B 6 KA 5/01 R

Land
Bundesrepublik Deutschland
Sozialgericht
Bundessozialgericht
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
6
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
-
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
-
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 6 KA 5/01 R
Datum
Kategorie
Urteil
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 18. Oktober 2000 wird zurückgewiesen. Der Kläger hat die außergerichtlichen Kosten der Beklagten auch für das Revisionsverfahren zu erstatten.

Gründe:

I

Die Beteiligten streiten um die Anwendung der Honorarbegrenzungsregelung eines Honorarverteilungsmaßstabs (HVM) auf belegärztlich erbrachte Leistungen.

Der Kläger ist in B. (W. kreis) als Gynäkologe zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen und zugleich Leiter der gynäkologisch-geburtshilflichen Belegabteilung des örtlichen M. -Hospitals; nach seinen Angaben im Revisionsverfahren beschäftigt er im Rahmen dieser belegärztlichen Tätigkeit eine Fachärztin. Im August 1994 beantragte er bei der beklagten Kassenärztlichen Vereinigung (KÄV), ihn vom 1. Januar 1994 an von der in ihrem HVM enthaltenen Honorarbegrenzungsregelung nach Leitzahl (LZ) 503 auszunehmen. Er sei im Kreisgebiet, in dem es acht niedergelassene Frauenärzte gebe, der einzige auf dem Gebiet der Gynäkologie und Geburtshilfe stationär behandelnde Arzt; weitere Krankenhäuser mit entsprechendem Behandlungsangebot befänden sich in 25 km bzw 40 km entfernten Orten. Etwa die Hälfte seiner belegärztlichen Tätigkeit beruhe auf Einweisungen seiner Fachkollegen. Die Ausnahme von der Honorarbegrenzung sei erforderlich, um alle eingewiesenen Patientinnen behandeln zu können. In den Quartalen II/1993 bis IV/1993 hatten sich die Honorarkürzungen infolge der HVM-Regelungen auf insgesamt 51.306,40 DM belaufen; sie betrugen in der Folgezeit (unquotiert) in den Quartalen IV/1994 6.416,03 DM, I/1995 12.156,31 DM, II/1995 10.903,94 DM sowie III/1995 11.486,98 DM (insoweit bei einem Gesamthonorar von 284.274,02 DM für 1.996 Fälle (davon stationär 119.662,65 DM)).

Die Beklagte lehnte den Antrag des Klägers ab und wies den gegen die Ablehnung erhobenen Widerspruch zurück. Obwohl sämtliche nur auf Überweisung hin tätigen Vertragsärzte (zB Radiologen, Laborärzte) sich in gleicher Weise wie er der Behandlung nicht entziehen könnten, unterlägen auch sie der Honorarbegrenzung. Nach dem HVM sei eine Ausnahme davon nur möglich, wenn die entsprechenden Leistungen im Einzugsbereich der Praxis von keinem weiteren Arzt erbracht würden. Im Falle des Klägers stünden jedoch auch andere Krankenhäuser für die Behandlungen zur Verfügung. Bei der Beurteilung zumutbarer Entfernungen zur nächstgelegenen Behandlungsmöglichkeit seien beim stationären Versorgungsangebot wegen des zu beachtenden Krankenhausplanungsrechts strengere Maßstäbe anzulegen. Bei den vorliegenden Entfernungen habe sie (die Beklagte) im übrigen selbst im ambulanten Bereich keine Ausnahmen von der Honorarbegrenzung anerkannt. Der Kläger sei auch nicht gezwungen, eine erhebliche Unterversorgung im Planungsbereich bis zur Niederlassung eines weiteren Arztes seiner Fachgruppe zu überbrücken. Die Analyse seiner Honorarabrechnung für das Quartal III/1995 habe ergeben, daß nicht seine belegärztliche, sondern seine durch weit überdurchschnittliche Fallzahlen geprägte ambulante Tätigkeit für die Honorarbegrenzung ursächlich sei (Bescheid vom 13. März 1996; Widerspruchsbescheid vom 12. Februar 1997, ersetzt durch Bescheid vom 7. April 1998).

Im anschließenden Klageverfahren ist der Kläger erfolgreich gewesen. Das Sozialgericht hat die Beklagte unter Aufhebung ihrer Bescheide verpflichtet, dem Antrag auf Aussetzung der Honorarbegrenzung nach LZ 503 HVM für den Bereich der belegärztlichen Leistungen stattzugeben. Denn der Kläger stelle durch seine belegärztliche Tätigkeit die gynäkologisch-geburtshilfliche Versorgung im streitigen örtlichen Bereich sicher; eine entsprechende Versorgung aus einer Entfernung von 25 bzw 40 km sei unmöglich.

