L 14 RJ 662/97

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
14
1. Instanz
SG Landshut (FSB)
Aktenzeichen
S 5 Ar 5966/89.Ju
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 14 RJ 662/97
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 17. Januar 1990 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist unter den Beteiligten eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit.

Der 1940 geborene Kläger, ein ehemaliger jugoslawischer Staatsangehöriger aus Bosnien-Herzegowina, der nach seinen Angaben in seiner Heimat eine Ausbildung zum Dreher durchlaufen hat, war in der Bundesrepublik Deutschland zwischen 1966 und 1977 zunächst als Dreher und später überwiegend als Schlosser in einer Werft tätig. In seiner Heimat hat er zwischen 1957 und 1966 sowie vom 11.01.1978 bis 03.04.1984 und vom 09.10.1984 bis 17.03.1986 Versicherungszeiten erworben (13 Jahre, 10 Monate und 11 Tage), zuletzt als Lkw-Fahrer. Er bezieht dort seit 17.03.1986 eine Invalidenrente.

Die Rentenantragstellung erfolgte am 23.07.1985, nachdem es zuvor während der letzten Tätigkeit zu Unfällen und Entzug der Fahrerlaubnis gekommen war und auch zu einem stationären Aufenthalt wegen Alkoholentzugs (13.03. bis 10.07.1985; später erneut vom 19.11. bis 13.12.1985).

Die Beklagte lehnte den Rentenantrag mit Bescheid vom 24.04. 1987 ab mit der Begründung, die Erwerbsfähigkeit des Klägers werde zwar beeinträchtigt durch "psychovegetative Labilität, Leberschädigung ohne Aktivitätszeichen, Wirbelsäulenbeschwerden bei altersentsprechenden Abnutzungserscheinungen", er könne aber noch vollschichtig leichte bis mittelschwere Arbeiten ohne besonderen Zeitdruck und ohne Schicht- und Nachtdienst verrichten. Grundlage der Ablehnung waren Untersuchungen bei der Invalidenkommission in Ilidza am 13.03.1986 und 11.08.1986, ferner Berichte über stationäre Aufenthalte und weitere ärztliche Unterlagen aus Jugoslawien sowie die Untersuchungsergebnisse einer stationären Begutachtung in der Ärztlichen Gutachterstelle der Beklagten in Regensburg in der Zeit vom 23.02. bis 25.02. 1987.

Während die Ärzte der Invalidenkommission den Kläger wegen chronischem Alkoholismus und ätylisch bedingter Demenz, Polyneuropathie, Pseudoneurasthenie und Hepatopathie für nurmehr unter zweistündig einsatzfähig hielten, kam der Gutachter der Beklagten in Regensburg, Dr.L. , nach umfangreicher Untersuchung und Erhebung technischer Befunde (Röntgenuntersuchung, Thorax, Sonografie, EKG, Spirografie/Spiroergografie, Laborbefunde) und körperlicher Untersuchung des Klägers zu den im ablehnenden Bescheid aufgeführten Diagnosen und vertrat die Auffassung, der Kläger könne als Dreher und als Lkw-Fahrer nicht mehr arbeiten, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt aber noch ganztägig leichte bis mittelschwere Arbeiten ohne besonderen Zeitdruck und ohne Schicht- bzw. Nachtdienst verrichten.

Dr.L. schilderte einen psychisch unauffälligen, differenziert wirkenden Kläger; die Leberproben hatten im Normbereich gelegen, Hinweise für eine prozessaktive Leberfunktionsstörung hatten sich nicht ergeben.

Im anschließenden Klageverfahren vor dem Sozialgericht (SG) begehrte der Kläger weiter Rente wegen Erwerbsunfähigkeit (S 3 Ar 5581/87 Ju). Er bezeichnete seine Tätigkeiten in Deutschland bei sechs verschiedenen Arbeitgebern als Facharbeiten (Schlosser) und legte eine 1965 in Sarajevo ausgestellte Bescheinigung über den durch praktische Arbeit in Wirtschaftsorganisationen erlangten "Grad der Fachausbildung eines angelernten/spezialisierten Arbeiters im Beruf Metalldreher" vor.

