Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
15
1. Instanz
SG Augsburg (FSB)
Aktenzeichen
S 11 SB 1047/97
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 15 SB 87/00
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Beklagte wird in Abänderung des Urteils des Sozialgerichts Augsburg vom 06.04.2000 sowie des Bescheides vom 18.06.1999 verurteilt, den GdB des Klägers ab Februar 2002 mit 40 festzustellen. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
II. Die Beklagte hat dem Kläger 3/10 der außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob beim Kläger ein Grad der Behinderung (GdB) von 50 nach dem Schwerbehindertengesetz (SchwbG) bzw. Sozialgesetzbuch Neuntes Buch (SGB IX) festzustellen ist.
Bei dem am 1942 geborenen Kläger wurde zuletzt mit Abhilfebescheid vom 10.01.1995 bindend ein GdB von 40 und folgende Behinderung festgestellt: "Funktionsbehinderung bei Verformung der Wirbelsäule mit Nerven- und Muskelreizerscheinungen, Lendenwirbelsäulen-Syndrom. Bewegungseinschränkungen linke Hüfte mehr als rechte, Muskelminderung rechtes Bein mehr als linkes mit Fuß- und Zehenheberschwäche rechts, Iliopsoasschwäche beidseits." Eine Nachprüfung von Amts wegen Anfang 1996 ergab keine wesentliche Änderung.
Mit Schreiben vom 14.02.1997 beantragte der Kläger eine Neufeststellung, da sich insbesondere sein Bandscheibenleiden erheblich verschlimmert habe. Auch seien bisher nicht berücksichtigt eine Funktionsbeeinträchtigung im rechten Unterarm und ein versorgungsärztlicher Überprüfung durch Dr.G. wurde am 26.06. 1997 ein Änderungsbescheid erteilt, in dem als weitere Behinderung "2. Fersensporn beidseits" festgestellt, jedoch der GdB mit 40 beibehalten wurde. Hiergegen erhob der Kläger Widerspruch und beantragte eine Anhebung des GdB auf mindestens 60 oder 70 wegen eines neuerlichen Bandscheibenvorfalls im Jahre 1996 und einer Nebenhodenentfernung einschließlich Samenstrangoperation, die zur Impotenz geführt habe. Nach nochmaliger Beiziehung von Befundberichten nahm der Chirurg Dr.R. versorgungsärztlich Stellung, was zu einem Teilabhilfebescheid vom 17.10.1997 führte, in dem als weitere Behinderung festgestellt wurde "3. Verlust des Nebenhodens links, Samenstrangneuralgie links." Ebenso wie für den Fersensporn beidseits wurde für die Behinderung Nr.3 nur ein Einzel-GdB von 10 festgestellt, der nicht zur Erhöhung des Gesamt-GdB von 40 führte. Im Übrigen wurde der Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 04.11.1997 zurückgewiesen.
Hiergegen hat der Kläger am 05.12.1997 Klage zum Sozialgericht Augsburg erhoben und die Feststellung eines GdB von mindestens 60 beantragt.
Das Sozialgericht hat unter anderem einen Befundbericht von Dr.S. eingeholt und anschließend den Orthopäden Dr.S. (Oberarzt in der A.-Klinik) mit der Untersuchung und Begutachtung des Klägers beauftragt. In seinem Gutachten vom 14.05.1998 hat Dr.S. auf orthopädischem Gebiet folgende Veränderungen festgestellt: Chronischer belastungsabhängiger Lendenwirbelsäulenschmerz (Lumbalsyndrom) - ursächlich ausgelöst durch fortgeschrittene degenerative Veränderungen in fast sämtlichen LWS-Segmenten, besonders zwischen LWK 1/2, muskuläre Balancestörung im Rumpf- rechtsseitiger Fersenschmerz bei plantarem Fersensporn, zum Zeitpunkt der Untersuchung klinisch ohne Relevanz; die gleiche Veränderung bestehe auch linksseitig, zur Zeit ebenfalls ohne Schmerzen. Die radiologischen Veränderungen im Bereich der unteren BWS seien klinisch ohne Relevanz. Auch ließen sich klinisch im Bereich beider Hüftgelenke zur Zeit keine krankhaften Veränderungen feststellen. Hieraus ergebe sich nach den "Anhaltspunkten für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertengesetz" (AP) bis Ja- nuar 1995 ein GdB von 30. Der in der Schwerbehindertenakte befindliche Bericht des Neurologen Dr.A. (elektromyographische Untersuchung) vom 04.01.1994 zeige, dass beim Kläger keine Nervenschädigungen vorlägen. Die gesundheitlichen Verhältnisse des Klägers hätten sich auf orthopädischem Sektor seit Februar 1997 nicht geändert; es bestehe nach wie vor ein GdB von 30. Der linksseitige Hodenschmerz sei nicht durch Wirbelsäulenveränderungen erklärbar.
Daraufhin hat der Kläger einen Antrag nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) gestellt und den Orthopäden Dr.O. in Augsburg als Sachverständigen benannt. In seinem Gutachten vom 05.11.1998 hat Dr.O. einen Gesamt-GdB von 50 vorgeschlagen, da im Gegensatz zum Vorgutachter seines Erachtens durchaus eine chronische Wurzelreizsymptomatik beider Beine mit Fuß- und Zehenheberschwäche vorliege, die mit Einzel-GdB 40 zu bewerten sei. Hinzu kämen Neuerkrankungen (am rechten Ellenbogengelenk, am linken Schultergelenk sowie eine Variko- und Hydrocele links) jeweils mit Einzel-GdB 10. Auch handle es sich um einen röntgenologisch gesicherten mittelschweren plantaren Fersensporn beidseits, der ebenfalls mit GdB 10 einzuschätzen sei. Festzustellen seien auch Verschleisserscheinungen der Halswirbelsäule sowie ein chronisches Reizsyndrom des nervus ilioinquinalis links.