Auf die Berufung der Beklagten hat das Landessozialgericht (LSG) das erstinstanzliche Urteil aufgehoben und die Klage abgewiesen, da die Voraussetzungen für die Aussetzung der Honorarbegrenzung nicht vorlägen. § 85 Abs 4 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) gebiete es nicht, die Vergütung der ambulanten und belegärztlichen Tätigkeit desselben Arztes nach getrennten Punktwerten zu ermitteln und von der Honorarbegrenzung für die - aus derselben Gesamtvergütung zu honorierende - belegärztliche Tätigkeit abzusehen. Daran ändere der Vortrag zu den örtlichen Verhältnissen nichts; denn Anzahl, räumliche Verteilung und Entfernung von Krankenhäusern in der streitigen Region seien das Resultat der Landeskrankenhausplanung. Die in ländlich strukturierten Gegenden lebenden Versicherten müßten seit jeher etwas weitere Entfernungen in Kauf nehmen, um spezielle Abteilungen aufzusuchen. Die gynäkologische Versorgung sei im streitbefangenen Planungsbereich ausreichend. LZ 503 Buchst f HVM greife nicht ein, weil im W. kreis keine erhebliche Unterversorgung vorliege und im engeren räumlichen Bereich in ausreichender Anzahl niedergelassene Frauenärzte vorhanden seien. Da es im stationären Bereich zwei gleichartige Einrichtungen in vertretbarer Entfernung (unter 25 km und ca 33 km) gebe, weise der Kläger auch insoweit nicht als einziger Arzt ein spezifisches Leistungsangebot auf. Der HVM wolle entsprechend den gesetzlichen Vorgaben die übermäßige Ausdehnung der Tätigkeit eines Vertragsarztes verhüten, was auch bei der belegärztlichen Tätigkeit geboten sein könne. Die Honorarabrechnungen der Quartale IV/1994 bis III/1995 belegten, daß der Kläger eine Praxis mit sehr umfangreicher ambulanter Behandlungstätigkeit ausübe. Der hieraus erwachsende Honoraranspruch habe Kürzungen erfordert, weil die zusätzliche belegärztliche Tätigkeit dazu geführt habe, daß die Grenzen des gesetzlich vorgegebenen Honorarrahmens zum Teil erheblich überschritten worden seien.

Mit seiner Revision rügt der Kläger die Verletzung des § 85 Abs 4 SGB V iVm LZ 503 HVM der Beklagten. Seine belegärztlichen Leistungen rechtfertigten eine Ausnahme iS von LZ 503 HVM; denn von der Honorarbegrenzung sei ganz oder teilweise abzusehen, wenn - wie hier - die Tätigkeit des betroffenen Arztes zur Sicherstellung der ärztlichen Versorgung notwendig sei. Das LSG habe verkannt, daß er nur durch diese Leistungen den gesetzlichen Sicherstellungsauftrag bei den gynäkologisch-geburtshilflichen Leistungen im örtlichen Bereich erfüllen könne, und dadurch den Grundsatz der Honorarverteilungsgerechtigkeit verletzt. Die Gesamtvergütung habe neben der ambulanten Behandlung die belegärztliche Behandlung nicht in gleicher Weise abzugelten. Diese Leistungen würden entsprechend der Vergütung für stationäre Leistungen honoriert, gingen in eine separate Abrechnung ein und ließen sich hinsichtlich ihres Umfangs eindeutig erfassen. Daß die Krankenkassen die Gesamtvergütung lediglich in einem Betrag zahlten, stehe der Aufteilung der vertragsärztlichen Honorarabrechnung in einen ambulanten sowie einen belegärztlich-stationären Teil nicht entgegen. § 85 Abs 4 Satz 3 SGB V sehe gerade vor, daß bei der Honorarverteilung "Art und Umfang der Leistungen des Vertragsarztes" zugrunde zu legen seien. Die Beklagte habe in seinem (des Klägers) Fall bei der begehrten Ausnahme von der Honorarbegrenzung bereits eine falsche Berechnungsgrundlage angewandt, weil sie nur niedergelassene Frauenärzte, die zugleich Belegärzte seien, mit ihm hätte vergleichen dürfen. In der Praxis eines solchen Belegarztes herrschten spezifische Bedingungen; so seien Geburten und Geburtsstörungen in der Regel nicht planbar, weshalb ggf trotz laufender Sprechstunde die Praxis verlassen werden müsse. Allein durch die belegärztliche Tätigkeit fielen zusätzliche, in die Honorarabrechnung einfließende Leistungen an. Das LSG verkenne im übrigen, daß die belegärztliche Tätigkeit aus Sicherstellungsgründen nicht begrenzt werden dürfe. Stationäre Behandlungsmöglichkeiten in ca 40 - 50 km Entfernung, zudem in einem anderen Planungsbereich (Belegabteilung des Krankenhauses S. im V. kreis), seien für Versicherte unzumutbar. Auch die Gleichstellung von Einweisungen und Überweisungen sei fehlerhaft, da es sich dabei um völlig verschiedene Sachverhalte handele.

