L 15 SB 73/00

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
15
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 28 SB 142/99
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 15 SB 73/00
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Ein Antrag auf Richterablehnung der beleidigende und unsachliche Äußerungen enthält, kann offensichtlich missbräuchlich und deshalb unzulässig sein. Eine förmliche Entscheidung des Gerichts hierüber ist nicht nötig.
I. Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts München vom 23.03.2000 aufgehoben und die Klage gegen den Bescheid vom 16.11.1998 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 15.01.1999 abgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der am 1939 geborene Kläger erlitt in der Zeit zwischen 1966 und 1997 mehrere Frakturen am Knöchel, Schien-, Wadenbein, Mittelfuß, linken Fersenbein und linken Sprunggelenk. Aufgrund seine Antrages vom 17.07.1997 stellte der Beklagte nach Beiziehung von Befunden und ärztlichen Unterlagen mit Bescheid vom 16.11.1998 als Behinderungen mit einem Grad der Behinderung (GdB) von insgesamt 70 fest: "1. Funktionsbehinderung des oberen und unteren Sprunggelenkes beiderseits stärkeren Grades; 2. Funktionsbhinderung der Wirbelsäule"; gleichzeitig stellte er die gesundheitlichen Voraussetzungen für das Merkzeichen "G" (erhebliche Gehbehinderung) fest und verneinte im Übrigen die Voraussetzungen anderer Merkzeichen, insbesondere "aG".

Seinen hiergegen eingelegten Widerspruch vom 30.11.1998 begründete der Kläger im Wesentlichen mit dem Hinweis, außer Haus könne er sich nur bedingt mit Krücken bewegen, deshalb sei er auf kurze Wege angewiesen; außerdem habe er Probleme beim Parken, da er nur noch eingeschränkt nach rückwärts schauen könne (HWS-Schaden, LWS-Frakturen); mit öffentlichen Verkehrsmitteln sei seine Beweglichkeit noch geringer; sei dabei auch schon gestürzt, da er beim Anfahren bzw. Halten noch nicht gesessen bzw. Halt gefunden hatte.

Mit Widerspruchsbescheid vom 15.01.1999 wies der Beklagte den Widerspruch unter Hinweis auf die fehlenden Voraussetzungen zurück; dem Ausmaß der Gehbehinderung sowie der bestehenden Gangunsicherheit sei mit dem Merkzeichen "G" bereits angemessen Rechnung getragen.

Zur Begründung seiner anschließenden Klage zum Sozialgericht München vom 08.02.1999 trug der Kläger u.a. vor, bei ihm lägen Frakturen von Lendenwirbelkörpern, vor und er leide unter schwerer Osteoporose; mit zu berücksichtigten seien die Abnutzungserscheinungen im Bereich der Sprunggelenke.

In dem vom Gericht eingeholten Befundbericht des behandelnden Orthopäden Dr.Z. vom 18.07.1999 wird u.a. eine hochschmerzhafte Bewegungseinschränkung beider Sprunggelenke mit deutlicher Bewegungseinschränkung, deutliche Druck- und Bewegungsschmerzen in der unteren Lendenwirbelsäule bei jeder Bewegung und teils auch in Ruhe sowie ein Zustand nach LWK 4-Bogenfraktur und durchgeführter Spondylose, Osteochondrose LWK-4/5 und beidseitiger Massa lateralis und deutlicher rechtskonvexer Torsionsskoliose und ISG-Arthrose beidseits beschrieben; der schwere Verschleiß in beiden Sprunggelenken nehme langsam zu; von den schweren Wirbelsäulenverletzungen (Sturz im Juli 1998) seien eine deutliche lokale Schmerzhaftigkeit und Bewegungsbeeinträchtig verblieben; der Kläger sei nur unter Zuhilfenahme zweier Unterarmgehstöcke unter Schmerzen mühsam gehfähig; erschwerend hinzu kämen die Beschwerden von seitens der Lendenwirbelsäule nach den durchgemachten Frakturen.

Der von Amts wegen beauftragte Sachverständige Dr.T. stellte in seinem orthopädischen Gutachten vom 10.11.1999 trotz einer Anhebung des Einzel-GdB für die Wirbelsäulenbehinderung von 20 auf 30 einen unveränderten Gesamt-GdB von 70 fest; gleichzeitig wies er darauf hin, der Kläger sei ohne die Zuhilfenahme von zwei Unterarmgehstützen nicht in der Lage, sich fortzubewegen; dies werde auch durch die atrophierte Unterschenkelmuskulatur beidseits belegt; da bei ihm nun auch die Funktionsbehinderungen im Bereich der Wirbelsäule zugenommen hätten und diese beim Gehen mit Unterarmgehstützen erheblich beansprucht werde, sei er nur in der Lage, sehr kurze Gehstrecken zurückzulegen; die Zuerkennung des Merkzeichens "aG" werde deshalb empfohlen.

