Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
5
1. Instanz
SG Magdeburg (SAN)
Aktenzeichen
S 46 AS 1474/12 ER
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 5 AS 339/12 B ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerden werden zurückgewiesen.
Kosten sind in beiden Verfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Die Antragstellerin und Beschwerdeführerin begehrt in zwei Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes vom Antragsgegner die Gewährung eines Darlehens oder eines Vorschusses iHv 1.200,00 EUR bzw. 796,60 EUR.
Die im Jahr 1959 geborene Antragstellerin war erwerbstätig und bezog bis zum 18. März 2012 Krankengeld iHv 23,85 EUR täglich, das nachschüssig gezahlt wurde. Ihrem Girokonto wurden Krankengeldzahlungen am 5. Januar 2012 iHv 738,11 EUR für Dezember 2011, am 7. Februar 2012 iHv 715,50 EUR für Januar 2012, am 2. März 2012 iHv 572,40 EUR für die Zeit vom 31. Januar bis zum 14. Februar 2012 sowie am 30. März 2012 iHv 572,40 EUR für die Zeit bis zum 18. März 2012 gutgeschrieben. Zusätzlich erhielt die Antragstellerin im Februar 2012 Leistungen nach dem Wohngeldgesetz (WoGG) iHv 25 EUR. Ein weiterer Wohngeldantrag für die Folgezeit war in Bearbeitung. Seit dem 19. März 2012 bezieht die Antragstellerin Arbeitslosengeld I (Alg I) iHv 18,13 EUR täglich; der monatliche Gesamtbetrag iHv 543,90 EUR wird jeweils zum Monatsletzten dem Girokonto gutgeschrieben.
Sie bewohnt eine 60 m² große Wohnung, für die jeweils bis zum dritten Werktag des Monats eine Miete iHv 314 EUR (Kaltmiete 255 EUR, Stellplatz 25 EUR, Betriebskosten 34 EUR) zu zahlen ist. Die Wohnung wird mit Gas beheizt, für das sie einen monatlichen Abschlag an den Versorger iHv 73 EUR entrichtet. Weiter erbringt sie monatliche Zahlungen an den Stromversorger iHv 42 EUR, an die Telekom iHv rund 35 EUR, Darlehensraten für den Kauf eines Kfz iHv 139 EUR sowie für die üblichen Versicherungen. Ihr Girokonto wies zum Monatsende folgende Guthabenstände auf: 1.039,48 EUR am 30. März 2012, 605,94 EUR am 30. April 2012, 761,31 EUR am 31. Mai 2012 und ein Soll iHv 249,26 EUR am 18. Juni 2012.
Am 27. März 2012 stellte die Antragstellerin einen Antrag auf Gewährung von Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) ab dem 1. April 2012, mit dem sie unter Vorlage von Belegen am 5. April 2012 bei dem Antragsgegner vorsprach.
Am 7. Mai 2012 beantragte die Antragstellerin bei dem Antragsgegner die Gewährung eines Vorschusses oder Darlehens iHv 1.200 EUR. Nachdem dieser dies formlos ablehnte, hat sie am 8. Mai 2012 einen ersten Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes beim Sozialgericht Magdeburg (SG) gestellt (Az.: S 46 AS 1474/12 ER). Zur Begründung hat sie vorgetragen, ihr werde seit dem 1. April 2012 ihr Existenzminimum verweigert. Der Antragsgegner habe angekündigt, dass die Bearbeitung ihres Leistungsantrags noch weitere vier Wochen dauere. Daher sei ihr Existenzminimum drei Monate lang nicht gewährleistet.
Mit Bescheid vom 9. Mai 2012 bewilligte der Antragsgegner für April 2012 ergänzende SGB II-Leistungen iHv 88,24 EUR. Den Bedarf bezifferte er auf 769,60 EUR (Regelleistung 374 EUR, Mehrbedarf Warmwasser: 8,60 EUR, Miete: 314 EUR, Heizkosten: 73 EUR). Als Einkommen berücksichtigte er neben dem Alg I noch das von der Antragstellerin für ihre volljährige, außerhalb des Haushalts lebende behinderte Tochter bezogene Kindergeld iHv 184 EUR. Nach Bereinigung um die Versicherungspauschale iHv 30 EUR sowie den Monatsbeitrag für die Kfz-Haftpflichtversicherung iHv 16,54 EUR gelangte er zu einem anrechenbaren Betrag iHv 681,36 EUR. Für den Leistungszeitraum ab 1. Mai 2012 lehnte der Antragsgegner den Antrag ab, da nach Auskunft der Wohngeldstelle ab dem Monat März 2012 noch Leistungen nach dem WoGG bewilligt würden, die voraussichtlich im Mai 2012 zuflössen. Es bestehe daher kein SGB II-Leistungsanspruch mehr.
Mit Bescheid vom 15. Mai 2012 bewilligte die Wohngeldstelle für März 2012 ein Wohngeld iHv 61 EUR und für April und Mai 2012 iHv je 120 EUR. Vom Gesamtbetrag würden 212,76 EUR zum 31. Mai 2012 an die Antragstellerin ausgezahlt.
