Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
19
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 18 AS 17428/12 ER
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 19 AS 2084/12 B ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
1. Es bestehen erhebliche Zweifel, ob der auf der Grundlage von Art. 16 Buchstabe b) des Europäischen Fürsorgeabkommens (EFA) mit Wirkung zum 19. Dezember 2011 erklärte Vorbehalt der Bundesregierung über § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II für Staatsangehörige der Mitgliedstaaten wirksam ausschließen kann.
2. Die Regelung des Art. 16 Buchstabe b) EFA soll den Vertragsstaaten nur Vorbehalte offen halten, die sie bei Vertragsschluss noch nicht machen konnten, weil es ein entsprechendes Fürsogegesetz noch nicht gab.
3. Bei einer Vielzahl schwieriger und komplexer (Völker-)Rechtsfragen, die eine abschließende Bewertung im summarischen Verfahren nicht erlauben, ist eine Folgenabwägung geboten.
4. Die Folgenabwägung ist im Bereich existenzsichernder Leistungen nicht auf Fälle begrenzt, in denen der Senat von der Verfassungs- und Europarechtswidrigkeit überzeugt ist, ernsthafte Zweifel reichen aus.
2. Die Regelung des Art. 16 Buchstabe b) EFA soll den Vertragsstaaten nur Vorbehalte offen halten, die sie bei Vertragsschluss noch nicht machen konnten, weil es ein entsprechendes Fürsogegesetz noch nicht gab.
3. Bei einer Vielzahl schwieriger und komplexer (Völker-)Rechtsfragen, die eine abschließende Bewertung im summarischen Verfahren nicht erlauben, ist eine Folgenabwägung geboten.
4. Die Folgenabwägung ist im Bereich existenzsichernder Leistungen nicht auf Fälle begrenzt, in denen der Senat von der Verfassungs- und Europarechtswidrigkeit überzeugt ist, ernsthafte Zweifel reichen aus.
Auf die Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 25. Juli 2012 wird der Beschluss abgeändert und der Antragsgegner verpflichtet, der Antragstellerin vorläufig bis zur Bestandskraft des Bescheides vom 28. Juni 2012, längstens bis zum 30. November 2012, für die Zeit vom 03. Juli 2012 bis zum 03. August 2012 monatlich zeitanteilig Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts auf der Grundlage eines Regelbedarfs von 299,20 Euro sowie ebenfalls monatlich zeitanteilig für diesen Zeitraum Leistungen für Unterkunft und Heizung auf der Grundlage eines Bedarfs von 280,00 Euro und für die Zeit vom 01. November bis zum 30. November 2012 Leistungen für Unterkunft und Heizung von 143,93 Euro zu zahlen. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen. Der Antrag der Antragstellerin auf Gewährung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wird zurückgewiesen. Der Antragsgegner trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Antragstellerin in beiden Rechtszügen.
Gründe:
I. Die 1984 geborene Antragstellerin ist irische Staatsangehörige. Sie meldete sich am 20. Februar 2012 unter der jetzigen Adresse in B an (Meldebescheinigung vom 14. Mai 2012). Nach eigenen Angaben hält sie sich seit dem 18. Juni 2010 in der Bundesrepublik Deutschland auf. Sie ist seit dem 04. Juni 2012 im Besitz einer Freizügigkeitsbescheinigung (§ 5 FreizügG/EU). Sie beantragte beim dem Antragsgegner am 01. Juni 2012 die Gewährung von Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende und teilte mit, sie habe bislang von der Unterstützung durch ihre Mutter gelebt, die ihr jetzt kein Geld mehr gebe. Sie lebt seit dem 01. Februar 2012 in einer Wohngemeinschaft und schuldet hierfür monatlich eine Miete von 280,00 Euro, wobei alle zu zahlenden Nebenkosten darin enthalten sind (Untermietvertrag vom 20. Februar 2012).
Mit Bescheid vom 28. Juni 2012 lehnte der Antragsgegner die Gewährung von Leistungen ab, da die Antragstellerin lediglich ein alleiniges Aufenthaltsrecht zur Arbeitssuche im Inland habe. Sie könne nach § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II keine Leistungen beanspruchen. Über den hiergegen von der Antragstellerin am 03. Juli 2012 eingelegten Widerspruch hat der Antragsgegner noch nicht entschieden.
Die Antragstellerin hat zeitgleich am 03. Juli 2012 beim Sozialgericht (SG) Berlin den Erlass einer einstweiligen Anordnung ab dem 01. Juni 2012 beantragt.
Mit Beschluss vom 25. Juli 2012 hat das SG den Antragsgegner verpflichtet, vorläufig ab dem 03. Juli 2012 monatlich - für Juli anteilig - Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes in Höhe von 374,00 Euro sowie für Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von 280,00 Euro bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache, längstens jedoch bis einschließlich zum 30. (31.) November 2012 zu gewähren, im Übrigen hat es den Antrag abgelehnt. Das Gericht hat seine Entscheidung auf eine Folgenabwägung gestützt, da es sich nicht abschließend beurteilen lasse, ob einem Anspruch der Antragstellerin der gesetzliche Leistungsausschluss in § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II entgegenstehe.
Mit seiner Beschwerde vom 13. August 2012 gegen den dem ihm am 27. Juli 2012 zugestellten Beschluss wendet sich der Antragsgegner unter Hinweis auf die Rechtsprechung einiger Senate des erkennenden Gerichts (Beschluss Landessozialgerichts (LSG) Berlin-Brandenburg vom 29. Februar 2012 - L 20 AS 2347/11 B ER -; vom 06. August 2012 - L 5 AS 1749/12 B ER - juris.de) dagegen, allein auf der Grundlage von bloßen Zweifeln an der Vereinbarkeit des gesetzlichen Leistungsausschlusstatbestandes für EU-Bürger aufgrund einer Folgenabwägung zur vorläufigen Leistung verpflichtet zu werden.
Der Antragsgegner beantragt sinngemäß,
den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 25. Juli 2012 aufzuheben und den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abzulehnen.
Aus dem schriftsätzlichen Vorbringen der Antragstellerin ist zu entnehmen, dass sie beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend. Ergänzend hat sie vorgetragen, im August 2012 als Künstlerin ein Bild verkauft und hierfür Euro erzielt zu haben (Teilzahlungen über Euro am 03. August 2012 bzw. über Euro am 14. August 2012). Ausweislich der vom Senat beigezogenen Kontoauszüge wies das Girokonto der Antragstellerin am 31. August 2012 aufgrund dieser Einkünfte noch ein Guthaben von EUR auf.
II. Die Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des Sozialgerichts (SG) Berlin vom 25. Juli 2012 ist zulässig und teilweise begründet. Zu Recht und mit inhaltlich voll zutreffender Begründung hat das SG im angefochtenen Beschluss den Antragsgegner verpflichtet, der Antragstellerin im Zeitraum vom 03. Juli 2012 bis einschließlich November 2012 vorläufig Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) zu zahlen. Der Senat hat lediglich zur Vermeidung der Vorwegnahme der Hauptsache einen Abschlag vom Regelbedarf berücksichtigt und aufgrund der nachträglichen Erzielung von Einkommen im Beschwerdeverfahren im Zeitraum ab dem 04. August 2012 den angefochtenen Beschluss abgeändert. Ein Anspruch auf die vorläufige Gewährung von Leistungen ergibt sich erst dann wieder ab November 2012.
Nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG sind einstweilige Anordnungen zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Voraussetzung ist, dass sowohl ein Anordnungsanspruch (d. h. ein nach der Rechtslage gegebener Anspruch auf die einstweilig begehrte Leistung) wie auch ein Anordnungsgrund (im Sinne der Eilbedürftigkeit einer vorläufigen Regelung) bestehen. Anordnungsgrund und Anordnungsanspruch sind glaubhaft zu machen (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i. V. m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung). Wegen des vorläufigen Charakters einer einstweiligen Anordnung soll durch sie eine endgültige Entscheidung in der Hauptsache grundsätzlich nicht vorweggenommen werden. Bei seiner Entscheidung kann das Gericht sowohl eine Folgenabwägung vornehmen wie auch eine summarische Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache anstellen. Drohen aber ohne die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Beeinträchtigungen, die durch das Hauptsacheverfahren nicht mehr zu beseitigen wären, dann dürfen sich die Gerichte nur an den Erfolgsaussichten orientieren, wenn die Sach- und Rechtslage abschließend geklärt ist. Ist dem Gericht dagegen eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage im Eilverfahren nicht möglich, so ist allein anhand einer Folgenabwägung zu entscheiden (Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 12. Mai 2005 - 1 BvR 596/05 -). Handelt es sich - wie hier - um Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende, die der Sicherstellung eines menschenwürdigen Lebens dienen und damit das Existenzminimum absichern, muss die überragende Bedeutung dieser Leistungen für den Empfänger mit der Folge beachtet werden, dass ihm im Zweifel die Leistungen - ggf. vermindert auf das absolut erforderliche Minimum - aus verfassungsrechtlichen Gründen vorläufig zu gewähren sind (vgl. Beschluss des erkennenden Senats vom 22. Januar 2007 - L 19 B 687/06 AS ER - juris.de).
