L 5 RJ 98/01

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Regensburg (FSB)
Aktenzeichen
S 1 RJ 397/00
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 5 RJ 98/01
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 13 RJ 47/02 B
Datum
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Regensburg vom 19. Januar 2001 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der am 1930 geborene Kläger war vom 01.01.1945 bis 23.05. 1977 mit Unterbrechungen in der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung beitragspflichtig. Darüber hinaus wurden vom 27.07.1959 bis 06.08.1959 Beiträge zur niederländischen Rentenversicherung entrichtet, weil der Kläger auf dem Passagierschiff "R." der Niederländischen H.linie als Steward beschäftigt war.

Zunächst wurde dem Kläger Erwerbsunfähigkeitsrente von der LVA Oberfranken/Mittelfranken (Bescheid vom 22.11.1980 über Dauerrente) gewährt.

Auf den Antrag des Klägers vom 23.01.1992 wegen Neuberechnung infolge weiterer Nachweise über Zeiten der Arbeitsunfähigkeit und Arbeitslosigkeit sowie der Tätigkeit als Steward gab die LVA Oberfranken/Mittelfranken die Akten an die nach der 1. Verwaltungsvereinbarung zum Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich der Niederlande über Sozialversicherung vom 18.06.1954 zuständige Verbindungsstelle LVA Westfalen, die Beklagte, ab.

Von dort erhielt der Kläger seit 01.06.1992 seine Erwerbsunfähigkeitsrente überwiesen. Mit weiterem Bescheid vom 24.09.1992 hat die Beklagte die Rente des Klägers im Hinblick auf die neuen Unterlagen ab 01.06.1979 neu berechnet. Insgesamt ergab sich eine Überzahlung, die jedoch vom Kläger nicht zurückgefordert wurde. Die bisherige Rente wurde als sog. Besitzstandsrente solange weitergewährt, bis sie Ende Februar 1993 durch die jährlichen Rentenanpassungen der richtig zustehenden Höhe entsprach.

Mit Bescheid vom 02.06.1993 gewährte der niederländische Versicherungsträger dem Kläger im Hinblick auf seine niederländischen Beitragszeiten eine sog. Erwerbsunfähigkeitsrente nach dem Gesetz über die Erwerbsunfähigkeitsversicherung (WAO) ab 01.07.1993. Nach den niederländischen Bestimmungen betrug diese Rente 80 v.H. eines sog. Mindesttagelohns, umgerechnet DM 365,62 ab 01.07.1993. Die in der Zeit vom 11.04.1978 bis 30.06.1993 aufgelaufene Nachzahlung von DM 28.753,04 wurde zugunsten der Beklagten und des Landratsamtes Neumarkt - Sozialhilfeverwaltung - einbehalten. Die laufende niederländische Rente wurde durch die Beklagte als Verbindungsstelle ausbezahlt. Ab Vollendung des 65. Lebensjahres erlosch der Anspruch auf eine niederländische Erwerbsunfähigkeitsrente nach dem AAW/WAO (Erwerbsunfähigkeitsversicherungsgesetz/Allgemeines Erwerbsunfähigkeitsgesetz). Mit Bescheid vom 06.12.1994 hat der niederländische Versicherungsträger den Antrag des Klägers auf eine Pension nach dem Allgemeinen Altersgesetz (AOW) zunächst abgelehnt, aber mit Bescheid vom 31.05.1996 eine AOW-Pension in Höhe von 27,00 DM (2 % der vollen AOW-Pension für Unverheiratete) gewährt. Mit Bescheid vom 01.08.1995 hat die Beklagte die deutsche Erwerbsunfähigkeitsrente in eine Regelaltersrente umgewandelt. Die Anerkennung einer Zurechnungszeit wurde versagt, weil der Kläger das 60. Lebensjahr schon vollendet habe.

Mit Bescheid vom 26.01.1996 lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers auf Überprüfung der Rentenhöhe wegen Berücksichtigung einer Zurechnungszeit ab. Wegen der Ablehnung des AOW-Antrages müsse der Kläger seine Rechte beim niederländischen Versicherungsträger geltend machen.

Am 06.02.1996 hat der Kläger den Antrag gestellt, den gemäß den EWG-Verordnungen 1408/71 und 574/72 ihm vom niederländischen Versicherungsträger zugebilligten Erwerbsunfähigkeitszuschlag auf die deutsche Altersrente zu übernehmen. Das Gemeinschafts- den Staatsangehörigen jedes Mitgliedstaates gewährt würden. Würde ihm eine niederländische Altersrente zustehen, so würden beim Übergang von der Erwerbsunfähigkeitsrente zur Altersrente die Bezüge auf keinen Fall gekürzt.