Am 15. Mai 2012 stellte die Antragstellerin einen erneuten Leistungsantrag und teilte mit, sie habe die Abzweigung des Kindergelds auf das Konto ihrer Tochter beantragt, die ab Juni 2012 erfolgen solle. Der Antragsgegner bat insoweit um Vorlage eines Belegs. Bei der Vorsprache am 7. Juni 2012 stellte er der Antragstellerin einen Barscheck über 272,24 EUR als SGB II-Leistungen für Juni 2012 aus. Mit Bescheid vom 13. Juni 2012 bewilligte er für den Zeitraum von Juni bis November 2012 vorläufige Leistungen iHv 272,24 EUR/Monat. Vom unveränderten Bedarf zog er nur noch das bereinigte Alg I iHv 497,36 EUR ab.
Mit Beschluss vom 6. Juni 2012 hat das SG den einstweiligen Rechtsschutzantrag abgelehnt. Es bestehe kein Anordnungsanspruch. Das Einkommen aus Alg I, Wohngeld und Kindergeld sei bedarfsdeckend. Soweit die Antragstellerin meine, sie könne mit dem (erst) zum Monatsende zur Verfügung stehenden Alg I nicht hinreichend wirt-schaften, habe sie die Möglichkeit, beim zuständigen Leistungsträger einen Antrag auf Zahlung eines Abschlags gemäß § 337 Abs. 4 Drittes Buch Sozialgesetzbuch – Arbeitsförderung (SGB III) zu stellen. Hierfür sei jedoch der SGB II-Leistungsträger nicht einstandspflichtig. Das Vorliegen eines Anordnungsgrundes könne daher dahinstehen. Dagegen hat die Antragstellerin am 11. Juni 2012 Beschwerde eingelegt.
Bereits am 2. Juni 2012 hat sie bei dem SG erneut die Gewährung eines Darlehens bzw. Vorschusses iHv nunmehr 769,60 EUR/Monat ab dem 1. Juni 2012 beantragt (Az.: S 46 AS 1874/12 ER). Es bestehe weiterhin eine Sicherungslücke von dreißig Tagen. Nach § 41 SGB II müsse der zur Existenzsicherung erforderliche Betrag iHv 769,60 EUR am Monatsersten zur Verfügung stehen. Sie könne sonst ihren Zahlungsverpflichtungen (Miete, Strom, Gas) nicht fristgerecht nachkommen.
Mit Schreiben vom 21. Juni 2012 hat die Bundesagentur für Arbeit, Agentur für Arbeit H., den Antrag der Antragstellerin auf eine abweichende Regelung der Auszahlung des Alg I abgelehnt.
Mit Beschluss vom 25. Juni 2012 hat das SG auch den weiteren Eilantrag abgelehnt und zur Begründung auf seinen vorhergehenden Beschluss verwiesen.
Dagegen hat die Antragstellerin am 5. Juli 2012 Beschwerde eingelegt. Ihr verfassungsrechtlich garantiertes Existenzminimum sei nicht gewährleistet. Sie sei vom Antragsgegner falsch beraten worden, denn dieser hätte sie darauf hinweisen müssen, dass ihr zum nächsten Monatsbeginn nicht hinreichend Geld zur Verfügung stehen werde. Es sei ihr nicht zuzumuten, die vorliegend eintretende Deckungslücke bis zum 30. eines jeden Monats aus ihrem im März 2012 vorhandenen Schonvermögen zu begleichen. Ihr sei im Juni 2012 ein wirtschaftlicher Schaden iHv 0,99 EUR entstanden. Nach Überweisung der Miete für Juni 2012 am 15. Juni 2012 verfüge sie für diesen Monat über keine Mittel mehr. Ihr wirtschaftlicher Schaden sowie weitere Folgekosten wie Mahngebühren oder Stornokosten habe der Antragsgegner zu ersetzen. Denn letztlich sei er dafür verantwortlich, dass ihr zum Monatsbeginn der Geldbetrag zur Verfügung stehe, den sie zur Deckung ihres Existenzminimums benötige.
Die Antragstellerin beantragt sinngemäß,
die Beschlüsse des Sozialgerichts Magdeburg vom 6. 25. Juni 2012 aufzuheben und den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, 1. ihr vorläufig ein Darlehen bzw. zum Ersten eines jeden Monats einen Vorschuss iHv 1.200 EUR bzw. 769,60 EUR zu gewähren, 2. festzustellen, dass ihr dem Grunde nach ein Schadensersatzanspruch aufgrund der verspäteten Auszahlung der Sozialleistungen zustehe, 3. sowie hilfsweise festzustellen, dass sie einen öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch wegen Falschberatung bzw. Leistungsverweigerung habe.
Der Antragsgegner beantragt,
die Beschwerden zurückzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Antragsgegners ergänzend Bezug genommen. Die genannten Unterlagen waren Gegenstand der Beratung des Senats.
II.
Die Beschwerden gegen die Beschlüsse des SG vom 6. und 25. Juni 2012 haben keinen Erfolg.
