L 15 SB 112/99

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
15
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 28 SB 1837/96
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 15 SB 112/99
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 27.10.1999 wird zurückgewiesen. Die Feststellungsklage wird abgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob dem Kläger im Rahmen eines Feststellungsverfahrens nach dem Schwerbehindertengesetz (SchwbG) bzw. seit Juli 2001 nach dem Sozialgesetzbuch 9. Buch (SGB IX) das Merkzeichen "aG" zusteht. Außerdem begehrt der Kläger Änderungen im Katalog seiner festgestellten Behinderungen. Im Rahmen einer während des Berufungsverfahrens erhobenen Klage verlangt er die Feststellung verschiedener persönlicher Eigenschaften.

Bei dem am 1908 geborenen Kläger wurde bereits mit Bescheid vom 30.12.1976 nach dem SchwbG eine MdE von 100 v.H. basierend auf Entscheidungen des Gesundheitsamts der Landeshauptstadt München vom November 1972 festgestellt und das Merkzeichen "G" zuerkannt.

Verschiedene, auf die Feststellung bestimmter Funktionsbeeinträchtigungen gerichtete Anträge des Klägers führten zuletzt zu einem Abhilfebescheid vom 02.05.1995, in dem insgesamt folgende Funktionsbeeinträchtigungen festgestellt wurden:

1. Zustand nach Hemilaminektomie und einer Spanverpflanzungs operation zur Stabilisierung der unteren LWS mit Komplika tionen (Einzel-GdB 50) 2. Arthrose der Ileosacralgelenke Zustand nach stumpfem Trauma des 6. und 7. Brustwirbels so wie Hämatomyelie im Kreuzbeinbereich (Einzel-GdB 40) 3. HWS-Syndrom bei degenerativen Veränderungen. Spinalstenose (Einzel-GdB 20) 4. Chronisch-rezidivierende Enterokolitis (Einzel-GdB 30) 5. Herzinsuffizienz bei koronarer Gefäßerkrankung und Mitral- insuffizienz (Einzel-GdB 30) 6. Chronische Emphysembronchitis (Einzel-GdB 20) 7. Diabetes mellitus (Einzel-GdB 10) 8. Fettleber (Einzel-GdB 10) 9. Erhebliche Schallleitungsschwerhörigkeit links nach Radikaloperation, Tinnitus beidseits (Einzel-GdB 10) 10. Cerebrale Durchblutungsstörungen, hirnorganisches Psychosyndrom (Einzel-GdB 50) 11. Herabsetzung des Allgemeinzustands und wiederholte kieferchirurgische Eingriffe bei chronischer Intoxikation. Polyneuropathie (Einzel-GdB 20) 12. Arthrose beider Kniegelenke (Einzel-GdB 10) 13. Sehminderung beidseits (Einzel-GdB 10).

In diesem Bescheid wurden die Merkzeichen "G" und "RF" weiterhin anerkannt; das Merkzeichen "RF" wurde bereits mit Ausführungsbescheid vom 02.01.1985 aufgrund eines am 27.11.1984 vor dem Sozialgericht München geschlossenen Vergleichs zuerkannt.

Der Kläger beantragte am 13.12.1995 im Rahmen eines gerichtlichen Vergleichs vor dem Sozialgericht München (S 28 Vs 523/95) die Neufeststellung seiner Behinderungen und machte insbeson- dere eine Reihe von Gesundheitsstörungen geltend, die er auf eine von Dr.D. bestätigte schwere chronische Amalgamvergiftung zurückführte. Der Kläger legte außerdem Bescheinigungen des Zahnarztes Dr.K. , des HNO-Arztes Dr.P. und des Augenarztes Dr.C. vor. Der Beklagte zog Unterlagen der Urologischen Klinik des Klinikums Innenstadt in M. sowie der Medizinischen Poliklinik der Universität M. - Bereich HNO - bei. Aufgrund versorgungsärztlicher Stellungnahme durch Dr.F. erging am 23.08.1996 der streitgegenständliche Änderungsbescheid, mit dem folgende Funktionsbeeinträchtigungen zusätzlich festgestellt wurden: zu 9. Schwerhörigkeit rechts. Funktionelle Dysphonie (neuer Einzel-GdB 30) zu 13. Linsenlosigkeit beidseits (neuer Einzel-GdB 30) 14. Nierenfunktionsbeeinträchtigung (Einzel-GdB 20). Aufgrund der Behinderungen im Bereich des Bewegungsapparates, der Wirbelsäule sowie des Sehens und Hörens wurden zusätzlich die Voraussetzungen für Merkzeichen "B" festgestellt.