Ausgehend von diesen Grundsätzen war der Antragsgegner nur zu verpflichten, der Antragstellerin unter Berücksichtigung ihrer grundrechtlichen Belange nach Folgenabwägung im Zeitraum vom 03. Juli bis zum 03. August 2012 vorläufig Leistungen nach dem SGB II zu zahlen.
Die Antragstellerin hat zunächst einen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht. Eilbedürftig ist die Angelegenheit deshalb, weil sie ihren Lebensunterhalt nicht ausreichend aus zu berücksichtigendem Einkommen oder Vermögen sichern konnte (§§ 7, 8, 9 SGB II) und durch Vorlage des Untermietvertrages vom 20. Februar 2012 glaubhaft gemacht hat, für Kosten für Unterkunft und Heizung monatlich einem Anspruch von 280,00 Euro ausgesetzt zu sein.
Demgegenüber ist die Antragstellerin aufgrund des erst im Beschwerdeverfahren erfolgten Verkaufs eines Bildes im Zeitraum ab dem 04. August 2012 zunächst wieder in der Lage gewesen, ihren Lebensunterhalt sowie die Kosten für Unterkunft und Heizung aus eigenem Einkommen oder Vermögen zu bestreiten. Sie hat aus dem Verkauf ihres Bildes Einnahmen von insgesamt 2.600,00 Euro erzielt (zur Berücksichtigung nachträglichen Einkommens, Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 16. Mai 2012 - B 4 AS 154/12 R - juris.de), was durch die vorgelegten Kontoauszüge bestätigt und von ihr auch selbst so vorgetragen wird. Selbst wenn es sich bei dem über das Konto der Antragstellerin zugeflossenen und ihr damit zur Verfügung stehenden Geldbeträgen entgegen ihrer Erklärung nicht um Einkünfte aus dem Verkauf ihrer Kunst handeln sollte, sondern um Zuwendungen Dritter, sind diese nach § 9 Abs. 1 SGB II i.V.m. § 11 Abs. 1 SGB II zu berücksichtigen. Ein Anspruch auf einstweilige gerichtliche Regelung entfällt insoweit. Dies gilt unabhängig davon, ob materiell-rechtlich schon die Hilfebedürftigkeit i.S. von § 9 SGB II entfällt (vgl. aber zur Einkommensberücksichtigung § 11 Abs. 3 Satz 3 SGB II) und insoweit kein Anspruch auf Leistungen besteht, zumindest besteht im Verfahren vorläufigen Rechtsschutzes insoweit kein Anordnungsgrund mehr und damit kein Eilbedarf für eine gerichtliche Regelung.
Bei einem zugrunde zu legenden Regelbedarf zur Sicherung des Lebensunterhaltes von 374,00 Euro im Monat (Regelleistung i.S. von § 20 SGB II i.V.m. Verordnung zur Fortschreibung der Regelbedarfsstufen nach § 138 Nummer 2 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch für das Jahr 2012 - Regelbedarfsstufen-Fortschreibungsverordnung 2012 - RBSFV 2012 vom 17. Oktober 2011, BGBl. I, S. 2090) und glaubhaft gemachten Kosten für die Unterkunft und Heizung von 280,00 Euro pro Monat kann sie ihren Bedarf aus ihrem Einkommen jedenfalls für 3 volle Monate (August bis Oktober 2012) decken, so dass rein rechnerisch erst wieder prognostisch für November 2012 ein teilweiser ungedeckter Bedarf besteht und damit ein Anordnungsgrund ab dem 01. November 2012 (wieder) glaubhaft gemacht worden ist.
Ob ein Anordnungsanspruch vorliegt, vermag der Senat im Verfahren des Einstweiligen Rechtsschutzes hingegen nicht abschließend entscheiden:
Die Antragstellerin gehört zu dem Personenkreis, für den Leistungen des SGB II vorgegeben sind, § 7 Abs 1 Satz 1 Nr. 1 SGB II.
Die Antragstellerin ist bei der hier nur gebotenen summarischen Prüfungsdichte auch als erwerbsfähig im Sinne von § 7 Abs 1 Satz 1 Nr. 2 SGB II i.V.m. § 8 SGB II anzusehen. Nach § 8 SGB II ist erwerbsfähig, wer nicht wegen Krankheit oder Behinderung auf absehbare Zeit außerstande ist, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Unter Einbeziehung der Materialien zu § 8 Abs. 1 SGB II ist erwerbsfähig, wer die gesundheitlichen Voraussetzungen innerhalb von 6 Monaten prognostisch erfüllen kann (Armborst in: LPK-SGB II, § 8 Rn. 17). Nach den vorliegenden Stellungnahmen des Sozialpsychiatrischen Dienstes (Bezirksamt T, Dr. F vom 06., 10 und 18. Juli 2012) ist sie, wie vom SG zutreffend ausgeführt, zwar möglicherweise derzeit arbeitsunfähig, aber es ist jedenfalls nach Ablauf von spätestens 6 Monaten mit einer Wiederherstellung ihrer Arbeitsfähigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu rechnen.
Aufgrund ihrer glaubhaften Angaben zu Einkommen und Vermögen ist die Antragstellerin, wie ausgeführt, auch in den hier allein nur noch maßgebenden Zeiträumen hilfebedürftig im Sinne des § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB II. Zudem ist glaubhaft, dass sie jedenfalls seit dem 01. Februar 2012 ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Sinne von § 30 Abs. 3 Satz 2 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB I) in der Bundesrepublik Deutschland hat. Dass sie sich rechtmäßig in der Bundesrepublik aufhält, ergibt sich bereits aus der am 04. Juni 2012 ausgestellten Freizügigkeitsbescheinigung nach § 5 des Gesetzes über die allgemeine Freizügigkeit von Unionsbürgern (FreizügigkeitsG/EU), die bisher nicht von der Ausländerbehörde eingezogen worden ist. Eine Aufenthaltserlaubnis ist nicht mehr erforderlich (§ 2 Abs. 4 Satz 1 FreizügigkeitsG/EU).
Im einstweiligen Rechtsschutzverfahren ist aus Sicht des erkennenden Senats jedoch nicht abschließend zu klären, ob zu Lasten der Antragstellerin, wie der Antragsgegner meint, der Leistungsausschluss des § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II greift. Zunächst unterfällt sie als irische Staatsangehörige nicht dem Ausschlusstatbestand nach der Nr. 3 dieser Vorschrift (kein Anspruch aus § 1 Asylbewerberleistungsgesetz). Ausgenommen von einem Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II sind nach Nr. 2 aber auch Ausländerinnen und Ausländer, deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ergibt. Diese Voraussetzungen dürften tatbestandlich zunächst vorliegen. Als Staatsangehörige eines EU-Mitgliedstaates und EU-Bürgerin ist der Antragstellerin die Aufnahme einer Beschäftigung erlaubt (vgl. Armborst in: LPK-SGB II, § 8 Rn. 25; Thie/Schoch, a.a.O., § 7 Rn. 19/20). Der Senat hat nach Lage der Akten auch keine Anhaltspunkte dafür, dass ein anderes Aufenthaltsrecht im Sinne von § 2 Abs. 2 Nr. 1 bis 7 FreizügigkeitsG/EU mit Ausnahme der Arbeitssuche in Nr. 1 2. Alt. der Vorschrift bei der Antragstellerin vorliegen könnte. Auf ein anderes Aufenthaltsrecht nach § 2 Abs 2 Nrn. 1-7 FreizügigkeitsG/EU hat sich die Antragstellerin nicht berufen, zudem lässt ein einmaliger Verkauf eines Bildes auch bei summarischer Prüfung noch nicht auf eine selbständige Tätigkeit schließen (§ 7 Abs 1 Satz 2 Nr. 1 SGB II).
Der danach allein auf der Arbeitssuche beruhende Leistungsausschluss gilt allerdings zunächst nicht für die Staatsangehörigen eines Vertragsstaats des Europäischen Fürsorgeabkommens vom 11. Dezember 1953 (EFA), zu denen u. a. die Bundesrepublik Deutschland und die Republik Irland zählen (vgl. Übersicht im Internet unter http://conventions.coe.int). Das EFA ist unmittelbar geltendes Bundesrecht, das weder von den Vorschriften des SGB II noch vom Recht der Europäischen Union verdrängt wird (so Bundessozialgericht (BSG) in SozR 4 - 4200 § 7 Nr. 21). Als irische Staatsangehörige kann sich die Antragstellerin auf das Gleichbehandlungsgebot des Art. 1 EFA berufen. Danach verpflichten sich die Vertragsschließenden, den Staatsangehörigen der anderen Vertragsschließenden, die sich in irgendeinem Teil seines Gebiets, auf das dieses Abkommen Anwendung findet, erlaubt aufhalten und nicht über ausreichende Mittel verfügen, in gleicher Weise wie ihren eigenen Staatsangehörigen und unter den gleichen Bedingungen die Leistungen der sozialen und Gesundheitsfürsorge (im Folgenden: Fürsorge) zu gewähren, die in der in diesem Teil ihres Gebiets geltenden Gesetzgebung vorgesehen sind. Bei den Regelleistungen nach § 20 SGB II handelt es sich auch um Fürsorge im Sinne dieser Vorschrift (vgl. BSG in SozR 4 - 4200 § 7 Nr. 21).