Das SG holte Auskünfte des letzten Arbeitgebers, Firma O. und H. GmbH in H. , vom 06.10.1987 und 25.01.1989 ein. Danach war der Kläger dort zwischen 1971 und 1977 als Kunststoffschlosser (Facharbeiter) beschäftigt.

Am 26.01.1989 ließ das SG den Kläger durch den Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr.Z. untersuchen und begutachten. Dieser veranlasste ein Schädel-CT, Röntgenaufnahmen linke Schulter, HWS- BWS und LWS (jeweils in zwei Ebenen) sowie Gastroskopie und Ultraschall der inneren Organe und kam aufgrund seiner Untersuchung des Klägers zu dem Ergebnis, es bestehe ein chronischer Alkoholismus bei wahrscheinlich anlagemäßig einfach strukturierter Persönlichkeit, die durch den erheblichen Alkoholkonsum bezüglich der Intelligenz und des psychischen Habitus noch weiter abgesunken sei, ferner spondylotische und spondylarthrotische Veränderungen der Wirbelsäule sowie eine mäßige Magenschleimhautentzündung. Der Gutachter hielt eine wesentliche Veränderung im Vergleich zu früheren Befunden bzw. Gutachten nicht für gegeben, neue Leiden seien nicht hinzugekommen. Nach seiner Auffassung waren noch leichte Arbeiten einfacher, anspruchsloser Art ohne jede Eigenverantwortung, überwiegend im Sitzen, aber mit der Möglichkeit zum Wechsel der Körperhaltung ohne schweres Heben und Tragen in geschlossenen Räumen ganztägig möglich. Eine Umstellungsfähigkeit bestehe nur für einfache, nicht qualifizierte Arbeiten anspruchsloser Art. Einen eindeutigen Zeitpunkt für den Beginn des so beschriebenen Leistungsvermögens nannte Dr.Z. nicht, er gab aber an, die Beeinträchtigung der intellektuellen und psychischen Funktion liege ebenso wie die Veränderungen an der Wirbelsäule sicher bereits seit Jahren vor, ein Beginn könne insoweit nicht festgelegt werden. Auch der Beginn der Magenbeschwerden als Folge des Alkoholkonsums lasse sich nicht festlegen.

Aufgrund des Gutachtens schlossen die Beteiligten am 27.01. 1989 einen prozessbeendenden Vergleich; die Beklagte erklärte sich darin bereit, "den Versicherungsfall der Berufsunfähigkeit ab Januar 1989 anzuerkennen und dem Kläger Rente auf Zeit wegen Berufsunfähigkeit nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen (bis 31.12.1990) zu gewähren, sofern die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen erfüllt sind". Der Kläger nahm dieses Angebot an und im Übrigen die Klage zurück.

Die Beklagte ermittelte beim Kläger, dass dieser in der Zeit vom 18.03.1986 bis 31.01.1989 in keinem Beschäftigungsverhältnis gestanden, sondern Rente bezogen hatte.

Sie lehnte mit Bescheid vom 16.03.1989 die Rentengewährung mangels der Voraussetzungen der §§ 1246 Abs.1, 1247 Abs.1 Reichsversicherungsordnung (RVO) ab, da in den letzten 60 Kalendermonaten vor Eintritt der Berufs- bzw. Erwerbsunfähigkeit nicht mindestens 36 Monate mit Beiträgen für eine versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit belegt seien: Im maßgebenden Zeitraum vom 01.01.1984 bis 31.12.1988 seien nur 22 Pflichtbeiträge enthalten. Auch seien die Voraussetzungen der Übergangsvorschrift des Art.2 § 6 des Arbeiterrentenversicherungs-Neuregelungsgesetzes (ArVNG) nicht erfüllt: Es sei nicht jeder Kalendermonat in der Zeit vom 01.01.1984 bis zum Ende des Kalenderjahres vor Eintritt des Versicherungsfalles mit Beiträgen oder bei der Ermittlung der 60 Kalendermonate nach § 1246 Abs.2a RVO nicht mitzuzählenden Zeiten belegt.

