Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Augsburg (FSB)
Aktenzeichen
S 9 U 259/00
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 3 U 139/01
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Auf die Berufung der Beklagten werden das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 21. März 2001 aufgehoben und die Klage gegen den Bescheid vom 15. Dezember 1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25. Mai 2000 abgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
I.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob das beim Kläger bestehende Wirbelsäulenleiden als Berufskrankheit nach der Nr.2108 der Anlage 1 der Berufskrankheitenverordnung - BKVO - anzuerkennen und zu entschädigen ist.
Der am 1960 geborene Kläger war vom 01.08.1975 bis 30.11.1996 mit kurzzeitigen Unterbrechungen als Steinmetz tätig. Sein Wirbelsäulenleiden führt er auf diese Tätigkeit zurück. Die Beklagte ließ durch ihren Technischen Aufsichtsdienst - TAD - die dabei auftretende Wirbelsäulenbelastung ermitteln. Der TAD kam in seiner Stellungnahme vom 12.07.1999 zum Ergebnis, der Kläger habe im Zeitraum von 17 Jahren und 7 Monaten bis zu 35 % der durchschnittlichen täglichen Arbeitszeit eine wirbelsäulenbelastende Tätigkeit ausgeübt. In einer Stellungnahme vom 09.11.1999 riet der Gewerbeärztliche Dienst zu einer orthopädischen Begutachtung, um der Frage nachzugehen, ob das Vollbild einer Berufskrankheit im Sinne der Nr.2108 vorliege, zumal die arbeitstechnischen Voraussetzungen zu bejahen und ein Bandscheibenprolaps an der unteren Lendenwirbelsäule nachgewiesen sei. Die Beklagte ist dieser Empfehlung nicht gefolgt. Sie hat mit Bescheid vom 15.12.1999 die Gewährung von Leistungen aus der geetzlichen Unfallversicherung wegen einer Berufskrankheit nach § 551 RVO abgelehnt. Der Kläger sei nur knapp über 17 Jahre wirbelsäulenbelastend tätig gewesen, damit sei das Kriterium der Langjährigkeit nicht erfüllt. Hierbei stellten 20 Berufsjahre die untere Grenze der Belstungsdauer dar. Der Widerspruch blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 20.05.2000).
Dagegen hat der Kläger beim Sozialgericht Augsburg Klage erhoben. Dieses hat nach Beiziehen der einschlägigen medizinischen Unterlagen den Orthopäden Dr.P. zum Sachverständigen ernannt. In seinem Gutachten vom 30.10.2000 hat dieser die Auffassung vertreten, es liege eine bandscheibenbedingte Erkrankung der Lendenwirbelsäule vor, die auf die beruflichen Belastungen des Klägers als Steinmetz zurückzuführen sei. Hierfür sei eine Minderung der Erwerbsfähigkeit - MdE - von 20 % gerechtfertigt. Der beratende Arzt der Beklagten, der Orthopäde Dr.K. , widersprach dieser Auffassung. Es sei nie eine Diagnostik der gesamten Wirbelsäule, insbesondere eine die Brustwirbelsäule und die Lendenwirbelsäule vergleichende, zum Ausschluss konkurrierender Ursachen erfolgt. Darüber hinaus sei die geschätzte MdE von 20 v.H. unabhängig von der Ursache überhöht. In einer ergänzenden Stellungnahme blieb Dr.P. bei seiner früheren Auffassung. Mit Urteil vom 21.03.2001 hat das Sozialgericht die Beklagte verurteilt, dem Kläger unter Aufhebung der angefochtenen Bescheide Leistungen wegen einer Berufskrankheit nach der Nr.2108 der Anlage 1 zur BKVO zu gewähren. Zur Begründung hat es ausgeführt, die berufliche Verursachung sei nachgewiesen, weil die Beschwerden von Seiten der Lendenwirbelsäule beim Kläger im Alter von Mitte 30 nach einer über 15-jährigen belastenden Tätigkeit als Steinmetz aufgetreten seien. Die ursprüngliche Stellungnahme des TAD, wonach die arbeitstechnischen Voraussetzungen erfüllt seien und welche während des Klageverfahrens von der Beklagten widerrufen worden seien, halte es für überzeugend. Danach lägen die arbeitstechnischen Voraussetzungen vor. Auch die medizinischen Bedingungen für die Anerkennung einer Berufskrankheit seien gegeben. Es handle sich um eine bandscheibenbedingte Erkrankung der Lendenwirbelsäule. Ein Bandscheibenvorfall sei im CT nachgewiesen. Die Beschwerden seien während und nach der Tätigkeit aufgetreten. Es ergebe sich somit das Bild eines belastungskonformen Verlaufs. In den ärztlichen Merkblättern, die der Bundesarbeitsminister herausgegeben habe, werde eine zumindest 10 Jahre dauernde belastender Tätigkeit gefordert. Dem schließe sich das Gericht an. Die Auffassung der Beklagten, die belastende Tätigkeit müsse mehr als 20 Jahre ausgeübt worden sein, halte es nicht für zutreffend. Anders als die Beklagte meine, habe sich der Sachverständige Dr.P. eingehend mit konkurrierenden Ursachen auseinandergesetzt, solche jedoch ausgeschlossen. Damit liege eine Berufskrankheit der Nr.2108 vor. Die Entschädigungsvoraussetzungen seien dem Grunde nach erfüllt.