Sie sind zulässig, insbesondere form- und fristgerecht erhoben. Auch der Beschwerdewert von 750 EUR gemäß § 172 Abs. 3 Nr. 1 iVm § 144 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ist überschritten, denn die Antragstellerin hat Darlehens- bzw. Vorschussleistungen iHv mindestens 769,60 EUR beantragt.
Die Beschwerden sind jedoch unbegründet. Das Gericht kann nach § 86b Abs. 2 SGG eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Voraussetzung für den Erlass einer Regelungsanordnung ist gemäß § 86b Abs. 2 Satz 4 SGG iVm § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung (ZPO) die Glaubhaftmachung sowohl eines Anordnungsgrunds (also die Eilbedürftigkeit der Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile) als auch eines Anordnungsanspruchs (die hinreichende Wahrscheinlichkeit eines in der Hauptsache gegebenen materiellen Leistungsanspruchs). Grundsätzlich soll wegen des vorläufigen Charakters der einstweiligen Anordnung die endgültige Entscheidung der Hauptsache nicht vorweg genommen werden.
Der Beweismaßstab im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes erfordert im Gegensatz zu einem Hauptsacheverfahren für das Vorliegen der anspruchsbegründenden Tatsachen nicht die volle richterliche Überzeugung. Dies erklärt sich mit dem Wesen dieses Verfahrens, das wegen der Dringlichkeit der Entscheidung regelmäßig keine eingehenden, unter Umständen langwierigen Ermittlungen zulässt. Deshalb kann im einstweiligen Rechtsschutzverfahren nur eine vorläufige Regelung längstens für die Dauer des Klageverfahrens getroffen werden, die das Gericht in der Hauptsache nicht bindet.
Ein Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund sind glaubhaft gemacht, wenn die tatsächlichen Voraussetzungen überwiegend wahrscheinlich sind. Dies erfordert, dass mehr für als gegen die Richtigkeit der Angaben spricht (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl. § 86b RN 16b). Unter Anwendung dieser Maßstäbe sind die sozialgerichtlichen Entscheidungen im Ergebnis nicht zu beanstanden.
Das Rechtsmittel des einstweiligen Rechtsschutzes hat vor dem Hintergrund des Artikel 19 Abs. 4 Grundgesetz (GG) die Aufgabe, in den Fällen effektiven Rechtsschutz zu gewährleisten, in denen eine Entscheidung in dem grundsätzlich vorrangigen Verfahren der Hauptsache zu schweren und unzumutbaren, nicht anders abwendbaren Nachteilen führen würde, zu deren nachträglicher Beseitigung die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr in der Lage wäre (vgl. Bundesverfassungsgericht, Beschlüsse vom 22. November 2002, Az.: 1 BvR 1586/02, NJW 2003 S. 1236, und vom 12. Mai 2005, Az.: 1 BvR 569/05, Breithaupt 2005, S. 803). Dies bedeutet aber gleichzeitig, dass ein Anordnungsgrund fehlt, wenn es nicht um die Abwendung gravierender Beeinträchtigungen geht oder die vermutliche Zeitdauer des Hauptsacheverfahrens keine Gefährdung für die Rechtsverwirklichung und -durchsetzung bietet, wenn also dem Antragsteller auch mit einer späteren Realisierung seines Rechts geholfen ist. Zwar sollen grundsätzlich Leistungen nach dem SGB II das Existenzminimum der Antragsteller sichern. Wird durch die seitens des Leistungsträgers erbrachte Leistung der Bedarf nicht gedeckt, ist die Existenz des Hilfebedürftigen zeitweise nicht sichergestellt. Allerdings führt nicht jede Unterdeckung des Bedarfs grundsätzlich zu einer Existenzbedrohung und damit zum Vorliegen eines Anordnungsgrundes. Erforderlich ist eine existentielle Notlage.
Da nach den vorstehenden Ausführungen einstweiliger Rechtsschutz nur zu gewähren ist, wenn es gilt, erhebliche Nachteile abzuwehren, und das Ergebnis der Hauptsache nicht wirtschaftlich vorwegzunehmen ist, besteht regelmäßig dann kein Anordnungsgrund, wenn im Wege des Eilrechtsschutzes Bagatellbeträge geltend gemacht werden (ständige Rechtsprechung des Senats, vgl. Beschluss vom 30. März 2009, Az.: L 5 B 121/08 AS ER, juris). Wird um Leistungen gestritten, deren Höhe fünf Prozent der monatlichen Regelleistung (derzeit: 18,80 EUR) nicht übersteigt, lösen regelmäßig unzureichende Leistung des Leistungsträgers noch keine existenzielle, d.h. akute wirtschaftliche Notlage aus, der mit Mitteln des gerichtlichen Eilrechtsschutzes begegnen ist. Der Antragsteller ist dann auf die Durchführung des Hauptsacheverfahrens zu verweisen.
