L 2 SO 3224/10

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
2
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 7 SO 8910/06
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 2 SO 3224/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 24. März 2010 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten steht die Höhe des der Klägerin zu gewährenden Mehrbedarfs wegen kostenaufwendiger Ernährung im Zeitraum vom 29. April 2005 bis 30. April 2006 im Streit.

Am 29. April 2005 beantragte die am 17. März 1981 geborene Klägerin die Gewährung von Hilfe zum Lebensunterhalt bzw. Grundsicherung bei Erwerbsminderung beim Beklagten. Sie beantragte gleichzeitig die Gewährung eines Mehrbedarfs für kostenaufwendige Ernährung und legte diesbezüglich ein Attest der behandelnden Allgemeinärzte S. /Dr. W.-A. vom 29. April 2005 vor. Darin diagnostizieren die behandelnden Ärzte eine Mucoviszidose. Es bestehe bei der Klägerin eine chronische Pankreatitis bei Mucoviszidose sowie in der Folge ein Diabetes mellitus.

Nach dem bei der Antragstellung vorgelegten, bis Dezember 2005 gültigen Schwerbehindertenausweis der Klägerin, bestand ein Grad der Behinderung (GdB) in Höhe von 90 und waren die Merkzeichen G und H zuerkannt.

Mit Bescheid vom 20. Juni 2003 hatte die Deutsche Rentenversicherung (DRV) Bund (damals noch Bundesversicherungsanstalt für Angestellte) der Klägerin eine befristete Rente wegen voller Erwerbsminderung bewilligt. Die Befristung erfolgte, da die Rentengewährung nicht ausschließlich auf dem Gesundheitszustand der Klägerin, sondern auch auf den Verhältnissen des Arbeitsmarktes beruhte. Mit weiterem Bescheid vom 2. März 2005 berechnete die DRV Bund die Rente der Klägerin neu und setzte diese für April 2005 auf 281,92 EUR und ab 1. Mai 2005 auf 284,27 EUR monatlich fest. Mit Bescheid vom 16. Dezember 2005 wurde sodann der Klägerin von der DRV Bund eine Rente wegen voller Erwerbsminderung auf unbestimmte Zeit ab dem 1. März 2006 gewährt.

Mit Bescheid vom 8. Juni 2005 hatte zuvor die Beklagte zunächst den Sozialhilfeantrag der Klägerin abgelehnt. Dagegen erhob die Klägerin Widerspruch und legte einen Nachweis der entstehenden Kosten für Unterkunft und Heizung vor. Sie wohnt bei ihren Eltern. Die Grundmiete beträgt 536,86 EUR monatlich, daneben ist eine monatliche Abschlagszahlung für Heizung, Warmwasser und Nebenkosten in Höhe von 127,82 EUR zu zahlen. Nach der von den Eltern ausgestellten Mietbescheinigung (Bl. 27 Verwaltungsakte - VA -) entfallen (anteilig) auf die Klägerin eine Grundmiete in Höhe von 178,95 EUR sowie 42,61 EUR Nebenkosten. Mit Bescheid vom 17. Dezember 2005 bewilligte der Beklagte sodann der Klägerin für den 29. und 30. April 2005 Hilfe zum Lebensunterhalt in Höhe von 6,81 EUR sowie ab dem 1. Mai 2005 in Höhe von 102,21 EUR monatlich. Dieser Bescheid enthielt den folgenden Hinweis:" Ob ein Mehrbedarf für kostenaufwendige Ernährung gewährt werden kann, überprüft unser Gesundheitsamt. Sie erhalten dann Nachricht von uns."

Aufgrund eines Datenabgleichs wurde dem Beklagten im März 2006 bekannt, dass die Klägerin im November/Dezember 2005 für die Firma A. gearbeitet habe. Ausweislich einer von der Klägerin vorgelegten Verdienstbescheinigung der Firma A. erzielte sie im November 2005 ein Nettoeinkommen in Höhe von 130,00 EUR und im Dezember 2005 in Höhe von 195,00 EUR. In dem Zusammenhang hörte der Beklagte die Klägerin zu einer eventuellen Aufhebung und Rückforderung der Sozialhilfebewilligung für die Monate November und Dezember 2005 an.

Am 22. März 2006 erstattete Dr. F. vom Gesundheitsamt des Landkreises Esslingen aufgrund der amtsärztlichen Untersuchung der Klägerin vom 10. Januar 2006 ihre Stellungnahme zur Gewährung eines Mehrbedarfs für kostenaufwendige Ernährung. Danach bestehe bei der Klägerin ein normaler Ernährungszustand bei einer Körpergröße von 1,61 m und einem Körpergewicht von 58,5 kg (BMI 22,6). Bei der Klägerin bestehe eine Mucoviszidose sowie dadurch bedingt eine schwere Störung der Bauchspeicheldrüsenfunktion (exokrine Pankreasinsuffizienz). Infolge der Pankreasinsuffizienz bestehe ein Diabetes mellitus, der mit einer konventionellen Insulintherapie behandelt werde. Die Ernährung bei Mucoviszidose solle in Form einer ausgewogenen hochkalorischen und vitaminreichen Mischkost mit mehreren Zwischenmahlzeiten bestehen. Bei der Betroffenen werde der erhöhte Bedarf im Wesentlichen durch den täglichen Konsum von zweimal 500 ml "Pulmocare" gedeckt. Hierbei handele es sich um eine fettreiche, vollständige und bilanziert hochkalorische Sondennahrung, welche von der Krankenkasse getragen werde. Die Erhebung der Ernährungsgewohnheiten der Klägerin ergebe ansonsten keinen Anhalt dafür, dass eine spezielle Krankenkost zu sich genommen werde. Im Gegenteil würden im Hinblick auf den Diabetes eventuell zuviel Süßigkeiten konsumiert. Hinsichtlich des vorliegenden Diabetes sei ein Mehrbedarf kostenaufwendiger Ernährung nicht zu gewähren. Allerdings komme wegen der schweren Grunderkrankung (Mucoviszidose) und deren Folgen ein Mehrbedarf für Ernährung in Betracht. Hierfür werde ein monatlicher Mehrbedarf in Höhe von 25,56 EUR vorgeschlagen. Ein höherer Mehrbedarf lasse sich derzeit aber nicht feststellen, zumal der Mehrbedarf im Wesentlichen bereits durch die tägliche Sondennahrung gedeckt sei und dies von der Krankenkasse erstattet werde.