In ihrer versorgungsärztlichen Stellungnahme hat die Chirurgin Dr.B. am 01.12.1998 ausgeführt, sie könne weder dem Gutachten von Dr.S. noch dem von Dr.O. in allen Punkten folgen; im Hinblick auf die in der versorgungsärztlichen Untersuchung vom Dezember 1994 festgestellte Umfangsminderung des rechten Oberschenkels um 3 cm sei von damals bestehenden motorischen Ausfallserscheinungen am rechten Bein auszugehen und der Gesamt-GdB mit 40 einzuschätzen. Falls sich die Umfangsminderung nunmehr ausgeglichen habe und die diesbezüglichen Angaben von Dr.S. auf einem Schreibfehler beruhten (was dieser anschließend bestätigt hat), stimme sie dem Vorschlag von Dr.S. hinsichtlich eines Gesamt-GdB von 30 zu. Dr.O. habe entgegen den Vorgaben der Anhaltspunkte Funktionsbehinderungen der Wirbelsäule auf 3 Behinderungen aufgeteilt. Die geringfügige Bewegungseinschränkung des rechten Ellenbogens stelle keine meßbare Behinderung dar; dasselbe gelte für die Beeinträchtigungen am linken Schultergelenk sowie für die klinisch nicht nachgewiesene Varikocele und Hydrocele. Auch könne neben der Samenstrangneuralgie links nicht zusätzlich noch ein Reizzustand des nervus ilioinquinalis links festgestellt werden, da es sich nicht um zwei verschiedene Behinderungen handle. In einer weiteren versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 11.03.1999 hat Dr.B. darauf hingewiesen, dass sich die bei der Untersuchung durch Dr.B. im Dezember 1994 nachgewiesenen motorischen Ausfälle bereits bei der neurologischen Untersuchung am 30.10.1996 durch Dr.A. zurückgebildet gehabt hätten. Der GdB hätte daher bereits im Bescheid vom 26.06.1997 nur noch mit 30 eingeschätzt werden dürfen, da die Behinderungen "Muskelminderung rechtes Bein mehr als links mit Fuß- und Zehenheberschwäche rechts, Iliopsoasschwäche beidseits" bereits im Juni 1997 nicht mehr vorgelegen hätten.
Am 23.04.1999 hat der Beklagte dem Kläger ein entsprechendes Anhörungsschreiben übersandt, in dem ein Bescheid nach § 45 SGB X angekündigt wurde. Mit Schreiben vom 18.05.1999 hat der Kläger der angekündigten Herabsetzung des GdB von 40 auf 30 widersprochen und ein Attest des Orthopäden Dr.S. vorgelegt. Dennoch hat der Beklagte nach versorgungsärztlicher Stellungnahme durch Dr.R. am 18.06.1999 einen Bescheid erteilt, durch den der Bescheid vom 26.06.1997 in der Fassung des Teilabhilfebescheids vom 17.10.1997 und des Widerspruchsbescheides vom 04.11.1997 zurückgenommen wurde, soweit die Behinderung. "Muskelminderung rechtes Bein mehr als links mit Fuß- und Zehenheberschwäche rechts, Iliopsoasschwäche beidseits" und der GdB in Höhe von 40 statt von 30 festgestellt worden waren. Dieser Bescheid wurde gemäß § 96 Abs.1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) Gegenstand des anhängigen Klageverfahrens.
Mit Schriftsatz vom 08.09.1999 hat der Kläger weiterhin einen GdB von 60 geltend gemacht und gerügt, dass die nunmehr nicht mehr festgestellten Behinderungen als Zusatzerkrankungen des chronischen Bandscheibenleidens weiterhin vorlägen. Auch fehle die Feststellung der Behinderung im Bereich des rechten Ellenbogengelenks.
Am 06.04.2000 hat das Sozialgericht durch Urteil die Klage abgewiesen und sich zur Begründung im Wesentlichen auf das Gutachten des Sachverständigen Dr.S. gestützt.
Mit seiner zum Bayer. Landessozialgericht eingelegten Berufung vom 10.05.2000 hat der Kläger sein Begehren weiterverfolgt und dabei unter anderem die unfairen Untersuchungsmethoden des Dr.S. beanstandet sowie wegen einer seit dieser Untersuchung eingetretenen Verschlechterung seines Gesundheitszustandes die Einholung eines weiteren ärztlichen Sachverständigengutachtens beantragt.
Der Senat hat vom Kläger vorgelegte ärztliche Atteste des Orthopäden Dr.S. sowie einen beigezogenen Befundbericht dieses Arztes dem Beklagten zur Stellungnahme zugeleitet, ob sich daraus eine Leidensverschlimmerung ableiten lasse. Diese Frage wurde vom Beklagten verneint (chirurgische Stellungnahme von Dr.B. vom 26.10.2000). Es ist daraufhin von dem Orthopäden Dr.H. nach § 106 SGG ein weiteres Gutachten vom 16.02.2001 eingeholt worden, in dem (verkürzt) folgende Behinderungen vorgeschlagen worden sind: Wiederkehrendes lokales Halswirbelsäulensyndrom, wiederkehrendes lumbales Scheinwurzelreizsyndrom mit Reizerscheinungen lumbal und in der linken Leisten- und Hodenregion sowie im Bereich der unteren Extremität, jedoch ohne Nachweis von Muskellähmungen/-schwächen; plantarer Fersensporn beidseits; Ellenbogengelenksverschleißleiden rechts mit Reizzuständen; Engpasssyndrom unter dem Schulterdach links, Schultereckgelenksarthrose rechts. Auf die Frage, nach einer wesentlichen Änderung gegenüber dem Bescheid vom 10.01.1995 hat der Sachverständige geantwortet, er gehe mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit davon aus, dass der GdB im Vergleichsbescheid vom Januar 1995 zu hoch mit 40 statt mit 30 nach den "Anhaltspunkten" eingeschätzt worden sei, da nach dem versorgungsärztlichen Vorgutachten von Dr.B. von 1994 und den zum Teil widersprüchlichen Befunden keine motorischen Ausfallerscheinungen in Form von Muskelschwächen oder Paresen an der unteren Extremität vorgelegen hätten. Es habe damals nur ein Wirbelsäulenschaden mit mittelgradigen bis schweren funktionellen Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt und ein geringgradiges Cervikalsyndrom bestanden. Da jedoch die Fuß- und Zehenheberschwäche rechts sowie Iliopssoasschwäche beidseits bindend im Bescheid vom Januar 1995 festgestellt worden seien, sei aufgrund des Befundberichtes von Dr.A. vom 13.10.1996 eine wesentliche Änderung eingetreten, da nunmehr keine Paresen mehr nachweisbar gewesen seien. Daher sei zu Recht ab 1996 der bisherige Gesamt-GdB von 40 auf 30 herabgesetzt worden. Laut Befundbericht von Dr.S. von 08.04.1997 seien 1997 weitere Behinderungen hinzugekommen, nämlich der Fersensporn beidseits und das Supinator-Syndrom am rechten Unterarm. Die Fußdeformität, die zwar das Tragen von Spezialeinlagen verlange, aber das Gangbild nicht wesentlich störe, bedinge lediglich einen Einzel-GdB von 10. Die Bewegungseinschränkungen im Ellenbogengelenk rechts bewirkten erst ab 1998 (Befundbericht vom 24.06.1998 des Röntgologen Dr.B.) einen Einzel-GdB von 10; seit dem Befundbericht vom 26.10.1999 von Dr.S. sei eine chronisch-rezidivierende Schultergelenksentzündung links nachgewiesen, außerdem (aufgrund der eigenen Untersuchung) auch eine geringe Schultergelenksentzündung rechts. Da nunmehr beide Schultergelenke betroffen seien, halte er einen Einzel-GdB von 20 für zutreffend und schlage einen Gesamt-GdB ab 1997 mit 30 und ab 1999 mit 40 vor.