Mit Widerspruchsschreiben vom 28.08.1996 verlangte der Kläger die Hinzufügung einer langen Reihe von Funktionsbeeinträchti- gungen bzw. von Diagnosen, teilweise auch die Abänderung der im Bescheid gewählten Formulierungen. Außerdem erklärte er, dass keine ständige Begleitung erforderlich sei und er sich weigere, seinen Ausweis gegen einen mit dem Merkzeichen "B" auszutauschen. Mit Widerspruchsbescheid vom 20.11.1996 wurde der Widerspruch des Klägers zurückgewiesen, da im angefochtenen Bescheid die Behinderungen des Klägers vollständig erfasst seien und mit einem GdB 100 sowie den Merkzeichen "B", "G" und RF" richtig bewertet seien. Die Voraussetzungen für die Feststellung der Merkzeichen "aG" und "H" seien nicht gegeben. Mit Bescheid vom 22.05.1997 wurde der Bescheid vom 23.08.1996 allerdings dahingehend abgeändert, dass das Merkzeichen "B" ab 01.03.1997 nicht mehr festgestellt wurde.

Zwischenzeitlich hat der Kläger mit Schriftsatz vom 23.12.1996 Klage zum Sozialgericht München erhoben und eine Korrektur des Katalogs der Behinderungen geltend gemacht sowie verlangt, das Merkzeichen "B" als gegenstandslos zu bezeichnen. Zur Beweiserhebung hat das Sozialgericht den Neurologen und Psychiater Dr.G. beauftragt, sich im Rahmen eines Gutachtens nach Aktenlage zur Zuerkennung der Merkzeichen "aG" und "H" sowie zur begehrten Umformulierung von Behinderungen zu äußern. Auf einen entsprechenden Hinweis von Dr.G. ist am 14.07.1997 nachträglich eine Untersuchung des Klägers angeordnet worden. Im Hinblick auf das BSG-Urteil vom 24.06.1998 (B 9 SB 1/98 R) hat das Sozialgericht den Prüfungsauftrag an Dr.G. am 05.11.1998 auf die Prüfung der Merkzeichen "aG" und "H" beschränkt. Im Juni und Juli 1999 hat der Kläger dem Sozialgericht umfangreiche Schriftsätze übersandt, in denen er insbesondere auf seine wissenschaftlichen Arbeiten auf dem Gebiet der Betriebs- und Volkswirtschaftslehre hingewiesen und einen von ihm verfassten Aufsatz "Orientierung in der Epoche; cohärente Darstellung des von dem Autor entwickelten Konzepts des Neokapitalismus" vom vertreten, dass das Sozialgericht sich im Rahmen des Schwerbehindertenverfahrens auch für die Person des Klägers interessieren müsse. Mit Schriftsatz vom 11.08.1999 hat er auf Anerkennung sämtlicher geltend gemachter Behinderungen bestanden und darauf hingewiesen, dass er niemals das Merkzeichen "H" beantragt habe. Ein sich daran anschließender Schriftwechsel zwischen dem Kläger, Dr.G. und dem Sozialgericht über die Nowendigkeit und Sinnhaftigkeit eines Untersuchungsgutachtens hat am 13.10.1999 zur Aufhebung der Beweisanordnung durch den Vorsitzenden der 28. Kammer des Sozialgerichts München geführt.

Das Sozialgericht hat mit Urteil vom 27.10.1999 die Klage abgewiesen. Die zulässige Klage sei unbegründet, da aus den Akten das Vorliegen der Voraussetzungen für die Merkzeichen "aG" und "H" nicht abgeleitet werden könne. Nach der Rechtsprechung des BSG sei die Forderung des Klägers auf Umformulierung bzw. Neuformulierung seiner Behinderungen unbegründet, da einem Schwerbehinderten mit einem GdB von 100 das Recht zur isolierten Feststellung weiterer Behinderungen nicht zustehe. Ein Sachverständigengutachten habe nicht eingeholt werden können, weil der Kläger dies durch vorsätzliche, andauernde Obstruktion verhindert habe.