Der Bescheid wurde laut Rückschein am 21.03.1989 zugestellt.

Mit seinem Widerspruch vom 09.06.1989, eingegangen am 31.07. 1989, machte der Kläger geltend, es müsse bei der Berechnung der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen auf den Zeitpunkt seines jugoslawischen Rentenbeginns am 31.03.1986 ankommen, denn danach habe er keine Beiträge mehr entrichten können. Der Vergleich vor dem SG beruhe auf der Tatsache, dass er ab März 1986 nicht mehr arbeitsfähig gewesen sei.

Auf Rückfrage teilte der Kläger mit, bei ordentlicher Postbeförderung hätte sein Widerspruch nach seiner Meinung rechtzeitig eingehen müssen. Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 11.09.1989 wegen Fristversäumnis als unzulässig zurück, da er nicht binnen drei Monaten nach der Zustellung des angefochtenen Bescheides am 21.03.1989, also bis 21.06.1989, sondern vielmehr erst am 31.07.1989 eingegangen sei. Gründe für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß §§ 84 Abs.2 Satz 3, 67 Sozialgerichtsgesetz (SGG) seien nicht gegeben.

Mit seiner hiergegen erhobenen Klage trug der Kläger erneut vor, es sei nicht gerecht, dass bei der Berechnung der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nicht auf einen Zeitraum von 60 Kalendermonaten vor dem 01.03.1986 abgestellt werde. Er bot an, die fehlenden 14 Monate durch Abzug von der Rente nachzuzahlen.

Das SG wies die Klage mit Urteil vom 17.01.1990 ab mit der Begründung, der angefochtene Bescheid vom 16.03.1989 sei mit Ablauf der Rechtsmittelfrist am 21.06.1989 bestandskräftig geworden, der vom Kläger am 31.07.1989 dagegen erhobene Widerspruch sei verfristet und damit unzulässig.

Mit einem am 17.04.1990 eingegangenen, vom Kläger zunächst nicht unterzeichneten Schreiben hat dieser Berufung eingelegt und auf Aufforderung die fehlende Unterschrift (Eingang am 09.05.1990) und nach weiterer Aufforderung die Berufungseinlegung in deutscher Sprache (Eingang am 21.05.1990) nachgeholt.

Er legt ärztliche/psychologische Bescheinigungen vom 28.08. 1987 und 10.01.1989 über eine bestehende äthylische Psychopathie und die Notwendigkeit einer Begleitperson im Falle des Reisens vor und beruft sich auf den schon 1986 von der Invalidenkommission festgestellten Verlust seiner Leistungsfähigkeit. Eine erst am 31.12.1988 eingetretene Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit sei nach den medizinischen Unterlagen nicht zutreffend, auch könne es nicht zu seinen Lasten gehen, dass die Untersuchung durch das SG erst im Januar 1989 erfolgt sei. Er bittet das Gericht um erneute Würdigung der medizinischen Unterlagen und um Feststellung des Versicherungsfalles der Erwerbsunfähigkeit bereits am 06.02.1986.

Die Beklagte wurde mit Schreiben des seinerzeit zuständigen Senats vom 28.06.1990 darauf hingewiesen, dass die Rechtsbehelfsbelehrung im Bescheid vom 16.03.1986 unrichtig gewesen und daher die Frist des § 84 Abs.1 SGG nicht in Lauf gesetzt worden sei, so dass nach § 66 Abs.2 SGG die Jahresfrist gegolten habe, die eingehalten sei. Ferner wurde mitgeteilt, dass die formgerechte Berufung gegen das am 10.02.1990 zugestellte Urteil am 21.05.1990 eingegangen sei, Wiedereinsetzung aber gemäß § 67 SGG möglich sei, weil der Kläger über das Erfordernis einer ordnungsgemäßen Berufungseinlegung erst mit Schreiben vom 10.05.1990 aufgeklärt worden sei.