So liegt der Fall hier. Zum maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Senats ist eine akute, existenzielle Notlage der Antragstellerin nicht feststellbar. Sie fordert, dass ihr regelmäßig zum Monatsbeginn finanzielle Mittel iHv 769,60 EUR (dem Gesamtbedarf) auf ihrem Girokonto zur Verfügung stehen. Dies ist nicht der Fall, denn vorliegend setzen sich die monatlichen Einnahmen der Antragstellerin, aus denen sie ihren Lebensunterhalt bestreiten muss, aus den SGB II-Leistungen iHv 272,24 EUR/Monat, die – jedenfalls seit Juli 2012 – regelmäßig monatlich zum Monatsbeginn gezahlt werden, und dem Alg I iHv 543,90 EUR zusammen, das entsprechend der gesetzlichen Regelung in § 337 Abs. 2 SGB III regelmäßig zum Monatsende nachträglich ausgezahlt wird. Durch die Zahlweise sei sie gezwungen, ihr Konto zu überziehen oder einen Teil der von ihr regelmäßig zu bedienenden Verbindlichkeiten wie die Miete erst verspätet im Verlauf des Monats zu bezahlen. Die Antragstellerin hat den ihr insoweit entstandenen Verzugsschaden für Juni 2012 auf 0,99 EUR beziffert (Schriftsatz vom 2. Juli 2012, L 5 AS 339/12 B ER).
Hieraus ergibt sich nach der Überzeugung des Senats keine existentielle Notlage, die im Wege des Eilrechtsschutzes zu beseitigen wäre, denn es handelt sich bei den möglicherweise entstehenden Schäden (Verzugszinsen, Mahngebühren und Überziehungszinsen) um Bagatellbeträge im Sinne der vorstehenden Ausführungen.
Zudem waren vorliegend die belegten Guthabenstände auf dem Girokonto im Zeitraum von März bis Mai 2012, die zum Monatsende zwischen 605 EUR und 1.039 EUR betrugen, so hoch, dass es der Antragstellerin durchaus möglich gewesen ist, aus dem Guthaben sowie den zum Monatsbeginn ausgezahlten SGB II-Leistungen iHv 271,24 EUR ihre festen Verbindlichkeiten zu bedienen. Soweit das Guthaben auf dem Girokonto nach Überweisung der Miete und der Kfz-Darlehensrate am 15. Juni 2012 aufgezehrt gewesen ist, hat ihr die kontoführende Bank nach den vorliegenden Kontoauszügen einen Dispokredit iHv 2.000 EUR eingeräumt, sodass eine echte, akute wirtschaftliche Notlage nicht entstehen kann. Im Übrigen hatte die Antragstellerin vom Antragsgegner am 7. Juni 2012 einen Barscheck über die SGB II-Leistungen iHv 271,24 EUR erhalten, der bis zum 18. Juni 2012 nicht über das Konto eingelöst worden ist.
Eine vom Antragsgegner verschuldete akute Notlage ist nicht ersichtlich. Vielmehr realisieren sich im Fall der Antragstellerin die Folgen der gesetzlichen Regelung, nach der Leistungen nach dem SGB III – anders als die nach dem SGB II – nachschüssig gezahlt werden. Der Gesetzgeber hat bei Erlass der Vorschriften die Unterschiedlichkeit der Zahlungszeitpunkte gesehen, jedoch bislang keine Notwendigkeit einer Angleichung erkannt. Mithin ist die gesetzliche Wertung grundsätzlich – solange sie keine unerträglichen Folgen auslöst – hinzunehmen. Sie ist im Übrigen nach der im Leistungsbereich des SGB II vorgesehenen, monatsweise Betrachtung des Hilfefalls nicht zu beanstanden. Immer dann, wenn sog. Aufstocker nur ergänzende Leistungen nach dem SGB II beziehen, ist es regelmäßig so, dass ihre anderen Einkommensbestandteile – seien es Löhne und Gehälter oder auch andere Sozialleistungen wie Kindergeld und Wohngeld – erst im Verlauf des Anrechnungsmonats zufließen. Dies gilt auch für die Antragstellerin, deren Situation während des Bezugs von Krankengeld keine andere war, denn dieses wurde ebenfalls nachträglich gezahlt.
Zum anderen weist der Senat darauf hin, dass es der Antragstellerin – entgegen ihrer Auffassung – vor einer Inanspruchnahme gerichtlichen Eilrechtsschutzes zuzumuten ist, ein etwaiges Schonvermögen vorübergehend zur Bedarfsdeckung einzusetzen. Denn damit wird ihr in der vorliegenden Konstellation nicht dessen dauerhafter Einsatz iS eines Verbrauchs angesonnen, weil es nur um die Überbrückung des vorübergehenden Defizit im Monatsverlauf (maximal 30 Tage) geht, das regelmäßig zum Monatsende (durch die Zahlung des Alg I) wieder ausgeglichen wird.
Soweit die Antragstellerin in den Beschwerdeverfahren zudem die gerichtliche Feststellung eines Schadensersatzanspruches bzw. eines öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruches begehrt, war dem im einstweiligen Rechtsschutzverfahren schon deshalb nicht zu entsprechen, weil dieses Begehren nicht auf die Behebung einer akuten Notlage gerichtet ist. Etwaige Ersatzansprüche mag die Antragstellerin im Hauptsacheverfahren verfolgen.