Mit Bescheid vom 7. April 2006 hob der Beklagte den Bescheid vom 7. Dezember 2005 auf und bewilligte der Klägerin Hilfe zum Lebensunterhalt für den 29. und 30. April 2005 in Höhe von 8,51 EUR sowie für den Zeitraum Mai bis Oktober 2005 in Höhe von monatlich 127,77 EUR. Im November 2005 wurde die Leistung (aufgrund der Einkommensanrechnung in diesen Monaten) auf 29,81 EUR sowie im Dezember 2005 auf 25,56 EUR reduziert. Ab Januar 2006 bewilligte der Beklagte der Klägerin monatlich 130,35 EUR. Hierbei wurde eine Mehrbedarf für kostenaufwendige Ernährung in Höhe von 25,56 EUR sowie ein Mehrbedarfszuschlag aufgrund der Zuerkennung des Merkzeichens G in Höhe von 46,96 EUR monatlich berücksichtigt. Die festgestellte Überzahlung in Höhe von 160,17 EUR für die Monate November bis Dezember 2005 (aufgrund des erzielten Einkommens) wurde mit der Nachzahlung aufgrund des Mehrbedarfs verrechnet, sodass noch 150,75 EUR an die Klägerin ausgezahlt wurden. Mit der Verrechnung hat sich die Klägerin entsprechend eines Aktenvermerkes vom 7. April 2006 (Bl. 46 VA) einverstanden erklärt.

Am 24. April 2006 legte die Klägerin durch ihren Bevollmächtigten Widerspruch gegen den Bescheid vom 7. April 2006 mit der Begründung ein, dass der Mehrbedarf für die kostenaufwendige Ernährung mit 25,56 EUR wesentlich zu niedrig angesetzt werde. Aus dem Attest von Dr. S. ergebe sich, dass die Kosten für die Ernährung auf mindestens 350,00 EUR erhöht werden müssten.

Mit Bescheid vom 17. Mai 2006 stellte der Beklagte die Leistungen zum 30. Juni 2006 ein, da für die Klägerin der SGB II-Träger zuständig sei. Bei ihr bestehe nach dem Rentenbescheid vom 20.06.2003 ein Restleistungsvermögen, sodass ihr nur eine Arbeitsmarktrente gewährt worden sei.

Dagegen erhob die Klägerin Widerspruch mit der Begründung, dass ihr aufgrund des vorgelegten Bescheides der DRV Bund vom 16. Dezember 2005 eine Rente wegen voller Erwerbsminderung auf unbestimmte Dauer zwischenzeitlich gewährt worden sei. Zur weiteren Begründung ihres Widerspruchs legte sie noch ein Vergleichsangebot aus dem beim Sozialgericht Stuttgart geführten Verfahren (S 6 SB 7866/04) im Bereich des Schwerbehindertenrechtes vor, aus dem hervorgeht, dass die Merkzeichen G, B und H entzogen worden sind. Im Vergleichsangebot wird eine Erhöhung des GdB auf 100 zum März 2005 angeboten.

Der Beklagte half daraufhin dem Widerspruch ab und hob den Bescheid vom 17. Mai 2006 über die Einstellung von Leistungen mit Bescheid vom 30. Mai 2006 auf. Dennoch werde allerdings die Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Dritten Kapitel des Sozialgesetzbuchs Zwölftes Buch - Sozialhilfe - (SGB XII) eingestellt, da die Klägerin zum Personenkreis der Grundsicherung bei Erwerbsminderung nach dem Vierten Kapitel des SGB XII gehöre.

Mit weiterem Bescheid vom 28. Juni 2006 gewährte der Beklagte daraufhin der Klägerin Leistungen der Grundsicherung bei Erwerbsminderung statt der bisher gewährten Hilfe zum Lebensunterhalt in Höhe von 130,35 EUR für die Monate Mai und Juni 2006 sowie für den Zeitraum vom 1. Juli 2006 bis 30. Juni 2007 in Höhe von 83,43 EUR. Ab 1. Juli 2007 wurde der Mehrbedarf nach § 30 Abs. 1 SGB XII wegen Entzug des Merkzeichens G nicht mehr gewährt.

Auch gegen diesen Bescheid erhob die Klägerin Widerspruch mit der Begründung, dass der Mehrbedarf von 25,56 EUR wesentlich zu niedrig sei.

Mit Widerspruchsbescheid vom 17. Oktober 2006 wies der Beklagte den Widerspruch gegen den Bescheid vom 7. April 2006 (Gewährung von Hilfe zum Lebensunterhalt für die Zeit vom 29. April 2005 bis einschließlich 30. April 2006) zurück und mit Widerspruchsbescheid vom 18. Oktober 2006 wies der Beklagte des Weiteren den Widerspruch gegen den Bescheid vom 28. Juni 2006 (nunmehr Bewilligung von Leistungen der Grundsicherung bei Erwerbsminderung statt der bisher gewährten Hilfe zum Lebensunterhalt ab 1. Mai 2006 bis 30. Juni 2007) ebenfalls zurück.

Am 15. November 2006 hat die Klägerin gegen den Bescheid vom 28. Juni 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. Oktober 2006 Klage vor dem Sozialgericht (SG) Stuttgart erhoben (Aktenzeichen S 7 SO 8641/06 - Parallelverfahren, siehe Berufungsverfahren L 2 SO 3223/10).

