im 5. Kapitel gleichgestellten Beitragszeiten. Für die vom Versicherten zurückgelegten FRG-Zeiten sind jedoch EP nach § 272 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI nicht zugrunde zu legen, weil die Klägerin nicht vor dem 19. Mai 1990 ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland genommen hat (§ 272 Abs. 1, 1. Satzteil SGB VI).
Die Vorschriften des SGB VI finden auf die Klägerin auch Anwendung, da der große Witwenrentenanspruch (§ 46 Abs. 2 Nr. 2 SGB VI) weit nach dem 31. März 1992 entstanden ist (§ 300 Abs. 2 SGB VI). Unabhängig davon war das frühere “Rentnerprivileg”, gemäß dem ein in der Bundesrepublik Deutschland festgestellter Anspruch auf eine Rente auch bei Verlegung des gewöhnlichen Aufenthalts ins Ausland “mitgenommen” werden konnte (§ 98 Abs. 2 AVG), nicht erst durch das Inkrafttreten des SGB VI entfallen, sondern bereits durch Artikel 23 § 4 des Staatsvertragsgesetzes (BGBl 1990 II S. 517). Zur Vermeidung von Wiederholungen wird insoweit auf die zutreffenden Ausführungen des Sozialgerichts Bezug genommen (§ 153 Abs. 2 SGG).
Ein Verstoß gegen höherrangiges Verfassungsrecht enthält die dargelegte gesetzliche Regelung nicht. Die Eigentumsgarantie des Artikel 14 GG ist schon deshalb nicht verletzt, weil die Klägerin um die Höhe des Zahlungsanspruches einer Witwenrente streitet. Zu den von Artikel 14 Abs. 1 GG geschützten Rechtspositionen können zwar grundsätzlich auch öffentlichrechtliche Ansprüche und Anwartschaften auf Leistungen aus der gesetzlichen Rentenversicherung gehören. Sie genießen Eigentumsschutz, wenn es sich um vermögenswerte Rechtspositionen handelt, die nach Art eines Ausschließlichkeitsrechts dem Rechtsträger als privatnützig zugeordnet sind, auf nicht unerheblichen Eigenleistungen des Versicherten beruhen und seiner Existenzsicherung dienen. Die Ansprüche auf Versorgung der Hinterbliebenen unterfallen dem Eigentumsbegriff des Artikel 14 Abs. 1 GG jedoch nicht, da sie schon dem Versicherten nicht als Rechtsposition privatnützig zugeordnet sind. Vielmehr handelt es sich um eine bloße Aussicht auf die Leistung, die mit der Auflösung der Ehe oder dem Vorversterben des Partners entfällt. Zudem beruhen Hinterbliebenenrenten nicht auf einer dem einzelnen Versicherten individuell zurechenbaren Leistung, die eine Zuordnung der zugrunde liegenden gesetzlichen Ansprüche zur verfassungsrechtlichen Eigentumsgarantie rechtfertigen könnte. Hinterbliebenenrenten sind vorwiegend fürsorgerisch motivierte Leistungen, weil sie ohne eigene Beitragsleistung des Rentenempfängers und ohne erhöhte Beitragsleistung des Versicherten gewährt werden.
Der Gedanke des sozialen Ausgleichs wird dadurch betont, dass die Vorsorge für die eigenen Angehörigen bei der individuellen Beitragsbemessung des Versicherten unberücksichtigt bleibt. Vielmehr trägt jeder Versicherte über seinen Beitrag zugleich auch zur Versorgung aller Hinterbliebenen von Versicherten bei. Auch wer keine unterhaltsberechtigten Angehörigen hat, zahlt gleiche Beiträge (vgl. hierzu insgesamt BVerfGE 97, 271).
Die gesetzliche Regelung verstößt auch nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz (Artikel 3 Abs. 1 GG). Dieser verbietet, wesentlich Gleiches willkürlich ungleich und wesentlich Ungleiches willkürlich gleich zu behandeln, wobei davon auszugehen ist, dass die Anwendung des Artikel 3 Abs. 1 GG stets auf einem Vergleich von Lebensverhältnissen beruht, die nie in allen, sondern nur in einzelnen Elementen übereinstimmen. Sache des Gesetzgebers ist es, zu entscheiden, welche Elemente der zu ordnenden Lebensverhältnisse er dafür als maßgebend ansieht, sie im Recht gleich oder verschieden zu behandeln. Eine Verletzung des allgemeinen Gleichheitssatzes liegt erst vor, wenn sich ein vernünftiger, aus der Natur der Sache ergebender oder sonst wie einleuchtender Grund für die vom Gesetzgeber vorgenommene Differenzierung oder Gleichbehandlung nicht finden lässt, der Gesetzgeber es also versäumt hat, tatsächliche Gleichheiten oder Ungleichheiten der zu ordnenden Lebenssachverhalte zu berücksichtigen, die so bedeutsam sind, dass sie bei einer am Gerechtigkeitsgedanken orientierten Betrachtungsweise beachtet werden müssen. Ohne Bedeutung ist es, ob der Gesetzgeber im Einzelfall jeweils die zweckmäßigste, vernünftigste oder gerechteste Lösung gefunden hat (BVerfGE 71, 255, 271). Dabei wird dem Gesetzgeber bei gewährender Staatstätigkeit, insbesondere auch bei der Regelung der Kriegs- und Kriegsfolgelasten, ein sehr weites Gestaltungsermessen eingeräumt (BVerfGE 27,253, 283). In diesem Rahmen kann vom Senat ein Verstoß gegen Artikel 3 Abs. 1 GG nicht festgestellt werden. Die Zahlbarmachung von FRG-Zeiten an im Inland lebende Deutsche beruht auf dem sachlich einleuchtenden Gedanken der Integration. Dieser Gedanke kommt nicht mehr zum Tragen, wenn sich der Berechtigte ins Ausland begibt, wo er der besonderen, an die Einwohnerschaft anknüpfenden Fürsorgepflicht seines Heimatstaates nicht mehr unterliegt (vgl. BVerfGE SozR 2200 § 1318 RVO Nr. 5, BSG SozR 2200 § 1318 RVO Nr. 9).