Mit Beschluss vom 19.05.1993 wurde das Verfahren wegen der Unterbrechung des Postverkehrs infolge der Kriegswirren im ehemaligen Jugoslawien gemäß §§ 202 SGG i.V.m. 247 Zivilprozessordnung (ZPO) ausgesetzt und im Dezember 1997 wieder aufgenommen.

Die Beklagte verweist nach einer Überprüfung des angefochtenen Bescheids vom 24.04.1987 im Hinblick auf eine Nachentrichtung von Beiträgen zur Erfüllung der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen darauf, dass eine solche Nachentrichtung von freiwilligen Beiträgen für die Dauer des noch laufenden Verfahrens angesichts des im Juli 1985 gestellten Rentenantrags erst rückwirkend ab 01.01.1985 möglich sei und wegen der dann weiterhin unbelegten Zeiten von Mai bis September 1984 die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nach wie vor nicht erfüllt seien.

Mit Schreiben des Senats vom 10.08.2001 wies der Senat den Bevollmächtigten des Klägers auf die beabsichtigte Wiedereinsetzung hinsichtlich der Berufungsfrist, die unzutreffende Begründung des erstinstanzlichen Urteils, die grundsätzlich zutreffende Begründung des angefochtenen Bescheids bei fehlender Möglichkeit einer nachträglichen Einzahlung von Beiträgen und auf die Problematik des Zeitpunkts des Eintritts des Versicherungsfalles aufgrund des Gutachtens des Dr.Z. vom 26.01.1989 hin. Eine Rückantwort erfolgte nicht.

Der Kläger beantragt sinngemäß, die Beklagte unter Aufhebung des Urteils vom 17.01.1990 und des Bescheides vom 16.03.1989 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 11.09.1989 zu verurteilen, ihm Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit unter Festlegung eines Versicherungsfalls bereits im Februar 1986 zu gewähren.

Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Prozessakten, der beigezogenen Rentenakten der Beklagten und auf die ebenfalls beigezogenen Akten S 3 Ar 5581/87 Ju des SG Landshut Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist gemäß § 143 ff. SGG zulässig.

Zwar ist sie formgerecht im Sinne des § 151 SGG erst am 21.05. 1990 eingegangen, und damit nach Ablauf der Berufungsfrist gegen das am 10.02.1990 zugestellte Urteil. Insoweit wird dem Kläger jedoch Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 67 Abs.1 SGG gewährt. Wiedereinsetzungsgründe sind gegeben, weil der Kläger erst nach Ablauf der Berufungsfrist auf die Formvorschriften hingewiesen und aufgefordert wurde, eine formgerechte Berufung einzureichen. Das hat er unverzüglich getan.

Die zulässige Berufung erweist sich jedoch nicht als begründet.

Das angefochtene erstinstanzliche Urteil ist im Ergebnis, wenn auch nicht in der Begründung, zutreffend. Entgegen der darin vertretenen Auffassung ist der angefochtene Bescheid vom 16.03. 1989 nicht bestandskräftig geworden. Wegen falscher Rechtsmittelbelehrung bezüglich der Widerspruchsfrist (ein Monat statt drei Monate) galt die Jahresfrist des § 66 Abs.2 SGG (vgl. BSG, Urteil vom 28.05.1991 - BSGE 69, 9). Diese wurde eingehalten.