Mit Bescheid vom 04.11.1996/Widerspruchsbescheid vom 07.02.1997 wurde der Antrag des Klägers auf Zahlung eines Zuschlages aus der niederländischen Invaliditätsrente zu der deutschen Regelaltersrente abgelehnt. Neben den innerstaatlichen deutschen und niederländischen Vorschriften seien auch die überstaatlichen Regelungen der Verordnungen (EWG) Nr.1408/71 und 574/72 maßgebend, da der Kläger Versicherungszeiten sowohl in der Bundesrepublik Deutschland als auch in den Niederlanden zurückgelegt habe. Die vorgenannten EWG-Verordnungen würden jedoch keine Integration der Berechtigten mit einem einheitlichen Rentenanspruch aus den Versicherungsverhältnissen zu mehreren EU-Mitgliedsstaaten bewirken. Die selbständigen Ansprüche gegen die einzelnen nationalen Systeme würden bestehen bleiben. Der Wegfall der Invaliditätsrente in den Niederlanden habe keine Auswirkungen auf den Anspruch aus der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung. Im übrigen handle es sich bei der aus den Niederlanden gezahlten WAO-Leistung um eine Invaliditätsrente und nicht um einen Erwerbsunfähigkeitszuschlag. Die einzelnen EG- Mitgliedstaaten würden aus ihren Versicherungszeiten eigene Renten zahlen. Der niederländische Versicherungsträger habe eine Invalidenrente aus den in den Niederlanden zurückgelegten Versicherungszeiten gezahlt. Gleichzeitig habe der Kläger eine Erwerbsunfähigkeitsrente aus den in Deutschland entrichteten Beiträgen erhalten. Mit Vollendung des 65. Lebensjahres sei nach den niederländischen Bestimmungen der Anspruch auf die Invalidenrente entfallen. Mit Bescheid vom 31.05.1996 sei jedoch eine Altersrente zugebilligt worden, die allerdings erheblich geringer als die vorher gezahlte Invalidenrente sei. Es sei nirgendwo festgelegt, dass der Wegfall einer Leistung eines EG- Staates durch Erhöhung der Leistung des Wohnsitzstaates aufgefangen werden müsse. Die Tatsache, dass die niederländische Invalidenrente weggefallen sei, beruhe ausschließlich auf niederländischem Recht.

Mit seiner Klage zum Sozialgericht Regensburg (SG) trug der Klägers erneut vor, dass es gemäß Art.118 Abs.2 der EWG-Verordnung Nr.574/72 bei der Neufeststellung von Renten nicht zu einem geringeren Leistungsbetrag kommen dürfe. Auch die Vorschrift des Art.51 EWG-Verordnung gehe davon aus, dass die Freizügigkeit im EG-Raum behindert würde, wenn ein Arbeitnehmer wegen seiner Zugehörigkeit zu verschiedenen nationalen Systemen befürchten müsste, bereits erworbene Ansprüche auf Leistungen wieder einzubüßen. Das SG wies die Klage auf Abänderung des Bescheides vom 04.11.1996 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07.02.1997 mit Urteil vom 07.11.1997 ab. Eine Rechtsgrundlage, wonach ein EG- Mitgliedsstaat den Wegfall einer nach den Bestimmungen eines anderes EWG-Mitgliedsstaates berechneten Rente zu ersetzen oder durch einen Zuschlag auszugleichen habe, existiere nicht. Die vom Kläger genannten Art.42, 43 der EWG-Verordnung 1408/71 seien nicht einschlägig. Das Bayerische Landessozialgericht (LSG) wies die Berufung des Klägers mit Urteil vom 27. Januar 1999 zurück. Für das Begehren des Klägers, die deutsche Altersrente um den Unterschiedsbetrag zwischen der früher gezahlten niederländischen Erwerbsunfähigkeitsrente und der jetzigen niedrigeren niederländischen Altersrente zu erhöhen, gebe es keine Anspruchsgrundlage.