Die Beschwerden waren daher insgesamt zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidungen beruhen auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.
Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde anfechtbar (§ 177 SGG).
Kosten sind in beiden Verfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Die Antragstellerin und Beschwerdeführerin begehrt in zwei Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes vom Antragsgegner die Gewährung eines Darlehens oder eines Vorschusses iHv 1.200,00 EUR bzw. 796,60 EUR.
Die im Jahr 1959 geborene Antragstellerin war erwerbstätig und bezog bis zum 18. März 2012 Krankengeld iHv 23,85 EUR täglich, das nachschüssig gezahlt wurde. Ihrem Girokonto wurden Krankengeldzahlungen am 5. Januar 2012 iHv 738,11 EUR für Dezember 2011, am 7. Februar 2012 iHv 715,50 EUR für Januar 2012, am 2. März 2012 iHv 572,40 EUR für die Zeit vom 31. Januar bis zum 14. Februar 2012 sowie am 30. März 2012 iHv 572,40 EUR für die Zeit bis zum 18. März 2012 gutgeschrieben. Zusätzlich erhielt die Antragstellerin im Februar 2012 Leistungen nach dem Wohngeldgesetz (WoGG) iHv 25 EUR. Ein weiterer Wohngeldantrag für die Folgezeit war in Bearbeitung. Seit dem 19. März 2012 bezieht die Antragstellerin Arbeitslosengeld I (Alg I) iHv 18,13 EUR täglich; der monatliche Gesamtbetrag iHv 543,90 EUR wird jeweils zum Monatsletzten dem Girokonto gutgeschrieben.
Sie bewohnt eine 60 m² große Wohnung, für die jeweils bis zum dritten Werktag des Monats eine Miete iHv 314 EUR (Kaltmiete 255 EUR, Stellplatz 25 EUR, Betriebskosten 34 EUR) zu zahlen ist. Die Wohnung wird mit Gas beheizt, für das sie einen monatlichen Abschlag an den Versorger iHv 73 EUR entrichtet. Weiter erbringt sie monatliche Zahlungen an den Stromversorger iHv 42 EUR, an die Telekom iHv rund 35 EUR, Darlehensraten für den Kauf eines Kfz iHv 139 EUR sowie für die üblichen Versicherungen. Ihr Girokonto wies zum Monatsende folgende Guthabenstände auf: 1.039,48 EUR am 30. März 2012, 605,94 EUR am 30. April 2012, 761,31 EUR am 31. Mai 2012 und ein Soll iHv 249,26 EUR am 18. Juni 2012.
Am 27. März 2012 stellte die Antragstellerin einen Antrag auf Gewährung von Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) ab dem 1. April 2012, mit dem sie unter Vorlage von Belegen am 5. April 2012 bei dem Antragsgegner vorsprach.
Am 7. Mai 2012 beantragte die Antragstellerin bei dem Antragsgegner die Gewährung eines Vorschusses oder Darlehens iHv 1.200 EUR. Nachdem dieser dies formlos ablehnte, hat sie am 8. Mai 2012 einen ersten Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes beim Sozialgericht Magdeburg (SG) gestellt (Az.: S 46 AS 1474/12 ER). Zur Begründung hat sie vorgetragen, ihr werde seit dem 1. April 2012 ihr Existenzminimum verweigert. Der Antragsgegner habe angekündigt, dass die Bearbeitung ihres Leistungsantrags noch weitere vier Wochen dauere. Daher sei ihr Existenzminimum drei Monate lang nicht gewährleistet.
Mit Bescheid vom 9. Mai 2012 bewilligte der Antragsgegner für April 2012 ergänzende SGB II-Leistungen iHv 88,24 EUR. Den Bedarf bezifferte er auf 769,60 EUR (Regelleistung 374 EUR, Mehrbedarf Warmwasser: 8,60 EUR, Miete: 314 EUR, Heizkosten: 73 EUR). Als Einkommen berücksichtigte er neben dem Alg I noch das von der Antragstellerin für ihre volljährige, außerhalb des Haushalts lebende behinderte Tochter bezogene Kindergeld iHv 184 EUR. Nach Bereinigung um die Versicherungspauschale iHv 30 EUR sowie den Monatsbeitrag für die Kfz-Haftpflichtversicherung iHv 16,54 EUR gelangte er zu einem anrechenbaren Betrag iHv 681,36 EUR. Für den Leistungszeitraum ab 1. Mai 2012 lehnte der Antragsgegner den Antrag ab, da nach Auskunft der Wohngeldstelle ab dem Monat März 2012 noch Leistungen nach dem WoGG bewilligt würden, die voraussichtlich im Mai 2012 zuflössen. Es bestehe daher kein SGB II-Leistungsanspruch mehr.
Mit Bescheid vom 15. Mai 2012 bewilligte die Wohngeldstelle für März 2012 ein Wohngeld iHv 61 EUR und für April und Mai 2012 iHv je 120 EUR. Vom Gesamtbetrag würden 212,76 EUR zum 31. Mai 2012 an die Antragstellerin ausgezahlt.
