Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
12
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 21 AS 1354/12 ER
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 12 AS 1044/12 B ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Düsseldorf vom 13.04.2012 wird zurückgewiesen. Der Antragsgegner trägt die erstattungsfähigen außergerichtlichen Kosten der Antragstellerin in beiden Rechtszügen.
Gründe:
I.
Die Antragstellerin begehrt die Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihres vom 12.04.2012 datierenden Widerspruchs gegen einen Eingliederungsverwaltungsakt des Antragsgegners vom 05.04.2012.
Die 1960 geborene Antragstellerin steht beim Antragsgegner im Bezug von Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Nachdem die Antragstellerin eine Vielzahl von Terminen unter Vorlage von Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen (AU) nicht wahrnahm, wies der Antragsgegner in einem Gespräch am 15.09.2011 darauf hin, dass bei weiterer Vorlage einer AU für einen längeren Zeitraum eine Prüfung der Erwerbsfähigkeit durch das Gesundheitsamt erfolge. Nachdem Termine mit der Antragstellerin weiter nicht durchgeführt werden konnten, vermerkte die Arbeitsvermittlerin, dass sich aufgrund der fortgesetzten und passgenauen AU’s die Frage nach der Erwerbsfähigkeit stelle und ein entsprechendes Verfahren eingeleitet werde, auf das die Antragstellerin bereits am 15.09.2011 hingewiesen worden sei. Mit Datum vom selben Tag schrieb der Antragsgegner die Antragstellerin unter dem Betreff "Prüfung der Erwerbsfähigkeit" an und teilte ihr mit, dass das Gesundheitsamt des Kreises O mit der Prüfung der Erwerbsfähigkeit beauftragt worden sei. Im Gutachtenauftrag an das Gesundheitsamt wurde u.a. die Frage gestellt, ob bei der Antragstellerin noch eine mindestens 3 Std./tgl. Leistungsfähigkeit gegeben sei oder eine Antragstellung auf EU-Rente sinnvoller wäre. Ebenfalls am 05.04.2012 erließ der Antragsgegner einen Eingliederungsverwaltungsakt nach § 15 Abs. 1 Satz 6 SGB II. Die darin getroffenen Festlegungen für den Zeitraum vom 05.04.2012 bis 31.12.2012 benannten als Ziel, das pünktliche und persönliche Erscheinen der Antragstellerin beim Gesundheitsamt des S-Kreises O nach vorheriger schriftlicher Einladung zwecks Erstellung eines Gutachtens zur Feststellung der Leistungsfähigkeit zu gewährleisten. Hiergegen richtete sich der vom 12.04.2012 datierende Widerspruch der Antragstellerin.
Am 20.04.2012 hat die Antragstellerin beim Sozialgericht Düsseldorf im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes beantragt, die aufschiebende Wirkung ihres Widerspruchs gegen den Eingliederungsverwaltungsakt vom 05.04.2012 anzuordnen. Zur Begründung hat sie angeführt, dass die Prüfung der Erwerbsfähigkeit nicht tauglicher Regelungsgegenstand einer Eingliederungsvereinbarung sei. Eine mit einem Hilfebedürftigen, dessen Erwerbsfähigkeit zweifelhaft sei, geschlossene Eingliederungsvereinbarung sei nichtig. Die Rechtsfolgenbelehrung des Verwaltungsakts sei falsch, der Verwaltungsakt sei weder begründet noch ihr erläutert worden.
Das SG hat den Eilantrag mit Beschluss vom 23.05.2012 abgelehnt. Der Antrag sei bereits unzulässig. Es fehle der Antragstellerin am Rechtsschutzbedürfnis. Sofern die Antragstellerin gegen die Pflichten aus dem streitigen Bescheid verstoße und entsprechend Leistungen abgesenkt würden, könne sie hiergegen gerichtlich vorgehen. Dabei sei dann die Rechtmäßigkeit der Eingliederungsvereinbarung zu überprüfen. Für eine vorherige isolierte Prüfung dieser Frage im Rahmen eines Eilverfahrens bestehe auch mit Blick auf die Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 Grundgesetz kein Anlass. Die Gerichte sollten zwar vorläufigen Rechtsschutz, d.h. Rechtsschutz wegen gegenwärtiger Nachteile, nicht aber vorbeugenden Rechtsschutz wie die Antragstellerin ihn beanspruche, ermöglichen.
