Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Augsburg (FSB)
Aktenzeichen
S 9 U 5012/97 L
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 3 U 149/98
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 26.02.1998 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung von Verletztenrente wegen einer Wirbelsäulenerkrankung der Klägerin als Berufskrankheit streitig.
Die am 1928 geborene Klägerin war von 1958 bis 1995 in der eigenen Landwirtschaft tätig. Mit Schreiben vom Juli 1995 zeigte sie bei der Beklagten eine Berufskrankheit der Lendenwirbelsäule (LWS) an. Sie legte ein ärztliches Attest ihres Hausarztes Dr.B. vom 13.02.1995 mit der Diagnose rezidivierende Lumboischialgien und rezidivierende Cervico-Cephalgien sowie Cervico-Brachialgien vor. Seit etwa vier Jahren nähmen die Beschwerden seitens der unteren LWS massiv zu, insbesondere seien die Segmente L 4/L 5 und L 5/S 1 betroffen.
Die Beklagte hat Befundberichte der behandelnden Ärzte eingeholt. Während der Orthopäde Dr.H. einen Hinweis für das Vorliegen einer Berufskrankheit verneinte, vertrat der Orthopäde Dr.W. die Ansicht, dass die erheblichen degenerativen Veränderungen der Klägerin zumindest teilweise auf die belastenden Tätigkeiten zurückzuführen seien. In einer orthopädischen Stellungnahme teilte Dr.G. mit, dass die Veränderungen an den Bandscheiben der Klägerin altersentsprechend seien, es zeige sich kein, deutlich dem Alter der Versicherten vorauseilender Befund. Es liege ein anlagebedingtes Wirbelgleiten am Übergang der LWS zum Kreuzbein vor. Die von der Versicherten immer wieder vorgebrachten Rückenbeschwerden seien auf eine Fehlform des Rückens - Rundrücken, d.h. dorsolumbale Kyphose - zurückzuführen, eine berufliche Verursachung dieser Schäden sei nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit anzunehmen.
Die Beklagte hat sodann - nach Einholung eines gewerbeärztlichen Gutachtens des Dr.K. , Gewerbeaufsichtsamt A. vom 15.11.1996 - mit Bescheid vom 19.12.1996 abgelehnt, die Erkrankung der Lendenwirbelsäule der Klägerin als Berufskrankheit anzuerkennen, weil diese Gesundheitsstörung auf andere Ursachen zurückzuführen sei.
Der hiergegen erhobene Widerspruch blieb ohne Erfolg (Widerspruchsbescheid vom 27.02.1997).
Mit ihrer hiergegen beim Sozialgericht Augsburg erhobenen Klage machte die Klägerin geltend, dass es sich bei ihr nicht um eine anlagebedingte Erkrankung der LWS sondern um eine Berufskrankheit handle.
Zur Aufklärung des Sachverhalts hat das Sozialgericht Befundberichte der behandelnden Ärzte eingeholt, Röntgenaufnahmen beigezogen und sodann von Amts wegen den Orthopäden Dr.M. gehört. Dieser verneinte in seinem Gutachten vom 02.10.1997 eine Berufskrankheit. Die degenerativen Veränderungen seien mit hoher Wahrscheinlichkeit durch die anlagebedingte Fehlstellung, hier Hohlrundrücken der Klägerin, bedingt. Hinweise für eine bandscheibenbedingte Erkrankung der LWS fänden sich nicht, die begleitenden Veränderungen der BWS und HWS würden auf die konstitutionelle Neigung zu diesen Beschwerden hinweisen.
Gegen diese Auffassung wandte sich die Klägerin unter Hinweis darauf, dass sie in erheblichem Maße schwere Arbeiten verrichten müsse. Dies habe zu den erheblichen Kreuzbeschwerden geführt, an denen sie auch schon vor dem Jahr 1990 gelitten habe. Dies werde das Sachverständigenzeugnis des Hausarztes Dr.B. ergeben, mit Schreiben vom 16.01.1998 wurde die Vorladung des Hausarztes zur mündlichen Verhandlung beantragt.