Der Beklagte hat daraufhin am 27.03.2001 ein Vergleichsangebot unterbreitet, wonach ab Februar 2001 (Untersuchung Dr.H.) ein Gesamt-GdB von 40 festgestellt werde. Im Einzelnen werden darin der Wirbelsäulenschaden mit GdB 30, die Schultergelenke und der rechte Ellenbogen mit Einzel-GdB 20, Hüftgelenke und Fersensporn mit Einzel-GdB 10 sowie Nebenhoden links etc. mit Einzel-GdB 10 bewertet. Dr.H. habe keine Bewegungseinschränkung der Hüftgelenke feststellen können und eine GdB-Bewertung für den Verlust des Nebenhodens und die Samenstrangneuralgie mit 10 als zu hoch angesehen (S.110 der Anhaltspunkte).
Mit Schriftsatz vom 27.04.2001 hat der Kläger dieses Angebot nicht angenommen, sondern weitere Beeinträchtigungen im HNO-Bereich geltend gemacht und ein ärztliches Attest von Dr.D. vom 26.04.2001 vorgelegt, worin von einer Nebenhöhlenerkrankung mit Kopfschmerzen, behinderter Nasenatmung und einem linksseitigen Tinnitus mit Hyperakusis sowie einer Hochtonschädigung des Innenohrs beidseits die Rede ist.
Zu dem beigezogenen Befundbericht von Dr.D. hat der Beklagte versorgungsärztlich durch Dr.N. und Dr.N. Stellung genommen und als weitere festzustellende Funktionsbeeinträchtigungen vorgeschlagen: "5. Ohrgeräusche 6. Chronische Nebenhöhlenentzündung, jeweils mit Einzel- GdB 10; Gesamt-GdB weiterhin 40".
Mit Schriftsatz vom 14.08.2001 hat der Kläger ferner die Berücksichtigung einer Sigmadivertikulose mit Unterbauchschmerzen und Durchfällen begehrt und ein Attest von Dr.F. vorgelegt; ferner hat er angeregt, den Gesamt-GdB abweichend von Dr.H. mit 50 einzuschätzen.
In einer weiteren versorgungsärztlichen Stellungnahme zum Attest von Dr.F. hat Dr.B. am 31.08.2001 ausgeführt, dass das Attest wenig aussagekräftig sei, die Sigmadivertikulose im Hinblick auf das Körpergewicht von 85 kg bei einer Körpergröße von 1,72 Meter offenbar medikamentös beherrschbar sei. Der von Dr.F. vorgeschlagene GdB von 30 setze eine erhebliche Minderung des Kräfte- und Ernährungszustandes voraus, die offensichtlich fehle.
Mit Schriftsatz vom 15.10.2001 hat der Kläger mitgeteilt, Dr.F. bleibe bei seiner Einschätzung, da er seine internistische Diagnose in erster Linie auf einen chronischen psychovegetativen Erschöpfungszustand mit anhaltend verminderter psycho-emotionaler Belastbarkeit infolge eines kombinierten abdominellen und lumbalen Schmerzsyndroms stütze. Am 08.02.2002 hat der Kläger ein weiteres Attest von Dr.F. über mehrmals jährlich auftretende Schübe der bestehenden Dickdarm-Divertikulose vorgelegt.
Der Kläger beantragt, den Beklagten unter Änderung des Urteils des Sozialgerichts Augsburg vom 06.04.2000 sowie der Bescheide vom 26.06./ 17.10.1997 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 04.11.1997 und des Bescheides vom 18.06.1999 zu verurteilen, den GdB des Klägers ab Februar 1995 mit 50 festzustellen.
Der Beklagte beantragt, die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 06.04.2000 zurückzuweisen.
Ergänzend zum Sachverhalt wird auf die Schwerbehindertenakte des Beklagten, die Akte des vorangegangenen Streitverfahrens vor dem Sozialgericht sowie auf die Schriftsätze der Beteiligten und den übrigen Inhalt der Berufungsakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht (§§ 143, 151 SGG) eingelegte Berufung ist zulässig; sie erweist sich nur teilweise als begründet.
Das Sozialgericht Augsburg und der Beklagte haben zu Recht die Schwerbehinderteneigenschaft des Klägers verneint; auch war die Korrektur des Bescheides vom 26.06.1997 in der Fassung des Teilabhilfebescheids vom 17.10.1997 gemäß § 45 SGB X nicht zu beanstanden, mit der der GdB von 40 auf 30 für die Zukunft (ab 24.06.1999) herabgesetzt wurde. Allerdings ist inzwischen, ab Februar 2001, eine Verschlimmerung der gesundheitlichen Verhältnisse des Klägers im Sinne einer wesentlichen Änderung gemäß § 48 SGB X eingetreten, die entsprechend dem Vergleichsangebot des Beklagten vom 27.03.2001 wieder eine Erhöhung des GdB auf 40 zur Folge hat.