Die Klage war aber im Hinblick darauf abzuweisen, dass der Bescheid der Beklagten vom 16.03.1989, der in Ausführung des gerichtlichen Vergleichs vom 27.01.1989 erging, als solcher rechtmäßig war. Zu Recht hat die Beklagte darin das Fehlen der besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für einen im Januar 1989 im Zeitpunkt der Untersuchung durch Dr.Z. eingetretenen Versicherungsfall festgestellt. Es waren im maßgeblichen Zeitraum von 60 Kalendermonaten vor Eintritt der Berufsunfähigkeit, d.h. in der Zeit vom 01.01.1984 bis 31.12.1988, lediglich 22 jugoslawische Beiträge vorhanden. Aufschubzeiten, die den Beginn dieses Zeitraums zu Gunsten des Klägers hätten verschieben können, sind nicht erkennbar. Insbesondere zählt der Rentenbezug des Klägers in seiner Heimat nicht zu den in § 1246 Abs.2a RVO aufgezählten Tatbeständen (BSG, Urteil vom 23.03.1994 - 5 RJ 24/93 - in SozR 3-2200 § 1246 Nr.46). Auch waren die Voraussetzungen der Übergangsvorschrift des Art.2 § 6 Abs.2 ArVNG nicht erfüllt, denn es war nicht jeder Monat in der Zeit vom 01.01.1984 bis zum Ende des Kalenderjahres vor Eintritt des Versicherungsfalles mit Beiträgen oder den in § 1246 Abs.2a RVO aufgezählten nicht mitzuzählenden Zeiten belegt, vielmehr besteht insoweit eine Lücke zwischen April und Oktober 1984.

Diese Lücke kann der Kläger auch nicht mehr durch Beitragsnachentrichtung schließen. Zwar hat er aufgrund der Rentenantragstellung ab 23.07.1985 das Recht, gemäß §§ 1418, 1420 Abs.2 RVO Beiträge für die Zeit ab 1985 nachzuentrichten - diese Beitragsentrichtung könnte im Falle eines Rentenbezugs erst ab 01.01.1992 im Hinbick auf § 241 Abs.2 Satz 2 des zu diesem Zeitpunkt in Kraft getretenen SGB VI auch unterbleiben. Die Beitragslücke für die nicht mit jugoslawischen Beiträgen belegten Monate im Jahre 1984 bliebe jedoch bestehen; die Frist für die Entrichtung freiwilliger Beiträge für diesen Zeitraum war bei Antragstellung im Juli 1985 bereits abgelaufen (vgl. § 1418 RVO). Eine nachträgliche Einzahlung von Beiträgen für diese Zeit kommt auch nicht ausnahmsweise im Rahmen eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs unter dem Gesichtspunkt einer fehlerhaften Beratung durch die Beklagte in Betracht, da Anhaltspunkte für eine solche Mangelberatung in der damaligen Zeit nicht gegeben sind.

Die vom Kläger begehrte anderweitige Berechnung des maßgeblichen Zeitraums von 60 Kalendermonaten (Zurückverlegung auf den Zeitraum vom 01.02.1981 bis 31.01.1986 wegen Arbeitsunfähigkeit in Jugoslawien seit 06.02.1986 und Berentung seit März 1986) ist nach den gesetzlichen Bestimmungen nicht möglich, vgl. § 1246 Abs.1 und 3 RVO a.F ... Die Beteiligten haben durch gerichtlichen Vergleich vom 27.01.1989 den Versicherungsfall als im Jahre 1989 eingetreten festgelegt. Dieser Vergleich ist wirksam zustande gekommen. Er ist entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen ordnungsgemäß protokolliert worden und dem Kläger vorher - ebenso wie das zugrunde liegende ärztliche Gutachten - von einem Dolmetscher übersetzt worden. Hinweise dafür, dass er seinen Inhalt nicht verstanden habe oder nicht geschäftsfähig gewesen sei, ergeben sich nicht. Auch trifft seine Behauptung nicht zu, Basis des Vergleichs sei seine Arbeitsunfähigkeit und Berentung im Februar/März 1986 gewesen. Dies war gerade nicht der Fall. Erkennbarer zeitlicher Anknüpfungspunkt für den Vergleich war vielmehr der Zeitpunkt der Untersuchung durch Dr.Z. , der in seinem Gutachten vom 27.01.1989 etwas widersprüchlich einerseits von einem gegenüber der Vorbegutachtung im Rentenverfahren durch Dr.L. nicht geänderten Befund ausgegangen war, andererseits aber auch von einer "sicher bereits seit Jahren" herabgesetzten Beeinträchtigung der psychischen und intellektuellen Funktion und des Umstellungsvermögens für anspruchsvollere Arbeiten sprach. Es handelte sich offenbar um verschiedene Beurteilungen ein und desselben Sachverhalts durch Dr.L. und Dr.Z. , vermutlich aufgrund des unterschiedlichen Erscheinungsbildes des Klägers bei der jeweiligen Untersuchung. So hatte Dr.L. im Februar 1987 noch ein wesentlich besseres Leistungsbild erhoben, besondere krankhafte Befunde hatten sich bei seiner Untersuchung nicht ergeben, insbesondere keine Zeichen für eine prozessaktive Leberfunktionsstörung oder eine von den jugoslawischen Gutachtern attestierte toxische Schädigung des zentralen Nervensystems; der Kläger erschien psychisch unauffällig. Da sich Dr.Z. hinsichtlich eines klaren Zeitpunkts für seine andere Leistungsbeurteilung nicht festlegte, kam es - wie häufig in solchen Fällen - zu der Annahme des Eintritts des Versicherungsfalles der Berufsunfähigkeit zum Zeitpunkt der aktuellen Untersuchung.