Schließlich liegt keine Verletzung eines - auf dem Rechtsstaatsprinzip (Artikel 20 GG) beruhenden - schutzwürdigen Vertrauens vor. Denn die Beklagte hatte auf der Seite 2 der Anlage 10 zum Rentenbescheid vom 22. März 1995 die Klägerin auf die fehlende Zahlbarkeit der Rentenleistung, soweit sie auf nach dem FRG zu berücksichtigenden Zeiten beruhte, im Falle des Verzugs ins Ausland hingewiesen. Darüber hinaus liegt auch kein Fall der echten oder unechten Rückwirkung vor, weil nicht in bereits abgewickelte, der Vergangenheit angehörende Tatbestände mit der gesetzlichen Regelung des Artikel 23 § 4 des Staatsvertrages und des diese Regelung fortschreibenden § 272 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI eingegriffen wurde. Vielmehr liegen sowohl der Rentenbeginn bei der Klägerin als auch ihr Verzug ins Ausland nach Verkündung der genannten Regelung des Staatsvertragsgesetzes. Dabei ist die Wahl des Stichtages (18. Mai 1990: Tag der Unterzeichnung des Staatsvertrages) verfassungsrechtlich unproblematisch. Dem Gesetzgeber ist es durch Artikel 3 Abs. 1 GG grundsätzlich nicht verwehrt, zur Regelung bestimmter Lebenssachverhalte Stichtage einzuführen, obwohl jeder Stichtag unvermeidlich gewisse Härten mit sich bringt. Es ist nur zu prüfen, ob der Gesetzgeber den ihm zukommenden Gestaltungsfreiraum in sachgerechter Weise genutzt hat (BVerfGE 87, S. 1, 43). Diesen Vorgaben genügt die vorgenommene Wahl des Stichtages. Es kann grundsätzlich nicht als sachwidrig angesehen werden, wenn der Gesetzgeber im Rahmen des ihm bei der Gewährung von Fürsorgeleistungen eingeräumten weiten Gestaltungsspielraums mehr als 45 Jahre nach Kriegsende eine Kriegsfolgelastregelung ändert, zumal der Gesetzgeber lediglich auf die politischen, rechtlichen und tatsächlichen Veränderungen in den Herkunftsgebieten reagiert hat (vgl. Begründung zum Entwurf des Staatsvertragsgesetzes, Bundestags-Drucksache 11/7350 S. 39).
Nichts anderes ergibt sich aus dem europäischen Recht. Ein Eingriff in die nach dem Recht der EU garantierte Freizügigkeit liegt nicht vor. Dies in Artikel 8 a des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft (EGV) in der Fassung (i.d.F.) von Maastricht (jetzt Artikel 18 EGV i.d.F. von Amsterdam) vorgesehene Recht regelt, dass jeder Unionsbürger das Recht hat, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedsstaaten vorbehaltlich der in diesem Vertrag und in den Durchführungsvorschriften vorgesehenen Beschränkungen und Bedingungen frei zu bewegen und aufzuhalten (Abs. 1). Dieses Recht richtet sich gegen den Mitgliedsstaat, in dem der Unionsbürger Aufenthalt begehrt, hier also Spanien. Spanien hat der Klägerin Aufenthalt gewährt, so dass sich nicht die Frage stellt, ob die Beklagte durch die vorgenommene Rentenkürzung dieses Recht in rechtlich relevanter Weise tangiert.
Der das Recht auf Freizügigkeit der Arbeitnehmer regelnde Artikel 48 EGV i.d.F. des Vertrages von Maastricht (nunmehr Art. 39 EGV i.d.F. von Amsterdam) ist ebenfalls nicht verletzt, da der Versicherte - von dem die Klägerin ihr Rentenrecht lediglich ableitet - niemals in zwei Mitgliedsstaaten der EU gearbeitet (sei es versicherungspflichtig oder selbständig) oder gewohnt hat, also niemals sein Recht auf Freizügigkeit innerhalb der EU ausgeübt hat; damit fehlt es an einem erforderlichen grenzüberschreitenden Sachverhalt (vgl. EuGHE 1982, 3723). Da der vorliegende Sachverhalt vom Schutzbereich der vorgenannten Norm nicht erfasst wird, wird die nach innerstaatlichem Recht zulässige “Rentenkürzung” um die FRG-Zeiten durch die Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 auch nicht verboten, die in Umsetzung des in Artikel 51 EGV (nunmehr Artikel 42 EGV i.d.F. von Amsterdam) enthaltenen Rechtsetzungsauftrages erlassen worden ist. Vielmehr unterfällt die Klägerin überhaupt nicht dem persönlichen Anwendungsbereich dieser Verordnung. Zwar erstreckt Artikel 2 Abs. 2 der Verordnung den persönlichen Anwendungsbereich auch auf die Hinterbliebenen eines unmittelbar Berechtigten. Da der unmittelbar Berechtigte nur der Versicherte sein könnte, dieser aber - aus den bereits genannten Gründen - sich auf das Recht auf Freizügigkeit als Arbeitnehmer bzw. Selbständiger nicht berufen konnte, war er auch nicht Berechtigter. Daher scheidet eine Berufung der Klägerin auf die Leistungsexportvorschrift des Artikel 10 Abs. 1 der Verordnung, unabhängig von dem Vorbehalt im Anhang VI Abschnitt C Nr. 1 der Verordnung, von vornherein aus.
Ferner ist kein Verstoß gegen die in den Artikeln 59 ff. EGV i.d.F. des Vertrages von Maastricht (nunmehr Art. 49 ff. EGV i.d.F. des Vertrages von Amsterdam) geregelte Dienstleistungsfreiheit gegeben. Hiervon ist sowohl die Freiheit des Dienstleistungsempfängers als auch die des Dienstleistungserbringers erfasst. Aber auch hier fehlt es an dem erforderlichen grenzüberschreitenden Sachverhalt, da der EGV den freien Dienstleistungsverkehr nur insoweit schützen will, als ein Element der Grenzüberschreitung der Leistung hinzukommt. Ein solcher Sachverhalt ist jedoch nicht gegeben, da die Klägerin als mögliche Dienstleistungsempfängerin sich nicht lediglich nur vorübergehend nach Spanien begeben hat, um dort eine Dienstleistung in Anspruch zu nehmen, sondern dort dauerhaft lebt (EuGH, Urteil vom 23. April 1991, C-41/90, Slg. 1991, I-1979).
Entgegen der Auffassung der Klägerin liegt auch kein Verstoß gegen die EuSC vom 18. Oktober 1961 (BGBl. II 1964 S. 1261)vor. Insbesondere vermag Artikel 12 Ziffer 3 EuSC , wonach das System der Sozialen Sicherheit fortschreitend auf einen höheren Stand zu bringen ist, den von der Klägerin vertretenen Rechtsstandpunkt nicht zu stützen. Bei der EuSC handelt es sich nämlich um einen völkerrechtlichen Vertrag, der - von etwaigen hier nicht einschlägigen Ausnahmen abgesehen (vgl. BAGE 48, S. 160, 170; 58, 343, 350) - keine unmittelbaren Rechte einzelner Bürger begründet, sondern lediglich rechtspolitische Zielsetzungen beinhaltet, deren Umsetzung in einklagbares nationales Recht sich die Vertragsparteien ausdrücklich vorbehalten haben. Dies folgt aus Teil III des Anhangs zur EuSC, der gemäß Artikel 38 EuSC Bestandteil der Charta ist. Dort heißt es: “Es besteht Einverständnis darüber, dass die Charta rechtliche Verpflichtungen internationalen Charakters enthält, deren Durchführung ausschließlich der in ihrem Teil IV vorgesehenen Überwachung unterliegt”. Die dort vorgesehene “Überwachung” enthält aber ausschließlich Rechtspflichten und die Möglichkeit, Empfehlungen an die Vertragsparteien zur Umsetzung der Vertragsziele in innerstaatliches Recht zu geben (Artikel 21, 24, 27 sowie 29 EuSC). Ohne diese Umsetzung in innerstaatliches Recht begründet die EuSC keine Rechtsansprüche (siehe BSG SozR 3-6935 Allg Nr. 1).