Allerdings hat die Bundesregierung mit Wirkung zum 19. Dezember 2011 für Leistungen nach dem SGB II in einem gemäß Art. 16 b) EFA erklärten Vorbehalt den Bezug von Grundsicherungsleistungen ausgeschlossen. Entgegen der Rechtsauffassung des Antragsgegners bestehen nach den bisherigen Überlegungen des Senates (Beschlüsse vom 20. Juni 2012 - L 19 AS 1294/12 B ER -, vom 23. Mai 2012 - L 19 AS 1106/12 B ER - und vom 09. Mai 2012 - L 19 AS 794/12 B ER - alle juris.de) allerdings erhebliche Zweifel, ob dieser Vorbehalt über § 7 Abs 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II wirksam Leistungen auszuschließen vermag.
Zwar hat die Bundesrepublik bereits zuvor einen Vorbehalt erklärt, der zum Ausschluss der Staatsangehörigen der anderen Vertragsstaaten von den im Bundessozialhilfegesetz (BSHG) in §§ 30, 72 BSHG vorgesehenen Hilfen zum Aufbau oder zur Sicherung der Lebensgrundlage und zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten geführt hatte. Allerdings hat sich der Vorbehalt nicht auf die Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem 2. Abschnitt des BSHG bezogen, so dass sich nicht die Frage stellt, ob der erste Vorbehalt nach dem Außerkrafttreten des BSHG mit Wirkung zum 01. Januar 2005 auf die Nachfolgegesetzgebung, also hier das SGB II, anzuwenden ist (vgl. BSG in SozR 4 - 4200 § 7 Nr. 21). Der nunmehr zum 19. Dezember 2011 erklärte Vorbehalt dürfte zumindest bei der hier nur zu treffenden summarischen Prüfung unwirksam sein, da er nicht den dafür normierten Voraussetzungen entspricht.
Nach Art. 2 Abs. 1 d) der Wiener Vertragsrechtskonvention (WVK) bedeutet Vorbehalt eine wie auch immer formulierte oder bezeichnete, von einem Staat bei der Unterzeichnung, Ratifikation, Annahme oder Genehmigung eines Vertrags oder bei dem Beitritt zu einem Vertrag abgegebene einseitige Erklärung, durch die der Staat bezweckt, die Rechtswirkung einzelner Vertragsbestimmungen in der Anwendung auf diesen Staat auszuschließen oder zu ändern. Aus der Verwendung des Wortes "bei" ergibt sich, dass der Vorbehalt dann abgegeben werden muss, wenn der Staat dem Vertrag beitritt. Dies wird in Art. 19 zur Anbringung von Vorbehalten noch einmal bekräftigt. Eine Regelung für einen nachträglichen Vorbehalt enthält die WVK nicht. Dagegen ist in Art. 16 b EFA als speziellerer Norm geregelt, dass jeder Vertragsschließende dem Generalsekretär des Europarats alle neuen Rechtsvorschriften mitzuteilen hat, die in Anhang I noch nicht aufgeführt sind. Gleichzeitig mit dieser Mitteilung kann der Vertragsschließende Vorbehalte hinsichtlich der Anwendung dieser neuen Rechtsvorschriften auf die Staatsangehörigen der anderen Vertragsschließenden machen. Diese Regelung setzt also voraus, dass gleichzeitig mit der Mitteilung neuer Rechtsvorschriften der Staat seinen Vorbehalt gegen die Anwendung dieser Rechtsvorschrift auf die Staatsangehörigen der anderen Vertragsstaaten erklärt. Zum 19. Dezember 2011 hat die Bundesrepublik den Vorbehalt hinsichtlich der Leistungen nach dem SGB II erklärt. Der Vorbehalt ist als Reaktion auf die Entscheidung des BSG vom 19. Oktober 2010 - B 14 AS 23/10 R - (in SozR 4 - 4200 § 7 Nr. 21) zur Anwendbarkeit des EFA im Rahmen des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II zu verstehen. Das SGB II ist jedoch kein neues Gesetz, denn es ist bereits am 01. Januar 2005 in Kraft getreten, ohne dass ein Vorbehalt erklärt worden ist. Zwar könnte man die Auffassung vertreten, dass das Gesetz auch dann als neu zu bezeichnen ist, wenn es novelliert und neu verkündet wird (vgl. zum Streitstand: Matthias Reuß, Wissenschaftlicher Dienst des deutschen Bundestags, Sachstand: Zur Zulässigkeit von Vorbehalten zum Europäischen Fürsorgeabkommen - WD 2 - 3000 - 035/12 - ). Der Leistungsausschluss in § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II ist aber mit wenigen redaktionellen Änderungen bereits zum 01. April 2006 (Gesetz vom 24. März 2006, BGBl. I, S. 558), der Leistungsausschluss in § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB II schon zum 28. August 2007 (Gesetz vom 19. August 2007, BGBl. I, S. 1970) in Kraft getreten, ohne dass gleichzeitig ein Vorbehalt erklärt worden ist. Letztlich werden bei der Anwendung und Auslegung geltenden Rechts durch ein Bundesgericht wie hier durch das BSG am 19. Oktober 2010 keine neuen Rechtvorschriften geschaffen.
Die gegenteilige Auffassung des 29. Senat des LSG Berlin-Brandenburg in seiner Entscheidung vom 12. Juni 2012 - L 29 AS 914/12 B ER – juris.de), in der dieser die Auffassung vertritt, bei dem SGB II handele es sich um eine neue Rechtsvorschrift im Sinne von Art. 16 b EFA, da sie bis Dezember 2011 nicht im Anhang I aufgeführt worden sei, überzeugt den erkennenden Senat nicht. Die Regelung des Art. 16 b EFA soll den Vertragsstaaten nur Vorbehalte offen halten, die sie bei Vertragsschluss noch nicht machen konnten, weil es ein entsprechendes Fürsorgegesetz noch nicht gab, nicht aber den Vertragsstaaten erlauben, sich bereits aus vorbehaltlos eingegangenen Verpflichtungen nachträglich zu lösen (vgl. Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Urteil vom 18. Mai 2000 - 5 C 29/98 -, zitiert nach juris). Der oben bereits dargelegte lange Zeitablauf seit Inkrafttreten von § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und 2 SGB II spricht dafür, dass die Bundesrepublik nach Art. 1 EFA verpflichtet ist, das SGB II in der jeweils geltenden Fassung auf Staatsangehörige der Vertragsstaaten in der gleichen Art und Weise anzuwenden wie auf die eigenen Staatsangehörigen, und sich von dieser Verpflichtung nicht mehr nachträglich durch Erklärung eines Vorbehalts befreien kann. Weiter zu berücksichtigen ist, dass eine Mitteilung nach Art. 16 EFA nur klarstellende Bedeutung hat, um die übrigen Vertragsstaaten über den Stand der Fürsorgegesetzgebung im mitteilenden Vertragsstaat zu informieren. Ein neues Fürsorgegesetz fällt also auch ohne entsprechende Mitteilung des Vertragsstaats unter den Anwendungsbereich des Abkommens (so LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 23. Mai 2012 - L 25 AS 837/12 B ER -, zitiert nach juris). Diese Auffassung vertritt auch der Antragsgegner, wie der Senat aus vielen Parallelverfahren weiß, in denen - wie hier - den unter den Anwendungsbereich des EFA fallenden EU-Bürgern bis zur Erklärung des Vorbehalts Leistungen nach dem SGB II gewährt wurden. Will der mitteilende Vertragsstaat, dass sich eine spätere Änderung seiner Fürsorgegesetzgebung auf die Staatsangehörigen der übrigen Vertragsstaaten nicht in der gleichen Weise auswirken soll wie auf seine eigenen Staatsangehörigen, muss er seine Mitteilung an den Generalsekretär des Europarats mit einem entsprechenden Vorbehalt verbinden (BVerwG, Urteil vom 18. Mai 2000 - 5 C 29/98 -, zitiert nach juris). Somit dürfte eine nachträgliche Absenkung des gesetzlichen Fürsorgestandards für den vom EFA geschützten Personenkreis nur durch Absenkung des Fürsorgestandards für Inländer möglich sein. Der Senat teilt letztlich nicht die Befürchtungen vor einem "Sozialtourismus" in der Europäischen Union wegen des unterschiedlichen Niveaus der einzelstaatlichen Sozialleistungssysteme. Wie sich aus der Denkschrift zum EFA und dem Zusatzprotokoll (BT-Drucks II/1882 S. 22) ergibt, ist den Vertragsstaaten des EFA bereits bei Vertragsschluss bewusst gewesen, dass die fürsorgerische Betreuung in den einzelnen Staaten nicht gleichwertig ist. Noch im August 2004 ist mit Estland ein weiterer Staat dem EFA beigetreten, von dem sicherlich nicht ein gleichwertiges Sozialleistungssystem erwartet worden ist. Offenkundig haben die Vertragsstaaten mit dem EFA höherrangige politische Ziele verfolgt und dafür in Kauf genommen, dass die Bürger der Vertragsstaaten die attraktiveren Fürsorgeleistungen des Aufenthaltsstaates in Anspruch nehmen. Dafür spricht auch, dass die Kosten der Fürsorge vom Aufenthaltsstaat getragen werden, auf eine zwischenstaatliche Erstattung der Fürsorgekosten ist ausdrücklich verzichtet worden (Art. 4 EFA).
