L 2 U 164/00

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Regensburg (FSB)
Aktenzeichen
S 5 U 53/99
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 2 U 164/00
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Regensburg vom 23.02.2000 wird zurückgewiesen.
II. Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Nach der Unfallanzeige und dem Durchgangsarztbericht des Dr.H ... vom 15.05.1992 zog sich der Kläger, Bauhofvorarbeiter, am 14.05.1992 beim Umsetzen einer Betonmaschine eine Zerrung der rechten Schulter zu. Es lag kein Hinweis für eine frischknöcherne Verletzung oder für Verschleißerscheinungen vor. Im Durchgangsarztbericht vom 25.05.1992 vermerkte Dr.H ..., die Beweglichkeit sei immer noch schmerzbedingt eingeschränkt, insbesondere das Anheben über die Horizontale kaum möglich. Er stellte die Diagnose: Zerrung der rechten Schulter mit Muskelfaserriss. Am 15.05.1992 hatte der Arzt vermerkt, dass beim passiven Anheben des Armes über die Horizontale der Arm mühelos gehalten werden könne, was gegen eine Verletzung der Rotatorenmanschette spreche. Im Nachschaubericht vom 15.06.1992 wird ausgeführt, der Kläger habe vergangene Woche gearbeitet und gebe erneut Schmerzen diffus im Schulterbreich an. Die Beweglichkeit sei passiv frei. Bei Endausschlägen würden jedoch stechende Schmerzen angegeben. Der Beklagte zog weitere Nachschauberichte vom 16.07.1992 und vom 01.03.1993 bei sowie einen Bericht des Orthopäden Dr.G ... vom 13.01.1994, der ausführte, beim Kläger liege ein Zustand nach Distorsion am rechten Schultergelenk und ein Rotatorensehnensyndrom vor. Nach seinem, Dr.G ...s, Dafürhalten handele es sich aufgrund der anamnestisch gemachten Angaben zum Unfallhergang um unfallunabhängige Beschwerden bei degenerativem Rotatorensehnensyndrom. Der Kläger gab zum Unfallhergang an, beim Ziehen einer Mörtelmaschine sei diese plötzlich einseitig gestoppt worden, wodurch die Deichsel, an der er mit dem rückwärts geführten Arm gezogen habe, nach rechts ausgeschlagen habe und der Arm ruckartig bis etwa 70 Grad abduziert worden sei, wobei er sofort einen akuten Schmerz im rechten Schultergelenk verspürt habe. Am 11.11.1997 erstatteten die Ärzte E ..., Dr.L ... einen Nachschaubericht, in welchem sie eine subtotale Rotatorenman- feststellten. Aus ihrer Sicht bestehe ein Zusammenhang mit dem Unfall von 1992. Am 20.11.1997 führte der Chefarzt der Orthopädischen Fachklinik in Sch ..., Dr.D ..., aus, nach den heute gemachten Angaben des Klägers handele es sich wahrscheinlich um eine Manschettenruptur, die bereits etwa fünf Jahre zurückliege und nun zu einem chronischen Subacromialsyndrom geführt habe. Am 01.03.1996 berichtete Dr.H ... von einem weiteren Unfall des Klägers vom gleichen Tag. Der Kläger sei auf einem Gang zwischen Werkstatt und Scheune auf Schneeglätte ausgerutscht und habe sich dabei im Bereich der rechten Schulter und im Halsbereich verletzt. Es bestünden keine erkennbaren Verletzungszeichen und keine Funktionseinschränkung der Gliedmaßen und der Halswirbelsäule. Die Aufnahmen der Halswirbelsäule und der rechten Schulter sowie des rechten Handgelenks zeigten keinen Hinweis für eine frischere knöcherne Verletzung und keine degenerativen Veränderungen. In einem Bericht vom 06.08.1991 stellt Dr.Hi ... eine Schmerzsymptomatik des linken Handgelenks bei Zustand nach Trauma vor ca. acht Wochen beim Kläger fest. Röntgenologisch zeige sich ein unauffälliger Befund. Eine Ganzkörperaufnahme vom 13.11.1991 zeigte eine vermehrte Belegung in beiden Schultergelenken sowie einen Focus im Bereich der rechten Maxilla. Die Veränderungen im Bereich beider Schultergelenke seien degenerativer Natur. Der Beklagte holte ein Gutachten des Prof.Dr.B ... vom 27.08. 