Die Überprüfung des angefochtenen Bescheides vom 26.06.1997 in der Fassung des Teilabhilfebescheids vom 17.10.1997 durch die gerichtlichen Sachverständigen Dr.S. in erster Instanz und Dr.H. in zweiter Instanz ergab, dass der GdB des Klägers mit 40 darin zu hoch festgestellt worden war. Beide Sachverständigen vertraten sogar die Auffassung, dass der GdB des Klägers bereits im bindenden Bescheid vom 10.01.1995 richtigerweise nur mit 30 hätte bewertet werden dürfen. Der Senat hat sich jedoch der Auffassung des Beklagten insbesondere aufgrund der versorgungsärztlichen Stellungnahmen vom 01.12.1998 und 11.03.1999 angeschlossen, wonach trotz widersprüchlicher neurologischer Befunde aufgrund des Untersuchungsergebnisses des Neurologen Dr.A. vom 04.10.1994 und des versorgungsärztlichen Untersuchungsgutachtens von Dr.B. vom 01.12.1994 davon ausgegangen werden kann, dass zum Zeitpunkt des Erlasses des Bescheids vom 10.01.1995 noch eine Fuß- und Zehenheberschwäche rechts sowie eine Muskelminderung am rechten Bein mehr als links vorgelegen und mit den übrigen Wirbelsäulen- und Hüftgelenksbeschwerden einen GdB von 40 gerechtfertigt haben. Erst durch die Befunde der Fachklinik E. vom 12.09.1995 sowie von Dr.A. vom 13.10.1996 kann von einer nachgewiesenen Besserung ausgegangen werden, obwohl Dr.A. in seinem Arztbrief vom 13.10.1996 im Bereich des rechten Beines eine wiederholt inkonstante Minderinnervation, insbesondere bei der Fußhebung und Fußsenkung angibt und im Arztbrief der Fachklinik E. vom 02.12.1996 bei der Prüfung der groben Kraft eine leichte Großzehenheberparese rechts angegeben wurde. Selbst wenn die ursprüngliche Unrichtigkeit der zu berichtigenden Bescheide nicht nachgewiesen werden könnte, wäre aus der niedrigeren Bewertung des GdB durch Dr.S. in seinem Gutachten vom Mai 1998, das von dem gerichtlichen Sachverständigen Dr.H. im Februar 2001 bestätigt wurde, zu vermuten, dass inzwischen eine Besserung der gesundheitlichen Verhältnisse des Klägers eingetreten ist und der GdB ab Juni 1999 herabgesetzt werden durfte (BSG-Urteil vom 10.02.1993 - SozR 3-1300 § 48 Nr.25).
Aufgrund des Gutachtens von Dr.H. und entsprechend dem Vergleichsangebot des Beklagten vom 27.03.2001 war nach § 48 Abs.1 SGB X der Bescheid vom 18.06.1999 allerdings dahingehend abzuändern, dass ab dem Zeitpunkt der Untersuchung durch Dr.H., d.h. ab Februar 2001, der GdB wieder mit 40 einzuschätzen ist. Außerdem sind bescheidmäßig - wenn auch nur im Begründungsteil (BSG-Urteil vom 24.06.1998 - SozR 3-3870 § 4 Nr.24) - vom Beklagten als Behinderung Nr.3 "Funktionsbeeinträchtigung der Schultergelenke und des rechten Ellenbogengelenks", als Behinderung Nr.4 "Ohrgeräusche" und Nr.5 "chronische Nasennebenhöhlenentzündung" festzustellen. Auch wenn die Bewegungseinschränkung im Ellenbogengelenk rechts laut Gutachten von Dr.H. bereits ab Juni 1998 als nachgewiesen gelten kann und einen Einzel-GdB von 10 bedingte sowie die chronisch-rezidivierende Schultergelenksentzündung links erstmals im Oktober 1999 durch den Befundbericht von Dr.S. belegt ist, ergibt sich nach Auffassung des Senats erst im Zusammenhang mit der von Dr.H. selbst im Februar 2001 diagnostizierten beidseitigen Schultergelenksentzündung ein Einzel-GdB von 20 für diese Funktionsbeeinträchtigungen. Daher kann erst ab diesem Zeitpunkt (Februar 2001) eine Erhöhung des Gesamt-GdB begründet werden.
Die vom Kläger erst mit Schriftsatz vom April 2001 geltend gemachten Gesundheitsstörungen im Bereich des Gehörs und der Nebenhöhlen bedingen, wie sich aus der nachvollziehbaren, im Einklang mit den AP 1996 stehenden Bewertung durch den Beklagten ergibt, jeweils einen Einzel-GdB von lediglich 10. Sie vermögen den Gesamt-GdB nicht auf 50 zu erhöhen, da die beim Kläger vorliegenden geringfügigen Funktionsbeeinträchtigungen mit GdB 10 (Fersensporn beidseits, Verlust des Nebenhodens links etc., sowie die o.g. Behinderungen Nr.5 und 6) verschiedene Lebens- und Funktionsbereiche betreffen und damit nach Nr.19 Abs.4 der AP den GdB der bedeutsameren Funktionsbeeinträchtigungen nicht erhöhen dürfen (BSG-Urteil vom 13.12.2000 - SozR 3-3870 § 4 Nr.28).
Schließlich begründet auch die beim Kläger bestehende Dickdarm-Divertikulose nicht die Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft. Nach den oben genannten Anhaltspunkten 1996, Nr.26.10 S.96 setzt ein Einzel-GdB von 20 bis 30 stärkere und häufig rezidivierende oder anhaltende Symptome (Durchfälle, Spasmen) voraus. Zwar hat Dr.F. in seinen Attesten vom 10.08.2001 und 11.01.2002 mehrmals jährlich stärkere, meist krampfartige Unterbauchbeschwerden und anhaltende Durchfälle bestätigt. Wie die Versorgungsärztin Dr.B. in ihrer Stellungnahme vom 31.08.2001 feststellte, kann in Anbetracht des keineswegs reduzierten Körpergewichts im Verhältnis zur Körpergröße nicht davon ausgegangen werden, dass diese Erkrankung den Kräfte- und Ernährungszustand des Klägers bisher beeinträchtigt hat. Selbst bei einem Einzel-GdB zwischen 10 und 20 für die Darmerkrankung ist im Hinblick auf Nr.19 der AP eine Erhöhung des Gesamt-GdB um 10 nicht veranlasst. Der von Dr.F. in seinem Attest vom 10.08.2001 bescheinigte chronische psychovegetative Erschöpfungszustand mit anhaltend verminderter psycho-emotionaler Belastbarkeit infolge eines kombinierten abdominellen Schmerzsyndroms kann nicht als zusätzliche Funktionsbeeinträchtigung den Gesamt-GdB erhöhen, da diesbezüglich ausreichende Nachweise fehlen. Die Schmerzen des Klägers, insbesondere von Seiten der Wirbelsäule und der Schultergelenke wurden in Übereinstimmung mit dem Gutachten von Dr.H. berücksichtigt. Es ist im Übrigen nicht belegt, dass der Kläger infolge seiner Schmerzen und des Tinnitus psychisch behandlungsbedürftig erkrankt wäre. Offensichtlich hat der Kläger es bisher nicht für erforderlich gehalten, sich einer psychotherapeutischen Behandlung zu unterziehen, die ihm laut Schreiben des HNO-Arztes Dr.D. vom 17.05.2001 von diesem nahegelegt wurde. Auch eine sonstige Behandlung psychischer Beschwerden ist nicht aktenkundig. Sollte der Kläger in Zukunft durch seine Divertikulose und sein Schmerzsyndrom stärker beeinträchtigt werden, und insbesondere wegen psychischer Probleme medikamentöser oder therapeutischer Behandlung bedürfen, bleibt ihm unbenommen, einen Antrag auf Neufeststellung des Grades seiner Behinderung zu stellen.