Dagegen hat die Beklagte Berufung eingelegt und vorgetragen, es sei beabsichtigt, die arbeitstechnischen Voraussetzungen unter Berücksichtigung konkreter Dosiswerte neu zu ermitteln. Darüber hinaus reiche das Gutachten von Dr.P. nicht aus, um die individuell konkret berufsbedingte Verursachung zu begründen. Es werde daher beantragt, ein medizinisches Gutachten zu der Frage einzuholen, ob bei Betrachtung der gesamten Wirbelsäule ein belastungskonformes Schadensbild vorliege bzw. ob die Schäden an der Brustwirbelsäule das Vorliegen einer Berufskrankheit unwahrscheinlich machten. Der Senat hat die vorhandene medizinische Dokumentation über den Krankheitsverlauf beigezogen und Prof.Dr.S. , Universität Ulm, zum Sachverständigen ernannt. In seinem Gutachten vom 05.07.2001 hat der Sachverständige ausgeführt, er überlasse es der Beurteilung des Gerichts, ob die arbeitstechnischen Voraussetzungen gegeben seien. Er komme jedoch, selbst wenn die arbeitstechnischen Voraussetzungen zu Gunsten des Klägers unterstellt würden, zum Ergebnis, dass zwar ein Bandscheibenschaden bei L 4/L 5 durch das CT vom 03.09.1996 nachgewiesen sei, jedoch kein belastungskonformes Schadensbild an der Lendenwirbelsäule erkennbar sei. Die geringen, das altersübliche Ausmaß kaum übersteigenden Verschleißschäden, lägen nämlich in gleicher Weise auch an der Brust- und der Halswirbelsäule vor. Die Beklagte hat sich durch dieses Gutachten in ihrer Auffassung bestätigt gesehen. Der Bevollmächtigte des Klägers hat darauf hingewiesen, dass auch der Sachverständige Prof.Dr.S. auf die widersprüchliche Beurteilung der Arbeitsbedingungen durch den TAD Bezug genommen habe. Die ergänzende Stellungnahme des TAD vom 30.04.2001 könne nicht herangezogen werden, da sie in ihrer Entstehung äußerst fragwürdig sei. Sie basiere nämlich auf einer telefonischen Auskunft des früheren Arbeitgebers des Klägers, der Firma H ... Der Kläger bestreite jedoch, dass ihm bei allen Arbeiten zwei bis vier Mitarbeiter als Helfer zugeteilt gewesen seien. Zudem seien entgegen dieser Auskunft beim Auf- und Abladen der Materialien nicht immer Gabelstapler und/oder Autokrane verwendet worden. Unrichtig sei auch, dass bis zu 20 % der durchschnittlichen Jahresarbeitszeit Grabsteine und Grabeinfassungen auf Friedhöfen versetzt worden seien. Es könne kein vernünftiger Zweifel daran bestehen, dass die auch vom Sachverständigen Prof.Dr.S. zweifelsfrei festgestellte bandscheibenbedingte Erkrankung auf seine 21-jährige Tätigkeit als Steinmetz zurückzuführen sei. Auf diesen Umstand habe das Erstgericht zutreffend seine Entscheidung gestützt.
Die Beklagte beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 21.03.2001 aufzuheben und die Klage gegen den Bescheid vom 15.12.1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25.05.2000 abzuweisen.