Gegen den ihr am 26.05.2012 zugestellten Beschluss hat die Antragstellerin am 01.06.2012 Beschwerde eingelegt und ihren Vortrag wiederholt und vertieft. Sie hat einen Termin zur amtsärztlichen Untersuchung durch das Gesundheitsamt am 11.06.2012 wahrgenommen.
Wegen der weiteren Darstellung des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichts- und Verwaltungsakte verwiesen. Dieser ist Gegenstand der Beratung gewesen.
II.
Die Beschwerde ist zulässig, insbesondere statthaft nach § 172 Abs. 1 und Abs. 3 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Da der Eingliederungsverwaltungsakt nicht auf eine Geldleistung, sondern auf Handlungspflichten der Antragstellerin gerichtet ist, findet eine kostenmäßige Beschränkung der Beschwerde gem. § 172 Abs. 3 Nr. 1 i.V.m. § 144 Abs. 1 Satz
1 Nr. 1 SGG nicht statt (vgl. hierzu Beschlüsse des LSG NRW vom 20.04.2011 - L 6 AS 315/11 B ER und vom 08.07.2009 - L 19 B 140/09 AS ER).
Die Beschwerde ist nicht begründet. Im maßgeblichen Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung fehlt es dem Eilbegehren am Rechtsschutzbedürfnis. Der streitige Eingliederungsverwaltungsakt vom 05.04.2012 hat sich erledigt, nachdem die Antragstellerin der ihr dort auferlegten Pflicht, einen Termin zur ärztlichen Untersuchung im Gesundheitsamt wahrzunehmen, am 11.06.2012 nachgekommen ist. Da sich der Regelungsgehalt des Eingliederungsverwaltungsakts damit erschöpft hat, sind weitere (nachteilige) Auswirkungen auf die Antragstellerin, denen mit einem Eilantrag zu begegnen wäre, nicht zu erwarten.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Eine Kostenentscheidung zulasten des Antragsgegners wird unter dem Gesichtspunkt getroffen, dass der Antrag der Antragstellerin vor seiner Erledigung günstig zu beurteilen war.
Ein Rechtsschutzbedürfnis für den Eilantrag ergab sich - bis zur Erledigung des Regelungsgehalts des streitigen Verwaltungsakts - daraus, dass die Antragstellerin mit der Verpflichtung zu einer konkreten Handlung (hier: Wahrnehmung eines Untersuchungstermins beim Gesundheitsamt mit weiteren Pflichten) belegt wurde. Eine solche Verpflichtung, die in die Individualinteressen eines Hilfebedürftigen eingreift, beschwert diesen unmittelbar im Sinn von § 54 Abs. 2 SGG. Diese Beschwer, die durch die Verpflichtung zu einem Tun entsteht, ist nicht deshalb außer Betracht zu lassen, weil die Verletzung der Verpflichtung ggf. zu einem weiteren Eingriff (hier: Minderung der Leistungen durch Sanktionierung) führen könnte.
Aus der Gesamtschau des mit dem Eingliederungsverwaltungsakt verbundenen Hergangs (Vermerke der Arbeitsvermittlerin, Anschreiben an die Antragstellerin, Auftrag an das Gesundheitsamt) sollte die Antragstellerin mit dem Eingliederungsverwaltungsakt zur Wahrnehmung eines Termins beim Gesundheitsamt angehalten werden, in dem wesentlich die Frage ihrer Erwerbsfähigkeit im Raume stand. Das Vorliegen von Erwerbsfähigkeit kann jedoch nicht zulässiger Gegenstand einer Eingliederungsvereinbarung bzw. eines Eingliederungsverwaltungsaktes sein, da es bereits Voraussetzung für dessen Abschluss bzw. Erlass ist (ebenso LSG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 05.07.2007 - L 3 ER 175/07 AS Rn 19 f.; LSG Hessen, Beschluss vom 17.10.2008 - L 7 AS 251/08 B ER juris Rn 58). Will der Leistungsträger gem. § 44a Abs. 1 S. 1 SGB II die Erwerbsfähigkeit des Hilfebedürftigen feststellen, so kann er auf die Vorschriften des § 59 SGB II i.V.m. § 309 Abs. 1 S. 1 i.V.m. Abs. 2 Nr. 5 Drittes Buch Sozialgesetzbuch, ggf. ergänzend auf die Sanktionsmöglichkeit des § 32 SGB II zurückgreifen.