Aus diesen Gründen war die Berufung des Klägers nur zum geringeren Teil erfolgreich. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG und entspricht dem Teilerfolg seines Rechtsmittels.
Gründe für die Zulassung der Revision im Sinne des § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG liegen nicht vor.
II. Die Beklagte hat dem Kläger 3/10 der außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob beim Kläger ein Grad der Behinderung (GdB) von 50 nach dem Schwerbehindertengesetz (SchwbG) bzw. Sozialgesetzbuch Neuntes Buch (SGB IX) festzustellen ist.
Bei dem am 1942 geborenen Kläger wurde zuletzt mit Abhilfebescheid vom 10.01.1995 bindend ein GdB von 40 und folgende Behinderung festgestellt: "Funktionsbehinderung bei Verformung der Wirbelsäule mit Nerven- und Muskelreizerscheinungen, Lendenwirbelsäulen-Syndrom. Bewegungseinschränkungen linke Hüfte mehr als rechte, Muskelminderung rechtes Bein mehr als linkes mit Fuß- und Zehenheberschwäche rechts, Iliopsoasschwäche beidseits." Eine Nachprüfung von Amts wegen Anfang 1996 ergab keine wesentliche Änderung.
Mit Schreiben vom 14.02.1997 beantragte der Kläger eine Neufeststellung, da sich insbesondere sein Bandscheibenleiden erheblich verschlimmert habe. Auch seien bisher nicht berücksichtigt eine Funktionsbeeinträchtigung im rechten Unterarm und ein versorgungsärztlicher Überprüfung durch Dr.G. wurde am 26.06. 1997 ein Änderungsbescheid erteilt, in dem als weitere Behinderung "2. Fersensporn beidseits" festgestellt, jedoch der GdB mit 40 beibehalten wurde. Hiergegen erhob der Kläger Widerspruch und beantragte eine Anhebung des GdB auf mindestens 60 oder 70 wegen eines neuerlichen Bandscheibenvorfalls im Jahre 1996 und einer Nebenhodenentfernung einschließlich Samenstrangoperation, die zur Impotenz geführt habe. Nach nochmaliger Beiziehung von Befundberichten nahm der Chirurg Dr.R. versorgungsärztlich Stellung, was zu einem Teilabhilfebescheid vom 17.10.1997 führte, in dem als weitere Behinderung festgestellt wurde "3. Verlust des Nebenhodens links, Samenstrangneuralgie links." Ebenso wie für den Fersensporn beidseits wurde für die Behinderung Nr.3 nur ein Einzel-GdB von 10 festgestellt, der nicht zur Erhöhung des Gesamt-GdB von 40 führte. Im Übrigen wurde der Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 04.11.1997 zurückgewiesen.
Hiergegen hat der Kläger am 05.12.1997 Klage zum Sozialgericht Augsburg erhoben und die Feststellung eines GdB von mindestens 60 beantragt.
Das Sozialgericht hat unter anderem einen Befundbericht von Dr.S. eingeholt und anschließend den Orthopäden Dr.S. (Oberarzt in der A.-Klinik) mit der Untersuchung und Begutachtung des Klägers beauftragt. In seinem Gutachten vom 14.05.1998 hat Dr.S. auf orthopädischem Gebiet folgende Veränderungen festgestellt: Chronischer belastungsabhängiger Lendenwirbelsäulenschmerz (Lumbalsyndrom) - ursächlich ausgelöst durch fortgeschrittene degenerative Veränderungen in fast sämtlichen LWS-Segmenten, besonders zwischen LWK 1/2, muskuläre Balancestörung im Rumpf- rechtsseitiger Fersenschmerz bei plantarem Fersensporn, zum Zeitpunkt der Untersuchung klinisch ohne Relevanz; die gleiche Veränderung bestehe auch linksseitig, zur Zeit ebenfalls ohne Schmerzen. Die radiologischen Veränderungen im Bereich der unteren BWS seien klinisch ohne Relevanz. Auch ließen sich klinisch im Bereich beider Hüftgelenke zur Zeit keine krankhaften Veränderungen feststellen. Hieraus ergebe sich nach den "Anhaltspunkten für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertengesetz" (AP) bis Ja- nuar 1995 ein GdB von 30. Der in der Schwerbehindertenakte befindliche Bericht des Neurologen Dr.A. (elektromyographische Untersuchung) vom 04.01.1994 zeige, dass beim Kläger keine Nervenschädigungen vorlägen. Die gesundheitlichen Verhältnisse des Klägers hätten sich auf orthopädischem Sektor seit Februar 1997 nicht geändert; es bestehe nach wie vor ein GdB von 30. Der linksseitige Hodenschmerz sei nicht durch Wirbelsäulenveränderungen erklärbar.
Daraufhin hat der Kläger einen Antrag nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) gestellt und den Orthopäden Dr.O. in Augsburg als Sachverständigen benannt. In seinem Gutachten vom 05.11.1998 hat Dr.O. einen Gesamt-GdB von 50 vorgeschlagen, da im Gegensatz zum Vorgutachter seines Erachtens durchaus eine chronische Wurzelreizsymptomatik beider Beine mit Fuß- und Zehenheberschwäche vorliege, die mit Einzel-GdB 40 zu bewerten sei. Hinzu kämen Neuerkrankungen (am rechten Ellenbogengelenk, am linken Schultergelenk sowie eine Variko- und Hydrocele links) jeweils mit Einzel-GdB 10. Auch handle es sich um einen röntgenologisch gesicherten mittelschweren plantaren Fersensporn beidseits, der ebenfalls mit GdB 10 einzuschätzen sei. Festzustellen seien auch Verschleisserscheinungen der Halswirbelsäule sowie ein chronisches Reizsyndrom des nervus ilioinquinalis links.