Dieser Beurteilung widersprach der Beklagte mit Schreiben vom 11.01.2000 unter Hinweis auf die versorgungsärztliche Stellungnahme des Dr.P. vom 16.12.1999; der Kläger sei nicht einem Doppelbeinamputierten gleich zu erachten; dies ergebe sich auch aus der Einzel-GdB-Bewertung von 60 für die Behinderung an den unteren Extremitäten und von 70 insgesamt; sie liege damit deutlich unter der GdB-Bewertung für Doppelbeinamputierte sowie für die anderen Behinderungen, die in Ziff.31 der "Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertengesetz", Ausgabe 1996 (Anhaltspunkte) als Vergleichsmaßstab für eine außergewöhnliche Gehbehinderung genannt seien.

Diesen Einwänden hielt der Sachverständige Dr.T. in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 11.02.2000 entgegen, ein Doppeloberschenkelamputierter mit einer guten Prothesenversorgung weise unter Umständen eine bessere Gehfähigkeit auf als ein Behinderter mit den beim Kläger vorliegenden Funktionsbeeinträchtigungen, zumal wenn ggf. Behinderungen im Bereich der Wirbelsäule fehlten; aus seinem Gutachten sei ersichtlich, dass der Kläger aufgrund der beidseits bestehenden Spitzfußstellung hinsichtlich seiner Geh- und Stehfähigkeit erheblich eingeschränkt sei, was durch die beidseits bestehende atrophische Beinmuskulatur zusätzlich negativ beeinflusst werde; ferner bestehe eine Funktionsbehinderung der Wirbelsäule, so dass er aufgrund beider Symptomenkomplexe auf die ständige Benutzung von Unterarmgehstützen angewiesen sei; aufgrund der Schwere seiner Behinderung sei er nur unwesentlich besser gestellt als ein Beinamputierter.

In der mündlichen Verhandlung vom 23.03.2000 stellte der Kläger seinen Antrag aus dem Schriftsatz vom 22.03.1999 mit der Maßgabe, dass nur noch das Merkzeichen "aG" beantragt werde.

Mit Urteil vom selben Tage verurteilte das Sozialgericht den Beklagten, den Bescheid vom 16.11.1998 in der Form des Widerspruchsbescheides vom 15.01.1999 dahingehend zu ergänzen, dass dem Kläger ab November 1999 das Merkzeichen "aG" zugebilligt wird. Hierbei stützte es sich im wesentlichen auf die Bewertung des Sachverständigen Dr.T ...

Der Beklagte begründete seine hiergegen am 27.04.2000 zum Bayerischen Landessozialgericht eingelegte Berufung im wesentlichen mit den in den "Anhaltspunkten" (Nr.31 Abs.3) aufgeführten Voraussetzungen für das Merkzeichen "aG", dieses stehe nur Personen zu, die mindestens einem Doppelunterschenkelamputierten gleichzustellen seien; deren GdB betrage jedoch wenigstens 80, ganz zu schweigen von Doppeloberschenkelamputierten, die am ehesten als Vergleichspersonen heranzuziehen seien und deren GdB mit 100 festzustellen sei; der Kläger hingegen erfülle nicht einmal die Voraussetzungen für die seit Januar 2000 bestehenden Parkerleichterungen entsprechend dem BLVF-Rundschreiben Nr.2458/II/99; dafür wären die Merkzeichen "B" und "G" erforderlich sowie entweder ein GdB von 80 für die Funktionsstörungen an den unteren Gliedmaßen bzw. der Lendenwirbelsäule oder ein GdB von 70 für die Funktionsstörungen an den unteren Gliedmaßen bzw. der Lendenwirbelsäule und ein GdB von 50 für solche des Herzens und der Atmungsorgane; außerdem scheine es, dass der Sachverständige Dr.T. zu sehr auf den Gehversuch im Barfußgang abgestellt habe; mit Schuhen dürfte das Gehen nämlich einigermaßen möglich sein (Bl.3 des Gutachtens); im übrigen verwies er auf die versorgungsärztliche Stellungnahme des Dr.P. vom 17.04.2000, wonach keine so gravierenden funktionellen Ausfälle vorlägen, dass eine Gleichstellung mit dem in Betracht kommenden Personenkreis in Frage komme; diesbezüglich wurde insbesondere auf ein Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 21.07.1998 verwiesen.