Da die Abgeordnetenversammlung der Beklagten die Honorarbegrenzung nach LZ 503 HVM vom Quartal III/1997 an ausgesetzt hat, haben die Beteiligten einvernehmlich klargestellt, daß der Rechtsstreit sich auf die Quartale I/1994 bis II/1997 beschränkt.

Der Kläger beantragt,
das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 18. Oktober 2000 aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt vom 10. November 1999 zurückzuweisen.

Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene LSG-Urteil sowie ihre Bescheide für zutreffend. Das ihr im Zusammenhang mit der Befreiungsvorschrift des HVM eingeräumte Ermessen habe sie fehlerfrei ausgeübt. Der Kläger habe keine Gesichtspunkte vorgetragen, die eine Ausnahmeentscheidung geböten. Sein Hinweis auf die Besonderheiten belegärztlicher Behandlungen gehe fehl, da auch die in diesem Rahmen erbrachten Leistungen durch die Gesamtvergütung abgegolten würden. Ein Anspruch auf separate Abrechnung des ambulanten und des stationären Teils der erbrachten Leistungen bestehe nicht. Die Leistungsmenge müsse gerade im Hinblick auf die Honorarbegrenzung zur Vermeidung übermäßiger Ausdehnung in ihrer Gesamtheit betrachtet werden, damit festgestellt werden könne, ob sich ein Vertragsarzt noch im Rahmen zulässiger persönlicher Leistungserbringung bewege. Sämtliche in Hessen niedergelassenen Ärzte würden bei der Anwendung der Honorarbegrenzungsregelung des HVM gleich behandelt; die Gegenüberstellung mit einer engeren Vergleichsgruppe könne nicht beansprucht werden.

II

Die zulässige Revision des Klägers ist unbegründet. Das LSG hat zutreffend erkannt, daß die Entscheidung der beklagten KÄV, ihm keine Befreiung von der Honorarbegrenzung nach LZ 503 (§ 5 Buchst f) ihres HVM zu gewähren, nicht zu beanstanden ist. Ein solcher Anspruch läßt sich aus dem HVM und/oder höherrangigem Recht nicht herleiten.

Die vom Kläger erhobene Anfechtungs- und Verpflichtungsklage (§ 54 Abs 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG)) ist zulässig. Die Beklagte hat über die von ihm begehrte teilweise Befreiung von der Honorarbegrenzungsregelung in den Quartalen I/1994 bis II/1997 rechtsförmig durch Verwaltungsakt (§ 31 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch) entschieden. Damit hat die Beklagte unbeschadet der Möglichkeit für die betroffenen Vertragsärzte, jeweils die auf der Grundlage des HVM ergehenden Honorarbescheide anzufechten, gegenüber dem Kläger in zulässiger Weise über die quartalsübergreifend bedeutsame Frage, ob die Honorarbegrenzungsregelung anwendbar ist, eine verbindliche Entscheidung in einem selbständigen Verwaltungsverfahren im Vorfeld der eigentlichen Honorarabrechnungen getroffen. In einem solchen Fall behält der ergangene Bescheid (in Gestalt des Widerspruchsbescheides) ohne Rücksicht auf die nachfolgenden Honorarbescheide seine Wirksamkeit; ebenso werden die Honorarbescheide nicht ersetzend Verfahrensgegenstand nach § 96 Abs 1 SGG (so zum Ganzen zB BSG SozR 3-2500 § 85 Nr 27 S 192 f; BSGE 83, 52, 53 f = SozR 3-2500 § 85 Nr 28 S 202; vgl auch BSGE 87, 112, 113 = SozR 3-2500 § 87 Nr 26 S 132 f). Der angefochtene Verwaltungsakt hat sich auch nicht dadurch erledigt, daß der von ihm erfaßte Zeitraum inzwischen verstrichen ist; denn im Falle eines Erfolgs des Klägers im Revisionsverfahren wäre die Beklagte gehalten, die den maßgeblichen Zeitraum betreffenden Honorarbescheide entsprechend zu ändern.