In ihrer versorgungsärztlichen Stellungnahme hat die Chirurgin Dr.B. am 01.12.1998 ausgeführt, sie könne weder dem Gutachten von Dr.S. noch dem von Dr.O. in allen Punkten folgen; im Hinblick auf die in der versorgungsärztlichen Untersuchung vom Dezember 1994 festgestellte Umfangsminderung des rechten Oberschenkels um 3 cm sei von damals bestehenden motorischen Ausfallserscheinungen am rechten Bein auszugehen und der Gesamt-GdB mit 40 einzuschätzen. Falls sich die Umfangsminderung nunmehr ausgeglichen habe und die diesbezüglichen Angaben von Dr.S. auf einem Schreibfehler beruhten (was dieser anschließend bestätigt hat), stimme sie dem Vorschlag von Dr.S. hinsichtlich eines Gesamt-GdB von 30 zu. Dr.O. habe entgegen den Vorgaben der Anhaltspunkte Funktionsbehinderungen der Wirbelsäule auf 3 Behinderungen aufgeteilt. Die geringfügige Bewegungseinschränkung des rechten Ellenbogens stelle keine meßbare Behinderung dar; dasselbe gelte für die Beeinträchtigungen am linken Schultergelenk sowie für die klinisch nicht nachgewiesene Varikocele und Hydrocele. Auch könne neben der Samenstrangneuralgie links nicht zusätzlich noch ein Reizzustand des nervus ilioinquinalis links festgestellt werden, da es sich nicht um zwei verschiedene Behinderungen handle. In einer weiteren versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 11.03.1999 hat Dr.B. darauf hingewiesen, dass sich die bei der Untersuchung durch Dr.B. im Dezember 1994 nachgewiesenen motorischen Ausfälle bereits bei der neurologischen Untersuchung am 30.10.1996 durch Dr.A. zurückgebildet gehabt hätten. Der GdB hätte daher bereits im Bescheid vom 26.06.1997 nur noch mit 30 eingeschätzt werden dürfen, da die Behinderungen "Muskelminderung rechtes Bein mehr als links mit Fuß- und Zehenheberschwäche rechts, Iliopsoasschwäche beidseits" bereits im Juni 1997 nicht mehr vorgelegen hätten.
Am 23.04.1999 hat der Beklagte dem Kläger ein entsprechendes Anhörungsschreiben übersandt, in dem ein Bescheid nach § 45 SGB X angekündigt wurde. Mit Schreiben vom 18.05.1999 hat der Kläger der angekündigten Herabsetzung des GdB von 40 auf 30 widersprochen und ein Attest des Orthopäden Dr.S. vorgelegt. Dennoch hat der Beklagte nach versorgungsärztlicher Stellungnahme durch Dr.R. am 18.06.1999 einen Bescheid erteilt, durch den der Bescheid vom 26.06.1997 in der Fassung des Teilabhilfebescheids vom 17.10.1997 und des Widerspruchsbescheides vom 04.11.1997 zurückgenommen wurde, soweit die Behinderung. "Muskelminderung rechtes Bein mehr als links mit Fuß- und Zehenheberschwäche rechts, Iliopsoasschwäche beidseits" und der GdB in Höhe von 40 statt von 30 festgestellt worden waren. Dieser Bescheid wurde gemäß § 96 Abs.1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) Gegenstand des anhängigen Klageverfahrens.
Mit Schriftsatz vom 08.09.1999 hat der Kläger weiterhin einen GdB von 60 geltend gemacht und gerügt, dass die nunmehr nicht mehr festgestellten Behinderungen als Zusatzerkrankungen des chronischen Bandscheibenleidens weiterhin vorlägen. Auch fehle die Feststellung der Behinderung im Bereich des rechten Ellenbogengelenks.
Am 06.04.2000 hat das Sozialgericht durch Urteil die Klage abgewiesen und sich zur Begründung im Wesentlichen auf das Gutachten des Sachverständigen Dr.S. gestützt.
Mit seiner zum Bayer. Landessozialgericht eingelegten Berufung vom 10.05.2000 hat der Kläger sein Begehren weiterverfolgt und dabei unter anderem die unfairen Untersuchungsmethoden des Dr.S. beanstandet sowie wegen einer seit dieser Untersuchung eingetretenen Verschlechterung seines Gesundheitszustandes die Einholung eines weiteren ärztlichen Sachverständigengutachtens beantragt.
Der Senat hat vom Kläger vorgelegte ärztliche Atteste des Orthopäden Dr.S. sowie einen beigezogenen Befundbericht dieses Arztes dem Beklagten zur Stellungnahme zugeleitet, ob sich daraus eine Leidensverschlimmerung ableiten lasse. Diese Frage wurde vom Beklagten verneint (chirurgische Stellungnahme von Dr.B. vom 26.10.2000). Es ist daraufhin von dem Orthopäden Dr.H. nach § 106 SGG ein weiteres Gutachten vom 16.02.2001 eingeholt worden, in dem (verkürzt) folgende Behinderungen vorgeschlagen worden sind: Wiederkehrendes lokales Halswirbelsäulensyndrom, wiederkehrendes lumbales Scheinwurzelreizsyndrom mit Reizerscheinungen lumbal und in der linken Leisten- und Hodenregion sowie im Bereich der unteren Extremität, jedoch ohne Nachweis von Muskellähmungen/-schwächen; plantarer Fersensporn beidseits; Ellenbogengelenksverschleißleiden rechts mit Reizzuständen; Engpasssyndrom unter dem Schulterdach links, Schultereckgelenksarthrose rechts. Auf die Frage, nach einer wesentlichen Änderung gegenüber dem Bescheid vom 10.01.1995 hat der Sachverständige geantwortet, er gehe mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit davon aus, dass der GdB im Vergleichsbescheid vom Januar 1995 zu hoch mit 40 statt mit 30 nach den "Anhaltspunkten" eingeschätzt worden sei, da nach dem versorgungsärztlichen Vorgutachten von Dr.B. von 1994 und den zum Teil widersprüchlichen Befunden keine motorischen Ausfallerscheinungen in Form von Muskelschwächen oder Paresen an der unteren Extremität vorgelegen hätten. Es habe damals nur ein Wirbelsäulenschaden mit mittelgradigen bis schweren funktionellen Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt und ein geringgradiges Cervikalsyndrom bestanden. Da jedoch die Fuß- und Zehenheberschwäche rechts sowie Iliopssoasschwäche beidseits bindend im Bescheid vom Januar 1995 festgestellt worden seien, sei aufgrund des Befundberichtes von Dr.A. vom 13.10.1996 eine wesentliche Änderung eingetreten, da nunmehr keine Paresen mehr nachweisbar gewesen seien. Daher sei zu Recht ab 1996 der bisherige Gesamt-GdB von 40 auf 30 herabgesetzt worden. Laut Befundbericht von Dr.S. von 08.04.1997 seien 1997 weitere Behinderungen hinzugekommen, nämlich der Fersensporn beidseits und das Supinator-Syndrom am rechten Unterarm. Die Fußdeformität, die zwar das Tragen von Spezialeinlagen verlange, aber das Gangbild nicht wesentlich störe, bedinge lediglich einen Einzel-GdB von 10. Die Bewegungseinschränkungen im Ellenbogengelenk rechts bewirkten erst ab 1998 (Befundbericht vom 24.06.1998 des Röntgologen Dr.B.) einen Einzel-GdB von 10; seit dem Befundbericht vom 26.10.1999 von Dr.S. sei eine chronisch-rezidivierende Schultergelenksentzündung links nachgewiesen, außerdem (aufgrund der eigenen Untersuchung) auch eine geringe Schultergelenksentzündung rechts. Da nunmehr beide Schultergelenke betroffen seien, halte er einen Einzel-GdB von 20 für zutreffend und schlage einen Gesamt-GdB ab 1997 mit 30 und ab 1999 mit 40 vor.