Am 22. November 2006 hat die Klägerin ebenfalls Klage gegen den Bescheid vom 7. April 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Oktober 2006 vor dem SG erhoben (Aktenzeichen S 7 SO 8910/06 - betreffend das hier maßgebliche Berufungsverfahren L 2 SO 3224/10).

In beiden Verfahren hat die Klägerin die Auffassung vertreten, dass ihr ein Mehrbedarf für kostenaufwendige Ernährung in Höhe von mindestens 350,00 EUR zustehe. Die aufgrund der Mucoviszidose erforderliche hochkalorienreiche und vitaminreiche Mischkost könne nicht allein durch die verordnete Sondenernährung in adäquater Weise erreicht werden. Die Mahlzeiten müssten frisch und ohne Nahrungsergänzungsmittel zubereitet werden. Es müsse alles frisch gekauft werden. Eine längere Vorratshaltung sei nicht möglich. Dies sei nicht nur zeitaufwendig, sondern auch kostspielig.

In der mündlichen Verhandlung wurde der Streitgegenstand ausdrücklich auf die Gewährung eines höheren Mehrbedarfs wegen kostenaufwendiger Ernährung begrenzt.

Der Beklagte ist der Klage entgegengetreten und hat u.a. zur Begründung eine ergänzende Stellungnahme der Amtsärztin Dr. F. vom 2. Mai 2008 vorgelegt, ausweislich derer, bei Mucoviszidose eine ausgewogene hochkalorische und vitaminreiche Mischkost mit mehreren Zwischenmahlzeiten zu empfehlen sei. Medizinisch sei nicht zutreffend, dass die Mahlzeiten frisch und ohne Nahrungsergänzungsmittel zubereitet werden müssten. Erforderlich seien im Gegenteil bestimmte Stoffe zu der normalen Nahrung zu ergänzen, z.B. Enzyme oder die von der Klägerin auch in Anspruch genommene Sondennahrung. Die Klägerin sei mit einem BMI von 22,6 normalgewichtig und nehme jeden Tag zweimal 500 ml einer speziellen Sondennahrung zu sich. Hierbei handele es sich um eine fettreiche, vollständige und bilanzierte hochkalorische Nahrung. Damit sei eine adäquate Ernährung der Klägerin möglich. Gegebenenfalls sei es sogar möglich, einen Menschen ausschließlich über solche Sondennahrung zu ernähren. Diese werde zu Lasten der Krankenkasse auf ärztliches Rezept in der Apotheke bezogen und könne insoweit bei Mehrbedarf für kostenaufwendige Ernährung nicht berücksichtigt werden. Der gewährte Mehrbedarf für die Ernährung in Höhe von 25,56 EUR monatlich sei zu befürworten, darüber hinaus bedürfe es jedoch keines weiteren Mehrbedarfs. Wie der Hausarzt auf einen monatlichen Mehrbedarf in Höhe von 350,00 EUR komme, sei nicht nachvollziehbar. Dies entspreche zusammen dem im Regelsatz enthaltenen Verpflegungsanteil für die Ernährung von drei erwachsenen Personen. Es sei auch nicht zutreffend, dass die Klägerin entsprechend dem Bedarf von drei Erwachsenen essen müsse.

Das SG hat im Weiteren die behandelnden Ärzte der Klägerin befragt. Dr. S. gab in seiner Stellungnahme vom 27. Juli 2009 an, dass bei der Klägerin aufgrund einer zystischen Fibrosierung der Pankreas infolge einer Mucoviszidose ein Diabetes mellitus bestehe. Aktuell liege das Gewicht der Klägerin bei 59 kg bei einer Körpergröße von 1,61 m. Ein krankheitsbedingter Gewichtsverlust liege in der Vergangenheit nicht vor. Bei der Klägerin handele es sich primär um die endokrine Pankreainsuffizienz mit dem daraus resultierenden insulinpflichtigen Diabetes mellitus, der den Hauptteil des Mehrbedarfs für kostenaufwendige Ernährung bedinge. Der Diabetes entspreche durchaus in der Diät und Behandlung einem Typ-I-Diabetes, auch wenn die Entstehungsursache des Diabetes eine andere sei. Die Ernährung der Klägerin sollte zum einen hochkalorisch und relativ fett- und vitaminreich sein, da ein weiterer BMI-Abfall den Krankheitsverlauf der Mucoviszidose ungünstig beeinflussen könne. Zum anderen benötige die Klägerin eine Diabeteskost. Ein Mehrbedarf von nur 25,56 EUR sei hierfür keinesfalls ausreichend. Dr. K. (Robert-Bosch-Krankenhaus, Klinik Schillerhöhe) erklärte in seiner schriftlichen Zeugenaussage vom 12. Oktober 2009, dass die Klägerin seit April 2004 in regelmäßiger Behandlung in der Mucoviszidoseambulanz bei ihnen sei. Die Klägerin habe sich bei der letzten körperlichen Untersuchung im stabilen Allgemeinzustand befunden. Die Lungenfunktion sei ebenfalls stabil gewesen. Das Gewicht habe 60 kg bei einer Größe von 1,61 m (BMI 23 kg/m²) entsprochen und sei insoweit normal. Nach den weiteren mitgeteilten Befunden habe das Gewicht der Klägerin seit 2005 zwischen 56 und 61 kg geschwankt. Ein Gewichtsverlust sei bei einem jetzigen Gewicht von 60 kg im Verlauf der letzten Jahre nicht zu verzeichnen. Bei Mucoviszidosen müsse eine hochkalorische Ernährung durchgeführt werden, um einen stark erhöhten Kalorienbedarf bedingt durch die Stoffwechselsteigerung im Rahmen einer erhöhten Atemarbeit und rezidivierende Infekte auszugleichen. Außerdem sei die Resorption bei Pankreasinsuffizienz vermindert, sodass Nährstoffe über den Darm verloren gingen. Außerdem bestehe bei der Klägerin ein Diabetes mellitus, sodass hier wegen des gleichzeitig hohen Kalorienbedarfs, der nicht durch stark zuckerhaltige Nahrungsmittel gedeckt werden solle, eine besondere Diät notwendig sei. Der Kalorienbedarf liege bei der zystischen Fibrose (Mucoviszidose) deutlich über 3000 kcal und sollte durch hochwertige Nahrungsmittel gedeckt werden. Teilweise könne dies - wie bei der Klägerin - durch die Zusatznahrung erzielt werden, diese ersetze jedoch eine aufwendigere Kostform nicht vollständig. Außerdem sei zu bedenken, dass auch bei den rezeptierbaren Zusatznahrungen Rezeptgebühren anfallen würden. Der Mehrbedarf an Nahrungsmitteln einschließlich der zusätzlich erforderlichen Rezeptgebühren für die Zusatznahrung müsse etwa in Höhe einer zusätzlichen Mahlzeit angesetzt werden, die mit 5,00 EUR pro Tag veranschlagt werde und eine Mehrbelastung von 150,00 EUR im Monat bedingen würde.