Rechtsgrundlage für die Honorarkürzungen, von denen der Kläger eine Freistellung erstrebt, sind Bestimmungen des auf § 85 Abs 4 SGB V beruhenden HVM der Beklagten. § 5 Buchst a ihres HVM (= LZ 503) sah in der für die streitigen Quartalen ab I/1994 maßgeblichen Fassung vom 27. November 1993 vor, daß die Honoraranforderungen der Vertragsärzte "gemäß § 85 Abs 4 Sätze 3 bis 6 SGB V" (in der seinerzeit geltenden Fassung des Gesundheitsstrukturgesetzes (GSG) vom 21. Dezember 1992 (BGBl I 2266)) einer Begrenzung nach Maßgabe näherer Regelungen des HVM unterworfen wurden; nach Buchst h aaO wurden Begrenzungsbeträge aus der Anwendung der LZ 503 zur Absicherung des vertraglich vereinbarten Punktwertes und zur Finanzierung zusätzlicher Maßnahmen verwendet bzw besonderen Fonds zugeführt.

Der Senat hat mit Urteil vom 3. März 1999 - B 6 KA 15/98 R - (SozR 3-2500 § 85 Nr 31 S 231, 236 ff) entschieden, daß die im hier betroffenen HVM vorgenommene Absenkung des Punktwertes bei Überschreiten eines bestimmten Fallwertes keinen rechtlichen Bedenken unterliegt, daß der Vorstand der Beklagten berechtigt war, das Ausmaß der Absenkungen jeweils nach Quartalsschluß festzulegen und daß der Vorstand auch von der Vertreterversammlung ermächtigt werden durfte, Ausnahmen für atypische Fälle vorzusehen (zu letzterem vgl bereits BSGE 81, 213, 217, 222 = SozR 3-2500 § 85 Nr 23 S 152 und 157; BSG SozR 3-2500 § 85 Nr 27 S 197). Die zur Anwendung gekommenen Honorarbegrenzungsregelung verletzt - anders als der Kläger geltend macht - nicht den Grundsatz der Honorarverteilungsgerechtigkeit (Art 12 iVm Art 3 Abs 1 Grundgesetz). Dies hat der Senat in seinem Urteil vom 3. März 1999 bereits ausführlich dargelegt (SozR aaO S 236 ff). Sie bewirkt nämlich, daß das Honorar, welches in bestimmten Bereichen des Leistungsspektrums aufgrund auffällig hoher bzw übermäßiger ärztlicher Aktivitäten hinausgehend über einen Basisfallwert erzielt wurde, vor allem zur Stützung des allgemeinen Punktwertes abgeschöpft wird; die hiermit verbundene Einflußnahme auf das Leistungsverhalten der Vertragsärzte ist rechtmäßig.

Nach dem vom Kläger herangezogenen § 5 Buchst f HVM galt darüber hinaus hinsichtlich einer Befreiung von dieser Honorarbegrenzung folgendes:

"Von einer Begrenzung der Honoraranforderungen kann in Ausnahmefällen ganz oder teilweise abgesehen werden, wenn die Tätigkeit des von einer Begrenzung betroffenen Arztes zur Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung notwendig ist. Diese Voraussetzungen sind insbesondere dann gegeben, wenn

(1) der betroffene Arzt unter Berücksichtigung der Leistungsfähigkeit seiner Nachbarkollegen vorübergehend gezwungen ist, eine erhebliche Unterversorgung im Planungsbereich bis zur Niederlassung eines weiteren Arztes seiner Fachgruppe zu überbrücken;

(2) die vom betroffenen Arzt erbrachten Leistungen auch in einem räumlich ausgedehnten Einzugsbereich um den Praxissitz von keinem anderen Kollegen angeboten werden."