1998 ein. In Kenntnis des Unfallmechanismus und insbesondere der nachfolgenden Untersuchungen komme er zu der Auffassung, dass am 14.05.1992 bereits ein degenerativer Schaden an der rechten Schulter des Klägers vorgelegen habe. Dies sei durch die Szintigraphie im Jahr 1991 belegt, aber auch durch die Röntgenaufnahmen, die nach dem Unfallereignis angefertigt worden seien. Der Unfall selbst könne nicht geeignet gewesen sein, eine Rotatorenmanschettenruptur oder auch Teilruptur herbeizuführen, da der Kläger nach dem Unfallereignis zunächst einen Tag weitergearbeitet habe. Rotatorenmanschettenrupturen führten zu einer sofortigen Funktionslosigkeit des betroffenen Arms, so dass die Arbeit hätte eingestellt werden müssen. Andererseits komme ein Zerrmechanismus auch nicht als geeigneter Mechanismus in Frage, so dass auch daher eine Rotatorenmanschettenschädigung ausscheide, dies insbesondere auch in Kenntnis der degenerativen Veränderungen seit 1991 und der Kernspinbefunde vom 04.11.1997. Der Kläger habe am 14.05.1992 eine Zerrung der rechten Schulter erlitten. Behandlungsbedürftigkeit und Arbeitsfähigkeit habe bis 15.06.1992 bestanden. Die weiteren Behandlungen und Erkrankungszeiten seien unfallunabhängig. Unfallunabhängig bestehe ein degenerativer Rotatorenschaden sowie eine Schultereckgelenksarthrose rechts. Eine Verschlimmerung sei nicht eingetreten. Mit Bescheid vom 12.10.1998 erkannte der Beklagte den Unfall als Arbeitsunfall an, lehnte aber die Gewährung einer Rente ab. Die nach dem 26.06.1992 aufgetretenen Beschwerden im Bereich der rechten Schulter seien auf unfallunabhängige Erkrankungen zurückzuführen. Als Folgen des Unfalls würden nicht anerkannt "krankhafter Rotatorenschaden sowie Schultereckgelenksarthrose rechts mit Randzackenbildung zur Rotatorenmanschette hin". Dagegen legte der Kläger Widerspruch ein und verwies auf ein ärztliches Attest des Dr.L ... vom 19.10.1998. Dieser vertrat die Auffassung, aus seiner Sicht sei der Unfallhergang durchaus geeignet, die subtotale Rotatorenmanschettenruptur Stadium III der rechten Schulter und die AC-Gelenksarthrose rechts herbeizuführen. Der Beklagte holte dazu eine Stellungnahme des Beratungsarztes Dr.Br ... vom 17.12.1998 ein, der die Meinung vertrat, der Unfall vom 14.05.1992 sei absolut ungeeignet für eine Verletzung der Rotatorenmanschette und des Schultereckgelenks gewesen. Es sei zu einer direkten Prellung der Schulter nicht gekommen und die Zerrung der Schulter sei nicht entgegen der Zugrichtung des Supraspinatus erfolgt, was für einen Riss im entsprechenden Sehnenabschnitt gefordert werden müsste. Darüber hinaus sei für eine frische Supraspinatussehnenruptur auch die Erstsymptomatik ganz untypisch. Ein müheloses Halten des Armes in der Horizontalen sei mit einer derartigen Verletzung nicht vereinbar. Mit Widerspruchsbescheid