Mit Urteil vom 24. März 2010 hat das SG die Klage abgewiesen. Es hat hierbei die Auffassung vertreten, dass zunächst der Streitgegenstand des Verfahrens auf den Zeitraum 29. April 2005 bis 30. April 2006 beschränkt sei. Zur Benutzung des SG habe der Beklagte mit Bescheid vom 7. April 2006 Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Dritten Kapitel des SGB XII nur für den Zeitraum vom 29. April 2005 bis 30. April 2006 bewilligt. Da es sich bei der Hilfe zum Lebensunterhalt nicht um eine Dauerleistung handele, sondern deren Anspruchsvoraussetzungen Monat für Monat überprüft werden müssten, sei davon auszugehen, dass der Beklagte mit der Formulierung im Bescheid vom 7. April 2006 (ab Januar 2006 würden monatlich 130,35 EUR bewilligt) keinen Dauerverwaltungsakt habe erlassen wollen, sondern, dass die Leistungsbewilligung auf den bei Erlass des Bescheides am 7. April 2006 überschaubaren Zeitraum bis zum 30. April 2006 habe beschränkt werden sollen. Insoweit sei der anschließend erlassene Grundsicherungsbescheid vom 28. Juni 2006 (Leistungsbewilligung vom 1. Mai 2006 bis einschließlich 30. Juni 2007 nicht Gegenstand des Widerspruchsverfahrens gegen den Bescheid vom 7. April 2006 und damit auch nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens geworden. Des Weiteren sei Streitgegenstand dieses Verfahrens letztlich alleine die Höhe der der Klägerin durch die Bescheide vom 7. April 2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Oktober 2006 gewährten Mehrbedarfe nach § 30 SGB XII im Zeitraum vom 29. April 2005 bis 30. April 2006. Der streitgegenständliche Bescheid sei zwar diesbezüglich rechtswidrig, verletze die Klägerin jedoch nicht in ihren Rechten, da ihr vielmehr zu hohe Leistungen für Mehrbedarfe nach § 30 SGB XII gewährt würden. Die Beteiligten hätten im vorliegenden Verfahren auch ausdrücklich die Klage unter Beachtung der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 26. August 2008 - B 8/9b SO 20/06 R in BSGE 101, 217) auf den Einzelanspruch der Sonderbedarfe nach § 30 SGB XII wirksam begrenzt. Im Ergebnis habe die Klägerin für den hier streitigen Zeitraum 29. April 2005 bis 30. April 2006 keinen Anspruch auf die Gewährung höherer Mehrbedarfe nach § 30 SGB XII. Die Beklagte habe ihr mit dem streitigen Bescheid vom 7. April 2006 Mehrbedarfe im Umfang von insgesamt 72,48 EUR (46,92 EUR für das Merkzeichen G sowie 25,56 EUR Mehrbedarf für kostenaufwendige Ernährung) bewilligt. Zur Überzeugung des SG habe die Klägerin jedoch im genannten Zeitraum lediglich einen Anspruch auf einen Mehrbedarf für kostenaufwendige Ernährung in Höhe von 34,50 EUR monatlich. Ein Anspruch auf Gewährung eines Mehrbedarfs wegen Zuerkennung des Merkzeichens G nach § 30 Abs. 1 SGB XII habe bei der Klägerin nicht bestanden, da der Klägerin mit Bescheid vom 14. Januar 2004 des Versorgungsamtes Stuttgart ab dem 17. Januar 2004 das Merkzeichen G entzogen worden sei. Die Klage hiergegen sei erfolglos gewesen (S 6 SB 7866/04) und die hiergegen erhobene Berufung (L 6 SB 87/07) beim Landessozialgericht Baden-Württemberg sei zurückgenommen worden, sodass der Bescheid vom 14. Januar 2004 bestandskräftig sei. Da der Klägerin also mit Wirkung vom 17. Januar 2004 das Merkzeichen G entzogen worden sei, habe sie im streitgegenständlichen Zeitraum keinen Anspruch mehr auf die Gewährung eines Mehrbedarfs nach § 30 Abs. 1 SGB XII gehabt. Zwar hätten Widerspruch und Anfechtungsklage gegen die Entziehung des Merkzeichens G zunächst aufschiebende Wirkung entfaltet. Für die vorliegend anhängige Leistungsklage auf Bewilligung höherer Leistungen der Grundsicherung im Zeitraum ab 1. Mai 2006 (hier wohl gemeint Leistungen ab 29. April 2005) sei jedoch die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung zugrunde zu legen. Da mit der Berufungsrücknahme am 20. Juni 2007 der Bescheid vom 14. Januar 2004 des Versorgungsamtes rechtskräftig geworden sei, sei auch die aufschiebende Wirkung entfallen. Zudem entfalle die aufschiebende Wirkung ex tunc, sodass mit Bestandskraft des Bescheides vom 14. Januar 2004 das Merkzeichen G als ab dem 17. Januar 2004 entzogen gelte (siehe Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG 9.Aufl. § 86a Rdnr. 11). Darüber hinaus habe die Klägerin zur Überzeugung des SG im hier streitigen Zeitraum Anspruch auf einen monatlichen Mehrbedarf für kostenaufwendige Ernährung gemäß § 30 Abs. 5 SGB XII in Höhe von 34,50 EUR. Das SG verweist in dem Zusammenhang u.a. darauf, dass nach den Empfehlungen des Deutschen Vereins zur Gewährung von Krankenkostzulagen in der Sozialhilfe (3. Aufl. vom 1. Oktober 2008) für konsumierende Erkrankungen sowie Erkrankungen, die mit einer gestörten Nährstoffverwertung oder Nährstoffaufnahme einhergehen, ein Mehrbedarf in Höhe von 10% des Eckregelsatzes gewährt werden könne. Bei der Klägerin bestehe nach der Stellungnahme der Amtsärztin Dr. F. im Verwaltungsverfahren vom 22. März 2006 aufgrund der Pankreasinsuffizienz eine gestörte Verdauung in Form der Malabsorption. Diese werde durch eine regelmäßige Substitution mit Enzymen behandelt. Nach Stellungnahme der behandelnden Ärzte Dr. K. und Dr. K. vom 12. Oktober 2009 müsse bei der Mucoviszidose eine hochkalorische Ernährung durchgeführt werden, um den stark erhöhten Kalorienbedarf bedingt durch die Stoffwechselsteigerung im Rahmen einer erhöhten Atemarbeit und die rezidivierenden Infekte auszugleichen. Teilweise werde der erhöhte Bedarf durch die Zusatznahrung, die die Klägerin erhalte (hochkalorische Sondennahrung, die auf Rezept von der Krankenkasse bezogen werde), gedeckt. Damit seien aber die erforderlichen Mehraufwendungen nicht vollständig abgedeckt. Letztlich erachte das SG insoweit die Gewährung eines Mehrbedarfs wie in den Empfehlungen des Deutschen Vereins unter 4.2 für eine gestörte Nährstoffaufnahme vorgesehen in Höhe von 10% des Eckregelsatzes, also vorliegend 34,50 EUR monatlich, für angemessen. Das SG erachte es insoweit auch als angemessen, bereits zur Verhinderung eines Gewichtsverlustes einen Mehrbedarf für kostenaufwendige Ernährung zu gewähren. Ein höherer Mehrbedarf sei hingegen nicht zu gewähren. Dem Vorschlag der behandelnden Ärzte Dr. K. und Dr. K. hinsichtlich eines Mehrbedarfs von 150,00 EUR pro Monat könne nicht gefolgt werden. Zum einen enthalte diese Schätzung auch die Rezeptgebühren für die Zusatznahrung. Der Mehrbedarf nach § 30 Abs. 5 SGB XII werde jedoch nur für kostenaufwendige Ernährung gewährt. Rezeptgebühren seien bei der Berechnung des Regelsatzes insoweit bereits berücksichtigt und könnten nicht zu einem zusätzlichen Mehrbedarf führen. Weiterhin führten die Ärzte aus, dass sie insoweit in etwa von einer zusätzlichen Mahlzeit ausgingen. Eine solche sei jedoch keinesfalls mit 150,00 EUR zu veranschlagen. Nach der wissenschaftlichen Ausarbeitung der Deutschen Gesellschaft für Ernährung e.V. zu den Lebensmittelkosten im Rahmen einer vollwertigen Ernährung vom April 2008 (www.dge.de) sei eine vollwertige Ernährung für 92,00 EUR bis 119,00 EUR pro Monat und Person erreichbar. Insoweit erachte es das SG als angemessen, den Mehrbedarf in Höhe von 34,50 EUR festzusetzen, was ca. ein Drittel dieser Kosten entspreche. Im Hinblick darauf, dass die Klägerin zweimal täglich Pulmocare im Sinne einer fettreichen vollständigen und hochkalorischen Sondennahrung zu sich nehme, sei davon auszugehen, dass ein höherer Mehrbedarf als 34,50 EUR nicht bestehe. Insoweit folge das SG der überzeugenden Stellungnahme der Amtsärztin Dr. F. vom 22. März 2006. Hinsichtlich des daneben bestehenden Diabetes mellitus sei darauf hinzuweisen, dass nach den Empfehlungen des Deutschen Vereins zur Gewährung von Krankenkostenzulagen in der Sozialhilfe für eine Diabetes-mellitus-Erkrankung ein Mehrbedarf wegen kostenaufwendiger Ernährung in der Regel zu verneinen sei. Da letztlich die Beklagte der Klägerin im hier streitigen Zeitraum einen Mehrbedarf in Höhe von insgesamt 72,48 EUR bewilligt habe und der Klägerin tatsächlich nur ein Mehrbedarf nach § 30 Abs. 5 SGB XII in Höhe von 34,50 EUR zustehe, hingegen ein Mehrbedarf nach § 30 Abs. 1 SGB XII überhaupt nicht bestehe, bestehe im Ergebnis für diesen Zeitraum auch kein höherer Leistungsanspruch der Klägerin. Da der Klägerin kein höherer Leistungsanspruch zustehe, habe schließlich auch dahingestellt bleiben können, ob die Klägerin im vorliegenden Zeitraum überhaupt einen Anspruch auf Gewährung von Leistungen durch den Beklagten gehabt habe oder ob insoweit Erwerbsfähigkeit im Sinne des Sozialgesetzbuch Zweites Buch – Grundsicherung für Arbeitsuchende – (SGB II) vorgelegen habe und der SGB II-Träger zuständig gewesen sei.