Nach § 5 Buchst g HVM fanden die vorgenannten Vorschriften keine Anwendung, wenn infolge anderer Ursachen (zB durch Rationalisierungsmöglichkeiten, Verzögerungen gebührenmäßiger Anpassungen oder bei Leistungen mit hohen Fixkostenanteilen) Umsätze erreicht wurden, die der Notwendigkeit der Kostendämpfung zuwiderliefen oder zu unangemessenen Abweichungen in der Umsatz- und Einkommensstruktur gegenüber der Gesamtheit der Kassenärzte führten.

Der Kläger erfüllt - wie außer Streit ist - keinen der beiden beispielhaft in § 5 Buchst f Satz 2 HVM ("insbesondere") aufgeführten Tatbestände. Vielmehr kommt allein die Heranziehung der in Satz 1 aaO enthaltenen allgemeinen Regelung in Betracht, daß seine (belegärztliche) Tätigkeit zur Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung notwendig war. Aber auch auf der Grundlage dieser Vorschrift kann er keine Befreiung von der Honorarbegrenzungsregelung des HVM beanspruchen.

Es bedarf dabei keiner Entscheidung, ob § 5 Buchst f HVM nur ein Recht auf Bescheidung durch die Beklagte eröffnet (wegen des als Ermessensentscheidung formulierten Wortlauts "kann") oder ob dadurch ein Anspruch auf Befreiung begründet wird. Das Begehren des Klägers muß nämlich selbst dann erfolglos bleiben, wenn man zu seinen Gunsten annimmt, § 5 Buchst f HVM sei eine den betroffenen Arzt begünstigende Anspruchsnorm.

Die Bestimmung des § 5 Buchst f HVM gebietet im Lichte der höherrangigen bundesrechtlichen Regelungen keine Handhabung, die auf eine Begünstigung der belegärztlichen Tätigkeit hinausliefe, indem man sie bei der Honorarverteilung isoliert und getrennt von der ambulant-ärztlichen Tätigkeit betroffener Vertragsärzte betrachtet. Die auf diesem Verständnis beruhende Sichtweise des Klägers entspricht nicht den bundesrechtlichen Vorgaben für die belegärztliche Tätigkeit. Belegärzte sind nach der Legaldefinition des § 121 Abs 2 SGB V insbesondere niedergelassene Ärzte, die berechtigt sind, ihre Patienten (Belegpatienten) in einem Krankenhaus unter Inanspruchnahme der hierfür bereitgestellten Dienste, Einrichtungen und Mittel stationär oder teilstationär zu behandeln, ohne hierfür vom Krankenhaus eine Vergütung zu erhalten. Gleiches ist krankenhausrechtlich in § 2 Abs 3 Satz 1 Bundespflegesatzverordnung ((BPflV) vom 21. August 1985 (BGBl I, 1666)) bzw - für die Zeit ab 1. Januar 1995 - in § 23 Abs 1 Satz 1 BPflV (idF vom 26. September 1994 (BGBl I, 2750)) sowie in den Bundesmantelverträgen (§ 39 Abs 1 Bundesmantelvertrag-Ärzte (BMV-Ä), § 31 Abs 1 Bundesmantelvertrag-Ärzte/ Ersatzkassen (EKV-Ä)) bestimmt. § 2 Abs 2 Nr 1 BMV-Ä (vom 28. September 1990 (DÄ 1990, C-1915) sowie vom 19. Dezember 1994 (DÄ 1995, C-395)) und § 2 Abs 2 Nr 1 EKV-Ä (vom 7. Juni 1994 (DÄ 1994, C-1267)) bestimmen ausdrücklich, daß die belegärztlich erbrachten Leistungen von Vertragsärzten zur vertragsärztlichen Versorgung gehören. Wie der Senat zuletzt in seinen Urteilen vom 31. Januar 2001 (B 6 KA 23/99 R - SozR 3-2500 § 121 Nr 3) und vom 14. März 2001 (B 6 KA 34/00 R - BSGE 88, 6, 16 = SozR 3-2500 § 103 Nr 6 S 48 f) erläutert hat, kommt der belegärztlichen Tätigkeit regelmäßig kein eigenständiges Gewicht zu, weil sie nur eine Fortsetzung der eigentlichen ambulanten ärztlichen Tätigkeit darstellt; die stationäre Tätigkeit des Vertragsarztes darf nicht das Schwergewicht seiner Gesamttätigkeit bilden (§ 39 Abs 2 Satz 1 BMV-Ä, § 31 Abs 2 Satz 1 EKV-Ä). Er muß in erforderlichem Maß der ambulanten Versorgung zur Verfügung stehen (Abs 2 Satz 2 aaO; s zum Ganzen BSGE 26, 164, 165 ff = SozR Nr 10 zu § 368f RVO; BSGE 79, 239, 248 = SozR 3-2500 § 87 Nr 14 S 56).