Damit dürften die Vorschriften des EFA wohl weiterhin anwendbar sein; auf die Entscheidung der Frage, ob die Zulässigkeit des Vorbehalts an der fehlenden Ermächtigung durch ein Parlamentsgesetz scheitert (so Sozialgericht Berlin, Beschluss vom 25. April 2012 - S 55 AS 9238/12 -, zitiert nach juris), kommt es nicht an.
Selbst wenn sich Antragstellerin nicht auf das EFA berufen könnte, bestehen Zweifel, ob der Leistungsausschluss des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II in ihrem Fall als Ergebnis einer europarechtskonformen Auslegung unberücksichtigt bleiben muss, weil die Norm bei anderer Betrachtung mit Art. 4 der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 29. April 2004 zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit (VO 883/2004) kollidiert (streitig, wie hier zuletzt: LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 29. Juni 2012 - L 14 AS 1460/12 B ER -; anders: LSG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 21. August 2012 - L 3 AS 250/12 B ER -; LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 08. August 2012 - L 13 AS 2355/12 ER B - alle juris.de).
Die Vielzahl der genannten schwierigen und komplexen Rechtsfragen verdeutlicht, dass die Sach- und Rechtslage für den erkennenden Senat nicht zuverlässig abschließend in einem vorläufigen Rechtsschutzverfahren beurteilt werden kann. Aus diesem Grund ist im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes eine Folgenabwägung geboten (BVerfG, Beschluss vom 12. Mai 2005 - 1 BvR 569/05 - juris.de).
Die Folgenabwägung ist nicht auf Fälle begrenzt, in denen der Senat von der Verfassungs- oder Europarechtswidrigkeit der Norm überzeugt ist, Zweifel reichen aus. Der Auffassung des 20. Senates des LSG Berlin-Brandenburg (Beschluss vom 12. Juni 2012, L 20 AS 2/12 B ER - L 20 AS 50/12 B PKH, Rn. 30, juris.de), dass für das Gericht bei (nur) ernsthaften Zweifeln an der Europarechtmäßigkeit einer entscheidungserheblichen Norm im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nach § 86b Abs. 2 SGG (anders als bei Abs. 1) eine Folgenabwägung nicht zulässig sein soll, folgt der Senat nicht. Ein solches Verbot folgt weder aus Art. 20 Abs. 3 Grundgesetz (GG) noch dem Vorrang des EuGH oder dem Verbot der Vorwegnahme der Hauptsache. Der EuGH selbst hat darauf hingewiesen, dass der vorläufige Schutz, den die nationalen Gerichte den Bürgern aufgrund des Gemeinschaftsrechts gewähren müssen, nicht davon abhängen darf, ob diese die Aussetzung der Vollziehung eines nationalen Verwaltungsakts oder den Erlass der in Rede stehenden einstweiligen Anordnungen beantragen, denn der Erlass derartiger Anordnungen hat seiner Natur nach keine größeren Auswirkungen auf die Gemeinschaftsrechtsordnung als die bloße Aussetzung der Vollziehung eines auf einer Gemeinschaftsverordnung beruhenden nationalen Verwaltungsakts (EuGH, Urteil vom 09. November 1995, C-465/93, NJW 1996, 1333 f., juris.de). Ist der geltend gemachte Anspruch der Antragstellerin von europarechtlichen Fragen abhängig und bestehen insoweit ernsthafte Zweifel an der Europarechtskonformität nationaler Vorschriften, ist aber für die erforderliche eingehende und abschließende Prüfung im Verfahren zur Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes kein Raum, hat in Anlehnung an die Rechtsprechung des BVerfG zu § 32 Bundesverfassungsgerichtsgesetz (BVerfGG) eine Folgenabwägung stattzufinden. Die Erwägung, wie die Entscheidung in der Hauptsache ausfallen wird, hat regelmäßig außer Betracht zu bleiben. Abzuwägen sind statt dessen die Folgen, die eintreten würden, wenn die Anordnung nicht erginge, sich die zugrunde liegenden Normen aber als europarechtmäßig erweisen sollten, gegenüber der Lage, die entstünde, wenn die begehrte Anordnung erlassen würde, obwohl die Normen nicht im Einklang mit Europarecht stehen.
Die Folgenabwägung ist nach diesen Grundsätzen nur teilweise zu Gunsten der Antragstellerin zu treffen. Den Widerspruch aus den die Antragstellerin betreffenden existentiellen Nachteilen (zum Anspruch auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums aus Art. 1 Abs. 1 GG i.V.m. dem Sozialstaatsprinzip, BVerfG, Urteil vom 09. Februar 2010, BVerfGE 125, 175 ff.) und den mit einer vorläufigen Zahlungsverpflichtung verbundenen finanziellen Nachteilen auf Seiten des Antragsgegners löst der Senat in ständiger Rechtsprechung zunächst dahingehend auf, dass er zur Vermeidung der Vorwegnahme der Hauptsache in inhaltlicher Ausgestaltung der einstweiligen Anordnung nach § 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 938 Abs. 1 ZPO einen Abzug von 20% von den auszuzahlenden Leistungen vornimmt (zuletzt: Beschluss des erkennenden Senats vom 20. Juni 2012 - am angegeben Ort; vgl. auch Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, am angegeben Ort. § 86b Rn 35d). Die Verpflichtung zur vorläufigen Leistung ist auf das unabdingbar notwendige Maß zu beschränken; den Maßstab hierfür gewinnt der Senat aus § 31a SGB II. Insoweit sieht es der Senat als sachgerecht aber auch ausreichend an, die Regelleistung für die Antragstellerin um 20% zu kürzen.
Dies bedeutet für den hier zunächst zu prüfenden Zeitraum vom 03. Juli bis zum 03. August 2012, in dem der Antragstellerin kein hinreichendes eigenes Einkommen oder Vermögen zur Verfügung stand, um ihre elementaren Bedürfnisse zu befriedigen, dass der Antragsgegner zu verpflichtet war, der Antragstellerin einen zeitanteiligen, monatlichen Regelbedarf zur Sicherung des Lebensunterhaltes von 299,20 Euro (374,00 Euro minus 74,80 Euro) zuzüglich der Kosten der Unterkunft und Heizung von anteilig 280,00 Euro vorläufig zu zahlen.
Ebenfalls besteht im Rahmen der Folgenabwägung für November 2012 trotz des erzielten Einkommens ein Anspruch auf Erlass einer einstweiligen Anordnung. Ausgehend von dem Restguthaben auf dem Girokonto der Antragstellerin am 31. August 2012 von 1.743,27 EUR verfügte die Antragstellerin in November 2012 prognostisch noch über ein Restguthaben von 435,27 EUR (Regelbedarfe für September und Oktober 2012 von 2mal 374,00 Euro zuzüglich 2mal 280,00 Euro für Kosten der Unterkunft und Heizung, mithin insgesamt 1.308,00 Euro), das sie zur Abwendung ihrer Bedürftigkeit einzusetzen hat (zur Berücksichtigung tatsächlich vorhandener Guthaben, zuletzt BSG, Urteil vom 22. März 2012 - B 4 AS 99/11 R - juris.de). Abzüglich eines monatlichen Bedarfs von 579,20 Euro für November 2012 (299,20 Euro reduzierter Regelbedarf zuzüglich 280,00 Euro für Kosten der Unterkunft und Heizung) bleibt unter Anwendung der Vorgaben des § 19 Abs 3 SGB II ein ungedeckter Bedarf an Kosten für Unterkunft und Heizung von 143,93 Euro. Der Ansatz des vollen Regelbedarfs für die Monate September und Oktober 2012 berücksichtigt, dass der Abschlag von 20 % zur Vermeidung einer Vorwegnahme der Hauptsache nur für die vom Antragsgegner zu gewährenden Leistungen geboten ist. Darüber hinaus hat der Senat berücksichtigt, dass der Antragsgegner auch verpflichtet wird, ab Antragstellung für einen jetzt bereits zurückliegenden Zeitraum (dazu Keller in Meyer-Ladewig/Keller-Leitherer, a.a.O., § 86b Rn 35a) zu leisten, so dass etwaige Härten, etwa beim Krankenversicherungsschutz (dazu §§ 5 Abs 2a, 252 Satz 2, 19 Abs 2 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V), § 26 Abs 1 Satz 2 SGB II), vorausschauend ausgeschlossen erscheinen. Sollten sich die (tatsächlichen) Verhältnisse demgegenüber für die Antragstellerin während des vorläufig gerichtlich geregelten Leistungszeitraums nachteilig verändern, bleibt es ihr unbenommen, beim Antragsgegner einen entsprechenden (neuen) Antrag zu stellen.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 183 und 193 SGG analog und berücksichtigt, dass der Antragsgegner mit seinem Begehren, die vorläufige Leistung gänzlich zu versagen, im Ergebnis nur aufgrund der nachträglich erzielten Einkünfte der Antragstellerin teilweise obsiegt hat. Soweit der Senat, anders als das SG, zusätzlich zur Verhinderung der Vorwegnahme der Hauptsache einen Abzug von 20% vom Regelbedarf vorgenommen hat, erscheint es unbillig, die Antragstellerin dafür mit Kosten zu belasten.
Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren war im Hinblick auf die unanfechtbare Kostenentscheidung, aus der für die Antragstellerin ein Anspruch auf Kostenerstattung für beide Instanzen folgt, mangels Bedürftigkeit abzulehnen (§ 73a SGG i.V.m. § 114, 115 ZPO).
Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde an das BSG anfechtbar (§ 177 SGG).
Mit ihm erledigt sich zugleich der Antrag nach § 199 Abs. 2 SGG.
Gründe:
I. Die 1984 geborene Antragstellerin ist irische Staatsangehörige. Sie meldete sich am 20. Februar 2012 unter der jetzigen Adresse in B an (Meldebescheinigung vom 14. Mai 2012). Nach eigenen Angaben hält sie sich seit dem 18. Juni 2010 in der Bundesrepublik Deutschland auf. Sie ist seit dem 04. Juni 2012 im Besitz einer Freizügigkeitsbescheinigung (§ 5 FreizügG/EU). Sie beantragte beim dem Antragsgegner am 01. Juni 2012 die Gewährung von Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende und teilte mit, sie habe bislang von der Unterstützung durch ihre Mutter gelebt, die ihr jetzt kein Geld mehr gebe. Sie lebt seit dem 01. Februar 2012 in einer Wohngemeinschaft und schuldet hierfür monatlich eine Miete von 280,00 Euro, wobei alle zu zahlenden Nebenkosten darin enthalten sind (Untermietvertrag vom 20. Februar 2012).
Mit Bescheid vom 28. Juni 2012 lehnte der Antragsgegner die Gewährung von Leistungen ab, da die Antragstellerin lediglich ein alleiniges Aufenthaltsrecht zur Arbeitssuche im Inland habe. Sie könne nach § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II keine Leistungen beanspruchen. Über den hiergegen von der Antragstellerin am 03. Juli 2012 eingelegten Widerspruch hat der Antragsgegner noch nicht entschieden.
Die Antragstellerin hat zeitgleich am 03. Juli 2012 beim Sozialgericht (SG) Berlin den Erlass einer einstweiligen Anordnung ab dem 01. Juni 2012 beantragt.
Mit Beschluss vom 25. Juli 2012 hat das SG den Antragsgegner verpflichtet, vorläufig ab dem 03. Juli 2012 monatlich - für Juli anteilig - Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes in Höhe von 374,00 Euro sowie für Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von 280,00 Euro bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache, längstens jedoch bis einschließlich zum 30. (31.) November 2012 zu gewähren, im Übrigen hat es den Antrag abgelehnt. Das Gericht hat seine Entscheidung auf eine Folgenabwägung gestützt, da es sich nicht abschließend beurteilen lasse, ob einem Anspruch der Antragstellerin der gesetzliche Leistungsausschluss in § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II entgegenstehe.
Mit seiner Beschwerde vom 13. August 2012 gegen den dem ihm am 27. Juli 2012 zugestellten Beschluss wendet sich der Antragsgegner unter Hinweis auf die Rechtsprechung einiger Senate des erkennenden Gerichts (Beschluss Landessozialgerichts (LSG) Berlin-Brandenburg vom 29. Februar 2012 - L 20 AS 2347/11 B ER -; vom 06. August 2012 - L 5 AS 1749/12 B ER - juris.de) dagegen, allein auf der Grundlage von bloßen Zweifeln an der Vereinbarkeit des gesetzlichen Leistungsausschlusstatbestandes für EU-Bürger aufgrund einer Folgenabwägung zur vorläufigen Leistung verpflichtet zu werden.
Der Antragsgegner beantragt sinngemäß,
den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 25. Juli 2012 aufzuheben und den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abzulehnen.
Aus dem schriftsätzlichen Vorbringen der Antragstellerin ist zu entnehmen, dass sie beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend. Ergänzend hat sie vorgetragen, im August 2012 als Künstlerin ein Bild verkauft und hierfür Euro erzielt zu haben (Teilzahlungen über Euro am 03. August 2012 bzw. über Euro am 14. August 2012). Ausweislich der vom Senat beigezogenen Kontoauszüge wies das Girokonto der Antragstellerin am 31. August 2012 aufgrund dieser Einkünfte noch ein Guthaben von EUR auf.
II. Die Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des Sozialgerichts (SG) Berlin vom 25. Juli 2012 ist zulässig und teilweise begründet. Zu Recht und mit inhaltlich voll zutreffender Begründung hat das SG im angefochtenen Beschluss den Antragsgegner verpflichtet, der Antragstellerin im Zeitraum vom 03. Juli 2012 bis einschließlich November 2012 vorläufig Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) zu zahlen. Der Senat hat lediglich zur Vermeidung der Vorwegnahme der Hauptsache einen Abschlag vom Regelbedarf berücksichtigt und aufgrund der nachträglichen Erzielung von Einkommen im Beschwerdeverfahren im Zeitraum ab dem 04. August 2012 den angefochtenen Beschluss abgeändert. Ein Anspruch auf die vorläufige Gewährung von Leistungen ergibt sich erst dann wieder ab November 2012.
Nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG sind einstweilige Anordnungen zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Voraussetzung ist, dass sowohl ein Anordnungsanspruch (d. h. ein nach der Rechtslage gegebener Anspruch auf die einstweilig begehrte Leistung) wie auch ein Anordnungsgrund (im Sinne der Eilbedürftigkeit einer vorläufigen Regelung) bestehen. Anordnungsgrund und Anordnungsanspruch sind glaubhaft zu machen (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i. V. m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung). Wegen des vorläufigen Charakters einer einstweiligen Anordnung soll durch sie eine endgültige Entscheidung in der Hauptsache grundsätzlich nicht vorweggenommen werden. Bei seiner Entscheidung kann das Gericht sowohl eine Folgenabwägung vornehmen wie auch eine summarische Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache anstellen. Drohen aber ohne die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Beeinträchtigungen, die durch das Hauptsacheverfahren nicht mehr zu beseitigen wären, dann dürfen sich die Gerichte nur an den Erfolgsaussichten orientieren, wenn die Sach- und Rechtslage abschließend geklärt ist. Ist dem Gericht dagegen eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage im Eilverfahren nicht möglich, so ist allein anhand einer Folgenabwägung zu entscheiden (Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 12. Mai 2005 - 1 BvR 596/05 -). Handelt es sich - wie hier - um Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende, die der Sicherstellung eines menschenwürdigen Lebens dienen und damit das Existenzminimum absichern, muss die überragende Bedeutung dieser Leistungen für den Empfänger mit der Folge beachtet werden, dass ihm im Zweifel die Leistungen - ggf. vermindert auf das absolut erforderliche Minimum - aus verfassungsrechtlichen Gründen vorläufig zu gewähren sind (vgl. Beschluss des erkennenden Senats vom 22. Januar 2007 - L 19 B 687/06 AS ER - juris.de).
Ausgehend von diesen Grundsätzen war der Antragsgegner nur zu verpflichten, der Antragstellerin unter Berücksichtigung ihrer grundrechtlichen Belange nach Folgenabwägung im Zeitraum vom 03. Juli bis zum 03. August 2012 vorläufig Leistungen nach dem SGB II zu zahlen.
Die Antragstellerin hat zunächst einen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht. Eilbedürftig ist die Angelegenheit deshalb, weil sie ihren Lebensunterhalt nicht ausreichend aus zu berücksichtigendem Einkommen oder Vermögen sichern konnte (§§ 7, 8, 9 SGB II) und durch Vorlage des Untermietvertrages vom 20. Februar 2012 glaubhaft gemacht hat, für Kosten für Unterkunft und Heizung monatlich einem Anspruch von 280,00 Euro ausgesetzt zu sein.