Der Beklagte hat daraufhin am 27.03.2001 ein Vergleichsangebot unterbreitet, wonach ab Februar 2001 (Untersuchung Dr.H.) ein Gesamt-GdB von 40 festgestellt werde. Im Einzelnen werden darin der Wirbelsäulenschaden mit GdB 30, die Schultergelenke und der rechte Ellenbogen mit Einzel-GdB 20, Hüftgelenke und Fersensporn mit Einzel-GdB 10 sowie Nebenhoden links etc. mit Einzel-GdB 10 bewertet. Dr.H. habe keine Bewegungseinschränkung der Hüftgelenke feststellen können und eine GdB-Bewertung für den Verlust des Nebenhodens und die Samenstrangneuralgie mit 10 als zu hoch angesehen (S.110 der Anhaltspunkte).
Mit Schriftsatz vom 27.04.2001 hat der Kläger dieses Angebot nicht angenommen, sondern weitere Beeinträchtigungen im HNO-Bereich geltend gemacht und ein ärztliches Attest von Dr.D. vom 26.04.2001 vorgelegt, worin von einer Nebenhöhlenerkrankung mit Kopfschmerzen, behinderter Nasenatmung und einem linksseitigen Tinnitus mit Hyperakusis sowie einer Hochtonschädigung des Innenohrs beidseits die Rede ist.
Zu dem beigezogenen Befundbericht von Dr.D. hat der Beklagte versorgungsärztlich durch Dr.N. und Dr.N. Stellung genommen und als weitere festzustellende Funktionsbeeinträchtigungen vorgeschlagen: "5. Ohrgeräusche 6. Chronische Nebenhöhlenentzündung, jeweils mit Einzel- GdB 10; Gesamt-GdB weiterhin 40".
Mit Schriftsatz vom 14.08.2001 hat der Kläger ferner die Berücksichtigung einer Sigmadivertikulose mit Unterbauchschmerzen und Durchfällen begehrt und ein Attest von Dr.F. vorgelegt; ferner hat er angeregt, den Gesamt-GdB abweichend von Dr.H. mit 50 einzuschätzen.
In einer weiteren versorgungsärztlichen Stellungnahme zum Attest von Dr.F. hat Dr.B. am 31.08.2001 ausgeführt, dass das Attest wenig aussagekräftig sei, die Sigmadivertikulose im Hinblick auf das Körpergewicht von 85 kg bei einer Körpergröße von 1,72 Meter offenbar medikamentös beherrschbar sei. Der von Dr.F. vorgeschlagene GdB von 30 setze eine erhebliche Minderung des Kräfte- und Ernährungszustandes voraus, die offensichtlich fehle.
Mit Schriftsatz vom 15.10.2001 hat der Kläger mitgeteilt, Dr.F. bleibe bei seiner Einschätzung, da er seine internistische Diagnose in erster Linie auf einen chronischen psychovegetativen Erschöpfungszustand mit anhaltend verminderter psycho-emotionaler Belastbarkeit infolge eines kombinierten abdominellen und lumbalen Schmerzsyndroms stütze. Am 08.02.2002 hat der Kläger ein weiteres Attest von Dr.F. über mehrmals jährlich auftretende Schübe der bestehenden Dickdarm-Divertikulose vorgelegt.
Der Kläger beantragt, den Beklagten unter Änderung des Urteils des Sozialgerichts Augsburg vom 06.04.2000 sowie der Bescheide vom 26.06./ 17.10.1997 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 04.11.1997 und des Bescheides vom 18.06.1999 zu verurteilen, den GdB des Klägers ab Februar 1995 mit 50 festzustellen.
Der Beklagte beantragt, die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 06.04.2000 zurückzuweisen.
Ergänzend zum Sachverhalt wird auf die Schwerbehindertenakte des Beklagten, die Akte des vorangegangenen Streitverfahrens vor dem Sozialgericht sowie auf die Schriftsätze der Beteiligten und den übrigen Inhalt der Berufungsakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht (§§ 143, 151 SGG) eingelegte Berufung ist zulässig; sie erweist sich nur teilweise als begründet.
Das Sozialgericht Augsburg und der Beklagte haben zu Recht die Schwerbehinderteneigenschaft des Klägers verneint; auch war die Korrektur des Bescheides vom 26.06.1997 in der Fassung des Teilabhilfebescheids vom 17.10.1997 gemäß § 45 SGB X nicht zu beanstanden, mit der der GdB von 40 auf 30 für die Zukunft (ab 24.06.1999) herabgesetzt wurde. Allerdings ist inzwischen, ab Februar 2001, eine Verschlimmerung der gesundheitlichen Verhältnisse des Klägers im Sinne einer wesentlichen Änderung gemäß § 48 SGB X eingetreten, die entsprechend dem Vergleichsangebot des Beklagten vom 27.03.2001 wieder eine Erhöhung des GdB auf 40 zur Folge hat.
Die Überprüfung des angefochtenen Bescheides vom 26.06.1997 in der Fassung des Teilabhilfebescheids vom 17.10.1997 durch die gerichtlichen Sachverständigen Dr.S. in erster Instanz und Dr.H. in zweiter Instanz ergab, dass der GdB des Klägers mit 40 darin zu hoch festgestellt worden war. Beide Sachverständigen vertraten sogar die Auffassung, dass der GdB des Klägers bereits im bindenden Bescheid vom 10.01.1995 richtigerweise nur mit 30 hätte bewertet werden dürfen. Der Senat hat sich jedoch der Auffassung des Beklagten insbesondere aufgrund der versorgungsärztlichen Stellungnahmen vom 01.12.1998 und 11.03.1999 angeschlossen, wonach trotz widersprüchlicher neurologischer Befunde aufgrund des Untersuchungsergebnisses des Neurologen Dr.A. vom 04.10.1994 und des versorgungsärztlichen Untersuchungsgutachtens von Dr.B. vom 01.12.1994 davon ausgegangen werden kann, dass zum Zeitpunkt des Erlasses des Bescheids vom 10.01.1995 noch eine Fuß- und Zehenheberschwäche rechts sowie eine Muskelminderung am rechten Bein mehr als links vorgelegen und mit den übrigen Wirbelsäulen- und Hüftgelenksbeschwerden einen GdB von 40 gerechtfertigt haben. Erst durch die Befunde der Fachklinik E. vom 12.09.1995 sowie von Dr.A. vom 13.10.1996 kann von einer nachgewiesenen Besserung ausgegangen werden, obwohl Dr.A. in seinem Arztbrief vom 13.10.1996 im Bereich des rechten Beines eine wiederholt inkonstante Minderinnervation, insbesondere bei der Fußhebung und Fußsenkung angibt und im Arztbrief der Fachklinik E. vom 02.12.1996 bei der Prüfung der groben Kraft eine leichte Großzehenheberparese rechts angegeben wurde. Selbst wenn die ursprüngliche Unrichtigkeit der zu berichtigenden Bescheide nicht nachgewiesen werden könnte, wäre aus der niedrigeren Bewertung des GdB durch Dr.S. in seinem Gutachten vom Mai 1998, das von dem gerichtlichen Sachverständigen Dr.H. im Februar 2001 bestätigt wurde, zu vermuten, dass inzwischen eine Besserung der gesundheitlichen Verhältnisse des Klägers eingetreten ist und der GdB ab Juni 1999 herabgesetzt werden durfte (BSG-Urteil vom 10.02.1993 - SozR 3-1300 § 48 Nr.25).