Gegen dieses Urteil hat der Kläger mit Schriftsatz vom 29.11. 1999 Berufung zum Bayer. Landessozialgericht eingelegt. In verschiedenen Schriftsätzen, insbesondere vom 24.03.2000, hat er sich über das Unrecht, das ihm seit Jahren, besonders auch von Seiten der Barmer Ersatzkasse und des Sozialgerichts München widerfahren sei, beklagt. Er habe niemals um das Merkzeichen "H" nachgesucht. Andererseits leide er seit Jahren unter schwerster Inkontinenz, die nicht anerkannt werde. Mit gerichtlichem Schreiben vom 21.03.2001 ist der Kläger darauf hingewiesen worden, dass ein höherer GdB als 100 nicht möglich sei und Streitgegenstand nur das Merkzeichen "aG" sein könne. gerichtlichen Sachverständigen (Internisten) im Rahmen eines Hausbesuches untersuchen zu lassen, hat er dies bejaht, wenn sich auch in seiner Wohnung kaum etwas untersuchen lasse. Vom Senat ist außerdem von der Barmer Ersatzkasse eine Aufstellung über Krankenhausaufenthalte seit 1996 beigezogen worden.

Mit Schriftsatz vom 04.04.2001 hat der Kläger geltend gemacht, die Feststellungen "Linsenlosigkeit", "Erkrankung der Herzkranzgefäße" seien unzutreffend. Demgegenüber sei in den Katalog aufzunehmen: Vollständige Ertaubung des linken Ohrs. Auch leide er an einem barbarischen Kopfschmerz. Er müsse auch dreimal pro Woche zur Dialysebehandlung, was durch ein beigefügtes ärztliches Attest von Prof.Dr.S. von der Medizinischen Klinik, Klinikum Innenstadt vom 31.10.2000 bestätigt worden ist. Auf Anfrage des Senats hat das Sozialreferat der Landeshauptstadt München mit Schreiben vom 26.04.2001 mitgeteilt, dass in München Schwerbehinderte mit außergewöhnlicher Gehbehinderung bei wirtschaftlicher Bedürftigkeit Taxigutscheine im Wert von maximal 315,00 DM pro Monat erhalten, um Kontakte zu pflegen und Freizeitbedürfnisse zu erfüllen, nicht aber für Fahrten zur Arbeit oder zum Arzt, die entweder in die Zuständigkeit der gesetzlichen Krankenversicherung oder des BSHG fielen.

Nachdem zahlreiche Befundberichte des Klinikums Innenstadt sowie Arztschreiben des Krankenhauses M. und ein Arztbrief des Klinikums G. zu den Akten genommen worden waren, hat der Beklagte aufgrund einer versorgungsärztlichen Stellungnahme der Internistin Dr.W. vom 08.08.2001 eine außergewöhnliche Gehbehinderung verneint, auch wenn das Behinderungsleiden Nr.14 (dialysepflichtiges Nierenleiden) nunmehr mit Einzel-GdB 100 bewertet werden müsse und das Behinderungsleiden Nr.7 (insulinpflichtiger Diabetes mellitus) einen Einzel-GdB von 40 bedinge. Es werde zwar ein kleinschrittiges Gangbild und eine zunehmende Gangunsicherheit beschrieben, eine Rollstuhlbenutzung werde jedoch nicht angegeben. Es sei sogar ein Gehtraining ärztlicherseits empfohlen worden.

Auf die Frage an den Kläger, ob er die Berufung aufrechterhalten und sich ggf. untersuchen lassen wolle, hat dieser mit Schriftsatz vom 28.09.2001 eine Feststellungsklage erhoben. Im Hinblick auf MDK-Gutachten von 1994, 1995 und 2000 gedenke er, jeweils einen Schmerzensgeldanspruch von 100.000,00 DM geltend zu machen. Zur Fundierung beantrage er eine Feststellung durch das Bayer. Landessozialgericht, dass er "einer der klügsten, korrektesten, ehrlichsten, verantwortungsvollsten und tapfersten Menschen" sei, "die zu dieser Zeit in diesem Lande leben." Trotz richterlichen Hinweises, dass die von ihm erhobene Feststellungsklage vom Senat nicht weiter verfolgt werde, da sie offensichtlich nichts mit dem anhängigen Rechtsstreit zu tun habe, und dass im Fall eines Feststellungsinteresses im Sinne des § 55 Sozialgerichtsgesetz das Sozialgericht zuständig sei, hat der Kläger auf einer Entscheidung über seinen Feststellungsantrag bestanden.