Aus diesen Festlegungen folgt zum einen, daß auch für die belegärztliche Tätigkeit eines Vertragsarztes grundsätzlich die sich für ihn aus dem Vertragsarztrecht ergebenden Rechte und Pflichten gleichermaßen gelten (vgl BSGE 30, 83, 87 f = SozR Nr 33 zu § 368a RVO - Einhaltung der Fachgebietsgrenzen; BSGE 79, 239, 248 = SozR 3-2500 § 87 Nr 14 S 56 - Beschränkung auf die im EBM-Ä aufgeführten Leistungen; BSG, Beschluss vom 3. Februar 2000 - B 6 KA 53/99 B, - Verfügbarkeit für Behandlungsmaßnahmen; Wohnsitznahme im Nahbereich; persönliche Leistungserbringung; BSG, Urteil vom 14. März 2001 - B 6 KA 34/00 R = BSGE 88, 6, 12 = SozR 3-2500 § 103 Nr 6 S 43 f - persönliche und fachliche Eignung für die Ausübung der Tätigkeit; BSG, Urteil vom 27. Juni 2001 - B 6 KA 43/00 R, S 11 f, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen, - Wirtschaftlichkeitsprüfung unter Einbeziehung belegärztlich erbrachter Leistungen). Auch das durch die belegärztliche Tätigkeit erzielte Honorar ist daher nach den Grundsätzen des § 85 Abs 4 SGB V zu verteilen, wobei die Bestimmungen des auf dieser Vorschrift beruhenden HVM der Beklagten uneingeschränkt zur Anwendung kommen. Unbeschadet des Umstandes, daß für die Honorierung der belegärztlichen Tätigkeit besondere technische Abrechnungsvorschriften gelten, wird sie im Grundsatz gleichermaßen unter Anwendung der Regelungen des EBM-Ä ermittelt und kann im Rahmen der Verteilung der Gesamtvergütung - aus der sie ebenfalls gezahlt wird (vgl § 121 Abs 3 Satz 1 SGB V) - mangels vorhandener Sonderregelungen keinen besonderen Schutz für sich in Anspruch nehmen. Daraus, daß nach § 121 Abs 3 Satz 2 und 3 SGB V sowie § 41 Abs 1 BMV-Ä und § 33 EKV-Ä zum Teil Besonderheiten des Belegarztwesens zu beachten bzw zu berücksichtigen sind (insbesondere wegen der Inanspruchnahme nicht gesondert vergütungsfähiger technischer Einrichtungen und Hilfspersonals des Krankenhauses), ergeben sich keine entscheidenden Änderungen für die Honorarverteilung an den betroffenen Arzt.