Aufgrund des Gutachtens von Dr.H. und entsprechend dem Vergleichsangebot des Beklagten vom 27.03.2001 war nach § 48 Abs.1 SGB X der Bescheid vom 18.06.1999 allerdings dahingehend abzuändern, dass ab dem Zeitpunkt der Untersuchung durch Dr.H., d.h. ab Februar 2001, der GdB wieder mit 40 einzuschätzen ist. Außerdem sind bescheidmäßig - wenn auch nur im Begründungsteil (BSG-Urteil vom 24.06.1998 - SozR 3-3870 § 4 Nr.24) - vom Beklagten als Behinderung Nr.3 "Funktionsbeeinträchtigung der Schultergelenke und des rechten Ellenbogengelenks", als Behinderung Nr.4 "Ohrgeräusche" und Nr.5 "chronische Nasennebenhöhlenentzündung" festzustellen. Auch wenn die Bewegungseinschränkung im Ellenbogengelenk rechts laut Gutachten von Dr.H. bereits ab Juni 1998 als nachgewiesen gelten kann und einen Einzel-GdB von 10 bedingte sowie die chronisch-rezidivierende Schultergelenksentzündung links erstmals im Oktober 1999 durch den Befundbericht von Dr.S. belegt ist, ergibt sich nach Auffassung des Senats erst im Zusammenhang mit der von Dr.H. selbst im Februar 2001 diagnostizierten beidseitigen Schultergelenksentzündung ein Einzel-GdB von 20 für diese Funktionsbeeinträchtigungen. Daher kann erst ab diesem Zeitpunkt (Februar 2001) eine Erhöhung des Gesamt-GdB begründet werden.
Die vom Kläger erst mit Schriftsatz vom April 2001 geltend gemachten Gesundheitsstörungen im Bereich des Gehörs und der Nebenhöhlen bedingen, wie sich aus der nachvollziehbaren, im Einklang mit den AP 1996 stehenden Bewertung durch den Beklagten ergibt, jeweils einen Einzel-GdB von lediglich 10. Sie vermögen den Gesamt-GdB nicht auf 50 zu erhöhen, da die beim Kläger vorliegenden geringfügigen Funktionsbeeinträchtigungen mit GdB 10 (Fersensporn beidseits, Verlust des Nebenhodens links etc., sowie die o.g. Behinderungen Nr.5 und 6) verschiedene Lebens- und Funktionsbereiche betreffen und damit nach Nr.19 Abs.4 der AP den GdB der bedeutsameren Funktionsbeeinträchtigungen nicht erhöhen dürfen (BSG-Urteil vom 13.12.2000 - SozR 3-3870 § 4 Nr.28).
Schließlich begründet auch die beim Kläger bestehende Dickdarm-Divertikulose nicht die Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft. Nach den oben genannten Anhaltspunkten 1996, Nr.26.10 S.96 setzt ein Einzel-GdB von 20 bis 30 stärkere und häufig rezidivierende oder anhaltende Symptome (Durchfälle, Spasmen) voraus. Zwar hat Dr.F. in seinen Attesten vom 10.08.2001 und 11.01.2002 mehrmals jährlich stärkere, meist krampfartige Unterbauchbeschwerden und anhaltende Durchfälle bestätigt. Wie die Versorgungsärztin Dr.B. in ihrer Stellungnahme vom 31.08.2001 feststellte, kann in Anbetracht des keineswegs reduzierten Körpergewichts im Verhältnis zur Körpergröße nicht davon ausgegangen werden, dass diese Erkrankung den Kräfte- und Ernährungszustand des Klägers bisher beeinträchtigt hat. Selbst bei einem Einzel-GdB zwischen 10 und 20 für die Darmerkrankung ist im Hinblick auf Nr.19 der AP eine Erhöhung des Gesamt-GdB um 10 nicht veranlasst. Der von Dr.F. in seinem Attest vom 10.08.2001 bescheinigte chronische psychovegetative Erschöpfungszustand mit anhaltend verminderter psycho-emotionaler Belastbarkeit infolge eines kombinierten abdominellen Schmerzsyndroms kann nicht als zusätzliche Funktionsbeeinträchtigung den Gesamt-GdB erhöhen, da diesbezüglich ausreichende Nachweise fehlen. Die Schmerzen des Klägers, insbesondere von Seiten der Wirbelsäule und der Schultergelenke wurden in Übereinstimmung mit dem Gutachten von Dr.H. berücksichtigt. Es ist im Übrigen nicht belegt, dass der Kläger infolge seiner Schmerzen und des Tinnitus psychisch behandlungsbedürftig erkrankt wäre. Offensichtlich hat der Kläger es bisher nicht für erforderlich gehalten, sich einer psychotherapeutischen Behandlung zu unterziehen, die ihm laut Schreiben des HNO-Arztes Dr.D. vom 17.05.2001 von diesem nahegelegt wurde. Auch eine sonstige Behandlung psychischer Beschwerden ist nicht aktenkundig. Sollte der Kläger in Zukunft durch seine Divertikulose und sein Schmerzsyndrom stärker beeinträchtigt werden, und insbesondere wegen psychischer Probleme medikamentöser oder therapeutischer Behandlung bedürfen, bleibt ihm unbenommen, einen Antrag auf Neufeststellung des Grades seiner Behinderung zu stellen.
Aus diesen Gründen war die Berufung des Klägers nur zum geringeren Teil erfolgreich. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG und entspricht dem Teilerfolg seines Rechtsmittels.
Gründe für die Zulassung der Revision im Sinne des § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
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