Der Kläger beantragt, die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 21.03.2001 zurückzuweisen.
Im Übrigen wird zur Ergänzung des Sachverhalts gemäß § 136 Abs.2 Sozialgerichtsgesetz - SGG - auf den Inhalt der beigezogenen Akte der Beklagten (Az.: U 0797037233) sowie der Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
II.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Beklagten ist zulässig (§§ 143, 151 SGG) und auch begründet; sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils.
Im Gegensatz zum Sozialgericht kommt der Senat zu dem Ergebnis, dass das Wirbelsäulenleiden des Klägers nicht als Berufskrankheit nach der Nr.2108 der Anlage 1 zur BKV anzuerkennen und zu entschädigen ist. Die Voraussetzungen für solche Leistungen gemäß der hier noch anzuwendenden §§ 551, 580, 581 Reichsversicherungsordnung - RVO- , da der Kläger seine als schädigend bezeichnete Berufstätigkeit Ende August 1996 - Krankschreibung und nachfolgend Umschulung - aufgegeben hat und ein Versicherungsfall vor dem 01.01.1997 eingetreten wäre, sind nicht erfüllt. Denn diese Gesundheitsstörungen sind nicht mit Wahrscheinlichkeit auf seine berufliche Tätigkeit als Steinmetz zurückzuführen. Der Senat stützt sich insoweit auf die Ausführungen von Prof.Dr.S ... Der Sachverständige bestätigt zwar, dass das CT vom 03.09.1996 eine Einengung durch einen kleinen Bandscheibenvorfall im Segmant L5/S1 belegt. Er stellt jedoch fest, dass die vorhandenen Röntgenbilder an der Hals-, Brust- und Lendenwirbelsäule diskrete Verschleißerscheinungen zeigen. Es sind also über die gesamte Wirbelsäule verteilt Veränderungen erkennbar, welche nicht im Bereich der Lendenwirbelsäule ihren Schwerpunkt haben. Damit liegt kein belastungskonformes Schadensbild vor. Von einem solchen könnte man nur dann sprechen, wenn an der Lendenwirbelsäule reaktive Veränderungen auf Bandscheibenzerrüttung aufgetreten wären, während an den übrigen Wirbelsäulenabschnitten keine oder nur geringe Verschleißerscheinungen sichtbar wären. Dies trifft im Falle des Klägers nicht zu. Reaktive Veränderungen weist weder die Röntgenaufnahme vom 14.07.1997 noch die von Prof.Dr.S. anläßlich der Untersuchung am 05.07.2001 erstellte auf. Im Übrigen fand der Sachverständige bei der klinischen Untersuchung an allen drei Wirbelsäulenabschnitten nur leichte Bewegungseinschränkungen, welche keine meßbare MdE rechtfertigen. Ein Rentenanspruch wäre auch aus diesem Gesichtspunkt nicht zu begründen. Bei dieser Sachlage konnte der Senat dahingestellt sein lassen, ob die arbeitstechnischen Voraussetzugen erfüllt sind. Er vermag sich der Auffassung der Beklagten insoweit nicht anzuschließen. Diese meint, die Anerkennung einer Berufskrankheit nach der Nr.2108 der Anlage 1 zur BKVO setze voraus, dass eine Gesamtexposition von mehr als 20 Jahren bestanden habe. Wie das BSG in seiner Entscheidung vom 02.05.2001 (Az.: B 2 U 16/00 R) festgestellt hat, gibt es keine medizinischen Erfahrungssätze, wonach über eine bestimmte Anzahl von Arbeitsjahren wirbelsäulenbelastende Tätigkeiten ausgeübt werden mußten. In solchen Fällen ist durch ein arbeitsmedizinisches Sachverständigengutachten zu klären, ob die konkrete Tätigkeit des Versicherten generell geeignet war, eine Lendenwirbelsäulenerkrankung zu verursachen. Ohne eine solche Feststellung konnte der Senat hier zu einer Entscheidung gelangen, weil selbst bei zu Gunsten des Klägers unterstellten arbeitstechnischen Voraussetzungen nach dem Gutachten von Prof.Dr.S. ein ursächlicher Zusammenhang zwischen der Erkrankung und der beruflichen Tätigkeit nicht zu begründen ist.