In der mündlichen Verhandlung vom 26.02.1998 ist für die Klägerin niemand erschienen. Die Klägerin hat im Klageverfahren schriftsätzlich sinngemäß beantragt, die Beklagte unter Aufhebung der angefochtenen Bescheide zu verurteilen, ihr wegen ihres Wirbelsäulenleidens als Berufskrankheit Rente zu gewähren.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Mit Urteil vom 26.02.1998 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen: Die Beklagte habe der Klägerin keine Entschädigungsleistungen wegen der gesundheitlichen Folgen einer Berufskrankheit zu gewähren. Denn bei der Klägerin liege weder eine Berufskrankheit nach der Nr.2108 noch nach Nr.2110 der Anlage 1 zur BKVO vor. Das Gericht stützte sich dabei auf die Ausführungen des von ihm gehörten Sachverständigen Dr.M ... Zwar hätten bei der Klägerin hinsichtlich der BK nach Nr.2108 die arbeitstechnischen Voraussetzungen vorgelegen, der Anerkennung stünden jedoch die medizinischen Voraussetzungen hierfür entgegen. Unter Berücksichtigung der bei der Klägerin bestehenden anlagebedingten/degenerativen Veränderungen an der Wirbelsäule seien nämlich mehrere konkurrierende Ursachen für die Auslösung von Rückenbeschwerden festzustellen. Auch hinsichtlich der BK nach Nr.2110 fehle es an den medizinischen Voraussetzungen, so dass die technischen Voraussetzungen insoweit nicht geprüft zu werden brauchten. Hinzu komme, dass sowohl für die Nr.2108 sowie auch für die Nr.2110 ein belastungsadäquater Zeitpunkt zur Manifestation der Erkrankung nicht gegeben sei. Gegen den ursächlichen Zusammenhang sprächen auch noch weitere Umstände, wie z.B. Auftreten der Beschwerden auch nachts und kontinuierliche Zunahme auch nach Beendigung der Bewirtschaftung des Hofes durch die Klägerin seit dem Jahr 1995.
Mit ihrer hiergegen eingelegten Berufung verfolgt die Klägerin ihr Ziel der Gewährung von Verletztenrente weiter, weil sie an einer Berufskrankheit leide. Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts und der Beklagten könne nicht von einem anlagebedingten Krankheitsbild ausgegangen werden. Sie habe nämlich im landwirtschaftlichen Betrieb ständig schwere körperliche Arbeiten verrichten müssen, auch noch nach Anschaffung von entsprechenden Maschinen.
In dem mit Beschluss vom 16.11.1998 ausgesetzten und dann wieder aufgenommenen Rechtsstreit hat der Senat auf Antrag der Klägerin - § 109 SGG - ein von dem Orthopäden Dr.H. am 15.09.2000 erstattetes Gutachten eingeholt. Er hat bei der Klägerin eine Belastungsinsuffizienz der Wirbelsäule durch Fehlstatik in zwei Ebenen - Hohlrundrücken und WS-Seitausbiegung -, Verschleisserkrankungen der HWS und BWS mit Bewegungseinschränkung und röntgenologisch sichtbarem Aufbrauch der Wirbelgelenke und Bandscheiben, Aufbrauch der Bandscheiben und Verschleißerkrankung der Gelenke der LWS sowie Gefügelockerung der LWS mit Vorschub der Wirbelkörper L 4 gegen L 5 und L 5 gegen S 1 diagnostiziert und die Auffassung vertreten, dass bei der Klägerin eine Berufskrankheit nach der Nr.2108 vorläge. Insoweit seien auch die medizinischen Voraussetzungen gegeben. Der Begründung des Sozialgerichts könne nicht ohne weiteres gefolgt werden, denn nach über 30-jähriger Tätigkeit der Klägerin in der Landwirtschaft - begonnen wurde bereits im Kindesalter in der elterlichen Landwirtschaft - sei seiner Auffassung nach kein Nachweis mehr darüber möglich, dass die Wirbelsäulen-Veränderungen anlagebedingt seien. Für die Annahme einer Berufskrankheit spreche vor allem, dass die Verschleisserscheinungen der Bandscheiben und deren Folgen über das altersentsprechende Maß weit hinausgingen. Ein Schiefwuchs der Wirbelsäule führe im Alter nicht zwangsläufig zu einem so weit fortgeschrittenen Aufbrauch der Wirbelsäule und insbesondere der LWS, wie er bei der Klägerin festzustellen sei. Die BK-bedingte MdE bewertete er mit 60 v.H., bei der Beurteilung der MdE müssten die Erkankungen von Schultern und Hüften einbezogen werden.