Der anschließend ebenfalls von Amts wegen beauftragte Sachverständige Dr.F. stellte in seinem orthopädischen Gutachten vom 31.08.2000 fest, der Sachverständige Dr.T. habe nicht darüber diskutiert, ob der Kläger einem Doppeloberschenkelamputierten gleichgestellt werden könne; er argumentiere damit, der Kläger könne sich ohne zwei Unterarmgehstützen nicht fortbewegen, was nicht zutreffe; der Kläger sei vielmehr innerhalb des Untersuchungszimmers in der Lage, ohne Krücken einige Meter zu gehen, wobei das Gehvermögen durch die nicht benutzten orthopädischen Schuhe wesentlich besserungsfähig wäre; das von ihm gezeigte Gangbild mit dem Durchschwingen beider Beine belaste die Wirbelsäule beim Krückeneinsatz jedoch ausschließlich auf Zug und keineswegs auf Druck; insgesamt gesehen seien die vom Sachverständigen Dr.T. angeführten Schlussfolgerungen nicht nachvollziehbar; angeregt werde jedoch, um dem Kläger kein Unrecht zuzufügen, eine neurologische Abklärung insbesondere zur Frage der Unmöglichkeit, orthopädische Schuhe tragen zu können und zum Problem einer evtl. Claudicatio spinalis.

Der daraufhin von Amts wegen beauftragte Sachverständige Dr.K. schloss in seinem nervenärztlichen Gutachten vom 23.02.2001 eine Claudicatio spinalis aus; der Kläger gebe vielmehr an, die Einschränkung des Gehvermögens sei nur auf die Schmerzen zurückzuführen, nicht auf eine evtl. auftretende Kraftlosigkeit; bezüglich der vom Vorgutachter angeschnittenen Frage der Unmöglichkeit des Tragens orthopädischer Schuhe sei bemerkenswert, dass der Kläger jetzt mit relativ hohen Schaftschuhen zur Untersuchung erschienen sei, mit welchen nach seinen Angaben eine ausreichende Stabilität im Bereich beider Sprunggelenke zu erreichen sei; unter Berücksichtigung dieser Angaben dürfte auch das Tragen orthopädischer Schuhe möglich sein; insgesamt bestätigte er den GdB von 70 sowie das Nichtvorliegen der Voraussetzungen für das Merkzeichen "aG". Der Beklagte beantragt, das Urteil des Sozialgerichts München vom 23.03.2000 aufzuheben und die Klage gegen den Bescheid vom 16.11.1998 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 15.01.1999 abzuweisen.

Der Kläger beantragt, die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 23.03.2000 zurückzuweisen.

Zum Verfahren beigezogen worden sind die Schwerbehindertenakten des Klägers beim Beklagten sowie die Akten des Sozialgerichts München, Az.: S 28 SB 142/99.

Bezüglich des weiteren Sachverhalts in den Verfahren des Beklagten und des Sozialgerichts wird gemäß § 202 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) und § 543 der Zivilprozessordnung (ZPO) auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils und die dort angeführten Beweismittel, hinsichtlich des Sachverhalts im Berufungsverfahren auf die Schriftsätze und Anlagen der Beteiligten sowie den Inhalt der Berufungsakte nach § 136 Abs.2 SGG Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Beklagten ist zulässig; sie ist form- und fristgerecht eingelegt, gesetzliche Ausschlussgründe liegen nicht vor (§§ 143 ff., 151 SGG).

Das Rechtsmittel des Beklagten ist begründet, so dass das angefochtene Urteil des Sozialgerichts München vom 23.03.2000 aufzuheben und die Klage gegen den Bescheid vom 16.11.1998 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 15.01.1999 abzuweisen ist.

Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts hat der Kläger gegenüber den für die Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes zuständigen Behörden keinen Anspruch nach § 4 Abs.4 SchwbG darauf, dass die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme des Nachteilsausgleichs einer außergewöhnlichen Gehbehinderung und der Zuerkennung des Merkzeichens "aG" festgestellt werden. Der Kläger zählt nicht zu dem in § 6 Abs.1 Nr.14 des Straßenverkehrsgesetzes (StVG) i.V.m. VV Nr.11 II, Abs.1 zu § 46 der Straßenverkehrsordnung (StVO) genannten Personenkreis Schwerbehinderter, die sich wegen der Schwere ihres Leidens dauernd nur mit fremder Hilfe oder mit großer Anstrengung außerhalb ihres Kraftfahrzeuges bewegen können. Dieser Personengruppe der Querschnittsgelähmten, Doppeloberschenkelamputierten, Doppelunterschenkelamputierten etc. (vgl. hierzu auch Nr.27 Abs.4 der "Anhaltspunkte") kann er auch nicht gleichgestellt werden, weil sein Zustand letztlich keine außergewöhnliche Gehbehinderung im Sinne der o.g. Vorschriften bedingt.

Ausweislich der Feststellungen der in den Gerichtsverfahren gehörten medizinischen Sachverständigen sind die Behinderungen vom Beklagten im Bescheid vom 16.11.1998 zutreffend bezeichnet und festgestellt worden als: "1. Funktionsbehinderung des oberen und unteren Sprunggelenkes beiderseits stärkeren Grades; 2. Funktionsbehinderung der Wirbelsäule." Den hierfür vom Beklagten festgestellten GdB von insgesamt 70 bestätigten diese Sachverständigen ebenfalls übereinstimmend. Zwar bewertet der Sachverständige Dr.T. im Unterschied zu Dr.F. den GdB für die Wirbelsäulenbehinderung mit 30 statt mit 20, weist jedoch gleichzeitig darauf hin, dass bei einen Einzel-GdB von 60 für Behinderung Nr.1 - der Gesamt-GdB von 70 trotz dieser Anhebung unverändert bleibt. Abgesehen davon betont der Sachverständige Dr.F. , beim Kläger sei eigentlich nur die untere Lendenwirbelsäule von Verschleißerscheinungen und Verletzungsfolgen deutlicher betroffen.

Nachdem die "Anhaltspunkte" einen GdB von 30 nur für Wirbelsäulenschäden "mit schweren funktionellen Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt" und einen von 30 bis 40 "mit mittelgradigen bis schweren funktionellen Auswirkungen in zwei Wirbelsäulenabschnitten" vorsehen (vgl. S.140) hält der Senat einen Einzel-GdB von 20 und den Gesamt-GdB von 70 für zutreffend. Die Wirbelsäulenschäden wirken sich nach den Feststellungen des Sachverständigen Dr.F. im Übrigen auf das Gehvermögen des Klägers nicht wesentlich aus. Zutreffend legte der Sachverständige dar, Bandscheiben und Gelenke der Wirbelsäule würden dann belastet, wenn diese unter Druck gerieten; das vom Kläger gezeigte Gangbild mit dem Durchschwingen beider Beine belaste die Wirbelsäule beim Krückeneinsatz jedoch ausschließlich auf Zug und keineswegs auf Druck; eine Zugwirkung, auch als Extension bezeichnet, werde sogar zur Behandlung von Wirbelsäulenveränderungen eingesetzt; es handle sich also im Vorgutachten um einen Trugschluss, wenn von einer erheblichen Beanspruchung der Wirbelsäule beim Gehen mit Unterarmgehstützen ausgegangen werde; Behinderungen seitens der Wirbelsäule wirkten sich beim Gehen im Grunde nur dann wesentlich aus, wenn eine Spinalstenose mit Claudicatio spinalis oder eine motorische Läsion bzw. eine schwere Ischialgie bestünden; allein ein Bewegungsdefizit der Wirbelsäule bei Verschleißerscheinungen und Verletzungsfolgen, wie sie beim Kläger bestehen, wirke sich nicht eindeutig auf das Gehvermögen aus.

Nachdem der Sachverständige Dr.K. in seinem nervenärztlichen Gutachten vom 23.03.2000 eine Rückenmarksbeteiligung im Rahmen des Unfallereignisses, vegetative Störungen und spastische Erscheinungen im Bereich der unteren Extremitäten ebenso ausschloss wie eine Claudicatio spinalis und auf seinem Fachgebiet keine eigenständigen Gesundheitsstörungen, die als Behinderungen anzusehen wären, feststellen konnte, bestehen keine Anhaltspunkte für das Vorliegen eines höheren Gesamt-GdB als 70.