Demgegenüber ist die Antragstellerin aufgrund des erst im Beschwerdeverfahren erfolgten Verkaufs eines Bildes im Zeitraum ab dem 04. August 2012 zunächst wieder in der Lage gewesen, ihren Lebensunterhalt sowie die Kosten für Unterkunft und Heizung aus eigenem Einkommen oder Vermögen zu bestreiten. Sie hat aus dem Verkauf ihres Bildes Einnahmen von insgesamt 2.600,00 Euro erzielt (zur Berücksichtigung nachträglichen Einkommens, Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 16. Mai 2012 - B 4 AS 154/12 R - juris.de), was durch die vorgelegten Kontoauszüge bestätigt und von ihr auch selbst so vorgetragen wird. Selbst wenn es sich bei dem über das Konto der Antragstellerin zugeflossenen und ihr damit zur Verfügung stehenden Geldbeträgen entgegen ihrer Erklärung nicht um Einkünfte aus dem Verkauf ihrer Kunst handeln sollte, sondern um Zuwendungen Dritter, sind diese nach § 9 Abs. 1 SGB II i.V.m. § 11 Abs. 1 SGB II zu berücksichtigen. Ein Anspruch auf einstweilige gerichtliche Regelung entfällt insoweit. Dies gilt unabhängig davon, ob materiell-rechtlich schon die Hilfebedürftigkeit i.S. von § 9 SGB II entfällt (vgl. aber zur Einkommensberücksichtigung § 11 Abs. 3 Satz 3 SGB II) und insoweit kein Anspruch auf Leistungen besteht, zumindest besteht im Verfahren vorläufigen Rechtsschutzes insoweit kein Anordnungsgrund mehr und damit kein Eilbedarf für eine gerichtliche Regelung.
Bei einem zugrunde zu legenden Regelbedarf zur Sicherung des Lebensunterhaltes von 374,00 Euro im Monat (Regelleistung i.S. von § 20 SGB II i.V.m. Verordnung zur Fortschreibung der Regelbedarfsstufen nach § 138 Nummer 2 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch für das Jahr 2012 - Regelbedarfsstufen-Fortschreibungsverordnung 2012 - RBSFV 2012 vom 17. Oktober 2011, BGBl. I, S. 2090) und glaubhaft gemachten Kosten für die Unterkunft und Heizung von 280,00 Euro pro Monat kann sie ihren Bedarf aus ihrem Einkommen jedenfalls für 3 volle Monate (August bis Oktober 2012) decken, so dass rein rechnerisch erst wieder prognostisch für November 2012 ein teilweiser ungedeckter Bedarf besteht und damit ein Anordnungsgrund ab dem 01. November 2012 (wieder) glaubhaft gemacht worden ist.
Ob ein Anordnungsanspruch vorliegt, vermag der Senat im Verfahren des Einstweiligen Rechtsschutzes hingegen nicht abschließend entscheiden:
Die Antragstellerin gehört zu dem Personenkreis, für den Leistungen des SGB II vorgegeben sind, § 7 Abs 1 Satz 1 Nr. 1 SGB II.
Die Antragstellerin ist bei der hier nur gebotenen summarischen Prüfungsdichte auch als erwerbsfähig im Sinne von § 7 Abs 1 Satz 1 Nr. 2 SGB II i.V.m. § 8 SGB II anzusehen. Nach § 8 SGB II ist erwerbsfähig, wer nicht wegen Krankheit oder Behinderung auf absehbare Zeit außerstande ist, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Unter Einbeziehung der Materialien zu § 8 Abs. 1 SGB II ist erwerbsfähig, wer die gesundheitlichen Voraussetzungen innerhalb von 6 Monaten prognostisch erfüllen kann (Armborst in: LPK-SGB II, § 8 Rn. 17). Nach den vorliegenden Stellungnahmen des Sozialpsychiatrischen Dienstes (Bezirksamt T, Dr. F vom 06., 10 und 18. Juli 2012) ist sie, wie vom SG zutreffend ausgeführt, zwar möglicherweise derzeit arbeitsunfähig, aber es ist jedenfalls nach Ablauf von spätestens 6 Monaten mit einer Wiederherstellung ihrer Arbeitsfähigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu rechnen.
Aufgrund ihrer glaubhaften Angaben zu Einkommen und Vermögen ist die Antragstellerin, wie ausgeführt, auch in den hier allein nur noch maßgebenden Zeiträumen hilfebedürftig im Sinne des § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB II. Zudem ist glaubhaft, dass sie jedenfalls seit dem 01. Februar 2012 ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Sinne von § 30 Abs. 3 Satz 2 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB I) in der Bundesrepublik Deutschland hat. Dass sie sich rechtmäßig in der Bundesrepublik aufhält, ergibt sich bereits aus der am 04. Juni 2012 ausgestellten Freizügigkeitsbescheinigung nach § 5 des Gesetzes über die allgemeine Freizügigkeit von Unionsbürgern (FreizügigkeitsG/EU), die bisher nicht von der Ausländerbehörde eingezogen worden ist. Eine Aufenthaltserlaubnis ist nicht mehr erforderlich (§ 2 Abs. 4 Satz 1 FreizügigkeitsG/EU).
Im einstweiligen Rechtsschutzverfahren ist aus Sicht des erkennenden Senats jedoch nicht abschließend zu klären, ob zu Lasten der Antragstellerin, wie der Antragsgegner meint, der Leistungsausschluss des § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II greift. Zunächst unterfällt sie als irische Staatsangehörige nicht dem Ausschlusstatbestand nach der Nr. 3 dieser Vorschrift (kein Anspruch aus § 1 Asylbewerberleistungsgesetz). Ausgenommen von einem Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II sind nach Nr. 2 aber auch Ausländerinnen und Ausländer, deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ergibt. Diese Voraussetzungen dürften tatbestandlich zunächst vorliegen. Als Staatsangehörige eines EU-Mitgliedstaates und EU-Bürgerin ist der Antragstellerin die Aufnahme einer Beschäftigung erlaubt (vgl. Armborst in: LPK-SGB II, § 8 Rn. 25; Thie/Schoch, a.a.O., § 7 Rn. 19/20). Der Senat hat nach Lage der Akten auch keine Anhaltspunkte dafür, dass ein anderes Aufenthaltsrecht im Sinne von § 2 Abs. 2 Nr. 1 bis 7 FreizügigkeitsG/EU mit Ausnahme der Arbeitssuche in Nr. 1 2. Alt. der Vorschrift bei der Antragstellerin vorliegen könnte. Auf ein anderes Aufenthaltsrecht nach § 2 Abs 2 Nrn. 1-7 FreizügigkeitsG/EU hat sich die Antragstellerin nicht berufen, zudem lässt ein einmaliger Verkauf eines Bildes auch bei summarischer Prüfung noch nicht auf eine selbständige Tätigkeit schließen (§ 7 Abs 1 Satz 2 Nr. 1 SGB II).
Der danach allein auf der Arbeitssuche beruhende Leistungsausschluss gilt allerdings zunächst nicht für die Staatsangehörigen eines Vertragsstaats des Europäischen Fürsorgeabkommens vom 11. Dezember 1953 (EFA), zu denen u. a. die Bundesrepublik Deutschland und die Republik Irland zählen (vgl. Übersicht im Internet unter http://conventions.coe.int). Das EFA ist unmittelbar geltendes Bundesrecht, das weder von den Vorschriften des SGB II noch vom Recht der Europäischen Union verdrängt wird (so Bundessozialgericht (BSG) in SozR 4 - 4200 § 7 Nr. 21). Als irische Staatsangehörige kann sich die Antragstellerin auf das Gleichbehandlungsgebot des Art. 1 EFA berufen. Danach verpflichten sich die Vertragsschließenden, den Staatsangehörigen der anderen Vertragsschließenden, die sich in irgendeinem Teil seines Gebiets, auf das dieses Abkommen Anwendung findet, erlaubt aufhalten und nicht über ausreichende Mittel verfügen, in gleicher Weise wie ihren eigenen Staatsangehörigen und unter den gleichen Bedingungen die Leistungen der sozialen und Gesundheitsfürsorge (im Folgenden: Fürsorge) zu gewähren, die in der in diesem Teil ihres Gebiets geltenden Gesetzgebung vorgesehen sind. Bei den Regelleistungen nach § 20 SGB II handelt es sich auch um Fürsorge im Sinne dieser Vorschrift (vgl. BSG in SozR 4 - 4200 § 7 Nr. 21).
Allerdings hat die Bundesregierung mit Wirkung zum 19. Dezember 2011 für Leistungen nach dem SGB II in einem gemäß Art. 16 b) EFA erklärten Vorbehalt den Bezug von Grundsicherungsleistungen ausgeschlossen. Entgegen der Rechtsauffassung des Antragsgegners bestehen nach den bisherigen Überlegungen des Senates (Beschlüsse vom 20. Juni 2012 - L 19 AS 1294/12 B ER -, vom 23. Mai 2012 - L 19 AS 1106/12 B ER - und vom 09. Mai 2012 - L 19 AS 794/12 B ER - alle juris.de) allerdings erhebliche Zweifel, ob dieser Vorbehalt über § 7 Abs 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II wirksam Leistungen auszuschließen vermag.