Die Beklagte war auch berechtigt, ihren Bescheiden nach § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 und 4 SGB X Rückwirkung beizumessen, da die Klägerin der in diesen Vorschriften enthaltene Schuldvorwurf trifft und Anhaltspunkte für einen - eine Ermessensausübung erforderlich machenden - atypischen Fall nicht vorliegen. Insoweit wird auf die zutreffenden Ausführungen des Sozialgerichts Bezug genommen (§ 153 Abs. 2 SGG).
Rechtsgrundlage für die Erstattungsforderung ist § 50 SGB X, deren rechnerische Richtigkeit nicht bezweifelt wird und für deren Unrichtigkeit der Senat auch keine Anhaltspunkte hat.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Tatbestand:
Streitig ist, ob die Beklagte ab 1. Juli 1996 die Bewilligung eines Witwenrentenanspruches der Höhe nach teilweise aufheben sowie von der Klägerin Erstattung in Höhe von 12.823,52 DM verlangen darf.
Die am 28. Januar 1909 geborene Klägerin, die die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt und seit dem 26. Juni 1996 in P (Spanien) lebt, ist die Witwe des 1898 in O (Mähren); heutige Tschechische Republik, geborenen und 1994 als deutscher Staatsbürger verstorbenen Versicherten.
Antragsgemäß bewilligte die Beklagte der Klägerin mit Bescheid vom 22. März 1995 rückwirkend ab 1. Dezember 1994 eine große Witwenrente. Den errechneten 70,9942 persönlichen Entgeltpunkten (EP) lagen dabei u.a. für die Zeit vom 1. Februar 1924 bis 30. April 1940 sowie vom 1. Juli 1943 bis 21. Dezember 1943 in der Tschechoslowakei zurückgelegte Beitragszeiten nach dem Fremdrentengesetz (FRG) zugrunde. Der monatliche Zahlbetrag der Rente lag am 1. Mai 1995 bei 2.101,01 DM, die sich zusammensetzten aus einem dynamisierbaren monatlichen Rentenanspruch in Höhe von 1.959,89 DM, einem Zuschuss zum Krankenversicherungsbeitrag in Höhe von 131,32 DM sowie einem Zuschuss zum Pflegeversicherungsbeitrag in Höhe von 9,80 DM. Der Bescheid enthielt unter der Rubrik “Mitteilungspflichten” den Hinweis, dass für die Dauer eines gewöhnlichen Aufenthaltes im Ausland der Rentenanspruch sich vermindern oder entfallen könne. Im Übrigen könnten sich auch in Bezug auf die Pflegeversicherung bzw. den Beitragszuschuss Nachteile ergeben. Daher bestünde die gesetzliche Verpflichtung, die Verlegung des gewöhnlichen Aufenthaltes in das Ausland unverzüglich mitzuteilen. Zudem hieß es auf der Seite 2 der Anlage 10 zum Bescheid, dass aus den nach dem FRG berücksichtigten Zeiten eine Leistung nur gewährt werde, solange sich die Klägerin in der Bundesrepublik Deutschland aufhalte. Bei einem Verzug in das Ausland sei eine Rentenzahlung aus diesen Zeiten nicht mehr möglich.
Am 26. Juni 1996 meldete sich die Klägerin von ihrem letzten Inlandswohnsitz, K, unter Angabe ihrer zukünftigen Wohnung in P bei der zuständigen deutschen Meldebehörde ab. Mit einem im Januar 1997 bei der Deutschen Post AG eingegangenen Schreiben teilte die Klägerin mit, dass sie auf die Hilfe ihrer Tochter angewiesen sei und deshalb ihren Wohnsitz nach P verlegt habe. Der bei der Deutschen Post AG angesiedelte Postrentendienst stellte daraufhin die Zahlung der Rente (vorläufig) mit Ablauf des Monats März 1997 vollständig ein und informierte die Klägerin im Anschluss hierüber schriftlich.
Nachdem die Beklagte durch Übersendung des an die Deutsche Post AG gerichteten Schreibens der Klägerin von der Wohnsitzverlegung der Klägerin erfahren hatte, wies sie die Klägerin mit Schreiben von April 1997 darauf hin, dass ab 1. Januar 1992 bei Verzügen ins Ausland nur noch Zahlungen aus Bundesgebietszeiten möglich seien. Die Rente werde bei einer Verlegung des gewöhnlichen (dauernden) Aufenthalts in das Ausland nicht in der bisherigen Höhe weitergezahlt, weil sie auch auf Beitragszeiten außerhalb des Bundesgebiets bzw. auf Beschäftigungszeiten nach § 16 FRG beruhe. Aus diesen Zeiten könne eine Rentenzahlung in das Ausland nicht erfolgen. Für die Monate April 1997 bis Mai 1997 erhielt die Klägerin von der Beklagte Rentenzahlungen von jeweils 500 DM.
Mit Bescheid vom 4. Juli 1997 stellte die Beklagte die der Klägerin gewährte Rente ab 1. Juli 1996 neu fest. Den als ins Ausland zahlbaren, errechneten 17,7065 persönlichen EP lagen nunmehr keine FRG-Zeiten mehr zugrunde. Der monatliche Zahlbetrag belief sich ab 1. Juli 1996 auf 529,04 DM (dynamisierbarer monatlicher Rentenzahlungsanspruch in Höhe von 495,82 DM zuzüglich eines Zuschusses zum Krankenversicherungsbeitrag in Höhe von 33,22 DM) bzw. ab 1. Juli 1997 537,52 DM (dynamisierbarer monatlicher Rentenzahlungsanspruch in Höhe von 504,00 DM zuzüglich eines Zuschusses zum Krankenversicherungsbeitrag in Höhe von 33,52 DM). Für die Zeit vom 1. Juli 1996 bis 31. August 1997 entstehe eine Überzahlung in Höhe von 12.823,52 DM, deren Berechnung sich aus der Anlage 1 zum Bescheid ergebe. Der überzahlte Betrag sei auf das Postbankkonto der Beklagten zu überweisen.