Gegen dieses Urteil wandte sich der Kläger mit Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision an das Bundessozialgericht (BSG). Diese nahm der Kläger zurück, weil die Beklagte Neufeststellung unter Berücksichtigung einer Zurechnungszeit vom 01.12.1978 bis 31.05.1987 zusagte. Die Beklagte stellt mit Bescheid vom 28.07. 1999 die EU-Rente - wie zugesagt - neu fest. Damit war der Kläger aber nicht zufrieden und bat mit einem Brief an das BSG vom 17.11.1999 dieses um Weiterbearbeitung. Das BSG verwies den Kläger an die Beklagte.

Daher erhob der Kläger gegen einen Bescheid vom 05.11.1999 Widerspruch, welcher eine weitere Neuberechnung der Regelaltersrente zum Gegenstand hat. Im wesentlichen verlangt er wiederum den Differenzbetrag, der nach der Reduzierung der Rente aus Holland entstanden war. Mit Widerspruchsbescheid vom 14.06.2000 erfolgte sachliche Zurückweisung unter Hinweis auf die Rechtskraft der Entscheidungen des LSG und SG sowie die Bindung des Bescheides vom 04.11.1996 und Widerspruchsbescheides vom 07.02.1997.

Das Sozialgericht Regensburg hat die Klage gegen den Bescheid vom 15.11.1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheid vom 14.06.2000 am 19. Januar 2001 abgewiesen.

Mit seiner dagegen am 21.02.2001 wiederum eingelegten Berufung zum LSG hat der Kläger erneut Zahlung eines Zuschlages aus der niederländischen Invaliditätsrente zu der deutschen Regelaltersrente begehrt.

Er beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung des Urteils des SG Regensburg vom 19. Januar 2001 sowie des Bescheides vom 15.11.1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.06.2000 zu verurteilen, eine höhere Rente zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung des Klägers gegen das Urteil des SG Regensburg vom 19. Januar 2001 zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist zulässig, aber nicht begründet.

Das Urteil des SG vom 19. Januar 2001 und der Bescheid der Beklagten vom 15.11.1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.06.2000 sind nicht zu beanstanden.

Die genannten Bescheide sind bei einer nach § 44 Abs. 1 SGB X gebotenen Überprüfung (BSG vom 03.02.1988, SozR 1300 § 44 Nr.3) nicht falsch. Zunächst ist nämlich im Rahmen einer Entscheidung nach § 44 Abs. 1 SGB X zu prüfen, ob sich durch die Antragstellung neue Tatsachen und Erkenntnisse ergeben haben, die für die originäre Unrichtigkeit der Vorentscheidung sprechen könnten. Ist schon das nicht der Fall - wie hier -, dann darf sich die Verwaltung ohne jede Sachprüfung auf die Bindungswirkung des sachlich angegriffenen Bescheides (hier: Bescheides vom 04.11. 1996 und Widerspruchsbescheides vom 07.02.1997) berufen.

Die Behörde kann auch nach Bestandskraft durch sog Zweitbescheid bei unveränderter Sach- und Rechtslage den Rechtsweg erneut eröffnen (BVerfGE 27, 297); daran hat sich durch die §§ 44 ff SGB X nichts geändert (LSG Rheinland-Pfalz, Breith 1986, 633). Auch unter dieser Annahme ist der Bescheid der Beklagten vom 15. 11. 1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. 6. 2000 nicht rechtswidrig.

Für den vom Kläger geltend gemachten Anspruch, die deutsche Altersrente um den Unterschiedsbetrag zwischen der früher gezahlten niederländischen Erwerbsunfähigkeitsrente und der jetzigen niedrigeren niederländischen Altersrente zu erhöhen, gibt es keine rechtliche Grundlage. Wie schon das SG im Urteil vom 07.11.1997 und das LSG in demjenigen vom 27. Januar 1999 zutreffend ausgeführt haben, sehen weder die Bestimmungen des deutschen Rentenrechts schon von der Natur der Sache her als nationale Rechtsordnung noch die den Kern des europäischen Sozialrechts bildenden Rechtsverordnungen (EWGV 1408/71 und EWGV 574/72), eine entsprechende Anspruchsgrundlage vor. Auf die diesbezüglichen Ausführungen wird insoweit gemäß § 153 Abs.2 SGG ausdrücklich verwiesen und insoweit von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe abgesehen. Das gleiche gilt im Hinblick auf das Urteil des LSG vom 27. Januar 1999, soweit es den EGV (Art.118 Abs.2) selbst und die fehlende Veranlassung zu einem Vorabentscheidungsverfahren (Art.177 Satz 1 EGV bzw. 234 idF ab 01.05.1999) betrifft.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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