Eine Untersuchung des Klägers durch den vom Senat beauftragten Internisten Dr.M ... ist daran gescheitert, dass der Kläger zu den vorgeschlagenen Untersuchungsterminen nicht erschienen ist. Daraufhin ist am 28.11.2001 die Beweisanordnung dahingehend abgeändert worden, dass das Gutachten nach Aktenlage zu erstatten sei.

Dr.M. hat in seinem Gutachten nach Aktenlage vom 06.02.2002 festgestellt, dass als Funktionsbeeinträchtigungen, die die Gehfähigkeit des Klägers erheblich beeinträchtigten, eine terminale dialysepflichtige Niereninsuffizienz, eine Spinalkanalstenose mit zum Teil funktionellen Ausfällen sowie eine ausgeprägte Altersdemenz vorlägen, die möglicherweise zur Eigengefährdung des Klägers führen könnten. Es habe sich eine wesentliche Änderung gegenüber dem Bescheid vom 02.05.1995 hinsichtlich der Zuerkennung des Merkzeichens "aG" ergeben. Seit dem Jahr 2000 seien die Voraussetzungen für Merkzeichen "aG" gegeben. In einer versorgungsärztlichen Stellungnahme hat Dr.W. am 10.04.2000 Dr.M. widersprochen und die Voraussetzungen für Merkzeichen "aG" als nicht erfüllt angesehen.

Der Kläger beantragt sinngemäß, den Beklagten unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts München vom 27.10.1999 sowie des Bescheids vom 23.08.1996 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 20.11.1996 zu verurteilen, den Katalog der Behinderungen den tatsächlichen Gegebenheiten anzupassen und das Merkzeichen "aG" zuzuerkennen, ferner festzustellen, dass er ein Mann mit vorzüglichen intellektuellen und charakterlichen Eigenschaften ist.

Der Beklagte beantragt, die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 27.10.1999 zurückzuweisen und die Feststellungsklage abzuweisen.

Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf die beigezogenen Schwerbehindertenakten des Beklagten, die erledigte Klageakte des Sozialgerichts München (S 28 Vs 523/95), die erledigte Akte des Bayer. Landessozialgerichts (L 5 Ar 109/97 SB), die Akten des vorangegangenen Streitverfahrens vor dem Sozialgericht München (S 28 VS 1837/96) sowie die streitgegenständliche Berufungsakte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I.

Die Berufung des Klägers, soweit sie sich auf Feststellungen nach dem SchwbG bezieht, ist nach § 4 Abs.6 SchwbG iVm § 143 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft; sie ist form- und fristgerecht eingelegt (§ 151 SGG) und damit zulässig.

Die zulässige Berufung erweist sich jedoch als unbegründet. Das Sozialgericht und der Beklagte haben zu Recht die Erweiterung oder Änderung des Katalogs der Behinderungen sowie die Zuerkennung des Merkzeichens "aG" im angefochtenen Bescheid abgelehnt. Das Sozialgericht hat bereits zutreffend in seiner Urteilsbegründung auf das BSG-Urteil vom 24.06.1998 Bezug genommen und dargelegt, dass nach § 4 SchwbG einerseits die Feststellung bestimmter Funktionsbeeinträchtigungen oder Behinderungen mangels Verfügungscharakter im Bescheid nicht einklagbar ist und dass andererseits einem Schwerbehinderten mit GdB 100 das Feststellungsinteresse bezüglich weiterer "Behinderungen" (hier: Ertaubung des linken Ohrs, Kopfschmerzen, dialysepflichtige Nierenerkrankung, Inkontinenz) fehlt. Das Vorbringen des Klägers, dass bei ihm fälschlich die Linsenlosigkeit beider Augen festgestellt worden sei, steht im Widerspruch zu dem aktenkundigen Befundbericht von Dr.C. vom 10.05.1996, wonach beim Kläger nach Kataraktoperation eine Pseudophakie, d.h. Linsenlosigkeit bestehe.