Zwar hat die Bundesrepublik bereits zuvor einen Vorbehalt erklärt, der zum Ausschluss der Staatsangehörigen der anderen Vertragsstaaten von den im Bundessozialhilfegesetz (BSHG) in §§ 30, 72 BSHG vorgesehenen Hilfen zum Aufbau oder zur Sicherung der Lebensgrundlage und zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten geführt hatte. Allerdings hat sich der Vorbehalt nicht auf die Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem 2. Abschnitt des BSHG bezogen, so dass sich nicht die Frage stellt, ob der erste Vorbehalt nach dem Außerkrafttreten des BSHG mit Wirkung zum 01. Januar 2005 auf die Nachfolgegesetzgebung, also hier das SGB II, anzuwenden ist (vgl. BSG in SozR 4 - 4200 § 7 Nr. 21). Der nunmehr zum 19. Dezember 2011 erklärte Vorbehalt dürfte zumindest bei der hier nur zu treffenden summarischen Prüfung unwirksam sein, da er nicht den dafür normierten Voraussetzungen entspricht.
Nach Art. 2 Abs. 1 d) der Wiener Vertragsrechtskonvention (WVK) bedeutet Vorbehalt eine wie auch immer formulierte oder bezeichnete, von einem Staat bei der Unterzeichnung, Ratifikation, Annahme oder Genehmigung eines Vertrags oder bei dem Beitritt zu einem Vertrag abgegebene einseitige Erklärung, durch die der Staat bezweckt, die Rechtswirkung einzelner Vertragsbestimmungen in der Anwendung auf diesen Staat auszuschließen oder zu ändern. Aus der Verwendung des Wortes "bei" ergibt sich, dass der Vorbehalt dann abgegeben werden muss, wenn der Staat dem Vertrag beitritt. Dies wird in Art. 19 zur Anbringung von Vorbehalten noch einmal bekräftigt. Eine Regelung für einen nachträglichen Vorbehalt enthält die WVK nicht. Dagegen ist in Art. 16 b EFA als speziellerer Norm geregelt, dass jeder Vertragsschließende dem Generalsekretär des Europarats alle neuen Rechtsvorschriften mitzuteilen hat, die in Anhang I noch nicht aufgeführt sind. Gleichzeitig mit dieser Mitteilung kann der Vertragsschließende Vorbehalte hinsichtlich der Anwendung dieser neuen Rechtsvorschriften auf die Staatsangehörigen der anderen Vertragsschließenden machen. Diese Regelung setzt also voraus, dass gleichzeitig mit der Mitteilung neuer Rechtsvorschriften der Staat seinen Vorbehalt gegen die Anwendung dieser Rechtsvorschrift auf die Staatsangehörigen der anderen Vertragsstaaten erklärt. Zum 19. Dezember 2011 hat die Bundesrepublik den Vorbehalt hinsichtlich der Leistungen nach dem SGB II erklärt. Der Vorbehalt ist als Reaktion auf die Entscheidung des BSG vom 19. Oktober 2010 - B 14 AS 23/10 R - (in SozR 4 - 4200 § 7 Nr. 21) zur Anwendbarkeit des EFA im Rahmen des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II zu verstehen. Das SGB II ist jedoch kein neues Gesetz, denn es ist bereits am 01. Januar 2005 in Kraft getreten, ohne dass ein Vorbehalt erklärt worden ist. Zwar könnte man die Auffassung vertreten, dass das Gesetz auch dann als neu zu bezeichnen ist, wenn es novelliert und neu verkündet wird (vgl. zum Streitstand: Matthias Reuß, Wissenschaftlicher Dienst des deutschen Bundestags, Sachstand: Zur Zulässigkeit von Vorbehalten zum Europäischen Fürsorgeabkommen - WD 2 - 3000 - 035/12 - ). Der Leistungsausschluss in § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II ist aber mit wenigen redaktionellen Änderungen bereits zum 01. April 2006 (Gesetz vom 24. März 2006, BGBl. I, S. 558), der Leistungsausschluss in § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB II schon zum 28. August 2007 (Gesetz vom 19. August 2007, BGBl. I, S. 1970) in Kraft getreten, ohne dass gleichzeitig ein Vorbehalt erklärt worden ist. Letztlich werden bei der Anwendung und Auslegung geltenden Rechts durch ein Bundesgericht wie hier durch das BSG am 19. Oktober 2010 keine neuen Rechtvorschriften geschaffen.
Die gegenteilige Auffassung des 29. Senat des LSG Berlin-Brandenburg in seiner Entscheidung vom 12. Juni 2012 - L 29 AS 914/12 B ER – juris.de), in der dieser die Auffassung vertritt, bei dem SGB II handele es sich um eine neue Rechtsvorschrift im Sinne von Art. 16 b EFA, da sie bis Dezember 2011 nicht im Anhang I aufgeführt worden sei, überzeugt den erkennenden Senat nicht. Die Regelung des Art. 16 b EFA soll den Vertragsstaaten nur Vorbehalte offen halten, die sie bei Vertragsschluss noch nicht machen konnten, weil es ein entsprechendes Fürsorgegesetz noch nicht gab, nicht aber den Vertragsstaaten erlauben, sich bereits aus vorbehaltlos eingegangenen Verpflichtungen nachträglich zu lösen (vgl. Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Urteil vom 18. Mai 2000 - 5 C 29/98 -, zitiert nach juris). Der oben bereits dargelegte lange Zeitablauf seit Inkrafttreten von § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und 2 SGB II spricht dafür, dass die Bundesrepublik nach Art. 1 EFA verpflichtet ist, das SGB II in der jeweils geltenden Fassung auf Staatsangehörige der Vertragsstaaten in der gleichen Art und Weise anzuwenden wie auf die eigenen Staatsangehörigen, und sich von dieser Verpflichtung nicht mehr nachträglich durch Erklärung eines Vorbehalts befreien kann. Weiter zu berücksichtigen ist, dass eine Mitteilung nach Art. 16 EFA nur klarstellende Bedeutung hat, um die übrigen Vertragsstaaten über den Stand der Fürsorgegesetzgebung im mitteilenden Vertragsstaat zu informieren. Ein neues Fürsorgegesetz fällt also auch ohne entsprechende Mitteilung des Vertragsstaats unter den Anwendungsbereich des Abkommens (so LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 23. Mai 2012 - L 25 AS 837/12 B ER -, zitiert nach juris). Diese Auffassung vertritt auch der Antragsgegner, wie der Senat aus vielen Parallelverfahren weiß, in denen - wie hier - den unter den Anwendungsbereich des EFA fallenden EU-Bürgern bis zur Erklärung des Vorbehalts Leistungen nach dem SGB II gewährt wurden. Will der mitteilende Vertragsstaat, dass sich eine spätere Änderung seiner Fürsorgegesetzgebung auf die Staatsangehörigen der übrigen Vertragsstaaten nicht in der gleichen Weise auswirken soll wie auf seine eigenen Staatsangehörigen, muss er seine Mitteilung an den Generalsekretär des Europarats mit einem entsprechenden Vorbehalt verbinden (BVerwG, Urteil vom 18. Mai 2000 - 5 C 29/98 -, zitiert nach juris). Somit dürfte eine nachträgliche Absenkung des gesetzlichen Fürsorgestandards für den vom EFA geschützten Personenkreis nur durch Absenkung des Fürsorgestandards für Inländer möglich sein. Der Senat teilt letztlich nicht die Befürchtungen vor einem "Sozialtourismus" in der Europäischen Union wegen des unterschiedlichen Niveaus der einzelstaatlichen Sozialleistungssysteme. Wie sich aus der Denkschrift zum EFA und dem Zusatzprotokoll (BT-Drucks II/1882 S. 22) ergibt, ist den Vertragsstaaten des EFA bereits bei Vertragsschluss bewusst gewesen, dass die fürsorgerische Betreuung in den einzelnen Staaten nicht gleichwertig ist. Noch im August 2004 ist mit Estland ein weiterer Staat dem EFA beigetreten, von dem sicherlich nicht ein gleichwertiges Sozialleistungssystem erwartet worden ist. Offenkundig haben die Vertragsstaaten mit dem EFA höherrangige politische Ziele verfolgt und dafür in Kauf genommen, dass die Bürger der Vertragsstaaten die attraktiveren Fürsorgeleistungen des Aufenthaltsstaates in Anspruch nehmen. Dafür spricht auch, dass die Kosten der Fürsorge vom Aufenthaltsstaat getragen werden, auf eine zwischenstaatliche Erstattung der Fürsorgekosten ist ausdrücklich verzichtet worden (Art. 4 EFA).
Damit dürften die Vorschriften des EFA wohl weiterhin anwendbar sein; auf die Entscheidung der Frage, ob die Zulässigkeit des Vorbehalts an der fehlenden Ermächtigung durch ein Parlamentsgesetz scheitert (so Sozialgericht Berlin, Beschluss vom 25. April 2012 - S 55 AS 9238/12 -, zitiert nach juris), kommt es nicht an.