Die Klägerin hat gegen das ihrem Bevollmächtigten mit Empfangsbekenntnis am 10. Juni 2010 zugestellte Urteil am 12. Juli 2012 (Montag) Berufung eingelegt. Zur Begründung hat der Klägerbevollmächtigte (entsprechend im Parallelverfahren) für den Folgezeitraum vorgetragen, dass ausweislich der Auskunft von Dr. K. zumindest ein Betrag in Höhe von 150,00 EUR für kostenaufwendige Ernährung als Mehrbedarf hier hätte berücksichtigt und gegebenenfalls ein Gutachten hierzu hätte eingeholt werden müssen.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 24. März 2010 aufzuheben sowie unter Abänderung des Bescheides vom 7. April 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Oktober 2006 einen Mehrbedarf wegen kostenaufwendiger Ernährung in Höhe von mindestens 150,00 EUR monatlich für den Zeitraum vom 29. April 2005 bis 30. April 2006 zu gewähren.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er hält die Entscheidung des SG für zutreffend. Insbesondere schließt sich der Beklagte der Auffassung des SG zur Höhe des anzuerkennenden Mehrbedarfs für kostenaufwendige Ernährung in Höhe von 10% des Regelsatzes an und gewährt deshalb der Klägerin auch seit 1. Januar 2009 einen Mehrbedarf für kostenaufwendige Ernährung in Höhe von 10 v.H. des Eckregelsatzes.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Verwaltungsakten (zwei Bände) sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I.