Die Ermittlungen des Senats haben ergeben, dass dem Kläger nach wie vor das Merkzeichen "aG" nicht zusteht und die diesbezüglichen Entscheidungen des Sozialgerichts und des Beklagten richtig waren. Zum Personenkreis der außergewöhnlich Gehbehinderten gehören nach § 6 Straßenverkehrsgesetz iVm § 46 der Straßenverkehrsordnung in der hierzu erlassenen Allgemeinen Verwaltungsvorschrift Nr.11 insbesondere Querschnittsgelähmte, Doppelunter- und Doppeloberschenkelamputierte, zugleich Unterschenkel- oder Armamputierte sowie andere Schwerbehinderte, die dem vorstehend bezeichneten Personenkreis nach medizinischer Erkenntnis gleichzustellen sind. Zwar hat der gerichtliche Sachverständige Dr.M. in seinem Gutachten vom 06.02.2002 die Zuerkennung des Merkzeichens "aG" befürwortet, da der Kläger wegen seiner schweren Nierenerkrankung, seiner Wirbelsäulenerkrankung und cerebraler Veränderungen als außergewöhnlich gehbehindert angesehen werden könne. Nach Auffassung des Senats reichen diese nach Aktenlage erhobenen Befunde, die mangels Mitwirkung des Klägers nicht durch aktuelle Befunde ergänzt werden konnten, nicht aus, um die außergewöhliche Beeinträchtigung der Gehfähigkeit des Klägers zu belegen. Der Argumentation des Beklagten durch die Versorgungsärztin Dr.W. ist zuzustimmen, wonach eine eventuell bestehende Eigengefährdung des Klägers kein Kriterium für eine außergewöhnliche Gehbehinderung darstellt und im Übrigen sogar ein Gehtraining ärztlicherseits empfohlen wurde. Die vorliegenden medizinischen Befunde bescheinigen zwar eine multifaktoriell bedingte Gangstörung, ergeben jedoch nicht eine so schwere Gehbehinderung, dass beispielsweise eine Rollstuhlbenutzung für erforderlich gehalten wurde. Trotz des positiven Gutachtens von Dr.M. sind daher nach Auffasssung des Senats die Voraussetzungen für eine außergewöhnliche Gehbehinderung nicht nachgewiesen.

Dem Kläger kann zwar hiermit bestätigt werden, dass er niemals ausdrücklich die Zuerkennung des Merkzeichens "B" oder "H" geltend gemacht hat. Andererseits war der Beklagte aber nach § 4 Abs.4 SchwbG verpflichtet, die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme sämtlicher in Betracht kommender Nachteilsausgleiche bzw. Merkzeichen zu prüfen, solange der umfassende Antrag des Klägers nicht ausdrücklich eingeschränkt worden war (BSG-Urteil vom 26.02.1986 SozR 3870 § 3 Nr.21). Die grundsätzlich nach § 20 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) bestehende Verpflichtung zur allumfassenden Prüfung und Entscheidung kann im Schwerbehindertenrecht durch entsprechende einschränkende Antragstellung begrenzt werden. Der am 28.08.1996 vom Kläger deutlich gemachten Ablehnung hinsichtlich des Merkzeichens "B" hat der Beklagte schließlich mit seinem Rücknahmebescheid vom 22.05.1997 Rechnung getragen und das bereits zuerkannte Merkzeichen "B" wieder entzogen. Das Merkzeichen "H" wurde dem Kläger dagegen niemals zuerkannt. Ein berechtigtes Interesse an der Feststellung, dass er auch niemals dessen Feststellung beantragt habe, kann der Kläger daher nicht begründen. Ein entsprechendes Feststellungsinteresse ist auch nicht aus § 55 SGG herzuleiten.

Die Berufung war aus diesen Gründen zurückzuweisen.

II.

Die vom Kläger im September 2001 erhobene Klage auf Feststellung persönlicher Eigenschaften ist unzulässig.

Nach § 55 Abs.1 Nr.3 SGG kann u.a. die Feststellung begehrt werden, ob eine Gesundheitsstörung die Folge eines Arbeitsunfalls, einer Berufskrankheit oder einer Schädigung im Sinne des Bundesversorgungsgesetzes ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat. Die vom Kläger beantragte Feststellung, dass er einer der klügsten, korrektesten, ehrlichsten etc. Menschen sei, kann unter die oben genannte Vorschrift nicht subsumiert werden, weil von der begehrten Feststellung nicht das Bestehen eines Rechtsverhältnisses zwischen dem Kläger und einem Sozialleistungsträger abhängt. Eine Relevanz der beantragten Feststellung für die vom Kläger beabsichtigten Schadensersatzforderungen gegenüber seiner Krankenkasse ist ebenfalls nicht ersichtlich.

Aus diesen Gründen war auch die Klage abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision im Sinne des § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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