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
Gründe:
I.
Die Antragstellerin begehrt die Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihres vom 12.04.2012 datierenden Widerspruchs gegen einen Eingliederungsverwaltungsakt des Antragsgegners vom 05.04.2012.
Die 1960 geborene Antragstellerin steht beim Antragsgegner im Bezug von Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Nachdem die Antragstellerin eine Vielzahl von Terminen unter Vorlage von Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen (AU) nicht wahrnahm, wies der Antragsgegner in einem Gespräch am 15.09.2011 darauf hin, dass bei weiterer Vorlage einer AU für einen längeren Zeitraum eine Prüfung der Erwerbsfähigkeit durch das Gesundheitsamt erfolge. Nachdem Termine mit der Antragstellerin weiter nicht durchgeführt werden konnten, vermerkte die Arbeitsvermittlerin, dass sich aufgrund der fortgesetzten und passgenauen AU’s die Frage nach der Erwerbsfähigkeit stelle und ein entsprechendes Verfahren eingeleitet werde, auf das die Antragstellerin bereits am 15.09.2011 hingewiesen worden sei. Mit Datum vom selben Tag schrieb der Antragsgegner die Antragstellerin unter dem Betreff "Prüfung der Erwerbsfähigkeit" an und teilte ihr mit, dass das Gesundheitsamt des Kreises O mit der Prüfung der Erwerbsfähigkeit beauftragt worden sei. Im Gutachtenauftrag an das Gesundheitsamt wurde u.a. die Frage gestellt, ob bei der Antragstellerin noch eine mindestens 3 Std./tgl. Leistungsfähigkeit gegeben sei oder eine Antragstellung auf EU-Rente sinnvoller wäre. Ebenfalls am 05.04.2012 erließ der Antragsgegner einen Eingliederungsverwaltungsakt nach § 15 Abs. 1 Satz 6 SGB II. Die darin getroffenen Festlegungen für den Zeitraum vom 05.04.2012 bis 31.12.2012 benannten als Ziel, das pünktliche und persönliche Erscheinen der Antragstellerin beim Gesundheitsamt des S-Kreises O nach vorheriger schriftlicher Einladung zwecks Erstellung eines Gutachtens zur Feststellung der Leistungsfähigkeit zu gewährleisten. Hiergegen richtete sich der vom 12.04.2012 datierende Widerspruch der Antragstellerin.
Am 20.04.2012 hat die Antragstellerin beim Sozialgericht Düsseldorf im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes beantragt, die aufschiebende Wirkung ihres Widerspruchs gegen den Eingliederungsverwaltungsakt vom 05.04.2012 anzuordnen. Zur Begründung hat sie angeführt, dass die Prüfung der Erwerbsfähigkeit nicht tauglicher Regelungsgegenstand einer Eingliederungsvereinbarung sei. Eine mit einem Hilfebedürftigen, dessen Erwerbsfähigkeit zweifelhaft sei, geschlossene Eingliederungsvereinbarung sei nichtig. Die Rechtsfolgenbelehrung des Verwaltungsakts sei falsch, der Verwaltungsakt sei weder begründet noch ihr erläutert worden.
Das SG hat den Eilantrag mit Beschluss vom 23.05.2012 abgelehnt. Der Antrag sei bereits unzulässig. Es fehle der Antragstellerin am Rechtsschutzbedürfnis. Sofern die Antragstellerin gegen die Pflichten aus dem streitigen Bescheid verstoße und entsprechend Leistungen abgesenkt würden, könne sie hiergegen gerichtlich vorgehen. Dabei sei dann die Rechtmäßigkeit der Eingliederungsvereinbarung zu überprüfen. Für eine vorherige isolierte Prüfung dieser Frage im Rahmen eines Eilverfahrens bestehe auch mit Blick auf die Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 Grundgesetz kein Anlass. Die Gerichte sollten zwar vorläufigen Rechtsschutz, d.h. Rechtsschutz wegen gegenwärtiger Nachteile, nicht aber vorbeugenden Rechtsschutz wie die Antragstellerin ihn beanspruche, ermöglichen.