Zum anderen ergibt sich aus § 39 Abs 2 Satz 1 BMV-Ä bzw § 31 Abs 2 Satz 1 EKV-Ä, wonach die stationäre Tätigkeit des Vertragsarztes nicht das Schwergewicht seiner Gesamttätigkeit bilden darf, daß es den KÄVen hier in besonderem Maße obliegt, auf den Umfang der Tätigkeit von Belegärzten Bedacht zu nehmen und ggf steuernd einzugreifen, wenn eine Verlagerung von der ambulanten vertragsärztlichen Tätigkeit in den stationären Bereich zu besorgen ist. Ob derartige übermäßige Aktivitäten im Belegarztbereich vorliegen, läßt sich regelmäßig nicht (nur) isoliert anhand von Einweisungszahlen oä feststellen, sondern erfordert die Herstellung einer Relation zur ambulant-ärztlichen Tätigkeit bzw die Würdigung der Gesamttätigkeit des Vertragsarztes. Eine streng isolierte Betrachtung beider Einzelbereiche würde demgegenüber eine künstliche Aufspaltung des durch die belegärztliche Tätigkeit nicht berührten einheitlichen Vertragsarztstatus bewirken. Die Notwendigkeit, in diesem Sinne den Umfang der belegärztlichen Tätigkeit zu begrenzen, haben die Partner der Bundesmantelverträge im übrigen seit jeher verfolgt. So war in § 3 Nr 1 des sog Belegarzt-Vertrages (vom 16. August 1978 (DOK 1979, 55)), der bis zum 30. September 1990 als Anl 1 zum BMV-Ä galt, bestimmt, daß der Belegarzt insgesamt nicht mehr als 20, in besonderen Fällen bis zu 25 Betten versorgen durfte (ebenso Nr 3 der zwischen Deutscher Krankenhausgesellschaft und Kassenärztlicher Bundesvereinigung vereinbarten "Gemeinsamen Grundsätze für die Gestaltung von Verträgen zwischen Krankenhausträgern und Belegärzten" vom 6./18. März 1981 (DÄ 1981, C-750 f)). Überstieg die tatsächlich vorhandene Bettenzahl das Maß des Zulässigen, war die KÄV - wenn eine entsprechende Regelung im HVM existierte - berechtigt, das Honorar des Kassen-/Vertragsarztes unter dem Blickwinkel der Vermeidung übermäßiger Ausdehnung der Gesamttätigkeit zu kürzen (so BSG Breithaupt 1968, 464 = USK 6739 (zu § 368f RVO)). In der Gegenwart verfügen die belegärztlich tätigen Ärzte daher weit überwiegend nur über maximal 10 Betten (vgl die Darstellung im Urteil des Senats vom 14. März 2001 - B 6 KA 34/00 R = BSGE 88, 6, 16, mwN = SozR 3-2500 § 103 Nr 6 S 48). Würde hingegen die aus belegärztlicher Tätigkeit erzielte Vergütung dadurch privilegiert, daß sie aus der Anwendung von Honorarbegrenzungsregelungen ausgenommen würde, liefe das der Zielsetzung der § 39 Abs 2 BMV-Ä, § 31 Abs 2 EKV-Ä zuwider, einer Verlagerung der ärztlichen Tätigkeit aus dem ambulanten in den stationären Bereich entgegenzuwirken. Auf dieser Linie liegt es, daß auch bei Honorarbegrenzungsregelungen zur Vermeidung einer übermäßigen Ausdehnung der vertragsärztlichen Tätigkeit iS des § 85 Abs 4 Satz 4 SGB V idF des GSG die ambulante und die belegärztlich-stationäre Tätigkeit des Vertragsarztes in ihrer Gesamtheit zu sehen sind.

Die vom Kläger angestrebte Begünstigung der aus belegärztlicher Tätigkeit erzielten Vergütung bei der Anwendung der Honorarbegrenzungsregelungen findet auch in § 5 Buchst f HVM keine Stütze. Der Regelung kommt der Charakter einer in die Entscheidungsbefugnis des Vorstandes der Beklagten fallenden Ausnahme- und Härteregelung zu; ihre Struktur ist insoweit vergleichbar derjenigen der Befreiung von den ab 1. Juli 1996 geltenden Teilbudgets des Einheitlichen Bewertungsmaßstabs für vertragsärztliche Leistungen (EBM-Ä, vgl dazu BSGE 87, 112, 116 = SozR 3-2500 § 87 Nr 26 S 136). Die Honorarbegrenzungsregelung des § 5 Buchst a HVM verfolgt - anders als das LSG angenommen hat - ähnlich wie andere Regelungen des HVM der Beklagten, über die der Senat bereits entschieden hat (BSG SozR 3-2500 § 85 Nr 31 S 240), das Ziel, dem begrenzten Umfang der Gesamtvergütung durch Abstufungen und Quotierungen bei der Honorarverteilung Rechnung zu tragen. § 5 Buchst f HVM legt als Ausnahme davon fest, daß Vertragsärzte, die nicht oder nur eingeschränkt in der Lage sind, ihren Patientenzulauf zu steuern (weil bei der Abweisung von Versicherten die Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung gefährdet wäre), von der Begrenzung ihrer Honoraranforderungen ganz oder teilweise befreit werden können. Buchst g aaO unterstreicht diesen Härteaspekt, indem er hohe Umsätze, die zB infolge realisierbarer Rationalisierungsmöglichkeiten zu ungerechtfertigten Verschiebungen der Umsatz- und Einkommensstruktur innerhalb der Vertragsärzteschaft führen, von der Begünstigung des Buchst f aaO wieder ausschließt. Vor diesem Hintergrund kann es keinem Zweifel unterliegen, daß bei der Anwendung der Befreiungsregelung des § 5 Buchst f HVM die gesamte vertragsärztliche Tätigkeit des Klägers gewürdigt werden mußte und dabei nicht nur isoliert deren stationär-belegärztlicher Teil berücksichtigt werden durfte.