Damit kommt der Senat zum Ergebnis, dass das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 21.03.2001 auf die Berufung der Beklagten aufzuheben und die Klage gegen den Bescheid vom 15.12.1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25.05.2000 abzuweisen war.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, da keine Gründe im Sinne des § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG erkennbar sind.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
I.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob das beim Kläger bestehende Wirbelsäulenleiden als Berufskrankheit nach der Nr.2108 der Anlage 1 der Berufskrankheitenverordnung - BKVO - anzuerkennen und zu entschädigen ist.
Der am 1960 geborene Kläger war vom 01.08.1975 bis 30.11.1996 mit kurzzeitigen Unterbrechungen als Steinmetz tätig. Sein Wirbelsäulenleiden führt er auf diese Tätigkeit zurück. Die Beklagte ließ durch ihren Technischen Aufsichtsdienst - TAD - die dabei auftretende Wirbelsäulenbelastung ermitteln. Der TAD kam in seiner Stellungnahme vom 12.07.1999 zum Ergebnis, der Kläger habe im Zeitraum von 17 Jahren und 7 Monaten bis zu 35 % der durchschnittlichen täglichen Arbeitszeit eine wirbelsäulenbelastende Tätigkeit ausgeübt. In einer Stellungnahme vom 09.11.1999 riet der Gewerbeärztliche Dienst zu einer orthopädischen Begutachtung, um der Frage nachzugehen, ob das Vollbild einer Berufskrankheit im Sinne der Nr.2108 vorliege, zumal die arbeitstechnischen Voraussetzungen zu bejahen und ein Bandscheibenprolaps an der unteren Lendenwirbelsäule nachgewiesen sei. Die Beklagte ist dieser Empfehlung nicht gefolgt. Sie hat mit Bescheid vom 15.12.1999 die Gewährung von Leistungen aus der geetzlichen Unfallversicherung wegen einer Berufskrankheit nach § 551 RVO abgelehnt. Der Kläger sei nur knapp über 17 Jahre wirbelsäulenbelastend tätig gewesen, damit sei das Kriterium der Langjährigkeit nicht erfüllt. Hierbei stellten 20 Berufsjahre die untere Grenze der Belstungsdauer dar. Der Widerspruch blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 20.05.2000).
Dagegen hat der Kläger beim Sozialgericht Augsburg Klage erhoben. Dieses hat nach Beiziehen der einschlägigen medizinischen Unterlagen den Orthopäden Dr.P. zum Sachverständigen ernannt. In seinem Gutachten vom 30.10.2000 hat dieser die Auffassung vertreten, es liege eine bandscheibenbedingte Erkrankung der Lendenwirbelsäule vor, die auf die beruflichen Belastungen des Klägers als Steinmetz zurückzuführen sei. Hierfür sei eine Minderung der Erwerbsfähigkeit - MdE - von 20 % gerechtfertigt. Der beratende Arzt der Beklagten, der Orthopäde Dr.K. , widersprach dieser Auffassung. Es sei nie eine Diagnostik der gesamten Wirbelsäule, insbesondere eine die Brustwirbelsäule und die Lendenwirbelsäule vergleichende, zum Ausschluss konkurrierender Ursachen erfolgt. Darüber hinaus sei die geschätzte MdE von 20 v.H. unabhängig von der Ursache überhöht. In einer ergänzenden Stellungnahme blieb Dr.P. bei seiner früheren Auffassung. Mit Urteil vom 21.03.2001 hat das Sozialgericht die Beklagte verurteilt, dem Kläger unter Aufhebung der angefochtenen Bescheide Leistungen wegen einer Berufskrankheit nach der Nr.2108 der Anlage 1 zur BKVO zu gewähren. Zur Begründung hat es ausgeführt, die berufliche Verursachung sei nachgewiesen, weil die Beschwerden von Seiten der Lendenwirbelsäule beim Kläger im Alter von Mitte 30 nach einer über 15-jährigen belastenden Tätigkeit als Steinmetz aufgetreten seien. Die ursprüngliche Stellungnahme des TAD, wonach die arbeitstechnischen Voraussetzungen erfüllt seien und welche während des Klageverfahrens von der Beklagten widerrufen worden seien, halte es für überzeugend. Danach lägen die arbeitstechnischen Voraussetzungen vor. Auch die medizinischen Bedingungen für die Anerkennung einer Berufskrankheit seien gegeben. Es handle sich um eine bandscheibenbedingte Erkrankung der Lendenwirbelsäule. Ein Bandscheibenvorfall sei im CT nachgewiesen. Die Beschwerden seien während und nach der Tätigkeit aufgetreten. Es ergebe sich somit das Bild eines belastungskonformen Verlaufs. In den ärztlichen Merkblättern, die der Bundesarbeitsminister herausgegeben habe, werde eine zumindest 10 Jahre dauernde belastender Tätigkeit gefordert. Dem schließe sich das Gericht an. Die Auffassung der Beklagten, die belastende Tätigkeit müsse mehr als 20 Jahre ausgeübt worden sein, halte es nicht für zutreffend. Anders als die Beklagte meine, habe sich der Sachverständige Dr.P. eingehend mit konkurrierenden Ursachen auseinandergesetzt, solche jedoch ausgeschlossen. Damit liege eine Berufskrankheit der Nr.2108 vor. Die Entschädigungsvoraussetzungen seien dem Grunde nach erfüllt.