Hiergegen erhob die Klägerin Widerspruch. Die europäische Gesetzgebung garantiere jedem Bürger der Europäischen Union (EU) die freie Wahl des Wohnsitzes. Von diesem Recht habe sie Gebrauch gemacht.
Mit einem als Anhörung bezeichneten Schreiben vom 28. Juli 1997 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass ihre Ermittlungen ergeben hätten, dass die Klägerin ihren ständigen und gewöhnlichen Aufenthalt am 26. Juni 1996 in Deutschland aufgegeben habe. Es sei beabsichtigt, den Bescheid vom 22. März 1995 ab 1. Juli 1996 nach § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB X) aufzuheben und die Überzahlung in Höhe von 12.823,52 DM nach § 50 Abs. 1 SGB X zurückzufordern. Zudem könne für die beabsichtigte Entscheidung erheblich sein, ob diese für die Klägerin zu einer unbilligen Härte - insbesondere in finanzieller Hinsicht wegen der Rückforderung - führe. Es werde der Klägerin somit Gelegenheit gegeben, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern und Gründe mitzuteilen und Nachweise darüber einzusenden, die der beabsichtigten Entscheidung nach Meinung der Klägerin entgegenstünden. Hierzu äußerte sich die Klägerin nicht.
Mit Bescheid vom 3. März 1998 hob die Beklagte mit Wirkung vom 1. Juli 1996 die Rentenbewilligung (teilweise) auf. Die Voraussetzungen für die Aufhebung seien dadurch erfüllt, dass die Klägerin durch den Bescheid vom 22. März 1995 Kenntnis davon hatte, dass sich bei einer Verlegung ihres gewöhnlichen Aufenthaltes ins Ausland der Rentenanspruch mindern könne. Insofern sei die Klägerin ihrer Mitteilungspflicht verspätet nachgekommen. Die entstandene Überzahlung in Höhe von 12.823,52 DM sei zu erstatten. Der Bescheid werde nach § 86 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) Gegenstand des Widerspruchsverfahrens. Mit Bescheid vom 21. Oktober 1998 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin gegen den Bescheid vom 4. Juli 1997 zurück.
Die hiergegen gerichtete Klage hat das Sozialgericht durch Urteil vom 26. November 1999 abgewiesen. Die Aufhebungsentscheidung sei bereits konkludent im Rentenbescheid vom 4. Juli 1997 enthalten. Der Bescheid vom 3. März 1998 sei insoweit nur noch als “wiederholender Verwaltungsakt” anzusehen. Die Beklagte habe die Rente der Klägerin zu Recht gemäß § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 und 4 SGB X mit Wirkung ab dem 1. Juli 1996 rückwirkend auf der Basis der §§ 113 Abs. 1 Nr. 1, 114 Abs. 1, 271 Satz 1 sowie 272 Abs. 2 Nr. 1 des Sechsten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB VI) neu berechnet. Es habe sich aufgrund des Wohnsitzwechsels der Klägerin nach Spanien eine wesentliche Änderung in den tatsächlichen Verhältnissen ergeben, da unter Berücksichtigung der genannten Vorschriften des SGB VI die nach § 15 FRG anzuerkennenden FRG-Zeiten grundsätzlich für Rentenzahlungen ins Ausland nicht zu berücksichtigen seien, denn es habe sich nicht um Zeiten einer Beitragsentrichtung im Inland zur deutschen Rentenversicherung (sogenannte Bundesgebiets-Beitragszeiten) gehandelt. Eine Ausnahme sehe das Gesetz lediglich dann vor, wenn der Berechtigte (im vorliegenden Fall einer Hinterbliebenenrente der Versicherte) vor dem 19. Mai 1950 geboren und (insoweit sei auf die Klägerin als Anspruchsberechtigte abzustellen) vor dem 19. Mai 1990 seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland genommen habe. Dies sei hier nicht der Fall gewesen. Dass darüber hinausgehende nach dem Angestelltenversicherungsgesetz (AVG) früher geltende “Rentnerprivileg” komme der Klägerin nicht zugute, da sie ihren gewöhnlichen Aufenthalt nicht vor dem 19. Mai 1990 ins Ausland verlegt habe (§ 272 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI wie schon Artikel 23 § 4 des Gesetzes zu dem Vertrag vom 18. Mai 1990 über die Schaffung einer Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik vom 25. Juni 1990 - Staatsvertragsgesetz -). Durchgreifende europa- oder verfassungsrechtliche Bedenken bestünden gegen die gesetzlichen Regelungen zu Zahlungen von Renten ins Ausland nicht. Die Voraussetzungen für eine rückwirkende Teilaufhebung des Rentenbescheides hätten ebenfalls vorgelegen. Angesichts der Tatsache, dass die Klägerin im ursprünglichen Rentenbescheid ausdrücklich darauf hingewiesen worden sei, dass sich ein Wohnsitzwechsel ins Ausland auf die Höhe ihrer Rente negativ auswirken könne und sie verpflichtet gewesen sei, der Beklagten einen solchen mitzuteilen, könne auch kein Zweifel daran bestehen, dass die Klägerin ihrer diesbezüglichen Mitteilungspflicht entweder bewusst oder jedenfalls grob fahrlässig zunächst nicht nachgekommen sei. Unterstelle man der Klägerin nicht, dass sie bewusst Leistungen in Anspruch genommen habe, von denen sie gewusst habe, dass sie keinen rechtlichen Grund mehr gehabt hätten, sondern dies nicht gewusst habe, so müsse ihr aber auch insoweit aufgrund des eindeutigen Hinweises im ursprünglichen Rentenbescheid der Vorwurf der groben Fahrlässigkeit gemacht werden. Die rückwirkende (teilweise) Rücknahme des Rentenbescheides finde ihre rechtliche Grundlage deshalb nicht nur in § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB X, sondern auch in § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 SGB X. Ein atypischer Fall liege nicht vor, so dass eine Ermessensprüfung nicht erforderlich gewesen sei.
Im Berufungsverfahren macht die Klägerin geltend, die angefochtene Entscheidung der Beklagten widerspreche der Menschenwürde nach Artikel 1 Grundgesetz (GG) ebenso wie dem in Artikel 20 GG enthaltenen Rückwirkungsverbot sowie Artikel 12 Ziffer 3 der Europäischen Sozialcharta (EuSC).