Selbst wenn sich Antragstellerin nicht auf das EFA berufen könnte, bestehen Zweifel, ob der Leistungsausschluss des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II in ihrem Fall als Ergebnis einer europarechtskonformen Auslegung unberücksichtigt bleiben muss, weil die Norm bei anderer Betrachtung mit Art. 4 der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 29. April 2004 zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit (VO 883/2004) kollidiert (streitig, wie hier zuletzt: LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 29. Juni 2012 - L 14 AS 1460/12 B ER -; anders: LSG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 21. August 2012 - L 3 AS 250/12 B ER -; LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 08. August 2012 - L 13 AS 2355/12 ER B - alle juris.de).
Die Vielzahl der genannten schwierigen und komplexen Rechtsfragen verdeutlicht, dass die Sach- und Rechtslage für den erkennenden Senat nicht zuverlässig abschließend in einem vorläufigen Rechtsschutzverfahren beurteilt werden kann. Aus diesem Grund ist im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes eine Folgenabwägung geboten (BVerfG, Beschluss vom 12. Mai 2005 - 1 BvR 569/05 - juris.de).
Die Folgenabwägung ist nicht auf Fälle begrenzt, in denen der Senat von der Verfassungs- oder Europarechtswidrigkeit der Norm überzeugt ist, Zweifel reichen aus. Der Auffassung des 20. Senates des LSG Berlin-Brandenburg (Beschluss vom 12. Juni 2012, L 20 AS 2/12 B ER - L 20 AS 50/12 B PKH, Rn. 30, juris.de), dass für das Gericht bei (nur) ernsthaften Zweifeln an der Europarechtmäßigkeit einer entscheidungserheblichen Norm im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nach § 86b Abs. 2 SGG (anders als bei Abs. 1) eine Folgenabwägung nicht zulässig sein soll, folgt der Senat nicht. Ein solches Verbot folgt weder aus Art. 20 Abs. 3 Grundgesetz (GG) noch dem Vorrang des EuGH oder dem Verbot der Vorwegnahme der Hauptsache. Der EuGH selbst hat darauf hingewiesen, dass der vorläufige Schutz, den die nationalen Gerichte den Bürgern aufgrund des Gemeinschaftsrechts gewähren müssen, nicht davon abhängen darf, ob diese die Aussetzung der Vollziehung eines nationalen Verwaltungsakts oder den Erlass der in Rede stehenden einstweiligen Anordnungen beantragen, denn der Erlass derartiger Anordnungen hat seiner Natur nach keine größeren Auswirkungen auf die Gemeinschaftsrechtsordnung als die bloße Aussetzung der Vollziehung eines auf einer Gemeinschaftsverordnung beruhenden nationalen Verwaltungsakts (EuGH, Urteil vom 09. November 1995, C-465/93, NJW 1996, 1333 f., juris.de). Ist der geltend gemachte Anspruch der Antragstellerin von europarechtlichen Fragen abhängig und bestehen insoweit ernsthafte Zweifel an der Europarechtskonformität nationaler Vorschriften, ist aber für die erforderliche eingehende und abschließende Prüfung im Verfahren zur Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes kein Raum, hat in Anlehnung an die Rechtsprechung des BVerfG zu § 32 Bundesverfassungsgerichtsgesetz (BVerfGG) eine Folgenabwägung stattzufinden. Die Erwägung, wie die Entscheidung in der Hauptsache ausfallen wird, hat regelmäßig außer Betracht zu bleiben. Abzuwägen sind statt dessen die Folgen, die eintreten würden, wenn die Anordnung nicht erginge, sich die zugrunde liegenden Normen aber als europarechtmäßig erweisen sollten, gegenüber der Lage, die entstünde, wenn die begehrte Anordnung erlassen würde, obwohl die Normen nicht im Einklang mit Europarecht stehen.
Die Folgenabwägung ist nach diesen Grundsätzen nur teilweise zu Gunsten der Antragstellerin zu treffen. Den Widerspruch aus den die Antragstellerin betreffenden existentiellen Nachteilen (zum Anspruch auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums aus Art. 1 Abs. 1 GG i.V.m. dem Sozialstaatsprinzip, BVerfG, Urteil vom 09. Februar 2010, BVerfGE 125, 175 ff.) und den mit einer vorläufigen Zahlungsverpflichtung verbundenen finanziellen Nachteilen auf Seiten des Antragsgegners löst der Senat in ständiger Rechtsprechung zunächst dahingehend auf, dass er zur Vermeidung der Vorwegnahme der Hauptsache in inhaltlicher Ausgestaltung der einstweiligen Anordnung nach § 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 938 Abs. 1 ZPO einen Abzug von 20% von den auszuzahlenden Leistungen vornimmt (zuletzt: Beschluss des erkennenden Senats vom 20. Juni 2012 - am angegeben Ort; vgl. auch Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, am angegeben Ort. § 86b Rn 35d). Die Verpflichtung zur vorläufigen Leistung ist auf das unabdingbar notwendige Maß zu beschränken; den Maßstab hierfür gewinnt der Senat aus § 31a SGB II. Insoweit sieht es der Senat als sachgerecht aber auch ausreichend an, die Regelleistung für die Antragstellerin um 20% zu kürzen.
Dies bedeutet für den hier zunächst zu prüfenden Zeitraum vom 03. Juli bis zum 03. August 2012, in dem der Antragstellerin kein hinreichendes eigenes Einkommen oder Vermögen zur Verfügung stand, um ihre elementaren Bedürfnisse zu befriedigen, dass der Antragsgegner zu verpflichtet war, der Antragstellerin einen zeitanteiligen, monatlichen Regelbedarf zur Sicherung des Lebensunterhaltes von 299,20 Euro (374,00 Euro minus 74,80 Euro) zuzüglich der Kosten der Unterkunft und Heizung von anteilig 280,00 Euro vorläufig zu zahlen.
Ebenfalls besteht im Rahmen der Folgenabwägung für November 2012 trotz des erzielten Einkommens ein Anspruch auf Erlass einer einstweiligen Anordnung. Ausgehend von dem Restguthaben auf dem Girokonto der Antragstellerin am 31. August 2012 von 1.743,27 EUR verfügte die Antragstellerin in November 2012 prognostisch noch über ein Restguthaben von 435,27 EUR (Regelbedarfe für September und Oktober 2012 von 2mal 374,00 Euro zuzüglich 2mal 280,00 Euro für Kosten der Unterkunft und Heizung, mithin insgesamt 1.308,00 Euro), das sie zur Abwendung ihrer Bedürftigkeit einzusetzen hat (zur Berücksichtigung tatsächlich vorhandener Guthaben, zuletzt BSG, Urteil vom 22. März 2012 - B 4 AS 99/11 R - juris.de). Abzüglich eines monatlichen Bedarfs von 579,20 Euro für November 2012 (299,20 Euro reduzierter Regelbedarf zuzüglich 280,00 Euro für Kosten der Unterkunft und Heizung) bleibt unter Anwendung der Vorgaben des § 19 Abs 3 SGB II ein ungedeckter Bedarf an Kosten für Unterkunft und Heizung von 143,93 Euro. Der Ansatz des vollen Regelbedarfs für die Monate September und Oktober 2012 berücksichtigt, dass der Abschlag von 20 % zur Vermeidung einer Vorwegnahme der Hauptsache nur für die vom Antragsgegner zu gewährenden Leistungen geboten ist. Darüber hinaus hat der Senat berücksichtigt, dass der Antragsgegner auch verpflichtet wird, ab Antragstellung für einen jetzt bereits zurückliegenden Zeitraum (dazu Keller in Meyer-Ladewig/Keller-Leitherer, a.a.O., § 86b Rn 35a) zu leisten, so dass etwaige Härten, etwa beim Krankenversicherungsschutz (dazu §§ 5 Abs 2a, 252 Satz 2, 19 Abs 2 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V), § 26 Abs 1 Satz 2 SGB II), vorausschauend ausgeschlossen erscheinen. Sollten sich die (tatsächlichen) Verhältnisse demgegenüber für die Antragstellerin während des vorläufig gerichtlich geregelten Leistungszeitraums nachteilig verändern, bleibt es ihr unbenommen, beim Antragsgegner einen entsprechenden (neuen) Antrag zu stellen.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 183 und 193 SGG analog und berücksichtigt, dass der Antragsgegner mit seinem Begehren, die vorläufige Leistung gänzlich zu versagen, im Ergebnis nur aufgrund der nachträglich erzielten Einkünfte der Antragstellerin teilweise obsiegt hat. Soweit der Senat, anders als das SG, zusätzlich zur Verhinderung der Vorwegnahme der Hauptsache einen Abzug von 20% vom Regelbedarf vorgenommen hat, erscheint es unbillig, die Antragstellerin dafür mit Kosten zu belasten.
Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren war im Hinblick auf die unanfechtbare Kostenentscheidung, aus der für die Antragstellerin ein Anspruch auf Kostenerstattung für beide Instanzen folgt, mangels Bedürftigkeit abzulehnen (§ 73a SGG i.V.m. § 114, 115 ZPO).
Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde an das BSG anfechtbar (§ 177 SGG).
Mit ihm erledigt sich zugleich der Antrag nach § 199 Abs. 2 SGG.
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