Am 15. Mai 2012 stellte die Antragstellerin einen erneuten Leistungsantrag und teilte mit, sie habe die Abzweigung des Kindergelds auf das Konto ihrer Tochter beantragt, die ab Juni 2012 erfolgen solle. Der Antragsgegner bat insoweit um Vorlage eines Belegs. Bei der Vorsprache am 7. Juni 2012 stellte er der Antragstellerin einen Barscheck über 272,24 EUR als SGB II-Leistungen für Juni 2012 aus. Mit Bescheid vom 13. Juni 2012 bewilligte er für den Zeitraum von Juni bis November 2012 vorläufige Leistungen iHv 272,24 EUR/Monat. Vom unveränderten Bedarf zog er nur noch das bereinigte Alg I iHv 497,36 EUR ab.
Mit Beschluss vom 6. Juni 2012 hat das SG den einstweiligen Rechtsschutzantrag abgelehnt. Es bestehe kein Anordnungsanspruch. Das Einkommen aus Alg I, Wohngeld und Kindergeld sei bedarfsdeckend. Soweit die Antragstellerin meine, sie könne mit dem (erst) zum Monatsende zur Verfügung stehenden Alg I nicht hinreichend wirt-schaften, habe sie die Möglichkeit, beim zuständigen Leistungsträger einen Antrag auf Zahlung eines Abschlags gemäß § 337 Abs. 4 Drittes Buch Sozialgesetzbuch – Arbeitsförderung (SGB III) zu stellen. Hierfür sei jedoch der SGB II-Leistungsträger nicht einstandspflichtig. Das Vorliegen eines Anordnungsgrundes könne daher dahinstehen. Dagegen hat die Antragstellerin am 11. Juni 2012 Beschwerde eingelegt.
Bereits am 2. Juni 2012 hat sie bei dem SG erneut die Gewährung eines Darlehens bzw. Vorschusses iHv nunmehr 769,60 EUR/Monat ab dem 1. Juni 2012 beantragt (Az.: S 46 AS 1874/12 ER). Es bestehe weiterhin eine Sicherungslücke von dreißig Tagen. Nach § 41 SGB II müsse der zur Existenzsicherung erforderliche Betrag iHv 769,60 EUR am Monatsersten zur Verfügung stehen. Sie könne sonst ihren Zahlungsverpflichtungen (Miete, Strom, Gas) nicht fristgerecht nachkommen.
Mit Schreiben vom 21. Juni 2012 hat die Bundesagentur für Arbeit, Agentur für Arbeit H., den Antrag der Antragstellerin auf eine abweichende Regelung der Auszahlung des Alg I abgelehnt.
Mit Beschluss vom 25. Juni 2012 hat das SG auch den weiteren Eilantrag abgelehnt und zur Begründung auf seinen vorhergehenden Beschluss verwiesen.
Dagegen hat die Antragstellerin am 5. Juli 2012 Beschwerde eingelegt. Ihr verfassungsrechtlich garantiertes Existenzminimum sei nicht gewährleistet. Sie sei vom Antragsgegner falsch beraten worden, denn dieser hätte sie darauf hinweisen müssen, dass ihr zum nächsten Monatsbeginn nicht hinreichend Geld zur Verfügung stehen werde. Es sei ihr nicht zuzumuten, die vorliegend eintretende Deckungslücke bis zum 30. eines jeden Monats aus ihrem im März 2012 vorhandenen Schonvermögen zu begleichen. Ihr sei im Juni 2012 ein wirtschaftlicher Schaden iHv 0,99 EUR entstanden. Nach Überweisung der Miete für Juni 2012 am 15. Juni 2012 verfüge sie für diesen Monat über keine Mittel mehr. Ihr wirtschaftlicher Schaden sowie weitere Folgekosten wie Mahngebühren oder Stornokosten habe der Antragsgegner zu ersetzen. Denn letztlich sei er dafür verantwortlich, dass ihr zum Monatsbeginn der Geldbetrag zur Verfügung stehe, den sie zur Deckung ihres Existenzminimums benötige.
Die Antragstellerin beantragt sinngemäß,
die Beschlüsse des Sozialgerichts Magdeburg vom 6. 25. Juni 2012 aufzuheben und den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, 1. ihr vorläufig ein Darlehen bzw. zum Ersten eines jeden Monats einen Vorschuss iHv 1.200 EUR bzw. 769,60 EUR zu gewähren, 2. festzustellen, dass ihr dem Grunde nach ein Schadensersatzanspruch aufgrund der verspäteten Auszahlung der Sozialleistungen zustehe, 3. sowie hilfsweise festzustellen, dass sie einen öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch wegen Falschberatung bzw. Leistungsverweigerung habe.
Der Antragsgegner beantragt,
die Beschwerden zurückzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Antragsgegners ergänzend Bezug genommen. Die genannten Unterlagen waren Gegenstand der Beratung des Senats.
II.
Die Beschwerden gegen die Beschlüsse des SG vom 6. und 25. Juni 2012 haben keinen Erfolg.