Mit Bescheid vom 6. Oktober 2000 hat die Beklagte die Rente ab 1. November 2000 neu festgestellt. Sie hat aus 16,986 persönlichen EP einen monatlichen Zahlungsanspruch in Höhe von 529,01 DM errechnet (dynamisierbarer monatlicher Rentenanspruch in Höhe von 495,56 DM sowie ein Zuschuss zum Krankenversicherungsbeitrag in Höhe von 33,45 DM). Sie hat ihre Entscheidung damit begründet, dass die Anerkennung der dem Bescheid vom 22. März 1995 zugrunde liegenden Zeiten nach dem FRG nach § 1 Buchstabe b FRG erfolgt sei, weil der Versicherte als Deutscher bzw. die Klägerin als seine Witwe den früher zuständigen Versicherungsträger nicht mehr in Anspruch hätte nehmen können. Diese Voraussetzungen seien seit 1. Januar 1996 entfallen, weil der tschechische Versicherungsträger aufgrund des Gesetzes Nr. 155/95 vom 30. Juni 1995 wieder Renten ins Ausland zahle. Solange sich die Klägerin noch in Deutschland aufgehalten habe, habe dies dem anerkannten Anspruch nach § 1 Buchstabe b FRG nicht entgegengestanden (Artikel 6 § 4 Abs. 1 Satz 2 des Fremdrenten- und Auslandsrenten-Neuregelungsgesetzes -FANG-). Mit dem Verzug ins Ausland sei dieser Besitzschutz und damit auch die Berechtigung nach dem FRG entfallen. Die Aufhebung für die Zukunft sei zulässig, weil sich die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse, die beim Erlass des Rentenbescheides vorgelegen hätten, wesentlich geändert hätten und diese Änderung für die Zukunft zu berücksichtigen sei. Dieser Bescheid sei nach § 96 Abs. 1 SGG Gegenstand des anhängigen sozialgerichtlichen Verfahrens geworden.
Die Beteiligten haben sich zunächst am 23. Mai 2001 in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hinsichtlich des Bescheides vom 6. Oktober 2000 verglichen. Zudem hat die Klägerin einen auf den 23. Mai 2001 datierten Schriftsatz samt Anlagen eingereicht, aus denen u.a. hervorgeht, dass ihr die Deutsche Krankenversicherung AG seit 10. Mai 2000 Pflegegeld nach Spanien zahlt, und erklärt, die Frage des Pflegeversicherungszuschusses insgesamt im vorliegenden Verfahren nicht mehr geltend zu machen.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 26. November 1999 sowie den Bescheid vom 4. Juli 1997 und den “Bescheid” vom 3. März 1998 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 21. Oktober 1998 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte, insbesondere die Schriftsätze der Beteiligten, und auf die die Klägerin betreffende Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Nachdem die Beteiligten sich hinsichtlich des Bescheides vom 6. Oktober 2000 verglichen haben und die Klägerin sich nicht mehr gegen die Aufhebung des Pflegeversicherungszuschusses wendet, ist der Rechtsstreit insoweit teilweise erledigt.
Dementsprechend ist Gegenstand der hier vorliegenden isolierten Anfechtungsklage im Sinne von § 54 Abs. 1 Satz 1 SGG - entgegen dem von der Klägerin zuletzt gestellten Antrag - nur noch der Neufeststellungsbescheid vom 4. Juli 1997 sowie der “Bescheid” vom 3.März 1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. Oktober 1998 (§ 95 SGG), soweit darin die Absenkung des Rentenzahlungsanspruches auf einer Verringerung der ins Ausland zahlbaren persönlichen EP und der damit einhergehenden Reduzierung des Zuschusses zum Krankenversicherungsbeitrag beruht. Mit dem vorgenannten Neufeststellungsbescheid hat die Beklagte den früheren Rentenbescheid vom 22. März 1995 zwar nicht ausdrücklich mit Wirkung ab dem 1. Juli 1996 abgeändert, sie hat darin aber die Teilaufhebung des Zahlungsanspruches konkludent zum Ausdruck gebracht. Eine Aufhebung eines früheren Bescheides muss nicht ausdrücklich erklärt werden, sondern kann durch einen konkludenten, jedoch hinreichend deutlichen Verwaltungsakt erfolgen (vgl. § 31 und § 33 Abs. 2 Satz 1 SGB X). Die hierfür geltenden Anforderungen sind erfüllt (vgl. Urteil des BSG vom 16. Dezember 1997 - 4 RA 56/96 - unveröffentlicht). Aus den Formulierungen des Bescheides kommt - für einen verständigen, objektiven Erklärungsempfänger ebenso wie für die Klägerin - klar erkennbar zum Ausdruck, dass die Beklagte sich von der im Rentenbescheid vom 22. März 1995 ausgewiesenen Höhe des Zahlbetrags ab dem 1. Juli 1996 in dem festgestellten Umfange lösen wollte, so dass der letztgenannte Bescheid somit insoweit keine Bindungswirkung (§ 77 SGG) mehr entfalten sollte. Zudem ist dem Bescheid vom 4. Juli 1997 ohne Zweifel das Gebot zur Zahlung der Überzahlung und damit die Geltendmachung einer Erstattungsforderung zu entnehmen. Ob der “Bescheid” vom 3. März 1998 lediglich eine wiederholende Verfügung oder einen Zweitbescheid darstellt, kann offen bleiben. Selbst wenn es sich nur um eine wiederholende Verfügung und damit nicht um einen Bescheid handeln sollte, müsste er aus Rechtsscheingründen von der Klägerin angefochten werden.
Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig. Deren Aufhebung kann weder aus verfahrensrechtlichen Gründen (hierzu nachfolgend unter 1.) noch aus materiell-rechtlichen Erwägungen verlangt werden (hierzu unter 2.).