Dagegen hat die Beklagte Berufung eingelegt und vorgetragen, es sei beabsichtigt, die arbeitstechnischen Voraussetzungen unter Berücksichtigung konkreter Dosiswerte neu zu ermitteln. Darüber hinaus reiche das Gutachten von Dr.P. nicht aus, um die individuell konkret berufsbedingte Verursachung zu begründen. Es werde daher beantragt, ein medizinisches Gutachten zu der Frage einzuholen, ob bei Betrachtung der gesamten Wirbelsäule ein belastungskonformes Schadensbild vorliege bzw. ob die Schäden an der Brustwirbelsäule das Vorliegen einer Berufskrankheit unwahrscheinlich machten. Der Senat hat die vorhandene medizinische Dokumentation über den Krankheitsverlauf beigezogen und Prof.Dr.S. , Universität Ulm, zum Sachverständigen ernannt. In seinem Gutachten vom 05.07.2001 hat der Sachverständige ausgeführt, er überlasse es der Beurteilung des Gerichts, ob die arbeitstechnischen Voraussetzungen gegeben seien. Er komme jedoch, selbst wenn die arbeitstechnischen Voraussetzungen zu Gunsten des Klägers unterstellt würden, zum Ergebnis, dass zwar ein Bandscheibenschaden bei L 4/L 5 durch das CT vom 03.09.1996 nachgewiesen sei, jedoch kein belastungskonformes Schadensbild an der Lendenwirbelsäule erkennbar sei. Die geringen, das altersübliche Ausmaß kaum übersteigenden Verschleißschäden, lägen nämlich in gleicher Weise auch an der Brust- und der Halswirbelsäule vor. Die Beklagte hat sich durch dieses Gutachten in ihrer Auffassung bestätigt gesehen. Der Bevollmächtigte des Klägers hat darauf hingewiesen, dass auch der Sachverständige Prof.Dr.S. auf die widersprüchliche Beurteilung der Arbeitsbedingungen durch den TAD Bezug genommen habe. Die ergänzende Stellungnahme des TAD vom 30.04.2001 könne nicht herangezogen werden, da sie in ihrer Entstehung äußerst fragwürdig sei. Sie basiere nämlich auf einer telefonischen Auskunft des früheren Arbeitgebers des Klägers, der Firma H ... Der Kläger bestreite jedoch, dass ihm bei allen Arbeiten zwei bis vier Mitarbeiter als Helfer zugeteilt gewesen seien. Zudem seien entgegen dieser Auskunft beim Auf- und Abladen der Materialien nicht immer Gabelstapler und/oder Autokrane verwendet worden. Unrichtig sei auch, dass bis zu 20 % der durchschnittlichen Jahresarbeitszeit Grabsteine und Grabeinfassungen auf Friedhöfen versetzt worden seien. Es könne kein vernünftiger Zweifel daran bestehen, dass die auch vom Sachverständigen Prof.Dr.S. zweifelsfrei festgestellte bandscheibenbedingte Erkrankung auf seine 21-jährige Tätigkeit als Steinmetz zurückzuführen sei. Auf diesen Umstand habe das Erstgericht zutreffend seine Entscheidung gestützt.
Die Beklagte beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 21.03.2001 aufzuheben und die Klage gegen den Bescheid vom 15.12.1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25.05.2000 abzuweisen.
Der Kläger beantragt, die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 21.03.2001 zurückzuweisen.