Dieser Auffassung ist die Beklagte - unter Vorlage einer Stellungnahme ihres beratenden Arztes Dr.G. - entgegen getreten: Schon im Hinblick darauf, dass Dr.W. die "Anhaltspunkte im Schwerbehindertenrecht" für die Bewertung der MdE herangezogen habe, lasse auf eine Fehlinterpretation seitens des Gutachters schließen. Die Ausführungen hinsichtlich der körperlichen Belastungssituation der Klägerin seien für die Beurteilung der haftungsbegründenden Kausalität zwecklos. Es sei unstreitig, dass bei der Klägerin eine anlagedingte Bogenschlussstörung LWK 4 und LWK 5 mit einem dadurch bedingten Teilgleiten der LWK L 4/5 nach ventral bestehe, eine sog. Spondylolisthesis. Dabei handle es sich um ein anlagebedingtes Leiden. Eine traumatische Entstehung einer solchen Gesundheitsstörung werde in der Literatur nur am Rande diskutiert (z.B. bei aktiven Speerwerfern gäbe es eine übermäßige Hyperlordosierung der LWS). Zwar sei dem Gutachter insoweit beizutreten, als dieser ausführe, dass die Verschleisserkrankungen der Bandscheiben und deren Folgen über das altersentsprechende Ausmaß hinausgingen. Es handle sich jedoch um Verschleisserscheinungen an der BWS und nicht der dem Versicherungsschutz unterliegenden HWS und LWS. Im Ergebnis sei davon auszugehen, dass die Vorerkrankungen der Klägerin als konkurrierende Ursache zur Verneinung des Kausalzusammenhangs zwischen beruflicher Belastung und LWS-Erkrankung führen. Auch könne der MdE-Einschätzung des Dr.H. - unter Berücksichtigung der gegebenen Funktionseinschränkungen - bei weitem nicht gefolgt werden. Ferner lasse das Gutachten entsprechende Feststellungen z.B. hinsichtlich Bewegungsausmaß der Wirbelsäule etc. vermissen, darüber hinaus würde auch kein neurologischer Untersuchungsbefund angeführt. Aufgrund des Untersuchungsbefundes könne man, selbst unter Berücksichtigung der Röntgenaufnahmen, eine MdE nachvollziehbar nicht herleiten.
die Beklagte unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts Augsburg vom 26.02.1998 und des Bescheides vom 19.12.1996 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.02.1997 zu verurteilen, ihr wegen einer Berufskrankheit Verletztenrente zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung der Klägerin zurückzuweisen, weil das angefochtene Urteil zutreffend sei.
Im Übrigen wird zur Ergänzung des Sachverhalts gemäß § 136 Abs.2 SGG auf den Inhalt der Akten der Beklagten sowie der Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die frist- und formgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist zulässig, aber nicht begründet.
Das Sozialgericht hat mit Recht die Klage abgewiesen. Denn die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Gewährung von Verletztenrente wegen der bei ihr bestehenden Gesundheitsstörungen im Bereich der Wirbelsäule, hier vor allem der Lendenwirbelsäule, weil es sich bei diesen nicht um eine Berufskrankheit nach der Nr.2108 der Anlage 1 BKVO handelt. Dies hat das Sozialgericht - vor allem gestützt auf die eingehenden und überzeugenden Darlegungen des Dr.M. - zutreffend dargelegt. Danach fehlt es für die Anerkennung und Entschädigung einer Berufskrankheit nach der Nr.2108 bzw. der vom Sozialgericht außerdem diskutierten Berufskrankheit nach der Nr.2110 an den medizinischen Voraussetzungen.
Der Senat schließt sich dieser Auffassung in vollem Umfang an und nimmt zur weiteren Begründung auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils gemäß § 153 Abs.2 SGG ergänzend Bezug.
Demgegenüber vermag das auf Antrag der Klägerin - § 109 SGG - im Berufungsverfahren eingeholte Gutachten des Dr.H. den geltend gemachten Anspruch nicht zu stützen, weil dieses Gutachten nicht schlüssig ist. Im Einzelnen hat hierzu die Beklagte - unter Vorlage einer Stellungnahme ihres beratenden Artzes Dr.G. - eingehend und überzeugend herausgestellt, dass dem Gutachten des Dr.H. unter vielen Gesichtspunkten nicht gefolgt werden kann. Auf die zutreffenden Ausführungen des Dr.G. , denen sich der Senat ebenfalls anschließt, wird des Weiteren Bezug genommen.
Nach allem konnte daher die Berufung der Klägerin keinen Erfolg haben, sie ist unbegründet und daher zurückzuweisen gewesen.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG.