1. Insbesondere kann die Klägerin sich nicht auf einen von Amts wegen (BSG GS SozR 3-1300 § 24 Nr. 6) zu prüfenden Aufhebungsanspruch wegen fehlerhafter Anhörung im Verwaltungsverfahren stützen, da ein Verstoß gegen § 24 Abs. 1 SGB X nicht vorliegt. Die Vorschrift gebietet es, dem Betroffenen die entscheidungserheblichen Tatsachen in einer Weise zu unterbreiten, dass er sie als solche erkennen und sich zu ihnen - gegebenenfalls nach ergänzender Nachfrage bei der Behörde - sachgerecht äußern kann. Die Anhörungspflicht bezieht sich auf alle Tatsachen, auf die es nach der Rechtsansicht der Behörde für den bzw. die Verfügungssätze - hier also Teilaufhebung der bisherigen Leistungsbewilligung ab 1. Juli 1996 sowie Erstattung in Höhe von 12. 823, 52 DM - objektiv ankommt. Entscheidungserheblich sind dabei alle Tatsachen, die zum Ergebnis der Verwaltungsentscheidung beigetragen haben, auf die die Beklagte sich also stützt, wobei dies unabhängig davon gilt, ob die Beklagte von der materiell-rechtlich richtigen Rechtsauffassung ausgegangen ist (vgl. BSG SozR 3-1300 § 31 Nr. 13 S. 20 m.w.N.). Ob und inwieweit die Beklagte ihrer Anhörungspflicht mit dem als Anhörung bezeichneten Schreiben vom 28. Juli 1997 nachgekommen ist, kann offen bleiben. Denn in der Rechtsprechung ist schon lange anerkannt, dass die Anhörung auch durch den Inhalt des angefochtenen Bescheides im Sinne von § 41 Abs. 1 Nr. 3 SGB X nachgeholt werden kann, sofern dieser die Tatsachen enthält, die Gegenstand der Anhörung nach § 24 SGB X sind (BSG SozR 3-4100 § 128 Nr. 5 S. 44 m.w.N.). Aus dem Neufeststellungsbescheid vom 4. Juli 1997 konnte die Klägerin alles Wesentliche ersehen, insbesondere die Bedeutung der Verlegung des gewöhnlichen Aufenthaltes ins Ausland sowie das Rechenwerk des geltend gemachten Erstattungsanspruchs. Unerheblich ist, dass die Beklagte in diesem Bescheid weder Ausführungen zu dem gegenüber der Klägerin erhobenen Schuldvorwurf noch hinsichtlich der fehlenden Atypik gemacht hat. Denn insoweit stellen die Ausführungen in dem als Anhörung bezeichneten Schreiben vom 28. Juli 1997 eine eigenständige Nachholungshandlung dar.
2. Der angefochtene Bescheid vom 4. Juli 1997 sowie der “Bescheid” vom 3. März 1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. Oktober 1998 sind auch nicht aus materiell-rechtlichen Gründen rechtswidrig.
Maßgebliche Rechtsgrundlage für diese Bescheide, soweit sie die Teilaufhebungsentscheidung betreffen, ist § 48 SGB X. Hiernach ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Der Verwaltungsakt soll mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit u.a. der Betroffene einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist (§ 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB X), oder der Betroffene wusste oder nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist (§ 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 SGB X). Diese beiden Tatbestände sind vorliegend erfüllt.
Bei dem Rentenbewilligungsbescheid vom 22. März 1995 handelt es sich um einen Verwaltungsakt mit Dauerwirkung; die Leistungen erstrecken sich über einen längeren Zeitraum, der Verwaltungsakt hat über den Zeitpunkt der Bekanntgabe hinaus Wirkung. Gegenüber den bei der Bewilligung vorliegenden Verhältnissen ist auch am 1. Juli 1996 durch den am 26. Juni 1996 erfolgten Wegzug nach Spanien eine wesentliche Änderung eingetreten. Wesentlich ist jede Änderung, die dazu führt, dass die Beklagte unter den nunmehr objektiv vorliegenden Verhältnissen den Verwaltungsakt nicht oder nicht mehr in der bisherigen Form hätte erlassen dürfen. Vergleichsbescheid für die anzustellende Prüfung ist hier der Bewilligungsbescheid vom 22. März 1995. Dabei spielt es keine Rolle, ob die Klägerin noch die Rentenanpassungsmitteilung zum 1. Juli 1996, bei der es sich nach der Rechtsprechung des BSG um einen Verwaltungsakt handelt (BSG SozR 3-1300 § 31 Nr. 13), erhalten hat. Selbst wenn dies nämlich der Fall wäre, wäre dies deshalb ohne Bedeutung, weil bei dessen Erlass die Frage der Zahlbarkeit des Rentenanspruchs sowie der Zusatzleistungen (Beitragszuschüsse zur Krankenversicherung sowie zur Pflegeversicherung) nicht erneut geprüft wird, so dass maßgeblich für die Frage, ob eine Änderung insoweit eingetreten ist, allein der ursprüngliche Bewilligungsbescheid sein kann. Die erforderliche wesentliche Änderung ist darin zu sehen, dass die Klägerin seit dem 26. Juni 1996 in Spanien wohnhaft ist. Für die Zahlung einer Rente stellt der Umzug in das Ausland eine wesentliche Änderung der Verhältnisse dar, weil für den Bezug von Leistungen an Berechtigte, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland haben, besondere Bestimmungen gelten, insbesondere wird die Rente nicht aus allen rentenrechtlichen Zeiten ermittelt, die bei einem Aufenthalt im Inland zugrunde gelegt werden (§§ 110 Abs. 2, 113, 114 SGB VI). Die Klägerin hat ihren “gewöhnlichen Aufenthalt” seit dem 26. Juni 1996 in Spanien, denn sie hält sich dort unter Umständen auf, die erkennen lassen, dass sie dort nicht nur vorübergehend weilt (§ 30 Abs. 3 Satz 2 des Allgemeinen Teils des Sozialgesetzbuches -SGB I -), was zwischen den Beteiligten auch zu Recht nicht streitig ist.
Ab Juli 1996 hätten die den Rentenzahlungsanspruch bestimmenden persönlichen EP nach § 113 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI grundsätzlich nur noch aus Bundesgebiets-Beitragszeiten errechnet werden dürfen. Das sind nach § 113 Abs. 1 Satz 2 SGB VI Beitragszeiten, für die Beiträge nach Bundesrecht nach dem 8. Mai 1945 gezahlt worden sind, und die diesen im 5. Kapitel gleichgestellten Beitragszeiten. Für die vom Versicherten zurückgelegten FRG-Zeiten sind jedoch EP nach § 272 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI nicht zugrunde zu legen, weil die Klägerin nicht vor dem 19. Mai 1990 ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland genommen hat (§ 272 Abs. 1, 1. Satzteil SGB VI).
Die Vorschriften des SGB VI finden auf die Klägerin auch Anwendung, da der große Witwenrentenanspruch (§ 46 Abs. 2 Nr. 2 SGB VI) weit nach dem 31. März 1992 entstanden ist (§ 300 Abs. 2 SGB VI). Unabhängig davon war das frühere “Rentnerprivileg”, gemäß dem ein in der Bundesrepublik Deutschland festgestellter Anspruch auf eine Rente auch bei Verlegung des gewöhnlichen Aufenthalts ins Ausland “mitgenommen” werden konnte (§ 98 Abs. 2 AVG), nicht erst durch das Inkrafttreten des SGB VI entfallen, sondern bereits durch Artikel 23 § 4 des Staatsvertragsgesetzes (BGBl 1990 II S. 517). Zur Vermeidung von Wiederholungen wird insoweit auf die zutreffenden Ausführungen des Sozialgerichts Bezug genommen (§ 153 Abs. 2 SGG).