Im Übrigen wird zur Ergänzung des Sachverhalts gemäß § 136 Abs.2 Sozialgerichtsgesetz - SGG - auf den Inhalt der beigezogenen Akte der Beklagten (Az.: U 0797037233) sowie der Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
II.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Beklagten ist zulässig (§§ 143, 151 SGG) und auch begründet; sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils.
Im Gegensatz zum Sozialgericht kommt der Senat zu dem Ergebnis, dass das Wirbelsäulenleiden des Klägers nicht als Berufskrankheit nach der Nr.2108 der Anlage 1 zur BKV anzuerkennen und zu entschädigen ist. Die Voraussetzungen für solche Leistungen gemäß der hier noch anzuwendenden §§ 551, 580, 581 Reichsversicherungsordnung - RVO- , da der Kläger seine als schädigend bezeichnete Berufstätigkeit Ende August 1996 - Krankschreibung und nachfolgend Umschulung - aufgegeben hat und ein Versicherungsfall vor dem 01.01.1997 eingetreten wäre, sind nicht erfüllt. Denn diese Gesundheitsstörungen sind nicht mit Wahrscheinlichkeit auf seine berufliche Tätigkeit als Steinmetz zurückzuführen. Der Senat stützt sich insoweit auf die Ausführungen von Prof.Dr.S ... Der Sachverständige bestätigt zwar, dass das CT vom 03.09.1996 eine Einengung durch einen kleinen Bandscheibenvorfall im Segmant L5/S1 belegt. Er stellt jedoch fest, dass die vorhandenen Röntgenbilder an der Hals-, Brust- und Lendenwirbelsäule diskrete Verschleißerscheinungen zeigen. Es sind also über die gesamte Wirbelsäule verteilt Veränderungen erkennbar, welche nicht im Bereich der Lendenwirbelsäule ihren Schwerpunkt haben. Damit liegt kein belastungskonformes Schadensbild vor. Von einem solchen könnte man nur dann sprechen, wenn an der Lendenwirbelsäule reaktive Veränderungen auf Bandscheibenzerrüttung aufgetreten wären, während an den übrigen Wirbelsäulenabschnitten keine oder nur geringe Verschleißerscheinungen sichtbar wären. Dies trifft im Falle des Klägers nicht zu. Reaktive Veränderungen weist weder die Röntgenaufnahme vom 14.07.1997 noch die von Prof.Dr.S. anläßlich der Untersuchung am 05.07.2001 erstellte auf. Im Übrigen fand der Sachverständige bei der klinischen Untersuchung an allen drei Wirbelsäulenabschnitten nur leichte Bewegungseinschränkungen, welche keine meßbare MdE rechtfertigen. Ein Rentenanspruch wäre auch aus diesem Gesichtspunkt nicht zu begründen. Bei dieser Sachlage konnte der Senat dahingestellt sein lassen, ob die arbeitstechnischen Voraussetzugen erfüllt sind. Er vermag sich der Auffassung der Beklagten insoweit nicht anzuschließen. Diese meint, die Anerkennung einer Berufskrankheit nach der Nr.2108 der Anlage 1 zur BKVO setze voraus, dass eine Gesamtexposition von mehr als 20 Jahren bestanden habe. Wie das BSG in seiner Entscheidung vom 02.05.2001 (Az.: B 2 U 16/00 R) festgestellt hat, gibt es keine medizinischen Erfahrungssätze, wonach über eine bestimmte Anzahl von Arbeitsjahren wirbelsäulenbelastende Tätigkeiten ausgeübt werden mußten. In solchen Fällen ist durch ein arbeitsmedizinisches Sachverständigengutachten zu klären, ob die konkrete Tätigkeit des Versicherten generell geeignet war, eine Lendenwirbelsäulenerkrankung zu verursachen. Ohne eine solche Feststellung konnte der Senat hier zu einer Entscheidung gelangen, weil selbst bei zu Gunsten des Klägers unterstellten arbeitstechnischen Voraussetzungen nach dem Gutachten von Prof.Dr.S. ein ursächlicher Zusammenhang zwischen der Erkrankung und der beruflichen Tätigkeit nicht zu begründen ist.
Damit kommt der Senat zum Ergebnis, dass das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 21.03.2001 auf die Berufung der Beklagten aufzuheben und die Klage gegen den Bescheid vom 15.12.1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25.05.2000 abzuweisen war.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, da keine Gründe im Sinne des § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG erkennbar sind.
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