Der Senat hat die Revision nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen hierfür nach § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG nicht vorliegen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung von Verletztenrente wegen einer Wirbelsäulenerkrankung der Klägerin als Berufskrankheit streitig.
Die am 1928 geborene Klägerin war von 1958 bis 1995 in der eigenen Landwirtschaft tätig. Mit Schreiben vom Juli 1995 zeigte sie bei der Beklagten eine Berufskrankheit der Lendenwirbelsäule (LWS) an. Sie legte ein ärztliches Attest ihres Hausarztes Dr.B. vom 13.02.1995 mit der Diagnose rezidivierende Lumboischialgien und rezidivierende Cervico-Cephalgien sowie Cervico-Brachialgien vor. Seit etwa vier Jahren nähmen die Beschwerden seitens der unteren LWS massiv zu, insbesondere seien die Segmente L 4/L 5 und L 5/S 1 betroffen.
Die Beklagte hat Befundberichte der behandelnden Ärzte eingeholt. Während der Orthopäde Dr.H. einen Hinweis für das Vorliegen einer Berufskrankheit verneinte, vertrat der Orthopäde Dr.W. die Ansicht, dass die erheblichen degenerativen Veränderungen der Klägerin zumindest teilweise auf die belastenden Tätigkeiten zurückzuführen seien. In einer orthopädischen Stellungnahme teilte Dr.G. mit, dass die Veränderungen an den Bandscheiben der Klägerin altersentsprechend seien, es zeige sich kein, deutlich dem Alter der Versicherten vorauseilender Befund. Es liege ein anlagebedingtes Wirbelgleiten am Übergang der LWS zum Kreuzbein vor. Die von der Versicherten immer wieder vorgebrachten Rückenbeschwerden seien auf eine Fehlform des Rückens - Rundrücken, d.h. dorsolumbale Kyphose - zurückzuführen, eine berufliche Verursachung dieser Schäden sei nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit anzunehmen.
Die Beklagte hat sodann - nach Einholung eines gewerbeärztlichen Gutachtens des Dr.K. , Gewerbeaufsichtsamt A. vom 15.11.1996 - mit Bescheid vom 19.12.1996 abgelehnt, die Erkrankung der Lendenwirbelsäule der Klägerin als Berufskrankheit anzuerkennen, weil diese Gesundheitsstörung auf andere Ursachen zurückzuführen sei.
Der hiergegen erhobene Widerspruch blieb ohne Erfolg (Widerspruchsbescheid vom 27.02.1997).
Mit ihrer hiergegen beim Sozialgericht Augsburg erhobenen Klage machte die Klägerin geltend, dass es sich bei ihr nicht um eine anlagebedingte Erkrankung der LWS sondern um eine Berufskrankheit handle.
Zur Aufklärung des Sachverhalts hat das Sozialgericht Befundberichte der behandelnden Ärzte eingeholt, Röntgenaufnahmen beigezogen und sodann von Amts wegen den Orthopäden Dr.M. gehört. Dieser verneinte in seinem Gutachten vom 02.10.1997 eine Berufskrankheit. Die degenerativen Veränderungen seien mit hoher Wahrscheinlichkeit durch die anlagebedingte Fehlstellung, hier Hohlrundrücken der Klägerin, bedingt. Hinweise für eine bandscheibenbedingte Erkrankung der LWS fänden sich nicht, die begleitenden Veränderungen der BWS und HWS würden auf die konstitutionelle Neigung zu diesen Beschwerden hinweisen.
Gegen diese Auffassung wandte sich die Klägerin unter Hinweis darauf, dass sie in erheblichem Maße schwere Arbeiten verrichten müsse. Dies habe zu den erheblichen Kreuzbeschwerden geführt, an denen sie auch schon vor dem Jahr 1990 gelitten habe. Dies werde das Sachverständigenzeugnis des Hausarztes Dr.B. ergeben, mit Schreiben vom 16.01.1998 wurde die Vorladung des Hausarztes zur mündlichen Verhandlung beantragt.