Ein Verstoß gegen höherrangiges Verfassungsrecht enthält die dargelegte gesetzliche Regelung nicht. Die Eigentumsgarantie des Artikel 14 GG ist schon deshalb nicht verletzt, weil die Klägerin um die Höhe des Zahlungsanspruches einer Witwenrente streitet. Zu den von Artikel 14 Abs. 1 GG geschützten Rechtspositionen können zwar grundsätzlich auch öffentlichrechtliche Ansprüche und Anwartschaften auf Leistungen aus der gesetzlichen Rentenversicherung gehören. Sie genießen Eigentumsschutz, wenn es sich um vermögenswerte Rechtspositionen handelt, die nach Art eines Ausschließlichkeitsrechts dem Rechtsträger als privatnützig zugeordnet sind, auf nicht unerheblichen Eigenleistungen des Versicherten beruhen und seiner Existenzsicherung dienen. Die Ansprüche auf Versorgung der Hinterbliebenen unterfallen dem Eigentumsbegriff des Artikel 14 Abs. 1 GG jedoch nicht, da sie schon dem Versicherten nicht als Rechtsposition privatnützig zugeordnet sind. Vielmehr handelt es sich um eine bloße Aussicht auf die Leistung, die mit der Auflösung der Ehe oder dem Vorversterben des Partners entfällt. Zudem beruhen Hinterbliebenenrenten nicht auf einer dem einzelnen Versicherten individuell zurechenbaren Leistung, die eine Zuordnung der zugrunde liegenden gesetzlichen Ansprüche zur verfassungsrechtlichen Eigentumsgarantie rechtfertigen könnte. Hinterbliebenenrenten sind vorwiegend fürsorgerisch motivierte Leistungen, weil sie ohne eigene Beitragsleistung des Rentenempfängers und ohne erhöhte Beitragsleistung des Versicherten gewährt werden.
Der Gedanke des sozialen Ausgleichs wird dadurch betont, dass die Vorsorge für die eigenen Angehörigen bei der individuellen Beitragsbemessung des Versicherten unberücksichtigt bleibt. Vielmehr trägt jeder Versicherte über seinen Beitrag zugleich auch zur Versorgung aller Hinterbliebenen von Versicherten bei. Auch wer keine unterhaltsberechtigten Angehörigen hat, zahlt gleiche Beiträge (vgl. hierzu insgesamt BVerfGE 97, 271).
Die gesetzliche Regelung verstößt auch nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz (Artikel 3 Abs. 1 GG). Dieser verbietet, wesentlich Gleiches willkürlich ungleich und wesentlich Ungleiches willkürlich gleich zu behandeln, wobei davon auszugehen ist, dass die Anwendung des Artikel 3 Abs. 1 GG stets auf einem Vergleich von Lebensverhältnissen beruht, die nie in allen, sondern nur in einzelnen Elementen übereinstimmen. Sache des Gesetzgebers ist es, zu entscheiden, welche Elemente der zu ordnenden Lebensverhältnisse er dafür als maßgebend ansieht, sie im Recht gleich oder verschieden zu behandeln. Eine Verletzung des allgemeinen Gleichheitssatzes liegt erst vor, wenn sich ein vernünftiger, aus der Natur der Sache ergebender oder sonst wie einleuchtender Grund für die vom Gesetzgeber vorgenommene Differenzierung oder Gleichbehandlung nicht finden lässt, der Gesetzgeber es also versäumt hat, tatsächliche Gleichheiten oder Ungleichheiten der zu ordnenden Lebenssachverhalte zu berücksichtigen, die so bedeutsam sind, dass sie bei einer am Gerechtigkeitsgedanken orientierten Betrachtungsweise beachtet werden müssen. Ohne Bedeutung ist es, ob der Gesetzgeber im Einzelfall jeweils die zweckmäßigste, vernünftigste oder gerechteste Lösung gefunden hat (BVerfGE 71, 255, 271). Dabei wird dem Gesetzgeber bei gewährender Staatstätigkeit, insbesondere auch bei der Regelung der Kriegs- und Kriegsfolgelasten, ein sehr weites Gestaltungsermessen eingeräumt (BVerfGE 27,253, 283). In diesem Rahmen kann vom Senat ein Verstoß gegen Artikel 3 Abs. 1 GG nicht festgestellt werden. Die Zahlbarmachung von FRG-Zeiten an im Inland lebende Deutsche beruht auf dem sachlich einleuchtenden Gedanken der Integration. Dieser Gedanke kommt nicht mehr zum Tragen, wenn sich der Berechtigte ins Ausland begibt, wo er der besonderen, an die Einwohnerschaft anknüpfenden Fürsorgepflicht seines Heimatstaates nicht mehr unterliegt (vgl. BVerfGE SozR 2200 § 1318 RVO Nr. 5, BSG SozR 2200 § 1318 RVO Nr. 9).
Schließlich liegt keine Verletzung eines - auf dem Rechtsstaatsprinzip (Artikel 20 GG) beruhenden - schutzwürdigen Vertrauens vor. Denn die Beklagte hatte auf der Seite 2 der Anlage 10 zum Rentenbescheid vom 22. März 1995 die Klägerin auf die fehlende Zahlbarkeit der Rentenleistung, soweit sie auf nach dem FRG zu berücksichtigenden Zeiten beruhte, im Falle des Verzugs ins Ausland hingewiesen. Darüber hinaus liegt auch kein Fall der echten oder unechten Rückwirkung vor, weil nicht in bereits abgewickelte, der Vergangenheit angehörende Tatbestände mit der gesetzlichen Regelung des Artikel 23 § 4 des Staatsvertrages und des diese Regelung fortschreibenden § 272 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI eingegriffen wurde. Vielmehr liegen sowohl der Rentenbeginn bei der Klägerin als auch ihr Verzug ins Ausland nach Verkündung der genannten Regelung des Staatsvertragsgesetzes. Dabei ist die Wahl des Stichtages (18. Mai 1990: Tag der Unterzeichnung des Staatsvertrages) verfassungsrechtlich unproblematisch. Dem Gesetzgeber ist es durch Artikel 3 Abs. 1 GG grundsätzlich nicht verwehrt, zur Regelung bestimmter Lebenssachverhalte Stichtage einzuführen, obwohl jeder Stichtag unvermeidlich gewisse Härten mit sich bringt. Es ist nur zu prüfen, ob der Gesetzgeber den ihm zukommenden Gestaltungsfreiraum in sachgerechter Weise genutzt hat (BVerfGE 87, S. 1, 43). Diesen Vorgaben genügt die vorgenommene Wahl des Stichtages. Es kann grundsätzlich nicht als sachwidrig angesehen werden, wenn der Gesetzgeber im Rahmen des ihm bei der Gewährung von Fürsorgeleistungen eingeräumten weiten Gestaltungsspielraums mehr als 45 Jahre nach Kriegsende eine Kriegsfolgelastregelung ändert, zumal der Gesetzgeber lediglich auf die politischen, rechtlichen und tatsächlichen Veränderungen in den Herkunftsgebieten reagiert hat (vgl. Begründung zum Entwurf des Staatsvertragsgesetzes, Bundestags-Drucksache 11/7350 S. 39).