vom 02.02.1999 wies der Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück. Dagegen hat der Kläger Klage erhoben und geltend gemacht, die Betonmaschine mit nach rückwärts gestrecktem Arm gezogen zu haben. Es sei zu einem ruckartigen Ausschlag der Maschine mit einer ebenso ruckartigen Bewegung in seinem rechten Schultergelenk gekommen. Dabei sei der rechte Arm nebst Schulter plötzlich und unvorhergesehen peitschenhiebartig umgebogen und von der Betonmischmaschine weggeschleudert worden. Er habe sofort erhebliche Schmerzen gehabt, die so stark gewesen seien, dass ihm vor Augen schwarz geworden sei. Er habe sich an der Ar- beitsstelle niederlegen müssen, soweit er sich noch erinnere, etwa zwei Stunden. Er habe den Arbeitsplatz nicht verlassen können, da dringend Arbeiten angestanden hätten und er als Vorarbeiter noch Anweisungen zur Durchführung von Arbeiten habe geben können. In der darauf folgenden Nacht seien die Schmerzen unerträglich geworden, wobei er auch habe feststellen müssen, dass er den rechten Arm nicht mehr habe heben können. Vom Durchgangsarzt sei eine eingehende Untersuchung unterlassen worden, insbesondere eine Computertomographie. Später habe der Durchgangsarzt neben der Zerrung noch einen Muskelfaserriss angenommen. Am 04.11.1997 sei eine Kernspintomographie der rechten Schulter durchgeführt worden, wobei die Diagnose des Dr.L ..., nämlich eine Rotatorenmanschettenruptur, bestätigt worden sei. Der Beklagte hat einen Bericht des Dr.Po ... vom 28.05.1999 über ein Kernspintomogramm der Lendenwirbelsäule des Klägers vom 27.05.1999 vorgelegt. Darin werden im Segment LW 5/SW 1 ausgedehnte osteochondrotische Veränderungen mit mäßiggradiger knöcherner Spinalkanal- und Neuroforamenstenose beidseits, knöchern gedeckter Diskusprolaps, leichte Beeinträchtigung der Wurzeln S 1 und L 5 beidseits bestätigt. Am 10.06.1991 hatte der Kläger bereits einen Arbeitsunfall erlitten, bei dem es zu einer Zerrung im linken Handgelenk gekommen war. Der Beklagte hatte im damaligen Verfahren ein Gutachten des Orthopäden Dr.T ... vom 27.03.1992 eingeholt, der die MdE wegen des Unfalls aus dem Jahr 1991 ab 23.12.1991 mit unter 10 v.H. schätzte. Auch der Chefarzt der Abteilung für plastische Hand-Kieferchirurgie der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik Murnau Dr.Tr ... vertrat im Gutachten vom 11.11. 1992 die Auffassung, es lägen keine Unfallfolgen auf chirurgischem Gebiet vor. Der Nervenarzt Dr.H ... stellte im Gutachten vom 05.03.1993 beim Kläger ein Kompressionssyndrom des Nervus medianus beidseits im Rahmen eines Carpaltunnelsyndroms fest. Er sah keinen Zusammenhang mit dem Unfall vom 10.06.1991. Dr.Hu ... führte in einem wegen der Folgen des Unfalls vom 10.06. 1991 veranlassten Gutachten vom 04.03.1993 aus, es bestehe beim Kläger ein symmetrisches Schulterrelief beidseits. Isolierte Muskelverschmächtigungen links oder rechts lägen nicht vor, beidseits bestehe normaler Spannungszustand von Haut und Muskulatur. Es finde sich eine leichte Periarthropathia humero-scapularis tendopatica rechts in typischer Weise mit schmerzhaftem Bogen und auch einer leichten Einschränkung der Bewegungsausschläge; die Rotatorenmanschette sei verspannt. Angegeben werde eine Druckschmerzhaftigkeit über der Sehne des Muskulus