In der mündlichen Verhandlung vom 26.02.1998 ist für die Klägerin niemand erschienen. Die Klägerin hat im Klageverfahren schriftsätzlich sinngemäß beantragt, die Beklagte unter Aufhebung der angefochtenen Bescheide zu verurteilen, ihr wegen ihres Wirbelsäulenleidens als Berufskrankheit Rente zu gewähren.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Mit Urteil vom 26.02.1998 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen: Die Beklagte habe der Klägerin keine Entschädigungsleistungen wegen der gesundheitlichen Folgen einer Berufskrankheit zu gewähren. Denn bei der Klägerin liege weder eine Berufskrankheit nach der Nr.2108 noch nach Nr.2110 der Anlage 1 zur BKVO vor. Das Gericht stützte sich dabei auf die Ausführungen des von ihm gehörten Sachverständigen Dr.M ... Zwar hätten bei der Klägerin hinsichtlich der BK nach Nr.2108 die arbeitstechnischen Voraussetzungen vorgelegen, der Anerkennung stünden jedoch die medizinischen Voraussetzungen hierfür entgegen. Unter Berücksichtigung der bei der Klägerin bestehenden anlagebedingten/degenerativen Veränderungen an der Wirbelsäule seien nämlich mehrere konkurrierende Ursachen für die Auslösung von Rückenbeschwerden festzustellen. Auch hinsichtlich der BK nach Nr.2110 fehle es an den medizinischen Voraussetzungen, so dass die technischen Voraussetzungen insoweit nicht geprüft zu werden brauchten. Hinzu komme, dass sowohl für die Nr.2108 sowie auch für die Nr.2110 ein belastungsadäquater Zeitpunkt zur Manifestation der Erkrankung nicht gegeben sei. Gegen den ursächlichen Zusammenhang sprächen auch noch weitere Umstände, wie z.B. Auftreten der Beschwerden auch nachts und kontinuierliche Zunahme auch nach Beendigung der Bewirtschaftung des Hofes durch die Klägerin seit dem Jahr 1995.
Mit ihrer hiergegen eingelegten Berufung verfolgt die Klägerin ihr Ziel der Gewährung von Verletztenrente weiter, weil sie an einer Berufskrankheit leide. Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts und der Beklagten könne nicht von einem anlagebedingten Krankheitsbild ausgegangen werden. Sie habe nämlich im landwirtschaftlichen Betrieb ständig schwere körperliche Arbeiten verrichten müssen, auch noch nach Anschaffung von entsprechenden Maschinen.
In dem mit Beschluss vom 16.11.1998 ausgesetzten und dann wieder aufgenommenen Rechtsstreit hat der Senat auf Antrag der Klägerin - § 109 SGG - ein von dem Orthopäden Dr.H. am 15.09.2000 erstattetes Gutachten eingeholt. Er hat bei der Klägerin eine Belastungsinsuffizienz der Wirbelsäule durch Fehlstatik in zwei Ebenen - Hohlrundrücken und WS-Seitausbiegung -, Verschleisserkrankungen der HWS und BWS mit Bewegungseinschränkung und röntgenologisch sichtbarem Aufbrauch der Wirbelgelenke und Bandscheiben, Aufbrauch der Bandscheiben und Verschleißerkrankung der Gelenke der LWS sowie Gefügelockerung der LWS mit Vorschub der Wirbelkörper L 4 gegen L 5 und L 5 gegen S 1 diagnostiziert und die Auffassung vertreten, dass bei der Klägerin eine Berufskrankheit nach der Nr.2108 vorläge. Insoweit seien auch die medizinischen Voraussetzungen gegeben. Der Begründung des Sozialgerichts könne nicht ohne weiteres gefolgt werden, denn nach über 30-jähriger Tätigkeit der Klägerin in der Landwirtschaft - begonnen wurde bereits im Kindesalter in der elterlichen Landwirtschaft - sei seiner Auffassung nach kein Nachweis mehr darüber möglich, dass die Wirbelsäulen-Veränderungen anlagebedingt seien. Für die Annahme einer Berufskrankheit spreche vor allem, dass die Verschleisserscheinungen der Bandscheiben und deren Folgen über das altersentsprechende Maß weit hinausgingen. Ein Schiefwuchs der Wirbelsäule führe im Alter nicht zwangsläufig zu einem so weit fortgeschrittenen Aufbrauch der Wirbelsäule und insbesondere der LWS, wie er bei der Klägerin festzustellen sei. Die BK-bedingte MdE bewertete er mit 60 v.H., bei der Beurteilung der MdE müssten die Erkankungen von Schultern und Hüften einbezogen werden.