Der Kläger hat den Vergleich nicht widerrufen oder angefochten. Ein einseitiger Widerruf wäre auch nicht möglich. Willensmängel im Sinne einer Anfechtung wurden nicht geltend gemacht, sondern lediglich erstmals in der Berufungsinstanz das Begehren vorgetragen, das Gericht möge die medizinischen Unterlagen erneut würdigen und aufgrund dieser Prüfung das Vorliegen von Erwerbsunfähigkeit bereits seit Februar 1986 feststellen. Damit kann der Kläger jedoch nicht durchdringen, da dieses Begehren die Rücknahme des in Ausführung des Vergleichs vom 27.01.1989 erlassenen Bescheides durch die Beklagte in einem Überprüfungsverfahren nach § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) voraussetzt. Der Vergleich hat das seinerzeitige Rentenverfahren beendet. Der Senat kann in dem jetzt anhängigen Verfahren nurmehr überprüfen, ob der wirksam beschlossene Vergleich mit dem angefochtenen Bescheid vom 16.03.1989 ordnungsgemäß ausgeführt wurde.

Die Wirkung des Vergleichs könnte allenfalls aufgrund eines Antrags auf Überprüfung des Ausführungsbescheides und seiner Grundlagen in dem beschlossenen Vergleich vom 27.01.1989 gemäß § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X), der gegenüber der Beklagten zu stellen wäre, aufgehoben werden. Ob ein solcher Antrag Erfolg hätte, muss angesichts der relativ gründlichen Untersuchung des Klägers durch Dr.L. im Februar 1987 mit dem Ergebnis einer vollschichtigen Leistungsfähigkeit für mittelschwere Arbeiten ohne Zeitdruck und Nachtschicht und angesichts der damals bei der Prüfung von Berufsunfähigkeit im Rahmen von § 1246 RVO durchaus noch üblichen Verweisung von Facharbeitern auf die körperlich leichteren Tätigkeiten eines Qualitätskontrolleurs auf Facharbeiterniveau bezweifelt werden. Für ein deutliches Absinken dieses Leistungsvermögens in der folgenden Zeit bis spätestens November 1987 (spätestmöglicher Zeitpunkt für das Eintreten eines Versicherungsfalles bei Wahrung der besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen) gibt es aber trotz Vorliegens anders lautender jugoslawischer Atteste, die kritisch zu würdigen sind, keine Anhaltspunkte.

Nach alledem konnte die Berufung keinen Erfolg haben.

Sie war mit der Kostenfolge aus § 193 SGG zurückzuweisen.

Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 sind nicht ersichtlich.
Rechtskraft
Aus
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