Sie sind zulässig, insbesondere form- und fristgerecht erhoben. Auch der Beschwerdewert von 750 EUR gemäß § 172 Abs. 3 Nr. 1 iVm § 144 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ist überschritten, denn die Antragstellerin hat Darlehens- bzw. Vorschussleistungen iHv mindestens 769,60 EUR beantragt.
Die Beschwerden sind jedoch unbegründet. Das Gericht kann nach § 86b Abs. 2 SGG eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Voraussetzung für den Erlass einer Regelungsanordnung ist gemäß § 86b Abs. 2 Satz 4 SGG iVm § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung (ZPO) die Glaubhaftmachung sowohl eines Anordnungsgrunds (also die Eilbedürftigkeit der Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile) als auch eines Anordnungsanspruchs (die hinreichende Wahrscheinlichkeit eines in der Hauptsache gegebenen materiellen Leistungsanspruchs). Grundsätzlich soll wegen des vorläufigen Charakters der einstweiligen Anordnung die endgültige Entscheidung der Hauptsache nicht vorweg genommen werden.
Der Beweismaßstab im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes erfordert im Gegensatz zu einem Hauptsacheverfahren für das Vorliegen der anspruchsbegründenden Tatsachen nicht die volle richterliche Überzeugung. Dies erklärt sich mit dem Wesen dieses Verfahrens, das wegen der Dringlichkeit der Entscheidung regelmäßig keine eingehenden, unter Umständen langwierigen Ermittlungen zulässt. Deshalb kann im einstweiligen Rechtsschutzverfahren nur eine vorläufige Regelung längstens für die Dauer des Klageverfahrens getroffen werden, die das Gericht in der Hauptsache nicht bindet.
Ein Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund sind glaubhaft gemacht, wenn die tatsächlichen Voraussetzungen überwiegend wahrscheinlich sind. Dies erfordert, dass mehr für als gegen die Richtigkeit der Angaben spricht (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl. § 86b RN 16b). Unter Anwendung dieser Maßstäbe sind die sozialgerichtlichen Entscheidungen im Ergebnis nicht zu beanstanden.
Das Rechtsmittel des einstweiligen Rechtsschutzes hat vor dem Hintergrund des Artikel 19 Abs. 4 Grundgesetz (GG) die Aufgabe, in den Fällen effektiven Rechtsschutz zu gewährleisten, in denen eine Entscheidung in dem grundsätzlich vorrangigen Verfahren der Hauptsache zu schweren und unzumutbaren, nicht anders abwendbaren Nachteilen führen würde, zu deren nachträglicher Beseitigung die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr in der Lage wäre (vgl. Bundesverfassungsgericht, Beschlüsse vom 22. November 2002, Az.: 1 BvR 1586/02, NJW 2003 S. 1236, und vom 12. Mai 2005, Az.: 1 BvR 569/05, Breithaupt 2005, S. 803). Dies bedeutet aber gleichzeitig, dass ein Anordnungsgrund fehlt, wenn es nicht um die Abwendung gravierender Beeinträchtigungen geht oder die vermutliche Zeitdauer des Hauptsacheverfahrens keine Gefährdung für die Rechtsverwirklichung und -durchsetzung bietet, wenn also dem Antragsteller auch mit einer späteren Realisierung seines Rechts geholfen ist. Zwar sollen grundsätzlich Leistungen nach dem SGB II das Existenzminimum der Antragsteller sichern. Wird durch die seitens des Leistungsträgers erbrachte Leistung der Bedarf nicht gedeckt, ist die Existenz des Hilfebedürftigen zeitweise nicht sichergestellt. Allerdings führt nicht jede Unterdeckung des Bedarfs grundsätzlich zu einer Existenzbedrohung und damit zum Vorliegen eines Anordnungsgrundes. Erforderlich ist eine existentielle Notlage.
Da nach den vorstehenden Ausführungen einstweiliger Rechtsschutz nur zu gewähren ist, wenn es gilt, erhebliche Nachteile abzuwehren, und das Ergebnis der Hauptsache nicht wirtschaftlich vorwegzunehmen ist, besteht regelmäßig dann kein Anordnungsgrund, wenn im Wege des Eilrechtsschutzes Bagatellbeträge geltend gemacht werden (ständige Rechtsprechung des Senats, vgl. Beschluss vom 30. März 2009, Az.: L 5 B 121/08 AS ER, juris). Wird um Leistungen gestritten, deren Höhe fünf Prozent der monatlichen Regelleistung (derzeit: 18,80 EUR) nicht übersteigt, lösen regelmäßig unzureichende Leistung des Leistungsträgers noch keine existenzielle, d.h. akute wirtschaftliche Notlage aus, der mit Mitteln des gerichtlichen Eilrechtsschutzes begegnen ist. Der Antragsteller ist dann auf die Durchführung des Hauptsacheverfahrens zu verweisen.