Der Senat konnte aufgrund der Zustimmung der Beteiligten durch Urteil ohne mündliche Verhandlung gemäß § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) entscheiden.

Die form- und fristgerecht eingelegte (§ 151 Abs. 1 SGG) sowie statthafte (§ 143 SGG) Berufung ist zulässig.

Streitgegenstand (§ 95 SGG) des vorliegenden Rechtsstreites ist die Frage, ob der Klägerin höhere Leistungen der Hilfe zum Lebensunterhalt unter Berücksichtigung eines (weiteren) Mehrbedarfs wegen kostenaufwändiger Ernährung (Mucoviszidose) im Zeitraum vom 29. April 2005 bis 30. April 2006 zustehen, insoweit als kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage zulässig. Die Klägerin hat ihr Begehren in der mündlichen Verhandlung vor dem SG am 24. März 2010 ausdrücklich insoweit in zulässiger Weise (vgl. Bundessozialgericht - BSG - v. 16. Dezember 2010 – B 8 SO 9/09 R = SozR 4-3500 § 30 Nr. 2 RdNr. 12 und v. 26. August 2008 – B 8/9b SO 10/06 R - BSGE 101, 217 = SozR 4-3500 § 133a Nr. 1 RdNr. 12 ff.) auf diese Frage beschränkt. Zu beachten ist aber, dass der Streitgegenstand nicht mehr weiter aufgespalten werden kann; die Frage nach dem Mehrbedarf wegen kostenaufwändiger Ernährung kann nicht losgelöst von den Grundsicherungsleistungen (Regelleistung) als eigenständiger Streitgegenstand abgehandelt werden (vgl. zu § 21 Abs. 5 SGB II: BSG v. 24. Februar 2011 – B 14 AS 49/10 R = SozR 4-4200 § 21 Nr. 10, v. 10. Mai 2011 – B 4 AS 100/10 R = juris RdNr. 15 und v. 22. November 2011 – B 4 AS 138/10 R).

Der Widerspruchsbescheid vom 17. Oktober 2006 ist formell rechtmäßig zustande gekommen. Eine beratende Beteiligung sozial erfahrener Dritter vor Erlass eines Widerspruchsbescheides gegen die Ablehnung der Sozialhilfe oder die Festsetzung ihrer Art und Höhe erfolgt in Baden-Württemberg abweichend von § 116 Abs. 2 SGB XII nicht (§ 9 AGSGB XII).

II.

Die Berufung ist jedoch unbegründet.

Rechtsgrundlage für einen Anspruch auf höhere Leistungen der Hilfe zum Lebensunterhalt ist § 19 Abs. 2 Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) i.V.m. §§ 27 ff. SGB XII (jeweils und im Folgenden alle Normen des SGB XII immer in der bis 31. Dezember 2010 geltenden Fassung).

Hilfe zum Lebensunterhalt ist gemäß § 27 Abs. 1 SGB XII Personen zu leisten, die ihren notwendigen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln bestreiten können.

Hilfe zum Lebensunterhalt umfasst u.a. den für den Leistungsberechtigten maßgebenden Regelsatz nach § 28 SGB XII, die Mehrbedarfe gemäß § 30 SGB XII sowie die einmaligen Bedarfe gemäß § 31 SGB XII. Nach § 28 Abs. 1 Satz 1 SGB XII (in der bis 31. Dezember 2010 gültigen Normfassung) wird der gesamte Bedarf des notwendigen Lebensunterhalts außerhalb von Einrichtungen mit Ausnahme von Leistungen der Unterkunft und Heizung und der Sonderbedarfe der §§ 30 bis 34 SGB XII nach Regelsätzen erbracht. Der Regelbedarf wird abweichend festgelegt, wenn im Einzelfall ein Bedarf ganz oder teilweise anderweitig gedeckt ist oder unabweisbar seiner Höhe nach erheblich von einem durchschnittlichen Bedarf abweicht (§ 28 Abs. 1 Satz 2 SGB XII). Anhaltspunkte für einen abweichenden Bedarf im Sinne dieser Vorschrift liegen nicht vor.