Dieser Auffassung ist die Beklagte - unter Vorlage einer Stellungnahme ihres beratenden Arztes Dr.G. - entgegen getreten: Schon im Hinblick darauf, dass Dr.W. die "Anhaltspunkte im Schwerbehindertenrecht" für die Bewertung der MdE herangezogen habe, lasse auf eine Fehlinterpretation seitens des Gutachters schließen. Die Ausführungen hinsichtlich der körperlichen Belastungssituation der Klägerin seien für die Beurteilung der haftungsbegründenden Kausalität zwecklos. Es sei unstreitig, dass bei der Klägerin eine anlagedingte Bogenschlussstörung LWK 4 und LWK 5 mit einem dadurch bedingten Teilgleiten der LWK L 4/5 nach ventral bestehe, eine sog. Spondylolisthesis. Dabei handle es sich um ein anlagebedingtes Leiden. Eine traumatische Entstehung einer solchen Gesundheitsstörung werde in der Literatur nur am Rande diskutiert (z.B. bei aktiven Speerwerfern gäbe es eine übermäßige Hyperlordosierung der LWS). Zwar sei dem Gutachter insoweit beizutreten, als dieser ausführe, dass die Verschleisserkrankungen der Bandscheiben und deren Folgen über das altersentsprechende Ausmaß hinausgingen. Es handle sich jedoch um Verschleisserscheinungen an der BWS und nicht der dem Versicherungsschutz unterliegenden HWS und LWS. Im Ergebnis sei davon auszugehen, dass die Vorerkrankungen der Klägerin als konkurrierende Ursache zur Verneinung des Kausalzusammenhangs zwischen beruflicher Belastung und LWS-Erkrankung führen. Auch könne der MdE-Einschätzung des Dr.H. - unter Berücksichtigung der gegebenen Funktionseinschränkungen - bei weitem nicht gefolgt werden. Ferner lasse das Gutachten entsprechende Feststellungen z.B. hinsichtlich Bewegungsausmaß der Wirbelsäule etc. vermissen, darüber hinaus würde auch kein neurologischer Untersuchungsbefund angeführt. Aufgrund des Untersuchungsbefundes könne man, selbst unter Berücksichtigung der Röntgenaufnahmen, eine MdE nachvollziehbar nicht herleiten.
die Beklagte unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts Augsburg vom 26.02.1998 und des Bescheides vom 19.12.1996 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.02.1997 zu verurteilen, ihr wegen einer Berufskrankheit Verletztenrente zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung der Klägerin zurückzuweisen, weil das angefochtene Urteil zutreffend sei.
Im Übrigen wird zur Ergänzung des Sachverhalts gemäß § 136 Abs.2 SGG auf den Inhalt der Akten der Beklagten sowie der Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die frist- und formgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist zulässig, aber nicht begründet.
Das Sozialgericht hat mit Recht die Klage abgewiesen. Denn die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Gewährung von Verletztenrente wegen der bei ihr bestehenden Gesundheitsstörungen im Bereich der Wirbelsäule, hier vor allem der Lendenwirbelsäule, weil es sich bei diesen nicht um eine Berufskrankheit nach der Nr.2108 der Anlage 1 BKVO handelt. Dies hat das Sozialgericht - vor allem gestützt auf die eingehenden und überzeugenden Darlegungen des Dr.M. - zutreffend dargelegt. Danach fehlt es für die Anerkennung und Entschädigung einer Berufskrankheit nach der Nr.2108 bzw. der vom Sozialgericht außerdem diskutierten Berufskrankheit nach der Nr.2110 an den medizinischen Voraussetzungen.
Der Senat schließt sich dieser Auffassung in vollem Umfang an und nimmt zur weiteren Begründung auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils gemäß § 153 Abs.2 SGG ergänzend Bezug.
Demgegenüber vermag das auf Antrag der Klägerin - § 109 SGG - im Berufungsverfahren eingeholte Gutachten des Dr.H. den geltend gemachten Anspruch nicht zu stützen, weil dieses Gutachten nicht schlüssig ist. Im Einzelnen hat hierzu die Beklagte - unter Vorlage einer Stellungnahme ihres beratenden Artzes Dr.G. - eingehend und überzeugend herausgestellt, dass dem Gutachten des Dr.H. unter vielen Gesichtspunkten nicht gefolgt werden kann. Auf die zutreffenden Ausführungen des Dr.G. , denen sich der Senat ebenfalls anschließt, wird des Weiteren Bezug genommen.
Nach allem konnte daher die Berufung der Klägerin keinen Erfolg haben, sie ist unbegründet und daher zurückzuweisen gewesen.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG.
Der Senat hat die Revision nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen hierfür nach § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG nicht vorliegen.
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