Die Revision könnte im Falle des Klägers aber selbst bei einer isolierten Betrachtung seiner belegärztlichen Tätigkeit keinen Erfolg haben. Das gilt selbst für den Fall, daß außer Betracht bleibt, daß nach der von der Beklagten für das Quartal III/1995 getroffenen Einschätzung, der sich das LSG für die Quartale IV/1994 bis II/1995 angeschlossen hat, nicht die von ihm allein hervorgehobene belegärztliche Tätigkeit zum Eingreifen der Honorarbegrenzungsregelung des HVM geführt hat, sondern seine sich durch weit überdurchschnittliche Fallzahlen auszeichnende ambulante Tätigkeit. Das LSG ist nämlich in beanstandungsfreier Weise davon ausgegangen, daß seine belegärztliche Tätigkeit nicht zur Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung erforderlich war. Entscheidend dafür ist, daß der Kläger mit seinem belegärztlichen Leistungsangebot auf dem Gebiet der Frauenheilkunde und Geburtshilfe nicht mit entsprechenden belegärztlichen Tätigkeiten anderer niedergelassener Ärzte konkurrierte, sondern lediglich eine Alternative zu den stationären Versorgungsmöglichkeiten anderer Krankenhäuser bot. Für die Funktionsfähigkeit des stationären Krankenhaussektors tragen die primär nur zur Sicherstellung der ambulanten Versorgung der Versicherten verpflichteten KÄVen ohnehin keine Verantwortung (vgl § 75 Abs 1 und Abs 3 bis 5 iVm § 73 Abs 2 SGB V). Vielmehr trifft dazu die landesrechtliche Krankenhausplanung die notwendigen verbindlichen versorgungspolitischen Vorgaben (vgl § 6 iVm § 1 Krankenhausfinanzierungsgesetz). Aus einem Sachverhalt aber, bei dem die Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung ohnehin nur bedingt und nachrangig berührt ist, läßt sich für einen Vertragsarzt kein Anspruch auf die Anwendung einer weitreichenden, in Regelungen des Vertragsarztrechts verankerten Begünstigung herleiten, die sich zudem zu Lasten anderer Vertragsärzte auswirken würde.

Schließlich ergibt sich zu Gunsten des Klägers nichts daraus, daß Versicherte bei einer notwendig werdenden stationären Versorgung größere Strecken zurücklegen mußten, wenn sie sich nicht in seine belegärztliche Behandlung begaben. Daß bei den betroffenen Patientinnen stets unabweisbare Notfallbehandlungen durchzuführen waren, hat der Kläger selbst nicht geltend gemacht. Das LSG hat - insoweit mit Revisionsrügen nicht angegriffen und daher für den Senat bindend (§ 163 SGG) - festgestellt, daß die Entfernung zu den nächsten beiden Krankenhäusern mit gynäkologisch-geburtshilflichen Abteilungen gemessen vom Niederlassungsort des Klägers aus einmal unter 25 km und einmal ca 33 km beträgt. Zu Recht hat das Berufungsgericht angenommen, daß es sich bei diesen Entfernungen für normale stationäre Behandlungsfälle noch um vertretbar festgelegte räumliche Versorgungsbereiche handelt; die krankenhausplanerische Erwägung, den in ländlich strukturierten Gebieten lebenden Versicherten abzuverlangen, etwas größere Entfernungen für die Inanspruchnahme stationärer Behandlung zurückzulegen, bedarf keiner Kompensation durch eine besondere Begünstigung der belegärztlichen Vergütung im Vertragsarztrecht. Daß Patientinnen dabei auf eine Behandlungsmöglichkeit in einem anderen Planungsbereich verwiesen werden, ist für die stationäre Behandlung ohne Belang; denn dem vertragsärztlichen Bedarfsplanungsrecht entsprechende Einschränkungen gelten für den Bereich der stationären Versorgung der Versicherten nicht in gleicher Weise. Die Auswahl des Krankenhauses fällt ohnehin im wesentlichen in die Entscheidungsbefugnis des einweisenden Vertragsarztes, der nicht einzig auf die räumlich nächstgelegene stationäre Behandlungsmöglichkeit festgelegt ist (vgl § 39 Abs 2, § 73 Abs 4 Satz 3 SGB V).

Nach alledem ist die Revision des Klägers zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs 1 und 4 SGG.
Rechtskraft
Aus
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