Fraglich könnte schon sein, inwieweit die Klägerin in der hier streitigen Zeit vom 29. April 2005 bis 28. Februar 2006 überhaupt dem Grunde nach anspruchsberechtigt gemäß § 19 Abs. 2 i.V.m. §§ 27 ff. SGB XII war, da die Klägerin in dieser Zeit nur eine befristete Rente wegen voller Erwerbsminderung im Hinblick auf die Arbeitsmarktlage erhielt (also noch von der DRV von einem Restleistungsvermögen ausgegangen worden war und daher der SGB II-Leistungsträger zuständig gewesen sein könnte) und erst mit Bescheid vom 16. Dezember 2005 ab dem 1. März 2006 eine unbefristete Rente wegen voller Erwerbsminderung. Stellt man dies zunächst zurück, ist im Übrigen festzustellen, dass die Klägerin während dieser Zeit ihren Lebensunterhalt nicht aus eigenem Einkommen und Vermögen vollständig decken konnte. Die Beklagte ist in den Bewilligungsbescheiden jeweils zutreffend von dem sich aus § 28 SGB XII ergebenden Regelbedarf ausgegangen. Ein Anspruch auf höhere Leistungen wegen eines Mehrbedarfs an kostenaufwändiger Ernährung wegen der Mucoviszidose besteht über den vom SG festgestellten Umfang hinaus nicht. Voraussetzung für die Gewährung eines Mehrbedarfs wegen kostenaufwändiger Ernährung sind krankheitsbedingte Gründe, die eine Ernährung erfordern, deren Kosten aufwändiger sind als dies für Personen ohne diese Einschränkung der Fall ist (vgl. eingehend BSG v. 10. Mai 2011 – B 4 AS 100/10 R).

Rechtsgrundlage für die Bewilligungen von Mehrbedarfen wegen kostenaufwändiger Ernährung ist § 30 Abs. 1 Nr. 5 SGB XII. Danach wird für Kranke, Genesende, behinderte Menschen oder von einer Krankheit oder von einer Behinderung bedrohte Menschen, die aus medizinischen Gründen einer kostenaufwändigen Ernährung bedürfen, ein Mehrbedarf in angemessener Höhe anerkannt. Zur Beurteilung dieses Anspruchs ist festzustellen, ob eine Krankheit oder Behinderung vorliegt, ob sie eine bestimmte Kostform erfordert und in welchem Umfang gegebenenfalls zusätzliche Kosten anfallen. Liegen mehrere Erkrankungen vor, für die jeweils ein Mehrbedarf für kostenaufwändige Ernährung aus medizinischen Gründen geltend gemacht wird, so ist der Ernährungsaufwand aufgrund des gesamten Krankheitsbildes konkret zu ermitteln (vgl. zum inhaltsgleichen § 21 Abs. 5 SGB II BSG v. 27. Februar 2008 – B 14/7b AS32/06 R – BSGE 100, 83 = SozR 4-4200 § 20 Nr. 6). Wenn sich unterschiedliche Erkrankungen in unterschiedlichen Mehrbedarfen auswirken, ist auch eine Kumulation von Kosten nicht ausgeschlossen (BSG v. 15. April 2008 - B 14/7b AS 58/06 R = SozR 4-4200 § 9 Nr. 5 = juris RdNr. 41). Die aktuellen Empfehlungen des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge vom 1. Oktober 2008 (abgedruckt in NDV 2008, 503 ff) heben die grundsätzliche Verpflichtung der Verwaltung und der Gerichte, die Besonderheiten des jeweiligen Sachverhalts von Amts wegen aufzuklären (§ 20 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch [SGB X] bzw. § 103 SGG), nicht auf und ersetzen auch nicht eine ggf. erforderliche Begutachtung im Einzelfall (BSG v. 10. Mai 2011 – B 4 AS 100/10 R und v. 22. November 2011 – B 4 AS 138/10 R).

Ausgehend von diesen Grundsätzen hat das SG zutreffend einen Mehraufwand i.H.v. 10 v.H. des Eckregelsatzes (hier 34,50 EUR/Monat) für kostenaufwändige Ernährung angenommen, einen jedoch darüber hinausgehenden Anspruch der Klägerin auf ursprünglich 350 EUR/Monat (bzw. im Berufungsverfahren noch 150 EUR/Monat) verneint. Insoweit wird ausdrücklich auf die zutreffenden Ausführungen in den Urteilsgründen Seiten 11-13 Bezug genommen und gemäß § 153 Abs. 2 SGG von einer weiteren Darstellung abgesehen. Nur ergänzend sei noch darauf hingewiesen, dass zum einen der behandelnde Arzt S. im Klageverfahren vor dem SG den mutmaßlichen Mehrbedarf der Klägerin ausdrücklich nicht mehr beziffert hat, da er sich dazu nicht in der Lage sehe. Auch der von Dr. K. genannte Betrag ist nicht nachvollziehbar und schlüssig begründet. In dem Zusammenhang hat die Klägerin auch weder im Klage- noch hier im Berufungsverfahren den von ihr geltend gemachten zusätzlichen Bedarf belegt. Daher bestand auch für den Senat, zumal eine amtsärztliche Stellungnahme von Dr. F. vorliegt, keine Veranlassung für weitere Ermittlungen (insbesondere die Einholung eines ärztlichen Gutachtens). Dies umso weniger vor dem Hintergrund, dass die von der Klägerin täglich verwendete Sondennahrung Pulmocare (2 × 500 ml) ausweislich der Informationen des Herstellers, der Firma Abbott (www.abott.ch) eine Energiedichte von 1,5 kcal/ml aufweist, täglich also die Klägerin schon auf diese Weise ihren laut Dr. K. mit deutlich über 3000 kcal bezifferten Energiebedarf zumindest in Höhe von 1500 kcal decken kann. Weshalb die Klägerin nicht in der Lage sein sollte im Rahmen des Regelsatzes bzw. des berechneten Bedarfes einschließlich des ihr eingeräumten Mehrbedarfes von 34,50 EUR monatlich den restlichen Bedarf von gut 1500 kcal (gegebenenfalls auch bis zu 2000 kcal) täglich (der Grundumsatz eines Menschen beträgt im Mittel zwischen 1400 und 1800 kcal pro Tag – Pschyrembel Klinisches Wörterbuch 262. Auflage S. 796) zu decken, ist nicht erkennbar. Nach den Empfehlungen des Deutschen Vereins zur Gewährung von Krankenkostenzulagen in der Sozialhilfe vom 1. Oktober 2008 kann unter anderem nach II.2.4.2 regelmäßig von einem erhöhten Ernährungsbedarf ausgegangen werden, wenn (1) der BMI unter 18,5 liegt (und das Untergewicht Folge der Erkrankung ist) und/oder (2) ein schneller, krankhaftbedingter Gewichtsverlust (über 5 % des Ausgangsgewichts in den vorausgegangenen drei Monaten; nicht bei willkürlicher Abnahme bei Übergewicht) zu verzeichnen ist. Bei der Klägerin liegt jedoch der BMI I deutlich höher, nämlich bei 23 (so zuletzt entsprechende Auskunft von Dr. K. vom 12. Oktober 2009) und ist auch kein schneller, krankheitsbedingter Gewichtsverlust festzustellen. Vielmehr hat das Gewicht der Klägerin nach Auskunft von Dr. K. seit 2005 zwischen 56 und 61 kg geschwankt, ein Gewichtsverlust war danach im Verlauf der letzten Jahre nicht zu verzeichnen gewesen. Auch vor diesem Hintergrund ist der vom SG anerkannte Mehrbedarf i.H.v. 34, 50 EUR, den im Übrigen der Beklagte in der Zwischenzeit auch anerkannt hat, nicht zu beanstanden, insbesondere ein höherer nicht gerechtfertigt.