suprapsinatus. Das linke Schultergelenk sei frei mobil. Mit Bescheid vom 24.06.1993 hatte der Beklagte die Entschädigung des Handgelenksschadens abgelehnt, da die Erkrankung nicht Folge eines Arbeitsunfalls sei. Den dagegen eingelegten Widerspruch hatte er mit Widerspruchsbescheid vom 03.09.1993 zurückgewiesen. Das Sozialgericht hat bezüglich der Folgen des Unfalls vom 14.05.1992 gemäß § 109 SGG ein Gutachten des Orthopäden Dr.Sch ... vom 18.11.1999 eingeholt. Dieser führte aus, die Wahrscheinlichkeit des Ursachenzusammenhangs mit einem Arbeitsunfall könne beim Kläger in diesem Fall bejaht werden, da eine erhebliche Unfalleinwirkung auf die Schulter habe nachgewiesen werden können und zweitens der Unfall zur alsbaldigen Arbeitsaufgabe geführt habe, jedenfalls hätten keine Überkopfarbeiten und keine Tätigkeiten mit Auslagebelastungen mehr verrichtet werden können. Der Nachweis einer vorbestehenden Ruptur vor dem Unfall sei nicht gegeben. Ein Nachweis, dass diese bisher schon zu Beschwerden oder zu Funktionsstörung geführt habe, sei lediglich aus dem Bericht des Dr.Hei ... tradiert worden, eine exakte schriftliche Befundung liege nicht vor. In einem Bericht vom 10.09.1998 in der Streitsache S 5 RJ 322/98 hatte Dr.Hei ... unter Ziffer 7 angeführt, die Beschwerden im Bereich der rechten Schulter hätten sich nach dem Arbeitsunfall von 1992 erheblich verschlechtert. Dr.Sch ... führt weiter aus, es seien zwar szintigraphische Aufnahmen anläßlich der Handgelenksuntersuchung links durchgeführt und hier sei ebenfalls eine Anreicherung in den Schultergelenken festgestellt worden, jedoch könne hieraus nicht unbedingt direkt auf eine Degeneration geschlossen werden. Das Beschwerdebild des Klägers habe sich verschlechtert. Da es sich auch bei der linken Schulter um eine Abnützung der Rotatorenmanschette handele, könne man davon ausgehen, dass es sich eher um eine Verschlimmerung, nicht um eine Entstehung im eigentlichen Sinn handele. Andererseits liege der Unfall bereits jetzt sieben Jahre zurück. Die rechte Schulter habe durch den Unfall eine Schädigung erfahren. Durch die Schonung des rechten Arms sei überwiegend der linke Arm bei Linkshändigkeit des Patienten eingesetzt worden, da die Rotatorenmanschette generell einem ausgeprägten degenerativen Verschleiß unterliege und zusätzlich noch überlastet worden sei, sei es auf der linken Seite ebenfalls zu einer Beschleunigung der Abnutzungsprozesse gekommen. Insofern sei eher von einem Beschwerdebild im Sinn der Entstehung als einem solchen im Sinn der Verschlimmerung auszugehen. Ab dem 01.01.1993 liege eine unfallbedingte MdE von 20 % hinsichtlich des rechten Schultergelenks vor. Der Beklagte vertrat dazu mit Schriftsatz vom 07.12.1999 den Standpunkt, im Hinblick auf die Ausführungen des Prof.Dr.B ... und Dr.He ... sowie des Dr.Br ... vermöge das Gutachten des auf Antrag des Klägers gehörten Sachverständigen Dr.Sch ... nicht zu überzeugen. Der Kläger vertrat die Auffassung, der Beklagte habe nicht begründet, warum das Gutachten des Dr.Sch ... nicht überzeugen könne. Das Gutachten sei in sich geschlossen, logisch aufgebaut und nachvollziehbar. Mit Urteil vom 23.02.2000 hat das Sozialgericht Regensburg die Klage abgewiesen. Es hat ausgeführt, dass nach seiner Auffassung schon der geschilderte