Nichts anderes ergibt sich aus dem europäischen Recht. Ein Eingriff in die nach dem Recht der EU garantierte Freizügigkeit liegt nicht vor. Dies in Artikel 8 a des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft (EGV) in der Fassung (i.d.F.) von Maastricht (jetzt Artikel 18 EGV i.d.F. von Amsterdam) vorgesehene Recht regelt, dass jeder Unionsbürger das Recht hat, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedsstaaten vorbehaltlich der in diesem Vertrag und in den Durchführungsvorschriften vorgesehenen Beschränkungen und Bedingungen frei zu bewegen und aufzuhalten (Abs. 1). Dieses Recht richtet sich gegen den Mitgliedsstaat, in dem der Unionsbürger Aufenthalt begehrt, hier also Spanien. Spanien hat der Klägerin Aufenthalt gewährt, so dass sich nicht die Frage stellt, ob die Beklagte durch die vorgenommene Rentenkürzung dieses Recht in rechtlich relevanter Weise tangiert.
Der das Recht auf Freizügigkeit der Arbeitnehmer regelnde Artikel 48 EGV i.d.F. des Vertrages von Maastricht (nunmehr Art. 39 EGV i.d.F. von Amsterdam) ist ebenfalls nicht verletzt, da der Versicherte - von dem die Klägerin ihr Rentenrecht lediglich ableitet - niemals in zwei Mitgliedsstaaten der EU gearbeitet (sei es versicherungspflichtig oder selbständig) oder gewohnt hat, also niemals sein Recht auf Freizügigkeit innerhalb der EU ausgeübt hat; damit fehlt es an einem erforderlichen grenzüberschreitenden Sachverhalt (vgl. EuGHE 1982, 3723). Da der vorliegende Sachverhalt vom Schutzbereich der vorgenannten Norm nicht erfasst wird, wird die nach innerstaatlichem Recht zulässige “Rentenkürzung” um die FRG-Zeiten durch die Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 auch nicht verboten, die in Umsetzung des in Artikel 51 EGV (nunmehr Artikel 42 EGV i.d.F. von Amsterdam) enthaltenen Rechtsetzungsauftrages erlassen worden ist. Vielmehr unterfällt die Klägerin überhaupt nicht dem persönlichen Anwendungsbereich dieser Verordnung. Zwar erstreckt Artikel 2 Abs. 2 der Verordnung den persönlichen Anwendungsbereich auch auf die Hinterbliebenen eines unmittelbar Berechtigten. Da der unmittelbar Berechtigte nur der Versicherte sein könnte, dieser aber - aus den bereits genannten Gründen - sich auf das Recht auf Freizügigkeit als Arbeitnehmer bzw. Selbständiger nicht berufen konnte, war er auch nicht Berechtigter. Daher scheidet eine Berufung der Klägerin auf die Leistungsexportvorschrift des Artikel 10 Abs. 1 der Verordnung, unabhängig von dem Vorbehalt im Anhang VI Abschnitt C Nr. 1 der Verordnung, von vornherein aus.
Ferner ist kein Verstoß gegen die in den Artikeln 59 ff. EGV i.d.F. des Vertrages von Maastricht (nunmehr Art. 49 ff. EGV i.d.F. des Vertrages von Amsterdam) geregelte Dienstleistungsfreiheit gegeben. Hiervon ist sowohl die Freiheit des Dienstleistungsempfängers als auch die des Dienstleistungserbringers erfasst. Aber auch hier fehlt es an dem erforderlichen grenzüberschreitenden Sachverhalt, da der EGV den freien Dienstleistungsverkehr nur insoweit schützen will, als ein Element der Grenzüberschreitung der Leistung hinzukommt. Ein solcher Sachverhalt ist jedoch nicht gegeben, da die Klägerin als mögliche Dienstleistungsempfängerin sich nicht lediglich nur vorübergehend nach Spanien begeben hat, um dort eine Dienstleistung in Anspruch zu nehmen, sondern dort dauerhaft lebt (EuGH, Urteil vom 23. April 1991, C-41/90, Slg. 1991, I-1979).
Entgegen der Auffassung der Klägerin liegt auch kein Verstoß gegen die EuSC vom 18. Oktober 1961 (BGBl. II 1964 S. 1261)vor. Insbesondere vermag Artikel 12 Ziffer 3 EuSC , wonach das System der Sozialen Sicherheit fortschreitend auf einen höheren Stand zu bringen ist, den von der Klägerin vertretenen Rechtsstandpunkt nicht zu stützen. Bei der EuSC handelt es sich nämlich um einen völkerrechtlichen Vertrag, der - von etwaigen hier nicht einschlägigen Ausnahmen abgesehen (vgl. BAGE 48, S. 160, 170; 58, 343, 350) - keine unmittelbaren Rechte einzelner Bürger begründet, sondern lediglich rechtspolitische Zielsetzungen beinhaltet, deren Umsetzung in einklagbares nationales Recht sich die Vertragsparteien ausdrücklich vorbehalten haben. Dies folgt aus Teil III des Anhangs zur EuSC, der gemäß Artikel 38 EuSC Bestandteil der Charta ist. Dort heißt es: “Es besteht Einverständnis darüber, dass die Charta rechtliche Verpflichtungen internationalen Charakters enthält, deren Durchführung ausschließlich der in ihrem Teil IV vorgesehenen Überwachung unterliegt”. Die dort vorgesehene “Überwachung” enthält aber ausschließlich Rechtspflichten und die Möglichkeit, Empfehlungen an die Vertragsparteien zur Umsetzung der Vertragsziele in innerstaatliches Recht zu geben (Artikel 21, 24, 27 sowie 29 EuSC). Ohne diese Umsetzung in innerstaatliches Recht begründet die EuSC keine Rechtsansprüche (siehe BSG SozR 3-6935 Allg Nr. 1).
Die Beklagte war auch berechtigt, ihren Bescheiden nach § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 und 4 SGB X Rückwirkung beizumessen, da die Klägerin der in diesen Vorschriften enthaltene Schuldvorwurf trifft und Anhaltspunkte für einen - eine Ermessensausübung erforderlich machenden - atypischen Fall nicht vorliegen. Insoweit wird auf die zutreffenden Ausführungen des Sozialgerichts Bezug genommen (§ 153 Abs. 2 SGG).
Rechtsgrundlage für die Erstattungsforderung ist § 50 SGB X, deren rechnerische Richtigkeit nicht bezweifelt wird und für deren Unrichtigkeit der Senat auch keine Anhaltspunkte hat.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
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