So liegt der Fall hier. Zum maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Senats ist eine akute, existenzielle Notlage der Antragstellerin nicht feststellbar. Sie fordert, dass ihr regelmäßig zum Monatsbeginn finanzielle Mittel iHv 769,60 EUR (dem Gesamtbedarf) auf ihrem Girokonto zur Verfügung stehen. Dies ist nicht der Fall, denn vorliegend setzen sich die monatlichen Einnahmen der Antragstellerin, aus denen sie ihren Lebensunterhalt bestreiten muss, aus den SGB II-Leistungen iHv 272,24 EUR/Monat, die – jedenfalls seit Juli 2012 – regelmäßig monatlich zum Monatsbeginn gezahlt werden, und dem Alg I iHv 543,90 EUR zusammen, das entsprechend der gesetzlichen Regelung in § 337 Abs. 2 SGB III regelmäßig zum Monatsende nachträglich ausgezahlt wird. Durch die Zahlweise sei sie gezwungen, ihr Konto zu überziehen oder einen Teil der von ihr regelmäßig zu bedienenden Verbindlichkeiten wie die Miete erst verspätet im Verlauf des Monats zu bezahlen. Die Antragstellerin hat den ihr insoweit entstandenen Verzugsschaden für Juni 2012 auf 0,99 EUR beziffert (Schriftsatz vom 2. Juli 2012, L 5 AS 339/12 B ER).
Hieraus ergibt sich nach der Überzeugung des Senats keine existentielle Notlage, die im Wege des Eilrechtsschutzes zu beseitigen wäre, denn es handelt sich bei den möglicherweise entstehenden Schäden (Verzugszinsen, Mahngebühren und Überziehungszinsen) um Bagatellbeträge im Sinne der vorstehenden Ausführungen.
Zudem waren vorliegend die belegten Guthabenstände auf dem Girokonto im Zeitraum von März bis Mai 2012, die zum Monatsende zwischen 605 EUR und 1.039 EUR betrugen, so hoch, dass es der Antragstellerin durchaus möglich gewesen ist, aus dem Guthaben sowie den zum Monatsbeginn ausgezahlten SGB II-Leistungen iHv 271,24 EUR ihre festen Verbindlichkeiten zu bedienen. Soweit das Guthaben auf dem Girokonto nach Überweisung der Miete und der Kfz-Darlehensrate am 15. Juni 2012 aufgezehrt gewesen ist, hat ihr die kontoführende Bank nach den vorliegenden Kontoauszügen einen Dispokredit iHv 2.000 EUR eingeräumt, sodass eine echte, akute wirtschaftliche Notlage nicht entstehen kann. Im Übrigen hatte die Antragstellerin vom Antragsgegner am 7. Juni 2012 einen Barscheck über die SGB II-Leistungen iHv 271,24 EUR erhalten, der bis zum 18. Juni 2012 nicht über das Konto eingelöst worden ist.
Eine vom Antragsgegner verschuldete akute Notlage ist nicht ersichtlich. Vielmehr realisieren sich im Fall der Antragstellerin die Folgen der gesetzlichen Regelung, nach der Leistungen nach dem SGB III – anders als die nach dem SGB II – nachschüssig gezahlt werden. Der Gesetzgeber hat bei Erlass der Vorschriften die Unterschiedlichkeit der Zahlungszeitpunkte gesehen, jedoch bislang keine Notwendigkeit einer Angleichung erkannt. Mithin ist die gesetzliche Wertung grundsätzlich – solange sie keine unerträglichen Folgen auslöst – hinzunehmen. Sie ist im Übrigen nach der im Leistungsbereich des SGB II vorgesehenen, monatsweise Betrachtung des Hilfefalls nicht zu beanstanden. Immer dann, wenn sog. Aufstocker nur ergänzende Leistungen nach dem SGB II beziehen, ist es regelmäßig so, dass ihre anderen Einkommensbestandteile – seien es Löhne und Gehälter oder auch andere Sozialleistungen wie Kindergeld und Wohngeld – erst im Verlauf des Anrechnungsmonats zufließen. Dies gilt auch für die Antragstellerin, deren Situation während des Bezugs von Krankengeld keine andere war, denn dieses wurde ebenfalls nachträglich gezahlt.
Zum anderen weist der Senat darauf hin, dass es der Antragstellerin – entgegen ihrer Auffassung – vor einer Inanspruchnahme gerichtlichen Eilrechtsschutzes zuzumuten ist, ein etwaiges Schonvermögen vorübergehend zur Bedarfsdeckung einzusetzen. Denn damit wird ihr in der vorliegenden Konstellation nicht dessen dauerhafter Einsatz iS eines Verbrauchs angesonnen, weil es nur um die Überbrückung des vorübergehenden Defizit im Monatsverlauf (maximal 30 Tage) geht, das regelmäßig zum Monatsende (durch die Zahlung des Alg I) wieder ausgeglichen wird.
Soweit die Antragstellerin in den Beschwerdeverfahren zudem die gerichtliche Feststellung eines Schadensersatzanspruches bzw. eines öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruches begehrt, war dem im einstweiligen Rechtsschutzverfahren schon deshalb nicht zu entsprechen, weil dieses Begehren nicht auf die Behebung einer akuten Notlage gerichtet ist. Etwaige Ersatzansprüche mag die Antragstellerin im Hauptsacheverfahren verfolgen.
Die Beschwerden waren daher insgesamt zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidungen beruhen auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.
Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde anfechtbar (§ 177 SGG).
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