Unfallmechanismus nicht geeignet gewesen sei, eine Rotatorenmanschettenruptur bzw. Teilruptur herbeizuführen. Dies werde durch die überwiegend in der unfallmedizinischen Literatur hierzu vertretenen Meinung belegt. Im Übrigen sei aber auch festzustellen, dass die Anfangssymptomatik nicht hinweisend auf das Vorliegen einer Rotatorenmanschettenruptur zum damaligen Zeitpunkt gewesen sei. Wie sich aus dem Durchgangsarztbericht des Dr.H ... ergebe, habe der rechte Arm beim passiven Anheben über die Horizontale noch mühelos hochgehalten werden können. Gerade das Fehlen der muskulären Insuffizienz im Sinn des vorgenannten "Droparms" spreche aber gegen das Vorliegen einer wesentlichen Beeinträchtigung der Rotatorenmanschette. Es könne durch den Unfall allenfalls eine wesentlich vorgeschädigte Sehne zur Ruptur gebracht worden sein, wobei dann bezüglich der Frage der Kausalität das Merkmal der Degeneration deutlich überwiege, so dass Wesentlichkeit der Ursache im unfallrechtlichen Sinn nicht gegeben sei. Dagegen hat der Kläger Berufung eingelegt. Er weist darauf hin, dass er im Unfallzeitpunkt in seiner Vorwärtsbewegung ebenso ruckartig gestoppt worden sei, im Hinblick auf das höhere Gewicht der Betonmaschine nach rückwärts entgegen der ursprünglichen Ziehrichtung gezogen worden sei und gleichzeitig sein rechter Arm an den Körper herangeführt und mit der Deichsel bzw. Ziehstange nach oben peitschenhiebartig umgebogen, wenn nicht sogar weggeschleudert worden sei. Bei diesem Geschehensablauf sei auch von einem medizinischen Laien nachzuvollziehen, dass die Kräfte ausreichend gewesen seien, einen primär traumatischen Rotatorenmanschettenschaden herbeizuführen. Weiter weist er erneut darauf hin, dass nach der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 06.12.1989, Az.: 2 RU 7/89) die bloße Möglichkeit einer gravierenden Vorschädigung die Wahrscheinlichkeit des auf der betrieblichen Ursache beruhenden Zusammenhangs nicht ausschließt. Dr.H ... habe sich im Durchgangsarztbericht nicht darauf festlegen wollen, welche Verletzung er tatsächlich erlitten habe. Gehe man von der Diagnose des Dr.H ... vom 25.05.192 aus, in der auch ein Muskelfaserriss diagnostiziert worden sei, sei nicht nachvollziehbar, wie es ihm habe gelingen können, einen Tag nach dem Unfall beim passiven Anheben des Arms über die Horizontale den Arm mühelos zu halten. Hier widerspreche sich der erstbehandelnde Arzt selbst. Im Übrigen sei die Beschreibung des behandelnden Arztes schlichtweg falsch. Der Arzt habe aus seiner, des Klägers, Sicht mit einer gewissen Brutalität den verletzten Arm gepackt und ihn nach oben gerissen. Er habe nach dem Unfall auch nicht mehr arbeiten können. Er habe sich niederlegen müssen, da er aufgrund des rasenden Schmerzes fast ohnmächtig geworden sei. Er habe nicht wie ein normaler Arbeiter nach Hause gehen können, sondern an Ort und Stelle bleiben müssen, um noch Anweisungen geben zu können. Der Senat hat die Akten des Beklagten auch über den Unfall vom 10.06.1991 sowie die Röntgenaufnahmen beigezogen und ein Gutachten des Orthopäden Dr.F ... vom 14.10.2000 eingeholt. Auf das Gutachten wird verwiesen.

Der Kläger stellt den Antrag aus dem Schriftsatz vom 14.04. 2000.

Der Beklagte stellt den Antrag aus dem Schriftsatz vom 17.05. 2000.