Gegen den ihr am 26.05.2012 zugestellten Beschluss hat die Antragstellerin am 01.06.2012 Beschwerde eingelegt und ihren Vortrag wiederholt und vertieft. Sie hat einen Termin zur amtsärztlichen Untersuchung durch das Gesundheitsamt am 11.06.2012 wahrgenommen.
Wegen der weiteren Darstellung des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichts- und Verwaltungsakte verwiesen. Dieser ist Gegenstand der Beratung gewesen.
II.
Die Beschwerde ist zulässig, insbesondere statthaft nach § 172 Abs. 1 und Abs. 3 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Da der Eingliederungsverwaltungsakt nicht auf eine Geldleistung, sondern auf Handlungspflichten der Antragstellerin gerichtet ist, findet eine kostenmäßige Beschränkung der Beschwerde gem. § 172 Abs. 3 Nr. 1 i.V.m. § 144 Abs. 1 Satz
1 Nr. 1 SGG nicht statt (vgl. hierzu Beschlüsse des LSG NRW vom 20.04.2011 - L 6 AS 315/11 B ER und vom 08.07.2009 - L 19 B 140/09 AS ER).
Die Beschwerde ist nicht begründet. Im maßgeblichen Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung fehlt es dem Eilbegehren am Rechtsschutzbedürfnis. Der streitige Eingliederungsverwaltungsakt vom 05.04.2012 hat sich erledigt, nachdem die Antragstellerin der ihr dort auferlegten Pflicht, einen Termin zur ärztlichen Untersuchung im Gesundheitsamt wahrzunehmen, am 11.06.2012 nachgekommen ist. Da sich der Regelungsgehalt des Eingliederungsverwaltungsakts damit erschöpft hat, sind weitere (nachteilige) Auswirkungen auf die Antragstellerin, denen mit einem Eilantrag zu begegnen wäre, nicht zu erwarten.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Eine Kostenentscheidung zulasten des Antragsgegners wird unter dem Gesichtspunkt getroffen, dass der Antrag der Antragstellerin vor seiner Erledigung günstig zu beurteilen war.
Ein Rechtsschutzbedürfnis für den Eilantrag ergab sich - bis zur Erledigung des Regelungsgehalts des streitigen Verwaltungsakts - daraus, dass die Antragstellerin mit der Verpflichtung zu einer konkreten Handlung (hier: Wahrnehmung eines Untersuchungstermins beim Gesundheitsamt mit weiteren Pflichten) belegt wurde. Eine solche Verpflichtung, die in die Individualinteressen eines Hilfebedürftigen eingreift, beschwert diesen unmittelbar im Sinn von § 54 Abs. 2 SGG. Diese Beschwer, die durch die Verpflichtung zu einem Tun entsteht, ist nicht deshalb außer Betracht zu lassen, weil die Verletzung der Verpflichtung ggf. zu einem weiteren Eingriff (hier: Minderung der Leistungen durch Sanktionierung) führen könnte.
Aus der Gesamtschau des mit dem Eingliederungsverwaltungsakt verbundenen Hergangs (Vermerke der Arbeitsvermittlerin, Anschreiben an die Antragstellerin, Auftrag an das Gesundheitsamt) sollte die Antragstellerin mit dem Eingliederungsverwaltungsakt zur Wahrnehmung eines Termins beim Gesundheitsamt angehalten werden, in dem wesentlich die Frage ihrer Erwerbsfähigkeit im Raume stand. Das Vorliegen von Erwerbsfähigkeit kann jedoch nicht zulässiger Gegenstand einer Eingliederungsvereinbarung bzw. eines Eingliederungsverwaltungsaktes sein, da es bereits Voraussetzung für dessen Abschluss bzw. Erlass ist (ebenso LSG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 05.07.2007 - L 3 ER 175/07 AS Rn 19 f.; LSG Hessen, Beschluss vom 17.10.2008 - L 7 AS 251/08 B ER juris Rn 58). Will der Leistungsträger gem. § 44a Abs. 1 S. 1 SGB II die Erwerbsfähigkeit des Hilfebedürftigen feststellen, so kann er auf die Vorschriften des § 59 SGB II i.V.m. § 309 Abs. 1 S. 1 i.V.m. Abs. 2 Nr. 5 Drittes Buch Sozialgesetzbuch, ggf. ergänzend auf die Sanktionsmöglichkeit des § 32 SGB II zurückgreifen.
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
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