Auch aus anderen Gesichtspunkten stehen der Klägerin keine höheren Grundsicherungsleistungen zu. Die Voraussetzungen eines Mehrbedarfs nach § 42 Satz 1 Nr. 3 SGB XII i.V.m. § 30 Abs. 1 Nr. 1 oder 2 SGB XII (in der Fassung des RV-Altersgrenzenanpassungsgesetzes v. 20. April 2007, BGBl. I,. 554) liegen nicht vor, da bei der Klägerin in der streitigen Zeit aufgrund der Aberkennung des Merkzeichens G mit rückwirkend bestandskräftig gewordenen Entziehungsbescheid des Versorgungsamtes vom 14. Januar 2004 aufgrund der Rücknahme der Berufung am 20. Juni 2007 nicht (mehr) bestand. Auch insoweit wird ergänzend auf die zutreffenden Ausführungen des SG in den Entscheidungsgründen Seite 10 gemäß § 153 Abs. 2 SGG Bezug genommen. Ein Mehrbedarf allein wegen der vollen Erwerbsminderung wird nicht gewährt (BSG v. 16. Dezember 2010 – B 8 SO 9/09 R = SozR 4-3500 § 30 Nr. 2).

Ein höherer Regelsatz steht der Klägerin auch nicht auf Grund der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 9. Februar 2010 (BVerfGE 125, 175 ff) zu. In diesem Urteil hat das BVerfG zur Verfassungsmäßigkeit der Gewährleistung des verfassungsrechtlich gebotenen Existenzminimums durch Festbeträge in Form von Regelsätzen zu § 20 Abs. 2 SGB II a.F., die hinsichtlich ihrer Höhe den Regelleistungen nach § 28 SGB XII a.F. entsprechen, entschieden, dass sich der Gesetzgeber zur Bestimmung der Regelleistungen auf ein Verfahren gestützt habe, das im Grundsatz geeignet sei, die notwendigen Leistungen realitätsgerecht zu bemessen. Anders als im SGB II ist die Höhe der Regelsätze zwar in Verordnungen (§ 28 Abs. 2 SGB XII i.V.m. der Regelsatzverordnung) geregelt und mit Rücksicht auf die Normhierarchie theoretisch auch vom Gericht korrigierbar, soweit die (landesrechtlichen) Regelsätze nicht ermächtigungskonform sind. Eine solche Korrektur kann hier gleichwohl nicht vorgenommen werden, weil das BVerfG die auf die Regelsatzbemessung des SGB XII rekurrierende formell gesetzliche Regelung im Rahmen des SGB II bis Ende 2010 akzeptiert und ausdrücklich für die Bemessung der Regelbedarfe den Erlass eines Gesetzes gefordert hat, weshalb eine Bestimmung anderer Regelsätze durch die Gerichte ausgeschlossen ist (vgl. im Einzelnen BSG v. 16. Dezember 2010 – B 8 SO 7/09 RBSGE 107, 169 = SozR 4-3500 § 28 Nr. 6 RdNr 26 f.).

Im angefochtenen Bewilligungsbescheid hat der Beklagte außerdem das Einkommen der Klägerin aus ihrer Erwerbsminderungsrente zutreffend bei der monatlichen Bedarfs- und Leistungsfeststellung berücksichtigt. Auch insoweit ergibt sich kein Anspruch auf höhere Leistungen.

Da im Ergebnis der Klägerin also für die hier streitige Zeit 29. April 2005 bis 30. April 2006 nur ein Anspruch auf Mehrbedarf gemäß § 30 Abs. 5 SGB XII wegen kostenaufwändiger Ernährung in Höhe von 34,50 EUR zusteht und der Klägerin tatsächlich jedoch Mehrbedarf in Höhe von insgesamt 72,48 EUR gewährt wurde, hat das SG zutreffend die Klage abgewiesen und war von daher auch die Berufung zurückzuweisen.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 SGG) liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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