Der Senat hat die Akten des Beklagten bezüglich der Unfälle vom 10.06.1991 und 14.05.1992 sowie die Akten des Sozialgerichts beigezogen. Zur Ergänzung des Tatbestands wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist gemäß §§ 143 ff. SGG zulässig, sachlich jedoch nicht begründet. Die Entscheidung richtet sich nach den Vorschriften der RVO, da der Versicherungsfall vor dem 01.01.1997 eingetreten ist und Leistungen auch bereits vor diesem Zeitpunkt zu gewähren gewesen wären (§§ 212, 214 Abs.3 SGB VII). Das Sozialgericht hat zutreffend entschieden, dass der Schaden an der Rotatorenmanschette des Klägers sowie die Schultereckgelenksarthrose nicht ursächlich auf den Unfall vom 14.05.1992 zurückgeführt werden können und der Kläger deshalb auch keinen Anspruch auf Gewährung von Verletztenrente hat. Der Zusammenhang zwischen dem angeschuldigten Unfallereignis und dem vorliegenden Schaden muss im Recht der gesetzlichen Unfallversicherung mit Wahrscheinlichkeit gegeben sein, d.h., es muss deutlich mehr für als gegen den Zusammenhang sprechen (BSGE 45, 285). Vorliegend sprechen so gewichtige Gründe gegen einen ursächlichen Zusammenhang der vom Kläger geltend gemachten Gesundheitsstörungen, dass die haftungsausfüllende Kausalität zu verneinen ist. Dies ergibt sich aus dem im Weg des Urkundenbeweises zu verwertenden Gutachten des Prof.Dr.Hem ... vom 27.08.1998, der ebenfalls im Weg des Urkundenbeweises verwerteten Stellungnahme des Beratungsarztes der Beklagten Dr.Br ... vom 17.12.1998 und insbesondere aus dem Gutachten des Sachverständigen Dr.F ... Selbst wenn man davon ausgeht, dass der Kläger einen Unfall erlitten hat, der theoretisch zu einer Rotatorenmanschettenruptur hätte führen können, ergibt sich doch aus der Erstsymtpomatik und dem Verhalten des Klägers nach dem Unfall, dass ein derartiger Schaden nicht eingetreten sein kann. Schon Prof.Dr.Hem ... weist darauf hin, dass die Rotatorenmanschettenruptur zu einer sofortigen Funktionslosigkeit des betroffenen Arms führt, so dass der Verletzte die Arbeit sofort einstellen muss. Der Kläger hat indessen, wie sich aus dem Durchgangsarztbericht des Dr.H ... vom 15.05.1992 ergibt, nach dem Unfall weitergearbeitet. Diesen Angaben ist erfahrungsgemäß gegenüber den später erfolgten Erklärungen, er habe die Arbeit sofort eingestellt, der Vorzug zu geben. Es wäre sonst auch nicht erklärlich, dass der Kläger noch bis zum Feierabend am Arbeitsplatz geblieben wäre. Es ist auch zu berücksichtigen, dass der Kläger erst am nächsten Tag den Durchgangsarzt Dr.H ... aufgesucht hat. Entscheidend ist, dass beim passiven Anheben des Armes über die Horizontale der Arm des Klägers mühelos gehalten werden konnte, was gegen eine Verletzung der Rotatorenmanschette spricht. Dies ist sowohl noch am Unfalltag von Dr.H ..., als auch von den Gutachtern Prof. Dr.Hem ..., Dr.Br ... und schließlich von dem Sachverständigen Dr.F ... hervorgehoben worden. Es kann danach durch den Unfall nicht zu einer Rotatorenmanschettenruptur oder Teilruptur gekommen sein. Dr.F ... legt auch zu Recht dar, dass der Schaden der Rotatorenmanschette erst im Jahr 1997 durch eine in der Orthopädischen Klinik in Sch ... durchgeführte Kernspintomographie festgestellt wurde. Der ohne jede Begründung im Schreiben vom 20.11.1997 getroffenen Feststellung, es handele sich "nach den heute gemachten Angaben" wahrscheinlich um eine Manschettenruptur, die bereits etwa fünf Jahre zurückliege, kann aus den genannten Gründen nicht gefolgt werden. Die Schultereckgelenkarthrose rechts ist ebenfalls nicht Folge des angeschuldigten Unfalls. Diesbezüglich ist