Nachdem auch der Sachverständige Dr.T. letztendlich einräumt, der Kläger sei bessergestellt als ein Beinamputierter, wobei er die Besserstellung allerdings als unwesentlich ansieht, kann der Kläger, wie es die "Anhaltspunkte" verlangen, auch nicht einem Doppelbeinamputierten gleichgesetzt werden. Insoweit betont der Sachverständige Dr.F. zutreffend, dass ein Doppeloberschenkelamputierter nicht in der Lage ist, auch nur einen einzigen Schritt ohne Hilfsmittel (Prothesen) zurückzulegen, während der Kläger anlässlich der Untersuchung barfuss ohne jegliches Hilfsmittel innerhalb des Untersuchungszimmers gehen konnte, wenn auch nur mühsam. Bezüglich der vom Sachverständigen Dr.F. angeschnittenen Frage der Möglichkeit des Tragens orthopädischer Schuhe weist der Sachverständige Dr.K. darauf hin, dass bei ihm der Kläger mit relativ hohen Schaftschuhen zur Untersuchung erschien, mit welchen er nach eigenen Angaben eine ausreichende Stabilität im Bereich beider Sprunggelenke erreiche; unter Berücksichtigung dieser Angaben dürfte auch das Tragen orthopädischer Schuhe möglich sein; bei geführtem Gehen seien dem Kläger auch Fersen- und Zehenstand möglich gewesen, allerdings nur unter Schmerzen.

Insgesamt gesehen ist der Kläger damit weder einem Doppelunterschenkelamputierten (GdB wenigsten 80, "Anhaltspunkte" S.148)) noch einem Doppeloberschenkelamputierten (GdB 100, "Anhaltspunkte" a.a.O.), der am ehesten als Vergleichsperson heranzuziehen wäre, gleichzustellen; er erfüllt derzeit auch nicht die Voraussetzungen für die Parkerleichterung, die seit Januar 2000 möglich ist (vgl. Rundschreiben Nr.2458/II/99 des Bayer. Landesamtes für Versorgung und Familienförderung - Landesversorgungsamt - vom 28.12.1999); dafür wären die Merkzeichen "B" und "G" erforderlich sowie entweder ein GdB von 80 für die Funktionsstörungen an den unteren Gliedmaßen (und der Lendenwirbelsäule, soweit sich diese auf das Gehvermögen auswirken) oder ein GdB von 70 für diese Funktionsstörungen und gleichzeitig ein GdB von 50 für solche des Herzens und der Atmungsorgane.

Der vorliegende Fall gibt auch keine Veranlassung, dem Kläger das begehrte Merkzeichen unter Beachtung der vom BSG weiter entwickelten Grundsätze (vgl. Urteil vom 11.03.1998, Az.: B 9 SB 1/97 R) zuzuerkennen. Danach reicht unter bestimmten Voraussetzungen schon die akute Gefahr einer erheblichen Verschlimmerung eines progredienten Leidens für die Feststellung der medizinischen Voraussetzungen des Nachteilsausgleichs "aG" aus, auch wenn die funktionelle Einschränkung des Gehvermögens noch nicht derjenigen der o.g. Personen gleichsteht. Sinn und Zweck (Hilfen bei Integration in ein normales Leben) der Regelungen des SchwbG bei der Zuerkennung des Nachteilsausgleichs "aG" legen es nahe, dessen Voraussetzungen ausnahmsweise schon dann zubejahen, wenn der Nachteil, der ausgeglichen werden soll, bereits unmittelbar droht und sein Eintritt nur durch ein entsprechendes Verhalten des Schwerbehinderten (z.B. Benutzung eines Rollstuhls zur Vermeidung überflüssiger Gehstrecken, um einer alsbaldigen Verschlechterung des Gesundheitszustandes vorzubeugen) zeitlich hinaus gezögert werden kann. Diese Voraussetzungen liegen beim Kläger nicht vor. Der Sachverständige Dr.F. weist nachdrücklich darauf hin, dass sich die Belastungen beim Durchschwingen beider Beine während des Krückeneinsatzes wegen ihrer Zugwirkung sogar positiv auf die Wirbelsäulenproblematik auswirkt. In einem derartigen Fall kann man nicht davon sprechen, dass der Schwerbehinderte beispielsweise zu Vermeidung überflüssiger Gehstrecken in der Regel einen Rollstuhl benützen sollte, um einer alsbaldigen dauernden Verschlechterung seines Gesundheitszustandes vorzubeugen; das Gegenteil ist der Fall.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 183, 193 SGG.

Ein Grund für die Zulassung der Revision liegt nicht vor (vgl. § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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