darauf hinzuweisen, dass bereits nach dem Bericht des Arztes für Nuklearmedizin Dr.Fr ... vom 13.11.1991 beide Schultergelenke des Klägers degenerative Veränderungen zeigten. Wie der Sachverständige Dr.F ... ausführt, stellen die am Unfalltag angefertigten Röntgenaufnahmen eine leichte Verschleißschädigung im rechten Oberarmkopf in Form einer Zystenbildung dar, während sich das Schultereckgelenk weitgehend unauffällig darstellt. Nunmehr, d.h., mehr als acht Jahre nach dem Unfallgeschehen, finden sich leichte Verschleißerscheinungen in beiden Schultereckgelenken, wobei der vom Kläger als Überlastungsschaden geltend gemachte Verschleißschaden der linken Schulter schon insofern nicht dem Unfall zugeordnet werden kann, als selbst bei einseitigen Gliedmaßenverlusten nach fachkundiger Darlegung von Dr.F ... sogenannte Überlastungsschäden der paarigen erhaltenen Extremität nicht auftreten können. Auch der Umstand, dass sich eine Arthrose in beiden Schultereckgelenken findet, spricht gegen einen ursächlichen Zusammenhang der Arthrose des rechten Schultergelenks mit dem Unfall. Dr.F ... betont, dass bei nachgewiesenen Vorschäden der Schultergelenke spätestens im Jahr 1991 und für eine Rotatorenmanschettenverletzung völlig fehlender typischer Erstsymptomatik sowie aufgrund des weiteren Verlaufs der Gesundheitsstörung mit spätestens im November 1992 seitengleicher Beweglichkeit der Schultergelenke die geltend gemachte Rotatorenmanschettenläsion einschließlich einer Schultereckgelenkarthrose nicht mit Wahrscheinlichkeit dem Unfallgeschehen vom 14.05.1992 zugeordnet werden kann. Dieser auf Fachkunde und Erfahrung beruhenden Beurteilung, die in Übereinstimmung mit der des Prof.Dr.Hem ... und des Beratungsarztes Dr.Br ... steht, schließt sich der Senat an. Dagegen kann dem Gutachten des Dr.Sch ... nicht gefolgt werden. Dr.Sch ... weist selbst darauf hin, dass die Rotatorenmanschetten einem ausgeprägten degenerativen Verschleiß unterliegen und dass die degenerativen Veränderungen in der Regel auch das Schulter- und das Schultereckgelenk erfassen und dass beide Schultereckgelenke bei dem Kläger betroffen sind. Weiter legt er dar, dass sich Rotatorenmanschettenrisse auch spontan entwickeln können. Wenn er gleichwohl die Ursache in dem Unfall sieht, weil der Unfall theoretisch geeignet war, zu einer Rotatorenmanschettenläsion zu führen, kann ihm nicht gefolgt werden. Für diesen Schluss genügt nicht, dass der Nachweis einer vorbestehenden Ruptur vor dem Unfall von 1992 nicht vorliegt. Der Sachverständige ignoriert bei seiner Beurteilung völlig die beim Kläger vorhandene Erstsymptomatik. Er übersieht, dass, sofern ein unfallbedingter Riss der Rotatorenmanschette stattgefunden hätte, es zu einer plötzlichen völligen Funktionslosigkeit des betroffenen Arms hätte kommen müssen. Diesbezüglich ist auf die Ausführungen des Dr.Hem ... und des Sachverständigen Dr.F ... zu verweisen. Eine nochmalige Anhörung des Sachverständigen Dr.F ..., wie im Schriftsatz vom 15.12.2000 beantragt, ist mangels Sachdien- nicht gestellt. Er hat vielmehr in dem genannten Schriftsatz erneut das Gutachten des Dr.F ... angegriffen. Seine Einwendungen sind jedoch nicht stichhaltig. Bei seiner Beurteilung ist der Sachverständige nicht davon ausgegangen, dass der Kläger über ein Jahr arbeitsunfähig gewesen ist. Vielmehr führt er auf S.13 des Gutachtens an, dass am 16.07.1992 vermerkt wird, dass der Kläger seit vier Wochen arbeitet. Auf S.17 führt der Sachverständige an, dass bei Betrachtung des weiteren Geschehensverlaufs auffalle, dass der Kläger relativ früh wieder arbeitsfähig war und niemals passive Bewegungsstörungen im rechten Schultergelenk festgestellt wurden. Es ist auch ganz unwahrscheinlich, dass der Kläger im Fall eines unfallbedingten Rotatorenmanschettenrisses weitergearbeitet hätte, selbst wenn er nur noch Anweisungen erteilt hat. Wie bereits dargelegt, wäre es bei einem unfallbedingten Rotatorenmanschettenriss zu einer völligen Funktionslosigkeit des Armes gekommen und dies hätte den Kläger nach aller Erfahrung dazu veranlasst, sofort einen Arzt aufzusuchen und nicht noch bis zum Arbeitsende Anweisungen zu erteilen. Zwar hat der Sachverständige Dr.Sch ... in der Tat festgestellt, dass in beiden Schultern ein degenerativer Verschleiß beim Kläger vorliegt, doch hat er, wie sich aus den Ausführungen des Sachverständigen Dr.F ... ergibt, den Verschleiß in der linken Schulter des Klägers unzutreffend dahin erklärt, dass es sich dabei um einen Überlastungsschaden durch überwiegenden Einsatz des linken Arms des Klägers handele. Dem hält Dr.F ... überzeugend entgegen, dass selbst bei einseitigen Gliedmaßenverlusten sogenannte Überlastungsschäden der paarigen erhaltenen Extremität nicht auftreten können. Dies deckt sich auch mit der einschlägigen Unfallbegutachtungsliteratur (vgl. Schoenberger-Mehrtens-Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 6. Auflage, S.708). Entgegen der Ansicht des Klägers hat sich der Sachverständige Dr.F ... damit auch mit abweichenden Meinungen des Dr.Sch ... in dessen Gutachten befasst. Zwar hat der Sachverständige Dr.D ... in seinem Bericht vom 20.11.1997 ausgeführt, es handele sich beim Kläger nach den heute gemachten Angaben wahrscheinlich um eine Manschettenruptur, die bereits etwa fünf Jahre zurückliege, doch hat er eine eventuell von ihm angenommene Kausalität mit keinem einzigen Argument begründet. Auch standen ihm bei Abfassung des Berichts die Krankenunterlagen des Klägers nicht zur Verfügung. Vielmehr hat sich Dr.D ..., wie von ihm eigens betont, allein auf die Angaben des Klägers gestützt. Zu seiner so getroffenen Beurteilung musste der Sachverständige Dr.F ... nicht eigens Stellung nehmen. Soweit der Kläger geltend macht, aus dem Ausdruck der Krankenkasse der AOK Cham vom 23.11.2000 ergebe sich, dass er vor dem streitgegenständlichen Arbeitsunfall wegen einer Verletzung der Schulter nicht in Behandlung war, ist ihm entgegenzuhalten, dass durch das erwähnte Gutachten des Dr.Fr ... erwiesen ist, dass bereits vor dem Unfall degenerative Veränderungen im Bereich beider Schultern des Klägers vorlagen. Weiter hat der behandelnde Arzt Dr.Hei ... im Behandlungsbericht vom 30.06.1998 bescheinigt, dass der Kläger schon 1981 wegen eines HWS- und Schulter-Armsyndroms rechts bei ihm in Behandlung war. Von nichts anderem ist der Sachverständige Dr.F ... bei seiner Beurteilung ausgegangen. Die Leistungsauszüge der Krankenkasse reichen demgegenüber nur bis 1984 zurück. Entgegen der Ansicht des Klägers hat sich der Sachverständige Dr.F ... auch nicht auf die von Dr.H ... gestellte Diagnose gestützt, sondern auf dessen Befundbeschreibung. Dr.H ... hat auch nicht behauptet, dass der Kläger zu einer aktiven Anhebung des Armes fähig war, sondern er hat festgestellt, dass der Arm passiv angehoben und über die Horizontale mühelos gehalten werden konnte. Von diesen ärztlich festgestellten Fakten ist der Sachverständige zu Recht ausgegangen. Einer mündlichen Anhörung des Sachverständigen bedarf es nach alldem nicht.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs.2 Nr.1 und 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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